Ein Lichtblick in dunkler Zeit
Licht, Geschichten der Bibel, Licht – nach dem Dunkel haben wir gesungen. Jetzt bitte ich Sie, aufzuschlagen. Die Stellen stimmen nicht ganz mit dem Programm überein, das liegt an mir.
Jesaja 8,23:
Doch es wird nicht dunkel bleiben über denen, die in Angst sind. Hat Gott in früher Zeit das Land Sebulon und das Land Naftali in Schmach gebracht? So wird er hernach zu Ehren bringen den Weg am Meer, das Land jenseits des Jordans, das Galiläa der Heiden.
Und jetzt geht es weiter, aber ich möchte dem Bruder Scherer am Montag nicht zu viel wegnehmen.
Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im Finsternland, scheint es hell.
Und dann Vers 5:
Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter. Und er heißt Wunderrat, Gott Held, Ewigvater, Friedefürst, damit seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich.
Dass er es stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit – solches wird tun der Eifer des Herrn Zebaoth.
Persönliche Erinnerungen an Advent und Hoffnung
Persönliche Erinnerung
Immer am Samstagabend vor dem ersten Advent fand und findet bis heute die Adventsfeier der Stuttgarter evangelischen Jugend statt. Für uns war das nach dem Umsturz 1945 etwas ganz Besonderes. Durch die zerstörte Stadt zu laufen und in eine der wenigen Kirchen zu gehen, die noch einigermaßen erhalten waren, war ein Privileg. Es war ein Privileg zu wissen, dass uns der Sohn Gottes geboren ist und uns zugeteilt wurde.
Wir waren nicht nur ein vernichtetes Volk mit zerstörter Heimat. Damals war keine Straßenlaterne an, es war eiskalt in der Kirche. Doch das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht.
Ich denke immer noch an diese herrlichen Adventsfeiern vor vierzig, fünfzig Jahren zurück. Doch dieses Wort ist in erster Linie regional zu verstehen. Es wurde konkret dem Land Sebulon und Naftali zugesprochen.
Gott hatte diese Länder in früherer Zeit in Schmach gebracht: Das Land Sebulon und das Land Naftali. Doch später wird es zu Ehren gebracht werden. Es wird nicht dunkel bleiben über dieser finsteren Region.
Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht.
Gottes Wirken in bestimmten Regionen
Es ist etwas Besonderes, dass unser Gott nicht nur einzelne Menschen ergreift, sondern auch seine Geschichte mit bestimmten Regionen verbindet. Das ist bereits in Deutschland aufgefallen, zum Beispiel im Siegerland, in Franken um Nürnberg, in Neuendettelsau und früher im Minden-Ravensberger Land – alles Segensgebiete. Vielleicht zählt auch unser Württemberg dazu.
Doch das Phänomen ist weltweit zu beobachten. Gott hat in besonderer Weise Erweckungsgebiete, etwa in Ostafrika, in Ländern wie Tansania, Kenia, Ruanda und Burundi. Ebenso in Indonesien bei den Bataks oder heute in Südamerika. Dort, wo man hinkommt, hört man Gitarrenklänge und Erweckungslieder.
Wir haben immer gedacht, Südamerika sei ein Kontinent, der versunken ist in Okkultismus und falsche Frömmigkeit. Doch unser Gott ergreift auch dort bestimmte Regionen.
Ursprünglich begann es mit Sebulon und Naftali, dem Volk, das im Finstern wandelt.
Biblische Geografie und historische Hintergründe
Und jetzt müssen wir leider noch ein bisschen Geografie machen – biblische Geografie –, damit wir besser verstehen, was der Prophet im Auftrag Gottes weiterzugeben hatte.
In allen Bibeln finden Sie Landkarten. Wenn oben Kleinasien zu sehen ist, dann verläuft die Küste von Palästina entlang, und unten ist die Ecke, vielen Dank, ich wollte nur ausprobieren, wie laut ich sprechen kann.
