Einführung in die Versuchungsgeschichte
Zur Predigt kommen, und dann werden auch die Kindergruppen rausgehen und ihr eigenes Programm haben.
Ich lese aus dem Ersten Buch Mose, Kapitel 3, Vers 1 und folgende:
Die Schlange war listiger als alle Tiere des Feldes, die Gott, der Herr, gemacht hatte. Sie sprach zu der Frau: „Hat Gott wirklich gesagt, von allen Bäumen des Gartens dürft ihr nicht essen?“
Da sagte die Frau zur Schlange: „Von den Früchten der Bäume des Gartens essen wir, aber von den Früchten des Baumes, der in der Mitte des Gartens steht, hat Gott gesagt: Ihr sollt nicht davon essen und sie auch nicht berühren, damit ihr nicht sterbt.“
Die Schlange antwortete der Frau: „Keineswegs werdet ihr sterben, sondern Gott weiß, dass an dem Tag, an dem ihr davon esst, eure Augen aufgetan werden und ihr sein werdet wie Gott, erkennend Gutes und Böses.“
Die Frau sah, dass von dem Baum gut zu essen war, dass er eine Lust für die Augen war und dass der Baum begehrenswert war, Einsicht zu geben. Sie nahm von seiner Frucht, aß und gab auch ihrem Mann davon, der bei ihr war, und er aß ebenfalls.
Da wurden beiden die Augen aufgetan, und sie erkannten, dass sie nackt waren. Sie hefteten Feigenblätter zusammen und machten sich Schürzen.
Dann hörten sie die Stimme Gottes, des Herrn, der im Garten wandelte bei der Kühle des Tages. Der Mensch und seine Frau versteckten sich vor dem Angesicht Gottes, des Herrn, mitten zwischen den Bäumen des Gartens.
Gott, der Herr, rief den Menschen und sprach zu ihm: „Wo bist du?“ Er antwortete: „Ich hörte deine Stimme im Garten und fürchtete mich, weil ich nackt bin, und ich versteckte mich.“
Gott fragte: „Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist? Hast du etwa von dem Baum gegessen, von dem ich dir geboten habe, du sollst nicht davon essen?“
Der Mensch sagte: „Die Frau, die du mir zur Seite gegeben hast, sie gab mir von dem Baum, und ich aß.“
Gott, der Herr, sprach zur Frau: „Was hast du getan?“ Sie antwortete: „Die Schlange hat mich getäuscht, da aß ich.“
Darauf sprach Gott, der Herr, zur Schlange: „Weil du das getan hast, sollst du verflucht sein unter allem Vieh und allen Tieren des Feldes. Auf deinem Bauch sollst du kriechen und Staub fressen alle Tage deines Lebens.
Ich werde Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau, zwischen deinem Samen und ihrem Samen. Er wird dir den Kopf zermalmen, und du wirst ihm in die Ferse stechen.“
Zu der Frau sagte er: „Ich werde die Mühsal deiner Schwangerschaft vermehren. Mit Schmerzen sollst du Kinder gebären. Nach deinem Mann wird dein Verlangen sein, aber er wird über dich herrschen.“
Zu Adam sprach er: „Weil du die Stimme deiner Frau gehört und von dem Baum gegessen hast, von dem ich dir geboten habe, du sollst nicht davon essen, so soll der Erdboden um deinetwillen verflucht sein.
Mit Mühsal sollst du davon essen alle Tage deines Lebens. Dornen und Disteln wird er dir sprossen lassen, und du wirst das Kraut des Feldes essen.
Im Schweiß deines Angesichts wirst du dein Brot essen, bis du zurückkehrst zum Erdboden, von dem du genommen bist. Denn Staub bist du, und zum Staub wirst du zurückkehren.“
Rückblick auf die Bibel und ihre Bedeutung
Gestern Vormittag haben wir uns damit beschäftigt, was die Bibel über sich selbst sagt. Wir haben untersucht, wie sie verstanden werden will und was es mit der Eingehaucht-Sein, also der Inspiration Gottes, auf sich hat.
Dabei haben wir einige Gründe gehört, die Menschen oft anführen, um den Glauben abzulehnen. Sie sagen zum Beispiel: Die Bibel sei unglaubwürdig oder unhistorisch, und das könne man nicht akzeptieren. Wir haben uns mit diesen Argumenten auseinandergesetzt und gute Gründe gesammelt, warum wir dennoch an der Bibel festhalten. Die genannten Einwände konnten uns nicht überzeugen.
Am Abend haben wir dann einige Punkte besprochen, warum es für uns sinnvoll und gut sein kann, in der Bibel zu lesen. Außerdem haben wir wenige Gedanken dazu gehört, wie das praktisch aussehen kann. Es ging darum, wie uns die Bibel im Alltag herausfordert.
Ziel der heutigen Predigt: Versuchung verstehen
Und heute Morgen wollen wir damit weitermachen. Ich habe einen Text herausgesucht, um gemeinsam mit uns einen Abschnitt zu erschließen, der uns nahekommt. Es ist ein Text, der wahrscheinlich vielen bekannt sein wird. Dennoch wollen wir einmal genauer hineinschauen, um zu sehen, wie Gott durch diesen Text zu uns spricht. Ich hoffe, dass er das heute Morgen tun wird.
Ich habe den Text vorgelesen, um den es gehen soll, und wir wollen uns diesen gemeinsam etwas näher anschauen.
Natürlich würde sich dieser Text anbieten, um euch etwas über die Heilsgeschichte Gottes weiterzugeben. Über den Sündenfall und warum die Welt heute so verfallen und sündig ist, wie sie ist. Ich könnte mich lange damit auseinandersetzen: Wie war die Welt vorher? Wie war das im Paradies? Was hat es dort nicht gegeben? Leben wir heute noch im Paradies? Gibt es das irgendwo? Wo hat das Paradies möglicherweise gelegen? Wo sind sie herausgetrieben worden? Und warum? All diese Fragen könnten wir besprechen.
