Herzlich willkommen zum Podcast der EFH Stuttgart. Mein Name ist Thomas Powileit, und mir gegenüber sitzt Martin Peeth. Herzlich willkommen, Martin!
Hallo!
Ja, wir sind hier in Stuttgart. Wahrscheinlich ist jedem von uns schon einmal aufgefallen, dass auf öffentlichen Plätzen gut angezogene Leute stehen und eine Zeitschrift in der Hand halten, auf der „Wachturm“ oder „Erwachet!“ steht. Vielleicht haben manche von euch auch die Erfahrung gemacht, dass diese Leute irgendwann bei euch geklingelt haben, um mit euch zu reden. Oder ihr seid schon einmal an Gebäuden vorbeigefahren, auf denen groß „Königreichssaal“ stand.
Die Rede ist also von den Zeugen Jehovas. Martin, mit dem ich gleich sprechen werde, war nie ein Zeuge Jehovas. Dennoch ist er seit einigen Jahren davon begeistert, mit den Zeugen ins Gespräch zu kommen und ihnen von Jesus zu erzählen.
Das klingt zunächst seltsam, denn man könnte oberflächlich meinen, dass den Zeugen Jehovas die Bibel sehr wichtig ist. Aber offenbar gibt es große Unterschiede zwischen den Aussagen der Bibel und der Lehre der Zeugen Jehovas. Darüber möchte ich jetzt mit Martin sprechen.
Martin, vielleicht stellst du dich am Anfang kurz vor. Wie hast du selbst zum Glauben gefunden? Was waren die Schlüsselmomente in deiner geistlichen Laufbahn?
Ja, sehr gerne. Ich bin verheiratet, habe drei Töchter und sechs Enkel. Also vor dir, lieber Thomas, sitzt ein Großvater. Von Kind auf bin ich evangelisch. Ich bin in der evangelischen Kirche groß geworden. Kirchgang war für mich normal, und den Gottesdienst habe ich meistens von einer Empore aus beobachtet.
Als ich 16 Jahre alt war, habe ich einen Jugendchor gesehen, der von Jesus gesungen hat. Das hat mich irgendwie berührt. Dabei dachte ich mir: Martin, die glauben anders oder brennen auf jeden Fall nicht so wie du. Bei dir ist der Glaube irgendwie ein bisschen, na ja, wie soll ich sagen, so alltäglich. Man hat eigentlich nicht mit Gott gerechnet.
Ich habe mit diesen Leuten gesprochen. Sie haben mir klargemacht, dass es eine Hinwendung zu Jesus gibt. Diese Hinwendung wurde auch mir angeboten: Man könnte Jesus sein Leben anvertrauen. Für mich war das zuerst komisch. Doch beim weiteren Nachdenken dachte ich: Warum eigentlich nicht?
Dann habe ich im Gebet Jesus mein Leben anvertraut. Danach kam mehr und mehr die Gewissheit in mein Herz: Jetzt bist du zu Hause angekommen. Mir wurde die Bibel lieb, und das neue Leben, das ich bekommen habe, wuchs.
Ich bin selbst Winzer von Beruf und habe Weinbauer gelernt. Da gab es ein weiteres Schlüsselerlebnis. Wenn der Herbst vorbei ist, muss der Most abgestochen werden. Ich stand im Keller und habe die Schläuche beobachtet, damit sie nicht platzen, und darauf geachtet, dass die Pumpe gut pumpt.
Dabei hat man viel Zeit zum Nachdenken. Ich dachte mir: Wein zu erzeugen ist eine schöne Sache, aber einen Menschen zu Jesus zu führen, das ist viel mehr.
Später habe ich mit meinem Vater darüber gesprochen. Für ihn war das zuerst schwierig, denn ich bin der einzige Sohn und sollte den Hof übernehmen. Dazu habe ich ja auch Winzer gelernt, das wollte ich auch.
Doch etwa sechs Jahre später, als ich schon verheiratet war, sagte mein Vater zu mir: „Martin, du kannst eine theologische Fachschule besuchen, also in eine Bibelschule gehen. Ich werde dich unterstützen.“ Dafür bin ich meinem Vater heute noch sehr dankbar.
Das habe ich dann auch gemacht. Meine Frau Kirsten und ich waren schon verheiratet, als wir nach Wuppertal beziehungsweise Solingen gezogen sind. In Wuppertal war ich in der Bibelschule, und in Solingen habe ich einen jungen Mann getroffen, der bei den Zeugen Jehovas war.
