Wenn man heutzutage in ein Büchergeschäft in der Innenstadt geht, vielleicht zu Meiersche oder Thalia, wird man sehr schnell feststellen, dass sich dort unglaublich viele Lebensratgeber befinden. Lebensratgeber sind momentan total im Trend. In vielen dieser Ratgeber geht es um psychologische Themen, aber auch um Job, Karriere, den Umgang mit Finanzen und gesundheitliche Fragen.
Die Tatsache, dass sich so viele Lebensratgeber in den Regalen befinden, hängt auch einfach mit der erhöhten Nachfrage zusammen. Immer mehr Menschen stellen sich die Frage: Wie kann ich mein Leben erfolgreich leben? Die Verlage springen auf diesen Zug auf und schließen Verträge mit den jeweiligen Autoren ab, die dann in den Büchern ihre Weisheit oder auch vermeintliche Weisheit kundtun.
Vielleicht bist du heute Morgen auch hier und stellst dir diese Frage: Wie kann ich mein Leben sinnvoll leben? Ich glaube, das ist das, was uns alle heute Morgen hier eint – auch euch, die im Livestream zugeschaltet sind. Wir alle müssen dieses Leben leben. Und wir alle stellen uns irgendwo manchmal mehr, manchmal weniger bewusst die Frage: Wie soll ich leben? Woher weiß ich, was weise Entscheidungen sind? Wie schaffe ich es, das Leben irgendwie zu bewältigen?
Entscheidend bei dieser Frage ist die Quelle, aus der du deine Weisheit beziehst. Wo findest du Weisheit? Ich möchte dich heute Morgen einladen, das Evangelium als die ultimative Quelle der göttlichen Weisheit in Erwägung zu ziehen – und nicht nur in Erwägung zu ziehen, sondern dein Leben darauf zu bauen. Für das Evangelium lohnt es sich zu sterben. Und deswegen lohnt es sich auch, für das Evangelium zu leben.
Mein Predigtthema heute Morgen lautet: Die Weisheit des Evangeliums. Ich setze fort in meiner Predigtreihe zum ersten Korintherbrief, und der heutige Text kommt aus dem zweiten Kapitel, Verse sechs bis sechzehn. Ich möchte den gesamten Text an den Anfang stellen und vorlesen:
Paulus schreibt an die Christen in Korinth Folgendes:
„Wir reden aber Weisheit unter den Vollkommenen, jedoch nicht Weisheit dieses Zeitalters, auch nicht der Fürsten dieses Zeitalters, die zunichte werden, sondern wir reden Gottes Weisheit in einem Geheimnis, die verborgene, die Gott vorherbestimmt hat vor den Zeitaltern zu unserer Herrlichkeit. Keiner von den Fürsten dieses Zeitalters hat sie erkannt, denn wenn sie sie erkannt hätten, so würden sie wohl den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt haben. Sondern wie geschrieben steht: Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben. Uns aber hat Gott offenbart durch den Geist, denn der Geist erforscht alles, auch die Tiefen Gottes. Denn wer von den Menschen weiß, was im Menschen ist, als nur der Geist des Menschen, der in ihm ist? So hat auch niemand erkannt, was in Gott ist, als nur der Geist Gottes. Wir aber haben nicht den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist, der aus Gott ist, damit wir die Dinge kennen, die uns von Gott geschenkt sind. Davon reden wir auch, nicht in Worten gelehrt durch menschliche Weisheit, sondern in Worten gelehrt durch den Geist, indem wir Geistliches durch Geistliches deuten. Ein natürlicher Mensch aber nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist, denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt wird. Der geistliche Mensch dagegen beurteilt zwar alles, er selbst jedoch wird von niemand beurteilt. Denn wer hat den Sinn des Herrn erkannt, wer ihn unterweisen könnte? Wir aber haben Christi Sinn.“
Im ersten Teil dieses etwas komplizierten Textes beim ersten Lesen spricht Paulus über die verkündigte Weisheit des Evangeliums. Das ist auch mein erster von zwei Punkten: die verkündigte Weisheit des Evangeliums.
Paulus beginnt den Text mit den Worten: „Wir reden aber Weisheit unter den Vollkommenen.“ Jetzt müssen wir zunächst einmal die Frage beantworten: Wer sind die Vollkommenen? Hier geht es bei den Vollkommenen nicht um Christen, die perfekt leben und komplett sündlos sind. Solche Christen gibt es nicht, und schon gar nicht waren die Korinther es.
Jetzt könnte man annehmen: Okay, unter den Vollkommenen sind besonders reife Christen gemeint. Aber Kapitel drei widerlegt diese Vermutung, weil Paulus den Korinthern dort sagt, dass sie alles andere als reif im Glauben sind.
Wer sind also die Vollkommenen? Die Vollkommenen sind diejenigen, die durch Christus reich beschenkt wurden, die ihr Vertrauen im Glauben auf Jesus gesetzt haben. Sie bekommen Jesu vollkommene Gerechtigkeit von außen angerechnet. Es ist nicht ihre eigene Gerechtigkeit, sondern eine fremde Gerechtigkeit, eine christliche Gerechtigkeit, die sie durch den Glauben erhalten.
Das heißt, die Vollkommenen, die Paulus hier meint, sind einfach wiedergeborene Christen. Ihnen hat Paulus sehr wohl Weisheit verkündigt, und das ist eine wichtige Klarstellung, die Paulus macht.
