Einführung: Das Bild vom Herrn Jesus verstehen lernen
Wer weiß von euch, was ein Anaglyphenbild ist? Ein Anaglyphenbild und was man dafür braucht, um sich solch ein Bild anzuschauen.
Ich zeige euch jetzt ein sogenanntes Anaglyphenbild. Könnt ihr etwas erkennen? Ein 3D-Bild, richtig. Man nennt das allgemein ein 3D-Bild. Und was braucht man dafür? Man braucht eine Brille. Also so eine Brille, oder? Am liebsten hätte ich jetzt für euch alle so eine Brille besorgt, aber das war nicht schnell genug möglich.
Wie bin ich darauf gekommen, euch das zu zeigen? Wir haben uns in der vergangenen Zeit mehrfach damit beschäftigt, was die Lehre der Apostel ist. Wir haben uns damit beschäftigt, was die Apostel, was die Bibel über Gott sagt, über Gott als den Vater. Und heute wollen wir uns etwas damit beschäftigen, was die Bibel über den Herrn Jesus sagt.
Vielleicht denkst du jetzt: Das weiß ich ja alles. Ich hoffe es zumindest. Aber vielleicht wird dir heute noch einmal etwas bewusst, weil wir oft ein Bild von Jesus haben, das irgendwo vorgeprägt ist – durch Geschichten, durch Lieder. Manchmal stelle ich fest, dass wir oft mehr geprägt sind von dem, was wir irgendwo gelesen haben, aber nicht direkt in der Bibel.
Wir wollen uns damit beschäftigen: Was sagt die Bibel über Jesus? Viele Aussagen in der Bibel sind wie so ein Anaglyphenbild, ein 3D-Bild. Wenn man keine Brille hat, sieht das sehr verschwommen aus. Man hat keinen klaren Durchblick und muss rätseln, was da überhaupt zu sehen ist.
Setzt man dann so eine Brille auf, wird das Bild auf einmal plastisch. Man kann sogar erkennen, was vorne und was hinten ist. Und manchmal geht mir das auch so: Wir lesen in der Bibel und bekommen manche Dinge nicht übereinander. Wir fragen uns, was die Bibel denn jetzt wirklich meint.
Nun könnte man sagen, dass der Heilige Geist so etwas ist wie diese 3D-Brille, damit wir das alles richtig einordnen können.
Die Herausforderung: Wer ist Jesus wirklich?
Im Laufe der Kirchengeschichte gab es viele Meinungen, zahlreiche Dispute und Auseinandersetzungen. Diese reichen bis heute in christliche Kreise hinein. Dabei wird immer wieder die Frage gestellt: Wer ist der Herr Jesus wirklich? Was sagt die Bibel wirklich über den Sohn Gottes?
Wir haben eben in dem Lied 727 gesungen: „Als wahrer Gott und Mensch warst du hier!“ Die Frage ist: Ist der Herr Jesus wirklich wahrer Mensch oder wirklich wahrer Gott? Wie passen diese beiden Aussagen zusammen?
Wir merken, dass das tatsächlich wie ein Anaglyphenbild ist – zwei Aussagen, die eigentlich völlig konträr erscheinen. Vielleicht geht es dir ähnlich wie mir, wenn du manchmal die Bibel liest und denkst: „Na ja, es ist doch klar, der Herr Jesus ist Gott, also weiß er alles.“
Auf der anderen Seite gibt es Stellen, die deutlich machen, dass der Herr Jesus sich so benommen hat wie du und ich. Wir wollen uns einige dieser Stellen ansehen. Das sind nur Beispiele.
So könnte man zum Beispiel die Begebenheit erwähnen, in der der Herr Jesus in der Volksmenge ist. Eine Frau schleicht sich von hinten heran, fasst sein Kleid an und wird gesund. Jesus dreht sich um und fragt: „Wer hat mich angefasst?“
Da denkt man: „Hey, Herr Jesus, du bist doch Gott, du weißt doch, wer dich berührt hat!“ Und Petrus sagt: „Herr Jesus, hier ist viel Gedränge.“
Was ist der Herr Jesus nun – ist er Gott oder ist er Mensch?