Er stand in der Fußgängerzone und bot den Leuten, so wie du es auch beschrieben hast, den „Wachturm“ an. Sein kleiner Sohn war dabei. Da dachte ich: Martin, du bist jetzt in deiner Bibelschule, sprich ihn doch einfach mal an.
Das war 1986. Er hat mich sehr freundlich eingeladen. Er wusste noch nicht, dass ich auch eine Frau habe, die ich natürlich mitgenommen habe. Wir hatten ein schönes Gespräch mit ihm und seiner Frau.
Er erzählte, dass er vorher in einer Freikirche gewesen war und jetzt Zeuge Jehovas geworden ist. Als ich das hörte, fand ich das sehr interessant. Ich kannte das sonst nur umgekehrt: dass jemand aus den Zeugen Jehovas in eine Freikirche kommt.
In mir wuchs der Wunsch, Missionar für die Zeugen Jehovas zu werden. Diese Menschen, die die Bibel lesen und lieben, aber Jesus darin nicht als ihren Retter finden, wollte ich erreichen.
Damals wollte ich schon bei einer kleinen Missionsgesellschaft mitarbeiten, erst einmal als Praktikant. Doch diese Gemeinschaft sagte, es ginge nicht, weil sie zu klein sei und nicht wüsste, was sie mit mir anfangen sollte.
Daraufhin bin ich in Richtung Pastor gegangen. In Traunreuth durfte ich eine kleine Freikirche mitleiten. Später konnte ich auch bei einer Gemeindegründungsarbeit in Krasau mithelfen.
Und dann kamst du ja irgendwie doch zu dem Wunsch, den du gesagt hast. Ich kenne dich als jemanden, der sehr viele Videos macht, auch für Zeugen Jehovas, und der mit ihnen persönlich sprechen möchte. Wie ist es dann dazu gekommen, dass sich dein Arbeitsschwerpunkt von der Freikirche zu den Zeugen Jehovas verändert hat?
Es war so: Ich hatte nach der Gemeindegründungsarbeit in Krassau eine neue Aufgabe bekommen. Ich sollte eine weitere Gemeindegründungsarbeit mitleiten. In dieser Arbeit habe ich eine Zeugin Jehovas kennengelernt. Wir hatten ihr auch ein Traktat weitergegeben, und sie war richtig fit in ihrem Glauben.
Sie stellte mir viele Fragen, auf die ich lange recherchieren musste. Manchmal lief der Kontakt per E-Mail, und es dauerte zwei, drei, manchmal sogar vier Stunden, bis ich ihren Brief beantworten konnte. Dann kam mir plötzlich der Gedanke: Was, wenn sie einfach das, was du herausgefunden hast, löscht? Die drei, vier Stunden wären dann umsonst gewesen.
Da dachte ich: Nein, das mache ich jetzt anders. Ich werde zu all ihren Fragen auch ein Video machen. So ist der Kanal "Hilfe für Zeugen Jehovas" entstanden. Es war eigentlich ein Nebenprodukt. Zuvor war ich in der Gemeindegründungsarbeit tätig und dachte, ja, das möchte ich dann auch noch publizieren.
Gerade durch die Corona-Zeit konnte ich nicht mehr so viele Leute besuchen, was für eine Gemeindegründungsarbeit sehr wichtig ist. Deshalb konzentrierte ich mich viel mehr auf das Schreiben und hatte intensiveren Kontakt mit der Zeugin Jehovas. Danach habe ich immer weiter meine Videos veröffentlicht.
Es hat sich so ergeben, man kann sagen, Gott hat dich so geführt. Es war gar nicht geplant, aber es hat sich so entwickelt.
Vielleicht noch etwas dazu: Die Sache mit der Gemeindegründungsarbeit ist dann aber gescheitert, und ich wusste nicht, wie es mit meinem Leben weitergehen sollte. Ich habe Gott auch darum gebeten: "Herr, bitte hilf mir."
Dann wurde es so, dass ich ja bei EFA angestellt bin. Die Brüder dort sagten zu mir: "Martin, wenn du das jetzt als deinen Weg siehst, wollen wir dich dabei unterstützen." Dafür bin ich sehr dankbar.
Es wurde dann tatsächlich so, dass ich diesen Dienst, der so angefangen hat, jetzt halbtags machen kann. Hauptsächlich mache ich Videos für Menschen, die mit Zeugen Jehovas zusammenkommen, oder auch für Zeugen Jehovas selbst. Sie sollen so eine zweite Meinung zu bestimmten Bibeltexten bekommen.
