Einführung in die Herausforderung des Glaubens
Jesus, geboren von der Jungfrau Maria. Ich weiß, dass dieses Thema oft als das Paradebeispiel dafür gilt, wie schwierig der christliche Glaube sei und dass er für den modernen Menschen heute nicht mehr nachvollziehbar sei.
Rudolf Bultmann begründete sein Programm der Bibelkritik hauptsächlich damit, dass es für moderne Menschen nicht mehr möglich sei, an solche Glaubensinhalte zu glauben. Er hat es so ausgedrückt, dass man nicht gleichzeitig elektrisches Licht benutzen und an die Wiederkunft Jesu glauben könne. Diese Haltung ist inzwischen längst überholt, doch die Bibelkritik hat dadurch ihre Kraft gewonnen.
Ich war ein Kind, ich weiß nicht mehr genau, wie alt, vielleicht elf oder zwölf Jahre alt, und ging gerade ins Gymnasium. Damals wusste ich noch nichts von Gut und Böse. Ich habe miterlebt, wie sich zwei meiner Brüder – mein juristischer Bruder und mein späterer volkswirtschaftlicher Bruder, die damals etwa 14 oder 15 Jahre alt waren – heftig gestritten haben. Sie kamen vom Weihnachtsoratorium, das der Schulchor aufgeführt hatte, und hatten dort offenbar einen Streit. Ich erinnere mich nur noch vage daran, dass es um eine Ansprache ging, die gehalten wurde. Dabei wurde auch die Frage diskutiert, ob man den Menschen heute noch zumuten könne, ein solches Thema überhaupt anzusprechen, oder ob es besser sei, es aus dem Glaubensbekenntnis zu streichen.
Ich war Vikar und erzähle immer gern diese Geschichte. Ich wurde lieb eingeladen zu Pfarrleuten, deren Frau sechs Kinder hatte. Sie war rührend darin, mich an den Tisch zu bitten. In der Weihnachtszeit kam das Gespräch auf die Gläubigen. Es waren Pfarrleute, die der Bibelkritik sehr offen gegenüberstanden. Die Pfarrfrau sagte dann ganz originell, und ich vergesse das nie: Früher habe man solche Dinge noch geglaubt, aber inzwischen seien wir aufgeklärt und wüssten, dass es so etwas nicht gebe. Man sollte besser schweigen, besonders wenn man Gast ist.
Die Bedeutung der Jungfrauengeburt im Glauben
In der Zwischenzeit ist mir klar geworden, dass Mann und Frau eigentlich seit Adam und Eva wissen, wo die Babys herkommen. Das ist kein neues Problem. Nicht erst Oswald Kolle und ähnliche Volksaufklärer haben der Welt erklärt, wie es mit der Geschlechtlichkeit funktioniert.
Deshalb stellt sich eigentlich die Frage: Warum steht so etwas überhaupt in unserem christlichen Glauben? Hat das eine Bedeutung?
Viele versuchen, sich dadurch das Problem vom Hals zu schaffen, indem sie sagen: „Ich brauche das nicht. Gott kann auch durch eine ganz normale Zeugung seinen Retter senden.“ Wissen Sie, manchmal ist das so naiv, wenn wir darüber urteilen, was wir Gott zutrauen und was Gott könnte. Aber was ist mit dem Stirnrunzeln der Welt? Wenn Gott handelt, ist die Kritik an dem, was Gott getan hat, sehr groß. Was hat Gott jetzt einfach getan? Was ist geschehen? Und warum sagen wir dann, wir trauen es Gott zu? Welcher Grund steckt dahinter?
Meine Frau hat es heute noch beim Essen auf einen ganz einfachen Nenner gebracht, den ich kurz andeuten möchte und über den ich heute Abend sprechen will. Sie sagte: „Ja, sag es doch selber. Komm doch her, so nett, komm doch her.“ Sie meinte, das Wunder des menschlichen Lebens aus Eizelle und Samen ist so gewaltig groß, dass es überhaupt kein Problem gibt, ob Gott es auch ohne einen Teil tun kann.