Beispiel 1: Die Auferweckung des Lazarus (Johannes 11,17-44)
Wir schlagen miteinander auf Johannes 11 auf und lesen die Verse 17 bis 44. Es ist eine Begebenheit, bei der man ins Rätseln kommen kann: Ist der Herr Jesus nun Mensch oder ist er Gott?
Als Jesus kam, fand er Lazarus schon vier Tage in der Gruft liegen. Betanien aber war nahe bei Jerusalem, etwa fünfzehn Stadien entfernt. Viele von den Juden waren zu Martha und Maria gekommen, um sie über ihren Bruder zu trösten.
Martha nun, als sie hörte, dass Jesus komme, ging ihm entgegen, Maria aber saß im Haus. Dann unterhält sich der Herr Jesus zuerst mit Martha und danach mit Maria. Anschließend gehen sie zusammen zu dem Grab.
In Vers 33 heißt es: Als Jesus sie weinen sah und die Juden, die mit ihr gekommen waren, ebenfalls weinten, ergrimmte er im Geist und wurde erschüttert. Er sprach: „Wo habt ihr ihn hingelegt?“ Sie antworteten ihm: „Herr, komm und sieh.“ Jesus weinte.
Die Juden sagten daraufhin: „Siehe, wie lieb hat er ihn gehabt.“ Einige aber fragten: „Konnte dieser, der die Augen des Blinden öffnete, nicht machen, dass auch dieser nicht gestorben wäre?“
Jesus, nun wieder innerlich erzürnt, kommt zur Gruft. Es war eine Höhle, und ein Stein lag davor. Jesus spricht: „Nehmt den Stein weg.“ Die Schwester des Verstorbenen, Martha, sagt zu ihm: „Herr, er riecht schon, denn er ist vier Tage hier.“
Jesus antwortet ihr: „Habe ich dir nicht gesagt: Wenn du glaubtest, so würdest du die Herrlichkeit Gottes sehen?“ Sie nahm nun den Stein weg.
Jesus hob die Augen empor und sprach: „Vater, ich danke dir, dass du mich erhört hast. Ich wusste aber, dass du mich allezeit erhörst. Doch um der Volksmenge willen, die umhersteht, habe ich es gesagt, damit sie glauben, dass du mich gesandt hast.“
Als er dies gesagt hatte, rief er mit lauter Stimme: „Lazarus, komm heraus!“ Und der Verstorbene kam heraus, an Füßen und Händen mit Grabtüchern umwickelt, und sein Gesicht war mit einem Schweißtuch umbunden.
Jesus spricht zu ihnen: „Macht ihn frei und lasst ihn gehen.“
Das ist eine eigentümliche Geschichte, nicht wahr? Auf der einen Seite sehen wir den Herrn Jesus, der fragt: „Wo habt ihr ihn hingelegt?“ Da könnte man sagen: Wenn du Gott bist, dann weißt du das doch, oder?
Dann gehen sie hin, und Jesus fängt an zu weinen. Man könnte fragen: Herr Jesus, wenn du Gott bist, dann weißt du doch, dass du ihn gleich auferwecken wirst. Weshalb weinst du denn?
Doch auf der anderen Seite zeigt sich eine andere Seite. Merken wir etwas? In einer Geschichte gibt es zwei Aussagen, die völlig konträr sind. Jesus weint – er wirkt wie ein Mensch, wie du und ich. Vielleicht kennst du das auch, wenn einer deiner Lieben gestorben ist, und man sagt: Es war unser Freund.
Auf der anderen Seite aber spricht Jesus das Machtwort: „Lazarus, komm heraus!“ Ein Ausleger hat einmal gesagt: Wenn der Herr Jesus hier nicht gesagt hätte „Lazarus, komm heraus!“, sondern nur „Komm heraus!“, dann wären alle Menschen, die gestorben sind, auferstanden.
Hier merken wir: Hier ist er wirklich Gott. Nur Gott kann Tote auferwecken.
Beispiel 2: Jesus stillt den Sturm (Markus 4,35-41)
Schauen wir uns eine andere Begebenheit an und schlagen Markus 4 auf. Wie gesagt, wir könnten uns viele Situationen anschauen, in denen wir immer diese beiden Dinge sehen.
