Der Auftrag an Johannes
Im Johannesevangelium wird deutlich, dass Johannes der Täufer eine besondere Rolle in Gottes Plan einnimmt. Er wird als der Vorläufer Jesu beschrieben, der dazu berufen ist, den Weg für den Messias vorzubereiten. Johannes ruft die Menschen zur Umkehr auf und tauft sie im Jordan, um ihre Sünden zu vergeben.
Sein Auftrag ist es, Zeugnis von Jesus abzulegen, damit alle durch ihn zum Glauben kommen. Johannes betont immer wieder, dass er selbst nicht der Messias ist, sondern nur derjenige, der auf ihn hinweist. Er sagt: „Ich taufe euch mit Wasser zur Buße, aber der, der nach mir kommt, ist stärker als ich“ (Johannes 1,26-27).
Darüber hinaus erfüllt Johannes eine prophetische Funktion. Er verkündet das Kommen des Reiches Gottes und fordert die Menschen auf, sich darauf vorzubereiten. Sein Dienst ist geprägt von Demut und Gehorsam gegenüber Gottes Willen.
Johannes' Auftrag endet nicht mit seinem eigenen Dienst, sondern setzt sich in der Botschaft Jesu fort. Durch sein Zeugnis macht er deutlich, dass Jesus der verheißene Erlöser ist, der die Menschheit von Sünde und Tod befreien wird. So wird Johannes zum Wegbereiter des Glaubens und zur Brücke zwischen dem Alten und dem Neuen Bund.
Einführung in die Offenbarung und der Auftrag an Johannes
Ich, Johannes, euer Bruder und Mitgenosse in der Bedrängnis sowie im Reich und in der Geduld in Jesus, war auf der Insel Patmos. Dort war ich um des Wortes Gottes und des Zeugnisses von Jesus willen.
Am Tag des Herrn wurde ich vom Geist ergriffen. Hinter mir hörte ich eine große Stimme, die wie eine Posaune klang. Sie sprach: „Was siehst du? Schreibe es in ein Buch und sende es an die sieben Gemeinden: nach Ephesus, Smyrna, Pergamon, Thyatira, Sardes, Philadelphia und Laodizea.“
Ich wandte mich um, um die Stimme zu sehen, die mit mir redete. Als ich mich umdrehte, sah ich sieben goldene Leuchter. Inmitten der Leuchter stand einer, der einem Menschensohn glich. Er trug ein langes Gewand, das bis zu den Füßen reichte, und einen goldenen Gürtel um die Brust.
Sein Haupt und sein Haar waren weiß wie Wolle, wie Schnee. Seine Augen waren wie eine Feuerflamme, und seine Füße glichen glühendem Golderz im Ofen. Seine Stimme klang wie das Rauschen großer Wasser.
In seiner rechten Hand hielt er sieben Sterne. Aus seinem Mund ging ein scharfes, zweischneidiges Schwert hervor. Sein Angesicht leuchtete wie die Sonne in ihrer vollen Kraft.
Als ich ihn sah, fiel ich zu seinen Füßen wie tot. Doch er legte seine rechte Hand auf mich und sprach: „Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war tot, doch siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit. Ich habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.
Schreibe auf, was du gesehen hast, was jetzt ist und was danach geschehen soll.“
Das Geheimnis der sieben Sterne und Leuchter
Das Geheimnis der sieben Sterne, die du gesehen hast in meiner rechten Hand, und der sieben goldenen Leuchter ist dies: Die sieben Sterne sind Engel der sieben Gemeinden, und die sieben Leuchter sind sieben Gemeinden.
Ich möchte heute noch einmal, was ich schon das letzte Mal getan habe, Ihnen grundsätzlich sagen, was eigentlich die Offenbarung beschreiben will. Offenkundig, was in der Mitte steht: Es wird erzählt, wie Johannes die Schönheit, Macht und Herrlichkeit Jesu Christi im Himmel sieht.
Jetzt sehen Sie schon, wie viele, die von der Offenbarung etwas erzählen, das Wesentliche übergehen. Die Daten und Termine stehen ja nur am Rande. Da wird einer Gemeinde, die in der Verfolgung lebt, die gejagt und gehetzt wird und Angst um ihr Leben hat, etwas zugesprochen. Diese Gemeinde weiß nicht, wie der morgige Tag aussieht.
Sie müssen sich vorstellen, wie das ist, wenn sie ihre Kinder nicht mehr schützen können, wenn sie nicht wissen, wann ihr Haus weggenommen wird, wenn sie verjagt werden oder sogar den Löwen vorgeführt werden. Und Johannesa erzählt: Ich sah Jesus, und er ist der Herr, der die ganze Weltgeschichte in seiner Hand hat.