Das ist das Durchmarschgebiet Israels. Dort fließt der Jordan durch den See Genezareth und weiter nach Süden in das Tote Meer. Hier befindet sich die Ecke mit dem Karmel. Dieses Gebiet war immer das Durchmarschgebiet für die Großmächte Babylon, Assur, Aram und Mesopotamien, die ihr Reich erweitern wollten – entweder nach Ägypten oder die Ägypter wollten ihr Reich nach Nordosten zum Zweistromland hin ausdehnen.
Immer zogen die Heere durch dieses Gebiet und hinterließen furchtbare Verheerungen. Besonders betroffen waren die Gebiete, in denen die Stämme Assur, Sebulon, Isachar, Naftali und Dan lebten – in diesem Gürtel. Diese Gebiete wurden besonders hart getroffen, sie wurden regelrecht zertreten. Die Frauen dort wussten, was Vergewaltigung bedeutet, sie kannten Plünderung und Verwüstung. Besonders bei den Einfällen der Aramäer wurde dort großes Leid verursacht.
Die Bibel berichtet vom Hasael von Aram, der eine ganze Schar von Königen in einer Koalition aufgeboten hat, um hier im Süden einzufallen.
Als König Salomo einmal König Hiram von Tyrus eine Belohnung geben wollte – dafür, dass Hiram ihm mit Steinmetzen und Holzfällern beim Bau von Jerusalem und beim Tempel geholfen hatte –, gab Salomo ihm dreißig Dörfer in Galiläa. Doch König Hiram fragte: „Was sind das für Dörfer? Kabul? Was ist das jetzt? Damit willst du mich belohnen?“ Deshalb wurde die Gegend Kabul genannt, was so viel heißt wie: „Was ist denn jetzt los?“ Es war eine armselige, geplagte Gegend.
Nachdem Assur eingefallen und Samarien erobert hatte, war die Region unter Fremdherrschaft. Nur einzelne Fromme konnten sich durch Rettung bewahren. Die Makkabäer, von denen auch im ersten Makkabäerbuch berichtet wird (1. Makkabäer 5), haben die letzten Reste der Frommen nach Jerusalem evakuiert.
Ab dieser Zeit war das die Galiläa der Heiden. Dort gab es keine frommen Leute mehr. Es hatte sich sogar eine eigene Sprache entwickelt. Als Petrus im Hof des Hohenpriesters war, hat man gesagt, er spreche Galiläisch – einen Dialekt. Man hat sofort erkannt, dass das etwas Minderwertiges war, schlimmer als Ostfriesland. Hoffentlich ist niemand aus Ostfriesland bei uns, so wurden sie angesehen. Auch religiös galten sie als unbedeutend, man konnte sie vergessen.
Das Land Sebulon und Naftali war ein Gebiet, in dem es keinen Gottesdienst mehr gab. Es gab kein Zentrum des Glaubens mehr, keine Verkündigung der Großtaten Gottes – eine Gottesfinsternis. In diesem armseligen Land Sebulon.
Und jetzt darf der Prophet Gottes verkündigen: Das Volk, das im Finstern wandelt, von dem man denkt, es sei von Gott gestraft und abgeschrieben, wird ein großes Licht sehen. Über ihnen wird das Licht noch einmal aufgehen. Es wird nicht dunkel bleiben über denen, die in Angst sind und die früher in Schmach gebracht wurden.
Kabul, das Land Sebulon ohne Naftali, so wird er es zu Ehren bringen – den Weg am Meer, das Land jenseits des Jordans, Galiläa der Heiden.
Galiläa als Brückenkopf des Heils
Dort hatte Gott vor, in Galiläa seinen Brückenkopf des Heils aufzubauen. In der Apostelgeschichte, als Gott seinen Heiligen Geist ausgegossen hat (Apostelgeschichte 2), wird berichtet, dass die Parther, Meder, Elamiter, die Leute aus Mesopotamien und viele andere die großen Taten Gottes hörten und verstanden. Sie wunderten sich und fragten: Sind denn diese alle, die da reden, nicht Galiläer?