Markus 4,35-41:
An jenem Tag sagte er zu ihnen: „Als es Abend geworden war, lasst uns zum jenseitigen Ufer übersetzen.“ Sie entließen die Volksmenge und nahmen ihn im Boot mit, so wie er war. Andere Boote waren ebenfalls bei ihm.
Dann erhob sich ein heftiger Sturmwind, und die Wellen schlugen in das Boot, sodass es sich schon mit Wasser füllte. Jesus lag hinten im Boot und schlief auf dem Kopfkissen.
Sie weckten ihn auf und sagten zu ihm: „Lehrer, kümmert es dich nicht, dass wir umkommen?“ Er wachte auf, bedrohte den Wind und sprach zu dem See: „Schweig! Sei still!“ Der Wind legte sich, und es entstand eine große Stille.
Dann fragte er sie: „Warum seid ihr furchtsam? Habt ihr keinen Glauben?“ Sie fürchteten sich sehr und sprachen zueinander: „Wer ist denn dieser, dass selbst der Wind und der See ihm gehorchen?“
Wir merken auch in dieser Geschichte Folgendes: Auf der einen Seite schläft Jesus, und es wird sogar erwähnt, dass er auf dem Kopfkissen liegt – also ganz menschlich. Heute würde er wahrscheinlich eine Isomatte dabei haben. Er schläft tief und fest, trotz des Sturms. Er ist nicht aus der Koje gefallen, sondern sie müssen ihn richtig aufwecken. Das zeigt, dass er einen festen Schlaf hatte, trotz des heftigen Sturms.
Sie rütteln ihn wach, und dann steht er auf und gebietet erneut: „Schweig! Sei still!“ Ich wundere mich immer wieder über diese konträren Aussagen, die so oft in den Evangelien vorkommen.
Beispiel 3: Jesus in Gethsemane (Matthäus 26,38)
Dritte Stelle, Gethsemane, Matthäus 26, Vers 38
Da ist er im Garten Gethsemane. Er spricht zu seinen Jüngern: „Meine Seele ist sehr betrübt bis zum Tod. Bleibt hier und wacht mit mir.“
Dann ging er ein wenig weiter, fiel auf sein Angesicht, betete und sprach: „Mein Vater, wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an mir vorüber. Doch nicht wie ich will, sondern wie du willst.“
Wir merken, dass der Herr Jesus Angst hat. In der Parallelstelle wird gesagt, sein Schweiß wurde wie große Blutstropfen. Wir sehen, dass Jesus nicht leichtfertig in diese Sache gegangen ist. Man könnte sagen: Wenn er Gott ist, dann kann ihm das doch alles nichts ausmachen. Doch hier zeigt sich seine Angst. Er schwitzt vor Furcht, bittet seine Jünger darum, mit ihm zu beten.
Dann folgt der Gegensatz in Johannes 18, wo dieselbe Begebenheit geschildert wird.
Jesus nun, der alles wusste, was über ihn kommen würde, ging hinaus und sprach zu den Kriegsknappen: „Wen sucht ihr?“
Sie antworteten: „Jesus den Nazaräer.“
Er sprach zu ihnen: „Ich bin es.“
Aber auch Judas, der ihn überlieferte, stand bei ihnen. Als er nun zu ihnen sagte: „Ich bin es“, wichen sie zurück und fielen zu Boden.
Da fragte er sie wieder: „Wen sucht ihr?“
Sie aber sprachen: „Jesus den Nazaräer.“
Jesus antwortete: „Ich habe euch gesagt, dass ich es bin. Wenn ihr nun mich sucht, so lasst diese gehen.“
Wir merken: Hier ist der Herr Jesus völlig souverän. Es ist dieselbe Situation, doch er ist der Handelnde.
Und wir könnten fragen: Wie ist der Herr Jesus wirklich?
Beispiel 4: Der Schrei am Kreuz (Matthäus 27)
Und noch eine vierte Begebenheit, nur als Beispiel: Matthäus 27.
Ich denke, wir kennen alle die Verse, aber ich muss sagen, sie bewegen mich immer wieder neu. Für sechsundvierzig, um die neunte Stunde, aber schrie Jesus mit lauter Stimme auf und sagte: „Eli, Eli, Lama Sabachthani“, das heißt: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
Wir erinnern uns daran: Wir haben heute Morgen in der ersten Stunde aus Psalm 22 diese Worte gelesen. Herr Jesus zitiert hier also Psalm 22 und macht sie zu seinen eigenen Worten im Leben des Herrn Jesus. Dass Jesus schreit, kann man sich fragen: Herr Jesus, warum schreist du? Warum macht dir das so viel Not? Du bist doch Gott.
