Ein Volk in der Krise: Vergebliche Hoffnung auf menschliche Stärke
Wir haben heute als Predigttext für diesen Altjahrsabend Jesaja 30,15-17 gewählt.
Die Situation ist folgende: Das Nordreich steht kurz vor der Zerstörung durch die Assyrer. Samaria, wie im Kapitel 28 beschrieben, wird zerstört werden. Jesaja klagt darüber, dass auch Israel in dieser kritischen Stunde nicht weiß, wo Schutz und Bewahrung herkommen können. Stattdessen verlassen sie sich auf sich selbst. Mannhaft wollen sie sich zur Wehr setzen, doch das hat angesichts der Bedrohung keinen Wert.
Sie hoffen noch, dass eine Eingreiftruppe aus Ägypten kommt – Kavallerie, Pferde. „Durch Rosse wollen wir stark sein“, sagen sie. Jesaja entgegnet: „Ach was! Ihr setzt euer Vertrauen auf die Rosse Ägyptens, das ist es doch nicht.“
Denn so spricht Gott, der Herr, der Heilige Israels: „Wenn ihr umkehren würdet und still bleiben würdet, so würde euch geholfen. Durch Stille sein und Hoffen würdet ihr stark sein.“ Aber ihr wollt nicht.
Stattdessen sagt ihr: „Nein, auf Rosse wollen wir dahin fliegen.“ Darum werdet ihr dahin fliehen. Luther hat im Hebräischen oft wunderbare Wortspiele entdeckt, besonders bei den Prophetenworten. Hier heißt es so schön: „fliegen“ und „fliehen“. Ihr hofft zu fliegen, doch hier werdet ihr fliehen.
„Und auf Rennen wollen wir reiten, darum werden euch eure Verfolger überrennen. Denn von euch tausend, von den besten Kriegern, werden fliehen vor dem Thron eines Einzigen! So stark ist euer Mut! Tausend von euch, die ihr noch so mutig redet, werdet fliehen vor einem! Ja, vor fünfen werdet ihr alle fliehen, bis ihr übrig bleibt wie ein Mast oben auf einem Berge und wie ein Banner auf einem Hügel.“
Herr, segne uns dein Wort! Amen!
Der Silvesterabend als Moment der Ruhe und des Rückblicks
Uns erinnert der Silvesterabend oft an ein großes Feuerwerk. Manchmal denkt man dabei an den Europapokal mit Juventus Turin oder Ajax Amsterdam, wenn es an allen Ecken so knallt. Doch für mich bedeutet Silvester etwas ganz anderes.
Wissen Sie, woran mich Silvester erinnert? An eine Ruhebank. Eine Bank, auf der man bei einer langen Wanderung sitzt, sich die Füße streckt, sich unterhält und einfach sagt: „Ich will ruhen, ich will ausruhen.“ Es war ein anstrengender Marsch, man blickt zurück und sieht, was man alles erlebt hat.
Für viele von Ihnen war es ein furchtbar schweres Jahr. Erinnerungen an Erlebnisse kommen wieder hoch. Ja, die Wanderung war schwer, und nach einer Weile sagt man sich: „Jetzt muss ich wieder weiter.“ Man steht auf und zieht weiter. Doch die Bank bleibt stehen.
In unserem Gemeindebezirk gibt es eine ganz besondere Bank. Ich las in einem Buch über Stuttgart, dass es die letzte intakte Bank aus den vorigen Jahrhunderten sein soll. Im letzten Gottesdienst in Feuerbach wurde ich von einer Frau darauf hingewiesen, dass es dort auch noch mehrere solcher Bänke gibt. Ich bin froh, dass sie noch erhalten sind.
Diese Bank steht oben am Wernhaldewald, wo die alten Marktwäber in früheren Jahrhunderten ihre Körbe, die sie auf dem Kopf trugen, abstellten. Die Bank ist noch ganz intakt, mit den oberen Steinquerstreben. Man sieht unten die Sitzbank und oben die Ablage für die Körbe.