Die Offenbarung als Trostschrift für Verfolgte
Wenn man es nie vergisst, dann hätte diese Bibelstunde Sinn gehabt. Die Offenbarung ist eine Trostschrift für angefochtene Menschen. Sie ist nicht für Besserwisser, Spitzfindige oder Neugierige gedacht, sondern ein Trostbuch für Verfolgte. Für Menschen, die im Arbeitslager leben, ausgequetscht werden und am Rande des Todes stehen.
Johannes erzählt ihnen: Freut euch, Jesus ist Sieger! Niemand kann ihm den Sieg nehmen. Diese Botschaft wiederholt sich immer wieder. Ich habe gesagt, ich werde Sie nicht ermüden, sondern immer wieder darauf hinweisen, dass die Offenbarung von Jesus erzählt. Manchmal geschieht das auch in Bildern, wie vom Lamm. Damit ist der Opfertod Jesu am Kreuz gemeint. Der Gekreuzigte steht da in Herrlichkeit. Alles andere tritt demgegenüber zurück.
Man muss die Offenbarung im Zusammenhang lesen. Ich freue mich, dass Sie heute Abend hier sind und das noch einmal mitbekommen. Beim letzten Mal war es auch auffallend, wie ich Ihnen erklärt habe, wie man selig wird, wenn man diese Worte bewahrt. Ach, ich kann es nicht oft genug wiederholen: Jesus ist der Herr über die Könige auf Erden. Es wird sogar gesagt, was sind die Kaiser in Rom? Jesus ist größer.
Das wird in der Offenbarung so groß herausgestellt. Da verstehen Sie, dass Gott Johannes das zuerst zeigen musste. Ein Mensch kann das gar nicht aus eigener Kraft denken. Es ist so jenseits von jeder Erfahrung und allem, was man sonst in dieser Welt entdecken kann.
Johannes als Mitgenosse in Bedrängnis, Reich und Geduld
Jetzt fangen wir aber an mit Vers 9: „Ich, Johannes“ – so beginnt er seine Beschreibung. Er ist derjenige, der diese Botschaft empfangen hat und sie weitergibt. Mir gefällt, dass Johannes keine Umschreibung wählt. Er sagt einfach „Ich, Johannes“, ohne Titel, ohne feierliche Anrede oder Ähnliches. Das braucht es gar nicht.
Wir sollten ganz unkompliziert sein mit unserer Person, unserem Namen. Johannes gibt sich selbst nur den Namen „euer Bruder“. Ich schätze diesen Namen und halte ihn für wertvoll. Es ist wichtig, dass wir uns auch so anreden – als Brüder und Schwestern im Glauben. Das sind keine leeren Formeln, sondern tief erfüllte Aussagen. Wir sind in Jesus Christus verwandt, und es gibt eine Liebesbeziehung und Verbundenheit, die durch Jesus gestiftet wird und alle einschließt, die an ihn glauben.
Natürlich haben wir auch eine Liebe zu anderen Menschen, aber es ist etwas ganz Besonderes, wenn man mit Menschen zusammenkommt, die mit einem beten können und die den Glauben stärken.
Mitgenosse an der Bedrängnis – Johannes betont immer wieder, wie groß die Not ist, der Druck, der auf einem lastet. Das steht hier drin. „Trübsal“ steht bei ihnen, aber Trübsal meint eigentlich mehr das persönliche Empfinden. Es ist dieser Druck, als läge ein schwerer Stein auf einem. Das ist Bedrängnis, das ist Trübsal.
Johannes sagt: „Ich bin doch euer Bruder und Mitgenosse an der Trübsal.“ Er steckt mit euch im Dreck drin und kann mitfühlen. Das ist der schönste Trost, den man anderen geben kann: zu erzählen, wie es einem selbst ergangen ist. Wenn jemand sagt: „Ich war auch krank, ich weiß, wie es ist“, oder „Ich war schon verzweifelt“, oder „Ich habe Dunkelheit und Depression durchlitten“, hilft das anderen sehr. Es ist tröstlich, wenn man sagt: „Ich kann mitfühlen mit dir.“
Johannes sagt, er ist ein Mitgenosse an der Bedrängnis. Er war ja selbst verbannt – er, der Apostel, der Jünger Jesu. Später kommt er noch einmal auf die Mittelmeerinsel Patmos zurück, eine kleine, sehr steinige und felsige Insel, die offenbar trostlos war. Dort hat er wahrscheinlich einen schweren Zwangsurlaub in einem Lager erlitten. Das war hart, denn die Gefangenen wurden damals sehr schlecht behandelt. Und gerade dort wurde ihm das Geschenk zuteil, diese Schau zu empfangen.
