
Wir beginnen heute mit einer neuen Predigtserie. Dabei werden wir uns gemeinsam einige Kapitel aus dem Markus-Evangelium anschauen.
Das hat auch den Hintergrund, dass im Herbst geplant ist, den gesamten Text des Markus-Evangeliums aufzuführen.
Besonders möchten wir Menschen einladen, die noch keinen großen Bezug zur Bibel haben. Deshalb ist es wichtig, dass wir als Gemeinde zunächst selbst einen besseren und tieferen Bezug zum Markus-Evangelium bekommen.
In der Bibel finden wir vier Evangelien. Im Grunde genommen sind diese Evangelien vier Biografien über das Leben des Herrn Jesus. Jeder Autor beschreibt dabei unter der Leitung des Heiligen Geistes einen anderen Schwerpunkt, einen anderen Aspekt des Lebens Jesu.
Matthäus stellt Jesus zum Beispiel als König der Juden dar. Lukas hingegen beschreibt Jesus als den Menschen. Johannes legt den Fokus darauf, Jesus als den Sohn Gottes in den Mittelpunkt zu stellen. Johannes Markus, der wahrscheinlich das Markus-Evangelium verfasst hat, zeigt uns Jesus als den Diener.
Jesus sagt: „Ich bin nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und mein Leben zu geben als Erlösung für viele.“ Dies lesen wir im Schlüsselvers des Markus-Evangeliums, Kapitel 10, Vers 45 (Markus 10,45). So ist das ganze Evangelium aufgebaut.
Bei einem Diener ist zum Beispiel das Geschlechtsregister nicht wichtig, deshalb finden wir darin auch keines. Ebenso wird keine Kindheits- oder Geburtsgeschichte erzählt. Der Dienst steht im Mittelpunkt. Es geht darum, dass der Herr Jesus dient, indem er, wie bereits erwähnt, sein Leben für uns gibt.
Und deswegen beschreibt Markus auch sehr detailliert die letzte Woche des Herrn Jesus. Ab Kapitel 12 bis Kapitel 16 handelt es sich ausschließlich um diese letzte Woche, in der der Herr Jesus sein Leben für mich gibt.
Das bedeutet, von den 661 Versen des Markus-Evangeliums beschäftigen sich 253 mit der letzten Dienstwoche des Herrn Jesus. Das sind etwa 38 Prozent des gesamten Evangeliums. Es geht also ausschließlich um diese letzte Woche, die dort sehr ausführlich dargestellt wird.
Im Markus-Evangelium stehen vor allem die Taten im Vordergrund. Da Markus nicht nur, aber vor allem an die Römer schreibt, betont er das Handeln des Herrn Jesus besonders stark. Für die Römer war das Tun wichtiger als Worte. Deshalb lesen wir im Markus-Evangelium sehr oft das Wort „sogleich, sogleich, sogleich“. Dort passiert wirklich etwas.
Wenn du die Luther-Übersetzung hast, liest du „alsbald, alsbald, alsbald“. Man merkt also, dass im Evangelium kaum lange Reden vorkommen. Um diese geht es nicht, sondern um die Taten.
Dass Markus an die Römer schreibt, erkennt man auch daran, dass er jüdische Ausdrücke und Sitten erklärt. Gleichzeitig verwendet er selbstverständlich lateinische Begriffe wie Legion oder Centurio, ohne sie zu erläutern. Er setzt voraus, dass seine Leser diese Begriffe kennen.
Das Markusevangelium wurde aufgeschrieben, und zwar basierend auf den Informationen, die Petrus ihm gegeben hat. Deshalb haben Kirchenväter wie zum Beispiel Justin der Märtyrer gesagt, dass das Markusevangelium das Evangelium des heiligen Petrus ist.
Das bedeutet, dass Petrus als Augenzeuge Markus erzählt hat, was er mit Jesus erlebt hat. Es ist spannend, dass es manche Dinge gibt, die nur im Markusevangelium stehen. Zum Beispiel, als der Engel am Auferstehungsgrab den Frauen sagt: „Geht hin und sagt es seinen Jüngern, dass Jesus auferstanden ist.“ Diese Aussage finden wir auch bei den anderen Evangelisten.
Aber im Markusevangelium wird zusätzlich erwähnt: „Sagt es seinen Jüngern“ – und Petrus wird extra genannt. Warum wird Petrus hier ausdrücklich erwähnt? Es ist offensichtlich, dass es Petrus wichtig war, dass Jesus seinen Namen nennt, auch wenn er ihn verraten hat.
