Begrüßung und Einführung ins Thema
So, erst mal guten Morgen zusammen, schön, wieder bei euch zu sein. Ich habe mir gedacht, wir singen noch ein Lied. Jetzt war ich noch ganz entspannt, aber jetzt muss ich schon raufgehen. Aber das ist okay.
Wie viele von euch waren schon am Dauernhof? Kann ich mal kurz sehen? Es sind schon ganz schön viele. Einige kommen in den Himmel – schön, euch dort zu sehen. Falls jemand Informationen vom Dauernhof möchte, ich habe da vor dem Pult etwas liegen, falls es euch interessiert.
Das Thema für heute Morgen ist Gottes Gnade und Berufung. Der Bibelvers, den ich erst heute entdeckt habe, steht in Römer 11,29: „Unwiderstehlich sind die Gnadengaben und die Berufung Gottes.“ Es geht also um Gnade und um die Berufung zur Gnade.
Ich habe mal auf einer Konferenz in England gelesen, wo Fachleute – Religionswissenschaftler – debattierten, was das Christentum einzigartig macht. Nach langer Debatte kam C.S. Lewis ins Zimmer und hörte zu, worüber sie diskutierten – über die Einzigartigkeit des Christentums. Er sagte: „Das ist leicht zu beantworten. Es ist die Gnade.“
Das, was das Christentum einzigartig macht, ist die Gnade. Und ich glaube, C.S. Lewis hat damit Recht. Aber Gnade ist, und das ist wichtig zu verstehen, nicht nur ein neudestamentliches Prinzip. Gottes Gnade ist von Anfang an in der Bibel ersichtlich, von der Menschheitsgeschichte bis zum Ende.
Das heißt, Gottes Gnade ist vom Sündenfall bis heute und bis in Ewigkeit unwiderruflich.
Paulus’ Verständnis von Gesetz und Gnade vor und nach der Bekehrung
Der Apostel Paulus, der den meisten von uns hoffentlich bekannt ist, war vor seiner Bekehrung zu Jesus ein strenggläubiger Jude. Er war ein Schüler Gamaliels, wie wir lesen, und ein treuer Vertreter der Tora, des Gesetzes Mose.
Der Maßstab, mit dem Paulus die Bibel verstand – das heißt das Alte Testament für Juden –, war ausschließlich das Gesetz, die Tora. Für ihn galt es, das Gesetz zu befolgen. Im 3. Mose 18,5 steht: „Meine Ordnungen und meine Rechtsbestimmungen sollt ihr halten. Durch sie wird der Mensch, der sie tut, leben.“
So war auch das Verständnis des Paulus: Wenn ich alles tue, was Gott von mir will, so gut ich kann, dann werde ich unter Umständen gerettet. Das bedeutet, bevor Paulus Jesus, den Messias, kennenlernte, war für ihn das Gesetz der einzige Schlüssel zum Leben und zum Verständnis der Bibel.
Um es einfacher auszudrücken: Hätten wir einen gläubigen Juden zur Zeit Jesu gefragt: „Wie kannst du Gott wohlgefallen?“ – ich nehme an, die meisten von euch wollen Gott wohlgefallen –, hätte er geantwortet: „Indem ich das Gesetz halte.“
Wie hat Jesaja, der Prophet, Gott wohlgefallen? Ganz einfach, indem er dem Gesetz gehorchte. Wie hat der König David Gott wohlgefallen? Indem er dem Gesetz gehorchte. Wie hat Mose Gott wohlgefallen? Ganz einfach, indem er dem Gesetz gehorchte. Wie hat Abraham Gott wohlgefallen? Auch hier die Antwort: Indem er dem Gesetz gehorchte.
Hier haben wir jedoch ein Problem. Warum? Weil es zur Zeit Abrahams noch kein Gesetz gab. Das Gesetz Mose kam erst über vierhundert Jahre später.
Wie hat Noah, ein Mann, der untadelig war, Gott wohlgefallen? Indem er dem Gesetz gehorchte? Nein, es gab kein Gesetz. Wie hat Henoch mit Gott gewandelt? Indem er dem Gesetz gehorchte? Nein, auch für ihn gab es kein Gesetz.
Das Interessante bei Paulus ist, dass er nach seiner Bekehrung zu Jesus etwas im Alten Testament entdeckte, das er bis dahin nicht gesehen hatte. Er entdeckte nämlich – und hier kommen wir zur Gnade – eine zeitliche Abfolge der Offenbarung Gottes.
Im Galaterbrief schreibt er ganz explizit darüber.
Gnade versus Gesetz – Die Botschaft des Galaterbriefs
Die Galater haben Jesus als Messias angenommen, doch in dieser Gemeinde gab es falsche Lehrer, die sie zurück zum Gesetz führten. Im Galaterbrief, Kapitel 5, Vers 4, schreibt Paulus: „Ihr seid von Christus abgetrennt, die ihr im Gesetz gerechtfertigt werden wollt; ihr seid aus der Gnade gefallen.“
Das heutige Thema ist Gnade. Wie kann man aus der Gnade fallen? Wie kann man seine Freiheit verlieren, indem man die Gnade missachtet?
Ich lese euch nun einige Verse vor, die Paulus im Galaterbrief geschrieben hat, und zwar aus Kapitel 2, Vers 21, sowie aus Kapitel 3, Vers 1 bis 9.
