Einführung in die Bedeutung von Gewohnheiten im Glaubensleben
Die Macht der Gewohnheiten – ein paar Gedanken zur Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt. Nachfolge praktisch: dein geistlicher Impuls für den Tag. Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um säkulare Gewohnheiten, Teil 1.
Ich finde das Thema Gewohnheiten total spannend, vor allem, weil man ihre Bedeutung oft leicht übersieht. In der letzten Episode habe ich gesagt: Mein Herz wird nicht durch das, was ich weiß, auf das Gute und auf Gott ausgerichtet, sondern durch das, was ich tue. Genauer gesagt, durch das, was ich regelmäßig tue – also durch meine Gewohnheiten.
Diese einfache Beziehung zwischen dem, was ich liebe, und dem, was ich tue, zieht sich durch mein ganzes Leben.
Lass mich mit einem ganz einfachen Beispiel beginnen, fast zu banal, um es zu bringen: Bauchmuskeltraining. Ich mag es nicht, habe es noch nie gemocht. Aber seit ein paar Wochen starte ich meinen Tag mit einem Video. Nach dem Aufstehen mache ich acht Minuten Bauchmuskeltraining – zusammen mit meiner Frau.
Ich mache es für meine Frau, weil ich sie liebe. Es gibt keinen anderen Grund. Aber hier kommen die Gewohnheiten ins Spiel: Woche für Woche gewinne ich mehr Freude daran. Und wenn das so weitergeht, werde ich vielleicht sogar einer, der Bauchmuskeltraining wirklich liebt.
Wir können nämlich nicht anders. Wir werden lieben lernen, was wir regelmäßig tun. Das ist die Macht der Gewohnheiten. Wie gesagt, ein banales Beispiel.
Die Gefahr säkularer Gewohnheiten im christlichen Leben
Aber gerade deshalb sind säkulare Gewohnheiten, die mein Herz unbemerkt von Gott wegziehen, so gefährlich.
Es lohnt sich für Christen, intensiv über die Zeit nachzudenken, in der sie leben, und sich der Gewohnheiten bewusst zu werden, mit denen sie täglich versucht werden.
Ich möchte drei Konzepte vorstellen, mit denen der moderne Säkularismus uns begegnet. Heute geht es um das Thema expressiver Individualismus.
Expressiver Individualismus als prägende Kraft der Gegenwart
Damit ist gemeint, dass wir in einer Zeit leben, in der Selbstverwirklichung zum Zentrum des menschlichen Lebens geworden ist. Das moderne Ich dreht sich um sich selbst, möchte verstehen, wer es ist, und vor allem begreifen, wie es ein Leben führen kann, das maßgeschneidert zu ihm passt.
Ihm scheinen viele Optionen offen zu stehen. Ausgehend von dem Wissen, dass wir alle sterben werden, dreht sich alles um eine Frage: Wie schaffe ich es, aus diesem einen Leben möglichst viel für mich herauszuholen?
Da wir im Zeitalter der Authentizität leben, ist das beste Leben für mich eng mit der Entfaltung meines wahren Selbst verbunden. Ich kann nur dann ein wirklich gutes Leben führen, wenn ich mein wahres Selbst oder das, was ich dafür halte, entfessle. Lebe dich aus, zeige allen, was für eine einzigartige Persönlichkeit du bist.
Das ist das Credo unserer Zeit, das wir immer und überall hören, wenn wir die Kultur unserer Zeit auf uns wirken lassen. Es ist das Evangelium von einem guten Leben, das mir zusteht – einfach nur, weil ich da bin. Und es steht mir nicht nur zu, es ist zum Greifen nah.
Ist es nicht so, dass ich dieses Evangelium in jeder Zeitschrift finde, die beim Arzt im Wartezimmer ausliegt, durch die Bilderflut der Instagram-Influencer oder in meiner Lieblingsserie präsentiert bekomme? Dieses Evangelium von einem guten Leben, das sich darum dreht, dass ich mich finde, mein Glück finde und das alles in Fülle?
Die unterschwellige Verführung durch säkulare Lebensmuster
Das bedeutet aber eben auch, dass ich mir beim Lesen der Boulevardpresse, beim Wischen durch die Instagram-Bildchen oder abends beim Flimmern des Bildschirms selbst ein anderes Evangelium predige – das Evangelium von einem guten Leben, das ich verdiene.