In den letzten drei Predigten zum ersten Korintherbrief hat Paulus den eigentlichen Grund für die Spaltungen in Korinth angepackt. Dieser lag darin, dass die Korinther so auf menschliche Weisheit pochten. Er hat die menschliche Weisheit völlig auseinandergenommen in drei Gegenargumenten:
Er hat den Korinthern deutlich gemacht, dass weltliche Weisheit überhaupt nicht zum Kreuz passt. Weltliche Weisheit passt auch nicht zu der Art und Weise, wie Gott die Gemeinde durch Erwählung zusammenbaut. Und weltliche Weisheit passt drittens auch nicht zu dem Inhalt und der Art und Weise, wie Paulus in Korinth gepredigt hat.
In den Versen unmittelbar vor unserem Text sagt Paulus:
„Und meine Rede und meine Predigt bestand nicht aus überredenden Worten der Weisheit, sondern in Erweisung des Geistes und der Kraft, damit euer Glaube nicht auf Menschenweisheit, sondern auf Gotteskraft beruht.“
Manche könnten jetzt denken, das Evangelium habe gar nichts mit Weisheit zu tun. Paulus antizipiert dieses Missverständnis und kommt deswegen in unserem heutigen Text zur Klarstellung: Das Evangelium hat sehr wohl mit Weisheit zu tun. Aber die Weisheit, auf die Paulus setzt, hat eine ganz andere Quelle.
Was ist die Quelle der verkündigten Weisheit? Darauf geht Paulus in den Versen sechs und sieben ein.
In wissenschaftlichen Arbeiten muss man immer die Quellen für seine Aussagen in der Fußnote belegen. Ich habe den Eindruck, genau das macht Paulus hier. Er geht auf die Fußnoten seiner Predigt in Korinth ein. Woher kam das, was ich euch gesagt habe?
Zunächst einmal sagt er, was nicht die Quelle seines Predigtinhalts war. Vers 6 noch einmal:
„Wir reden aber Weisheit unter den Vollkommenen, jedoch nicht Weisheit dieses Zeitalters, auch nicht der Fürsten dieses Zeitalters, die zunichte werden.“
Die Weisheit dieses Zeitalters ist ganz einfach die Weisheit dieser Welt. Paulus sagt: Die Weisheit, die ich euch kundgetan habe, hatte nicht ihre Quelle in der weltlichen, menschlichen Weisheit, auch nicht in irgendwelchen führenden Köpfen, die sich da zusammengetan haben, irgendwelchen Eliten. Von denen habe ich auch nichts übernommen. Es wäre einfach nur menschlich, und menschlich sind vergänglich.
Vers 7:
„Sondern wir reden Gottes Weisheit in einem Geheimnis, die verborgene.“
Das heißt, Paulus sagt, er hat in Korinth sehr wohl Gottes Weisheit gepredigt. Paulus hat Christus gepredigt, und Christus ist die Weisheit in Person, die personifizierte Weisheit. In ihm ruhen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis verborgen.
Jesus hat selbst seine Weisheit bezeugt. In Lukas 11, Vers 31 sagt Jesus zu einer ungläubigen Volksmenge:
„Eine Königin des Südens wird im Gericht mit den Männern dieses Geschlechts auftreten und wird sie verdammen, denn sie kam vom Ende der Erde, um die Weisheit Salomos zu hören, und siehe, hier ist mehr als Salomo.“
Die Königin von Saba, wie wir im Alten Testament nachlesen können, hat viele Kilometer in Kauf genommen, nur um einmal die Weisheit Salomos zu hören. Sie wollte von ihm lernen. Jesus steht hier vor der ungläubigen Volksmenge und sagt: Die Königin von Saba hat richtig gehandelt. Sie hat viel auf sich genommen, um Salomos Weisheit zu hören. Salomo war der weiseste Mann seiner Zeit, aber er wird in der Bibel weit übertroffen von einer anderen Person – von Jesus Christus.
Jesus sagt: Hier ist mehr als Salomo. Und diesen Jesus hat Paulus in Korinth verkündigt. Er hat Weisheit verkündet.
Wir sehen Gottes Weisheit auf ganz unterschiedliche Weise in unserem Leben. Wenn wir einen Sonnenuntergang sehen oder uns die Schöpfung anschauen, dann können wir in der Schöpfung Gottes Weisheit erkennen. Wenn wir auf unser persönliches Leben zurückblicken, sehen wir Gottes Weisheit in der Art und Weise, wie er unser Leben führt. Das erkennen wir nicht immer im Moment, aber wenn wir zurückblicken, stellen wir plötzlich einen roten Faden fest – Gottes Weisheit in unserem Leben.
Den Höhepunkt der göttlichen Weisheit sehen wir im Evangelium. Aber dieses Evangelium, diese Weisheit im Evangelium, ist ein verborgenes Geheimnis. Nicht jeder erkennt die Weisheit des Evangeliums. Aber nur weil sie von einigen nicht erkannt wird, heißt das noch lange nicht, dass dem Evangelium keine Weisheit innewohnt.
Ich habe euch mal ein Bild mitgebracht, ein Bildrätsel. Auf diesem Bild befinden sich Personen, die ziemlich gut getarnt sind. Wer von euch kann eine Person erkennen? Gegenfrage: Und jetzt seid bitte ehrlich – wer kann keine einzige Person auf diesem Bild erkennen?
Damit habe ich gerechnet. Aber es befinden sich sechs Personen auf diesem Bild, extrem gut getarnt. Schaut mal – und jetzt können wir weiterklicken. Wir lösen es heute nicht auf, aber ich möchte einen ganz wichtigen Punkt machen:
Nur weil wir keine Person erkennen konnten, heißt das noch lange nicht, dass auf diesem Bild keine Person ist. Nur weil einige Leute die Weisheit des Evangeliums nicht erkennen, heißt das nicht, dass dem Evangelium keine Weisheit innewohnt.
