Fehlende Vorbilder für ein gottgefälliges Familienleben
Die Familie von König David kann uns leider nicht als Vorbild dienen, an dem wir erkennen könnten, wie Gott sich ein Familienleben vorstellt. Interessanterweise finden wir auch kaum eine Familie in der Bibel, die uns in dieser Hinsicht Orientierung geben könnte.
Wir können nicht lernen, wie wir die Entwicklung unserer Kinder unterstützen sollen. Die Spannungen in der Familie Davids nahmen ein solches Ausmaß an, dass David vor seinem eigenen Sohn fliehen musste, der fest entschlossen war, seinen Vater zu töten.
So kam es dazu: Amnon, ein Sohn Davids, verliebte sich unsterblich in seine Halbschwester Tamar. Damit er sie nicht nur aus der Ferne beobachten musste, stellte er sich krank. Er sagte zu seinem Vater: „Komm, schick mir doch bitte meine Schwester Tamar, dass sie vor meinen Augen Kuchen backe.“
Da Amnon ein Lieblingssohn Davids war, erfüllte dieser ihm diesen Wunsch. Tamar befolgte die Anweisungen, schließlich blieb ihr auch nichts anderes übrig. Als sie die Kuchen zubereitet hatte und ihrem scheinbar kranken Bruder geben wollte, zerrte er sie gegen ihren Willen in sein Bett und vergewaltigte sie.
Hinterher empfand Amnon eine solche Abneigung gegen Tamar, dass er sie nicht mehr ertragen konnte. Seine Abscheu war größer als sein vorheriges Verlangen. Seine Abneigung war größer als seine Liebe gewesen, denn er war ja fast vor Liebe krank gewesen. Seine Diener mussten Tamar hinauswerfen. Er holte seine Diener und befahl: „Werft sie raus!“
Es ist wie in einem schlechten Film. So zerstörte er die Zukunft seiner Halbschwester Tamar. Als David von dieser Schändung erfuhr, wurde er sehr zornig, doch er unternahm nichts gegen seinen Sohn, weil er ihn liebte, da Amnon sein Erstgeborener war.
Absalom hingegen, der Bruder von Tamar, kochte vor Wut. Er sprach kein Wort mehr mit Amnon, so sehr hasste er ihn, weil Amnon seine Schwester Tamar vergewaltigt hatte. Eigentlich hätte Amnon nach jüdischem Gesetz mit dem Tod bestraft werden müssen.
Als höchster Richter im Land hätte David hier ein Machtwort sprechen müssen. Doch er unternahm nichts, rein gar nichts. Er blieb einfach passiv.
Die Eskalation der Familienkonflikte und Absaloms Aufstieg
Für Absalom war das Verhalten seines Vaters inakzeptabel und unerträglich. Deshalb nahm er die Sache selbst in die Hand. Er rächte sich an seinem Bruder, indem er ihn tötete, sobald er dazu in der Lage war.
Danach verließ Absalom Jerusalem, um dem Zorn seines Vaters zu entkommen, und lebte drei Jahre in Geschur. Schließlich willigte David ein, dass Absalom mit seiner Familie nach Jerusalem zurückkehren durfte. Doch er wollte seinen Sohn nicht sehen. So lebte Absalom zwei weitere Jahre als geächteter Königssohn in Jerusalem.
Das wollte er nicht länger hinnehmen. Er drängte darauf, seinen Vater im Palast zu besuchen. David willigte schließlich ein, und damit war Absalom als Königssohn offiziell rehabilitiert.
Absalom war ein beeindruckender Mann, auch äußerlich. In ganz Israel gab es keinen, der so schön war und so sehr bewundert wurde wie er. Vom Scheitel bis zur Sohle war alles an ihm vollkommen. Er war wirklich ein stattlicher Mann.
Nach der Versöhnung mit seinem Vater umgab er sich mit Machtattributen. Absalom legte sich einen Wagen mit Pferden zu und stellte eine Leibwache von fünfzig Mann zusammen. Das waren sehr viele Leute und machte einen starken Eindruck, wenn Absalom sich in der Stadt zeigte. Sein Auftreten entsprach heute dem eines berühmten Stars mit Bodyguards und großen Autos – alles sehr beeindruckend.