Er sagt nicht nur, dass er ein Mitgenosse im Leiden ist, sondern auch am Reich Gottes. Er hat Anteil daran, dass Jesus trotz allem Elend seine Gegenwart so unzweideutig demonstriert. Sein Geheimnis ist, dass man die Gegenwart Jesu spürbar erfahren kann.
Ich habe heute Abend mit Ihnen ein Lied vom Frühling gesungen, das Matthias Claudius so schön gedichtet hat, von den Künsten, vom Brot und vom Wachsen der Früchte. Dabei erfahren wir die Hand Gottes. Wir sind froh, dass es nicht nur einen Gott gibt, der irgendwo in der ewigen Welt ist, sondern der auch hier in dieser Welt unsichtbar sein Reich baut.
Das kann man erleben und erfahren – auch in schweren Verfolgungszeiten oder in Krankheit. Ich kann am Reich Gottes teilhaben. Hier ist Christus da. Er wirkt, und ich darf seine spürbaren Gaben entdecken, mich daran freuen und mich in seine Gegenwart hüllen.
Das ist auch der Grund, warum wir wieder mehr davon ausgehen sollten, dass das Reich Gottes angebrochen ist. Ich kann es zwar nicht sehen – davor möchte ich warnen. Man kann nicht sagen, das Reich Gottes sei in einem Haus oder so. Und doch kann man es immer wieder erleben, wie das Reich Gottes da ist und wie man es spürbar entdecken kann – bis hinein in den Leib.
Wie Gottes heilende Kräfte unser Leben berühren, wie er uns Durchhilfe schenkt, wie er wirkt, auch wenn uns schwierige Menschen im Weg stehen. Wir beten, und Gott kann diese Menschen lenken und verändern.
Ich erfahre das so wie Johannes: Auch im Leiden, auf dem schweren Weg, wo es aussieht, als wäre Gott gewichen, sagt er: „Hier ist Gottes Reich.“ Auch in meinem Zwangsarbeitslager habe ich Anteil an den Gaben Jesu.
Er hat auch Anteil an der Geduld in Jesus. Es ist immer wieder eine Frage: Was sind die größten Gaben? Paulus hat ja auch groß von der Gabe der Geduld gesprochen. Davon habe ich selbst sehr wenig, aber ich darf darum beten.
Geduld gehört zu den großen Gnadengaben Gottes. Sie ist eine Frucht des Geistes. Wenn man alle Früchte aufzählt – Friede, Freude, Liebe, Geduld, Freundlichkeit – gehört alles dazu. Es ist schlimm, wenn man nur eine Gabe herausgreift, denn was Gott gibt, ist seine Wahl.
Jedenfalls ist Geduld eine ganz wichtige Sache, die nötig ist, wenn wir nicht schuldig werden wollen. Geduld in Jesus. Johannes fiel es auch nicht leicht, diese schwere Zeit auszuhalten. Er war geduldig in Jesus. Er wusste: Das ist jetzt von dir geschickt, und das will ich akzeptieren.
Er hat gebetet: „Herr, lass mich wieder frei sein, ich will zurück zu den Gemeinden.“ Und dann musste er geduldig sein in Jesus, ausharren und warten. Er trägt das alles um des Wortes Gottes willen und um des Zeugnisses von Jesus.
Das spielt auch bei uns eine große Rolle, wenn wir derer gedenken, die um Jesu willen verfolgt sind. Wir können ja auch verfolgt werden, weil wir uns für politische Gruppen oder Ziele einsetzen. Aber wir unterscheiden immer wieder jene, die allein darum verfolgt werden, weil sie von Jesus gepredigt haben.
Das ist immer wieder eindrücklich, wenn in der Sowjetunion Prediger oder auch normale Christen verhaftet werden und zu drei Jahren Straflager verurteilt werden. Man kann eine ganze Reihe von Namenslisten sehen, weil sie Kindern biblische Geschichten von Jesus erzählt haben.
In der Sowjetunion ist es streng verboten, dass Kinder unter 18 Jahren außerhalb des Elternhauses religiöse Betreuung bekommen. Im Elternhaus kann man sie kontrollieren, aber die Sonntagsschule für Kinder ist verboten. Dafür gibt es immer wieder mehrjährige Straflager.
Das sind die Menschen, die um des Zeugnisses von Jesus willen leiden. Das versteht man oft gar nicht, dass es so etwas heute noch gibt – allein deswegen, weil das nicht ertragen wird.