Das Wort „Evangelium“ bedeutet übersetzt „Gute Nachricht“. Das haben wir in der Gottesdienstleitung schon gehört. Ich habe diese Predigt mit dem Satz überschrieben: „Gute Nachricht für mich.“ Das ist wirklich eine gute Nachricht für mich, was ich im Markusevangelium lese.
Und bevor wir über diese gute Nachricht sprechen, wollen wir sie zunächst erst einmal hören.
Ich möchte dazu Markus 1,1-13 lesen. Das ist der Text, um den es heute geht:
Anfang des Evangeliums Jesu Christi, des Sohnes Gottes. Wie in dem Propheten Jesaja geschrieben steht: „Siehe, ich sende meinen Boten vor deinem Angesicht her, der deinen Weg bereiten wird. Stimme eines Rufenden in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn, macht seine Pfade gerade!“
Johannes trat auf, taufte in der Wüste und predigte die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden. Es ging zu ihm hinaus das ganze jüdische Land und alle Einwohner Jerusalems. Sie wurden im Jordanfluss von ihm getauft, indem sie ihre Sünden bekannten.
Johannes war mit Kamelhaaren bekleidet und trug einen ledernen Gürtel um seine Lende. Er aß Heuschrecken und wilden Honig. Er predigte und sagte: „Nach mir kommt der, der stärker ist als ich. Ich bin nicht würdig, ihm gebückt den Riemen seiner Sandalen zu lösen. Ich habe euch mit Wasser getauft, er aber wird euch mit Heiligem Geist taufen.“
Und es geschah in jenen Tagen, dass Jesus von Nazareth in Galiläa kam und von Johannes im Jordan getauft wurde. Sobald er aus dem Wasser heraufstieg, sah er die Himmel sich teilen und den Geist wie eine Taube auf ihn herabfahren. Eine Stimme kam aus den Himmeln: „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden.“
Gleichzeitig trieb ihn der Geist in die Wüste hinaus. Dort war er vierzig Tage und wurde von dem Satan versucht. Er war unter den wilden Tieren, und die Engel dienten ihm.
Markus zeigt hier drei Aspekte der guten Nachricht für mich: Erstens, Jesus ist mein Retter und Herr. Zweitens, der Heilige Geist wohnt in mir. Drittens, Gott ist mein Vater. Das ist die gute Nachricht für mich.
Zunächst einmal ist Jesus mein Retter und Herr. Darum geht es in den ersten sieben Versen, und deshalb wird dies auch der Schwerpunkt meiner Predigt sein. Wenn ich mit diesem Punkt durch bin, müsst ihr nicht denken, dass die anderen genauso lange dauern.
Es geht also bei Markus, so haben wir es am Anfang hier gelesen, um das Evangelium von Jesus Christus. Das heißt, Markus zeigt sehr deutlich: Jesus ist das Zentrum der Heilsgeschichte. Jesus steht im Mittelpunkt. Es ist Jesus, um den es hier in diesem Evangelium geht.
Wenn ich Christ bin und an das Evangelium glaube, dann glaube ich nicht nur an dogmatische Richtigkeiten oder an Lehrsätze. Mit dem Herrn Jesus kenne ich eine Person, um die es geht. Ich kenne den Herrn Jesus als meinen Christus, als meinen Retter.
So sagte es schon der Engel zu Joseph in einem anderen Evangelium: „Du sollst seinen Namen Jesus nennen, denn er wird sein Volk retten von seinen Sünden.“ Das ist das, was Jesus ausmacht. Jesus ist kein selbsternannter Messias, wie es sie auch hin und wieder in der Weltgeschichte gab. Nein, Jesus ist der Sohn Gottes, so lesen wir es in den gängigen Schriften, auf deren Grundlage wir unsere deutsche Übersetzung haben.
In Markus 14,61 sagt der Herr Jesus es sogar selbst. Er wird dort gefragt: „Bist du der Christus, der Sohn des Hochgelobten?“ Und Jesus antwortet darauf: „Ich bin es.“ Jesus ist der Sohn Gottes, so wird er uns hier gleich am Anfang vorgestellt. Das heißt, er ist Gott. Wer Jesus sieht, der sieht Gott.
Damit klar ist, dass Jesus von Nazareth Gott ist, gab es im Alten Testament schon viele Hinweise. An diesen sollte man erkennen, dass er wirklich der Retter ist, den Gott versprochen hat.
Wer das Alte Testament kannte, wusste, dass Gottes Retter als Mensch geboren werden würde. Er würde aus dem Stamm Juda stammen und aus der Familie Davids kommen. Außerdem würde er in Bethlehem geboren werden. Es steht auch geschrieben, dass er Blinde heilen wird. So viel wird über diesen Retter im Alten Testament berichtet.