Man sieht, aus Galiläa kommt das Heil. Aus Galiläa kam Petrus, von dem wir bereits einiges gehört haben. Es ist das Land am Meer, am Galiläischen Meer. Gott hat diese Region in besonderer Weise im Blick gehabt, um deutlich zu machen, dass es keine hoffnungslose Region gibt, in der Gott nicht etwas tun könnte.
Erweckung und Wandel in Regionen
Wird heute Abend das sein, was mir anvertraut ist und was ich Ihnen weitergeben möchte: Regionen.
Lassen Sie mich einen Sprung machen. Ich habe vorher fast zaghaft Württemberg erwähnt, unser früherer Bundeskanzler Kiesinger, ein katholischer Mitchrist, und Professor Leibinger, Chef der Firma Trumpf in Ditzingen, einer Weltfirma. Beide haben Studien gemacht – Professor Leibinger sogar beim letzten Stuttgarter Kirchentag – die auf den Ton eingestimmt waren, wie aus dem Armenhaus Württemberg, aus dem beklagenswerten, armseligen Württemberg, ein Musterländle wurde.
Rein industriell und wirtschaftlich betrachtet, haben sowohl Kurt Georg Kiesinger als auch Professor Leibinger gesagt, dass dies durch die Pietisten möglich wurde. Durch die frommen Familien, die Gott erweckt hat, die angefangen haben, kleine Handwerker zu sein. Diese Handwerker haben den kleinen Gewinn, den sie gemacht haben, nicht für sich selbst verbraucht, sondern investiert. Sie haben ihren kleinen Handwerksbetrieb ausgedehnt und daraus den typisch schwäbischen mittelständischen Betrieb gemacht, vor allem im Maschinenbau und in der gesamten Technik, die unser Württemberg geprägt hat.
Württemberg war schon rein geografisch benachteiligt. Wir hatten keine großen Flächen wie die Magdeburger Börde, sondern armselige Äcker, die durch die Realteilung noch in kleine, handtuchgroße Parzellen zerschnitten wurden. Und dann kam plötzlich ein neuer Geist.
Meine Vorvorgänger als Dekane im Schorndorfer Bezirk haben diesen Wandel beschrieben: Es herrschte endloser Hunger, Diebstahl und Trunksucht. Und plötzlich kam ein neuer Geist, ein Geist der Hoffnung. Menschen eröffneten Suppenküchen für die Armen, Kinder wurden wieder in die Schule geschickt und Väter waren bereit, in den Gemeinderat zu gehen.
Dieser neue Geist kam von Gruppen, die sich um Bibel und Gebet sammelten. Erweckung ist nicht so, dass sie alle ergreift, sondern es sind kleine Gruppen, die wie Sauerteig für das ganze Land wirken. So war es auch in Sebulon und Naftali, so hat es Gott geplant.
Die Logik der Bibel ist nicht immer leicht von unserem armseligen Verstand zu verstehen. Die Logik ist: Was Gott versprochen hat, das ist auch eingetroffen. Du kannst dich auf das verlassen, was Gott ankündigt, denn das bringt er auch zustande.
Daran wollen wir heute ein wenig nachdenken, besonders für die Region Sebulon und Naftali, was Gott dort gewirkt hat: Licht soll geschichtet werden im dunklen Sebulon und Naftali, es soll ein Licht aufgehen.
Die Verheißung im Neuen Testament
Und jetzt müssen wir von Jesaja 9 vorübergehend zu Matthäus 4 wechseln, um deutlich zu machen, wie diese Verheißung im Neuen Testament aufgenommen wurde. Es wird nicht nur immer wieder betont, dass Jesus, nachdem er mit seinen Eltern nach Ägypten geflohen war, nicht nach Judäa oder Bethlehem zurückkehrte, sondern nach Nazareth in Galiläa.