Vielleicht wirst du manchmal von deinem Umfeld für deinen Glauben belächelt. Wie kannst du nur daran glauben, dass Gott diese Welt in sieben Tagen geschaffen hat? Wie kannst du nur daran glauben, dass Jesus von einer Jungfrau geboren wurde? Wie kannst du nur daran glauben, dass Jesus wirklich leibhaftig aus den Toten auferstanden ist?
Manchmal macht dieses Belächeln etwas mit uns. Manchmal stehen wir darüber, aber wenn es in schwachen Momenten unseres Lebens kommt, in denen wir Gott vielleicht gerade nicht verstehen, dann können plötzlich Zweifel in uns aufkommen: „Bilde ich mir das alles nur ein? Bin ich vielleicht wirklich naiv, dass ich dieser Botschaft glaube, die ich seit der Kinderstunde gehört habe?“
Ich möchte dir heute sagen: Nein, bist du nicht! Die Tatsache, dass andere es nicht erkennen und du erkannt hast, sagt mehr über sie aus als über dich. Ich möchte dich heute durch diese Predigt vor allem neu ermutigen: Setze deine ganze Hoffnung immer und immer wieder auf dieses eine rettende Evangelium.
Im Evangelium findest du Gottes Weisheit. Schau mal: Das Evangelium klärt die Schuldfrage. Menschen plagen sich mit Schuld in ihrem Leben. Wohin mit meiner Schuld? Das Evangelium sagt dir: Du bekommst Sündenvergebung durch Jesus.
Das Evangelium beantwortet aber auch die Identitätsfrage. Jeder Mensch wünscht sich, irgendwo angenommen zu sein. Das Evangelium sagt: Du bist angenommen.
Jeder Mensch stellt sich die Sinnfrage. Das Evangelium beantwortet auch diese Frage. Jesus ist wirklich von den Toten auferstanden, man hat ihn gesehen, Leute haben es bezeugt, und deswegen ändert sich alles in deinem und meinem Leben. Es macht alles Sinn.
Diese Weisheit finden wir im Evangelium. Wenn du das erkannt hast, lass diese Weisheit nie wieder los. Baue dein Leben darauf. Es lohnt sich, dafür zu leben, und es lohnt sich, dafür zu sterben.
Jetzt dürfen wir das Ganze aber nicht so verstehen, dass das Evangelium einfach nur mit der Weisheit der Welt mithalten kann, so nach dem Motto: Ja, wir finden viel Weisheit bei den Philosophen, und dann sehen wir in den Buchläden diese vielen Lebensratgeber, da ist sehr viel Weisheit, und dann gibt es auch noch die fernöstlichen Religionen, und da finden wir weise Sätze, ja, und dann gibt es auch noch das Evangelium.
Ihr Lieben, das Evangelium ist nicht auf einem Level mit der Weisheit dieser Welt. Das Evangelium überragt die Weisheit dieser Welt bei Weitem. Darauf geht Paulus jetzt in den nächsten Versen ein: die Überlegenheit der verkündigten Weisheit.
Zunächst argumentiert Paulus hier von der zeitlichen Überlegenheit, Vers 7:
„Sondern wir reden Gottes Weisheit in einem Geheimnis, die verborgene, die Gott vorherbestimmt hat vor den Zeitaltern zu unserer Herrlichkeit.“
Paulus hat vorher von der Weisheit dieses Zeitalters gesprochen. Die Weisheit dieses Zeitalters hatte ihren Anfang logischerweise in diesem Zeitalter. Menschen haben im Laufe des Lebens weisheitliche Beobachtungen gemacht, sie haben gewisse Dinge entdeckt und vorangetrieben. Im Laufe der Zeit entstehen Trends, Hypes, gewisse Dinge sind besonders angesagt und gefragt.
Gewisse schlaue Beobachtungen, die der Mensch gemacht hat, bewähren sich über die Zeit, andere werden wieder überholt. Aber allesamt haben sie ihren Ursprung in diesem Zeitalter.
Gottes Heilsplan, so sagt der Text, wurde dagegen gefasst und vorherbestimmt vor den Zeitaltern. Das heißt, Gottes Weisheit war zuerst da.
Wenn es um menschliche Errungenschaften geht, spielt die zeitliche Priorität eine große Rolle. Es ist für Überlegenheit ausschlaggebend: Wer war zuerst auf dem Mond? Das war ein Wettrennen. Die zeitliche Priorität ist wichtig. Wer hat als Erster die Glühbirne erfunden? Da geht es darum, wer als Erster erfindet, der hat das Patent.
Auch wenn es um geistiges Gedankengut geht, ist dieses Prinzip anwendbar. Wer hat diesen schlauen Satz zuerst gesagt? Wer ist zuerst auf diese brillante Idee gekommen? Zeitlicher Vorrang ist bis heute sehr wichtig und signalisiert Überlegenheit.
Wenn wir von Weisheit reden, dann war Gottes Weisheit zuerst da. Das heißt, bevor der Mensch auch nur einen Gedanken denken konnte, hat Gott seinen weisen Ratschluss schon festgelegt.
Ich möchte dir heute sagen: Das Evangelium war kein Plan B, keine Notlösung Gottes auf die plötzlich unerwartete Reaktion des Menschen. Das Evangelium ist Plan A. Gottes weiser Ratschluss wurde vor der Grundlegung der Welt, vor der Zeit, festgelegt.
Weißt du was? Deswegen kann das Evangelium nie zeitgemäß sein. Die evangelische Kirche wirft uns Freikirchen manchmal vor, wir seien nicht zeitgemäß in unserer Botschaft. Meine Antwort darauf ist: Wir können nicht zeitgemäß sein. Das Evangelium kann nicht zeitgemäß sein, weil es vor der Zeit war, weil es sich der Kategorie Zeit entzieht.