Vielleicht noch zur Erklärung: EFA heißt "Evangelium für alle". Das ist das Netzwerk, zu dem wir als Gemeinde auch dazugehören.
Es gibt viele Missverständnisse, wenn man über Zeugen Jehovas spricht. Welche Missverständnisse begegnen dir denn häufig?
Missverständnisse, ja. Oft denkt man, Zeugen Jehovas seien extrem festgelegt auf ihre Lehre. Man glaubt, sie könnten sich nicht ändern oder bekehren, weil sie so stark geschult sind. Das stimmt aber nicht. Auch sie sind bei manchen Fragen unsicher. Vielleicht zeigen sie das nicht sofort, aber wenn man die richtigen Fragen stellt, sieht man durchaus nachdenkliche Gesichter.
Andere sagen, Zeugen Jehovas seien auch gläubige Christen. Sie glauben vielleicht etwas anders, aber grundsätzlich müsse das doch passen. Schließlich sagen sie ja auch, die Bibel sei das Wort Gottes.
Auf der anderen Seite gibt es Christen, mit denen ich gesprochen habe, die sagen, man müsse sich von Zeugen Jehovas sofort distanzieren. Sie würden sie als schlimme Irrlehrer ansehen, mit denen man nicht sprechen darf.
Das sind meiner Meinung nach Missverständnisse, die immer wieder auftauchen. Es gibt auch Antworten darauf. Allerdings unterscheidet sich das Glaubenssystem der Zeugen Jehovas deutlich vom biblischen Evangelium. Es ist keinesfalls deckungsgleich.
Worin unterscheidet sich das Glaubenssystem der Zeugen Jehovas aus deiner Sicht vom biblischen Evangelium? Ich möchte dazu drei Hauptaspekte nennen. Es gibt zwar viele weitere Unterschiede, aber diese drei Punkte sind besonders prägnant.
Der erste Aspekt betrifft den Weg zu Gott – wie komme ich zu Gott? Jehovas Zeugen lehren, dass Gott mit dir eine Freundschaft beginnen möchte. Das heißt, wenn du über Gott nachdenkst, dann möchte Gott, dass du ihm näherkommst. Näherkommen bedeutet, dass er für dich so greifbar wird, dass du ihn mit Namen ansprechen kannst. Sie sagen, sein Name ist Jehova. Deshalb sollst du zu Jehova beten, ihm deine Wünsche und Sorgen sagen, und er schaut auf dich. Ein ganz wichtiger Punkt bei ihnen ist: Komm Jehova näher, und er kommt dir näher.
Was aber die Bibel sagt, ist, dass der Weg zu Gott nur durch Jesus führt. Wenn ich zu Gott kommen möchte, muss ich mich mit Jesus beschäftigen. Er sagt selbst: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich.“ (Johannes 14,6) Dabei wird auch die Sache mit der Sünde angesprochen. Warum ist Jesus der Weg zum Vater? Weil er mir die Schuld vergeben kann. Er hat sich für mein Leben hingegeben, für meine Schuld, die mich von Gott trennt. Wenn ich Jesus aufnehme und annehme, werde ich ein Kind Gottes und komme somit zum Vater.
Der zweite Punkt betrifft die Rettung. Jehovas Zeugen sagen, dass die Rettung das eigene Bemühen ist. Sie müssen sich selbst bemühen, immer ein guter Freund für Jehova zu sein. Das bedeutet auch, dass sie der Organisation Jehovas, der Wachtturmgesellschaft, gehorsam sind, so wie sie es verstehen. Diese Organisation gilt ihnen als der Kanal Jehovas, der ihnen sagt, was sie tun müssen, um auf dem Weg der Rettung zu bleiben. Die Organisation führt die Menschen durch Harmagedon, den schrecklichen Krieg Gottes, hindurch. Man hält sich an die Organisation und vertraut ihr – das ist das, was Jehova gefällt.
Das ist also ein Stück weit Werkgerechtigkeit. Ja, es ist definitiv Werkgerechtigkeit. Das Evangelium hingegen sagt, dass wir allein durch den Glauben an unseren Retter gerettet werden. Er ist derjenige, der mich aus Gnade annimmt und mir die Vergebung meiner Schuld zuspricht, weil er dafür gelitten hat.