Ich muss auch sagen, seitdem ich eigene Kinder oder Enkel habe, verstehe ich überhaupt nichts mehr. Ich kann mir nicht vorstellen, dass einer von Ihnen das Wunder der Menschwerdung überhaupt begreift – wie das Gott tut. Wenn man überhaupt an die Schöpfung denkt, wo Gott das Leben aus dem Nichts geschaffen hat, dann möchte ich mit Gott zu Gericht sitzen und sagen: „Aber das kann ich mir nicht vorstellen. Es muss doch einen Grund gehabt haben, dass Gott ausgerechnet diesen Weg gewählt hat.“
Distanzierung von mittelalterlichen Fehlinterpretationen
Darum möchte ich als Vorbemerkung, bevor wir den Text lesen, noch Folgendes sagen: Natürlich distanzieren wir uns von einer kirchlichen Tradition, die besonders in der mittelalterlichen Kirche weit verbreitet war. Diese Tradition besagte, dass die Geschlechtlichkeit übel und schlecht sei. Man behauptete, Gott habe aus Versehen etwas Schlechtes geschaffen, als er Mann und Frau erschuf.
Das steht jedoch nicht in der Bibel. Die Bibel beschreibt eine gute Schöpfung. Wir dürfen uns deshalb auch unbekümmert und unbefangen als Mann und Frau sehen und die guten Dinge in der Ordnung Gottes aus seiner Hand ergreifen.
Ich bin sehr dankbar, dass am Sonntag durch dieses Wort auch seelsorgerlich viel zum Thema Unzucht ins Rollen kam. Dabei zeigt sich, wie nahe beieinander das Ja zur guten Schöpfung Gottes und das Nein zu dem liegt, was uns nicht glücklich macht, sondern nur bindet und lähmt.
Es kam jedoch dazu, dass man sagte, die Ehelosigkeit sei ein höherer, ein reiner Stand. Man dachte etwa, Jesus sei nicht aus einer unzüchtigen Begegnung entstanden. Das ist ein völlig bibelfremder Gedanke. Er mag aus einem von der Sünde befleckten Hirn stammen, aber in der Bibel ist das kein schmutziger Gedanke. In der Ordnung Gottes ist auch in der Ehe nichts Schlechtes.
Was Gott geschaffen hat, sollen wir nicht schmutzig machen. Das sollte einmal ganz klar sein. Auch manches, was sich damit verbindet – etwa die ganze Marienlehre, in der Maria als Muttergottes dargestellt wird – ist zu betrachten. Es gibt das Dogma, dass Maria im Mutterleib der Anna schon unbefleckt empfangen wurde. Dabei handelt es sich um eine weitere Steigerung, denn es bezieht sich nicht auf die Geburt Jesu, sondern auf die Zeugung Marias.
Diese Lehren entstanden erst sehr spät im Mittelalter und haben in der Bibel keinen Grund. Wir wollen nun den Bibelabschnitt lesen und einfach am Wort Gottes entlanggehen. Heute lesen wir Matthäus, in 14 Tagen dann das Lukasevangelium. So haben wir die zwei hauptsächlichen Stellen: Matthäus 1,18-24.
Die Geburt Jesu im Matthäusevangelium
Die Geburt Jesu Christi geschah folgendermaßen: Maria, seine Mutter, war mit Joseph vertraut. Bevor er sie heimholte, stellte sich heraus, dass sie vom Heiligen Geist schwanger war. Joseph aber, ihr Mann, war gerecht – das Wort, das hier verwendet wird, bedeutet gerecht. Man könnte meinen, er sei ein Frömmler gewesen, doch Joseph handelte in Übereinstimmung mit den Geboten Gottes. Das ist für den Zusammenhang ganz wichtig. Er wollte Maria nicht in Schande bringen, sondern dachte daran, sie heimlich zu verlassen.
Also war Joseph ein Gerechter, der nicht schlecht handelte. Haben Sie das verstanden? Es wäre doch schändlich, wenn er seine schwangere Braut sitzen ließe. Er war gerecht und wollte sie nicht in Schande bringen. Warum sollte er sie dann in Schande bringen und sie deshalb verlassen? Wir wollen das klären.
Als er noch darüber nachdachte, erschien ihm der Engel des Herrn im Traum und sprach: „Joseph, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria, deine Frau, zu dir zu nehmen. Denn das, was sie empfangen hat, ist vom Heiligen Geist. Sie wird einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk von ihren Sünden retten.“
Das alles geschah, damit erfüllt würde, was der Herr durch den Propheten gesagt hat: „Siehe, eine Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären, und man wird ihm den Namen Immanuel geben“, das heißt übersetzt „Gott mit uns“.