Deswegen ist das Evangelium in der Weisheit haushoch überlegen, weil es zuerst war. Es ist zeitlich überlegen.
Paulus sagt aber, es ist nicht nur zeitlich überlegen, es ist qualitativ und inhaltlich überlegen, Verse 8 und 9:
„Keiner von den Fürsten dieses Zeitalters hat sie erkannt, denn wenn sie sie erkannt hätten, so würden sie wohl den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt haben.“
Paulus verweist hier exemplarisch auf die Fürsten dieses Zeitalters, auf die Machthaber dieser Welt, von denen Weisheit ausgehen sollte. Paulus denkt hier natürlich an Kaiphas, den Hohenpriester, an den Hohen Rat, die religiöse Elite, die eigentlich aus weisen Männern bestand, und an Pontius Pilatus als römischen Vertreter der damaligen Elite.
Dann geht Paulus ins Eingemachte und sagt: Die Weisheit Gottes ist der menschlichen Weisheit so weit überlegen, dass die Machthaber, die Elite, sie nicht verstanden haben. Es war zu hoch für sie.
Nirgendwo wird das klarer als am Kreuz. Wie kannst du den Herrn der Herrlichkeit kreuzigen? Das Kreuz ist nicht nur die größte Demonstration von Gottes Weisheit, es ist auch zugleich die größte Demonstration der menschlichen Dummheit. Und beides ist wahr.
In seinem souveränen Ratschluss war das Kreuz der Wille Gottes. Gott hat das Kreuz vorherbestimmt für seinen Sohn. Warum sage ich das? Jesus sagt im Garten Gethsemane: „Vater, lass diesen Kelch an mir vorübergehen, aber nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe.“ Das heißt, das Kreuz war der Wille Gottes.
Gleichzeitig hat der Mensch, der Jesus ans Kreuz geschlagen hat, gesündigt in dem Moment. Jesus sagt zu Pilatus in Johannes 19, Vers 11:
„Du hättest keinerlei Macht über mich, wenn sie dir nicht von oben gegeben wäre. Darum hat der, welcher mich dir überliefert hat, größere Sünde.“
Jesus nennt das, was Pilatus tut, indem er seine Hände in Unschuld wäscht und Jesus kreuzigen lässt, Sünde. Aber Jesus verweist auch auf die anderen, die jüdisch-religiösen Menschen, die Jesus ans Kreuz geliefert haben, und sagt, ihre Sünde wiegt noch schwerer.
Somit sehen wir: Auch wenn das Kreuz Gottes Bestimmung war, sind die Menschen, die Jesus ans Kreuz geschlagen haben, voll verantwortlich für ihre Tat. Und diese Tat war an Torheit nicht zu überbieten.
Nirgendwo offenbart sich die begrenzte Weisheit des Menschen deutlicher als am Kreuz. Nirgendwo wird das Scheitern der menschlichen Weisheit deutlicher als auf dem Hügel Golgatha.
Wenn du den Herrn der Herrlichkeit vor dir hast, dann bewunderst du ihn, aber du spuckst ihm nicht ins Gesicht. Wenn du den Herrn der Herrlichkeit vor dir hast, dann huldigst du ihm als König, aber du setzt ihm keine Dornenkrone auf. Wenn du den Herrn der Herrlichkeit vor dir hast, fällst du auf deine Knie und betest an, aber du spielst keine Spielchen am Fuße des Kreuzes um sein Gewand.
Sie schlagen ihn ans Kreuz. Das muss man sich einmal vor Augen führen: Das Wort wurde Fleisch, aber sie sehen nicht seine Herrlichkeit. Sie schlagen ihn ans Kreuz wie einen Verbrecher. Die Kreuzigung Jesu war aus menschlicher Perspektive der größte Fehlschlag der Menschheitsgeschichte.
Es gibt nur eine Erklärung für so ein dummes Verhalten des Menschen: Ihre Weisheit ist sehr begrenzt. Sie haben Gottes Weisheit nicht erkannt, weil Gottes Weisheit inhaltlich haushoch überlegen ist.
Vers 9:
„Sondern wie geschrieben steht: Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben.“
Dieser Vers wird fälschlicherweise oft auf den Himmel bezogen, aber ihr merkt schon, das macht vom Kontext her keinen Sinn. In diesem Vers geht es nicht um den Himmel, sondern um etwas, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben, etwas, was es menschlich bis dato noch nicht gab.
Was kein menschliches Auge gesehen hat, was kein Ohr gehört hat, was keinen Ursprung im Menschen hat – hier geht es um das Evangelium, nicht um den Himmel. Es geht um das Evangelium, um die wunderbare Nachricht, dass Gott seinen Sohn aus Liebe in diese Welt sandte, um stellvertretend für unsere Sünden zu sterben, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben.
Meine Frage an dich heute Morgen ist: Glaubst du das? Glaubst du das?
Wenn du das glaubst, möchte ich dir heute zusprechen: Dann hast du das Leben, dann hast du die Weisheit gefunden, dann brauchst du nichts anderes. Es ist das Weiseste, was du machen kannst: dein Leben Jesus anzuvertrauen. Und damit meine ich, dein ganzes Leben Jesus anzuvertrauen – nicht 99 Prozent, wobei du etwas für dich behältst, sondern dass du all in gehst, dass du zu Jesus sagst: „Nimm mein ganzes Leben, mach du mit mir, was du willst. Ich setze mein Leben auf eine Karte, und die heißt Jesus.“
Weißt du, die Lebensratgeber werden dir ständig etwas anderes sagen. Sie behaupten, dass die Lösung für dein Leben in dir selbst liegt. Sie spornen dich an, das Beste aus dir herauszuholen.
