Einleitung und Kontext der Kreuzesworte Jesu
Lukas 23,44-46: Wir hören die Worte Jesu am Kreuz, die wir in den letzten Sonntagen miteinander betrachtet haben. Heute steht dieses letzte Wort im Mittelpunkt.
Es war um die sechste Stunde, als eine Finsternis über das ganze Land kam und bis zur neunten Stunde anhielt. Die Sonne verlor ihren Schein, und der Vorhang des Tempels riss mitten entzwei.
Jesus rief laut: „Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände.“ Nachdem er dies gesagt hatte, verschied er.
Herr, rede durch dieses Wort jetzt zu uns, Armin.
Persönliche Begegnung und die Bedeutung von Schuld
Liebe Schwestern und Brüder,
es ist einige Jahre her, da traf ich drüben in der Wächterstraße bestürzt einen Nachbarn. Dessen gemütliche und fröhliche Lebensart mir immer gefallen hatte. Er war außer sich und sagte: „Haben Sie das jetzt schon gehört? Was denn jetzt? Haben Sie den Generalbundesanwalt Buback erschossen? Was ist bloß mit unserer Welt los?“
Ich war damals ebenso schockiert wie alle, die es gehört hatten. Man dachte: Das kann doch gar nicht wahr sein, wenn in unserer Welt nicht einmal mehr Achtung und die Maßstäbe des Rechts gelten.
Aber das, was uns hier im Evangelium erzählt wird, ist ja noch viel bestürzender. Ist das wirklich wahr? Dass die Feindschaft gegen Gott in unserer Welt so weit reicht, dass der Sohn Gottes umgebracht wird. Ist das wirklich wahr?
Ja, das erzählen die Evangelien, und das ist der Grund, warum dieser Karfreitag für uns etwas an sich hat, das uns tief betroffen macht. Da ist man ganz schockiert. Nicht bloß, weil so etwas Furchtbares in unserer Welt geschehen kann. Sondern auch, weil wir, die wir das Evangelium kennen, ja wissen: Das hängt mit uns zusammen, wir sind mitschuldig.
Die gleiche Feindschaft gegen Gott, die damals Jesus hinausstieß, vor das Tor, äußert sich ja immer wieder in meinem Leben. Diese Sünde ist nicht nur damals geschehen, sie ist heute noch da.
Darum will man sich am Karfreitag vor dem lebendigen Gott beugen und sich über die Last unseres Lebens beschweren.
Die Bedeutung des Karfreitags in der heutigen Zeit
Man ist überrascht, wie der Karfreitag in unseren Tagen immer mehr an Bedeutung verliert. Noch vor nicht allzu langer Zeit war es selbstverständlich, dass unsere Rundfunkanstalten am Karfreitag in den Nachmittagsstunden eine Sendepause einlegten, um unser Volk daran zu erinnern.
Es gibt etwas Furchtbares, das als Schuldübernahme uns allen zukommt – eine Schuld, die wir nicht abtragen können. An einzelnen Stellen wird uns bewusst, welche Schuld über unserem Volk liegt. Noch viel mehr aber lastet diese Schuld, die uns vor Gott anklagt. Der Karfreitag ist ein Tag, der uns betroffen und traurig machen muss.
Heute ist es bei modernen Menschen nicht mehr sicher, das Leben durch die Bedeutung dieses Tages zu bewältigen. Stattdessen herrscht oft nur Unsicherheit. Lassen Sie sich nicht täuschen: Wenn heute so viele achtlos am Karfreitag vorübergehen und sich nicht mehr um das Evangelium kümmern, dann ist das Verlegenheit.
Denn wir haben bisher nur einen Teil des Karfreitags richtig begriffen. Wir verstehen das Sagen von der Beugung unter unsere Schuld, vom Betroffensein vor Gott.
Karfreitag als Siegestag und Ausdruck göttlicher Liebe
Gott hat diesen Karfreitag zu einem grandiosen Siegestag gemacht, zu einem Freudentag ohnegleichen. Darum war ich dankbar, dass uns unsere Eltern in unserer Kindheit nie dazu anhielten, am Karfreitag schwarze Kleider zu tragen. Sie haben uns gelehrt, dass dieser Tag ein Tag der Freude und der Heimkehr ist. Ein Tag, an dem verlorene Söhne heimkommen – ins Fahrerhaus – und der Vater seine verlorenen Söhne umarmt und sagt: „Da bist du ja!“ Ein Tag der Liebe Gottes.