Galater 2,21: „Ich mache die Gnade Gottes nicht ungültig. Denn wenn Gerechtigkeit durch das Gesetz kommt, dann ist Christus umsonst gestorben.“
Paulus spricht weiter zu den Galatern: „O ihr unverständigen Galater!“ Im Englischen steht es in einer schönen Übersetzung so: „You empty-headed Galatians“ – ihr habt kein Gehirn, sagt er. „Wer hat euch bezaubert, denen Jesus Christus als gekreuzigt vor Augen gemalt wurde? Nur dies will ich von euch wissen: Habt ihr den Geist aus Gesetzeswerken empfangen oder aus der Kunde des Glaubens? Seid ihr so unverständlich? Nachdem ihr im Geist angefangen habt, wollt ihr es jetzt im Fleisch vollenden? So Großes habt ihr vergeblich erfahren, wenn es wirklich vergeblich ist.“
Paulus fährt fort: „Der euch nun den Geist darreicht und Wunderwerke unter euch wirkt, tut er es aus Gesetzeswerken oder aus der Kunde des Glaubens?“
Nun kommt er zu Abraham: „Ebenso wie Abraham Gott glaubte und es ihm zur Gerechtigkeit gerechnet wurde, erkennt daraus, dass die aus Glauben sind, diese sind Abrahams Söhne. Die Schrift aber, voraussehend, dass Gott die Nationen – das bist du und ich – aus Glauben rechtfertigen werde, verkündigte dem Abraham die gute Botschaft voraus: ‚In dir werden gesegnet alle Nationen.‘ Folglich werden die, die aus Glauben sind, mit dem gläubigen Abraham gesegnet.“
Dann heißt es in Vers 17: „Dies aber sage ich: Einen vorher von Gott bestätigten Bund macht das 430 Jahre später entstandene Gesetz nicht ungültig, so dass die Verheißung unwirksam geworden wäre. Denn wenn das Erbe aus dem Gesetz kommt, so kommt es nicht mehr aus der Verheißung, dem Abraham; aber Gott hat es durch Verheißung, das heißt durch Gnade, geschenkt.“
Die Rolle des Gesetzes in Gottes Heilsplan
Was lernen wir hier? Zuerst war die Gnade die Verheißung Gottes, die Abraham gegeben wurde, und diese Verheißung wird niemals ungültig.
430 Jahre später kam das Gesetz hinzu, um die Sünde noch deutlicher erkennbar zu machen. Dann kam Jesus, der die Erfüllung der Verheißung an Abraham ist, sein Nachkomme.
Das Interessante ist: Gott hätte auch direkt von Abraham gleich zu Jesus gehen können. Von der ersten Verheißung, von der Gnadenzusage, hin zur Erfüllung, zu Jesus. Das hätte Gott natürlich tun können.
Die Frage stellt sich: Warum hat Gott überhaupt das Gesetz dazwischen eingefügt? Wozu ist es überhaupt gut? Der Apostel Paulus stellt genau diese Frage im Galater 3,19: „Was soll nun das Gesetz?“ Ja, eine gute Frage! Wozu brauchen wir es denn?
Das hat viel Verwirrung gestiftet, auch in unserer Gemeinde und unter Juden. Wozu? Hier schreibt Paulus: „Es wurde der Übertretungen wegen hinzugefügt, bis der Nachkomme käme, dem die Verheißung galt.“ Das ist letztlich Jesus.
Das Gesetz wurde also hinzugefügt. Warum? Wegen der Sünde, um die Gefahr und die Konsequenzen der Sünde sichtbar zu machen.
Ich möchte ein Beispiel geben, um es einfach auszudrücken: Ich habe drei Kinder. Als die Liese geboren wurde, vor ungefähr zwanzig Jahren, war meine Frau mit ihr im Krankenhaus. Ich war zuhause alleine mit Lukas. Lukas hat übrigens heute Geburtstag, er wird 22. Ich muss ihn noch anrufen.
Damals war Lukas ungefähr zwei Jahre alt, und ich war alleine mit ihm zuhause und ein bisschen gestresst. Ich bin mit Lukas von der Ramsau nach Schladten gefahren. Ich war spät dran, weil ich Windeln wechseln musste und so weiter. Ich war nicht daran gewöhnt.
Es war ein schöner Tag im April, Frühling. Ich war fröhlich, alles war okay. Aber ich war ein bisschen spät dran und bin deshalb etwas schneller gefahren, als ich sollte. Ich weiß, dort gilt eine 40-km/h-Beschränkung.
Ich habe zum Spital geschaut, dort sind viele Ausfahrten, und die 40-km/h-Beschränkung ist berechtigt. Aber ich war eben spät dran. Das heißt, ich war bereits ein Verkehrssünder, obwohl ich fröhlich und unbeschwert mit meinem Auto fuhr.
Blöderweise stand unten bei der Kurve ein Polizist mit Radar, und er hat mich angehalten. Ich bin fast 100 km/h gefahren, also etwas zu schnell.
Ich habe ihm erklärt, warum ich so schnell war, und er sagte: „Es ist okay, nächstes Mal langsamer, wenn du ein Kind hast.“ Aber das Interessante war: Ich war schon vorher ein Sünder, ein Verkehrssünder.
Als ich den Polizisten mit dem Radargerät sah, wurde mir meine Übertretung erst richtig bewusst. Ich habe sie gesehen. Ich war auch vor dem Radar zu schnell gefahren, aber danach war es für mich richtig sichtbar.