Ich möchte dir heute sagen: Die Lösung liegt nicht in dir. Das, was du wirklich brauchst, liegt außerhalb von dir. Es liegt in Jesus. Du brauchst Hilfe von außen.
Deswegen möchte ich dich, gerade weil viele Ideologien und viele Ratgeber etwas anderes verkaufen wollen, heute an eine wichtige Sache erinnern: Jede Weisheit, jede schlaue Idee, jede Ideologie, jeder Gedanke, den ein Mensch denken kann, muss sich am Kreuz messen.
Bitte baue dein Leben nie auf eine Weisheit, die das Kreuz ablehnt.
Weißt du, vielleicht bist du als Student beeindruckt von deinen Professoren und von gewissen Autoren. Wir haben viele Studenten in unserer Gemeinde. Vielleicht bist du fasziniert vom Gedankengut der Dichter und Denker.
Ja, ich glaube, dass Gott in seiner allgemeinen Gnade – Gott hat ja auch eine allgemeine Gnade zu den verlorenen Menschen, zu Atheisten – in seiner allgemeinen Gnade Menschen befähigt, schlaue Beobachtungen zu machen.
Aber bitte sei nie von einer Person zu sehr beeindruckt, die das Kreuz ablehnt. Sie ist nicht weise.
Die Bibel sagt: Der Tor, also der Dummkopf, sagt in seinem Herzen: Es gibt keinen Gott. In Gottes Augen ist die 80-jährige Schwester in der Gemeinde, die vielleicht nur eine begrenzte Schulbildung genossen hat, aber seit sechzig Jahren treu mit dem Herrn lebt, so viel weiser als der promovierte und habilitierte Professor, der Gott aus seinem Leben ausklammert.
Weißt du, der höchste Gedanke, den ein Mensch denken kann, ist der Gottesgedanke. Es ist so gut, das ganz früh im Leben zu erkennen und zu sagen: Ich brauche Gott. Und für diesen Gott will ich leben.
Das ist wahre Weisheit, und sie findet ihren Höhepunkt im Evangelium.
Daraus ergeben sich jetzt viele praktische Schlussfolgerungen, auch für dein Leben als Christ.
Mir ist es heute Morgen wirklich ein Anliegen, dass du diese Predigt nicht nur einfach bejahst mit: „Ja, ich stimme zu“, sondern dass du wirkliche Schlussfolgerungen für dein Leben ziehst. Sonst spielen wir hier einfach nur Gottesdienst, und darum geht es nicht.
Wenn du sagst: Ja, das Evangelium ist die Lebensgrundlage – wie zeigt sich das wirklich in deinem Leben als Christ? Denkst du, du brauchst das Evangelium nur am Anfang, um zum Glauben zu kommen? Das Evangelium ist der Höhepunkt der göttlichen Weisheit. Geh immer wieder zuerst zum Evangelium.
Wenn du mit Ängsten und Depressionen zu kämpfen hast, lass mich dir heute vorsichtig eine Frage stellen: Wo suchst du zuerst Rat? Viele Christen laufen direkt zum Psychiater oder Psychologen. Damit wir uns hier nicht falsch verstehen: Das kann manchmal wirklich angebracht und hilfreich sein.
Aber wo suchst du zuerst nach Weisheit? Bei sogenannten Profis, die mit Gott nichts am Hut haben, die eine komplett andere Weltanschauung haben, die ein völlig anderes Menschenbild vertreten? Oder fließt du zuerst zum Evangelium und suchst da wirklich Antworten für deine gefühlte Hoffnungslosigkeit in deiner Depression, in deinen Ängsten?
Wenn du mit deiner Kindererziehung an die Grenzen der Weisheit kommst, gehst du zuerst zu Pädagogen, kaufst dir schlaue, säkulare Bücher über das Bindungsverhalten von Kindern, über die psychologischen Bedürfnisse von Kindern? Oder suchst du zuerst die Lösung im Evangelium und wählst einen evangeliumszentrierten Ansatz?
Wenn das Evangelium wirklich die Weisheit Gottes ist, wie viel Raum nimmt es dann nicht nur hier im Gottesdienst, sondern in deinem ganzen Leben ein? Setzt du alles auf das Evangelium?
Meine tiefste Überzeugung ist, dass wir hier drin alles haben, was wir für ein gottesfürchtiges Leben brauchen. Die Frage ist: Glaubst du das nur theoretisch oder setzt du wirklich deine ganze Hoffnung auf das Evangelium?
Paulus ist bereits darauf eingegangen, dass gewisse Leute die Weisheit Gottes nicht erkannt haben. In den nächsten Versen spricht er darüber, wie diese Weisheit erkannt wird, warum sie von einigen verkannt wird. Das führt uns zum zweiten und letzten Punkt meiner Predigt: die verkannte Weisheit des Evangeliums beziehungsweise die erkannte Weisheit des Evangeliums.
Zunächst schildert uns Paulus, wie die Weisheit Gottes erkannt wird: Durch den Heiligen Geist, Vers 10:
„Uns aber hat Gott offenbart durch den Geist, denn der Geist erforscht alles, auch die Tiefen Gottes.“
Schaut mal, die ersten beiden Worte stehen hier im Gegensatz. Paulus hat gerade von den Machthabern gesprochen, die die Weisheit nicht erkannt haben, sonst hätten sie Christus nicht gekreuzigt. Jetzt sagt er uns: „Uns hat es Gott offenbart.“
Wenn man ganz genau in den Text schaut, ist es wichtig zu sehen, dass hier nicht steht: „Wir haben es erkannt.“ Hier steht: „Uns wurde es offenbart.“ Das ist ein großer Unterschied.