Als Christen müssen wir auf diesen Retter nicht mehr warten, wie es die Juden taten. Wir wissen, dass Gott auf dieser Erde war. Er hieß Jesus von Nazareth, er hieß Jesus Christus.
Markus erinnert in seinem Evangelium an eine Vorhersage aus dem Propheten Jesaja. Der Prophet beschreibt, was geschehen wird, bevor der Retter kommt.
Politiker haben oft eine Eskorte. Wenn man einen Politiker sieht, kommt zuerst die Eskorte, und man weiß, dass irgendwann der Politiker selbst folgt. Diese Eskorte geht ihm voraus. So war es auch bei Jesus.
Er hatte einen Vorläufer, der zuerst kam: Johannes der Täufer. Jesaja sagt, bevor man Jesus begegnet, muss man Johannes dem Täufer begegnen.
Johannes wird auch der Busprediger genannt. Dass er ein Prophet war, erkennt man äußerlich an seinem Kamelhaaranzug. Man ahnt es auch an seiner Nahrung, wie Markus beschreibt. Doch das Wesentliche liegt woanders.
Das Entscheidende an Johannes dem Täufer war seine Botschaft. Diese lesen wir in den Versen vier und fünf. Es war die Aufforderung: Tut Buße!
Vers fünf zeigt uns, dass viele Menschen darauf reagiert haben. Sie haben, so lesen wir es hier, ihre Sünden bekannt. Buße zu tun heißt, ich stehe zu meiner Sünde und rede sie nicht schön. Sünde bekennen bedeutet, ich sage über meine Sünde genau das Gleiche, was Gott über meine Sünde sagt.
Buße zu tun heißt auch, ich komme im Gebet zu Gott und sage ihm, dass es mir leid tut, dass er in meinem Leben keine Rolle gespielt hat. Dass sein Wille mir egal war, dass ich das getan habe, was ich wollte, und nicht das, was er will. Dabei hat Gott mich geschaffen. Er hat mich gemacht, um ihn groß zu machen. Doch das, was ich in meinem Leben getan habe, war, dass ich nur mich selbst groß gemacht habe.
Ich bitte Gott, mir meinen völlig falschen Lebensstil zu vergeben. Das ist Buße. Buße beinhaltet auch, dass ich sage: Gott, vergib mir auch meinen falschen Lebensstil. Zum Beispiel meine Habsucht, meinen Egoismus, meinen Neid oder sogar meinen Hass.
Böse zu tun klingt bedrohlich, aber es ist so befreiend.
Böse zu tun ist etwas ganz anderes, als nur über meine Sünde zu sprechen. Das erlebst du in Talkshows, wenn Leute über ihre Sünde prahlen oder deutlich machen, dass sie an der Sünde zerbrechen. Sie nennen es dann aber nicht Sünde, sondern sprechen von Problemen.
Wenn ich jedoch nur über Sünde spreche, ist die Sünde dadurch nicht verschwunden. Gleich zu Beginn des Markus-Evangeliums schwingt die Frage mit: Wie kann ich Vergebung für meine Sünde bekommen? Wie erhalte ich Vergebung für meine Schuld?
Diese Vergebung kann ich nur bekommen, wenn ich, im übertragenen Sinn, Johannes dem Täufer zuhöre. Ich muss verstehen: Mensch, ich bin vor Gott so schuldig, dass zwischen mir und Gott ein tiefer Riss besteht. Diesen Riss kann ich niemals selbst kitten. Deshalb brauche ich Vergebung für meine Schuld.
Ich habe keine andere Chance. Ich kann meine Schuld vor Gott nicht wiedergutmachen. Ich brauche Vergebung.
Vergebung bekomme ich nur, wenn ich besser verstehe, was in Vers 9 steht und was dort passiert. Jesus wird getauft. Das ist eine symbolische Handlung mit einer tiefgehenden Aussage.
Die Menschen, die zu Johannes kommen, stellen sich zu ihrer Schuld und auch unter ihre Schuld. Johannes bestätigt mit seiner Taufe diese innere Haltung für alle sichtbar: Ich bin ein Sünder, ich habe Gottes Gericht verdient.
Wenn Jesus sich taufen lässt, sieht das für die Zuschauer damals so aus, als würde Jesus sagen: Ich stelle mich unter meine Sünde. Doch Jesus hatte keine Sünde. Wir haben gelesen, dass er Gottes Sohn ist und so rein wie Gott selbst.