Der dritte Punkt betrifft den Retter der Zeugen Jehovas. Für sie ist der Retter eigentlich ein Geschöpf, also nicht Gott selbst, sondern ein Engel, der Erzengel Michael. Jesus wäre demnach ein Engel, nämlich der Erzengel Michael. Er sei zur Rettung da, aber nur zur Rettung der Sünde Adams. Für meine eigene Sünde müsste ich selbst sterben. Der Engel Michael hat also nur für die Erbsünde, also die Sünden Adams, sein Leben gegeben – so wird es auch in manchen Kirchen gesagt.
Der wahre Retter aber ist Gott selbst. Gott in der Gestalt des Sohnes kommt auf diese Welt. Wenn Thomas zum Beispiel sagt: „Mein Herr und mein Gott!“ (Johannes 20,28), dann weist Jesus ihn nicht zurecht. Stattdessen sagt er: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“ (Johannes 20,29) Was glauben? Dass er auch Gott ist.
Das sind also die drei Punkte, an denen ich sehe, dass das Glaubenssystem der Zeugen Jehovas von dem der anderen christlichen Kirchen deutlich abweicht.
Stimmt es, dass die Zeugen Jehovas sagen, nur sie seien die einzig Wahren? Und was hat es damit zu tun, dass sie auf den Straßen stehen und von Tür zu Tür gehen? Das müssen sie ja irgendwie leisten, oder?
Ja, natürlich müssen sie das tun, denn nur ein Zeuge, der Zeugnis ablegt, ist wirklich ein Zeuge.
Sie sagen zwar, es gibt auch Inaktive, aber diese sind auf dem Weg, abzuschweifen und Hamagedon nicht zu überleben. Die Sache ist, sie müssen ihren Glauben irgendwo auch beweisen, um gerettet zu werden.
Bei uns ist es so, also bei Christen: Wir sind Gerettete. Wenn wir etwas tun, dann tun wir das aus Dankbarkeit, nicht um uns zu retten, sondern um zu zeigen, dass wir für die Rettung dankbar sind. Jesus ist der alleinige Erretter.
Und was ist dein Eindruck, wenn jemand in dieser Wachtturm-Gesellschaft ist? Das ist jetzt eine sehr pauschale Frage. Ist er dann glücklich? Oder was ist die Motivation, die ihn antreibt? Ist es eher so, dass er versucht, an seinem Heil zu arbeiten?
Ja, ich denke, es ist so, dass es verschiedene Phasen gibt. Wenn ein Interessierter sich mit Zeugen Jehovas einlässt – er war vorher kein Zeuge Jehovas –, möchte er gerne die Bibel kennenlernen. Jehovas Zeugen erklären die Bibel anhand ihrer Publikationen. Derjenige, der mit ihnen liest, weiß vorher wenig und ist erstaunt, was er alles findet und wie derjenige, der mit ihm studiert, alles erklären kann.
Sein Herz umfasst auf einmal auch diese Lehre, und er wird darin erstmals froh und glücklich. Er kommt auch in eine Gemeinschaft hinein, die ihn von Herzen, ich würde schon sagen, liebt. Man bekommt viele Umarmungen und Ermutigungen.
In dieser Zeit wird man von der eigenen Herkunftsfamilie etwas abgetrennt. Man soll keine Geburtstage mehr feiern, auch keine Weihnachten oder Ostern. Solche Familienfeste gibt es dann nicht mehr. Stattdessen hat man mehr und mehr die Zeugen Jehovas als Familie. „Wir sind dann deine Familie.“
Am Anfang, wenn man noch nicht so viel weiß, ist man sehr froh: „Jetzt habe ich endlich die Wahrheit gefunden.“ Das ist übrigens auch so ein Begriff, mit dem man sich gegenseitig fragt: „Seit wann bist du in der Wahrheit?“ Das heißt, seit wann bist du mit Zeugen Jehovas in Kontakt oder hast dich taufen lassen?
Die Taufe ist die Besiegelung der Freundschaft mit Jehova. Man lässt sich öffentlich taufen.
Erst später, wenn man mehr in die Gruppe hineinschaut, sieht man, dass da auch nur mit Wasser gewaschen wird. Dann erkennt man, dass manche Lehren doch nicht stimmen. Zum Beispiel die Lehre von der letzten Generation.