Das nimmt den Menschen komplett aus dem Mittelpunkt. Der Mensch kann sich nicht auf die Schulter klopfen und sagen: „Ja, ich habe bei der Predigt gut zugehört, deswegen habe ich es erkannt.“
Die Erkenntnis muss von außen kommen. Der Mensch selbst ist nicht fähig, geistliche Dinge zu erkennen. Die Initiative geht von Gott aus, der Mensch ist passiv, Gott ist aktiv, und er offenbart die wunderbare Weisheit seines Evangeliums durch den Geist.
So sehen wir es beispielsweise auch in der Apostelgeschichte: Wie ist Lydia zum Glauben gekommen in Philippi? Apostelgeschichte 16,14:
„Und eine Frau mit Namen Lydia, eine Purpurkrämerin aus der Stadt Thyatira, die Gott anbetete, hörte zu. Deren Herz öffnete der Herr, dass sie achtgab auf das, was von Paulus geredet wurde.“
Das heißt, hätte Gott Lydia nicht das Herz geöffnet, hätte sie nur Bahnhof verstanden. Gott hat sich ihr gezeigt.
Die Rolle des Heiligen Geistes dürfen wir nie, nie unterschätzen im Evangelium. Der Heilige Geist ist unverzichtbar. Ohne ihn könnte kein Mensch zum Glauben kommen. Der Heilige Geist offenbart uns die Wahrheit, eröffnet uns die Augen für das Evangelium.
Wenn wir das erkannt haben, nimmt uns das jeden Stolz weg. Wir sind nicht besser als die Nichtchristen. Hast du das vielleicht schon mal erlebt, dass du ein bisschen von oben herab auf Menschen gelächelt hast, die einfach verloren sind in der Welt? Wir waren genauso verloren. Und wir haben es von uns aus nicht erkannt, weil wir klüger oder besser sind, sondern weil Gott sich entschieden hat, durch den Heiligen Geist seinen Sohn uns zu offenbaren.
Denk mal zurück: Vielleicht kannst du dich an einen entscheidenden Moment erinnern, wo du plötzlich Jesus zum ersten Mal in seiner Schönheit gesehen hast. Du hast das Evangelium schon häufig gehört, und irgendwann kam der Punkt, wo du erkannt hast: Er ist für mich gestorben. Ich muss mein Vertrauen darauf setzen.
In dem Moment hat dir der Heilige Geist seinen Sohn gezeigt, den Sohn Gottes.
Diese Wahrheit illustriert Paulus in Vers 11 mit dem Geist des Menschen:
„Denn wer von den Menschen weiß, was im Menschen ist, als nur der Geist des Menschen, der in ihm ist? So hat auch niemand erkannt, was in Gott ist, als nur der Geist Gottes.“
Das muss erklärt werden, ist aber eigentlich ganz simpel: Kein Mensch kann die Gedanken eines anderen Menschen lesen. Du weißt nie zu hundert Prozent genau, was der andere Mensch gerade empfindet. Mit einer gewissen Menschenkenntnis und Erfahrung kannst du es vielleicht abschätzen, aber genau sagen kannst du es nie.
Das, was ein Mensch denkt und empfindet, kann nur er selbst sagen – also der Geist in ihm, nicht der Heilige Geist, sondern sein menschlicher Geist.
Paulus sagt, genauso ist es mit den göttlichen Wahrheiten, was Gott denkt. Es kann kein Mensch erfassen, es kann nur der Heilige Geist, der in Gott ist, der Teil der Dreieinigkeit ist.
Dieser Geist, der Gottes Gedanken versteht, weil er Gott ist, hat uns Gott offenbart.
Vers 12:
„Wir aber haben nicht den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist, der aus Gott ist, damit wir die Dinge kennen, die uns von Gott geschenkt sind.“
Ich habe hier mal ein Geschenk mitgebracht. Bei manchen Geschenken kann man vorher schon erahnen, was drin ist. Bei Büchern ist das meistens so: Du fühlst und denkst, es wird ein Buch sein.
Aber ansonsten, wenn wir nur ein Geschenk vor uns sehen, freuen wir uns zwar darüber, dass uns etwas geschenkt ist, aber unsere Freude wird erst maximiert, wenn wir erkennen, was uns geschenkt ist.
Genau das ist die Aufgabe des Heiligen Geistes. Wir selbst könnten es nicht erkennen, aber der Heilige Geist ist derjenige, der das Geschenk für uns auspackt, damit wir erkennen können, was uns wirklich von Gott geschenkt ist.
Der Heilige Geist öffnet uns das Geschenk und macht uns deutlich: Dir ist ewiges Leben geschenkt, dir ist Gotteskindschaft geschenkt, dir ist Sündenvergebung geschenkt.
Das würden wir nicht verstehen, wenn der Heilige Geist nicht das Geschenk aufpackt.
Das ist eine wunderbare Eigenschaft des Heiligen Geistes. Wir sollten den Heiligen Geist lieben für seine wunderbare Fähigkeit, uns das Geschenk zu öffnen, damit wir verstehen, was uns alles geschenkt ist von Gott.
Das tut der Heilige Geist zum ersten Mal bei unserer Errettung. Aber auch als Christ will er uns immer wieder neu durch das Wort aufzeigen, was uns alles eigentlich in Christus geschenkt ist.
Und ihr Lieben, das ist so wichtig. Das brauchen wir doch alle immer wieder: die Erinnerung daran, dass wir Sündenvergebung haben, dass wir Gotteskinder sind, dass wir ewiges Leben haben.