Was ärgert die Verfolger so? Es ärgert sie, dass in der Sonntagsschule Kindern von der Erlösung durch Jesus erzählt wird. Was braucht ein Sowjetmensch Erlösung? Er schafft doch die neue Welt durch seine Körperkraft, seine Leistung, seinen Erfolg und sein Gesellschaftssystem.
Nein, der Mensch braucht vor Gott Erlösung und Versöhnung. Das war schon damals im Römischen Reich das Wort, das Feindschaft hervorrief.
Die Wirkung des Zeugnisses von Jesus und die Rolle des Heiligen Geistes
Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass Sie bei Gesprächen mit Ungläubigen immer wieder Ähnliches erleben. Sie können noch interessante Gespräche über religiöse Themen führen. Selbst über das Gebet finden Sie vielleicht gute Themen und erhalten spannende Diskussionen.
Doch die Feindschaft beginnt, wenn Sie sagen, dass man Jesus braucht, der für uns gestorben ist. Genau hier fängt der Glaube an. Bringen Sie es auf den Punkt, und Sie werden erleben, wie plötzlich Feindschaft ausbricht. Gehen Sie dennoch ruhig weiter, denn gerade bei unserer Verkündigung ist es wichtig, immer wieder den Punkt zu finden, der unser Leben wirklich befreit.
Wir können anders nie aus den Fängen des Teufels herauskommen als durch den Sieg Jesu. Indem wir unter dem Kreuz unsere Schuld bekennen und Vergebung empfangen, werden wir befreit. Dieses Zeugnis von Jesus weckt viel Feindschaft.
In der großen Einsamkeit und Stille von Patmos hat Johannes diese große Schau erhalten. Wir müssen das noch einmal erklären: In der Bibel steht viel über Menschen, die nicht Gottes Wunder erlebt haben, sondern erfahren mussten, wie Gott scheinbar schweigt. So war es bei Johannes. Die Gefangenschaft und das schwere Leiden wurden ihm nicht genommen, aber mitten im Leiden erhielt er die Schau auf die Herrlichkeit Jesu.
Das ist es, was uns verheißen ist. Wir dürfen auch Wunder erleben, aber gerade mitten im Leiden dürfen wir nicht stehen bleiben. Stattdessen bitten wir: Herr, lass mich wenigstens deine Herrlichkeit sehen. Johannes sagt: „Ich wurde vom Geist ergriffen am Tag des Herrn.“ So kann uns der Geist Gottes diesen Blick schenken.
Jetzt stellt sich die Frage: Ja, das sind Visionen, ja, das kann uns Gottes Geist zeigen. Aber wir wollen nicht sehen, was uns das Wort Gottes nicht zeigt. Daher ist es uns immer wieder wichtig, dass wir bitten: Herr, zeige uns das, was in deinem Wort steht, damit wir es verstehen können.
Wie wunderbar ist es, wenn man plötzlich durch den Geist im Glauben versteht: Jesus starb für mich, er hat mich erlöst. Wenn man begreift, dass er den Tod überwunden hat und man selbst mit Zuversicht auf den eigenen Sarg blicken darf. Wenn uns der Geist Gottes das zeigt – „Ich wurde vom Geist ergriffen“ –, dann ist das vom Heiligen Geist immer so, dass er uns einen Blick geben muss.
Ich habe mich gefreut, dass am Sonntag sogar manches von der Botschaft angekommen ist. Das kann man nicht selbst machen, das muss der Geist Gottes tun, damit bei Menschen ein „Groschen fällt“. Ganz einfache Beispiele: Wenn der Geist ergreift, verstehen Menschen plötzlich etwas, sie erkennen etwas.
Darum wollen wir bitten. Der Heilige Geist ist nicht in unserer Verfügung. Ich wehre mich auch gegen alle Gruppen, die Ihnen vormachen, sie hätten den Geist in ihren Händen und könnten ihn manipulieren. Der Geist wird vom Herrn selbst gegeben, darum kann man nur bitten.
Seine Souveränität und Verfügungsgewalt sind immer wieder schwer zu verstehen, besonders wenn Gott seiner Gemeinde den Geist wegnimmt. Dann nützt es auch nichts, wenn man die Pfarrer „geistlich“ nennt. Wenn der Geist weg ist, hilft das nichts mehr.
Darum beten wir: Herr, gib uns wieder deinen Geist, der durch dein Wort in unseren Kirchen, Versammlungen und Bibelstunden wirkt. Damit wir nicht geistlose Menschen werden, sondern deinen Heiligen Geist haben.
Der Tag des Herrn und die Bedeutung der Posaunenstimme
Schön ist es auch, dass Johannes am Tag des Herrn vom Geist ergriffen wurde. Der Tag des Herrn wurde ja in der frühen Christenheit bereits gefeiert. Die ersten Christen feierten also nicht den Sabbat, sondern den Sonntag. Dies geschah ganz bewusst, um sich von der Gesetzesordnung des Judentums abzugrenzen.