Es ist richtig, dass an diesem Karfreitag etwas sichtbar wird: die Schuld der Menschen und ihre Feindschaft gegen Gott. Doch darin hat Gott seine Liebe so groß gemacht, dass sie noch viel stärker ist als die Schuld der Menschen, der Menschenhass und die Bosheit der Menschen. Er lässt seine Liebe dadurch leuchten.
Auch wenn damals am Karfreitag mancher achtlos am Kreuz vorüberlief, hat Jesus das bekümmert? Er sagte: „Vater, vergib ihnen ihre Schuld.“ Das hat ihn bewegt, weil er wollte, dass Menschen Frieden finden. Auch heute will er durchbrechen durch alle gleichgültige Ablehnung. Er will zu uns reden und uns zeigen, wie Liebe ein Schatz ist und wie dieser Karfreitag ein Siegestag seines Evangeliums ist.
Die Verbindung von Karfreitag und Ostertag in der lutherischen Tradition
Und wir halten an unserer Tradition fest, die uns in unserer lutherischen Kirche so lieb geworden ist. Wir sagen: Der Ostertag ist ein herrlicher Tag.
Doch wir wissen, dass der Ostertag seinen Grund im Karfreitag hat – im Sieg Jesu über alle Feindschaft und über alle Schuld, die mich von ihm trennen mag. Darüber möchte ich heute sprechen.
Zunächst möchte ich Ihnen zeigen, dass dies ein Siegeswort ist: „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist.“ Ein Siegeswort.
Jetzt müssen Sie sich noch einmal vergegenwärtigen, was wir am letzten Sonntag gepredigt haben. Das Wort, das Jesus kurz zuvor ausgerufen hat: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
Es könnte sonst passieren, dass wir vergessen, wie groß die Tiefe der Not war, in die Jesus gestürzt wurde.
Die Tiefe des Leidens Jesu und das Siegeswort am Kreuz
Wir Menschen stehen alle vor dem Sterben. Keiner von uns war bisher im Sterben und niemand ist hindurchgegangen. Ich möchte kurz daran erinnern, was uns am letzten Sonntag wichtig war.
Wenn wir vor das Gericht Gottes treten müssen mit unserer Schuld, die nicht vergeben ist, ist das unvorstellbar. So etwas hat noch kein Mensch erlebt, nur Jesus. Wenn uns Gottes Zorn trifft, trifft er uns heute noch nicht, weil Gottes Geduld uns unverdient geschenkt wird.
Aber wenn wir dann vor das Gericht Gottes treten müssen, so wie Jesus am Kreuz die Schuld getragen hat, dann ist das Hölle. Es ist Verlassenheit, es ist das Gestürztsein in die Tiefe der dunklen Mächte. Dort gibt es kein Licht mehr und keinen Trost.
Wir sagten, das ist der Höhepunkt des Leidens, noch tiefer als alle körperlichen Leiden und noch tiefer als die schlimmsten seelischen Leiden des Verlassenseins, zum Beispiel bei Depression. In dieser großen Tiefe ruft Jesus plötzlich: „Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände.“
Das ist ein Siegeswort. Jesus dringt durch diese dunkle Höhlenwelt hindurch, und der Frieden Gottes leuchtet auf. Heute reden wir viel von Frieden. Gemeint ist der Frieden, der einen ganz ruhig macht, auch wenn um uns herum alles uns anklagt, wir uns verlassen fühlen und einsam sind.
„Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist.“
Jesus als Vorbild im Leiden und Glauben
Wie hat Jesus es überhaupt geschafft, durch diese Dunkelheit der Depression und die Traurigkeit des einsamen Seins hindurchzugehen?
Ich habe zu Beginn des Gottesdienstes daran erinnert, wie unsere Kranken das jetzt hören. Wir wollen uns als Gemeinde niemals einen Augenblick von ihren Leiden loslösen. Sie stellen zu Recht Fragen und sagen: Wo ist denn Gott? Ich spüre nichts, ich fühle nichts, ich sehe nichts. Darum hat Jesus genau das für sie durchschritten. Es gibt keine Tiefe des Leidens, die Jesus nicht selbst erlitten hat.
Wir haben doch keinen Glauben, der nur für die Tage des Sonnenscheins gilt. Wir haben auch keinen Glauben, der nur für das Glücklichsein in herrlichen Zeiten und Freuden gilt. Warum hat Jesus denn gesagt, dass er uns den Weg des Kreuzes vorangeht? Es gibt Menschen, die dadurch mutlos werden und verzagen.
