Gesellschaftlich akzeptierte Lügen entlarven und bewerten – Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt. Nachfolge praktisch: dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um das Thema Wahrheit.
Vom Glauben an absolute Wahrheit zur Moderne
Wenn man die geistesgeschichtliche Entwicklung der letzten Jahrhunderte verfolgt, kann man grob feststellen, dass der Mensch vor der Moderne davon ausging, es gäbe eine absolute Wahrheit. Zuständig dafür war entweder Gott oder der gesunde Menschenverstand.
Dann kamen, grob vereinfacht, die Religionskriege, die Aufklärung und die wissenschaftliche Revolution. Die Menschheit war weiterhin auf der Suche nach Wahrheiten über das Leben. Allerdings suchte man nun nicht mehr in göttlichen Offenbarungen, sondern experimentierte.
Durch viele neue Entdeckungen nahm man an, dass der Mensch nicht nur in der Lage sei, die Naturgesetze zu entschlüsseln, sondern auf diesem Weg auch Antworten auf übernatürliche Fragen zu finden – etwa nach der eigenen Bedeutung oder der besten Ethik. Man war überzeugt, dass der Mensch, wenn er sein Denken vereint, logische Schlüsse zieht und wissenschaftlich bleibt, ganz ohne Gott eine wunderbare Zukunft erschaffen würde.
Mit dieser Idee stolperten wir ins zwanzigste Jahrhundert – nur um dann auf brutalste Weise zu entdecken, dass Wissenschaft mindestens genauso dogmatisch und gefährlich sein kann wie Religion.
Die Herausforderung des Menschen ohne Gott
Was tun? Merkt ihr, wie schwer es der Mensch ohne Gott hat?
Entweder gibt er zu, dass der strikte Naturalismus keine Antwort auf existenzielle Fragen des Lebens bietet. Damit lässt er die Möglichkeit zu, dass es bei manchen Fragen eine Quelle außerhalb der Schöpfung geben muss. Eben Offenbarung, eben Gott.
Oder er hält an der Vorstellung fest, dass wir nicht mehr haben als den menschlichen Verstand. In diesem Fall muss er jedoch feststellen, dass es so etwas wie eine absolute Wahrheit nicht mehr gibt.
Und damit kommen wir zur Postmoderne und zu unserer nächsten Lüge.
Die Verlockung der subjektiven Wahrheit
Lüge Nummer vier: Wahr ist, was ich für wahr halte.
Dieser Satz klingt auf den ersten Blick doch irgendwie toll, oder? Wahr ist, was ich für wahr halte. Für mich als Kind der Moderne erinnert das stark an Pippi Langstrumpf, die singt: „Ich mach mir die Welt, widdiwiddiwie sie mir gefällt.“
Ehrlich gesagt, konnte ich mich mit der Postmoderne – und genau darum geht es im heutigen Podcast – nie wirklich anfreunden. Ich war und bin immer ein Freund von absoluten Wahrheiten. Damit mich niemand falsch versteht: Natürlich gibt es subjektive Wahrheiten. Aber eigentlich nenne ich diese lieber Vorlieben oder Meinungen als Wahrheiten.
Ich habe eine Vorliebe für objektive Wahrheit, weil ich mir nicht vorstellen kann, wie man mit dem Prinzip „Wahr ist, was ich für wahr halte“ eine Gesellschaft aufbauen soll. Das funktioniert ja nicht einmal innerhalb einer Familie.
Die Grenzen subjektiver Wahrheiten
Aber fangen wir vorne an. Natürlich ist die Aussage „Wahr ist, was ich für wahr halte“ ganz leicht zu widerlegen. Es gibt einfach Wahrheiten, die sich der subjektiven Betrachtung entziehen. Die Erdanziehung oder die Haarfarbe meiner Frau ändern sich nicht, auch wenn ich sie nicht für wahr halte.
Bleibt die Frage: Was macht die These „Wahr ist, was ich für wahr halte“ dann so attraktiv? Warum hat sich dieser Denkansatz innerhalb von ganz wenigen Jahrzehnten an den Universitäten durchgesetzt? Warum wird er von so vielen Menschen ohne großes Nachdenken nachgeplappert? Warum wird er als Befreiung gefeiert?
Mir scheint, es liegt daran, dass der Satz wie kaum ein anderer die Autonomie des Geschöpfes über den Schöpfer und die Schöpfung feiert. Ich bin das Zentrum. Und zwar nicht nur meiner Geschichte, sondern auch meiner Realität. Ich bestimme, was wahr ist. Das ist mehr, als nur zu bestimmen, was richtig ist.