Das kann man auch mal einen Zeugen Jehovas fragen: „Was denken Sie über die letzte Generation? Wie können Sie mir das erklären?“ Dann wird man sehen, dass der eine oder andere ins Stocken gerät. Denn diese Lehre wird gerade modernisiert oder wie man das auch nennen will.
Es kommt vor, dass Zeugen Jehovas alte Literatur lesen und feststellen, dass diese nicht mit der jetzigen Lehre übereinstimmt. Oder sie erleben Nöte in der Versammlung. Vielleicht wird auch der Königreichssaal verkauft. Es gibt Dinge, die einen ins Stolpern bringen.
Dann bekommt die schöne Gemeinschaft hier und dort Risse. Manche Zeugen Jehovas beginnen zu suchen, auch im Internet. Sie suchen Antworten auf ihre Fragen und stoßen dann zum Beispiel auch auf meinen Kanal.
Das heißt also, die Leute, die auf deinen Kanal kommen – die Adresse haben wir übrigens unten in die Shownotes gepackt – sind meist Zeugen Jehovas, die Zweifel haben und auf der Suche sind. Ja, die allermeisten sind so. Und es sind viele, wirklich viele.
Diese Menschen schauen sich dann deine Videos an und nehmen irgendwann vielleicht auch Kontakt mit dir auf. Sie merken, dass das, was du sagst, mehr Substanz hat als das, was sie bisher geglaubt haben. Ja, so ist es.
Ich versuche, anhand der Heiligen Schrift immer wieder auch Lehren von Zeugen Jehovas aufzugreifen. Meine Videos sind alle Impulsvideos. So möchte ich es verstanden wissen: Man bekommt einfach mal einen anderen Impuls als das, was man die ganze Zeit hört. Es ist also eine zweite Meinung zu dieser oder jener Bibelstelle oder zu diesem oder jenem Thema.
Normalerweise dürfen Zeugen Jehovas gar keine zweite Meinung anhören, sondern nur das, was die Gesellschaft ihnen sagt. Das wurde ihnen sogar ausdrücklich so gesagt. Es gibt einen Königreichsartikel vom Königreichsdienst, der im September 2007 herausgekommen ist. Dort wurde direkt gefragt, ob man auch andere Quellen anschauen darf – und das wurde verboten.
Du hast mittlerweile wirklich viel Erfahrung in der Auseinandersetzung mit der Lehre der Zeugen Jehovas. Dabei wird deutlich, wie wir es ja gesagt haben: Die Lehre unterscheidet sich komplett von der biblischen Botschaft. Es ist eigentlich ein Weg der Selbstgerechtigkeit.
Die Gesellschaft trägt alle Merkmale einer Sekte zurecht. Sie trennt sich von anderen, sieht sich als alleinige Retterin mit einer eigenen Lehre und so weiter.
Aber was rätst du Christen, die im Alltag mit Zeugen Jehovas in Kontakt kommen? Vielleicht ist ja ein Arbeitskollege von mir Zeuge Jehovas oder auf irgendeine andere Art und Weise. Oft ist es so, dass man dann sehr schroff ihnen gegenüber ist. Ich erlebe dich jedoch ganz anders: Du versuchst sehr liebevoll, mit ihnen umzugehen. Wie kann so ein liebevoller Dialog aussehen?
Zuerst würde ich sagen: Sei ein freudiger Zeuge von Jesus Christus. Mach einfach deutlich, was dir der Glaube an Jesus bedeutet und welche Segnungen du dadurch hast. Jesus hat seine Jünger grundsätzlich in die Welt geschickt mit den Worten: „Ihr seid meine Zeugen.“
Das Zweite ist: Sei ein fleißiger Bibelleser. Bei meiner ersten Begegnung mit einem Zeugen Jehovas habe ich erlebt, dass er vorher in einer Freikirche war. Das hängt auch damit zusammen, dass er sich in der Bibel kaum auskannte. Ich habe auf meinem Kanal auch einen Ex-Zeugen interviewen dürfen, der 17 Jahre lang Pionier war und vorher bekennender Christ. Er hat deutlich gemacht, warum er zu den Zeugen Jehovas gegangen ist – wegen seines mangelnden Bibelwissens. Wir brauchen also eine gründliche Erkenntnis von Gottes Wort, wenn wir wirklich in den Dialog mit Zeugen Jehovas treten wollen.