Hier geht es also um die Erfüllung des Gotteswortes. Gott handelt so, weil er seinem Wort treu bleibt. Wenn Gott sein Wort nicht bricht, hat das für uns eine große Bedeutung. Es zeigt, dass wir uns so auf das Wort Gottes verlassen können.
Interessant ist, dass im Vers 18 bereits der Titel „Jesus Christus“ gebraucht wird. Christus bedeutet eigentlich Messias, also: Jesus, der Messias. Die Geburt des Messias Jesus geschah also so.
Nun ein kurzes Wort zu den Bräuchen in Israel. Ich habe dieses Thema schon früher behandelt, vor allem mit jungen Leuten im Jugendbibelkreis. Dabei gab es einen furchtbaren Missverständnisfall. Ich meinte, es sei gerade für junge Leute wichtig, was die Bibel über vorehelichen Geschlechtsverkehr sagt. Die jungen Leute stiegen aber an völlig falscher Stelle ein und sagten, die Bibel könne doch nicht so hart sein. Sie hatten nicht verstanden, dass ich ihnen eigentlich die Ordnung Gottes zeigen wollte.
Was heißt also „sie war vertraut mit einem Mann“? Das Wort „Verlobung“ trifft es hier nicht. Bei uns ist die Verlobung ja auch nicht überall gleich angesehen. Ursprünglich war die Verlobung ein kündbares Verhältnis vor der Ehe, die dann unkündbar wurde.
Im israelischen Verständnis war eine Braut „vertraut“, wenn der Ehevertrag bereits abgeschlossen war und die Heimholung bevorstand. Die Ehe wurde also noch nicht vollzogen, doch die Braut war bereits fest zugesagt. Die Heimholung fand statt, wenn die Braut in das Haus des Bräutigams geholt wurde.
Maria war fest zugesagt, aber noch nicht in der Familiengemeinschaft und dadurch noch Jungfrau.
Die biblische Ordnung und die Bedeutung von Reinheit
Wie war das überhaupt in Israel? Wir schlagen jetzt einmal auf, weil immer die jungen Leute sagen, in der Bibel sei das nicht geklärt. Ich höre das ständig in allen frommen Kreisen, in jedem Eiferkreis, in jedem pietistischen Kreis: In der Bibel sei der vorherige Geschlechtsverkehr nicht verboten, und so weiter.
5. Mose 22,20: Es ist nicht dazu da, uns einzuengen, sondern uns zu helfen. Das ist wichtig. Ich lese hier nicht den ganzen Zusammenhang, denn es geht sehr ernsthaft um Vergewaltigung und um alle Probleme, die es in dieser Welt leider gibt. Doch nun zu Vers 20: Ist es aber die Wahrheit, dass das Mädchen nicht mehr Jungfrau war, wenn das der Mann in der Hochzeitsnacht feststellt? So soll man sie vor die Tür des Hauses ihres Vaters führen, und die Leute der Stadt sollen sie zu Tode steinigen, weil sie eine Schandtat in Israel begangen hat und in des Vaters Hause Hurerei getrieben hat. So soll sie das Böse aus Israel weggetan werden.
Wenn man weiß, dass dies die Tora ist, die heute für jeden religiösen Juden bindend ist, dann erkennt man, wie streng die Vorschriften waren. Dennoch gibt es fromme Leute, die meinen, sie stünden auf dem Boden der Bibel und behaupten, die Bibel habe das gar nicht geklärt. Ich könnte ihnen eine ganz andere Sicht der Tora zeigen. Es ist völlig undenkbar, den gesamten Zusammenhang zu ignorieren. Allerdings ist dies ein Extremfall, der hier überhaupt erwähnt wurde.
Leider ist es heute in unserer Gesellschaft so, dass junge Leute immer wieder in Situationen geraten, die es ihnen schwer machen. Das ist das Problem, weil auch die Familie oft nicht mehr dafür sorgt. Deshalb ist das eine große Schwierigkeit. In Israel waren die Voraussetzungen meist gar nicht so, dass es eine Gefahr für die jungen Leute wurde.
Nun wird ganz unbefangen erzählt, ohne irgendeine Schwierigkeit zu erwähnen. Josef hatte mit Maria keinerlei Geschlechtsverkehr vor der Ehe, bevor er sie heimholte – das ist offenkundig. Wie alt war die Braut? Normalerweise vierzehn Jahre in Israel. Auch schon deshalb war es keine große Gefahr.