Seht ihr, genau so ist es mit dem Gesetz: Es wurde hinzugefügt, damit man das Sünderecht als Sünde erkennt.
Wir lesen in Galater 3,19: „Es wurde ihm zugefügt.“ Und dann lesen wir in Vers 24: „Also ist das Gesetz unser Zuchtmeister auf Christus hin.“
Das Gesetz treibt uns zu Christus. Das griechische Wort hier ist „pädagogos“. Das Gesetz ist ein Pädagoge, es zeigt dir, dass du Jesus brauchst, dass du Hilfe brauchst.
Die zeitliche Abfolge von Gnade, Gesetz und Erfüllung in Christus
Die zeitliche Abfolge im Alten Testament ist klar. Nun komme ich zur Gnade.
Gott hat zuerst Abraham die Verheißung, die Gnade, zugesprochen: „In dir werden gesegnet alle Geschlechter auf der Erde.“ Diese Verheißung gilt allen Menschen.
Zweitens wurde diese Verheißung, diese Gnade, niemals aufgehoben. Sie gilt für ewig und ist unwiderruflich.
Drittens wurde das Gesetz 430 Jahre später hinzugefügt, damit man die Sünde noch besser erkennt. Es gibt auch andere Gründe für das Gesetz, aber für diese Stunde ist dies der wesentliche Grund.
Viertens kam die Verheißung an Abraham in Jesus Christus zur Erfüllung. Darum schreibt der Apostel Johannes über Jesus: „Denn aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, und zwar Gnade um Gnade“ (Johannes 1,16).
Die Gnade gilt. Sie ist unwiderruflich, seit Gott mit Menschen arbeitet und mit uns lebt.
Herausforderungen und Missverständnisse im Umgang mit Gnade
Und obwohl der Apostel Paulus uns zeigt, dass die Gnade Gottes immer gegolten hat, haben viele Menschen Bedenken, Gnade zu predigen. Warum ist das so?
Manchmal fällt es uns schwer, Gnade zu verstehen, weil sie, wenn man sie genauer betrachtet, aus menschlicher Sicht weder logisch noch vernünftig ist. Vor allem aber ist das Problem der Gnade, dass sie nicht gerecht erscheint.
Im Neuen und im Alten Testament gibt es viele Beispiele, wie Gott in seiner Gnade mit Menschen wirkt. Diese Beispiele zeigen uns oft, dass Gott anders handelt, als wir es tun würden, weil es aus menschlicher Sicht unlogisch ist.
Ein lieber Freund von mir, Peter Reed, hat eine lange Liste von Menschen erstellt, mit denen Gott gewirkt hat. Ich habe nur einige Beispiele herausgenommen, um zu zeigen, wie unterschiedlich diese Menschen waren.
Da ist Noah, ein gerechter und edler Mann, der sich später betrunken hat. Jakob, der nie ein Vorbild war, ein Lügner und ein schwieriger Charakter, wenn man die Geschichten liest. Moses war ein Mörder, ebenso David und Paulus. Simson liebte Frauen, die als Huren galten, und hatte lange Haare. Hoseas Frau war eine Prostituierte, ebenso Rahab. Elija war ein Selbstmordkandidat, Jeremia litt unter Depressionen. Jesaja predigte nackt – stellt euch vor, jemand stünde drei Jahre nackt vor der Gemeinde. Ob die Gemeinde dadurch gewachsen wäre, ist fraglich.
Jona floh vor Gott, Petrus war ein zorniger Mensch, Johannes wirkte selbstgerecht. Die Jünger schliefen beim Beten ein, Simeon war fanatisch, Nathanael zynisch. Martha sorgte sich um alles, Maria wirkte faul, die Samariterin schlief mit mehreren Männern, und Matthäus war ein Dieb. So könnte man die Liste noch weiterführen.
Obwohl die Juden all diese Geschichten kannten, wie Gott in seiner Gnade mit Menschen gewirkt hat, konnten sie nicht verstehen, dass Jesus sich mit diesen ungerechten Menschen der Gesellschaft eingelassen hat. Sie empfanden das als ungerecht.
Was können wir aus all diesen Geschichten lernen? Das ist die Botschaft für heute: Die Gnade Gottes ist ein Geschenk, das wir nur empfangen können. Wir können sie nicht verdienen. Die Gnade Jesu können wir nur im Glauben annehmen, uns daran erfreuen und Gott dafür danken.
Egal ob als braver, erfahrener Familienvater, hingegebener Christ oder als Pornosüchtiger, als Mensch, der betrogen und ausgenutzt hat – wir können die Gnade nur empfangen. Egal ob als treue Ehefrau und Mutter oder als Prostituierte – wir sind alle gleich vor Gott.
Als Empfänger der Gnade stehen wir alle gleich da. Das war damals irritierend für die Juden, und das irritiert uns heute noch.
Jemand hat einmal gesagt: Gottes Gnade, die man am Kreuz erkennt, ist der große Gleichmacher. Vor Gott sind wir alle gleich, und das ist es, was uns an der Gnade irritiert.
Die doppelte Herausforderung der Gnade im Glaubensleben
Nun, es stimmt: Gnade ist, so wie Louis es gesagt hat, das herausragende Merkmal des christlichen Glaubens. Darauf möchte ich jetzt noch eingehen. Paradoxerweise ist Gnade gleichzeitig die gefährlichste Lehre des Christentums. Warum?