Aber Jesus stellt sich unter meine Sünde. Er trägt meine Schuld. So wird er zu meinem Retter. Das ist die gute Nachricht, das Evangelium.
Deshalb kann ich, wenn ich meine Schuld bekannt habe, sagen: Herr Jesus, danke, dass du für meine Schuld gestorben bist und sie bezahlt hast. Danke, dass du die Schuld, die ich dir gerade bekannt habe, vergeben kannst. Und wenn ich zu dir gekommen bin, hast du sie auch vergeben.
Es gibt die Gewissheit: Meine Schuld ist vergeben. Doch der Weg zu dieser Gewissheit führt immer über das Kreuz. Er führt immer über Johannes, den Täufer, den Bußprediger.
Buße ist immer der erste Schritt in ein Leben mit Gott, in eine Beziehung mit Gott hinein.
Christen sind Menschen, die Buße getan haben über ihren falschen Lebensweg und wissen, dass Gott ihnen ihre Schuld vergeben hat. Ich weiß nicht, womit du dich gerade beschäftigst oder mit welcher Schuld du noch kämpfst. Gottes gute Nachricht lautet: Wenn du Christ bist, ist dir vergeben.
Manchmal haben wir das Problem, dass wir uns selbst nicht vergeben können, weil wir eine zu gute Meinung von uns selbst haben. Doch das entnehme ich den ersten Versen des Markus-Evangeliums: Vergebung ist möglich. Gott wird mir meine Schuld nicht mehr anrechnen. Und das ist wirklich ein Grund zum Jubeln.
Am Kreuz, an dem Jesus hängt, ist die Schuldfrage gelöst. Deshalb kann ich mich als Christ auch mit der Schuld in meinem Leben beschäftigen, ohne von der Sündenlast erdrückt zu werden, weil es wirklich Vergebung gibt.
Ich sage es noch einmal: Buße zu tun ist etwas ganz anderes, als nur über Sünde zu reden und dann achselzuckend irgendwie weiterzugehen. Ich weiß als Christ, wohin ich gehen kann. Ich weiß, wem ich meine Schuld bringen kann – nicht nur, wenn ich das erste Mal zu Jesus komme, sondern immer wieder.
Die erste der 95 Thesen von Martin Luther ist bekannt und ich finde sie sehr wichtig. Er sagt dort: „Da unser Herr und Meister Jesus Christus spricht: Tut Buße, hat er gewollt, dass das ganze Leben der Gläubigen Buße sein soll.“
Auch das ist ein befreiender Satz. Auf meinem Weg mit Jesus gehen mir immer wieder Gedanken durch den Kopf, von denen Gott sagt, sie sind Sünde.
Auch als Christ lasse ich mich zu Taten hinreißen, von denen Gott sagt: „Ich hasse das, was du tust!“ Wie gehe ich damit um, wenn Gott mich durch sein Wort auf diese Dinge hinweist? Kann mein Stolz mir den Mund verschließen, zu Gott und auch zu Menschen zu sagen: „Bitte vergib mir“?
Wenn das so ist, wenn mein Stolz mir den Mund verschließen kann, dann muss ich mich nicht wundern, dass meine Beziehung zu Jesus immer oberflächlicher wird und dass mein Herr mir immer fremder wird.
Aber die gute Nachricht dabei – und das ist für mich die gute Nachricht – ist: Das muss nicht so bleiben. Bist du bereit, deinen Lebensstil so zu gestalten, dass du das, was Gott in deinem Leben anspricht, nicht versteckst, sondern dazu stehst und deine Schuld ihm bekennst?
Ja, das kann meinen Stolz kosten. Ja, es kann sein, dass ich dabei mein Gesicht verliere. Aber wenn ich als Christ Buße tue über Dinge, die in meinem Leben sind und nicht da sein sollten, dann freut sich Gott darüber.
Ich glaube, das sollte doch eine große Motivation sein, zu beten: Herr, schenk mir die Kraft, mich vor dir und auch vor Menschen zu demütigen und Buße über mein sündiges Verhalten zu tun.
Vielleicht gibt es eine Sünde, mit der du ganz besonders zu kämpfen hast. Vielleicht hat mich als Christ der Neid fest im Griff, oder die unreinen Gedanken, oder die Sucht, immer im Mittelpunkt stehen zu müssen.
Wenn ich wieder einmal die rote Linie überschritten habe, ist es falsch, das nur mit Achselzucken zur Kenntnis zu nehmen. Gerade dann ist es wichtig, Buße zu tun. Es ist wichtig, mit Gott zu sprechen und zu sagen: Herr, vergib mir, dass ich wieder einmal so gehandelt habe, wie du es eigentlich nicht willst. Dass ich anders gehandelt habe, als du mich eigentlich befähigt hast zu handeln.