Wenn ich dort vorbeikomme, male ich mir immer aus, wie wichtig dieser Ort war. Denn die Stelle war besonders wichtig, weil der Weg am Hohenpopscher dort sehr steil hinunterging. Die Straßenbahnhaltestelle heißt noch heute „Stelle“. Das kommt daher, weil es dort eine steile Stelle gibt.
Die Leute sagten: „Das ist die Stelle, die schwierige.“ Dort haben sie ihre Körbe mit Filterkraut oder Töpferware noch einmal abgestellt. Sie haben miteinander gesprochen über die schweren Zeiten und was sie bewegte.
Besonders bewegend ist die Vorstellung, wie die Marktfrauen damals bis ins Kersttal liefen, um ein paar Pfennige zu verdienen. Wenn sie vom Markt zurückkamen, hatten sie oft noch die meisten Waren dabei und mussten den Berg hinaufschnaufen. Oben angekommen, stellten sie die Körbe noch einmal ab.
An diesem Abend würde ich am liebsten mit Ihnen auf diesem Bänkchen sitzen und plaudern. Einfach hören, was Sie bewegt, was Sie erlebt haben. Ich freue mich, dass die jungen Leute heute Abend beieinandersitzen und sich austauschen. Sie sprechen darüber, was Schönes in diesem Jahr war, was schwer war und welche Erfahrungen sie gemacht haben.
Die Kraft der Stille und die Herausforderung des Innehaltens
So wollen wir uns heute Abend auch verhalten. Es ist wunderbar, wenn man Stille hat und zur Ruhe kommen kann – so ein kleines Ruheplätzchen. Wunderbar ist es, wenn man wirklich zur Ruhe kommen kann.
Wir stellen uns das ja immer so schön vor: Wenn man Tag für Tag geschoben wird, ständig unter Druck steht, im Stress, wie man so schön sagt, und dann immer weiter geschoben werden muss. Doch jetzt mal: Lass uns innehalten.
Aber kaum hat man so einen Moment der Stille, fallen einem viele liegen gebliebene Dinge ein. Es stimmt also gar nicht, dass die Stille immer hilfreich ist. Mir geht es jedenfalls so: Ein Moment der Stille, und dann könnte ich immer aufspringen. „Jetzt muss ich das tun und jenes“, denke ich. „Jetzt fällt mir das wieder ein, und das hast du versäumt, das hast du vergessen.“
Wenn man auf das vergangene Jahr zurückblickt, erinnern wir uns – sofern wir es nicht verdrängt haben – an viele Augenblicke, in denen wir keinen Mut mehr hatten, verzweifelt waren, am Leben verzagten. Wir erinnern uns an Ängste, an Tränen, aber sicher auch an schöne Dinge. Es ist schön, wenn man zurückblickt.
Man sagt heute immer wieder: Die Kraft kommt aus der Stille. Deshalb sind Meditationen so gefragt. Aber worüber will man denn meditieren? Über das Vergangene? Ich habe Angst davor, mit mir selbst allein zu sein. Denn dann sehe ich mich mit all meinen Fehlern und Mängeln. Und ich bin froh, wenn ich mich so sehe.
Darum ist es wichtig, dass wir sagen, wie wir die Stille haben wollen. Durch Stille sein würdet ihr stark sein. Wir wollen still sein vor unserem Herrn Jesus an diesem Altjahresabend und mit ihm noch einmal alles durchgehen. Wir wollen sagen: Herr, du hast uns alles geschickt – Liebes und Leides. Beides kam aus deiner guten Vaterhand.
Du hast uns nicht nur auf wunderbaren Wegen geführt, sondern auch durch Engpässe und Bedrängnisse. Und wir sind dir dankbar, dass du in jedem Augenblick da warst.
Wenn das jetzt auch bei uns im Rückblick wach wird – das, was wehtut, was schmerzt, was mich bedrückt – sind es immer wieder die Versäumnisse. Es ist gute Christenart, dass man darüber zuerst redet, im Blick auf das vergangene Jahr.
