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Eine ganz normale Missionssituation

Vorrede vor Auslegungsreihe über den ersten Thessalonicher-Brief, Apostelgeschichte 17,1-10

Einleitung

In nächster Zeit werden wir uns mit dem 1. Thessalicherbrief beschäftigen. Deshalb betrachten wir zuerst, wie Lukas von der Entstehung der Gemeinde berichtet. Text lesen: Apg.17,1-10a

I. Der Aufbruch (17,1-4)

A. Reise/Ort (V.1)

Während der zweiten Missionsreise (ca. 50-54 n.Chr.), reist Paulus mit seinen Begleitern über Amphipolis und Apollonia, nach Thessalonike. Sie benutzten die bedeutendste Ost-West-Verbindung, die römische Militär- und Handelsstrasse Via Egnatia. Diese Via Egnatia führte durch Thessaloniche (neugr. wird es Saloniki genannt), die wichtigste Hafenstadt von Mazedonien, die am nordöstlichen Winkel des thermäischen Golfes liegt. Thessalonike wurde zur Zeit des Hellenismus ca. 315 v.Chr. vom makedonischen König Kassandros gegründet, der die Stadt nach seiner Frau, einer Halbschwester Alexander d.Gr., benannte. Unter der römischen Herrschaft wurde Thessalonike 148 v.Chr. zur Landeshauptstadt und Statthalterresidenz der senatorischen Provinz Mazedonien. Diese umfaßt 146-27 v.Chr. und 15-44 n.Chr. auch Achaja. Verwaltet wurde die Stadt durch 5-6 Politarchen, diese sind vergleichbar mit unseren Gemeinde- oder Stadträten. Also Paulus reiste mit seinen Begleitern, nachdem er in Philippi im Gefängnis sass, ca. 50 n.Chr. in diese bedeutende Stadt. Wir erfahren nicht, ob Paulus in den Städten Amphipolis und Apollonia das Evangelium verkündigt hat. Es ist jedoch nicht auszuschliessen.

Lukas macht uns aber in der Apg. deutlich, wie Paulus vorgegangen ist. Beispielsweise blieb Paulus eineinhalb Jahre in Korinth und 3 Jahre in Ephesus. Und Demetrius zeugt von der Ausstrahlung die der Dienst des Paulus hatte: und ihr seht und hört, daß nicht allein in Ephesus, sondern auch fast in der ganzen Provinz Asien dieser Paulus viel Volk abspenstig macht, überredet und spricht: Was mit Händen gemacht ist, das sind keine Götter. Apg.19,26. So wählte Paulus nun diesen wichtigen Handelsplatz Thessalonike, damit sich das Evangelium von dort aus in ganz Mazedonien verbreiten konnte. In Thessalonike gab es auch eine Synagoge, d.h. natürlich, dass viele Juden dort lebten. In Philippi versammelten sich die Juden am Sabbat an einem Platz am Fluß zum beten (Apg.16,13). Aber in Thessalonike gab es eine Synagoge und es ist durchaus denkbar, dass diese Synagoge eine zentrale u. vorherrschende Stellung in der Provinz Mazedonien innehatte. Jedenfalls lebten viele Juden in dieser Gegend.

B. Verantwortung gegenüber den Juden (V.2-3)

Wie nun Paulus gewohnt war, ging er zu ihnen hinein... Auch hier sehen wir, wie Paulus bei seiner Missionsarbeit vorgegangen ist. Er war sich gewohnt, dass er zuerst die Juden aufsuchte, und wenn es ein Versammlungsort gab, besuchte er die Gottesdienste. Auch Jesus hatte die Gewohnheit die Synagogen aufzusuchen: Und er [Jesus] kam nach Nazareth, wo er aufgewachsen war, und ging nach seiner Gewohnheit am Sabbat in die Synagoge und stand auf und wollte lesen. Lk.4,16. Dasselbe sehen wir als Barnabas und Paulus nach Antiochia in Pisidien kommen: Sie aber zogen von Perge weiter und kamen nach Antiochia in Pisidien und gingen am Sabbat in die Synagoge und setzten sich. Apg.13,14. Es war aber nicht nur eine Gewohnheit, die Paulus hatte, sondern es war eine Verpflichtung, zuerst zu den Juden zu gehen und ihnen das Evangelium zu verkünden. Gerade in Antiochien sagten Paulus und Barnabas den Juden:

Paulus und Barnabas aber sprachen frei und offen: Euch mußte das Wort Gottes zuerst gesagt werden; da ihr es aber von euch stoßt und haltet euch selbst nicht für würdig des ewigen Lebens, siehe, so wenden wir uns zu den Heiden. Apg.13,46. Jesus sagte deutlich (der Samariterin), dass das Heil von den Juden kommt: Ihr [Samariter] wißt nicht, was ihr anbetet; wir wissen aber, was wir anbeten; denn das Heil kommt von den Juden. Joh.4,22. Und Paulus schreibt den Römern: die Israeliten sind, denen die Kindschaft gehört und die Herrlichkeit und der Bund und das Gesetz und der Gottesdienst und die Verheißungen, Rö.9,4.

Das Heil kommt also von den Juden und ist in erster Linie auch für die Juden bestimmt, deshalb suchten die Apostel als erstes die Juden auf, um ihnen zu berichten, dass Jesus der Christus, also das Heil der Juden, das ewige Leben erschienen ist. Wenn die Juden das Evangelium gehört und ausgeschlagen hatten, so war Paulus der Verantwortung gegenüber den Juden enthoben, so sagt er den Juden in Korinth: Als sie aber widerstrebten und lästerten, schüttelte er [Paulus] die Kleider aus und sprach zu ihnen: Euer Blut komme über euer Haupt; ohne Schuld gehe ich von nun an zu den Heiden. Apg.18,6.

C. Verkündigung

An drei Sabbaten sprach Paulus von der Schrift und eröffnete und legte ihnen dar, dass Christus leiden mußte und von den Toten auferstehen und daß dieser Jesus der Christus ist. Anhand der Schrift öffnete er den Juden das rechte Verständnis der Schrift. Paulus hat ja selber erfahren, dass nur von Christus her die Schrift richtig verstanden werden kann. Paulus schreibt den Korinthern, dass die Juden eine Decke über ihren Herzen haben und deshalb die Schrift nicht verstehen, nur in Christus kann diese Decke abgetan werden: Aber ihre Sinne wurden verstockt. Denn bis auf den heutigen Tag bleibt diese Decke unaufgedeckt über dem alten Testament, wenn sie es lesen, weil sie nur in Christus abgetan wird. 2.Kor.3,14. Paulus erläutert nun in der Synagoge, dass Jesus der Christus ist, welcher im AT bezeugt wird. Wie kann er dies aufgrund des alten Testamentes tun? Hat schon jemand versucht, das Evangelium aufgrund des alten Testamentes zu erklären.

Auch gegenüber Agrippa und Festus sagte Paulus: Aber Gottes Hilfe habe ich erfahren bis zum heutigen Tag und stehe nun hier und bin sein Zeuge bei groß und klein und sage nichts, als was die Propheten und Mose vorausgesagt haben; / daß Christus müsse leiden und als erster auferstehen von den Toten und verkündigen das Licht seinem Volk und den Heiden. Apg.26,22-23.

Ich möchte hier nur auf zwei Stellen hinweisen. Zum ersten erklärte Paulus, das Jesus sterben musste. Im Propheten Jesaja wird dies deutlich erklärt: Aber er ist um unsrer Missetat wilen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf daß wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt. / Wir gingen alle in die Irre wie Schafe, ein jeder sah auf seinen Weg. Aber der Herr warf unser aller Sünde auf ihn. / Als er gemartert ward, litt er doch willig und tat seinen Mund nicht auf wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird; und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer, tat er seinen Mund nicht auf. Jes.53,5-7.

Als zweites erklärt er ihnen, dass er auferstehen musste: Petrus begründet (Apg.2,27) die Auferstehung aus dem AT mit Psalm 16,10: Denn du wirst micht nicht dem Tode überlassen und nicht zugeben, daß dein Heiliger die Grube sehe. Ps.16,10.