Wenn ich Buße so praktisch lebe, werde ich mich an Sünde nicht gewöhnen. Dann bleibe ich sensibel für die Sünde, die in meinem Leben ist. Die Sünde wird in meinem Leben auch nicht weiter herrschen können, weil Jesus doch der Herr ist.
Auch das wird hier sehr deutlich. Es ist eine gute Nachricht: Jesus ist mein Retter und Herr.
In Vers 7 wird uns diese Tatsache sehr eindrücklich beschrieben: „Der, der nach mir kommt, ist stärker als ich. Und ich bin nicht würdig, ihm den Riemen seiner Sandalen zu lösen.“
Bevor Gott in meinem Leben die Sünde überwindet, muss er mich zuerst überwunden haben. Oft ist es ein langer Weg, bis ich als stolzer Mensch sagen kann: „Ich bin nicht würdig, dir den Riemen deiner Sandalen zu lösen.“
Um denselben Gedanken mit anderen Worten auszudrücken: Ich möchte es so sagen wie Jeremia in Jeremia 20, wo er schreibt: „Herr, du bist mir zu stark geworden.“
Jeremia hatte den Auftrag, Gottes Gericht zu verkündigen, und er hat diesen Auftrag erfüllt. Doch der Priester Parchur ärgerte sich darüber und sorgte dafür, dass Jeremia in Einzelhaft kam und öffentlich denunziert wurde.
Jeremia überlegt sich daraufhin, was sehr nachvollziehbar ist: Wäre es nicht besser gewesen, den Mund zu halten? Dann wäre ich noch in Freiheit.
Doch der Prophet sagt zu sich selbst – oder besser gesagt, er drückt ein Gebet aus: „Nein, du Gott, du bist mir zu stark geworden.“
Damit meint er: „Ich will nicht mehr nach meinem eigenen Willen leben. Dein Plan soll in meinem Leben wichtiger sein als mein Wunsch.“
Ich wünsche mir, dass Gott auch für mich zu stark wird. Das ist Gottes Weg, mich von meinem Eigenwillen zu erlösen.
Deshalb muss Gott manchmal auch mit mir schwierige Wege gehen, damit ich meine eigene Kraft verliere. So kann ich sagen, wie Paulus es einmal formuliert hat: „Deine Gnade ist genug, denn deine Kraft wird gerade in der Schwachheit sichtbar und nicht durch meine Kraft.“
Johannes sagt hier: Jesus ist stärker als ich. Das zeigt, wer wirklich der Bestimmer in meinem Leben sein soll. Aber nicht nur der Bestimmer, sondern auch der Beschützer in meinem Leben.
Kleine Jungs sind manchmal dafür bekannt, ziemlich keck zu sein, besonders wenn ihr großer Bruder in Reichweite hinter ihnen steht.
Wenn Jesus der Stärkere ist, dann darf ich auch der Sünde in meinem Leben ziemlich keck gegenübertreten. Wenn Neid, unreine Gedanken, Selbstsucht oder Selbstmitleid in meinem Leben wieder den Ton angeben wollen, kann ich beten: Danke, Herr Jesus, du bist der Stärkere.
Das habe ich hier aus dem Markusevangelium. Danke, Herr Jesus, du bist für meine Sünden gestorben, du hast mich erlöst und befreit. Ich muss nicht mehr Ja zur Sünde sagen. Herr Jesus, du hast mich freigemacht, weil mein alter Mensch mit dir gestorben ist. Deshalb will ich mit deinem Sieg in meinem Leben rechnen.
Du bist der Stärkere, und deshalb darf die Sünde mich nicht wieder in den Würgegriff nehmen. Der Sieg von Golgatha wird, wenn ich so bete, hier und heute in meinem Leben sichtbar.
Dafür darf ich Danke sagen. Das ist doch eine gute Nachricht: Jesus ist Retter und Herr.
Aber eine gute Nachricht ist auch: Der Heilige Geist wohnt in mir. Das ist mein zweiter Punkt.
Wir lesen in Vers 8, dass der Herr Jesus mich mit dem Heiligen Geist getauft hat. Johannes sagt dies hier als Prophetie, und im Korintherbrief lesen wir, dass es tatsächlich so ist, wie Johannes es voraussagt: Jesus hat mich mit dem Heiligen Geist getauft.
In diesem Text sehen wir, was es für ihn selbst bedeutete, mit dem Heiligen Geist getauft zu werden. Das heißt, der Heilige Geist wohnt in meinem Leben.