Im Johannesevangelium wird berichtet, dass Jesus nach Galiläa zog und die Galiläer ihn aufnahmen, nachdem er aus Judäa vertrieben worden war. Man sollte darauf achten, wie das Neue Testament immer wieder hervorhebt, dass Gott zu seiner Verheißung stand. Plötzlich strahlte Licht auf in Sebulon und Naphtali, in diesem Galiläa der Heiden.
Nun wollen wir Matthäus 4,12 lesen:
Als Jesus hörte, dass Johannes gefangen gesetzt worden war, zog er sich nach Galiläa zurück. Er verließ Nazareth, kam und wohnte in Kapernaum, das am See liegt, im Gebiet von Sebulon und Naphtali. Damit sollte erfüllt werden, was durch den Propheten Jesaja gesagt ist:
Das Land Sebulon, das Land Naphtali, das Land am Meer, das Land jenseits des Jordans – das heidnische Galiläa – das Volk, das in Finsternis saß, hat ein großes Licht gesehen. Denen, die im Land und Schatten des Todes saßen, ist ein Licht aufgegangen.
Alltag und Erfahrungen Jesu in Galiläa
Wenn moderner Film gedreht wird oder auch nur eine Fernsehaufnahme gemacht wird, werden zuerst riesige Strahler aufgebaut. Dann heißt es plötzlich: Licht an, Strahler an und jetzt Film ab.
Wenn das Licht da ist und strahlt, möchte ich Sie heute Abend einladen, dass uns einmal bewusst wird: Licht an, Film ab! Was uns im Neuen Testament über Galiläa erzählt wird, ist unheimlich viel.
Wir wissen über keine Region des Altertums im ganzen Mittelmeergebiet so genau Bescheid wie über Galiläa. Und zwar über den Alltag in Galiläa, fast so, als wäre es eine Wochenschau, die uns Tag für Tag berichtet. Der junge Jesus in Nazareth hat erlebt, wie die kleinen Küchlein, die zitternden, bibbernden Küchlein, Schutz gefunden haben unter den Flügeln der Glucke.
Er hat erlebt – wenn Sie im Neuen Testament nachschauen, wo Jesus das gesehen hat –, dass die vielen Bilder, die er uns schildert, aus Galiläa, seiner Heimat, stammen. Dreißig Jahre hat er in seiner Heimat Nazareth gelebt.
Er hat gesehen, wie in der Backmulde ein kleiner Batzen Sauerteig über Nacht den halben Zentner Mehl durchsäuert. Er hat es in der Werkstatt seines Vaters erlebt, wenn der Zimmermann Joseph gehobelt hat. Dabei ist auch dann und wann so ein Stück Holz in sein Auge gefallen. Und wenn er das herauswischen wollte, hat der Vater gesagt: „Moment mal, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen, aber zuerst muss ich mir selber die Holzsplitter aus meinen Augenbrauen und Augen wischen.“
Wer dem anderen einen Holzsplitter aus dem Auge ziehen will, muss selber zuerst den Balken aus seinem eigenen Auge ziehen. Jesus hat es bei seinem Vater, dem Bauhandwerker Josef, erlebt, wie furchtbar das ist, wenn jemand ein großes Bauunternehmen anfängt, auf halber Strecke das Geld ausgeht und nur noch eine Bauruine bleibt.
Jetzt würde ich Sie am liebsten einladen, aus Ihrer Bibelkenntnis des Neuen Testaments all die Bilder zu eruieren und herauszuholen, was Jesus erlebt hat. Er hat erlebt, dass man dicht bei dicht wohnte, wie Mütter vor der Stunde der Geburt Angst hatten. Und wenn das Kind zur Welt gekommen ist, da ist nur noch Freude und Dankbarkeit da, und die Schrecken sind vergessen.