Und Josef stellte plötzlich fest, wie es war. Da er wusste: „Von mir kann es nicht sein“, denn er war ein gerechter Mann, blieb nur eine Möglichkeit: „Mädchen, mit wem hast du geschlafen?“ Er hatte ja auch seine sieben Sinne beieinander, also stimmte irgendetwas nicht mehr. Sie aber sagte unter Tränen: „Absolut nichts.“ Sie konnten sich nicht verständigen in dieser furchtbaren Sache.
Gottes Wunder und die Not der Beteiligten
Eine furchtbare Not – in einer Bibelauslegung steht etwas ganz Tolles, ich glaube, bei Gerhard Meyer. Er sagt: So sind Gottes Wunder. Gottes Wunder machen uns nicht groß, sondern klein. Die Welt versteht das gar nicht. Wir sehen Gottes Wunderhand, aber sie treiben uns oft auch in die Verzweiflung. Das Handeln Gottes wird erst später irgendwie groß sichtbar.
Wir sehen hier eine furchtbare Not, in die die beiden hineingestürzt sind. Gleichzeitig sehen wir, welchen Glauben Maria hat, wie die große Weihnachtsgeschichte hier beginnt. Man steht in Ehrfurcht und Anbetung davor.
Wenn man etwas Gutes lesen möchte, empfiehlt sich eine Auslegung von Helmut Thielecke. Ich glaube, sie ist ganz wunderbar. Am liebsten würde ich sie einfach nur vorlesen. Sie bleibt überhaupt nicht bei den Problemen stehen, sondern sagt klar, was es bedeutet, dass von oben etwas in diese Welt hineinkommt. Thielecke beschreibt, was Erlösung bedeutet und wie Gott hier wirklich handelt: Gott kommt ins Fleisch.
Es ist wichtig, dass wir das immer wieder sehen. Es geht darum, dass Gott in unser armes Fleisch und Blut eintritt. Natürlich könnte Gott es auch anders tun – dem allmächtigen Gott ist kein Ding unmöglich. Aber er hat diesen Weg gewählt. Er benutzt hier den jungfräulichen Leib. Und warum sollte man das nicht als eine Würde der Frau ansehen? Ich möchte hier niemandem wehtun, aber man sollte auch wissen, was in der Bibel darüber steht, wie Gott im Leben dieser Maria wirkt.
Nun weiß Joseph nicht, was er tun soll. Warum wollte er sie heimlich verlassen? Warum wollte er sie nicht in Schande bringen? Sie war doch in der Schande. Das Problem entstand nun. Joseph hat eine Braut, die er noch nicht heimgeholt hat. Irgendwann muss er vor seiner Verwandtschaft sagen, dass sie ein Kind erwartet.
Mit dem ganzen Ernst Israels bricht es über Joseph herein: Was bist du für einer? Er muss sagen: Entschuldigung, ich kann über diese Dinge gar nicht reden.
Die Lösung im Gesetz und Josephs Entscheidung
In Israel gab es eine Regelung für einen solchen Extremfall. Wir wissen nicht einmal, ob ein solcher Fall jemals tatsächlich eingetreten ist, aber zum Glück bietet das Gesetz in der Tora eine Lösung dafür.
Was passiert, wenn eine Frau sagt: „Ich bekomme ein Kind, aber kein Mann war bei mir“? Das könnte eine geschickte Ausrede sein, indem sie behauptet, das Kind käme von Gott. Damit niemand diese Ausrede nutzt, gab es eine Regelung in der Tora, von der wir nicht wissen, ob sie jemals angewandt wurde. Jeder Junge kannte sie jedoch.
Diese Regelung findet sich im sogenannten Eifersuchtsgesetz, 4. Mose 5,12:
„Wenn eines Mannes Frau ihm untreu wird“ – hier bezieht sich das Gesetz auf die Ehe. Auf andere Fälle konnte man gar nicht erst denken. Der Fall war in diesem Zusammenhang besonders extrem. Es heißt: „Wenn eines Mannes Frau ihm untreu wird und sie an ihm versündigt, und jemand bei ihr liegt, und es bliebe dem Mann verborgen, sodass nicht entdeckt wird, dass sie unrein geworden ist, und kein Zeuge da ist, denn sie ist nicht dabei ergriffen worden, und der Geist der Eifersucht kommt über ihn, sodass er auf seine Frau eifersüchtig wird, weil er denkt, sie sei unrein.“
Der Mann sagt dann: „Da war irgendwas los, und ich kann mit der Frau nicht mehr zusammenleben.“ Nun muss die Angelegenheit in der Volksgemeinschaft geklärt werden.
