Die Lehre der Apostel
Der zweite Korintherbrief Vers für Vers
Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt, Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute beschäftigen wir uns mit dem zweiten Korintherbrief, Kapitel 2, Verse 5 bis 16.
Wir waren stehen geblieben bei der Frage, wie man einen Konflikt mit Geschwistern löst, an denen man mit viel Liebe hängt.
Jetzt machen wir weiter und wenden uns dem Zentrum der Probleme zu, die im Raum stehen.
Die traurige Gemeinderealität und der Umgang mit Konflikten
Zweiter Korinther 2,5: Wenn euch aber jemand traurig gemacht hat, so hat er nicht mich traurig gemacht, sondern zum Teil – damit ich nicht zu viel sage – euch alle.
Wir wissen nicht, um wen es hier genau geht. Natürlich könnte man spekulieren, dass damit der Mann aus 1. Korinther 5 gemeint ist, der ausgeschlossen werden sollte. Ebenso könnte man annehmen, dass diese Person als Reaktion auf den ersten Korintherbrief eine Revolte gegen Paulus angezettelt hat. Diese Spekulation würde zu dem passen, was hier steht, aber sicher wissen wir das nicht.
Was Paulus hier jedoch feststellt, ist etwas anderes: Sie sind traurig. Und wie wir noch sehen werden, bringt diese Betroffenheit ein Problem mit sich.
Im Text heißt es: „zum Teil, so hat er nicht mich traurig gemacht, sondern zum Teil euch alle.“ Diese kleine Einschränkung „zum Teil“ beschreibt die traurige Realität in der Gemeinde. Meist schließen sich nie alle Geschwister geschlossen mit der Leitung oder, wie hier, mit dem Gründer zusammen, wenn dieser angegriffen wird. Gemeindeleiter müssen mit dieser Tatsache leben.
Zumindest haben die Korinther die unbekannte Person, um die es geht, zur Verantwortung gezogen.
Die Balance zwischen Strafe und Vergebung
2. Korinther 2,6-7
Dem Betreffenden genügt diese Strafe von den meisten der Gemeinde. Deshalb solltet ihr im Gegenteil viel mehr vergeben und ihn ermuntern, damit er nicht etwa durch allzu große Traurigkeit verschlungen wird.
Ihr merkt, wieder sind es nur die meisten. Bei Gemeindezucht ziehen häufig nicht alle Gemeindeglieder mit, leider. Und noch schlimmer ist es natürlich heute, wenn sündige Geschwister einfach die Gemeinde wechseln können.
Aber nun zum Problem. Wenn wir diese Verse lesen, dann merken wir, wie demütig, friedliebend, vergebend und mitfühlend Paulus ist. Lasst uns eines nie vergessen: So ein Auftreten ist nicht Schwäche, sondern so sieht es aus, wenn man vom Kreuz her lebt.
Wenn mein Gegner am Boden liegt, dann hole ich alle zusammen, um ihn aufzurichten. Das ist das Evangelium. Und genau das tut Paulus hier. Deshalb spricht er davon, dass die Strafe genügt und dass sie vergeben und ermuntern sollen.
Es liegt also beim Betreffenden Einsicht und Buße vor. Paulus hat tatsächlich Sorge, dass der, der ihm schaden wollte, jetzt selbst am Glauben Schaden nimmt.
Vergebung als zentrales Element im Umgang mit Konflikten
2. Korinther 2,8: Darum ermahne ich euch, zu beschließen, ihm gegenüber Liebe zu üben.
Lasst uns drei Dinge aus diesem Konflikt lernen.
Erstens: Im Zentrum muss Vergebung stehen. Das ist das eigentliche Ziel, nicht die Zurechtweisung. So hat es Jesus formuliert: „Habt Acht auf euch selbst. Wenn dein Bruder sündigt, so weise ihn zurecht, und wenn er es bereut, so vergib ihm.“ Vergebung ist der erste und wichtigste Punkt.
Zweitens: Unser Umgang mit sündigen Geschwistern darf nicht dazu führen, dass sie dauerhaft Schaden an ihrer Beziehung zu Gott oder zur Gemeinschaft nehmen. Es braucht Fingerspitzengefühl – nicht nur beim Gemeindeausschluss, sondern auch in der Begleitung busfertiger Geschwister. Das Ziel ist, dass sie mit Gott und der Gemeinde wieder ins Reine kommen.
Drittens: Für die Wiedereingliederung eines busfertigen Christen in die Gemeinde braucht es einen Beschluss zur Liebe. Der Betroffene muss wissen, dass er nach seiner Buße wirklich mit Freuden wieder aufgenommen wird.