Das wollen wir heute Morgen jedoch nicht tun.
Fokus auf die Versuchung als zentrales Thema
Ich möchte einen ganz anderen Aspekt in den Mittelpunkt unserer Auseinandersetzung mit diesem Text rücken. Es geht um einen Punkt, der uns heute als Christen etwas zu sagen hat.
In diesem Bericht lesen wir ein exemplarisches Beispiel von Versuchung. Zum ersten Mal wird der Mensch versucht – und prompt fällt er auch darauf herein. Uns als Christen geht es manchmal ähnlich. Die Versuchung, der Teufel versucht uns in Gedanken, Worten, Werken oder durch andere Menschen anzufechten. Das passiert jedem von uns immer wieder. Wenn man ehrlich ist, merkt man, dass es fast jeden Tag oder jede Woche irgendwo passiert. Da zeigen sich unsere Schwachpunkte. Der Teufel greift ein und versucht, uns von Gott wegzuziehen. Häufig fallen wir darauf herein.
Diesen Text wollen wir uns deshalb einmal genauer anschauen, um die Strategie des Teufels besser zu durchschauen. Wir wollen sehen, wie er Schritt für Schritt vorgeht – damals wie heute – um uns von Gott wegzuziehen. Gleichzeitig wollen wir uns Gedanken machen, wo Eva hier Fehler macht und was wir heutzutage besser machen können.
Persönliche Erinnerung an eine Predigt über Versuchung
Wenn es um die Frage der Versuchung geht, erinnere ich mich noch sehr gut an eine Predigt, die ich vor vielen Jahren darüber gehört habe. Damals war ich als Jugendlicher einmal zu Gast bei einer Konferenz an der Bibelschule. Eingeladen war George Wurther, der Leiter und Gründer von Operation Mobilisation. Ich weiß nicht, ob ihr ihn kennt. Ich fand es sehr beeindruckend, wie er im Wort Gottes stand und wie er den Glauben weitergegeben hat.
An diesem Abend, ich denke, es war ein Samstagabend, ging es auch um das Thema Versuchung. Er hat zwar nicht diesen Text ausgelegt, aber eine Sache ist mir ganz besonders in Erinnerung geblieben. Während seiner Predigt oder noch vor Beginn fragte er: „Gibt es hier im Raum Christen, die nichts mit Anfechtung und Versuchung zu tun haben?“ Ich könnte jetzt dieselbe Frage stellen, tue es aber nicht.
Er hatte damals durchaus Mut, und es meldeten sich tatsächlich ein paar Leute. Daraufhin sagte er: „Es freut mich, ich würde euch gerne nachher kennenlernen, denn ich lerne gerne ein paar Heuchler kennen.“ Das war natürlich ein hartes Wort. Ich weiß nicht, ob die Leute tatsächlich später geblieben sind, denn er meinte weiter: „Wenn du lebendig Jesus Christus nachfolgst, dann wird der Teufel dich angreifen. Wenn er dich nicht angreift, dann gehörst du schon zu den lebenden Toten.“
Er erklärte, dass du vielleicht irgendwann einmal zum Glauben gekommen bist, aber der Teufel dich sozusagen schon auf seiner Schippe hat – nicht im wörtlichen Sinne, aber er hat dich schon tot gemacht. Du bist für ihn nicht mehr gefährlich, und deshalb greift er dich auch nicht an.
Versuchung am Beispiel Jesu
Wir können uns in diesem Zusammenhang die Versuchungsgeschichte Jesu anschauen, die für uns sehr aufschlussreich ist. Sie zeigt uns zum Beispiel, dass wir sogar durch fromme Gedanken oder Bibelverse versucht werden können.
Der Teufel ist klug, nicht wahr? Bei Jesus weiß er, dass er hart vorgehen muss. Deshalb zitiert er Bibelverse aus dem Alten Testament und versucht, Jesus auf eine fromme Weise zu verführen. Jesus durchschaut das natürlich und antwortet ihm mit einem anderen Bibelvers.
Dabei wird deutlich: Um so reagieren zu können, müssen wir die Bibel erst einmal gut kennen. Andernfalls kann es durchaus passieren, dass wir, wie die Pharisäer, der Versuchung erliegen, nur fromm zu sein und schriftgelehrt, aber nicht im lebendigen Glauben mit Gott verbunden zu stehen.
Das zeigt uns, wie gefährlich es sein kann, wenn der Glaube nur äußerlich bleibt.
Einstieg in die Versuchungsgeschichte: Die Schlange als Versucher
Nun, ich werde jetzt nicht fragen und auch niemanden einen Heuchler nennen. Aber ich denke, wir haben es hier mit einem solchen zu tun. Wir wollen den Text Stück für Stück betrachten, um zu sehen, wie die Handlung vorangeht. Wenn ihr eure Bibel dabei habt, schlagt sie auf. Ich werde jeweils ein bis zwei Verse lesen und ein paar Worte dazu sagen, damit sie uns deutlicher vor Augen treten. Vielleicht fallen euch dann manche Dinge auf, über die ihr bisher hinweggelesen habt oder die ihr selbstverständlich so interpretiert und verstanden habt, ohne genau zu wissen, warum.
Es kann gut sein, sich darüber noch etwas detaillierter Gedanken zu machen.
Wir beginnen gleich mit dem ersten Vers: "Und die Schlange war listiger als alle Tiere des Feldes, die Gott der Herr gemacht hatte, und sie sprach zu der Frau."