Und merken wir auf der anderen Seite: Dieses Sterben des Herrn Jesus, so dramatisch es ist, die Menschen unterm Kreuz haben das miterlebt. Nach diesem Schrei gehen die einen beklommen nach Hause (Vers 54). Aber als der Hauptmann und die, die mit ihm Jesus bewachten, das Erdbeben sahen und das, was geschah, fürchteten sie sich sehr und sprachen: „Wahrhaftig, dieser war Gottes Sohn.“
Also trotzdem, in dieser Not, in diesem Schrei, in diesem Sterben des Herrn Jesus – und wir würden sagen, wirklich wie ein Mensch, der Schmerzen hat, der Angst hat – sehen die Menschen, oder einige Menschen wenigstens, dass er der Sohn Gottes ist.
Die Spannung zwischen Menschsein und Gottsein Jesu
Und wir könnten die ganze Bibel durchgehen, insbesondere die Evangelien, und stellen fest: Überall wird der Herr Jesus von beiden Seiten beschrieben – als Mensch und als Gott.
Wir könnten fragen: Was ist er denn jetzt? Ist das nicht widersprüchlich? Ist das nicht so wie das blaue Glas und das rote Glas in einer Brille? Zwei Dinge, die nicht übereinander passen. Für uns Menschen sind das völlige Gegensätze, und die Menschen diskutieren bis heute darüber.
Wir sagen, so haben wir es auch in dem Lied gesungen: Er ist wahrer Mensch und er ist wahrer Gott. Die Bibel sagt beide Seiten. Aber wie kann man das miteinander vergleichen?
Ich möchte mal ein Bild gebrauchen: Es sind wie zwei Seiten einer Münze. Wenn du in dein Portemonnaie guckst und ein Eurostück herausnimmst, stell dir vor, da wäre nur eine Seite aufgeprägt. Dann wäre die Münze nichts wert. Eine Münze hat zwei Seiten, und die beiden Seiten, auch auf dem Eurostück, sehen völlig verschieden aus. Aber sie gehören zusammen, und zwar untrennbar.
Tatsächlich kannst du den Herrn Jesus nur begreifen, wenn du die Brille, sozusagen, des Heiligen Geistes aufhast – wenn du den Heiligen Geist in dir hast. Alle anderen Menschen stolpern darüber, und das zu Recht, weil es eben nicht erklärbar ist. Schon im ersten Jahrhundert hat man sich darüber gestritten.
Streit um die Natur Jesu in der Kirchengeschichte
Ungefähr um das Jahr 85 bis 90 nach Christus – und auch schon etwas früher – entstand die Sekte der Gnostiker. Sie behaupteten, dass Gott nur zeitweise in Jesus gewesen sei. Bevor Jesus starb, sei Gott wieder aus Jesus herausgegangen. Derjenige, der dann auferstanden sei, sei nicht derselbe, der gestorben ist. Solche eigentümlichen Konstruktionen hat es im Laufe der Kirchengeschichte immer wieder gegeben.
Wenn wir die Bibel lesen, stellen wir fest, dass zum Beispiel der erste Johannesbrief und auch das Evangelium von Johannes am Ende seines Lebens, ungefähr um 90 bis 95, Stellung zu diesen falschen Lehren beziehen. Deshalb sagt das Johannes-Evangelium: „Das Wort wurde Fleisch.“ Johannes beschreibt am Ende seines Evangeliums, warum er dieses Evangelium geschrieben hat, in Kapitel 20: „Dieses habe ich geschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist, und damit ihr glaubend Leben habt in seinem Namen.“
Wenn wir die drei Briefe des Johannes lesen, stellen wir fest, dass auch dort Johannes besonders die Gottessohnschaft betont – dass Jesus wirklich Gott ist.