Wenn du ein gesetzestreuer Mensch bist, so wie viele orthodoxe Juden, oder auch viele Christen, dann hast du klare Regeln. Es gibt Vorschriften darüber, was sich gehört und was nicht, was uns bewahrt und was uns zerstört. Man weiß mehr oder weniger, was recht ist und was unrecht ist, und versucht, das Richtige zu tun beziehungsweise das Falsche zu vermeiden.
Bei der Gnade Gottes geht es jedoch um viel mehr. Es geht um Versöhnung, um Beziehung in der Gnade. Viele von euch sind wahrscheinlich verheiratet. Als Ehemann oder Ehefrau kannst du jeden Tag extrem korrekt sein: Das Frühstück steht pünktlich auf dem Tisch, das Geld wird zuverlässig nach Hause gebracht, die Dinge laufen ganz korrekt ab. Aber das ist keine Beziehung, das ist keine Liebe, das ist ein Arrangement.
Andererseits kannst du, wenn du verheiratet bist, oft vieles falsch machen. Doch man versöhnt sich, man hat Beziehung, man hat Liebe. Seht ihr, das ist der Unterschied zwischen Gesetz und Gnade. Das Gesetz ist durchaus korrekt. Gesetzestreue Menschen sind sehr korrekte Menschen. Aber die Barmherzigkeit, die Liebe, die Leidenschaft – das ist nicht da.
Und was Gott will, ist viel mehr als korrektes Verhalten. Er will Versöhnung, er will Beziehung, er will Liebe. Das größte Gebot der Bibel ist nicht, an Gott zu glauben, sondern Gott zu lieben. Ich sage das öfter: Es kann sein, dass du an Gott glaubst, aber ich habe eine Frage: Liebst du Gott? Das ist ein riesiger Unterschied.
Die Essenz der ganzen Heilsgeschichte kann man mit zwei Begriffen zusammenfassen: Sünde und Versöhnung. Sünde ist der eine Begriff. Sie bezeichnet den Zerbruch der Beziehung zwischen Gott und Mensch, wenn sich der Mensch von Gott abgenabelt hat und selber Gott sein wollte. Das ist der eine Begriff.
Der andere Begriff ist Versöhnung. Das ist die Wiederherstellung dieser Beziehung, bei der Gott den Menschen wieder mit sich vereint. Diese beiden Begriffe prägen das ganze Menschsein und die gesamte Geschichte der Bibel.
Die Gefahr des Missverständnisses von Gnade
Und hier kommen wir jetzt zum Problem der Gnade. Wenn wir als begnadete Menschen – und bitte hört mir hier zu – nicht in einer liebenden Gemeinschaft mit Jesus leben, kann Gnade leicht missverstanden werden. Sie wird dann als Freibrief zum Sündigen gesehen.
Wenn ich nicht in einer verbindlichen Gemeinschaft mit Jesus lebe, bedeutet Gnade für manche Christen, dass es keine Regeln oder Gesetze mehr gibt. Sie denken: „Ich kann tun und lassen, was ich will.“ So wird die Gnade Gottes als Freibrief zum Sündigen missverstanden.
Das führt sogar dazu, dass manche Christen die Gnade missbrauchen, um ihren egoistischen Lebensstil zu rechtfertigen. Sie sagen: „Ich bin nicht mehr unter dem Gesetz, ich bin unter der Gnade. Ich kann tun und lassen, was ich will.“
Wenn das der Fall ist, entsteht oft der Wunsch – auch bei Gemeindeleitern, Pfarrern oder Eltern – zum alten Bund, zum Gesetz zurückzukehren. Denn dort gibt es wenigstens klare Regeln, was erlaubt ist und was nicht.
Man sieht das bei manchen Pfarrern, die frisch und fröhlich von der Gnade Gottes, von Freiheit und vom Gesetz predigen. Doch was die Zuhörer oft hören, ist: „Es ist egal, wie ich lebe. Ich kann tun, was ich will.“
Deshalb ist es verständlich, dass manche christlichen Gemeinschaften versucht sind, zum alten Bund zurückzukehren, weil die Gnade eben missbraucht wird.
Jedoch – und das ist die Botschaft des Apostels Paulus – gibt er der Versuchung, zum Gesetz zurückzukehren, keine einzige Sekunde nach. Er predigt weiterhin die Gnade, auch wenn sie missbraucht wird. Das ist ganz interessant in den Briefen des Paulus.
Er fordert die Christen heraus, ehrlich zu sein: Willst du überhaupt mit Jesus leben? Wisst ihr überhaupt, dass Christus in euch lebt und dass ihr nicht mehr euch selbst gehört? Wisst ihr nicht, dass ihr jetzt in Gemeinschaft mit Gott lebt? Seid ihr daran interessiert?
Manchmal ist es so unter Christen, dass sie sagen: „Ja, in den Himmel will ich, aber mit Jesus leben, das will ich eher nicht.“ „Gott liebt mich, ja, das klingt gut, das nehme ich an.“ „Vergebung, ja, die ist auch gut, die nehme ich auch an.“ „Ende vom Gesetz, ja, ist auch gut, das nehme ich auch an.“ Aber: „Ich habe kein Interesse, mit Jesus zu leben.“
Beispiel der Gemeinde in Korinth: Herausforderungen und Gnade
Ein negatives Beispiel für ein solches Christsein ist die Kirchengemeinde in Korinth. Darauf werden wir später noch näher eingehen.