Das ist schon der erste Teil. Hier sehen wir also eine Schlange. Wir wissen nicht genau, was für eine Schlange das war. Häufig wird das so interpretiert, dass es der Teufel war. Ich sage: Das wird interpretiert. Ich sage nicht, dass ich dagegen bin. Ich denke auch, dass es der Teufel ist. Aber steht das hier im Text? Steht da, dass der Teufel zu der Frau sprach? Nein, das steht da eigentlich nicht.
Wie kommen wir überhaupt darauf? Vielleicht war es irgendeine Python-Schlange, die sich da herumgewunden hat und plötzlich angefangen hat zu sprechen? Nein, da merken wir schnell: Warum kommen wir darauf?
Punkt eins: Habt ihr schon mal irgendwo eine Schlange sprechen hören? Nein, ich auch nicht. Also merken wir, hier kann es sich gar nicht um eine ganz normale Schlange gehandelt haben. Normalerweise sind Schlangen stumm. Sie zischen vielleicht ein bisschen, aber man versteht nichts. Schlangen sprechen normalerweise nicht. Deshalb muss es sich hier um eine ganz außergewöhnliche Schlange gehandelt haben.
Dann fällt uns noch etwas auf: Die Schlange sagt nicht einfach nur "Guten Tag" oder "Wie geht es dir?" Nein, sie stellt eine ganz bewusste Frage. Sie sagt: "Hat Gott wirklich gesagt ...?" Sie stellt in Frage, ob das stimmt, was die Frau gehört hat und was Gott gesagt hat.
Hier merken wir, die Schlange ist plötzlich nicht nur ein normales Geschöpf Gottes, sondern sie löst sich schon von Gott. Sie steht sozusagen in der Entfernung von Gott. Wir wissen ja, alle Geschöpfe damals im Paradies waren eigentlich noch nicht so, denn die Sünde gab es ja noch nicht. Die Menschen konnten noch nicht gegen Gott arbeiten.
Wer konnte es nur? Das lesen wir an verschiedenen Stellen der Bibel: Es konnte nur der Teufel, der mit seinen Engeln schon von Gott abgefallen ist.
Das ist der Grund, warum wir an dieser Stelle sagen: Diese Schlange war der Teufel.
Das bedeutet natürlich nicht, dass alle Schlangen, die wir heute sehen, generell der Teufel sind.
Missverständnisse über die Schlange und ökologische Kritik
Neulich habe ich in einem Buch von so einem Öko-Freak gelesen. An sich finde ich Ökologie sehr wichtig, deshalb habe ich das auch an der Universität studiert. Aber eben, dieser Öko-Freak hat dann geschrieben: Die Christen kann man ja für alles schlechtmachen.
Er sagte, dass Christen daran schlimm seien, dass die Schlange schon immer als eines der schlimmsten Lebewesen gilt und dass sie fast ausgerottet ist. Denn in der Bibel steht ja, dass die Schlange hier den Menschen versucht hat, und das sei ganz schlimm. Man müsse die Bibel vergessen – und zwar aus diesem Grund, weil hier am Anfang steht, dass die Schlange das gemacht hat.
Wir müssen uns allerdings davon lösen, denn es geht hier natürlich nicht um jede Schlange, sondern um diese ganz besondere, persönliche Schlange, die wir mal Teufel, Satan oder sonst irgendwen nennen. Und diese tritt hier auf den Plan. Plötzlich ist sie da. Eva wundert sich auch gar nicht.
Vielleicht hat der Teufel auch gerade deshalb die Form eines Lebewesens angenommen, das im Garten herumgekrochen ist. Sie hatte auch keine Angst davor, weil damals ja noch keine Giftschlangen gab, die andere gebissen haben und an deren Biss gestorben sind. Es gab ja noch keinen Tod.
Also musste sie gar keine Angst haben. Es gab auch keine riesigen Würgeschlangen, die jemanden erwürgen, denn das gab es ja auch noch nicht zu der Zeit. Damals haben die Schlangen irgendetwas anderes gefressen, vielleicht Gras, Blumen, Korn oder so etwas. Denn damals gab es ja keinen Tod im Paradies.
Deshalb ist Eva gar nicht erschrocken. Sie sieht diese Schlange, die sich irgendwo im Baum entlangwindet, schaut sie an, und Eva ist natürlich gerade in der Nähe. Da merken wir schon einen der ersten Punkte der Gefahr der Anfechtung.
Die Gefahr der Versuchung am Ort der Schwäche
Wenn wir uns an einen Ort begeben, an dem wir wissen, dass wir empfindlich sind und versucht werden können, dann ist das riskant. Das war ja der einzige Punkt im ganzen Paradies, an dem sie versucht werden konnte. Wäre sie irgendwo anders gewesen, hätte ihr die Schlange nicht begegnet. Die Versuchung wäre gar nicht so groß gewesen. Aber sie befindet sich gerade an dem Ort der Gefahr.
Merke dir, mein lieber Christ: Wenn du weißt, wo du versucht wirst, dann vermeide es möglichst, dich örtlich in die Gefahr zu begeben, wo du in Versuchung kommst.
Wenn du also in Versuchung bist, möglicherweise wegen übler Nachrede, weil du so gerne mit deiner Nachbarin oder Freundin aus der Gemeinde sprechen möchtest, dann bedenke das genau. Man kann das ja auch fromm umschreiben. Dann sagt man, wir machen keine üble Nachrede, wir tauschen nur Gebetsanliegen aus. „Weißt du, was der neulich getan hat? Wir müssen ja für ihn beten, der ist da so schlimm dran. Weißt du überhaupt, was der alles macht?“ Das Beten vergisst man dabei manchmal, aber zumindest hat man dann unter einem frommen Vorwand mitgeteilt, wie schlimm es dem anderen geht und was der alles Böses getan hat.