Jesus hat gesehen, wie der Spreu vom Weizen getrennt wird. Er hat gesehen, dass ein Haus ohne richtiges Fundament einen tiefen Fall macht. Er hat erlebt, dass morgens schon um halb drei Uhr die ersten Hähne krähen. „In dieser Nacht, bevor der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnet haben“ – das hat Jesus erlebt.
Er hat erlebt, was Motten und Rost anrichten können und dass man um manchen Feigenbaum graben muss, auch ein drittes Jahr, bis er Frucht bringt. Erst dann sollte man ihn abhauen.
Jetzt gehen Sie mal all den vielen Bildern nach: Das ist Nazareth, das ist der Alltag in Sebulon und Naftali im heidnischen Galiläa. Das hat Jesus erlebt. Dreißig Jahre hat er mit uns gelebt, um zu wissen, wie wir Menschen leben, und um sagen zu können: Ich kenne euch.
Aber er hat auch erlebt, wie erlösungsbedürftig diese Welt ist.
Jesus’ Erkenntnisse über die menschliche Natur
Und plötzlich merken wir wahrscheinlich, dass das heidnische Galiläa nur exemplarisch stellvertretend für unsere Welt steht. Es gibt Väter, die ihren Kindern gute Gaben geben können und doch durch und durch arg sind. Jesus fragt: Wenn ihr arg seid, könnt ihr dann trotzdem euren Kindern gute Gaben geben?
Jesus hat erlebt, dass nicht nur ein schmutziger Tellerrand furchtbar ist, sondern dass aus dem Herzen des Menschen arge Gedanken kommen. Mord, Ehebruch, Habsucht – so sagt Jesus. Er lebt in Nazareth und beobachtet den gierigen Blick, mit dem manche Männer Frauen ansehen und begehren. „Hätte ich doch die Kraft, wäre ich besser dran“, könnte man denken.
Jesus hat vor allem die Geldgier erlebt. Niemand lebt davon, dass er viele Güter hat. Der Mammon ist ein Götze, der euch beherrscht. Wer das erlebt, weiß, wie mächtig die Geldgier ist. Darum sagt Jesus: Ihr sollt euch keine Schätze auf Erden sammeln.
Er hat auch erlebt, wie Menschen Sorgen haben – Sorgen darüber, ob die Rente reicht und wie lange sie mit ihrer Gesundheit durchhalten. Jesus sagt: Sorgt euch nicht! Denn er hat gesehen, wie die Sorge in jedem Haus präsent ist.
Zudem hat er erlebt, dass Menschen Rachegelüste haben und vergelten wollen. Es fällt uns schwer, zu segnen, wenn wir geflucht werden. Jesus hat uns gelehrt zu beten und uns vom Bösen zu lösen – vom Teufel, der auch in Nazareth präsent ist. Die dämonischen Geister – selbst wenn der Teufel ausgetrieben ist, suchen sieben andere Geister, die schlimmer sind als er. Sie kommen zurück, finden das Haus geputzt und gereinigt vor und wollen wieder Besitz ergreifen.
Das ist keine Theorie aus dem Himmel, sondern Jesus hat das bei uns so erlebt und darüber gesprochen. So ist es, dass wir uns am Neujahrsmorgen vornehmen: „Ab heute bin ich nur noch der liebe Rolf Schepfu, der Geduldige.“ Und schon ist der Tag um zwölf vorbei, weil andere Mächte da sind.
Jesus hat auch gesehen, dass Menschen scheinheilig in den Tempel gehen, um ihre Gabe niederzulegen, ohne sich vorher mit dem Bruder oder der Schwester zu versöhnen. Viele tun sich schwer, die Wahrheit zu sagen. Lieber schwören sie „Das stimmt“, als einfach „Ja, ja“ oder „Nein, nein“ zu sagen.
Der Weg ist breit, der zur Verdammnis führt, und viele gehen ihn.