Als ich mich auf diese Predigt vorbereitet habe, musste ich wieder daran denken, dass ich kaum begreifen kann, was es bedeutet, dass der Heilige Geist in mir wohnt. Im Alten Testament sind die Menschen nach Jerusalem gegangen, wo Gott über eine lange Zeit im Tempel gegenwärtig war. Dort haben sie Gott angebetet.
Wenn ich das, was hier steht, übertrage, dann muss ich sagen: Jetzt müssen die Menschen nur zu dir nach Hause kommen, um zu sehen, wie ein Mensch aussieht, in dem der gleiche Geist wohnt, der damals im Tempel war. Paulus würde ergänzen, dass es der Geist ist, der Jesus von den Toten auferweckt hat. So sagt Paulus in Römer 8.
Wir sagen das oft ganz locker: Der Heilige Geist wohnt in mir. Aber was bedeutet das wirklich? Paulus zieht daraus eine klare Schlussfolgerung: Du bist ein Tempel des Heiligen Geistes. Das ist wie damals in Jerusalem. Das ist eine unglaubliche Botschaft.
Jesus legt durch die Geistestaufe den Geist Gottes in mein Leben hinein. Das heißt, in meinem Leben ist jemand da, der vorher nicht da war. Diesen Geist Gottes in meinem Leben erkennt man vor allem an der Liebe, so wie beim Herrn Jesus selbst.
Paulus schreibt in 2. Timotheus 1, dass der Geist Gottes kein Geist der Angst ist, sondern ein Geist der Liebe. Er ist ein Geist der Kraft und ein Geist der Selbstbeherrschung.
Das sind sehr gute Kriterien, um zu erkennen, ob manches Verhalten in meinem Leben wirklich durch den Heiligen Geist bestimmt ist. Wenn mein Leben nur noch von Angst, Selbstsucht, Niederlage oder Unbeherrschtheit geprägt ist, dann ist das ganz sicher nicht die Handschrift des Heiligen Geistes.
Aber die gute Nachricht bleibt: Der Heilige Geist ist in mir. Jesus hat den Heiligen Geist in mich hineingelegt, und deshalb kann ich in seiner Kraft leben.
Nimm dir doch einmal Zeit, darüber nachzudenken, wo in deinem Leben der Heilige Geist den Unterschied macht. Wo und wie erlebst du seine verändernde Kraft in deinem Leben?
Wir haben das in diesem Lied gesungen: Seine Wahrheit für meine Lüge. Das bedeutet, dass ich begreife, was Gottes Wahrheit ist und was meine Lüge ist. Wo stehe ich im Vergleich zum letzten Jahr? Bin ich Jesus ähnlicher geworden? Das ist die Handschrift des Heiligen Geistes.
Hier geht es nicht um Vollkommenheit. Es geht auch nicht darum, dass du mit so einem heiligen Schein oder einer Gloriole durch die Gegend laufen musst. Vielmehr geht es darum, dass unter der Leitung des Heiligen Geistes Veränderung in meinem Leben ganz praktisch sichtbar wird. Nicht nur für mich selbst, sondern auch für die Menschen, die mit mir zusammenleben.
Wir lesen hier, dass Jesus mit dem Heiligen Geist taufen wird. Aber woran erkennt man, dass ich als Christ mit dem Heiligen Geist getauft bin? Das ist doch nicht nur ein dogmatisches Bekenntnis, bei dem ich aufschlage und sage: Ja, das steht im Korintherbrief, ja, das steht im Markus-Evangelium. Aber wo sieht man das ganz konkret in meinem Alltag? An meinem Verhalten, an meinen Einstellungen und vor allem an meinem Denken über Jesus? Denn mein Denken über Jesus lebe ich ja, das kann man sehen.
In Johannes 16 sagt Jesus einmal: Der Heilige Geist wird mich verherrlichen, also er wird mich groß machen. Wie macht der Heilige Geist das in meinem Leben? Wie macht der Heilige Geist Jesus in meinem Leben groß? Das ist eine entscheidende Frage, über die ich immer wieder betend nachdenken sollte.
Geistestaufe – das ist doch nicht nur ein Wort. Es ist Gottes Handeln in meinem Leben, das mich dazu befähigt, so leben zu können, wie Gott es will. Wenn Jesus in Johannes 14 sagt: Wer an mich glaubt, wird die Werke tun, die ich tue, dann sind das doch nicht nur leere Worte. Aber es ist doch nicht möglich, dass ich das aus eigener Kraft tun kann. Es ist nur möglich durch den Geist Gottes.