Der Mann soll die Frau zum Priester bringen und ein Opfer für sie darbringen: ein Zehntel Scheffel Gerstemehl. Dabei soll er kein Öl darauf gießen und keinen Weihrauch darbringen, denn es ist ein Eifersuchtsopfer – ein Erinnerungsopfer, das Schuld ans Licht bringt.
Der Priester führt die Frau heran und stellt sie vor den Herrn. Er nimmt heiliges Wasser in ein irdenes Gefäß und mischt Staub vom Boden der Stiftshütte hinein. Dann stellt er die Frau vor den Herrn, löst ihr das Haupthaar und legt ihr das Erinnerungsopfer, das Eifersuchtsopfer, auf die Hand.
In seiner Hand hält der Priester das bittere, fluchbringende Wasser und beschwört die Frau mit den Worten:
„Hat kein Mann bei dir gelegen und bist du deinem Mann nicht untreu geworden, sodass du dich nicht unrein gemacht hast, so soll dir dieses bittere, fluchbringende Wasser nicht schaden. Wenn du aber deinem Mann untreu geworden bist, sodass du unrein wurdest und jemand bei dir lag außer deinem Mann, so soll der Priester mit einem Verwünschungsschwur die Frau beschwören.“
Josef wusste das alles. Die ganze Gemeinschaft sagte: „Jetzt musst du zum Tempel gehen. Jetzt musst du mit deiner Maria das über dich ergehen lassen.“ Dann würde alles ans Licht kommen, Gott würde die Wahrheit offenbaren, und Maria würde sagen, wer es war.
Doch die Schande wollte Josef seiner Maria ersparen. Es gab keinen Grund, sie bloßzustellen. Er wollte ihr das Furchtbare ersparen, dass sie im Tempel von Jerusalem vor der versammelten Gemeinde vorgeführt wird und dort gesteht, dass sie ihn belogen hat und eine Liebesaffäre hatte.
Verstehen Sie, die Schande wollte er nicht über sie bringen. Er sagte lieber: „Ich ziehe mich zurück.“ Er war nicht der fiese Mann, der sich der Verantwortung entzieht, sondern einer, der sagte: „Ich habe mit der Sache nichts zu tun.“ So aufgeklärt war er.
Denn diese Zeremonie war furchtbar:
„Der Herr mache deinen Namen zum Fluch und zur Verwünschung unter deinem Volk, dadurch dass der Herr deine Hüfte schwinden und deinen Bauch schwellen lässt. So gehe nun das fluchbringende Wasser in deinen Leib, dass dein Bauch schwillt und deine Hüfte schwindet.“ Die Frau soll sagen: „Amen, Amen.“
Dann schreibt der Priester diese Flüche auf einen Zettel, wäscht sie mit dem bitteren Wasser ab und gibt der Frau das Wasser zum Trinken – so verläuft das Eifersuchtsopfer.
Jetzt verstehen Sie, warum das nicht für jeden Juden klar war. Matthäus schreibt für Judenchristen, die alle diese Zeremonien kannten. Für uns muss das erklärt werden.
Darum sagt Josef: „Ich ziehe mich aus der Affäre.“ Man sollte nie bei Ungläubigen über dieses Thema reden. Diskutieren Sie bitte nicht mit Zweiflern über solche Zweifel, sondern sprechen Sie mit ihnen über Jesus, der lebt.
Für uns als Bibelleute ist es jedoch wichtig, uns damit zu beschäftigen. Es könnte ja eine Blockade unseres Glaubens sein.
Maria und Joseph als Glaubensvorbilder
Und nun redet Gott zu Joseph. Ich möchte heute Abend sagen, dass es mir nicht darum geht, irgendwelche Wunden in ihrem Leben aufzureißen, sie zu belasten, Menschen anzuklagen oder Sünden aufzudecken. Vielmehr sollen wir heute Abend die großartige Maria kennenlernen – eine Frau von wunderbarer Feinheit, die erkennt, dass Gott an ihr handelt, die Stille bewahrt und Gehorsam lernt.
Wir evangelischen Christen haben eine ganz andere Marienverehrung. Das Vorbild der Maria und das Bild, das die Bibel von Männern und Frauen zeichnet, unterscheiden sich deutlich von dem, was uns die Feministen heute erzählen. Joseph war ebenfalls eine ungewöhnliche Randfigur. Er ist nicht der evangelikale Haustyrann, sondern ein Mann, der sich mit einer bescheidenen Rolle zufriedengibt.