Jesus’ Mitgefühl und Angebot der Befreiung
Das war keine himmlische Theorie, sondern etwas, das Jesus in Nazareth erlebt hat, im Land Sebulon und Naftali. Jetzt verstehen wir, warum Jesus sagt: Als er das Volk sah, jammerte es ihn, denn sie waren verschmachtet und zerstreut wie Schafe, die keinen Hirten hatten.
Das Volk, das im Finstern wandelt, hat das Licht aus der Welt Gottes entdeckt. Diese Hilfsbedürftigkeit zeigte sich besonders in Galiläa. Aber Jesus stand nicht einfach als großer Morallehrer da und sagte: „Ihr braucht es doch, ich weiß, was mit euch los ist.“
So wie mein verehrter Kollege Oehler, der mich in Ulm in die Seelsorge in der Vollzugsanstalt eingeführt hat, sagte: „Chefbuch, du musst sie hart dran nehmen.“ Er machte es vor und sagte zu den armen Gefangenen, die da unten auf ihren Hockern saßen: „Ich kenne eure Akten, ihr macht mir nichts vor.“ So hätte Jesus auch sprechen können.
Stattdessen sagte er: „Kommt doch her, ihr Mühseligen und Beladenen, ich will euch erquicken.“ Wenn euch der Sohn freimacht (Johannes 8), seid ihr wirklich frei. Erst als die Juden sagten: „Wir brauchen niemanden, der uns freimacht, wir waren noch nie jemandes Knechte“, antwortete Jesus: „Ja, wer Sünde tut, der ist der Sündeknecht.“
Er hat nicht damit angefangen, sondern sagte: „Ihr seid Knechte der Sünde, und ich bin gekommen, euch zu befreien.“ Jesus bietet immer das große Angebot an. Der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen. Ihr sollt keinen Kotau vor mir machen. Er sagt: „Ich bin gekommen, um euch zu dienen, als der Erlöser, der euch freimacht von der Macht des Bösen, von den Mächten, die euch knechten.“
Das Licht Galiläas strahlt in die Welt
Damals, als Jesus in Galiläa war, dem Land Sebulon und Naftali, ging ein großes Licht auf. Als der Auferstandene durch die Engel seinen Jüngern ausrichtete, sagte er zu den Jüngern und zu Petrus, sie sollten nach Galiläa gehen. Dort wolle er sie treffen – wieder Galiläa.
Er sagte nicht, sie hätten drei Jahre Zeit gehabt, ihn anzunehmen, aber jetzt habe er andere Aufgaben. Nein, zurück nach Galiläa. Ich habe zuvor erwähnt, dass die Pfingstgeschichte damit beginnt, dass dieser kleine Kerntrupp, den der Herr Jesus aus Galiläa berufen hat, plötzlich zur Keimzelle der Erweckung in der Mittelmeerwelt wurde.
Die Apostel kamen aus Galiläa; sind sie nicht alle Galiläer? Plötzlich ging von Galiläa das Licht aus, das sich über die ganze Mittelmeerwelt verbreitete. Petrus, selbst ein Galiläer, durfte vor dem Hohen Rat, dem Synhedrium, dem Parlament in Jerusalem bekennen: Es gibt kein anderes Heil, keinen anderen Namen unter dem Himmel, der den Menschen gegeben ist, durch den sie gerettet werden können, als allein Jesus.
Man merkt, wie das Heil von Galiläa plötzlich einige Menschen ergriff. Und plötzlich strahlt das Licht weiter von Galiläa aus. Dann schreibt derselbe Petrus, von dem wir gerade gehört haben, im ersten Petrusbrief: „Ihr habt ihn nicht gesehen, den Herrn Jesus, und habt ihn doch lieb.“
Was heute Morgen wichtig wurde, ist: Petrus wurde nicht gefragt, ob er helfen wolle, die Welt zu verändern, die Armut zu halbieren oder Gutes zu tun. Sondern es wurde gesagt: „Du hast mich lieb.“ Das macht Petrus plötzlich den Gemeinden in Kappadokien, den erwählten Fremdlingen, wichtig, die Jesus liebhaben.