Geschickt nutzte er seine Vorteile. Jeden Morgen stellte er sich vor das Eingangstor der Stadt Jerusalem und suchte das Gespräch mit den Leuten, die in einer Rechtssache beim König vorsprachen. Absalom erkundigte sich: „Komm, sag mir, warum willst du zum König? Was ist dein Rechtsfall?“ Er ließ sich das Problem schildern, stimmte den Leuten immer zu und sagte: „Ja, du hast Recht. Du siehst das genau richtig. Du bist im Recht.“
Dann sagte er immer: „Wenn nur ich in diesem Land Richter wäre, ich würde jedem, der mit einem Streitfall zu mir kommt, zu seinem Recht verhelfen. Ich wäre der bessere und verständnisvollere Richter als mein Vater.“
Vier Jahre lang machte er das so. Auf diese Weise stahl er dem König die Herzen der Männer Israels. Die Menschen wandten sich von David ab und dachten, es wäre besser, Absalom wäre ihr König.
Schließlich schritt Absalom zur Tat. Er sagte seinem Vater, er wolle nach Hebron reisen, um dort ein Gelübde zu erfüllen und Gott ein Opfer darzubringen. Doch im Hintergrund hatte er alles vorbereitet, um als König ausgerufen und eingesetzt zu werden.
So wurde Absalom in Hebron zum König ernannt. Er beabsichtigte als Nächstes, nach Jerusalem zu reisen und seinen Vater zu töten.
Bevor Absalom sich auf den Weg machte, wurde David über die Ereignisse in Hebron informiert. David sagte zu seinen Leuten: „Wir müssen fliehen. Es gibt keine andere Rettung vor Absalom. Schnell fort, bevor er hier ist. Sonst fallen wir in seine Hand, und er richtet in der Stadt ein Blutbad an.“
Davids Gebet in der Flucht vor Absalom
Diese dramatische Flucht bildet den Hintergrund des Psalms, den wir heute gemeinsam betrachten. Es ist ein Psalm Davids, den er betete, als er vor seinem Sohn Absalom floh. Lesen wir, was David in einer seiner dunkelsten Zeiten zum Gebet brachte. Wir sind ja in der Reihe „Einblick in das Gebetsleben des Königs Davids“.
In diesem Psalm begegnet uns wieder das Wort „Sela“. Ich werde nicht näher darauf eingehen, da es jeweils eine Sinn-Einheit abschließt. Das habe ich euch bereits in einem vorherigen Psalm genauer erklärt.
Ach Herr, wie sind meine Feinde, so viele,
und erheben sich so viele wider mich.
Viele sagen von mir: Er hat keine Hilfe bei Gott. Selah.
Aber du, Herr, bist der Schild für mich,
du bist meine Ehre und hebst mein Haupt empor.
Ich rufe mit meiner Stimme zum Herrn,
so erhört er mich von seinem heiligen Berge. Selah.
Ich liege und schlafe in der Wache,
denn der Herr hält mich.
Ich fürchte mich nicht vor vielen Tausenden,
die sich ringsum wider mich legen.
Auf, Herr, und hilf mir, mein Gott,
denn du schlägst alle meine Feinde auf die Backe
und zerschmetterst der Frevler Zähne.
Bei dem Herrn findet man Hilfe,
dein Segen komme über dein Volk. Selah.
Die Tragik und die Folgen von Davids Familienkonflikten
Was für eine traurige und tragische Geschichte! Schlimmer hätte es für David, diesen mächtigen, erfolgreichen und starken König, nicht kommen können. Er musste vor seinem Sohn fliehen, damit sein Volk in Jerusalem nicht in Mitleidenschaft gezogen wird.
Nüchtern betrachtet hatte David diese Situation in gewisser Weise begünstigt. Hätte er damals seinen Sohn Amnon für die Vergewaltigung von Tamar bestraft, hätte sich die Geschichte vermutlich ganz anders entwickelt. Das ist natürlich keine Rechtfertigung für das Verhalten von Absalom. Auf ein Fehlverhalten sollte man nicht mit einem anderen Fehlverhalten reagieren. Genauso wenig sollte man Sünde mit einer anderen Sünde bekämpfen. Das ist nie eine gute Lösung. Solches Verhalten wirkt weiter zerstörerisch und setzt die Zerstörung nur fort.
Jedenfalls war David am Ende. Er ging barfuß, hatte sein Gesicht verhüllt und weinte. Und alle, die ihn begleiteten – und das waren große Kriegsleute, die Helden Israels – begleiteten ihn, verhüllten ihr Gesicht und weinten. Starke Männer, die große Kriege geführt und gewonnen hatten, verließen Jerusalem barfuß, weinten und verhüllten ihr Gesicht. Es schien alles verloren.