Das mag heute nicht mehr sehr modisch sein. Im Rückblick auf die Zeitungen und das Fernsehen werden die Sünden der Großen angeprangert. Wir wollen nun aber bei unseren eigenen stehen bleiben.
Die Last der Schuld und das Geschenk der Vergebung
Wir haben einige Mitarbeiter unseres Entwicklungsdienstes auf der schwer leidgeprüften Insel Haiti, dem ärmsten Land des amerikanischen Kontinents – nicht Tahiti. Haiti leidet unter einem amerikanischen Wirtschaftsboykott und ist ohnehin das ärmste Land dieses Kontinents.
Von diesen haitianischen Christen haben wir ein kleines Gebetsbüchlein erhalten. Das hat mich sehr angesprochen, denn sie beten ganz anders als wir. Nicht in einer geschraubten, feierlichen Sprache, sondern im Alltag verwenden sie eine ganz natürliche Sprache.
So betet ein einfacher haitianischer Mann: „Mit meinem Reden ist es wie mit einem rostigen Auto. Da versagen die Bremsen, und ich schieße immer wieder mit großer Geschwindigkeit über das Ziel hinaus, wo ich eigentlich stoppen will. Dann lande ich in der Lüge statt in der Wahrheit. Vergib mir, Herr, und bremse mich doch, wenn ich so schnell fahre mit meiner Zunge!“ Wunderbar!
Wenn man das alles im Rückblick betrachtet, dann kann uns nur der Herr bewahren. Wir tragen schwer an uns. Auch in Bezug auf dieses Jahr haben wir viel, viel falsch gemacht. In der Stille wird uns das bewusst.
Ich möchte heute Abend sagen, dass Jesus Ihnen die ganze Last abnehmen will. Es muss gar nichts weiter geschehen, als dass Sie es bekennen, bereuen, hassen und loslassen. So haben wir es mit den Konfirmanden gelernt: Das Blut Jesu Christi macht uns rein von aller Sünde.
Es darf altes, schmutziges und belastendes Zeug abgelegt werden. Dann können wir völlig neu, befreit und im Frieden mit Gott in dieses neue Jahr hineingehen.
Johann Sebastian Bach hat einen Liedvers eines Abendsliedes so wunderbar vertont in der Matthäuspassion. Man möchte nur den Bachschen Klang hier am Altjahrsabend noch einmal laut werden lassen. Das ist die Melodie:
„Bin ich gleich von dir gewichen, stell ich mich doch wieder ein. Hat uns doch dein Sohn verglichen durch sein Angst und Todespein. Ich verleugne nicht die Schuld, aber deine Gnad und Huld ist viel größer als die Sünde, die ich stets in mir befinde.“
So wollen wir das Alte weglegen und nicht mehr daran rühren, niemals mehr daran herumstoßen. Danken, vergeben und vergessen – wunderbar!
Wir bekommen es unter die Füße und können fröhlich unseren Weg ziehen, auch wenn es uns oft noch schmerzt und beschwert. Weglegen – das ist eine Stille in der Gegenwart Gottes.
Die Notwendigkeit einer neuen Perspektive im Glauben
Durch Stille würdet ihr stark sein, ja, vor dem Herrn still sein.
Doch es gibt noch einen zweiten Vorschlag. Ich überschreibe ihn mal: Wir brauchen eine neue Perspektive. Das hört man heute oft im Fernsehen und im Radio: Wir brauchen eine neue Perspektive für die Wirtschaft, für die Kunst, für die Bildung, für Europa. Alle sind sich einig: Bisher ist alles falsch gelaufen, jetzt muss es ganz neu weitergehen. Wir brauchen eine neue Perspektive.
Wie soll diese neue Perspektive aussehen? Es ist immer sehr einfach: Die Opposition, wo immer sie auch ist, setzt darauf, es besser zu machen. Und die anderen sagen: Wir machen es besser.