Evangelisation

Glaubst Du, daß Jesus für unsere Sünden sterben musste und dass er auferstanden ist? Glaubst Du das Jesus, der Christus ist? Petrus bezeugt vor dem Hohen Rat von Jesus: Und in keinem andern ist das Heil, auch ist kein andrer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir sollen selig werden. Apg.4,12. Nur durch Jesus kannst du selig werden. Bist Du selig, hast Du das ewige Leben?

D. Erweckung (V.4)

Nun zeigte die Verkündigung Früchte: Einige von den Juden ließen sich überzeugen und schlossen sich Paulus und Silas an. Eine große Menge von gottesfürchtigen Griechen, darunter nicht wenige von den angesehensten Frauen, schlossen sich ebenfalls an. Die Menge der Griechen wird um einiges grösser gewesen sein, so entstand nun die erste Gemeinde.

Anwendung

Der Glaube kommt durch die Verkündigung des Wortes Gottes, deshalb schreibt Paulus den Römern: Wie sollen sie aber den anrufen, an den sie nicht glauben? Wie sollen sie aber an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie aber hören ohne Prediger [Verkündenden]? Rö.10,14. Sollen Menschen gerettet werden, so müssen sie das Wort Gottes hören. Unser Lebensstil vermag die Leute nicht zu überzeugen. Wir müssen ihnen das Evangelium erklären.

II. Der Aufstand (17,5-10a)

A. Die Hetze

Der Gegenschlag lässt nicht lange auf sich warten. Die Juden ärgerten sich. Es mag wohl auch mitgespielt haben, dass sich doch viele dem Paulus zugesellten und somit nicht mehr der Synagoge angehörten. Sicherlich waren sie auch Eifersüchtig, wie die Juden in Jerusalem: Es erhoben sich aber der Hohenpriester und alle, die mit ihm waren, nämlich die Partei der Sadduzäer, von Eifersucht erfüllt, Apg.5,17. Nun wird nach bekanntem Schema gehandelt: üble Männer aus dem Pöbel werden mobilisiert zu einem grossen Aufruhr in der Stadt. Sie wollten die Verantwortlichen ausser Gefecht setzen, denn sie sagen: ...Diese, die den ganzen Weltkreis erregen, sind jetzt auch hierher gekommen; Apg.17,6. Anscheinend war Paulus und Silas zu dieser Zeit eben nicht gerade bei Jason, somit hatte ihr Unterfangen schon eine Niederlage erlitten. Doch wenn man schon den ganzen Pöbel mobilisiert hat und der Aufruhr in vollem Gange ist, muss man diese Kraft ausnutzen. Sie nehmen also Jason und einige Brüder und bringen sie vor die Oberen der Stadt. Die Anklage lautet: ...diese alle handeln gegen des Kaisers Gebote und sagen, ein anderer sei König, nämlich Jesus. Apg.17,7.

Verblüffend ähnlich ist die Anklage der Juden vor Pilatus, als sie Jesus kreuzigen lassen wollten: und fingen an, ihn zu verklagen, und sprachen: Wir haben gefunden, daß dieser unser Volk aufhetzt und verbietet, dem Kaiser Steuern zu geben, und spricht, er sei Christus, ein König. Lk.23,2. Das ist glattweg eine Lüge! Dass Jesus der wahre König ist, mag Paulus verkündigt haben, aber dass sie gegen die Gebote des Kaiser verstossen sollen, dies ist eine Unterstellung vom gleichen Kaliber wie die gegen Jesus, dass er dazuangehalten habe, man solle dem Kaiser keine Steuern entrichten. Wer Paulus aus seinen Briefen kennt, weiss, dass er zur Unterordnung unter die Obrigkeit aufrief und nicht zur Rebellion. Diese Art der Anklage war aber die einzige Möglichkeit, die ihnen zum Erfolg verhelfen konnte, denn Mäjestätsbeleidigung wurde schwer geahndet. Die Oberen der Stadt konnten sie nur gewinnen, wenn sie eine Anklage vorbrachten, die gegen das römische Recht verstösst. So suchten sie nun das ganze Volk aufzuwiegeln. Jedoch schienen sich die Oberen der Stadt nicht sehr stark beeindrucken zu lassen, denn sie wurden gegen eine Bürgschaft freigelassen. Entweder interessierte die Oberen der Disput der Juden nicht besonders, wie dies auch bei Pilatus der Fall war, denn die Christen galten immer noch als jüdische Sekte oder Partei, so wie z.B. die Saduzzäer. So sagen die Juden dem Statthalter Felix über Paulus: Wir haben erkannt, daß dieser Mann schädlich ist und daß er Aufruhr erregt unter allen Juden auf dem ganzen Erdkreis und daß er ein Anführer der Sekte der Nazarener ist. Apg.24,5. Oder die Oberen hatten selber Frauen, die zu den Nachfolgern des Paulus gehörten. Vermutlich waren auch die Brüder bekannt und Jason eine bedeutende Persönlichkeit in Thessalonich, so dass sich die Oberen nicht zu härteren Massnahmen hinreissen liessen.