In den Jahrhunderten danach stritten Christen und sogenannte Namenschristen darüber. Sie sagten, sie könnten sich nicht vorstellen, dass Gott Mensch geworden ist. Dann tauchte die Frage auf, die sicherlich viele schon gehört haben: Wer hat denn diese Welt regiert, als Jesus ein Baby war? Wer war dann im Himmel? Wenn Gott wirklich Mensch geworden ist, war doch niemand mehr im Himmel, oder?
Vielleicht habt ihr darüber auch schon diskutiert. Manche, die diese Frage vorbringen, finden sich besonders klug. Doch man kann ihnen sagen: „Du hast die Anaglyphenbrille nicht auf, du bekommst die beiden Seiten nicht übereinander, du schaust nur eine Seite der Münze an.“ Die eine Seite der Münze zeigt eine Ziffer, und der andere, der die Münze betrachtet, sagt: „Nein, da ist aber ein Adler drauf.“ Dann kann man sich in den Köpfen festbeißen.
Die Christen haben hart darüber gestritten. Um das Jahr 325 behauptete und lehrte der Gnostiker Arius, Christus sei ein von Gott geschaffener Gott, aber nicht der höchste Gott. Er legte es so aus, dass Gott gesagt habe: „Du bist mein geliebter Sohn.“ Vielleicht habt ihr dieses Bild auch im Kopf: Gott der Vater ist größer als Gott der Sohn.
Die Bibel sagt zwar, dass Gott Vater ist, aber sie sagt auch, dass Gott Sohn ist. Sie sagt, dass es zwei Personen sind, aber auch, dass es eine Person ist. Versteht ihr das? Man merkt, dass die Menschen und auch die Christen darüber diskutieren.
Zur gleichen Zeit lebte Athanasius in Alexandria. Von ihm stammt im Grunde das Bild, das wir vielleicht kennen, um die Dreieinigkeit Gottes darzustellen. Er hat dieses Bild sozusagen erfunden und deutlich gemacht: Gott ist drei Personen und doch einer. Der Sohn Christus und der Heilige Geist sind vollkommen Gott, und doch sind sie voneinander und vom Vater verschieden. Dennoch ist Gott einer.
Das klingt widersprüchlich, aber das sind die Aussagen, die die Bibel uns macht.
Damals wurde deswegen ein Konzil einberufen, das Konzil von Nicäa. Es dauerte über längere Zeit, und die Teilnehmer stritten miteinander. Dann griff der römische Kaiser Konstantin ein. Er war zum Glauben gekommen, und von ihm stammt im Grunde das Glaubensbekenntnis, das seitdem gesagt und gelernt wird.
Das Glaubensbekenntnis und heutige Herausforderungen
Ich glaube an Gott, den allmächtigen Vater, Schöpfer des Himmels und der Erde, und an einen Herrn Jesus Christus, den eingeborenen Sohn Gottes. Er wurde vom Vater gezeugt vor aller Welt, Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott, gezeugt, nicht geschaffen, von gleicher Wesenseinheit wie der Vater.
Wenn wir Gott beschreiben wollen und wenn wir den Herrn Jesus beschreiben wollen, merken wir, dass wir mit unserem menschlichen Verstand nicht vollständig zu Recht kommen.
Übrigens, nebenbei bemerkt: Die Zeugen Jehovas lehren bis heute noch das, was damals Arius behauptet hat. Sie sagen, Jesus sei zwar Gottes Sohn, aber nicht Gott selbst. Er sei niedriger als der Vater.
Die Mohammedaner sagen das sowieso: Gott kann keinen Sohn haben, Gott ist einer.
Auch die Katholiken machen eine Konstruktion, die wir so nicht akzeptieren können. Sie sagen zwar, Jesus sei der Sohn Gottes, aber Maria sei die Mutter. Damit wäre, wenn Jesus Gott ist, Maria die Mutter Gottes. Das würde bedeuten, dass Maria größer sei als Jesus. Maria selbst sagt aber von sich: „Ich bin nur die Magd.“
Wir merken, die Bibel offenbart uns viele Geheimnisse, die wir nicht vollständig verstehen können. Diese müssen wir jedoch akzeptieren, weil die göttliche Ebene eine andere Ebene ist als unser Verstand.
Wir müssen sagen: Gleichzeitig wahrer Mensch und wahrer Gott zu sein – das ist das Wunder im Leben des Herrn Jesus.