Wenn du weißt, dass das deine Schwäche ist, dann meide doch einfach einmal deine liebe Schwester und deinen lieben Bruder, damit du nicht in Versuchung kommst, wieder üble Nachrede zu machen.
Oder wenn du weißt, dass du wegen Sexualität anfechtbar bist, dann fahre nicht an einem Sexclub vorbei oder an einem Zeitschriftenhandel, wo lauter Zeitschriften ausliegen, die du möglicherweise kaufen oder einsehen könntest.
Das ist schon ein Fehler, den wir von vornherein vermeiden können. Wenn wir wissen, dass wir anfechtbar sind, begeben wir uns manchmal leichtfertig in die Nähe, weil wir denken: Gott wird uns ja schon bewahren, das ist ja alles gar kein Problem.
Hier merken wir, eines der Grundprobleme war schon, dass Eva scheinbar immer um den Baum herumgelaufen ist. Irgendwann spricht die Schlange sie dann an. Sie befindet sich also unmittelbar in der Nähe, obwohl das Paradies groß war und sie irgendwo anders hätte sein können. Eines schönen Tages ist sie nun genau dort und wird von der Schlange angesprochen.
Die erste Strategie des Teufels: Zweifel säen
Und die Schlange – hören wir einmal genau darauf, was sie sagt. Das ist nämlich ganz typisch dafür, wie der Teufel uns versuchen will, von Gott wegzuziehen.
Wir lesen: Die Schlange sprach zu der Frau: „Hat Gott wirklich gesagt, von allen Bäumen des Gartens dürft ihr nicht essen?“
Zunächst einmal sagt die Schlange nicht, dass Gott das nicht gesagt hat. Sie ist sehr klug. Wenn sie sofort gesagt hätte: „Gott ist ja ganz böse zu euch“, dann käme das erst später. Stattdessen stellt sie erst einmal eine Frage. Sie weckt Zweifel daran, ob Gott es wirklich so gemeint hat. Zweifel ist häufig der Anfang der Sünde, des Falls.
Das ist so ähnlich wie bei unserem Beispiel vom Fernsehen gestern. Wenn du angesprochen bist, ob du vielleicht falsch mit dem Fernseher umgehst, ist die einfachste Situation, Zweifel zu haben: „Hat Gott das wirklich so gemeint? Nein, bestimmt nicht. So streng sieht Gott das bestimmt nicht. Er will mir auch Spaß gönnen. Und ich habe Spaß, wenn ich das und das anschaue. Viel Spaß ist besser als wenig Spaß. Also ist viel Fernsehen besser als wenig Fernsehen.“
Schon merken wir, dass mit dem Ansatz des Zweifels „Hat Gott das wirklich so gemeint?“ etwas beginnt. Die Schlange ist klug und übertreibt sogar noch ein bisschen, damit wir hinterher nicht ganz so extrem sein müssen. Sie sagt ja: „Hat Gott wirklich gesagt, von allen Bäumen dürft ihr nicht essen?“
Natürlich merken wir als fromme Christen, dass wir darauf nicht hereinfallen. Eva fällt auch nicht darauf herein. Sie sagt: „Nein, nein, Gott hat das natürlich nicht gesagt.“ Aber in dieser Übertreibung – wie böse Gott ist, weil er auf keinem Baum essen darf – ist schon ein erster Keim des Zweifels gelegt.
Man fragt sich: Meint es Gott wirklich gut mit dir? Wenn er sagt, du darfst von all den schönen Bäumen nicht essen, obwohl er sie geschaffen hat, dann wirkt das so, als wäre Gott streng und böse. So wie unsere Umgebung: Gott hat so viele schöne Dinge geschaffen. Er hat Fernseher geschaffen, viele Möglichkeiten, Geld zu sammeln und zu bekommen. Er hat viele schöne Aktien geschaffen, die wir kaufen können. Er hat viele schöne junge Frauen und Männer geschaffen, mit denen wir uns befreunden könnten.
Aber all das sollen wir nicht genießen dürfen? So böse ist Gott? Und dann führt uns diese Versuchung hinein. Eigentlich steckt hier im Ansatz schon die Idee, dass Gott selbst schuld ist, wenn wir letztendlich sündigen. Wenn er uns so viel verbietet und uns das direkt vor Augen führt, dann ist Gott doch selbst schuld daran.
Und das kann tatsächlich manchmal in unseren Gedanken aufkommen.
Evas Reaktion und die Verfälschung des Wortes Gottes
Und dann lesen wir, wie Eva darauf reagiert. Sie ist durchaus auch fromm dabei. Sie sagt nicht sofort: „Ja, du hast Recht“, sondern sie merkt: Na ja, der Teufel, beziehungsweise die Schlange, übertreibt ein bisschen.
Da sagte die Frau Eva also zur Schlange: „Von den Früchten der Bäume des Gartens essen wir, aber von den Früchten des Baums in der Mitte des Gartens hat Gott gesagt: Ihr sollt nicht davon essen und sollt sie nicht berühren, damit ihr nicht sterbt.“
Also sagt sie durchaus: „Nein, Schlange, das hast du wahrscheinlich falsch verstanden. Ganz so ist es doch nicht. Gott meint es ja schon gut mit uns.“ Wir merken, dass sie die erste Klippe so ein bisschen umschifft. Aber der Zweifel des Teufels ist schon etwas hängen geblieben.
Das merken wir daran, was sie antwortet. Schaut mal genau hin: Sie sagt nicht exakt das, was Gott verboten hat. Das ist schon mal eine Gefahr, wie wir diskutieren können. Dazu komme ich gleich noch. Aber inhaltlich: Entspricht das, was sie sagt, dem Verbot Gottes?