David musste alles, was er erkämpft hatte, zurücklassen. Das ist etwas Ähnliches, wie wenn jemand viel Engagement in ein Geschäft gesteckt hat und kurz vor der Pensionierung die Firma zusammenbricht. Es bleibt nur ein Schuldenberg zurück, kein Haus mehr, kein Auto, kein Einkommen.
„Ach Herr, wie viele sind meine Feinde, und wie viele erheben sich gegen mich!“ Alles bäumt sich gegen David auf. Die Zahl seiner Feinde ist wesentlich höher als die Zahl seiner Freunde. Es scheint, als hätten die Israeliten vergessen, was sie David zu verdanken hatten. Sie hatten ihm sehr, sehr viel zu verdanken.
Wenn jemand derart gedemütigt wird, versuchen Menschen oft, tiefsinnige Erklärungen dafür zu finden. David klagt: Viele sagen von mir, er hat keine Hilfe bei Gott, Gott hat ihn vergessen. Wenn jemand so tief unten ist, dann ist Gott nirgendwo mehr. Deshalb ist er so tief unten, weil Gott ihn vergessen hat. Man meint, Gott hätte sich von David abgewandt. Gott würde ihm nicht mehr helfen, er sei von Gott verworfen. So wird er zum Unmenschen erklärt, dem man ungestraft mit Respektlosigkeit begegnen kann.
Etwas, das sich leider in der Menschheitsgeschichte immer wiederholt: Unmenschen werden erniedrigt und gedemütigt, man will sie noch tiefer in ihr Elend stoßen. Man meint, sie hätten es verdient.
Exemplarisch sehen wir das an Shimi, einem Mann, der zur Verwandtschaft des Königs Sauls gehörte. Saul war der erste König in Israel und David war sein Nachfolger. Shimi fluchte und beschimpfte David, als dieser aus Jerusalem floh:
„Zum Teufel mit dir!“, schrie er. „Du Mörder, du Unmensch! Jetzt erlebst du die Strafe für das, was du der Familie Sauls angetan hast. Der Herr bringt Blut über dich, über alle Ermordeten! Der Herr bringt das Blut aller Ermordeten über dich!“
Der Herr, wohlbemerkt, spricht hier von dem Gott Israels, Jahwe. Deshalb wird „Herr“ hier großgeschrieben.
„Das Königtum, das du an dich gerissen hast, hat er deinem Sohn Absalom gegeben. Jetzt steckst du selbst im Unglück, du Mörder!“
Er rief David nach, schimpfte, fluchte und bewarf ihn mit Steinen und Dreck. Auch die Kriegshelden, die David begleiteten, bewarf er mit Steinen und Dreck. Was für eine Respektlosigkeit sondergleichen!
Als Joab, einer der Kriegsführer, das mitbekam, fragte er David: „Soll ich ihm den Kopf abschlagen?“ Das hätte er natürlich tun können. Die Krieger hatten die Kraft, Shimi mit Leichtigkeit zu töten.
David jedoch stimmte dem nicht zu.
So verließ David unter Schimpf und Scham Jerusalem – als einer, der von Gott scheinbar keine Hilfe bekommt.
Parallelen zu Jesus und die Bedeutung des Kreuzes
Und hunderte Jahre später geschah etwas Ähnliches mit Jesus in Jerusalem. Er liebte die Menschen und hatte ihnen viel Gutes getan. Er heilte unzählige Menschen, so dass seine Taten ganze Bücher füllen würden. Außerdem lehrte er sie über das Reich Gottes.
Doch am Ende wurde er unter Schimpf und Schande aus der Stadt geführt. Er wurde verspottet, beschimpft, bespuckt und geschlagen. Die Menge schrie ekstatisch: „Kreuzigt ihn, kreuzigt ihn, kreuzigt ihn!“
Es geschah, was der Prophet Jesaja vorausgesehen hatte. Jesus trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen. Doch wir hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert war. Für jemanden, von dem sich Gott abgewandt hatte – eben einen, dem Gott nicht hilft. Dass er so tief unten war, bewies doch schon, dass sich Gott von ihm abgewandt hatte. Sonst wäre er nicht dort.
Wir meinten, Gott hätte sich von ihm abgewandt, hätte ihn verstoßen. Man erklärte Jesus zum Unmenschen, dem man mit jeder Respektlosigkeit begegnen konnte. Das hat man damals getan, und das tut man bis heute.