Die ersten Christen durchbrachen bewusst die Sabbatordnung. Da diese im Judentum sehr streng gehandhabt wurde, änderten sie sie in Treue zu Jesus und dem, was Jesus zum Sabbat gemacht hat. Das, was wir zu den Adventisten sagen wollen, sehen wir auch in der Tradition des ersten Christentums und hier schon in der Bibel.
An dem Tag des Herrn kamen die Christen auch zu den Versammlungen zusammen. Für Johannes war es schwer, am Tag des Herrn auf Patmos zu sein. Er war dort allein in der Verfolgung. Während sich irgendwo die Gemeinden versammelten, war er nicht bei ihnen. Sein Sehnen ging zu ihnen. In diesem Augenblick gab der Geist ihm den Blick in die Herrlichkeit.
Wenn wir im Gottesdienst für die beten, die nicht unter uns sein können, weil sie krank sind, ist es schön, wenn der Herr ihnen am Sonntag einen Segen schenkt. Für treue Gemeindeglieder, die nicht da sein können, ist das manchmal schwer.
„Am Tag des Herrn wurde ich ergriffen“ – mir gefällt dieser kleine Nebensatz. Beim Bibellesen bleibt man immer wieder an solchen Stellen hängen. In der Erklärungsbibel hat Fritz Grünzweig dies beschrieben. Die Lutherbibel erklärt es ebenfalls gut. Sie kennen diese gute Sache, die es in kleinen und großen Ausgaben mit ausgezeichneten Erklärungen von Fritz Grünzweig gibt.
Dort steht auch wahrscheinlich etwas zum Tag des Herrn. Ich glaube, es heißt: „Ich hörte hinter mir eine große Stimme wie von einer Posaune.“ Manchmal kommt das Gotteswort zu uns nicht nur in Tönen, sondern als ein durchdringendes Erlebnis.
Es wäre merkwürdig, wenn man da sitzen und ein Wort hören würde, das man nicht mehr unterdrücken kann. Doch manchmal schläft man ein und denkt während der ganzen Bibelstunde oder Predigt an etwas anderes. Man schaut nur noch, wie die Mücken am Fenster herumhüpfen oder was die Kerzen auf dem Altar machen.
Es gibt viele schöne Beobachtungen, die man während der Predigt machen kann. Aber es gibt auch Momente, in denen uns plötzlich eine Stimme wie eine Posaune trifft. Nicht, weil jemand vorne besonders laut schreit, sondern weil das Wort in die Tiefe geht, bis ins Gewissen.
Es ist ein Wort, das uns aufwühlt, das uns Schuld vor Augen stellt und uns erkennen lässt, was wir tun müssen. Eine Stimme wie eine Posaune durchdringt bis ins Innerste. Da trifft uns ein Wort Jesu.
Wenn Sie so etwas hören, denken Sie an Johannes. Wenn das Wort bei Ihnen eine solche Wirkung hat, wissen Sie, dass der Herr Ihnen etwas Besonderes gesagt hat. Jetzt müssen Sie aber aufpassen, dass Sie dieses Wort nicht einfach als eine Berufung missverstehen. Manche sagen: „Der Herr hat mir etwas gesagt, und jetzt nehme ich das als Berufung.“ Dabei bin ich immer noch ein bisschen skeptisch.
Unterhalten Sie sich ruhig mit einigen Christen, die Ihnen Hilfe geben können. Hören Sie einfach das Wort, das Gott Ihnen besonders dringlich und wichtig macht, als Zuspruch Gottes. Es kann passieren, dass man plötzlich irgendwo in einem Aushang ein Bibelwort findet, oder dass einem jemand im Wartezimmer beim Zahnarzt ein Wort sagt.
Es ist doch schön, wenn einen ein Wort wie eine Posaune trifft – laut und plötzlich. Es ist ein Losungswort. Lassen Sie es nicht wieder verklingen, sondern lassen Sie dieses Wort besonders wirken. Denn das sind Gaben, die Jesus schenkt.
Die sieben Gemeinden und die Symbolik der goldenen Leuchter
Und das, was Johannes hier sieht, soll er in ein Buch schreiben und an die sieben Gemeinden senden. Wir sagten letztes Mal, die sieben Gemeinden stehen für die Gesamtzahl der christlichen Gemeinden. Sie sind nur herausgegriffen als Typen für die damaligen Gemeinden. Es gab viel mehr Gemeinden, auch in Kleinasien.