Die Folgen des Relativismus für Moral und Gesellschaft
Allerdings müssen wir auch die Kehrseite dieser Entwicklung wahrnehmen. Wenn es keine absolute Wahrheit mehr gibt oder diese sich vielleicht nur auf Dinge wie Erdanziehung oder Haarfarben beschränkt, aber definitiv nicht auf die Werte, nach denen Menschen leben sollten, dann wird es immer schwerer werden, irgendeine moralische Entscheidung als falsch zu kritisieren – und zwar egal, wie böse sie ist.
Falsch ist etwas dann nur noch im Auge des Betrachters, aber natürlich nicht zwingend auch im Auge des Täters.
Gestern las ich, dass der Massenmörder Anders Breivik vorzeitige Haftentlassung beantragt hat. Natürlich wird es nicht dazu kommen. Aber wenn alle Wahrheit subjektiv ist, wenn jeder das, was er für wahr hält, selbst herausfinden muss, wie kann ich einem 77fachen Mörder dann noch sagen, dass er ein Verbrecher ist?
Wenn jeder Mensch eine andere Perspektive haben darf – und zwar auf die zentralen Fragen des Lebens – und wenn keiner mehr weiß, welche Perspektive die richtige ist, wenn ein Wahrheitsanspruch von vornherein nicht mehr zur Diskussion steht, wer kann dann mit absoluter Sicherheit sagen, dass die rechtsextreme, menschenverachtende Gesinnung eines norwegischen Psychopathen nicht genauso wahr ist wie die lebensbejahende Haltung einer Mutter Teresa?
Persönliche Erfahrungen mit subjektiver Realität
Wisst ihr, ich habe als Kind erlebt, wohin es führt, wenn Eltern sich ihre eigene Realität basteln. Ganz ehrlich gesagt, wünsche ich diese Erfahrung niemandem.
Deshalb verstehe ich den Reiz von „Wahr ist, was ich für wahr halte“. Wenn meine Wahrnehmung die Realität definiert, dann bin ich wahrscheinlich nie der Böse. Dann kann ich leben, wie ich will.
Dann kann ich mir auch einreden, dass schon alles gut ist – auch wenn um mich herum jeder den Kopf über mich schüttelt. Ich mache mir die Welt widiwidiwie, wie sie mir gefällt.
Vergebt mir den Sarkasmus.
Die Postmoderne zwischen Befreiung und Versklavung
Die Postmoderne hat sich zum Ziel gesetzt, mit ihrem neuen Denken Unterdrückung aufzudecken und den Schwächsten Befreiung zu bringen.
Doch sie wirft den Menschen auf sich selbst zurück. Dadurch wird der Mensch nicht befreit, sondern immer mehr versklavt – versklavt unter Lügen, Begierden und Diesseitigkeit.
Die Suche nach der wahren Wahrheit
Ja, und was ist jetzt die Lösung? Ich meine, für die Wahrheitsfrage. Die Antwort ist eigentlich ganz einfach.
Lasst uns nicht fragen, was Wahrheit ist. Lasst uns fragen: Wer ist die Wahrheit?
In Johannes 14,6 sagt Jesus zu ihm: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater als nur durch mich.“
Die Wahrheit über die zentralen Fragen des Lebens – ob es Gott gibt, wie man Gut und Böse unterscheiden kann, welche Hoffnung wir haben und so weiter – ist nichts, das der Mensch in sich selbst oder durch kluges Nachdenken finden kann.
Wahrheit, die durch dieses Leben hindurch trägt und den Stürmen der Realität standhält, findet man nur in der Nachfolge Jesu.
Deshalb kann Jesus denen, die an ihn glauben, sagen in Johannes 8,32: „Und ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch freimachen.“
Die Postmoderne hat Recht: Befreiung tut Not. Aber wir finden sie nicht in uns selbst, sondern in Jesus, der selbst die Wahrheit ist.
Praktische Anregungen zum Abschluss
Was könntest du jetzt tun? Du könntest darüber nachdenken, wo dir diese Lüge Nummer vier schon begegnet ist.
War das alles für heute? Wenn du die beiden Verse Johannes 14,6 und Johannes 8,32 noch nicht auswendig gelernt hast, dann solltest du das heute tun.
Der Herr segne dich, schenke dir seine Gnade und lasse dich in seinem Frieden leben. Amen.