Noch heute wird Jesus belächelt und verspottet. Im Kreuz sehen heute selbst große Kirchen keinen Sinn mehr, keine Bedeutung mehr. Ich kann das manchmal fast nicht fassen, wenn von Kirchen gesagt wird, dass das Kreuz, der Kreuzestod von Jesus, sinnlos war. Mehr verspotten kann man das, was Gott für uns getan hat, nicht.
Schon Paulus schreibt: Mit der Botschaft vom Kreuz ist es nämlich so, dass sie in den Augen derer, die verloren gehen, etwas völlig Unsinniges ist. Für uns aber, die wir gerettet werden, ist sie der Inbegriff von Gottes Kraft.
Oft verbirgt das, was schwach scheint, Stärke und Kraft in sich. So musste sich auch der Apostel Paulus von Gott sagen lassen: „Meine Gnade ist alles, was du brauchst, denn meine Kraft kommt gerade in der Schwachheit zur vollen Auswirkung.“
Es ist nicht die Stärke, es ist nicht die Schönheit, es ist nicht die Macht, die ein Mensch hat, sondern in der Schwachheit kann Gottes Kraft zum Vorschein kommen.
So täuschen sich leider viele Menschen in Jesus. Sie sehen in ihm vielleicht eine religiöse Figur, die gewisse Ideale auslebte, aber am Schluss scheiterte. Das sind alles total falsche Einschätzungen.
Der Prophet Jesaja weist uns darauf hin, was Jesus am Kreuz tatsächlich getan hat: „Er ist um unserer Missetat willen verwundet, also wegen uns, und um unserer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.“
Seine Schwachheit, menschlich gesehen, hat uns gerettet.
Davids Vertrauen trotz Demütigung und Bedrohung
Was die Feinde und Spötter sagen, kann David von seinen tiefen Überzeugungen nicht abbringen. Du, Herr, bist der Schild für mich, du bist meine Ehre und hebst mein Haupt empor. Selbst wenn ich gedemütigt werde, vertraue ich dir.
Du bist mein Schild, hinter dem ich mich verstecken kann. So wie Paulus die Epheser ermutigte, vor allen Dingen das Schild des Glaubens zu ergreifen, mit dem man alle feurigen Pfeile des Bösen auslöschen kann. Glaube, Vertrauen! David versteckte sich hinter diesem Schild. Er vertraute Gott trotz allem, denn er wusste, dass Gott ihn nicht zugrunde gehen lässt.
Du bist meine Ehre und hebst mein Haupt empor. Ich kann vor dem Scherbenhaufen meines Lebens stehen, aber du, Gott, richtest mich innerlich auf. Du richtest mein Haupt wieder auf, selbst wenn alles in Brüche gegangen ist. Du verlässt mich nicht.
Ich rufe mit meiner Stimme zum Herrn, und so erhört er mich von seinem heiligen Berge. David erlebte eine ganz konkrete Gebetserhörung: Er betete, als er die Nachricht erhalten hatte, dass einer seiner besten Berater, Ahitophel, sich seinem Sohn Absalom anschloss. David betete: „Herr, mach den klugen Rat Ahitophels zur Torheit.“
Denn er wusste, wenn Ahitophel Absalom beraten würde, würde dieser einen so guten Rat geben, dass es für David schwierig sein würde, sich zu verteidigen. Doch David wartete nicht auf eine übersinnliche Antwort von Gott, sondern wurde in dieser Angelegenheit selbst aktiv.
Die Hilfe kam durch Huschai, einen alten Freund und hoch angesehenen Berater. Huschai wollte David begleiten, doch David sagte: „Nein, nein, es macht keinen Sinn, wenn du mit mir kommst. Geh du nach Jerusalem, schließe dich meinem Sohn an und mache den Rat Ahitophels zunichte.“ So tat Huschai es.
Zudem organisierte David einen Nachrichtendienst, damit er immer wusste, was in Jerusalem vor sich ging und wie er gegebenenfalls darauf reagieren konnte.
Wir sehen: Wenn wir bei Gott um Hilfe flehen, bedeutet das nicht, dass wir passiv werden und auf ein übersinnliches Wunder warten müssen. Wir beten und treffen wichtige Entscheidungen. Es stimmt: „Ich rufe meine Stimme zum Herrn, so erhört er mich von seinem heiligen Berge.“ Diese Erhörung kann sich darin zeigen, dass Gott uns hilft, die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Wir rufen Gott um Hilfe und handeln gleichzeitig aktiv im Vertrauen darauf, dass er uns leitet.