Jesus hat uns gelobt: „Sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns durch seine große Barmherzigkeit wiedergeboren hat. Ihr seid das auserwählte Volk, das königliche Priestertum, das heilige Volk, das verkündigen soll die Wohltaten dessen, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht.“
Das war die Botschaft fürs dunkle Galiläa: Aus der Dunkelheit kann man herauskommen. Jesus hat sogar uns im verdammten Galiläa das Licht aufgehen lassen. Das hat Petrus den erwählten Fremdlingen im ganzen Mittelmeerraum weitergegeben.
Das Licht ist der Gott aller Gnade, der auch euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit. Er wolle euch vollbereiten, stärken, kräftigen, gründen und durch seine Macht bewahren zur ewigen Seligkeit.
Erweckung im Remstal als Beispiel
Ich durfte viele Jahre Pfarrer in Schondorf sein, einem armen Gebiet im Remstal. Früher gehörten Weinbaugebiete zu den ärmsten Regionen in Deutschland. Man hatte damals noch nicht die Reben aus Amerika, erst etwa die dritte Weinernte brachte etwas ein, meist aber sehr sauren Wein. In Weinbaugebieten gibt es kaum Äcker und Gärten, denn der Boden ist dafür einfach ungeeignet.
Das Remstal war geprägt von Trunksucht und Diebstahl. Es war, wie Sebulo und Naftali, ein abgeschriebenes Gebiet. Doch dann kam plötzlich die Erweckung, von der ich zuvor sprach. Sie wurde durch fromme Menschen gebracht, die aus der Steiermark vertrieben worden waren – um ihres Glaubens willen.
Dazu gehörte die Familie Feil. Das Haus Feil hatte Graf Zinzendorf zu Gast, der erste Impulse gab. Der Stammvater, der Rotgerber Johannes Feil, war ein großer Freund des Glaubens. Noch heute ist die Familie Feil eine große Gemeinschaft. Sie waren Mitbegründer von Königsfeld und später an der Gründung der frommen Gemeinden in Bessarabien beteiligt.
Johannes Feil hinterließ seiner großen Nachkommenschaft in seinem Testament die Worte: „Werdet doch alle Liebhaber von Jesus! Ich kann es nicht mit Worten ausdrücken, wie lieb ich Jesus habe. Außer ihm will ich nichts wissen, in ihm habe ich alles. Mit Jesus habe ich einen guten Mut im Tod und sogar im Gericht. Lernt euch auch in eurer ganzen Blöße zu erkennen und nehmt deshalb Zuflucht zum Heil an der ganzen Welt, der Macht hat, Sünden zu vergeben und Sünder selig zu machen.“
Er selbst hatte erlebt, wie man aus der Finsternis ins Licht kommt. Aus der Trostlosigkeit – vertrieben aus der Steiermark, wo sie ihre Höfe zurücklassen mussten – wurden sie zum Segen gesetzt. Dieser Spruch wird immer wieder von den Oberbürgermeistern in Schondorf zitiert: Er war zum Segen gesetzt seinem Volk. Das war sozusagen ein Wahlspruch über der Familie Feil.
Doch es geht nicht nur um Segen – Jesus holt uns heraus aus der Finsternis ins Licht.
Die Bedeutung der Verheißung und ihre Erfüllung
Jetzt noch ein Gedanke, ohne dem Bruder Scherer zu viel wegzunehmen, in diesem Zusammenhang mit Jesaja 8,9: Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht. Es kommt ja das herrliche Wort, das vollends die Lösung ist. Ich bin dankbar, wenn Bruder Scherer das noch in der Tiefe auslegt.
Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben. Der Sohn Gottes ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter. Er heißt Wunderrat, Gottheld, Ewigvater, Friedefürst.