Zusammengefasst: Vergebung als Ziel, Fingerspitzengefühl im Umgang und ein liebevoller Beschluss zur Wiedereingliederung sind entscheidend.
Die Bewährung der Gemeinde und die Verantwortung zur Vergebung
2. Korinther 2,9: Denn dazu habe ich euch geschrieben, damit ich eure Bewährung erkenne, ob ihr in allem gehorsam seid.
Hier lernen wir die Absicht hinter dem zweiten Korintherbrief kennen. Paulus hätte ja auch gleich persönlich vorbeikommen können, doch er wollte vorher wissen, wie es um ihre Bewährung, also ihren Charakter, steht. Er möchte wissen, ob sie gehorsam sind oder nicht. Deshalb bekommen sie eine Aufgabe, um zu beweisen, ob sie wirklich auf ihn hören wollen.
2. Korinther 2,10: Wem ihr aber etwas vergebt, dem vergebe auch ich, denn auch ich habe, was ich vergeben habe, wenn ich etwas zu vergeben hatte.
„Um eurer willen vergeben, vor dem Angesicht Christi.“ Das ist ein ganz spannender Schachzug. Wem ihr vergebt, dem vergebe auch ich.
Hier muss man bei dem Begriff „vergebt“ meines Erachtens vorsichtiger sein. Es bedeutet eher, wem ihr Gnade erweist, nämlich die Gnade der Wiederaufnahme in die Gemeinschaft. Paulus macht sich von ihnen abhängig. Gleichzeitig legt er ihnen damit die Verantwortung einer geistlich reifen Entscheidung auf.
Warum tut er das? Jedenfalls nicht, weil er keine Meinung zu dem Fall hat, sondern weil er um eurer willen bereits vergeben hat. Sie können sich also an ihm ein Vorbild nehmen und seinem Vorbild folgen, so wie er sich an ihrer Entscheidung orientieren wird.
Was hier deutlich wird, ist dies: Paulus hat überhaupt kein Interesse daran, über ihren Glauben zu herrschen. Natürlich will er sie dazu bringen, das Richtige zu tun, aber Zwang sieht ganz anders aus.
Die geistliche Gefahr durch den Satan im Konfliktprozess
2. Korinther 2,11: Damit wir nicht vom Satan übervorteilt werden, denn seine Gedanken sind uns nicht unbekannt.
Ein sehr wichtiger Gedanke. Hier erkennen wir die eigentliche Gefahr, dass der Teufel gewinnt. Die Schlacht, die wir schlagen, ist nicht gegen sündigende Geschwister, sondern gegen den Gott dieser Welt.
Wir müssen wachsam sein, damit wir nicht von ihm betrogen werden. Der Begriff „übervorteilt“ kann auch mit „beraubt“ übersetzt werden. Paulus fürchtet, dass der Satan ihnen eine Seele rauben könnte.
Die Gemeinde ist dafür verantwortlich, dass Geschwister, die nach ihrer Buße wieder fester Bestandteil der Gemeinde werden wollen, dies auch tatsächlich können. Wenn sie dieser Aufgabe nicht nachkommen, treiben sie bußfertige Geschwister in die Arme des Teufels.
Wir kennen die Absichten des Satans: Es geht ihm immer darum, dass Menschen geistlichen Schiffbruch erleiden. Deshalb torpediert er das Werk der Versöhnung auf allen Ebenen.
Das dürfen wir nicht zulassen. Wir müssen dies auf doppelte Weise verhindern: Zum einen dürfen wir im Blick auf Sünde nicht zu nachsichtig sein – das war das Problem in 1. Korinther 5. Zum anderen dürfen wir im Blick auf Vergebung nicht abweisend sein.
Paulus’ Reisepläne und die Sorge um die Gemeinde
Als ich aber zur Verkündigung des Evangeliums Christi nach Troas kam und mir im Herrn eine Tür geöffnet wurde, hatte ich keine Ruhe in meinem Geist, weil ich Titus, meinen Bruder, nicht fand. Deshalb nahm ich Abschied von ihnen und zog weiter nach Mazedonien.
Paulus wirft hier einen Blick zurück, um zu erklären, warum er den zweiten Korintherbrief aus Mazedonien schreibt. Er kommt nach Troas, einem Ort auf der türkischen Seite. Dort möchte er das Evangelium predigen und findet eine geöffnete Tür, also gute Möglichkeiten für Gespräche über den Herrn Jesus. Dennoch ist er unruhig, weil er wissen will, was Titus bei den Korinthern erreicht hat. Titus war ja mit dem sogenannten Tränenbrief dorthin geschickt worden.