David lebt mit einem tiefen Vertrauen auf Gott, den Schöpfer, selbst wenn alles verloren erscheint. „Ich liege und schlafe in der Wache, denn der Herr hält mich. Er weiß, was ich im Schlaf tue, und wenn ich erwache, bin ich in Gottes starker Hand geborgen. Ich fürchte mich nicht vor vielen Tausenden, die sich ringsum gegen mich legen.“
Gelassenheit in der Unsicherheit durch Gottes Führung
Keine Angst vor einer so großen Übermacht? Ist das nicht etwas seltsam? Wie kann ein Mensch in einer derart bedrohlichen Situation ruhig und geradezu gelassen bleiben? War sich David sicher, dass er mit dem Leben davonkommt und wieder nach Jerusalem zurückkehren wird?
Das ist doch so unser Ding in unserer Altfrömmigkeit, dass wir uns Mut zusprechen und sagen: Ja, das kommt schon gut, und nachher wird es besser sein als vorher. Ich frage mich immer: Okay, schön, wenn es so ist. Meine Erfahrung ist oft anders. Oder in Filmen, wenn es heißt, da gehen Leute in den Krieg und dann sagen sie: Ich komme ganz sicher wieder zurück, du kannst dich darauf verlassen. Hä, wieso denn das?
Nein, es war nicht etwas, was David wusste. Er hat sich nicht so hochgeschaukelt und gesagt: Es wird besser kommen, Gott wird mich wieder auf den Thron lassen, ich werde mit dem Sieg davonkommen. Er wusste nicht, ob er wieder König werden wird oder nicht. Warum konnte er in dieser traurigen, hoffnungslosen und beängstigenden Situation so gelassen sein?
Der Grund ist sein tiefes Vertrauen in Gott. David hatte keine Ahnung, wie Gott alles lenken würde, aber er war bereit, alles, was geschehen wird, zu akzeptieren und aus Gottes Hand zu nehmen. So sagte er zum Priester Zadok, den er als Nachrichtenübermittler nach Jerusalem zurückschickte – es war ein Teil seines Geheimdienstsystems, das er aufbaute: „Wenn der Herr mit mir Erbarmen hat, bringt er mich eines Tages zurück. Wenn er aber sagt: Ich habe kein Gefallen mehr an dir, dann soll er mit mir machen, was er für richtig hält.“
Das war seine Haltung. Egal, wie Gott mich führen wird, ich bin bereit, alles aus seiner Hand zu nehmen. Die Hauptsache ist, dass ich in Gottes Händen bin. Das war das Leben des David.
Einmal hat ihm Gott drei Vorschläge gemacht: „Wie willst du bestraft werden?“ David sagte nur eines: „Ich will nur in deine Hände fallen.“ Das hat David durch alles hindurchgetragen. Das hat ihm die Gelassenheit gegeben, egal wie es kommt. Die Hauptsache ist: Ich bin in den Händen Gottes.
Und er verfolgte nicht die Strategie des positiven Denkens: „Ja, ich werde wieder auf dem Thron sitzen, Gott wird mir den Sieg geben.“ Nein, er nahm alles, wie es kommt, aus Gottes Hand.
Davids Fürsorge für sein Volk trotz eigener Not
Die Bereitschaft, alles aus Gottes Hand zu nehmen – das Gute und das Schlechte – bedeutet nicht, dass wir alles kampflos als unser Schicksal hinnehmen müssen. Natürlich schreit David zu Gott: „Auf, Herr, und hilf mir, mein Gott!“
Das „Auf, Herr“ ist im Grundtext dasselbe Wort wie im ersten Vers, wo es heißt, die Feinde erheben sich gegen ihn. So wie sich die Feinde gegen David erheben, soll sich jetzt Gott gegen seine Feinde erheben. Du hast die Macht dazu, niemand wird die Kraft haben, sich dir entgegenzustellen. Denn du schlägst alle meine Feinde auf die Backe und zerschmetterst der Frevler Zähne. Du machst ihren Spott zunichte – sie haben dann keine Zähne mehr und können nur noch quaken. Du machst alle machtlos, und wenn du willst, kannst du helfen. Niemand wird dich daran hindern können.
Bei dem Herrn findet man Hoffnung. Dein Segen komme über dein Volk. Damit erweist sich David als König, der nicht an sich selbst denkt, sondern an sein Volk. Es geht David nicht zuerst um die Erlösung aus seiner schwierigen Situation, sondern um sein Volk, für das er von Gott die Verantwortung trägt.