Bitte versteht mich richtig: Meine Sorge beim Thema Versuchung heute ist nicht mehr in erster Linie, dass Menschen bewusst sündigen – das tun sie natürlich auch. Meine Sorge ist vielmehr, dass wir durch säkulare Gewohnheiten das Denken der Welt übernehmen, ohne es wirklich zu merken.
Sonntags sitzen Christen im Gottesdienst, die behaupten, Jesus zu lieben. Doch wenn man sich ihr Leben anschaut, dann geht es ihnen praktisch Tag für Tag eigentlich nur um ihr persönliches Glück. Sie lieben Jesus mit dem Kopf, aber ihr Herz hat sich längst dem Diktat eines guten Lebens gebeugt.
Im Zentrum dieses „guten Lebens“ steht eben nicht das Kreuz, kein Messias, der sich für uns gab, um uns damit ein Beispiel zu hinterlassen, wie wahres Leben aussieht. Im Zentrum eines solchen heidnisch-christlichen Mischlings stehe ich – mit meiner Lust auf Selbstverwirklichung, auf Selbstdarstellung und meinem Recht auf ein Stück vom Kuchen Glück.
Die Spannung zwischen säkularen Gewohnheiten und biblischem Leben
Könnt ihr euch die Spannung vorstellen, die in meinem Herzen entsteht, wenn ich es durch meine Gewohnheiten auf Selbstverwirklichung, auf Spaßmaximierung und auf Selbstdarstellung ausrichte? Dann kommt das wahre Evangelium und spricht von einer Berufung zum Leid, von Selbstverleugnung oder davon, den anderen höher zu achten als mich selbst.
Oder ich lese von Paulus, wie er ganz selbstverständlich schreibt, 2. Korinther 6,3-5 und 8-10:
„Und wir geben in keiner Sache irgendeinen Anstoß, damit der Dienst nicht verlästert wird, sondern in allem empfehlen wir uns als Gottesdiener: in vielem Ausharren, in Bedrängnissen, in Nöten, in Ängsten, in Schlägen, in Gefängnissen, in Tumulten, in Mühen, in Wachen, in Fasten, durch Ehre und Unehre, durch böse und gute Nachrede. Als Verführer und Wahrhaftige, als Unbekannte und Wohlbekannte, als Sterbende – und siehe, wir leben –, als Gezüchtigte und doch nicht getötet, als Traurige, aber allezeit fröhlich, als Arme, aber viele reich machend, als Nichts habend und doch alles besitzend.“
Wenn wir mit dieser Beschreibung wenig anfangen können, wenn sie uns womöglich verschreckt, weil wir denken, dass Gott es doch nur gut mit uns meinen muss, und was gut ist, definieren natürlich wir selbst. In unserem Gut ist kein Platz für Nöte, Ängste, Armut oder Traurigkeit.
Haben wir uns dann schon einmal gefragt, woher diese gespürte Spannung zwischen der Bibel und meiner Wunschvorstellung kommt? Könnte es sein, dass ich insgeheim gar nicht das Leben führen möchte, das Gott für mich vorgesehen hat? Liebe ich vielleicht eine ganz andere Art von Leben? Ein Leben, das sich nicht um das Reich Gottes und um seine Gerechtigkeit dreht, sondern um meine Wünsche, meine Gesundheit, mein neues Auto und meinen Portugalurlaub?
Praktische Schritte zur Überprüfung der eigenen Gewohnheiten
Und wenn wir diese Spannung spüren, dann sollten wir uns die Frage stellen: Mit welchen alltäglichen Gewohnheiten verführe ich mein Herz dazu, diesem anderen Evangelium von einem guten Leben zu glauben?
Wisst ihr, die Spannung zu spüren, ist keine Sünde. Dagegen ist nichts einzuwenden, aber es ist auch nicht egal.
Was könntest du jetzt tun? Du könntest dir überlegen, womit du ganz praktisch deine Woche füllst. Schreibe doch einmal auf, was du jeden Tag so tust, und finde deine Gewohnheiten.
Abschluss und Ermutigung zum Gebetsleben
Das war es für heute. Ein intelligentes Gebetsleben erfordert gute Vorbereitung.
Vielleicht kann ich dich dazu anregen, eigene Gebetslisten anzulegen.
Der Herr segne dich, lasse dich seine Gnade erfahren und lebe in seinem Frieden. Amen.