Ich möchte Sie darauf hinweisen, wie Jesus durch diese Tiefen hindurchgegangen ist. Wir hätten es machen können: Er hat in diesen schweren Stunden Psalmworte zitiert. Selbst das Wort „Mich dürstet“ ist ein Zitat aus den Psalmen. Jetzt müssen Sie in Ihrer Bibel Psalm 31 nachschlagen. Dieses Psalmwort hat Jesus für solche Stunden auswendig gekannt.
Wie arm sind unsere jungen Menschen geworden, die in der Schule nichts mehr von den Bibelworten lernen! Wie schwer wird es ihnen werden, in Nöten und Anfechtungen durchzukommen, wenn sogar der Sohn Gottes darauf angewiesen war, diese Worte auswendig zu haben! In Psalm 31,6 heißt es: „In deine Hände befehle ich meinen Geist; du hast mich erlöst, Herr, du treuer Gott.“
Sie können das Leben Jesu hindurchverfolgen und sehen, wie er gerade in schwierigen Stunden, als zum Beispiel der Versuch ihn bedrängte, ihn aus der Nähe Gottes und aus der Geborgenheit des Glaubens herauszutrennen, sich an Bibelworte gehalten hat.
Das haben Sie doch selbst erfahren: Am Krankenlager reicht oft nur ein Bibelwort. „Fürchte dich nicht, ich bin mit dir, weiche nicht, ich bin dein Gott; ich stärke dich, ich helfe dir, ich erhalte dich durch die rechte Hand meiner Gerechtigkeit.“ Das sagt Ihnen der lebendige Gott.
Und nun schauen Sie nicht auf das, was Sie bedrängt, und achten Sie nicht auf Ihre Gefühle, sondern glauben Sie Ihrem Gott, der Sie umgibt. Jesus blickt über diese grauenvolle Verlassenheit hinweg und weiß sich in Gott geborgen.
Ich will einen Satz wagen, den Sie nicht vergessen sollen: Er legt fröhlich sein Leben in des Todes Rachen. Und das können, glauben die Christen.
Die besondere Bedeutung des Vaterwortes Jesu
An einer Stelle hat Jesus ein Psalmwort verändert. Wir erleben ja heute oft, dass Menschen Bibelworte verändern. Meist geschieht dies als eine Anpassung an menschliche Denkweisen. Dadurch wird das Bibelwort alltäglich und banal. So etwas hat Jesus nie getan.
Das Wort Gottes hat seine Kraft gerade darin, dass es uns aus unseren gewohnten Gedanken herauszieht. Dennoch hat Jesus an dieser Stelle das Wort verändert – und das auf eine sehr wunderbare Weise. Er setzt das Wort „Vater“ an den Anfang. „Vater“ ist ein großer Name, den keine Religion je wirklich erfassen konnte.
Erst Jesus hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, Kinder Gottes zu sein. Dabei sind es nicht perfekte Kinder, sondern auch irrende, böse, schmutzige und untreue Kinder. Trotzdem gehören sie zu Gott, weil der Vater seine Kinder niemals loslässt. Dieses Versprechen steht über ihrem Leben – selbst wenn ihr Körper zerbricht und sie Todesqualen erleiden.
Jesus hat uns dieses Siegeswort gegeben. Karfreitag ist kein reiner Trauertag. So sehr wir auch betroffen sind von dem, was dort geschieht, so groß ist unser Gott, der aus dem Schrecklichen und Bösen, das Menschen tun, einen wunderbaren Sieg schenkt.
Dieser Sieg gilt allen, die an ihn glauben, die ihm vertrauen, die ihn kennen und seinen Namen anrufen.
Das Machtwort Jesu und seine freiwillige Hingabe
Das zweite ist ein Machtwort. Jesus hat es im Johannesevangelium gesagt, in diesem schönen Kapitel vom guten Hirten, Johannes 10,17-18. Dort sagt Jesus: „Ich lasse mein Leben. Niemand nimmt es mir, sondern ich gebe es freiwillig her.“
Ist Ihnen klar, dass kein Mensch das Recht hat, sich das Leben zu nehmen? Jesus meint hier auch nicht den Selbstmord. Er spricht davon, dass er selbst in dem schlimmen Geschehen, das vor ihm liegt, nicht einfach willenlos ausgeliefert ist. Er ist nicht den dunklen Mächten ausgeliefert, die ihm das Leben nehmen wollen.
Darum ist die Passionsgeschichte für uns so unheimlich und so schlimm. Denn die dunklen Mächte scheinen über Jesus alle Gewalt zu haben. Sie ziehen ihn mit sich, reißen ihn, binden ihn. Harte Hände packen ihn, schubsen ihn, nageln ihn fest.