Lesen wir einmal nach. Wir lesen oben, wo Gott das sagt, und zwar in Vers 16: „Und Gott der Herr gebot dem Menschen und sprach: Von jedem Baum des Gartens darfst du essen, aber vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen darfst du nicht essen, denn an dem Tag, an dem du davon isst, musst du sterben.“
Was sagt Eva? Aha, da merken wir: Plötzlich bleibt doch etwas hängen. Der Teufel sagt, von gar keinen Bäumen dürft ihr essen, hat das Gott gesagt? Eva sagt: Nein, so ist es nicht. Aber sie fügt hinzu, dass wir nicht nur nicht essen dürfen, sondern den Baum auch nicht berühren sollen.
Das hat Gott gar nicht gesagt. Hier kommt schon ein bisschen Zweifel auf. Wir dichten etwas dazu – und zwar im Negativen. Gott macht es uns noch schwerer. Nicht nur, dass wir nicht essen dürfen, wir dürfen den Baum auch nicht berühren.
Man könnte vielleicht noch sagen: „Wir dürfen ihn nicht einmal anschauen.“ So machen wir es manchmal auch. Wir unterstellen Gott eine negative Absicht und machen Dinge schwieriger, als das eigentliche Verbot Gottes ist.
Das dient dann dazu, dass wir das, was wir in den Mund Gottes hineinlegen, genüsslich wieder widerlegen können. So können wir sagen: „So böse meint Gott das ja nicht“, weil wir etwas reininterpretiert haben, was Gott gar nicht gesagt hat.
Wir merken: Hier wird das Wort Gottes schon verfälscht. Es wird an einer Stelle verschärft, die gar nicht wichtig ist. Besser ist es doch, darauf zu achten, was Gott wirklich will, und uns daran festzuhalten.
Wenn wir nämlich zusätzliche Gebote machen und uns das Leben noch zusätzlich schwerer machen, ist es umso gefährlicher, bei einer Versuchung des Teufels ganz abzurutschen.
Praktische Tipps im Umgang mit Versuchung
Also, das ist der Punkt, den wir hierbei sehen. Ein weiterer Punkt, den du zu Recht erwähnt hast, ist, dass er sich überhaupt auf das Gespräch mit dem Teufel einlässt.
Ich würde euch sagen: Wenn ihr in Versuchung kommt, war meine erste Lektion ja, dass ihr, wenn ihr wisst, wo ihr versuchbar seid, möglicherweise die Situation umgeht. Trefft euch also nicht mit der Person oder meidet euren Nachbarn, über den ihr euch immer ärgert. Seid nicht unbedingt draußen, wenn er auch draußen ist.
Oder wenn ihr zum Beispiel immer euer Geld zum Fenster rauswerft in einer Spielhalle, dann fahrt nicht einfach daran vorbei oder geht dort spazieren, sondern geht woanders hin.
Der erste Punkt ist: Wenn es möglich ist, den Ort oder die Situation, in der ihr häufig sündigt, zu umgehen oder auszuschalten – erst einmal. Das heißt nicht lebenslang, aber erst einmal, um einen gewissen Abstand und eine Festigkeit davon zu bekommen.
Oder wenn du weißt, Alkohol ist dein Problem, dann geh nicht immer an dem Getränkemarkt vorbei, wo du deine Schnapspullen oder Bierkästen kaufen kannst. Mach lieber einen großen Bogen und kauf zum Beispiel in einem Supermarkt ein, in dem es möglichst gar keinen Alkohol gibt.
Das wäre eine Lösung. Oder nimm zum Beispiel deine Frau oder einen Kollegen mit beim Einkaufen, der dich ein bisschen überwacht und dir die Flasche wieder aus dem Wagen nimmt, wenn du sie hineingetan hast. So können wir uns brüderlich und schwesterlich auch gegenseitig im Kampf gegen die Sünde helfen.
Der zweite Punkt ist: Lass dich nicht auf das Gespräch mit dem Teufel ein. Wenn der Teufel versucht, dich zu versuchen, dann sehe ich – wie wir später noch sehen werden – die einzige Chance darin, von Anfang an zu sagen: „Nein, Teufel, ich will mich gar nicht auf dich einlassen. Hau ab, ich will nichts mit dir zu tun haben!“
Das kannst du tatsächlich auch innerlich sagen. Ich mache das manchmal, wenn ich merke, dass eine Versuchung kommt. Dann sage ich: „Im Namen Jesu Christi, Teufel, verschwinde! Ich will nicht mehr daran denken.“
Denn sobald du dich darauf einlässt und anfängst zu diskutieren, ziehst du garantiert den Kürzeren. Der Teufel ist klüger als du, er weiß, wo deine Schwachstellen sind. Er weiß, wie er dich umdrehen kann. Er wird dich so lange reizen, bis du erst einmal im Kopf anfängst, dir vorzustellen: „Wie wäre das, wenn ich jetzt das tue? Und wenn ich das tue?“
Dann überlegst du: „Nein, das will ich ja eigentlich nicht.“ Aber der Gedanke kommt wieder, du sympathisierst damit, es geht weiter, du stellst es dir vor – und dann tust du es.
Beispielgeschichte zur Versuchung
Ich habe das mal an einem schönen Beispiel gehört, eine Kindergeschichte. Ich weiß nicht, ob ihr Toto, den Affen, so in Afrika kennt. Das sind so schöne Geschichten.
Es gibt eine Geschichte, die ich den Kindern immer ungern erzähle, weil sie nicht ganz ungefährlich ist, sondern sogar ein bisschen grausam. Sie geht nämlich so: Toto, der Affe, hat eines Tages ein bisschen Fleisch vom Essen mitgenommen. Dann klettert er in den Bujubaum, das ist ein Baum in Afrika.