Wenn Sie eine Kurzform für diese vier Begriffe wählen wollen, gibt es den Namen Jesus, Jeschua – der Helfer des Yahweh, der Helfer Gottes, voll Wunderrat. Was er mit Zebulon macht, ist nicht, das Land mit einer religiösen Patina zu überziehen, sondern ein paar Leute zu berufen, die zu Segensträgern werden.
Gott hält, Gott ist in seiner Kraft da, sodass selbst ein wandelmütiger Petrus aus Galiläa zurechtkommt und entscheidend erkennt, dass die Hauptsache ist, dass ich ihn liebe.
Ich bin dankbar, dass es den Ewigvater gibt. In ihm ist das Licht Gottes, das Schöpfungslicht, das aufgeflammt ist über unserem Toho Wabo, plötzlich Wirklichkeit geworden. Dieses Licht leuchtet auch im Remstal und in Zebulon und Naftali und im Siegernand auf – in Ostafrika der Friedefürst.
Jesus als Friedefürst in Ostafrika
Bei der Weltkirchenkonferenz in Nairobi 1975 wurde ein Anspiel aufgeführt, in dem die Arbeit der Missionare lächerlich gemacht wurde. Neben mir saß als Gast bei dieser Konferenz der ugandische Bischof Festo Kivengeri, der längst in der Ewigkeit ist.
Bischof Festo fragte: „Ist es wirklich so, dass die Missionare mit Schnaps und mit dem Karabiner durch die Lande gezogen sind?“ Dann sagte er zu mir: „Rolf, wir hatten hier in Ostafrika die Blutrache zwischen den Familien und zwischen den Stämmen. Wir wissen das von den Hutus und Tutsis, wie tief dieses Element in diesen Stämmen verankert ist. Es gab jahrhundertelang Verfeindung, Rache und Unfrieden.“
Er fuhr fort: „Als Jesus kam, da haben sich die Christen während des Kikuyu-Aufstands lieber massakrieren lassen, als dass sie sich auf eine der beiden Seiten vereinnahmen ließen. Sie haben zum Frieden beigetragen. Jesus hat uns nach Ostafrika Frieden gebracht – er ist der Friedefürst im dunklen, verfeindeten Ostafrika.“
Wir ahnen kaum, was Jesus, der Friedefürst, Gottvater, Ewigvater und Wunderrat, für ein Licht mitten in die Finsternis strahlen lassen kann. Er hat es getan im Land Galiläa und hat Galiläa zum Segen für die ganze Welt gemacht. Er hat es immer wieder getan, auch im Land der Reformation einst. Und doch beklagen wir, dass inzwischen so viel kaputtgegangen ist.
Wichtig wäre es, dass dies überall geschieht, wo wir jetzt sind und wo Gott uns hingestellt hat.
Persönliches Gebet und Bitte um Licht
Wir sagen: Herr Jesus, lass dies jetzt wahr werden, auch in meinem Leben. Lass mich kein verlorenes Gebiet sein, weder meine Familie noch der Ort, an dem ich wohne.
Das Volk, das im Finstern wandelt, ist umgeben von vielen böswilligen Nachbarn und viel Geschwätz. Es geht ihnen so, dass man selbst im frommen Korntal hineingenommen ist. Dort denkt man: „Oh liebe Zeit, hoffentlich stoße ich nicht an eine Ecke und löse eine Lawine aus von Hass oder bösem Geschwätz.“
Lass mich mitten in dieser dunklen Welt das Licht sehen. Hilf mir, dass ich dieses Licht weitertragen kann. Ja, lieber Herr, hilf uns, dass diese Adventszeit wirklich davon bestimmt ist, wie wir dich empfangen und wie wir dir begegnen.
O aller Welt Verlangen, o meiner Seele Zier, o Jesu, Jesu, setze mir selbst die Leuchte bei, damit es bei mir heil wird! Amen.