Was ich auch noch raten würde: Stelle Fragen, die Zeugen Jehovas beantworten sollen. Zeugen Jehovas werden gelehrt, dass sie die Bibellehrer sind und die Wahrheit haben. Wir, die mit ihnen in Kontakt kommen, sind quasi die Bibelschüler. Schüler dürfen immer Fragen stellen, und der Lehrer muss dann suchen. Deshalb sollte man ihnen gute Fragen stellen, die sie zum Nachdenken bringen.
Das Vierte ist: Übernimm nicht die Aufgabe des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist überführt die Menschen von der Sünde und zeigt ihnen, wie wichtig Jesus ist. Wir können nur Impulse geben.
Du hast sicher auf deiner Plattform manche dieser Fragen, die man Zeugen Jehovas stellen kann. Fällt dir spontan eine oder zwei gute Fragen ein?
Ja, man könnte zum Beispiel fragen: Können Sie mir in Ihrer Bibel zeigen, wo Jesus selbst zu Gott Jehova gesagt hat? Wir sollen ihn ja mit seinem Namen anreden. Wo hat Jesus gebetet und ein Gebet gesprochen, in dem er Jehova genannt wird? Man kann das einfach mal so stehen lassen. Wenn derjenige dann sagt, dass er nichts gefunden hat, kann man fragen: Was hast du denn gefunden? Jesus hat immer „Vater“ gesagt. Er hat uns auch nicht das „Jehova unser“ gelehrt, sondern das „Vater unser“. Warum wohl?
Man kann dann weiter fragen: Was ist Gottes Ziel mit Christen? Sollen sie Freunde Gottes werden oder Kinder? Kinder sprechen natürlich zu ihrem Vater „Vater“ und nicht mit dem Vornamen. Wie ist das?
Dann sollte man ihn wieder ein bisschen alleine lassen, damit er darüber nachdenkt, was das Neue Testament über Christen sagt: Dass sie Freunde Jehovas sein sollen. Wenn er sagt, es gibt eigentlich nur die Kindschaft, kann man fragen: Wie wird man denn ein Kind Gottes? Gibt es da Bibelstellen? Wie ist es mit dem Heiligen Geist, durch den wir Kinder Gottes werden?
Oder man fragt: Können Sie mir das Evangelium erklären? Das Zentrum, das Evangelium.
Dann würde ich genau zuhören. Wenn der Zeuge Jehovas vom Königreich oder von einer schönen Erde spricht, schreibe ich das alles auf. Dann wiederhole ich, was er über das Evangelium gesagt hat, und sage: Ich möchte mit Ihnen 1. Korinther 15,1-4 lesen. Dort wird das Evangelium beschrieben. Es gibt nur einen Schwerpunkt: Jesus ist für unsere Sünden gestorben, wurde begraben und ist auferstanden. Das ist das Evangelium. Alles andere gehört nicht zum Evangelium.
Ich kann mir vorstellen, dass dich diese Auseinandersetzung auch intensiv ins Bibelstudium geführt hat.
Oh ja, aber es hat auch viel Freude gemacht. Es ist sehr schön, wenn man plötzlich mitbekommt, dass Jehovas Zeugen, die vorher so fest in ihrer Lehrmeinung waren, anfangen, zu Jesus zu beten und ihm ihr Leben öffnen.
Solche Leute durfte ich dann auch taufen. Sie wurden anschließend in christliche Gemeinden weitergeführt. Das ist wirklich schön.
Vielen Dank, Martin. Ich möchte noch einmal unterstreichen, was du eben gesagt hast: Letztendlich ist es Gottes Geist. In den Gesprächen geht es dir nicht darum, Recht zu behalten. Vielmehr möchtest du durch deine Fragen jemanden zum Nachdenken bewegen. Gottes Geist benutzt diese Gespräche, um Menschen schlussendlich zu Jesus zu führen. Das ist der entscheidende Punkt.
So ist es. Ja, schön.
Das war der Podcast der evangelischen Freikirche Evangelium für alle in Stuttgart. Wir hoffen, ihr konntet einen Impuls mitnehmen, wie ihr respektvoll und gewinnend mit Zeugen Jehovas sprechen könnt.
Wenn ihr Fragen habt, über die wir sprechen sollen, oder Anmerkungen zum Podcast, schreibt uns gerne unter podcast@efa-stuttgart.de. Alternativ könnt ihr direkt Kontakt zu Martin Peeth aufnehmen unter zj-hilfe.de. Diese Informationen findet ihr auch noch einmal in den Shownotes.
Wir wünschen euch bis zum nächsten Mal Gottes Segen.