Das Wunder des Lebens Jesu
Auf der einen Seite haben die Jünger und auch die Menschen seiner Zeit den Herrn Jesus wie einen Menschen gesehen. Er war ein Zimmermann, der gearbeitet hat. Er musste schlafen, Distanzen überwinden, wurde müde, brauchte etwas zu essen und als Kleinkind Hilfe.
Auf der anderen Seite sagt die Bibel, dass er Gott ist. Die Fülle der Gottheit wohnt leibhaftig in ihm. Es ist nicht nur ein Stückchen von Gott in ihm, sondern die Fülle der Gottheit, also Gott in Ganzheit.
Später, nach der Auferstehung, bekennt Thomas: „Mein Herr und mein Gott!“ Das Leben des Herrn Jesus ist wirklich ein Wunder. Sein Leben begann mit einem Wunder, seine Geburt kann man nicht erklären, weder biologisch noch anders. Trotzdem schreibt der Arzt Lukas darüber. Es bleibt ein Geheimnis und entzieht sich dem Zugriff deines logischen Denkens.
Sein Leben ist ein einziges Wunder. Wir haben einige Beispiele gesehen, in denen beide Aspekte – Mensch und Gott – jeweils in einer Geschichte enthalten sind. Sein Leben ist voller Wunder. Wie viele Wunder hat er getan? In den Wundern macht er deutlich: Er ist der Herr über die Naturgewalten, der Herr über Krankheiten und der Herr über Leben und Tod.
Sein Leben endet ebenfalls mit einem Wunder. Das Sterben des Herrn Jesus am Kreuz ist ein Wunder. Er stirbt nicht am Blutverlust oder an den Folgen der Geißelung. Vielmehr sagt er: „Vater, in deine Hände übergebe ich meinen Geist.“ Das kann kein Mensch. Ein Mensch kann sich selbst töten, aber ein Mensch kann nicht seinen Geist in Gottes Hände geben.
Er sagt einmal: „Ich habe Gewalt, mein Leben zu lassen, und ich habe Gewalt, es wiederzunehmen. Dieses Gebot habe ich von meinem Vater empfangen.“ Seine Auferstehung ist ebenfalls ein Wunder, das du nicht erklären kannst. Wie ist es möglich, dass der, der die Geißelung durchgemacht hat, der voller Narben und Wunden ist, aufersteht und nichts mehr davon am Körper hat – außer den beiden Male in den Händen und der Stichwunde in der Seite?
Sein Tod und seine Auferstehung bewirken bis heute Wunder in dir und in mir. Wer an diesen Jesus glaubt, erlebt in seinem Leben Wunder.
Zeugnis aus dem Leben und die Hoffnung auf Wiederkunft
Wir waren am Freitag im Frauenknast in Willich. Dort war eine Frau dabei, die zum letzten Mal an diesem Treffen teilnahm. Sie hat ihre Strafe von zehn Jahren abgesessen. Sie gab ein Zeugnis, das ich sehr mutmachend fand. Sie bekannte, dass sie wirklich den Herrn Jesus in ihrem Herzen angenommen hat, Frieden gefunden hat und dass er ihr alle ihre Sünden vergeben hat.
Sein Wiederkommen ist ein Wunder. Heute glauben das kaum noch Menschen, dass Jesus wiederkommt. Selbst viele Christen glauben das nicht mehr. Sie meinen, wir Christen müssten die Welt verändern und das Paradies hier auf der Erde schaffen. Aber Jesus hat gesagt: „Ich komme wieder.“ Dachsen hat das eben erwähnt. Im Grunde ist die Vergebung unserer Sünden und das neue Leben, das er uns geschenkt hat, nur der Anfang. Es wartet noch viel mehr auf uns.
Jesus sagt: „Vater, ich will, dass die, die du mir gegeben hast, bei mir sind und deine Herrlichkeit schauen.“ Seine Beziehung zur Gemeinde ist ein Wunder. Ich staune immer wieder darüber, dass Jesus leibhaftig in unserer Mitte ist, auch wenn wir ihn nicht sehen. Wir können seine Wirkung auch in unseren Stunden erleben.