Plötzlich kommt ein Geier angeflogen. Der Geier kreist um den Baum, sieht Toto und erinnert sich daran, dass die Giraffe ihm gesagt hatte, die Geier seien gefährlich und man solle sie nicht füttern. Trotzdem füttert Toto den Geier ein bisschen. Der Geier nimmt das Fleisch an, ist ganz zahm, fliegt später wieder weg.
Am nächsten Tag bringt der Geier wieder etwas Fleisch mit. Diesmal sind schon zwei Geier da, und die füttert Toto ebenfalls. Am darauffolgenden Tag sind es drei, dann vier, fünf und sechs Geier. Nach einer Woche wird Toto noch einmal ermahnt: „Pass auf, tu das nicht! Denk daran, die Geier können gefährlich sein.“
Am Ende der Woche ist der ganze Baum voller Geier. Toto gibt ihnen das Fleisch, doch das Fleisch ist alle, und die Geier sind noch nicht satt. Am nächsten Morgen fand man das ausgebleichte Gerippe eines toten Affen unter dem Baum.
Die Geschichte will sagen: Wenn wir das Böse in uns nähren, wenn wir dem Bösen nachgehen und uns immer mehr damit beschäftigen, dann wird uns das Böse irgendwann auffressen.
Das ist ähnlich wie das, was Luther mal gesagt hat. Er sprach zwar nicht von Geiern, sondern, glaube ich, von Raben. Er sagte, wir können nichts dagegen tun, dass die Raben über unserem Kopf kreisen, aber wir können verhindern, dass sie auf unserem Kopf ein Nest bauen.
Das ist genau dasselbe wie in der Geschichte mit Toto. Es will zeigen, dass Versuchung kommt und der Teufel versucht, uns zu locken. Daran können wir nichts ändern. Aber wir können verhindern, dass sich diese Versuchung in unserem Kopf festsetzt, dass wir darüber nachdenken, uns auf das Gespräch einlassen und schließlich den ersten Schritt tun, um in die Sünde zu fallen.
Beispiel zum Umgang mit Versuchung im Alltag
An einem einfachen Beispiel: Du fährst mit deinem Auto spazieren. Übrigens wurde tatsächlich festgestellt, dass die H&M-Werbung an einigen Orten dazu beigetragen hat, dass an besonderen Kreuzungen mehr Unfälle passiert sind als vorher. Das liegt daran, dass diese H&M-Werbung besonders in der Sommerkollektion sehr freizügige Damen zeigte. Viele, wahrscheinlich vor allem Männer, haben an der Kreuzung nicht mehr auf die Ampel geschaut, sondern auf die Bilder. Dann kam es zu Unfällen, und es war schon zu spät.
Ich würde sagen: Dein erster Blick ist keine Sünde. Du musst ja deine Augen offenhalten, um zu sehen, wo du langfährst. Du kannst nicht sagen: „Ich weiß, das ist ein Plakat, aber ich mache die Augen zu und fahre weiter.“ Das geht nicht. Der erste Blick ist keine Sünde.
Chrysostomus, der große Kirchenlehrer, hat jedoch gesagt, dass der zweite Blick eine Sünde ist. Wenn du dir etwas anschaust und dann innerlich nachgehst, denkst: „Oh, das will ich mir noch mal genauer anschauen“, dann lässt du dich schon auf den Teufel ein. Das ist eine Sünde, sagt er. Also: Erster Blick – du kannst nichts dafür. Zweiter Blick – da fängt die Sünde an, sagt Chrysostomus.
Fortsetzung der Versuchungsgeschichte: Die Verlockung wächst
Nun lesen wir weiter, wie die Versuchung hier voranschreitet. Zuerst ist wieder die Schlange an der Reihe. Wir lesen: Die Schlange sagte zur Frau: „Keineswegs werdet ihr sterben.“
Hier merken wir, dass sie sich steigert. Zunächst stellt sie nur eine vorsichtige Nachfrage – sie sagt noch keine klare Aussage, sondern fragt nur nach: Ist es wirklich so?
Dann folgt die erste Aussage: „Nein, nein, das hast du vollkommen falsch verstanden.“ Eigentlich, und das müssen wir genauer betrachten, unterstellt sie, dass Gott es schlecht mit dir meint. Gott sei böse und wolle dir viel vorenthalten. Wenn du Christ bist, kannst du ja gar nichts mehr genießen. Wenn du etwas genießen willst, musst du darüber hinausgehen.
Denk an dich selbst und nicht immer nur daran, was du alles vergisst oder nicht machen darfst, wenn du Christ wirst. So ist es auch bei Eva. Wir lesen weiter: „Keineswegs werdet ihr sterben, sondern Gott weiß, an dem Tag, da ihr davon esst, werden eure Augen aufgetan, und ihr werdet sein wie Gott, der Gutes und Böses erkennt.“
Hier erkennen wir den großen Anschlag des Teufels, der bis heute dieselbe Versuchung für die Menschen darstellt wie damals. Jetzt tritt sie tatsächlich zutage. Plötzlich merken wir, hier steht der völlige Gegensatz zu Gott. Die Schlange geht in Opposition zu Gott und dreht den Spieß um. Das will der Teufel immer bei uns machen: Er will uns den Eindruck vermitteln, dass es eigentlich mies ist, Christ zu sein.
Manche von uns haben vielleicht schon einmal den Gedanken gehabt: Unsere Nachbarn dürfen so viel, was wir nicht dürfen. Sie können sich vergnügen, Sonntag morgens lange ausschlafen, ihr Geld für irgendwelchen Unsinn ausgeben. Wir hingegen müssen vielleicht sogar spenden, sei es in der Gemeinde oder anderswo.
Ihnen geht es doch viel besser. Im Betrieb dürfen sie betrügen, falsche Abrechnungen machen oder ein paar Nägel mitgehen lassen. Das dürfen sie alles, ihnen geht es besser als uns. Wie wir im Psalm lesen: „Warum geht es den Ungläubigen so gut?“ Diese Versuchung hatte auch David, und wir kennen sie ebenfalls.