Er muss seinen Namen hergeben und sogar seine Abstammung aus dem Geschlecht Davids. Doch Jesus ist nicht leiblich aus dieser Nachkommenschaft geboren, da Joseph nicht der leibliche Vater war. Trotzdem erzählt die Bibel ganz unbefangen, dass Maria später noch sechs weitere Kinder hatte – anders als es die katholische Kirchenlehre darstellt.
Mir geht es jetzt darum, zu sehen, wie die Bibel Joseph darstellt. Joseph, der einfach sagt: „Ich stehe zu dir.“ Er geht seinen Weg und lässt die Leute reden, was sie wollen. Das ist ihm nicht wichtig.
Der Weg nach Bethlehem war sicher nicht leicht, vor allem mit der schwangeren Maria. Doch Joseph ist gehorsam. Er ist ein Vorbild im Glauben, weil er Gott glaubt, vertraut und gehorcht.
Maria, die Magd des Herrn, und Joseph – zwei Gestalten, die man besonders in der Adventszeit gut sehen kann. Wenn man diesen Bibelabschnitt nicht ständig überspringt oder mit errötendem Kopf beiseiteschiebt, sondern sich ihm stellt, offenbart sich ihre Bedeutung.
Das Geheimnis der Jungfrauengeburt und die Verheißung Jesajas
Das Geheimnis wird in der Bibel nicht vollständig erklärt. Es heißt lediglich, dass es „durch den Heiligen Geist“ geschieht, der Gottes Schöpfungsmacht ist. Der Heilige Geist bedeutet Gottes Gegenwart, und er handelt.
Warum nimmt Gott nun eine Jungfrau für die Zeugung? Warum wählt er nicht eine andere Möglichkeit der Zeugung und Geburt? Es geht um die Verheißung in Jesaja 7,14. Vielleicht sollten wir diese Stelle noch einmal betrachten.
Jesaja 7,14: Der König Ahas war von den Syrern bedroht. Die Aramäer und Syrer hatten ihn in der Mangel. Er stand unter Druck und sorgte sich um seine Wasserleitung. Jesaja ging ihm entgegen, begleitet von seinen beiden Söhnen Scheljaschub und Raubebald (manchmal auch Eilebäuse genannt). Jesaja sagte: „Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht.“ Dann kündigte Gott an, dass er noch ein Zeichen geben werde, damit man ihm glauben könne.
Die Menschen wollten kein Zeichen, denn ein Zeichen bedeutet Beweis. Die Juden verlangten immer einen Beweis. Gott aber gibt ihnen ein Zeichen, und deshalb sollen wir das Zeichen Gottes nicht gering achten. Gott sagt, er nimmt etwas ganz Extremes, um seine Macht zu zeigen. Uns mag das peinlich oder zu extrem erscheinen, doch so wollte Gott es.
Die Juden fordern immer Zeichen. Gott sagt: „Ich gebe euch eins.“ Wenn euch das nicht reicht, müsst ihr auch meinen Gott müde machen. Darum wird euch der Herr selbst ein Zeichen geben: „Siehe, eine junge Frau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie Immanuel nennen.“
Es spielt keine Rolle, ob „junge Frau“ oder „Jungfrau“ gesagt wird, denn im Wortgebrauch meint es genau das. In Israel gab es das überhaupt nicht anders. Das ist wichtig, weil es heute oft angezweifelt wird. Erinnern wir uns an Johannes 8, wo eine Frau zu Jesus gebracht wurde, die man steinigen wollte, weil sie beim Ehebruch ertappt war. Das war zur Zeit Jesu noch üblich.
In Israel gab es nur in extremen Randfällen die Moral, die wir heute kennen. Deshalb ist hier völlig klar gemeint: Das ist Gottes Zeichen, und das Kind wird Immanuel heißen. Dieses Wort hat sich nicht buchstäblich erfüllt, denn Jesus wurde nicht Immanuel genannt. Hier sehen wir, wie Gott seine Verheißungen erfüllt.
Gott erfüllt sie nicht immer so, wie wir es uns vorstellen, nicht wortwörtlich, sondern im Typus. Die Erfüllung ist da: Die Geburt von der Jungfrau und dann Gott mit uns. Es zielt bereits auf die Erlösung hin.