Die Christen in Korinth haben von Paulus vor allem die Dinge gehört, die ihnen gefallen haben. Alles andere haben sie ignoriert. Sie haben nicht verstanden, dass sie nun für ein Leben mit Jesus berufen sind.
Es ist wichtig zu verstehen: Gnade befreit uns nicht für die Sünde, sondern von der Sünde. Gnade ist kein Freibrief, um zu sündigen. Vielmehr ist Gnade Gottes Möglichkeit, uns von der Sünde zu befreien.
Die ursprüngliche Schöpfung des Menschen und die Folgen der Sünde
Nun, als wären wir noch ganz praktisch: Wie hat die Sünde den Menschen entstellt?
Wir haben bereits gesagt: Sünde bedeutet, dass ich von Gott getrennt bin. Das ist der Ursprung der Sünde. Aber jetzt kommt die nächste Frage: Was ist die Auswirkung dieser Trennung? Was sind die Symptome dieser Trennung? Wie hat sich das in unserem Leben ausgewirkt?
Das erkennt man ganz klar, wenn man liest, wie wir ursprünglich von Gott geschaffen wurden. Ich lese euch zwei Verse vor aus 1. Mose 1,26. Dort erfahren wir, wie Gott uns ursprünglich gemacht hat, und daraus lernen wir mindestens vier Dinge, auf die ich kurz eingehen möchte.
1. Mose 1,26: Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen, nach unserem Bild, uns ähnlich. Sie sollen herrschen über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Vieh, über die ganze Erde und über alle kriechenden Tiere, die auf der Erde kriechen.
Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bild, nach dem Bild Gottes schuf er ihn, als Mann und Frau schuf er sie. Und er segnete sie. Und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch, füllt die Erde und macht sie euch untertan. Herrscht über sie!
Ursprünglich, so wie der Mensch geschaffen ist, lernen wir hier mindestens vier Dinge. Erstens: Gott hat uns erschaffen, um kreativ zu sein.
Was wir bis zu diesem Punkt von Gott wissen, ist, dass er unheimlich kreativ war. Sechs Tage lang, so sagt es 1. Mose Kapitel eins, hat Gott alles geschaffen: das Universum, die Sterne, die Tiere, die Erde, die Pflanzen in ihrer Vielfalt – und zum Schluss den Menschen, nach seinem Bild, ihm ähnlich.
Das heißt: Wenn Gott so kreativ ist und wir geschaffen sind, um Gott ähnlich zu sein, dann sollten wir erwarten, dass auch wir sehr kreativ sind. Und das sind wir auch.
Aber – und jetzt kommt der Punkt: Wie sieht diese Kreativität aus, nachdem der Mensch in die Sünde gefallen ist? Nachdem er sich von Gott abgenabelt hat?
Der Mensch ist weiterhin kreativ, aber nicht mehr, um aufzubauen, sondern um zu zerstören. Nicht, um ehrlich miteinander umzugehen, sondern um sich selbst zu rechtfertigen. Und wisst ihr was? Unsere kreative Natur ist niemals kreativer als dann, wenn wir uns selbst rechtfertigen. Wir sind Meister darin, uns selbst zu verführen.
Ein Beispiel: Nehmen wir an, es gibt eine Skala von eins bis zehn. Eins bedeutet: Du weißt, das ist richtig zu tun. Zehn bedeutet: Du weißt, es ist absolut falsch, so etwas zu tun.
Wir haben nun die Kreativität – egal ob Christ oder nicht – uns selbst von eins in Richtung zehn zu bewegen, ohne dass wir die Gefahr bemerken.
Wisst ihr, warum wir das gar nicht bemerken? Weil wir jeden kleinen Schritt rechtfertigen.
Wenn wir dann bei zehn angelangt sind, sind wir total schockiert, weil wir ja nie dorthin wollten und uns als Opfer fühlen: „Dass mir so etwas passiert ist, kann ich überhaupt nicht verstehen.“
Ein Beispiel: Du bist verheiratet, hast eine liebe Frau, vielleicht sogar Familie. Dann lernst du in der Firma eine andere nette Frau kennen. Es gibt ja viele nette Frauen. Und du bist sogar Christ. Ehebruch käme für dich nie in Frage, du hast am Altar ein Versprechen abgegeben. Aber die Sekretärin ist halt echt nett.
So triffst du dich mit ihr ab und zu in der Pause. Dann sagst du dir: „Ja, ich treffe ja auch viele andere Menschen in der Pause. Warum soll ich sie nicht treffen? Das ist ja völlig normal, oder?“
Das ist Schritt Nummer eins.
Dann sagst du ihr: „Gehen wir mal auf einen Kaffee, so zu Mittag.“ Ich meine, warum nicht? Ich gehe auch mit meinen Kindern auf einen Kaffee. Warum sollte ich nicht mit der Frau auf einen Kaffee gehen? Man darf doch auf einen Kaffee gehen, wenn man will.
Das ist Schritt Nummer zwei.
Ich rechtfertige jeden Schritt.
Der dritte Schritt: „Gehen wir mal essen miteinander.“ Ich gehe ja auch mit meinen Freunden essen. Warum soll ich nicht mit ihr essen gehen? Sie ist ja auch nicht schlechter als andere.