Das ist ja Passion – das wird erlitten. Es sind andere Mächtige, die mit ihm nach ihrem Gutdünken spielen. Das Schlimmste, was ein Mensch fühlen kann, ist, wenn er anderen wehrlos ausgeliefert ist.
Wer bin ich? Was machen die anderen mit mir? Der hilflose Blick eines Kranken zum weißen Kittel des Arztes: Was macht er mit mir? Was kommt jetzt? Wie geht das weiter? Bin ich nicht einem blinden Schicksal ausgeliefert? Hin und her geworfen – ist das nicht alles blinder Zufall, was mit meinem Leben geschieht?
Jesus als König über Tod und Mächte
Da zeigt uns Jesus etwas ganz Großes: „Ich befehle meinen Geist in deine Hände.“
Mit dem Befehlen klappt es heute oft nicht mehr. Wir leben in einer Zeit, in der man nicht mehr gehorchen will. Wenn man es einmal ausprobiert, merkt man, wie wenig der Befehlssport heute noch ausrichten kann.
Und erst recht, wenn wir vor diesen dunklen Todesmächten stehen, dann zittert unser Herz. Wir wissen nicht, was passiert, wenn wir ergriffen werden. Wir werden einfach weggeschoben, und wir können doch da nichts mehr befehlen.
Doch da sehen wir Jesus in einer königlichen Weise. Er wird uns nie größer gezeigt als am Kreuz. Er ist der König und Herr der Welt. Nicht nur das: Er herrscht über alle Reiche dieser Welt, über alle Mächtigen.
Sondern er kann auch über den Tod gebieten. Ist der Tod nicht das Allergrößte, das doch alles in seiner Gewalt zu haben scheint? Dann ruft Jesus dieses königliche, majestätische Wort: „Vater, ich befehle, ich kommandiere meinen Geist in deine Hände.“
Der Tod kann ihn jetzt nicht mehr greifen, und er kann ihn nicht mehr von Gott trennen.
Die Bedeutung des Todes und seine Überwindung durch Jesus
Was ist das Schlimmste am Tod?
Diese Frage haben wir in den letzten Sonntagen immer wieder behandelt. Dabei mag es manchen schwergefallen sein, denn in unserer Zeit versucht man oft, den Tod zu bewältigen, indem man ihn bagatellisiert und herunterspielt. Man sagt: „Das ist gar nicht so schlimm, das ist ja nur Schlaf.“
Was uns die Bibel sagt, ist jedoch anders: Der Tod ist der Feind, der das Leben zerbricht. Weil Gott ein Gott der Schöpfung dieser Welt ist, leiden gläubige Menschen unter der Macht des Todes, so wie sie unter der Todeswunde leiden, die sie in ihrer Trauer beklagen.
Der Tod hat einen solchen Einfluss, dass er sogar die Liebe zerstören und zerreißen kann. Das wissen Sie aus eigener Erfahrung, wenn Sie einmal dem Sterben gegenüberstanden. Nein, der Tod ist ein Feind dessen, was Gott geschaffen hat.
Aber Jesus zeigt uns, dass der Tod sein Recht und seine letzte Macht verloren hat. Er kann uns nicht mehr von Gott trennen. Im Tod wird man nicht von Gott gerissen. Darum ist der Tod für die, die Jesus angehören, nicht mehr schrecklich.
Wo die Sünden gebüßt und getragen sind, kann der Tod mich nicht mehr als Gottes Gericht treffen. Das ist die Wurzel des Todes: Er kam in die Welt und zu allen Menschen, weil wir vor Gott schuldig sind.
So sehr der moderne Mensch die Schuldfrage von sich wegschiebt – am Tod wird offenbar, dass wir auch vor Gottes Gericht stehen. Doch das strahlt nun vom Kreuz Jesu her aus: „Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände.“
Der Tod hat seine Funktion als Henker verloren – für die, die Jesus angehören. Denn Jesus war der Erste, der nicht mehr von Gott getrennt wird, sondern in die offenen Arme des Vaters eingehen darf: „Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände.“
Wir dürfen unser Leben in die Arme Gottes legen, die er für uns ausgebreitet hat und die auf uns warten. Er steht vor uns, und der Tod kann uns nicht mehr von Gott trennen.
Abschied und Trost am Ende des Lebens
Darum noch das Letzte: Das ist ein Trostwort, ein Siegeswort, ein Machtwort. Zuerst ein Machtwort mit den Befehlen, dann ein Trostwort. Das Wort „sterben“ steht hier nicht einmal mehr. Jesus starb, das ist bekannt. Er nahm Abschied.