Jesus bedeutet „Gott hilft“. Auch Immanuel ist nicht als Name gemeint, sondern als Zeichen der wunderbaren Erlösung, die er schaffen wird. Matthäus bringt das schön zum Ausdruck: Jesus wird eine Erlösung für die Sünden der Menschen schaffen. Das ist die Not, von der er befreit.
Das ist das Programm. Die Geburt ist kein isoliertes Ereignis. Wir brauchen uns mit unseren Gedanken nicht darauf zu versteifen, sondern müssen wissen: Gott handelt, weil er eine Welterlösung schaffen will.
Die Bedeutung der Erlösung im heutigen Leben
Vorhin hatten wir eine sehr schöne Konfirmandenstunde. Wir haben noch einmal die Predigt wiederholt, um zu sehen, ob die Jugendlichen etwas mitnehmen. Das ist für mich immer sehr interessant.
Im ersten Gottesdienst hatte ich vergessen, das Beispiel der Rauschgiftsüchtigen zu erzählen. Eva Maria Haselmann, die in Frankfurt beim Haus Lebenswende arbeitet, sagte, das Schlimme sei jetzt, dass unausweichlich das Methadon kommt. In unserer Gesellschaft sagt man einfach: Rauschgift bekommen wir nicht mehr weg, deshalb ist es besser, wenn sich die Betroffenen das beim Arzt holen.
Dadurch werden aber Hunderttausende in der Rauschgiftsucht gehalten. Es gibt überhaupt keine Befreiung mehr, denn vom Methadon kommt man gar nicht mehr los. Das ist noch viel schlimmer als Heroin, die Bindung ist noch schwerer. Darüber hinaus sagte sie, dass man in ein paar Jahren in der Kneipe an der Ecke seine Heroine kaufen kann. Wenn man sagt: lieber eine saubere Spritze, als Aids zu bekommen, dann sagt man eigentlich, es sei besser, dass sie abtreiben – bei der Kurpfuscherin lieber als beim Arzt. Aber dass die ganze Sache nichts ist, das verliert das Volk darüber.
So wird es werden, wenn die Rauschgiftsucht sich weiter ausbreitet. Im zweiten Gottesdienst habe ich das noch einmal erklärt, weil ich es im ersten vergessen hatte. Es war auch genug gesagt worden. Ich habe mit den Konfirmanden noch einmal kurz darüber gesprochen. Sie waren hell empört und sagten, es sei doch viel wichtiger, dass die Süchtigen keine Ansteckung bekommen. Warum sollen die denn kein Rauschgift haben? Jeder solle machen, wie er will, und so weiter.
Ich dachte, es sei bei uns schon fast verloren, dass es eine Erlösung geben muss, dass das Böse erlassen ist. Ich konnte kaum einen Konfirmanden finden, der sagt, die Süchtigen seien glücklich. Glaubt ihr, dass ein Betrunkener glücklich ist? Glaubt ihr, dass jemand, der im Gefängnis sitzt, weil er jemanden getötet hat, Lust hat und denkt, dass er Erlösung braucht? Dass das Leben ein ganz anderes Ziel hat?
Fast scheint es schon unser Recht zu sein, dass jeder machen darf, was ihm Spaß macht. Einer von ihnen war sehr provozierend. Wir saßen in einem Raum so auf der Seite. Das ist natürlich auch nett, sie wollen einen ein bisschen reizen, und mir macht es auch Spaß, ein bisschen zurückzureizen. Aber es ist ganz nett, mit ihm darüber zu diskutieren, wenn sie sagen: Ja, wenn es Spaß macht, dürfen sie machen, was sie wollen. Warum sollen sie keine Medaillen nehmen? Dürfen sie auch Heroin nehmen? Für jeden sei es Privatsache.
Die Botschaft des Evangeliums, für den, der sie hören kann, ist: Es gibt eine Erlösung. Dann sagte einer der Konfirmanden: Aber vom Kircherrennen wird man auch nicht frei, und vom Bibellesen auch nicht.
Daraufhin haben wir die Geschichte vom Besessenen gelesen, wie Jesus durch sein Wort frei macht. Er hat Macht. Es geht heute Abend nicht darum, irgendwo wieder in einer Wunde herumzustochern, sondern zu erkennen, wo unsere Bindungen sind, damit Jesus uns reinigt und heiligt.