Ich glaube, wir brauchen eine neue Perspektive in unserem Land, in unserem Volk. Wir müssen wieder ganz anders mit Jesus leben – viel intensiver. Heute ist es in unserem Volk üblich geworden, dass jeder so, wie es ihn gerade reizt und wie es ihm über die Lippen kommt, über das Christentum herzieht – mit einer Mischung aus Falschem und Wahrem – und seinem Ärger freien Lauf lässt.
Die Stunde der Abrechnung ist da, und unser Volk bräuchte in diesen Tagen am allermeisten Jesus als Führer. Wir brauchen eine neue Perspektive.
Es ist wie damals beim Volk Israel. Als sie in einer kritischen Lage waren, regte sich noch einmal ihr Mut. Sie sagten: Wir müssen die Probleme selbst anpacken. Das ist Eigenmächtigkeit. Wir kriegen das schon hin. Wir brauchen nur die richtige Unterstützung. Wenn die Ägypter uns noch ihre Kavallerie schicken, dann werden wir mit den Assyrern schon fertig.
Doch sie haben nicht begriffen, dass Krisen nur mit Gott bewältigt werden können – mit dem lebendigen Gott, der sich in Jesus offenbart und der ihnen begegnet. Das gilt auch für ihre persönlichen Lebenskrisen.
Viele von Ihnen sind in diesem Jahr in Situationen gekommen, in denen Sie sagen: Ich kam nicht mehr weiter. Ja, genau! Wo kann Jesus zu uns sprechen? Wo bekommen Sie eine neue Perspektive – anders als in dem Moment, wo Sie merken: Ich kann nicht einfach wie eine Betriebsnadel durch die Gegend fahren und alles lösen.
Durch Stille sein.
Und jetzt steht hier „hoffen“. Ich benutze dieses Wort „hoffen“ nur ungern, weil es für mich oft so klingt wie eine vage Sache: hoffentlich. Dabei steht im Hebräischen etwas ganz anderes hinter „hoffen“. Es bedeutet, Zuversicht zu haben, Vertrauen zu haben. Das ist eine feste Sache.
Ich will mein Vertrauen in ausweglose Lagen auf Jesus setzen, so wie wir es vorhin in der Schriftlesung gehört haben: „Gott ist für uns, wer kann gegen uns sein?“ (Römer 8,31). So will ich in den dunklen Stunden meines Lebens stark sein.
Jesaja sagt schon zu Israel in Kapitel 30, Vers 13 (wenn Sie ihre Bibel zur Hand haben): Es ist wie bei einer Mauer, einer Stadtmauer, da rieselt schon der Zement, man sieht, wie das ganze Mauerwerk einstürzt.
Wache Leute fragen manchmal: Wie lange hält das noch bei unserer Wohlstandsgesellschaft und unserem immer mehr Haben-Wollen? Ich bin kein Kulturkritiker. Was wir brauchen, ist eine neue Perspektive – auch in Ihren ganz persönlichen Nöten, in Berufskrisen, Familienkrisen, Ehekrisen, Lebenskrisen.
Wo haben Sie Ihre Perspektive?
Durch stilles Sein und Vertrauen würden Sie stark sein. Ja, wem wollen Sie denn vertrauen? Ich rede nicht vom Vertrauen in politische Persönlichkeiten, Systeme oder Ideologien.
Ich überlege immer, wie ich Ihnen das ganz drastisch nahebringen kann. Ich bin froh, dass mir ein Mann geschrieben hat...
Zeugnis eines Lebens: Vertrauen in Gottes Führung trotz Leid
Er schreibt, dass er mich vor vielen Jahren einmal getroffen habe. Dabei hat er mir ausdrücklich die Bitte übermittelt, ich solle es gebrauchen und vielen Menschen davon erzählen.