Seine Beziehung zu dir ganz persönlich ist ein Wunder. Kannst du verstehen, dass Jesus gesagt hat, dass er bei dir ist? Dann überlege ich, wie viele Christen es auf dieser Welt gibt. Du hast nicht nur einen Bruchteil von ihm, sondern du hast ihn ganz. Wir merken, dass die Gottheit Jesu und das Menschsein Jesu ein Wunder sind.
Die Bedeutung des Menschseins Jesu für unsere Rettung
Nun könnte man fragen, warum es so wichtig ist, wirklich zu glauben, dass Jesus wahrer Mensch war. Hätte er nicht als Gott in diese Welt kommen und die Frage unserer Schuld lösen können?
Die Bibel macht deutlich: Nein, das geht nicht. Gott kann nicht sterben. Der Herr Jesus musste Mensch werden, damit er sterben konnte. Und er konnte nur sterben, wenn er deine und meine Sünden auf sich nahm. Der Tod ist die Folge der Sünde.
Wäre der Herr Jesus auch nur Mensch in dieser Welt gewesen, so wie er die dreißig Jahre ohne Sünde gelebt hat, hätte er nicht sterben können. Deshalb konnte er nicht sterben bei dem Sturm. Ebenso konnte er nicht sterben, als die Leute in der Nähe versuchten, ihn den Berg herunterzuwerfen.
Erst in dem Moment, in dem er deine und meine Schuld auf sich nahm, starb er. Im Grunde ist sein Sterben der Beweis, dass er meine Schuld getragen hat.
Deshalb war es so wichtig, dass er wahrer Mensch war. Nur so konnte er für dich sterben. Sein Menschsein ist die Grundlage deiner Rettung.
Die Bedeutung des Gottseins Jesu für unseren Glauben
Und warum ist es so wichtig, dass Jesus wahrer Gott war und ist? Nur als wahrer Gott konnte er den Tod, den Teufel und die Sünde besiegen – als Mensch allein war das nicht möglich. Sein Gottsein ist somit die Grundlage deines Glaubens.
Doch was hat das mit deinem ganz persönlichen Leben zu tun? Welche Auswirkung hat das Bewusstsein und der Glaube daran, dass der Herr Jesus wahrer Mensch und wahrer Gott ist, auf dein tägliches Leben? Was hast du davon, dass Jesus wahrer Mensch war und ist?
Dadurch, dass der Herr Jesus hier auf der Erde gelebt hat und als Mensch unter uns war, kann er jede Situation, die du durchlebst, nachvollziehen. Er versteht dich vollkommen. Er weiß, was Angst ist, was Krankheit ist, was Not bedeutet, was Furcht ist und was Mobbing bedeutet – all das kennt er.
Ich weiß nicht, in welcher Situation du dich gerade befindest, was dich beschäftigt, was dich unruhig macht oder was dich zum Gebet treibt. Aber Jesus versteht es. Er war derjenige, der von niemandem verstanden wurde und im Grunde einsam durch diese Welt ging. Der Herr Jesus versteht dich, denn er wurde in allem geprüft, so wie wir.
Warum ist es aber so wichtig, dass Jesus wahrer Gott ist? Das ist im Grunde die Lösung für unseren Glauben. Einerseits würde es uns nicht helfen, wenn Jesus uns nur verstehen würde. Das wäre so, als würdest du zu einem Arzt oder Seelsorger gehen, ihm deine Geschichte erzählen und er sagt nur: „Ja, ich kann dich gut verstehen.“ Das allein reicht nicht.
Aber wenn Jesus wahrer Gott ist, kannst du ihm alles zutrauen. Er kann wirklich alles. Er hat die Welt geschaffen, er hat dich geschaffen und er kann alles schaffen. Deshalb darfst du mit jeder Not, die du ihm bringst, wissen: Herr Jesus, du bist Gott und kannst alles. Ich möchte dir das anvertrauen und bitte dich, hilf mir.
Ich muss sagen: Das hilft mir. Er kann mir helfen, er kann mir vergeben, er kann mich retten, er kann mich durchtragen und er kann mich ans Ziel bringen. Ich habe einen wunderbaren Herrn.
Vielleicht nehmen wir das manchmal zu einfach hin, wenn wir sagen: „Jesus ist derselbe gestern, heute und in Ewigkeit.“ Doch gerade darin liegt eine große Kraft und Zuverlässigkeit für unser Leben.