Das sind die guten Könige und Machthaber, die nicht für sich selbst leben – so wie wir das heute in vielen Ländern sehen, wo Machthaber nur für sich selbst leben und das Volk nichts hat. David lebte nicht für sich selbst, sondern für sein Volk. Er wusste sich verantwortlich vor seinem Gott.
Lies uns nochmals den Psalm. Du könntest diesen Psalm mit in die nächste Woche nehmen und damit vor Gott kommen, um die Situation hinzulegen, die dich betrifft und beschäftigt. Ein Psalm Davids, als er von seinem Sohn Absalom floh, könnte vielleicht heißen: ein Psalm für Vreni, die gerade eine schwierige Nachricht bekommen hat, oder für dich, was auch immer dich bewegt und umtreibt.
Du kannst diesen Psalm mitnehmen, jeden Tag lesen und in deine stille Zeit einbauen. Man kann die stille Zeit auch mal unterbrechen und vom Leseplan abkommen. Wir müssen ja nicht Lesepläne einhalten, sondern es geht darum, dass wir Gott begegnen und er uns begegnen kann.
So lese ich zum Schluss noch einmal diesen Psalm:
„Ach Herr, wie sind meine Feinde so viele und erheben sich so viele wider mich! Viele sagen von mir: ‚Er hat keine Hilfe bei Gott.‘ Aber du, Herr, bist das Schild für mich, du bist meine Ehre und hebst mein Haupt empor. Ich rufe mit meiner Stimme zum Herrn, so erhört er mich von seinem heiligen Berge. Ich liege und schlafe und erwache, denn der Herr hält mich. Ich fürchte mich nicht vor vielen Tausenden, die sich ringsum wider mich legen. Auf, Herr, und hilf mir, mein Gott, denn du schlägst alle meine Feinde auf die Backe und zerschmetterst der Frevler Zähne. Bei dem Herrn findet man Hilfe, sein Segen komme über dein Volk.“
Dafür möchten wir dir danken, Vater. Bei dir ist Hilfe. Und oft vergessen wir das. Oft meinen wir, Hilfe ist da, wenn wir erfolgreich sind, und wenn es uns schlecht geht, ist sie nicht da. Aber gerade David zeigt, dass er selbst dann, wenn er vom Scherbenhaufen seines Lebens stand, in dir geborgen war. Er wusste, dass du irgendwie helfen wirst. Er wusste nicht wie, aber das Wichtigste war ihm, in deinen Händen zu sein.
Hilf uns, das auch für unser Leben zu begreifen. Mach uns auch barmherzig in der Beurteilung von Menschen, denen es nicht gut geht, damit wir sie nicht gleich verurteilen und meinen, wir wüssten, ob du sie noch begleitest oder nicht.
Wir danken dir, Herr Jesus, dass du bereit warst, in diese Welt zu kommen, dich zu erniedrigen, dich verspotten zu lassen und schließlich kreuzigen zu lassen. Du bist schwach geworden aus Liebe zu uns, damit wir ewiges Leben bekommen. Dafür wollen wir dir von ganzem Herzen danken. Amen.
Schlussgebet und Dank
Dafür möchten wir dir danken, Vater. Bei dir ist Hilfe, und oft vergessen wir das. Oft meinen wir, Hilfe sei nur da, wenn wir erfolgreich sind. Wenn es uns schlecht geht, glauben wir, sie sei nicht vorhanden.
Doch gerade David zeigt, dass er selbst dann, wenn er am Tiefpunkt seines Lebens stand, in dir geborgen war. Er wusste, dass du ihm irgendwie helfen würdest. Er wusste nicht wie, aber das Wichtigste für ihn war, in deinen Händen zu sein.
Hilf uns, das auch für unser Leben zu begreifen. Mach uns barmherzig in der Beurteilung von Menschen, denen es nicht gut geht. Lass uns nicht sofort verurteilen und glauben, wir wüssten, ob du sie noch begleitest oder nicht.
Wir danken dir, Herr Jesus, dass du bereit warst, in diese Welt zu kommen und dich zu erniedrigen. Du hast es zugelassen, verspottet zu werden und schließlich gekreuzigt zu werden. Du bist aus Liebe zu uns schwach geworden, damit wir ewiges Leben bekommen.
Dafür wollen wir dir von ganzem Herzen danken. Amen.