Das ist wie, wenn man plötzlich über eine Wiese geht, wo vorher ein Zaun war und man nicht darüber hinwegkam. Jetzt kann man ein Stück darübergehen, kurz winken und hinübergehen. Jesus hat uns, seinen Jüngern und denen, die Glauben haben, am Kreuz einen so großen Sieg errungen, dass diese dunkle Todesmacht, dieser unheimliche Abgrund, plötzlich eine Brücke bekommen hat. Sie können hinübergehen.
„Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände!“ Und nachdem er das gesagt hatte, nahm er Abschied und verschied. Das Sterben derer, die im Herrn sterben und die Vergebung Jesu haben, ist nur ein Abschiednehmen. Wohl dem unter uns, der der Nächste ist, der die Herrlichkeit Gottes schauen darf. Das ist eine Beförderung und ein großes Glück, wenn man in die Welt Gottes eintreten darf, zu den Scharen treten darf, die „Heilig, Heilig, Heilig“ singen.
Das ist so deutlich in der Bibel: Da stehen keine rührenden Sterbegeschichten mehr drin, weil der Tod seine Schrecken verloren hat für die, die in Jesus sterben, die in der Nachfolge Jesu sterben, die an ihn glauben und deren Schulden gebüßt sind. Sie gehen nicht mehr ins Gericht.
Verheißung des ewigen Lebens und Ermutigung zum Glauben
Ich möchte Ihnen etwas aus Johannes 5 sagen. Wir sollten uns jetzt noch einmal kurz auf unsere schöne Bibel beziehen und die Worte aufschlagen, um im Wort Gottes zu lesen.
In Johannes 5,24 heißt es: „Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der kommt nicht ins Gericht.“ Dieser Vers sagt weiter, dass derjenige, der glaubt, das ewige Leben hat und nicht ins Gericht kommt, sondern vom Tod zum Leben hindurchgedrungen ist – und zwar schon jetzt.
Das körperliche Abschiednehmen ist nur ein Heimgehen in die offene Welt Gottes. Was soll mich da noch bedrücken?
Philipp Spitta hat uns mit seinem wunderbaren Lied „Bei Dir, Jesu, will ich bleiben“ einen großen Trost geschenkt. Das Lied beschreibt, wie es sein wird, wenn es plötzlich kalt und unheimlich wird und die dunkle Stunde meines Sterbens kommt. Dann kann ich fröhlich hinüberziehen, weil ich nach der Heimat greife.
Schlusswort: Leben im Vertrauen auf Gottes Hände
Liebe Schwestern und Brüder,
ich wollte Ihnen heute keine Todespredigt halten. Ich wollte Ihnen vielmehr sagen, dass Sie heute das Leben ergreifen sollen. Wollen Sie das erst in Ihrer Todesstunde sagen? „Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände.“ Warum nicht heute?
Vor Ihnen liegt Ihr Leben mit all seiner Arbeitsfülle, mit Ihren Sorgen und mit Ihren engsten Bindungen. „Vater, in deine Hände befehle ich mich heute. Führe mich durch diesen Tag.“
Sie haben viele ungelöste Fragen in Ihrem Leben, die Sie nicht bewältigen können. Sie haben Ängste, die Sie bedrücken. „Vater, in deine Hände lege ich mich.“ Ihr unheiliges Leben, an dem Sie oft verzweifeln, die Sünde, die immer wieder Macht hat, verharrt in deine Hände. „Befehle ich mich nun. Wirke du doch in mir heute und gebrauche mein Leben.“
Und dann bin ich so froh. Mein Leben wird in dieser Welt immer bruchstückhaft bleiben. Was ich fertigbringe, bleibt bruchstückhaft. Aber es wird vollendet in der Ewigkeit Gottes.
Wir Christen haben doch durch das Kreuz Jesu solch eine weite Hoffnung. Ich kann nicht verstehen, dass wir uns im Unglauben immer wieder festkrallen an dieses vergängliche Leben. Kann uns Gott ein größeres Pfand geben als dieses Pfand, Jesus Christus?
Gott hält fest, dass er Ihre Schuld wegnehmen will und dass er Sie liebt. Er lässt Sie nicht los, er wird von Ihnen nicht weichen, bei Tag und bei Nacht und an allen Tagen Ihres Lebens will er Sie führen.
Und Sie dürfen dann, wenn Ihr Körper und Ihr Leib zerbricht und wenn diese sichtbare Welt vergeht, sich in die Hände Gottes befehlen: „Vater, meinen Geist in deine Hände.“
Welch ein Freudentag ist der Karfreitag! Welch ein Siegestag!
Armin