Paul David Tripp, der Seelsorger, schreibt:
„Dir wurde eine grundlegend neue Identität verliehen. Das Problem ist leider, dass viele von uns immer und zumindest sehr oft ihre Identität vergessen. Wir vergessen, wer wir sind. Und wenn wir das tun, geben wir dem Zweifel, der Furcht und dem Kleinmut Raum. Dieses Vergessen gibt dir das Gefühl, arm zu sein, während du doch in der Tat reich bist. Es gibt dir das Gefühl, töricht zu sein, während du doch in Wirklichkeit eine persönliche Beziehung zu dem einen hast, der die Weisheit ist. Es gibt dir das Gefühl, unfähig zu sein, obwohl du in Wirklichkeit mit Kraft gesegnet wurdest. Es gibt dir das Gefühl, allein zu sein, obwohl es für dich seit der Geist in dir lebt, unmöglich ist, allein zu sein. Du fühlst dich ungeliebt, während du doch in der Tat als Kind des himmlischen Vaters mit ewiger Liebe begnadet bist. Du empfindest, dass du den Ansprüchen Gottes nicht genügen kannst, was an sich ja auch stimmt, aber du vergisst manchmal, dass in Wirklichkeit der Retter dir zugute völlig genügt. Wenn du vergisst, wer du in Christus bist, nimmt es dir die Kraft, nach Gottes Willen zu leben.“
Genau deshalb brauchen wir auch als Christen immer wieder die Erinnerung durch den Heiligen Geist daran, was wir alles geschenkt bekommen haben.
Ich persönlich kenne Momente, oft gerade am frühen Morgen, da bin ich manchmal besonders angreifbar für negative Gedanken. Ich habe viele Erfahrungen, wo ich mich niedergeschlagen gefühlt habe, manchmal Zweifel hatte, sogar grundlegende Zweifel. Dann entscheide ich mich einfach: Ich gehe wieder in die Bibel.
Da lese ich ein paar Worte, und der Heilige Geist offenbart mir neu durch die Bibel, die er ja eingegeben hat, was wir alles in Christus haben. Der Tag ist wieder wunderbar, plötzlich scheint die Sonne.
Ich möchte dich ermutigen, liebes Gotteskind, dass du dich täglich neu vom Heiligen Geist daran erinnern lässt, was dir alles geschenkt wurde in Jesus. Es kam von außerhalb. Es ist ein Geschenk. Es hängt nicht mit deiner Leistung zusammen. Es hängt nicht damit zusammen, wie gut du deine Woche gelebt hast, sondern mit dem, was Jesus für dich getan hat.
Das ist das Wunderbare am Heiligen Geist.
Wenn du die Geschenke klar vor Augen hast, gibt dir das Heilsgewissheit, Zuversicht, Motivation und Kraft, gegen Sünde zu kämpfen. Wir sollten den Heiligen Geist lieben, der uns das alles zeigt.
Wir erkennen die Weisheit Gottes durch den Heiligen Geist. Aber das Gegenteil ist auch leider wahr: Ohne den Heiligen Geist erkennt der Mensch gar nichts.
Damit kommen wir zum letzten Unterpunkt meiner Predigt: die verkannte Weisheit – ohne den Heiligen Geist.
Ich lese noch einmal die Verse 13 bis 16:
„Davon reden wir auch, nicht in Worten gelehrt durch menschliche Weisheit, sondern in Worten gelehrt durch den Geist, indem wir Geistliches durch Geistliches deuten. Ein natürlicher Mensch aber nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist, denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt wird. Der geistliche Mensch dagegen beurteilt zwar alles, er selbst jedoch wird von niemandem beurteilt. Denn wer hat den Sinn des Herrn erkannt, wer ihn unterweisen könnte? Wir aber haben Christi Sinn.“
Paulus hat gerade gesagt, der Geist öffnet uns die Geschenke, und von diesen Geschenken reden wir. Wir reden von geistlichen Wahrheiten, die ihren Ursprung im Geist haben.
Dann geht Paulus hier auf die unterschiedliche Wahrnehmung ein und stellt den natürlichen Menschen und den geistlichen Menschen in einen Kontrast.
Der natürliche Mensch, das heißt der Mensch ohne den Heiligen Geist, also der nicht wiedergeborene Mensch, kann nichts vom Heiligen Geist annehmen. Er will es nicht, aber er kann es auch nicht. Beides ist wahr.
Der unerrettete Mensch will das Evangelium nicht annehmen, und er kann es auch nicht. Beides ist wahr.
Paulus sagt: „Und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt wird.“ Deswegen ist das Evangelium für Nichtchristen, die den Geist nicht haben, Dummheit (1. Korinther 1,18: „Denn das Wort vom Kreuz ist denen, die verloren gehen, Torheit.“).
Jetzt kommt Paulus auf den geistlichen Menschen zu sprechen:
„Der geistliche Mensch dagegen beurteilt zwar alles, er selbst jedoch wird von niemandem beurteilt, denn wer hat den Sinn des Herrn erkannt, wer ihn unterweisen könnte? Wir aber haben Christi Sinn.“
Der geistliche Mensch kann das Geistliche richtig beurteilen, weil der Geist es ihm offenbart.
Jetzt steht hier: „Er selbst jedoch wird von niemandem beurteilt.“ Das heißt nicht, dass der geistliche Mensch über jede Kritik erhaben ist, sondern dass er sich um die Kritiken keine Sorgen machen muss. Sie können es einfach nicht verstehen, deswegen sind sie gegen ihn.
Aber er hat es gezeigt bekommen.