Anwendung

Wenn man diese Anschuldigung genau betrachtet und sieht, dass es schlichtweg Verleugnungen sind, die verbreitet werden, muss man sich in Acht nehmen, dass man sich darüber masslos ärgert. Tatsächlich ist es so, dass wir aufgrund von Verleumdungen leiden und nur aufgrund von Verleumdungen sollen wir leiden. Petrus schreibt: Niemand aber unter euch leide als ein Mörder oder Dieb oder Übeltäter oder als einer, der in ein fremdes Amt greift. / Leidet er aber als ein Christ, so schäme er sich nicht, sondern ehre Gott mit diesem Namen. 1.Petr.4,15-16. Und Paulus sagt dem Timotheus: Ein Knecht des Herrn aber soll nicht streitsüchtig sein, sondern freundlich gegen jedermann, im Lehren geschickt, der Böses ertragen kann 2.Tim.2,24. Wir müssen also bereit sein und lernen Ungerechtigkeiten einzustecken und trotzdem freundlich zu bleiben. Jesus selbst ist uns darin Vorbild.

B. Die Flucht

Gelöst war das Problem mit der Auflösung dieses Aufruhrs noch nicht. Jedenfalls erachteten es die Brüder für nötig, daß Paulus und Silas Thessalonich verliessen.-> Sie mussten also fliehen. So schickten sie sie nach Beröa, damit sie von weiteren Angriffen verschohnt blieben.

Anwendung

Wo das Evangelium klar verkündigt wird, können Anfeindungen nicht ausbleiben. Die Botschaft ist einfach zu radikal. Jesus sagt dazu folgendes: Wäret ihr von der Welt, so hätte die Welt das Ihre lieb. Weil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern ich euch aus der Welt erwählt habe, darum haßt euch die Welt. Joh.15,19. Und Paulus schreibt den Galatern: Predige ich denn jetzt Menschen oder Gott zuliebe? Oder suche ich Menschen gefällig zu sein? Wenn ich noch Menschen gefällig wäre, so wäre ich Christi Knecht nicht. Gal.1,10. Am Evangelium scheiden sich die Menschen. Zu klar werden wir Menschen zur Stellungnahme herausgefordert. Wer hört schon gern, dass man verloren ist und nur Jesus den Menschen aus seiner Verlorenheit erlösen kann. Bei der Verkündigung des Evangeliums wird es immer so sein, wie es in auch bei der Verkündigung in Rom war: Die einen stimmten dem zu, was er sagte, die andern aber glaubten nicht. Apg.28,24. Das Wort vom Kreuz ist eine Provokation, Paulus schreibt: Denn das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden; uns aber, die wir selig werden, ist's eine Gotteskraft. Rö.1,18. Wenn wir missionarisch tätig sind als Gemeinde und alleine, so werden wir jeweils einer Reaktion begegnen. Entweder finden wir Zustimmung oder wir treffen auf Ablehnung. Wenn wir das Evangelium nicht verkündigen werden wir einer - für uns - angenehmen Gleichgültigkeit der Menschen begegnen.

Schluß

Also, eine ganz normale Missionssituation. Auch heute wird es nicht anders sein, wenn wir das Evangelium verkündigen und zwar das ganze Evangelium, Gericht und Gnade, wird uns Unverstand und Verachtung begegnen. Lassen wir uns doch deshalb nicht davon abhalten das Evangelium zu verkünden. Was nämlich viel stärker ins Gewicht fällt sind die Menschen, die durch die Verkündigung gerettet werden. Amen