Der Teufel will es umdrehen und gibt uns den Eindruck: „Ich meine es gut mit dir. Denk nur daran, wenn du das tust, was ich mache, hast du Freiheit und kannst viel mehr vom Leben genießen. Das, was Gott dir wegnehmen will, darfst du tun.“
Du kannst dich richtig volllaufen lassen mit Alkohol, in die Disco gehen und mal richtig die Sau rauslassen. Du kannst von einer Freundin zur nächsten gehen. Warum solltest du dich dein Leben lang an eine Frau binden? Das ist doch mühsam. Du kannst doch einfach von einer zur nächsten gehen, das ist heute kein Problem mehr.
So, wie es auch unser Bundeskanzler vormacht mit der Lebensabschnittsgefährtin und so weiter, weil das Leben sonst so langweilig wäre. Genau das versucht uns der Teufel zu sagen: Das Leben mit Gott sei langweilig. Gott meint es schlecht mit dir, er enthält dir so viel vor, du hast keinen Spaß am Leben.
Viele Christen glauben das, besonders junge Christen fragen oft: „Warum darf ich das nicht tun? Und das nicht? Das ist ja mühsam, Christ zu sein. Ich will gar kein Christ sein.“ Dabei ist das eigentlich der Teufel, der so in uns arbeitet.
Wenn wir jedoch Vertrauen in Gott haben, merken wir, dass diese Dinge eigentlich negativ für uns sind. Es ist ein gutes Versprechen, aber wenn wir dem wirklich nachgehen, sind wir am Ende die Dummen.
Das sehen wir auch bei Eva: Es endet schlecht. Das großartige Versprechen, das hier gegeben wird, wird hinterher nicht eingelöst. Denn der Teufel ist von Anfang an ein Lügner. Er sagt: „Du wirst sein wie Gott.“
Aber wo sind sie denn, diese wie Gott? Sind sie wie Gott? Können sie herrschen? Sind sie ewig oder allmächtig? Nein, das sind sie nicht. Doch hier zeigt sich der Wunsch des Menschen – und deshalb gibt es die Sünde.
Die wahre Ursache der Sünde: Selbstüberhebung
Die Sünde lag nicht daran, den Apfel zu essen. Passt mal auf: Es geht eben nicht um den Apfel, sondern um die Frucht. Das wisst ihr ja auch. Hier geht es also nicht um einen Apfel, sondern um die Frucht an dem Baum. Wir wissen nicht, was das genau für eine Frucht war. Wenn ihr also keine Äpfel mögt, dann liegt das nicht an der Versuchungsgeschichte. Das hat andere Ursachen. Äpfel sind durchaus gut und gesund.
Jedenfalls liegt die Sünde nicht darin, diese Frucht zu essen. Hier wird versprochen: Du wirst sein wie Gott. Aber die Sünde liegt nicht darin, die Frucht zu essen, sondern in der Selbstüberhebung des Menschen, an die Stelle Gottes zu treten. Diese Selbstüberhebung besteht bis heute. Sie liegt darin, dass auch die Menschen um uns herum an Gottes Stelle stehen wollen.
Natürlich wissen sie, dass sie nicht allmächtig sind. Sie wissen, dass sie die Welt nicht schaffen können. Aber was weiß der Mensch heutzutage, und was will er tun? Das lesen wir nämlich auch hier. Er will selbst entscheiden, was gut und was böse ist. Das ist die Ursünde. Der Mensch will sich nicht von Gott vorschreiben lassen, was er tun soll und was nicht. Stattdessen will er es selbst bestimmen.
Das ist genau das, was wir im Humanismus kennen. Der Mensch stellt selbst Gesetze auf und sagt: Das ist gut für mich. Wenn es für mich nicht rational einsehbar ist, dann halte ich das auch nicht ein. Das ist die sogenannte Frankfurter Schule seit den 1960er Jahren. Sie sagt: Wir entscheiden im Konsens, was richtig und was falsch ist. Das läuft nach dem Motto: Seid ihr der Überzeugung, dass Mord schlecht ist? Dann stimmen wir ab. Wenn die Mehrheit dafür ist, sagen wir: Mord ist schlecht.
Morgen könnte jemand kommen und sagen: Meine Großmutter ist alt, ich bin knapp bei Kasse, eigentlich könnte ich sie beerben. Heute bin ich der Meinung, Mord sei gut. Dann müssen wir neu abstimmen. Vielleicht gibt es noch ein paar andere, die sagen: Heute ist Mord gut. Okay, dann ist Mord gut. Das ist die sogenannte Konsenstheorie. Sie besagt, wir diskutieren so lange, bis die größte Menge einig ist. Das ist dann der Maßstab, nach dem wir handeln müssen.
Daran merken wir: Hier ist die Selbstüberhebung des Menschen an die höchste Stelle gekommen. Hier gilt nur noch ich selbst beziehungsweise, wenn ich es allein nicht schaffen kann, dann wir als Masse. Wir entscheiden, was gut und was falsch ist. Genau das ist hier gemeint. Hier wird versprochen: Du wirst erkennen, was gut und böse ist. Du wirst es auch mitbestimmen können.
Denn „erkennen“ meint hier mehr als nur intellektuelles Wissen. Wir sehen ja auch, dass das Wort „erkennen“ beispielsweise für den sexuellen Kontakt zwischen Adam und Eva und zwischen Menschen insgesamt gebraucht wird. Erkennen bedeutet sozusagen: Du bist jetzt aktiv daran beteiligt. Du bestimmst mit. Das ist hier auch gemeint.