Ich wandte mich um, um die Stimme zu sehen – so erzählt Johannes in seiner Offenbarung. Sie dürfen bei jedem Satz stehen bleiben, denn alles ist bei ihm bedeutungsvoll geschrieben, auch in seinem Evangelium. Er hat es immer geliebt, selbst in kleine Nebensächlichkeiten einen tiefen Sinn hineinzulegen.
Dieses Umwenden ist ein Abwenden von dem Jammer, in dem er lebt. „Ich wendete mich um und dann sah ich den Herrn.“ Vorher hat er hinuntergestarrt in sein Elend. Dann wendet er sich um – darum erzählt er das. Es war für ihn ein Glaubensschritt. Er ließ das andere hinter sich und wollte sich nur umsehen: Wer ist da?
Jetzt legen Sie nicht zu viel Wert auf das Außergewöhnliche, dass Gott ja mit Johannes nicht so reden konnte, wie Gott mit uns durch das Buch redet. Er musste ja unmittelbar reden. Wir haben es viel leichter, denn wir können es in der Bibel verfolgen. Johannes wusste ja gar nicht, was diese Stimme ist. Ich halte das für viel komplizierter. Er sagt ja, das könnte ja eine Täuschung sein oder irgendeiner, der ihn narrt. Er war noch gar nicht klar, was diese Posaunenstimme bedeutet.
Dann sah er die sieben goldenen Leuchter. Diese Bilder der Offenbarung werden hier immer wieder beschrieben. Albrecht Dürer hat die schönen Leuchterbilder gemalt. Von der Offenbarung hat er manche schönen Bilder geschaffen. Diese Begriffe sind tief symbolisch gefüllt, und dafür braucht man eine Erklärungsbibel oder eine gute Erläuterung. Deshalb empfehle ich Ihnen, sich eine solche Bibel, etwa die Thomson Studienbibel, zuzulegen. Das möchte ich Ihnen Mut machen. Dann haben Sie etwas, das Sie in Ruhe ansehen können, zum Beispiel am Büchertisch.
So haben Sie einen großen Gewinn für Ihre eigene Bibellese, denn die Erklärungen können Sie ja nicht von selbst wissen, die muss man sich holen.
Der Leuchter – was sind die sieben goldenen Leuchter? In der Offenbarung sind sie immer ein Bild für die sieben Gemeinden. Warum? Weil es in der Bibel ein alter Brauch ist, dass die Gemeinden in der Nacht der Welt stehen und Licht geben sollen. Denken Sie an das Licht, das in die dunkle Nacht hineinleuchtet. Salz und Licht sollen wir sein.
Dieses Bild vom Licht in der dunklen Nacht wird hier noch einmal aufgegriffen. Damit wird verdeutlicht, was wir als Christengemeinde – wie beispielsweise die Gemeinde Ludwig Hofacker – sein sollten: Wir sollten Licht in das dunkle Stuttgart hineintragen. Und allein von deinem Brennen nehme unser Licht den Schein, damit die Welt erkennt, dass wir deine Jünger sind. Wir sollen die Herrlichkeit Jesu in die Welt hineinleuchten lassen.
Dazu wollen wir erzählen und etwas davon weitergeben, wie ein Licht in die dunkle Welt hineinscheint. Es wird behauptet, die Welt habe in sich kein Licht, so sehr sie auch ihr eigenes Licht leuchten lässt. Da ist nichts, weil sie die Geheimnisse nicht verstehen kann. Wir sollen leuchten, wie dieser Leuchter in die dunkle Welt hineinleuchtet.
„Ich sah sieben goldene Leuchter“ – das ist ein schönes Bild. Und es ist auch wichtig, dass diese Leuchter ihr Licht von dem nehmen, der in der Mitte ist. Dieser Leuchter ist die Gemeinde. Sie hat ihre Leuchtkraft davon, dass Jesus der Herr in ihrer Mitte ist.
Es gibt ja viele Versuche, das Gemeindeleben zum Leuchten zu bringen. Da wird gesagt, wir müssen doch vor der Welt etwas darstellen. Wie machen wir das? Wir müssen unsere Imagepflege betreiben. Aber die Gemeinde kann alles Mögliche probieren. Wenn sie sich in der Zeitung mit tollen Darstellungen vorstellt, was Christen alles für tolle Leute sind, macht das auf die Welt keinen Eindruck.
Die Gemeinde kann nur durch Jesus Christus Licht hineingeben. Ich bin immer wieder tief beeindruckt, wenn ich erlebe, wie plötzlich in dem verzweifelten Denken von Menschen heute Jesus leuchtet. Es ist für uns immer noch das Größte, was wir an den Gräbern tun dürfen.