Vor wenigen Tagen hat er mir erneut geschrieben mit der Bitte, ich möge ihn in diesem neuen Jahr beerdigen. Die Ärzte geben ihm nur noch wenige Monate, da er an einer unheilbaren Krankheit leidet. Außerdem kann er nicht mehr am Telefon sprechen. Deshalb hat er seiner Frau alles diktiert.
Er schickt mir einen Artikel, der seine Lebensgeschichte darstellt. Darin erzählt er von sich als Industriellen, der in Stuttgart aufgestiegen ist. Er wohnt nicht mehr hier, sondern ist weggezogen.
Er berichtet, dass er alles hatte: eine Yacht am Bodensee, Reitpferde, einen eigenen Park. Doch eines Tages war alles weg. Ein Großkunde konnte nicht mehr zahlen, und über Nacht wurde sein Haus gepfändet. Mit ganzer Energie und Leidenschaft hat er noch einmal neu angefangen und war wieder ganz oben.
Dann kam jener Tag im Mai 1977. Aus einem Bericht, den er in einer Zeitschrift veröffentlicht hat, lese ich: Ein Kraftfahrer, der wegen Alkoholdelikten vorbestraft war, fuhr gegen das Auto, in dem er als Beifahrer saß. Der Fahrer war wieder betrunken und hatte das Rotlicht der Ampel übersehen. Er wurde ins Krankenhaus gebracht und sieben Stunden lang operiert.
Als er aufwachte, hörte er nur den Arzt sagen, dass er nie wieder sehen könne, dass er blind sein werde.
In seinem Lebensbericht schreibt er: „Ich habe das alles berichtet, weil ich Gott dafür danken möchte, dass er mich so und nicht anders geführt hat. Viele Jahre meines Lebens durfte ich mich einer steilen Karriere erfreuen. Trotz aller Schwierigkeiten ging es immer nach oben. Ich war das, was man einen gefragten Typ nennt – erfolgreich, beneidet, mit vielen Kontakten zur Gesellschaft und Wirtschaft. Davon träumen viele Menschen. Vielleicht bedauern sie mich nun und denken, mein Leben sei zerbrochen, das Schicksal hätte mich hart getroffen. Nein, durch den Autounfall lernte ich als blinder Mann zu sehen.“
Im selben Augenblick, als die Fahrzeuge zusammenstießen und ein betäubender Schmerz durch seinen Körper zuckte, wusste er, dass er nur noch ein Wrack sei. Doch dann geschah etwas Eigenartiges: Er lag noch im Koma, und plötzlich war es ihm, als kämen vier Worte auf ihn zu: „Lasse dich nicht!“
Wer sich einmal in einer solchen Situation befunden hat, weiß, dass man darüber keine rührseligen Geschichten erzählen kann. Sieben Stunden lang bemühte sich die Ärztin jener Nacht, ihn durchzubringen. Ein Chirurg sagte hinterher zu ihm, dass das Leben für uns alle ein Wunder sei.
Vielleicht denken Sie jetzt, da er nichts mehr vom Leben zu erwarten hat, müssten Gott und der Himmel herhalten. Aber wenn Sie ihn kennen würden... Er bittet darum, dass man das vielen Menschen als sein Wort seines Lebens weitergibt.
Er schreibt: „Wissen Sie, wie stolz, hochmütig und eigenwillig ich war? Der Griff zur Flasche oder sogar der Entschluss, meinem Leben selbst ein Ende zu machen, lag näher als ausgerechnet vor dem zu kapitulieren, an den ich nicht glaubte und der für mich nicht existierte. Doch durch das, was in jener Nacht mit mir geschah, kann ich mich heute mit neuen Augen sehen.“
Er hat verstanden, dass Jesus Christus auch seine Schuld mit an das Kreuz genommen hat und dass Gott ein Gott der Liebe ist. Ein Gott, der ihn leitet, versorgt und immer wieder durchhilft, wenn die letzten Geldreserven aufgebraucht sind.
Das, was er jetzt als bewusster Christ erlebt und erfährt, ist für ihn so atemberaubend, dass er keine Sekunde zögern würde, alles Vorhergegangene noch einmal auf sich zu nehmen – auch den Unfall und die Blindheit –, um das Leben zu bekommen, das er heute leben darf.