So rechtfertige ich den nächsten Schritt.
Dann sagt man: „Du, geh mal ins Kino.“ Ich gehe ja auch ab und zu mit anderen ins Kino. Früher bin ich auch mit meiner Frau ins Kino gegangen, nicht? Warum sollte ich nicht einmal mit ihr ins Kino gehen?
Das ist Schritt Nummer fünf.
Und so kommt es dann beim Abschied zu einem Kuss. Das ist ja bei uns auch schon gang und gäbe. Man küsst den anderen auf die Wange, das macht man ja unter Christen sowieso.
Das ist Schritt Nummer sechs.
Und so endet es beim Schritt Nummer zehn: Man hat Sex miteinander. Und dann ist man schockiert: „Wie konnte ich jemals das tun?“
Wisst ihr warum? Weil wir Weltmeister darin sind, uns selbst zu rechtfertigen – jeden Schritt, den wir gehen.
Wir sind extrem kreativ.
Und es geschehen viele andere Dinge, zum Beispiel negative Einstellungen gegenüber anderen Menschen, sei es in der Gemeinde, in der Firma oder in der Familie.
Schritt für Schritt sagen wir: „Das ist einfach ein Vollidiot, und das bleibt so.“ Und so weiter.
Dann hat man eine solche negative Haltung und fragt sich: „Wie kann ich als Christ jemals so über einen Menschen denken?“
Und dann sagt man mal ein Wort und denkt: „Wie konnte ich das jemals sagen?“
Weil du jeden Schritt sorgfältig und kreativ gerechtfertigt hast.
Wisst ihr, was das Interessante ist? Wir wollen ja niemals der Böse, der falsche Mensch sein. Niemand von uns will der hinterhältige Ehebrecher sein. Wir wollen der Held und der Retter sein.
Wie kommen wir dann zum hinterhältigen Ehebrecher? Weil wir wahnsinnig kreativ sind.
Die ursprüngliche Autorität und ihre Entstellung
Das Zweite, was wir lernen, ist, dass Gott uns mit Autorität und Kraft geschaffen hat. Er hat gesagt: Macht euch die Erde untertan und herrscht über sie.
Wir sind dazu bestimmt, diese Welt gerecht zu beherrschen, zu bewahren, zu schützen und zu gestalten.
Wie sieht nun die korrupte Version aus? Die korrupte Version zeigt sich darin, dass wir unsere Autorität missbrauchen und sie zu unserem eigenen Vorteil nutzen. Dadurch verursachen wir globale Ungerechtigkeit.
So sieht die negative Seite dieses Prinzips aus.
Die Bedeutung von Beziehungen und ihre Verzerrung
Drittens lernen wir aus dem ersten Buch Mose: Gott hat uns erschaffen, damit wir in Beziehungen leben. „Lasst uns Menschen machen in unserem Bild“ – Gott ist in sich selbst bereits Beziehung, denn er ist der dreieinige Gott.
Er ist die erste Einheit, die erste „Unity in Diversity“, das heißt die erste Einheit in der Vielfalt. Wir wissen aus der Bibel, dass Gott seinen Sohn liebt. Übrigens ist Gott nicht nur Liebe, wie es in Johannes 3,16 heißt, sondern „Gott ist Liebe“ steht in Johannes 17,24. Dort sagt Jesus: „Du hast mich geliebt vor der Grundlegung der Welt.“ Das bedeutet, dass sich die Personen der Dreieinigkeit immer geliebt haben.
Der dreieinige Gott sagt: „Lasst uns Menschen schaffen.“ Er hat den Menschen so geschaffen, dass dieser in Beziehung lebt – in gesunder Beziehung mit anderen Menschen, mit Gott und auch mit sich selbst in Frieden.
Was ist nun das entstellte, das korrupte Bild? Es ist das falsche Selbstbild, das wir von uns haben. Wir leiden unter Minderwertigkeitsgefühlen, Scham oder übertriebenem Stolz. Das entstellt uns. Außerdem haben wir ein falsches Bild von unserem Nächsten. Wir nutzen ihn aus und gebrauchen ihn, statt ihn zu lieben und zu achten.
Auch unser Bild von Gott ist oft falsch. Entweder sehen wir ihn als strengen Diktator oder als senilen Opa. Das ist die Entstellung.
Die Schöpfung der Sexualität und ihre Verzerrung
Und das Vierte: Ihr werdet gleich sehen, warum ich euch das sage. Gott hat uns als sexuelle Geschöpfe erschaffen. Sein erstes Gebot lautete: „Seid fruchtbar und vermehrt euch.“ Das bedeutet, habt Sex miteinander und macht Kinder.
Gott schenkt uns Kreativität, Autorität, Beziehungen und Sexualität – und zwar auf ganz besondere Weise. Diese Sexualität zeigt sich in der Beziehung zwischen Mann und Frau. Sie dient dazu, Leben zu zeugen und einander Freude zu bereiten.
Es gibt auch Christen, die sagen, Sex sei nur dazu da, Nachkommen zu erzeugen, damit die Erde gefüllt wird. Dazu habe ich eine Botschaft: Die Erde ist bereits gefüllt, ihr könnt damit aufhören. Sex hat einen ganz anderen Sinn, nämlich sich einander zu erfreuen. Er ist ehebar, ein heiliger Akt und eine Gabe Gottes.