Die Welt hat keine Hoffnung, aber der Sinnlosigkeit der Welt können wir etwas entgegensetzen: Das, was wir der Welt mitteilen können, ist Jesus Christus. In der Gemeinde kann viel Gutes geschehen, und es ist schön, was da in Gruppen und Kreisen gemacht wird. Aber letztlich kommt die Leuchtkraft nur von Christus.
Je mehr wir Christus der Welt zeigen und ihm Raum geben, umso mehr können Menschen in unseren Gottesdiensten finden. Neulich hat ein Mann, der in der Industrie hier arbeitet und den ich noch gar nicht kannte, mich angerufen und gesagt: „Ich komme so gern in Ihren Gottesdienst. Das Ambiente gefällt mir sehr.“ Ich musste erst nachfragen, was er meinte. Er sagte, das sei so ein Modewort, das heißt das Drumherum.
„Ah, das sind Sie, die netten Leute, die so lieb auf einen zugehen. Machen Sie das immer wieder.“ Natürlich ist das Schöne daran, dass Menschen Jesus begegnen. Das wollen wir recht tun. Wir wollen uns anstrengen, freundlich zu wirken und nicht abstoßend.
Aber das Große ist, dass Menschen Jesus begegnen. Das ist die Offenbarung des Mittelpunkts, auch in unserem biblischen Verständnis: Menschen finden Jesus, sehen ihn. Dann kommen all die schönen Worte: Wer auf ihn sieht, wird erquickt, und sein Angesicht wird nicht zuschanden.
Sie sahen niemanden als Jesus allein. Das soll in unseren Gottesdiensten geschehen.
Die Erscheinung Jesu und seine Bedeutung für die Gemeinde
So erging es Johannes: Er sieht die Leuchter, und hinter dieser Symbolik steht etwas Bedeutendes. Es sind die Leuchter der Gemeinde, die in die Welt hineinleuchten. Doch in der Mitte steht dieser unvergleichliche Christus.
Nun wird er beschrieben: Er trägt ein langes Gewand, gegürtet um die Brust, mit einem goldenen Gürtel. Diese Worte können kaum ausdrücken, wie schön das alles ist. Dass weiße Haare schön sind, ist wichtig zu verstehen. Man darf dabei nicht an graue Haare denken, sondern an weiße Haare, weiß wie Wolle. Johannes beschreibt das nur andeutungsweise, denn er kann die Schönheit Jesu gar nicht vollständig schildern. Seine Augen sind wie Feuerflammen, die durchdringen. Johannes ist vom Blick Jesu tief getroffen. Wenn wir vor Jesus stehen, erkennen wir zugleich uns selbst als Menschen, die durchschaut werden.
Jesus hält die sieben Sterne in seiner Hand – das sind wieder die sieben Gemeinden. Die Gemeinde wird von Jesus gehalten und geführt. Aus seinem Mund geht ein scharfes, zweischneidiges Schwert hervor. Das ist ein altes biblisches Bild. Sie merken das, wenn Sie Ihre Konkordanz benutzen – ein Nachschlagewerk, das zu einem richtigen Bibelleser gehört. Eine Konkordanz brauchen Sie, und eine Erklärungsbibel ist ebenfalls sehr hilfreich. Das sind die zwei Hauptmittel, mit denen Sie sehr weit kommen.
Wenn man in der Konkordanz nach dem zweischneidigen Schwert sucht, findet man es schon in Offenbarung 1,16: „Er hat mir ein scharfes zweischneidiges Schwert gegeben.“ Das bedeutet, dass das Wort so trifft, dass es ins Gewissen fährt. Im Hebräerbrief Kapitel 4 wird es noch einmal erwähnt: Das Wort geht durch bis zum Scheiden von Mark und Bein. Es ist das Wort, das uns tief trifft. Das sind die Wirkungen Jesu.
Hier wird erneut gezeigt, was dieser erhöhte Jesus Christus in seiner Gemeinde wirken will: Er will sie durchschauen und ihnen bewusst machen, was an ihnen unrecht ist, damit sie sich durchschaut fühlen. Außerdem will er sein Wort an ihnen wirken lassen, das ihr Gewissen durchdringt.
Sein Angesicht leuchtete, wie die Sonne scheint in ihrer Pracht. Auch hier erinnert man sich an ein Bibelwort aus Richter 5, wo Deborah sagt: „Die ihn liebhaben, müssen sein wie die Sonne, die aufgeht in ihrer Pracht.“ Das wird von denen gesagt, die Gott lieben. Dieser Strahlglanz geht von Jesus aus. Das darf auch auf unser Leben übergehen. Diejenigen, die auf Jesus blicken, sind voller Freude, weil sie ihn vor Augen haben.