Das mag Ihnen vielleicht ungeheuerlich vorkommen. Aber er weiß endlich, wer Jesus Christus ist und was er für ihn bedeutet. Durch stilles Sein und Vertrauen werde man stark sein.
Die Verheißung von Gottes Beistand in allen Lebenslagen
Wie wollen sie anders ihren Lebenskrisen begegnen? Es ist ihnen nie Gesundheit zugesagt worden, und auch nie das irdische Leben in unendlicher Jahresfülle. Ebenso wenig wurde ihnen versprochen, dass die Schwierigkeiten im neuen Jahr ausbleiben. Aber eines ist ihnen zugesagt: dass Jesus sie durchträgt, durch dick und dünn, dass er keinen Augenblick von ihnen weicht und dass sie in aller Not zu ihm kommen dürfen und bei ihm Ruhe finden.
So wunderbar beschreibt das Volk Israel ihre Lage, als sie am Schilfmeer standen: Vor ihnen das Wasser, hinter ihnen die Ägypter, und zur Seite die Felswände. Sie schrien: „Herr, wir verderben!“ Doch der Herr antwortet: „Der Herr wird für euch streiten, und ihr werdet stille sein.“ Das ist unser Glaube, nichts anderes. Wir wollen so vertrauensvoll an Jesus hängen.
Jetzt habe ich noch eine Frage an Sie: Wollt ihr das? Wollt ihr das? Hier sagt Gott sehr hart zum Volk Israel: „Aber ihr wollt nicht, aber ihr wollt nicht.“ Sie wollen vieles andere, vielleicht auch Wunder, die Erhörung von Gebeten. Aber ihn wollen sie nicht. „Ihr wollt nicht!“ Vielleicht würden wir jetzt in diesem Augenblick alle aufstehen und es mit unserer Unterschrift oder durch irgendein Zeichen bestätigen: „Wir wollen, wir wollen.“ Doch ich will von Ihnen gar kein Zeichen in dieser Nacht.
In dieser Nacht machen alle Menschen gerne große Vorsätze. 80 bis 95 Prozent unseres Volkes fassen in dieser Nacht Vorsätze: Wir wollen im neuen Jahr weniger trinken, mehr arbeiten, treuer sein, lieber sein usw. Aber Sie wissen, nach wenigen Stunden im neuen Jahr ist alles verdampft. Wir sind in dieser Nacht emotional alle etwas angekratzt. Das kommt daher, weil wir die Endlichkeit unseres Lebens spüren. Die Zeit rennt dahin, das wirkt so.
Darum will ich von Ihnen gar kein Versprechen haben. Es hätte auch gar keinen Bestand. Aber was wir tun können, ist, Jesus zu bitten, dass er uns bewahrt. Wir dürfen ihn auch bitten: „Herr, tritt mit dem Flammenschwert uns in den Weg, reiß uns herum im neuen Jahr, was du auch benutzt. Nur dass wir uns nicht verlieren in dem eitlen Tand dieser Welt, sondern dass wir das Leben gewinnen.“
Er wird dich nicht versäumen. Über all den Aufregungen unseres Lebens hier geht er mit in dieses neue Jahr. „Pass du auf uns auf! Du kannst uns aufrütteln, du kannst uns bewahren.“ Herr, schick uns Menschen zur Seite, die uns einen Klaps geben und sagen: „Pass auf, du gehst in die Irre!“ Das brauchen wir. Wir sind schlimmer als die Tiere, die sich von der Herde verlaufen.
„Wollt ihr?“ Aber „ihr wollt nicht“, sagt Gott. Auch das wäre schlimm. Das wäre heute Abend nur so ein emotionales Aufbäumen, und wir würden über allem die Freude, den Sieg, den Frieden und die Geborgenheit verpassen, die uns der Herr für dieses neue Jahr schenken will. Amen.