Und das ist die Versuchung der Menschen: Ich lasse mir nichts mehr von Gott vorschreiben, sondern ich weiß selbst, was gut und was böse ist. Ich bestimme das selbst. Und darin liegt die Ursünde, dass der Mensch darauf eingestiegen ist. Ich will sein wie Gott.
Auch gestern habe ich euch gesagt, dass es viele Menschen gibt, die sagen: Wenn Gott so und so ist, dann glaube ich nicht an Gott. Dahinter steckt genau dieser Hintergrund: Ich entscheide darüber, wie Gott sein muss. Das heißt letztendlich, Gott ist mir untergeben. Wenn er Spaß hat und wenn er will, dann erlaube ich ihm in diesem Bereich der Welt und meines Lebens zu handeln. Aber hier, Gott, da darfst du nicht weitermachen.
Das heißt letztendlich: Wer entscheidet, wer bestimmt über Gott? Ich. Wer ist dann letztendlich Gott? Ich. Das ist die Versuchung, die wir hier schon sehen. Und das ist die Versuchung, in der die Menschen bis heute sind. Und in die wir als Christen auch hineinfallen können, wenn wir plötzlich selbst anfangen zu bestimmen, was gut und was falsch ist.
Das ist ja gerade die Frage bei der Sünde, nicht? Es ist ja so: Ich weiß, was falsch ist. Und plötzlich beginne ich, das Ganze, weil ich mich auf die Diskussion mit dem Teufel einlasse, zu begründen. Zum Beispiel ein neues Auto. Für Männer ist das immer mal wieder eine Frage des Statussymbols und des Fortschritts in der Technik.
Dann gehe ich auf die internationale Automobilausstellung und sehe ein paar tolle neue Autos. Und dann denke ich mir: Mein Auto ist ja schon elf oder zwölf Jahre alt. Langsam kann ich mir mal ein neues Auto kaufen. Außerdem ist einmal im Jahr bei uns Evangelisation. Da nehme ich gern meinen Nachbarn mit. Mein Nachbar muss ja auch erkennen, dass Christen sich durchaus etwas leisten können und dass Christen gut arbeiten.
Wenn ich ihn mitnehme, kann ich ihn ja nicht in meinem alten Auto mitnehmen. Dann brauche ich ein neues Auto. Und sowieso am Sonntag: Ich bin ja Vorsteher meiner Familie. Es muss ihr ja auch gut gehen. Sie kann ja nicht immer in dem alten klapperigen Auto fahren. Also brauche ich auch dafür ein neues Auto.
Außerdem habe ich so viel Geld von Gott anvertraut bekommen. Gott will ja, dass ich Spaß habe, und ich habe Spaß daran. Plötzlich habe ich alle Gründe dafür. Ich frage aber gar nicht danach, ob Gott vielleicht will, dass ich mein Geld für etwas anderes ausgebe. Es muss ja nicht schlecht sein, ein neues Auto zu kaufen.
Ich habe bisher noch nie ein neues Auto gekauft. Für mich ist es manchmal fast Geldverschwendung, so viel Geld nur für eine Blechkarosse auszugeben. Ich habe bisher immer nur gebrauchte Autos gekauft, sie ein bisschen repariert und so weiter. So habe ich viel gespart und konnte natürlich für andere Sachen Geld ausgeben und geben. Aber das ist eine Nebensache.
Ich will nichts gegen neue oder gebrauchte Autos sagen. Ich will nur sagen: Wenn wir nicht fragen, ob es Gottes Wille ist, dann kann das Kaufen eines neuen Autos eine Sünde sein. Nicht weil es generell eine Sünde ist, ein Auto zu kaufen. Genauso ist es hier nicht generell eine Frage, dass ich keine Frucht von irgendeinem Baum essen darf, sondern von diesem Baum.
„Du sollst nicht essen“ kann für mich bedeuten: Vielleicht hat Gott für andere eine Ordnung, aber mir sagt Gott Nein. Ich muss hier nachfragen: Soll ich das dafür ausgeben? Wenn ich dann anfange, mich selbst zu rechtfertigen und in die Diskussion einzusteigen, lasse ich mich auf die Versuchung ein. Und der Satan geht hier natürlich weiter.
Die Verlockung wird stärker: Die Frucht wird begehrenswert
Dann ist es nämlich so: Mit dem Erkennen von Gut und Böse sah er, ebenso wie die Frau, dass der Baum gut zur Speise war, dass er eine Lust für die Augen darstellte und begehrenswert war. Er versprach Einsicht zu geben, sodass jetzt etwas passieren würde.
Zunächst merken wir eine neutrale Frage, einen Zweifel: Hat Gott das wirklich gemeint?
Im nächsten Schritt lassen wir uns auf die Diskussion mit dem Teufel ein. Dieser sagt, dass Gott es eigentlich schlecht mit dir meint. Du bist viel besser dran, wenn du nicht nach der Ordnung Gottes lebst. Schau mal, alle Menschen um dich herum sind glücklich. Mach es doch genauso wie die anderen, dann wirst auch du glücklich und zufrieden sein.
Der Teufel behauptet, dass Gott in Wahrheit dein Böses will. Du wirst selbst darüber bestimmen können. Du kannst doch selbst sehen, was für dich gut ist.
Jetzt kommt der nächste Punkt: Ich lasse mich noch mehr auf diese Versuchung ein. Plötzlich gewinnen die scheinbar so positiven Eigenschaften der Sache, die ich nicht tun soll, an Gewicht.
Alle diese Gedanken treten vor mein inneres Auge.
Dreimal wird hier beschrieben, was bei Eva passiert: Eva sah, dass der Baum gut zur Speise war. Sie betrachtet die Frucht jetzt ganz genau. Wir müssen uns vorstellen: Hier ist die Frucht – oh, lecker! Ich würde gerne hineinbeißen.