Es gibt auch keinen verklärten Stand der Jungfräulichkeit, sondern eine Gerechtigkeit, die ich im Herrn habe, eine Vergebung, die ich im Herrn empfange, der mein Leben reinigt und heiligt. Dazu ist Jesus gekommen, und das ist das letzte Ziel.
Darum sollen wir das auch nicht zum Predigtthema machen und in die Mitte unserer Verkündigung stellen. Das ist das Zeichen von Immanuel.
Abschluss: Das Geheimnis der Menschwerdung Gottes
Nun möchte ich schließen. Es geht darum, dass Gott ins Fleisch kommt. Es geht um das Geheimnis Jesus.
Ich habe mich gefreut, wie ich am Adventsabend mit jemandem sprechen konnte – gleich am Eingang –, jemandem, der noch nie in unserer Kirche war und auch lange keine Kirche besuchte. Diese Person sagte: „Ich komme mit dem Glauben nicht klar.“ Daraufhin habe ich gesagt: „Ach, ich würde mit Ihnen bloß gern über Jesus reden. Das ist mir das Große.“ Denken Sie einfach über Jesus nach! Er ist so wunderbar. Wenn Sie Jesus immer mehr aus dem Bibelwort erkennen, dann können Sie nur ihn anrufen, ihn lieben.
So wollen wir auch nicht an den Problemen unseres Glaubens stehen bleiben, sondern immer wieder das Geheimnis ahnden: In Jesus kommt die ganze Fülle Gottes zu uns. Das will auch dieses Geheimnis sagen. Klären kann es uns gar nichts. Aber es ist in der Treue geschrieben: Bei Gott ist kein Ding unmöglich. Oder wie Paulus sagt: Was Gott verheißt, das kann er auch tun, das will er auch tun.
Und es ist ganz anders als in unserem Leben – wunderbar und groß. Er ist der Gott und Herr, der unser Leben überreich beschenken will. Ich hoffe, dass Sie das in diesen Weihnachtstagen entdecken.
Ich sehe dich mit Freuden an und kann mich nicht sattsehen. Da hat Gott wirklich alles Wunderbare hineingelegt. Schon jede Menschwerdung eines Kindes ist ein Wunder, wie erst im Kommen des Gottessohnes Jesus.
Ich finde es wichtig, dass wir das heute Abend so behandelt und durchgenommen haben. Ich darf Ihnen also nochmals sagen: Wenn Sie mehr suchen, ist die Auslegung von Helmut Thielicke zum Glaubensbekenntnis eine ganz wunderbare Hilfe für den, der noch einmal einen Religionsunterricht für Erwachsene machen will. Dort findet man eine große Bereicherung, weil Thielicke das immer auch in den Lebensbezügen darstellt – und in biblischer, absoluter Treue und Verbindlichkeit.
Ich denke, dass es das auch als Taschenbuchausgabe heute preisgünstig gibt. Wir haben es nicht auf dem Büchertisch, wir haben es nicht auf dem Bier. Das können wir schauen, ob wir es noch einmal hergeben. Aber das ist vielleicht im Moment das Beste. Vielleicht haben Sie eine ähnliche Auslegung. Auch die von Helmut Lamparder ist sehr gut über das Glaubensbekenntnis.
Am wichtigsten ist aber, dass man es aus der Bibel fasst. In 14 Tagen würden wir nur noch die Schilderung des Lukas zum gleichen Thema durchnehmen, wie Maria zu Elisabeth kommt. Das ist schon wegen einer Kleinigkeit auch wichtig: Elisabeth war eine Verwandte und in naher Verwandtschaft mit einem Priestergeschlecht. Wenn Sie es einmal erleben können im dritten Buch Mose, wie die ganzen Reinheitsvorschriften ganz besonders streng waren – auch für die Verwandten des Priestergeschlechts –, dann verstehen Sie erst, dass alle anderen Gedanken, die irgendwo in unserem unreinen Hirn kommen, wirklich nicht von der Bibel gedeckt sind.
Ich habe das heute Abend deshalb so stark gesagt, damit Sie manchen jungen Leuten helfen können und ihnen vielleicht ein wenig Wegweiser sein können, damit sie nicht manche Not durchmachen müssen. Deswegen habe ich so gesagt, dass in der Bibel eindeutig angesprochen und auch geklärt ist: Das Thema ist, dass Jesus kommt, der uns errettet von unseren Sünden und der eine vollgültige Erlösung schafft.