Wenn du das Johannesevangelium liest – das ist heute nicht unser Thema –, wirst du merken, dass solche Sätze eingebettet sind in die Verheißung: Ich gebe euch den Geist Gottes. Ebenso schreibt Markus: Ihr werdet mit dem Heiligen Geist getauft werden. Jesus will mich gebrauchen, um sein Leben in dieser Welt heute zu leben.
Hat er mich mit seinem Geist getauft? Meine Verantwortung ist es, seinem Geist in meinem Leben Raum zu geben, damit dieser Geist tun kann, was er tun soll.
Vielleicht bin ich in bestimmten Lebensbereichen mit der Zeit Jesus wieder unähnlicher geworden. Vielleicht hat die Einstellung „Ich will Spaß haben“ nach und nach die Haltung „Herr, wie kann ich dir dienen?“ verdrängt. Aber gerade dann, wenn das so ist, muss ich meinen Kopf nicht in den Sand stecken. Ich kann mich daran erinnern: Der Heilige Geist ist doch durch die Geistestaufe in mir. Ich bin doch ein Tempel des Heiligen Geistes, und Gott, der Geist, will mir die Kraft geben, mehr wie Jesus zu leben.
Das muss und kann ich nicht aus eigener Kraft schaffen. Wer nicht mit der Kraft des Heiligen Geistes in sich rechnet, ist wie ein Autofahrer mit einer Motorpanne. Anstatt das Handy zu nehmen und Hilfe zu rufen, holt er seinen Hobby-Schrauberkasten heraus und versucht, selbst am Motor herumzuschrauben. Dabei wird nichts herauskommen.
Manchmal verbringen wir Jahre als Hobbyschrauber, anstatt zu sagen: Herr, ich brauche die Kraft deines Heiligen Geistes. Danke, dass ich mit diesem Geist getauft bin.
In Vers 12 sehen wir, dass genau dieser Geist Jesus in die Wüste hinaustreibt. Dort wird Jesus versucht. Darüber habe ich bereits vor einigen Sonntagen gepredigt, daher wird dies heute nicht mein Schwerpunkt sein.
Das bedeutet, Gottes Geist kann mich durchaus auch auf schwere Wege führen. Der Geist hat Jesus hier geführt.
Diese Wege gefallen mir vielleicht nicht, doch es sind Wege der Veränderung. Sie lassen die Frucht des Geistes in meinem Leben sichtbar werden, wie Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit und so weiter.
Als evangelikale und konservative Christen beschäftigen wir uns oft wenig mit dem Heiligen Geist. Vielleicht macht ihr das ja anders, aber so sind meine Erfahrungen.
Wir wollen dem Heiligen Geist keine zu starke Betonung geben, damit man uns nicht in ein charismatisches Lager einordnet. Doch der Heilige Geist ist Gott. Das bedeutet, Gott wohnt in uns. Wir sind nicht Gott, aber wir sind Gottes Gefäß, durch das er sich in unserem Leben groß machen möchte.
Ich glaube, es ist deshalb gut, neu darüber nachzudenken, was es bedeutet, wenn Jesus uns mit dem Heiligen Geist tauft. Woran merke ich das in meinem Leben? Welche Auswirkungen hat das ganz konkret in meinem Alltag?
Und damit komme ich zu dem letzten Punkt, der guten Nachricht für mich. In diesem Text, in den ersten Versen des Markus-Evangeliums, heißt die letzte Überschrift „Gute Nachricht für mich: Gott ist mein Vater“.
Der Herr Jesus hat uns seinen Vater als unseren Vater vorgestellt, indem er uns zum Beispiel das „Vater Unser“ lehrt. Er sagt, ihr dürft es sagen: unser Vater.
In Galater 4,6 lesen wir sogar: „Der Geist seines Sohnes“ – von dem habe ich ja eben gerade gesprochen, also der Heilige Geist – „ruft in unseren Herzen: Abba, Vater.“ Wenn ihr mal in Israel seid und durch die Straßen geht, hört ihr kleine Kinder rufen: Abba, Abba. Wir würden sagen: Papa, Papa. Das drückt eine ganz tiefe Beziehung aus.
Und Paulus sagt, dieser Heilige Geist ruft in dieser tiefen Beziehung aus unserem Herzen: Abba, Abba.
Kannst du dir das vorstellen? Du darfst zu dem lebendigen Gott, der den Himmel und die Erde geschaffen hat und sie erhält, Vater sagen. Vertrauter geht es nicht. Ich habe einen Vater im Himmel, der mich kennt und liebt, und ich bin sein Kind. Es gibt nichts Größeres.