Das ist der Grund, warum Paulus Troas verlässt. Wahrscheinlich war das letzte Schiff vor dem Winter angekommen, und Paulus musste damit rechnen, dass Titus nun auf dem Landweg durch Mazedonien reisen würde.
Ist das verrückt? Paulus hat die Chance, das Evangelium zu verkündigen. Doch er macht sich so große Sorgen um seine Beziehung zu den Korinthern, dass er diese Chance nicht wahrnimmt.
Wir merken uns: Gemeindestreitigkeiten fördern nie die Ausbreitung des Evangeliums.
Das Bild vom Triumphzug und die Offenbarung Gottes durch Schwachheit
2. Korinther 2,14: Gott aber sei Dank, der uns allezeit im Triumphzug umherführt in Christus und den Geruch seiner Erkenntnis an jedem Ort durch uns offenbart.
Was für ein Bild! Für siegreiche römische Feldherren war es üblich, ihren Sieg mit einem Triumphzug zu feiern. Dabei wurden die Soldaten geehrt, die erbeuteten Schätze präsentiert und natürlich auch die unterworfenen Feinde gezeigt. Paulus verwendet dieses Bild hier in Bezug auf sich selbst. Er sieht sich als den besiegten Feind. Er läuft als Gefangener Christi in Gottes Triumphzug.
Warum verwendet er dieses wenig schmeichelhafte Bild? Drei Punkte:
Erstens passt es zu Paulus’ Theologie. Wir waren nämlich alle vor unserer Bekehrung Feinde Gottes. Paulus sieht sich genau so.
Zweitens sollte der Triumphzug alle Zuschauer an die Macht der Götter erinnern, die dem Feldherrn zur Seite standen. Das Bild vom Triumphzug Gottes zeigt also, wer der wahre Gott ist.
Drittens passt ein Apostel als besiegter Feind gut zu dem, was Paulus den Korinthern vermitteln will. Unsere Niedrigkeit ist eine Realität, aber sie dient dazu, Gottes Kraft und Herrlichkeit umso mehr zu offenbaren.
Wir sind also besiegte Feinde, die Gott dazu benutzt, dass der Geruch seiner Erkenntnis an jedem Ort durch uns offenbart wird. Ein schönes Bild: Wie sich der Duft eines Parfüms nach allen Seiten ausbreitet, so auch die Erkenntnis Gottes. Durch den Dienst der Apostel wird das Evangelium im ganzen Römischen Reich gehört.
Die Verantwortung als Wohlgeruch Christi in der Welt
2. Korinther 2,15-16: Denn wir sind ein Wohlgeruch Christi für Gott unter denen, die gerettet werden, und unter denen, die verloren gehen; den einen ein Geruch vom Tod zum Tode, den anderen aber ein Geruch vom Leben zum Leben. Und wer ist dazu tüchtig?
Das Bild wechselt hier. Im Blick ist ein Opfer, das verbrannt wird und durch das Verbrennen zu einem Wohlgeruch für Gott wird. So lesen wir es auch in Epheser 5,2: „Wandelt in Liebe, wie auch der Christus uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat als Opfergabe und Schlachtopfer Gott zu einem duftenden Wohlgeruch.“
Jesu Opfer ist ein duftender Wohlgeruch. Und wir tragen etwas von diesem Aroma an uns. Wir sind ein Wohlgeruch Christi, aber nicht für Christus, sondern ein Wohlgeruch Christi für Gott. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass der Geruch vom Opfer stammt. Unser Aroma verbreitet sich durch die Predigt und zwingt Menschen zu einer Entscheidung.
Es gibt zwei Sorten von Menschen: Die einen, die gerettet werden, und die anderen, die verloren gehen. Die einen riechen unsere Predigt, sagen Ja, bekehren sich, und für sie ist es ein Geruch vom Leben – vom natürlichen Leben zum ewigen Leben. Für die anderen ist unsere Predigt ein Geruch vom Tod – vom natürlichen Tod zum zweiten, dem ewigen Tod.
Was für eine enorme Verantwortung wir da tragen! Deshalb macht die Frage „Wer ist dazu tüchtig?“ schon Sinn. Darüber werden wir uns in der nächsten Episode unterhalten.
Das war’s für heute. Morgen geht es mit dem zweiten Korintherbrief weiter. Das Skript zum Vortrag findest du auf frogwords.de oder in der App. Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