Das Ganze kommt aus dem Mund von Johannes, der geschlagen, verfolgt, bedrückt und belastet ist, aber den Blick auf Jesus hat. Das ist so wichtig, denn all die irdische Mühsal und alles Leid werden dadurch gegenstandslos. Die Offenbarung will uns dieses Geheimnis aufschließen und uns den Weg zeigen.
Zum Schluss sagt Jesus: „Ich bin das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte.“ Johannes, schau auf! Christen sind auch im Leid reiche Leute. Auch wenn sie nicht gesund werden oder keine Wunder erleben, sind sie reich, weil der Geist ihnen den Blick auf Jesus öffnet. Das ist eine Wirkung des Geistes.
Ich wehre mich dagegen, wenn heute und in den kommenden Jahren viel Verwirrung entsteht und Christen so dargestellt werden, als ob die einzige Wirkung des Geistes darin bestünde, dass er uns gesund macht. Nach der Schrift ist das nicht so. Eine der wesentlichen Wirkungen des Geistes ist, dass er uns das Wort verständlich macht, dass er uns Christus sehen lässt, damit wir ihn im Wort begreifen können.
Dort ist Jesus wirklich der erhöhte Herr. Und ich sehe meine kleinen irdischen Probleme als so winzig an, dass sie mich nicht mehr belasten.
Die Reaktion Johannes’ auf die Erscheinung und die Ermutigung Jesu
Und als ich ihn sah, fiel ich zu seinen Füßen wie tot. Das ist interessant. Wir erschrecken mit Recht vor der Majestät Jesu, und es gehört zu diesen Augenblicken, wenn Gott mit uns redet, dass wir uns sehen, wie kleine Leute wir sind.
Da ist nicht mehr dieses Rumkritisieren am Wort Gottes, sondern da erschrickt man über die Majestät Gottes. Der, der am Boden liegt, wird von dem erhöhten Herrn berufen. Er legte seine rechte Hand auf mich und sagte: „Komm!“ Zuerst wird er getröstet: „Fürchte dich nicht!“ Dann wird er ermutigt: „Ich bin der Erste und der Letzte. Blick auf, du hast nicht zu treiben, ich bring’s doch zu Ende.“
Das ist ja das Schöne, wenn der Herr mit uns redet: Er sagt, du bist doch nicht der Macher, ich mach’s. Ich bin der Erste und der Letzte. Ich kann doch auch mein Leben nicht bewältigen, aber er wird es für mich bewältigen.
Und dann kommt der Befehl: „Schreibe, was du gesehen hast“ (Vers 19). So nimmt unser Herr Menschen in seinen Dienst – Leute, die wissen, dass sie selber gar nichts mehr zu bieten haben. „Nichts habe ich zu bringen, alles, Herr, bist du.“ Leute, die an sich selber verzagen und verzweifeln, die kann er in den Dienst nehmen.
„Fürchte dich nicht, ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige“, der heute wirkt auch durch solche schwachen Leute wie Johannes in seiner schweren Gefangenenzeit. „Ich war tot und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit.“ Das Wissen davon, dass Jesus die Todesmacht durchbrochen hat, macht uns zuversichtlich und fröhlich. So beruft der Herr in seinen Dienst.
Und damit hatte Johannes gleichzeitig diese Gemeinden, die in der Verfolgung doch voller Angst waren, aufgerüttelt und gesagt: „Was ist denn, was kommen neue Gesetze vom römischen Kaiser? Komm, keine Angst, Jesus, der Erste und der Letzte und der Lebendige.“
Und was ist das in unserer Zeit, wenn wir wieder Christen sind, die nicht dauernd von den Ängsten der Menschen reden? Es darf bei Ihnen nicht das Thema sein, was alle Welt redet – ob Aidsangst und Atomangst und allerlei anderes. Sonst habe ich keine Angst vorm Sterben. Ich weiß, Jesus wartet auf mich. Boah, da gucken die Leute.
Kann doch sein, dass Sie auch irgendwo in der Bluttransfusion etwas abgekommen haben. Aber wissen Sie, dass der Herr lebt? Der hat mein Leben in der Hand, und ich weiß, dass ich zu ihm gehe.
„Schreibe, was du gesehen hast und was ist und was geschehen soll.“ Das Geheimnis: Er soll das mitteilen der Gemeinde und sie stärken und aufrichten. Noch einmal: Die ganzen Kapitel der Offenbarung wollen die Gemeinde trösten, wollen die Gemeinde mutig machen, wollen sie zum Blick auf den erhöhten, sieghaften Jesus stärken und aufrichten.