Wie sieht nun die korrupte Version aus? Indem wir das, was Gott heilig und schön gemacht hat, dreckig und billig verkaufen. Das ist die korrupte Version.
Die säkulare Welt spricht viel über Sex, leider nicht sehr hilfreich. Und leider hat die Kirche viel zu wenig über Sex gesprochen. Deshalb war es unter Christen oft verwirrend, was richtig und was falsch ist.
Die Gemeinde in Korinth als Beispiel für Herausforderungen im Glaubensleben
Und jetzt komme ich zum eigentlichen Punkt, nämlich zu den Christen in Korinth. Ich weiß nicht, wer von euch den Korintherbrief schon einmal gelesen hat, aber das war ein wilder Haufen von Christen. Ich schlage jetzt den Korintherbrief auf, denn all diese Dinge, die wir jetzt gesprochen haben, haben sie tatsächlich gemacht.
Erstens: Sie haben nicht in guten Beziehungen miteinander gelebt. In 1. Korinther 1,10 schreibt Paulus an diese Christen in Korinth: „Ich ermahne euch aber, Brüder, durch den Namen unseres Herrn Jesus Christus, dass ihr alle einmütig redet und keine Spaltungen unter euch seien.“
In Vers 12 heißt es weiter: „Ich meine aber dies, dass jeder von euch sagt: Ich bin des Paulus, ich gehöre zum Paulus; ich aber zum Apollos; ich aber dem Kephas“, das ist der Petrus; und andere sagen: „Ich gehöre überhaupt zu Christus.“ Das heißt, in dieser kleinen Gemeinde, ungefähr sechzig Leute, gab es bereits vier verschiedene Gruppen. Die einen sagten: „Unser Held ist Paulus.“ Die anderen: „Unser Held ist Apollos.“ Wieder andere: „Der Petrus ist der Richtige.“ Und dann gab es welche, die sagten: „Der Richtige ist überhaupt Christus.“
Das bedeutet, der kleine Haufen hatte sich bereits untereinander zerstritten.
Zweitens: In dieser Gemeinde gab es eine sexuelle Perversion, wie man sie nicht einmal unter Heiden hört. In Kapitel 5, Vers 1 schreibt Paulus zu ihnen: „Überhaupt hört man, dass Unzucht unter euch sei, und zwar eine solche Unzucht, die selbst unter den Nationen nicht stattfindet, dass einer seines Vaters Frau hat.“
Da gab es also jemanden, der mit seiner Stiefmutter geschlafen hatte. Und das wurde noch gefeiert, mit der Begründung: „Wir sind ja frei, wir sind unter Gnade, wir können tun und lassen, was wir wollen.“
Drittens: Die Glaubensgeschwister haben sich in Korinth gegenseitig vor Gericht gezogen. In Kapitel 6, Vers 1 schreibt Paulus ihnen: „Bringt es jemand von euch, der einen Rechtsstreit mit dem anderen hat, vor die Ungerechten, um zu streiten? Ihr geht als Christen vor das weltliche Gericht und lasst dort euren Zorn und euren Streit aus?“
Und viertens: Beim Abendmahl haben sie sich regelmäßig betrunken und voll gegessen. Das kannst du in Kapitel 11 nachlesen. Früher war das Abendmahl ja nicht so eine traurige Hostie und dann ein Schluck Fruchtwasser oder so, sondern das war ein Buffet. Da gab es Wein und ein richtiges Essen.
Einige dieser Christen kamen schon etwas früher, haben sich am Buffet vollgefuttert und den ganzen Wein getrunken. Sie waren bereits besoffen, während die, die später kamen, nichts mehr hatten. Und da schreibt Paulus: „Das soll nicht so sein.“
Die paradoxe Heiligkeit der Korinther
Angenommen, in deiner Stadt, nur drei Straßen entfernt, gibt es eine Kirchengemeinde. Du weißt, dass es innerhalb dieser Gemeinde Spaltungen gibt. Jeder hat eine andere Meinung. Dort gibt es eine sexuelle Perversion, die brutal ist. Die Mitglieder sind ständig vor Gericht, und das ist in der Stadtgemeinde bereits bekannt.
Beim Abendessen lassen sich einige volllaufen, während andere nichts bekommen. Wie würde man eine solche Christengemeinde nennen? Nun, ich überlasse das Urteil dir.
Was mich jedoch überrascht, ist Folgendes: Paulus nennt diese Christengemeinde Heilige. Im 1. Korinther 1 lesen wir:
Paulus, ein berufener Apostel Christi Jesu durch Gottes Willen, und Sostenes, der Bruder, an die Gemeinde Gottes, die in Korinth ist, den Geheiligten in Christus Jesus, den berufenen Heiligen samt allen, die an jedem Ort den Namen unseres Herrn Jesus Christus anrufen, ihres und unseres Herrn: Gnade euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!
Ich danke meinem Gott allezeit eueretwegen für die Gnade Gottes, die euch gegeben ist in Christus Jesus. In ihm seid ihr in allem reich gemacht worden, in allem Wort und aller Erkenntnis, wie denn das Zeugnis des Christus unter euch gefestigt worden ist. Daher habt ihr an keiner Gnadengabe Mangel, während ihr das Offenbarwerden unseres Herrn Jesus Christus erwartet.