Das lerne ich hier in den ersten Versen des Markus-Evangeliums bei der Taufe des Herrn Jesus. Und ich wünsche mir, dass viel mehr Menschen vor Augen haben, was es heißt, Gottes Kind sein zu dürfen und Gott Vater nennen zu können.
Wenn ich das wirklich tief verinnerlicht hätte, würde mir die Anerkennung von Menschen nur sehr wenig bedeuten. Gott als Vater zu kennen, befreit einen davon, etwas beweisen oder sein zu müssen, um andere zu beeindrucken.
Bei Gott als meinem Vater darf ich einfach sein. Bei ihm bin ich daheim, da bin ich geborgen. Mit ihm darf ich über alles reden, was mein Herz bewegt.
Wie dumm bin ich eigentlich, dass ich viel lieber Selbstgespräche führe, anstatt mit meinem Vater im Himmel zu reden und ihm zu vertrauen.
Mir scheint, ein großer Teil des Jüngerschaftstrainings eines Missionars in Südamerika besteht aus der Wiederholung eines Satzes. Diesen sagt er jungen Christen immer wieder: „Du hast doch einen Vater im Himmel, mit dem du reden kannst.“ Wenn sie mit allen möglichen Problemen kommen und das, was sie beschäftigt, ist immer wieder sein Satz: „Rede mit deinem Vater im Himmel.“
Darum muss ich erinnert werden, wenn die Sorgen mich übermannen oder wenn die Resignation das Ruder in meinem Leben übernehmen will: Ich habe einen Vater im Himmel.
Gott ist nicht so wie der Vater, den du vielleicht erlebt hast – der euch als Familie allein gelassen hat und nur noch sein eigenes Ding gemacht hat, auch wenn er körperlich vielleicht anwesend war. Gott ist ganz anders. Er will als Vater mein Bestes. Er interessiert sich für mich, liebt mich und will eine tiefe Beziehung zu mir.
Hier am Jordan redet der himmlische Vater hörbar mit seinem Sohn. Das heißt, die Leute, die an jenem Tag dabei waren, haben Gott genauso reden gehört wie ihre Väter einst am Berg Sinai. Das war kein Donner, das war Gottes Lautsprecherstimme. Wenn du das gehört hast, wirst du es nie vergessen – dein ganzes Leben lang nicht. Gott hat geredet.
Und was hat Gott gesagt? Er sagt hier: Du bist mein geliebter Sohn. Es ist unglaublich, was Gott hier sagt. Hast du diesen Satz schon mal von deinem Vater gehört? "Du bist mein geliebter Sohn" oder "Du bist meine geliebte Tochter"? Gerade deutsche Väter haben manchmal Probleme, diesen Satz zu sagen – warum auch immer. Aber Gott selbst ist hier das Vorbild. Er sagt es zum Herrn Jesus.
Man kann natürlich fragen: Wieso? Der Herr Jesus hat das doch gewusst, oder? Warum muss Gott es ihm sagen? Gott war es wichtig, dem Herrn Jesus zu sagen: Ich habe dich lieb. Und Gott sagt es nicht nur zum Herrn Jesus, sondern auch zu dir.
Du kannst es in Epheser 5,1 nachlesen: Du bist Gottes geliebtes Kind. Dort steht es schwarz auf weiß. Nicht nur, wenn du viel leistest, nicht nur, wenn du deine treue Phase hast, nicht nur, wenn du gerade viel Bibel liest – nein, du bist Gottes Kind, und er liebt dich gerade dann, wenn du in einem Tief bist und auch wenn es in deinem geistlichen Leben vielleicht nicht so läuft, wie du es dir wünschen würdest.
Manchmal müssen wir mit unserer Ich-muss-noch-besser-werden-Mentalität Gottes Liebe, ich sag’s mal, einfach aushalten und aufhören zu fragen: Warum liebt dieser große Gott mich kleinen Menschen? Ich kann ihn doch gar nicht beeindrucken, ich kann ihm doch gar nichts bringen. Das muss ich auch nicht. Gott liebt mich – wie ein Vater seinen Sohn, wie ein Vater seine Tochter liebt.
Das muss ich auch nicht erklären, aber darüber darf ich mich freuen, jeden Tag neu. Und das ist wirklich eine gute Nachricht.
Ich wünsche uns, dass wir die guten Nachrichten aus den ersten dreizehn Versen des Markus-Evangeliums mit in die Woche nehmen.
Gute Nachricht: Jesus ist mein Retter und Herr. Gute Nachricht: Der Heilige Geist wohnt in mir. Gute Nachricht: Gott ist mein Vater.
Amen.