Paulus nennt sie also Heilige. Was bedeutet „heilig“? Heilig heißt, ausgesondert zu sein, um mit Gott zu leben. Paulus erinnert sie daran, dass sie dies aus Gnade geworden sind und dazu berufen wurden. Es ist so gewaltig, dass Gott in seiner Liebe die Gnade niemals zurücknimmt. Wir können sie nur selbst verlieren, wenn wir nicht aus Gnade leben.
Es ist interessant, wenn man die ersten Verse durchliest. Hier wird in neun Versen achtmal der Name Jesus Christus genannt. Wisst ihr, warum das wichtig ist? Die Korinther haben begonnen, sich über den Heiligen Geist zu streiten und darüber, wer die besseren Gaben hat. Paulus erinnert sie daran, dass der Heilige Geist auf Jesus hinweist. Wenn sie ihn in der Mitte halten, werden sie im Glauben gesund.
In den ersten sieben Versen lesen wir dreimal das Wort „Gnade“. Paulus kehrt nicht zum Gesetz zurück und sagt: „Freunde, wenn ihr das und das nicht tut, seid ihr verdammt, das Gesetz hat es gesagt.“ Das tut er nicht. Er bleibt bei der Gnade.
Und schließlich, im Vers 9, erinnert er sie daran, wozu sie begnadigt sind: „Gott ist treu, ihr seid es nicht. Aber Gott ist treu, durch den ihr berufen worden seid in die Gemeinschaft seines Sohnes Jesus Christus, unseres Herrn.“
Wozu sind wir berufen? In die Gemeinschaft mit Jesus Christus. Das ist unsere Berufung. Und diese steht allein durch Gnade von Anfang an bis in Ewigkeit.
Gnade als Freiheit und Verantwortung
Aber Gnade ist kein Freibrief zum Sündigen. Genauso wenig ist dein Führerschein – falls du einen hast – ein Freibrief, um Unfälle zu verursachen, so wie es manche unserer Freunde in Afrika tun, wenn sie in die Flüsse springen.
Kannst du mit dem Führerschein einen Unfall haben? Ja, wahrscheinlich wirst du irgendwann einen Unfall haben. Doch der Führerschein gibt dir nicht das Recht, Unfälle zu verursachen. Er dient vielmehr dazu, in Gemeinschaft mit anderen Autofahrern sicher zu leben und aufeinander Acht zu geben.
Genauso ist Gnade kein Freibrief zum Sündigen. Sie befreit uns vielmehr, in Gemeinschaft mit Jesus zu leben.
Abschlussgebet und Segenswunsch
Und darum möchte ich jetzt schließen mit einem gemeinsamen Gebet, in dem wir uns bewusst machen, dass wir ehrlich vor Gott sind. Wir versuchen nicht, aus eigener Kraft oder durch Gesetzeswerke vor Gott zu bestehen. Auch versuchen wir nicht, uns selbst zu rechtfertigen oder die Gnade zu missbrauchen. Stattdessen sagen wir einfach: Herr Jesus, ich bin ein Heiliger. Du hast mich geheiligt und ausgesondert, um in Gemeinschaft mit dir zu leben. Du bist das Ziel meines Lebens. Mit dir will ich leben, danach sehne ich mich. Mit Gottes Hilfe wähle ich dieses Leben aus Gnade, weil ich bereits von Jesus berufen bin.
Das möchte ich jetzt beten. Wer immer will, darf es in seinem Herzen mitbeten.
Lieber himmlischer Vater, ich bin ein Heiliger, ausgesondert, um jeden Tag mit Jesus zu leben. Du hast mich berufen, damit ich als Ausgewählter mit dir leben darf – aus Gnade. Herr, nichts, was ich tue, könnte mich näher zu dir bringen, denn du hast mich berufen und zu dir geholt.
Herr, ich muss mich auch nicht rechtfertigen, sondern darf ehrlich vor dir sein – mit all meinen schönen Seiten und auch mit meinen dunklen Seiten. Diese möchte ich ehrlich und aufrichtig vor dich bringen. Ich muss nichts verstecken, denn du kennst alles sowieso.
Herr, ich sehne mich nach einem Leben, in dem ich in dieser Gemeinschaft mit dir gesund werden kann. So können auch andere Menschen um mich herum gesund werden. Darum wähle ich die Gnade und freue mich an der Gnade, die du mir geschenkt hast.
Danke, Herr, dass ich ein begnadeter Heiliger bin und als solcher in Freiheit lernen darf, aus Gnade zu leben, ohne sie missbrauchen zu müssen. Danke, Herr, dass uns dein Wort klar vor Augen führt, dass die Zusage, die du Abraham gemacht hast – alle Nationen zu segnen – nie zurückgenommen wurde, sondern durch Jesus erfüllt worden ist.
Danke für die Bibel, dein Wort, das du jedem von uns gegeben hast. So dürfen wir selbst nachlesen, was dein Plan mit der Menschheit und auch mit mir ist. Es ist ein großes Geschenk, dass wir in einer Welt leben dürfen, in einem Land, in dem wir frei darüber reden können, Veranstaltungen frei machen können.
Herr, ich bete, dass wir diese Zeit nutzen, solange wir dieses Vorrecht haben. Danke, Herr, für diesen Vormittag, für deine Liebe und dein Dasein. Segne diese lieben Menschen hier und mache ihnen bewusst: Sie sind heilige, begnadete Menschen. Amen.