Kein Mensch hat die Möglichkeit, mit bloßen intellektuellen Fähigkeiten die tiefen Gedanken Gottes zu erkennen, aber wir haben Christi Sinn.
Man kann das Ganze mit einem Radio vergleichen. Ich habe heute ein Radio mit dabei. Wusstet ihr, dass jetzt gerade hier in diesem Raum Musik ist? Machen wir uns das bewusst. Aber wir könnten sie nur empfangen, wenn wir das Radio anmachen und die Antenne aufziehen. Dann können wir die Musik hören, die hier auch ohne Radio im Raum ist.
Die Frage mit der Erkenntnis der geistigen Dinge hängt mit dieser Antenne zusammen. Der nicht wiedergeborene Mensch hat keine Antenne. Wenn das Evangelium gepredigt wird, hört er zwar ein Rauschen, aber er wird nie die schönen Klänge des Evangeliums vernehmen können. Ihm fehlt die Antenne.
Nur jemand, der die Antenne des Heiligen Geistes hat, wird das Evangelium, den schönen Klang, verstehen können.
Vor einigen Wochen habe ich mir die Trauerfeier von Charlie Kirk angesehen. Ich habe mir bewusst zumindest Teile, nicht die ganze Feier, auf einem deutschen Sender angeschaut. Warum? Weil ich wissen wollte, was die deutschen Medien zu den Inhalten sagen.
Ich saß da, und dann gab es einen besonderen Moment: Der christliche Apologet Frank Turek kam ans Rednerpult und nutzte die Chance, jetzt hören plötzlich Hunderttausende Menschen zu, und er verkündete in aller Deutlichkeit das Evangelium von Jesus Christus.
Ich saß davor – vielleicht ging es einigen von euch ähnlich, die die Feier auch geguckt haben – und ich dachte nur: Was passiert hier gerade? All die deutschen Sender sind zugeschaltet, und hier wird einfach nur das Evangelium verkündigt.
In dem Moment unterbricht der deutsche Moderator. Er ist auf dem Höhepunkt des Evangeliums. Ich sitze da und sage: Ja, genau, Amen, Bruder, ununterbrochen.
Insgesamt, während der gesamten Trauerfeier, wurde ja immer wieder das Evangelium verkündigt. Plötzlich die Deutschen mit einem ganz, ganz großen inhaltlichen Abstand: „Ja, wir sind etwas erstaunt, und es wirkt uns vielleicht befremdlich, dass hier doch so viele religiöse Inhalte rüberkommen.“
Keine Antenne, keine Antenne.
Wenn wir diese Wahrheit verstanden haben, dann muss uns klar sein: Wir können keine Menschen bekehren. Wir können es nicht. Wir sind dazu unfähig. Wenn der Geist nicht wirkt, passiert gar nichts.
Genau deswegen ist es so wichtig, dass du heute neu deine Abhängigkeit von Gott, was die Errettung anderer Menschen angeht, darin bezeugst, dass du auf die Knie gehst und für die Errettung von Sündern einstehst.
Vielleicht ist es dein ungläubiger Ehepartner, vielleicht sind es deine Kinder, die verlorene Söhne oder verlorene Töchter sind. Vielleicht sind es liebe Menschen aus deinem Umfeld, denen du immer wieder das Evangelium gesagt hast, die nichts angenommen haben, weil sie keine Antenne haben.
Nimm den heutigen Text zum Anlass, um dir neu vorzunehmen: Ich werde für sie beten. Ich werde darum bitten, dass Gott ihre Herzen öffnet, dass Gott ihnen geistliche Klarheit schenkt, damit sie es zum ersten Mal sehen können.
Einer der emotionalsten Momente in den letzten Jahren war für mich die Bekehrung von Timothei Löwen. Timothei ist Mitglied unserer Gemeinde mit einer recht kriminellen Vergangenheit. Hinzu kam, dass er mit Anfang zwanzig erblindet ist.
Timothei ist blind. Er kam irgendwann, ich glaube letztes oder vorletztes Jahr, zum ersten Mal in unsere Gottesdienste. Er ist circa Mitte zwanzig, ein junger Mann, blind. Er kommt in die Gottesdienste – und hör zu!
Irgendwann hat der Geist Gottes sich entschieden, ihm seinen Sohn zu zeigen. Timothei kam nach vorne und hat sein Leben Jesus übergeben. Ich weiß noch ganz genau: Ich meine, er kam aus dieser Tür. Ich habe nicht das Übergabegebet mit ihm gesprochen, es war ein anderer Pastor. Aber ich stand hier, und Timothei kommt körperlich immer noch blind auf uns zu und sagt: „Ich war blind, aber jetzt sehe ich.“
Meine Frage an dich heute Morgen: Siehst du die Weisheit des Evangeliums? Wenn du sie siehst, wenn dein Herz immer wieder erwärmt wird, wenn du das Evangelium hörst, danke Gott dafür, dass er dir diese Antenne gegeben hat – in seiner Gnade.
Hör nie auf, begeistert zu sein von diesem Evangelium, von diesem wunderbaren Jesus Christus.
Vielleicht hast du heute zum ersten Mal Jesus gesehen, vielleicht hast du im Laufe der Predigt verstanden, du bist gemeint.
Jesus sagt:
„Wer mich sieht, der sieht den, der mich gesandt hat. Ich bin als Licht in die Welt gekommen, damit jeder, der an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibt.“
Das ist meine Einladung für dich heute: Wenn dir Jesus aufgezeigt hat, dass du verloren bist, dass du Hilfe von außen brauchst, dass du einen Retter brauchst, dann lade ich dich ein, heute dein ganzes Vertrauen auf diesen Jesus zu setzen – nicht mehr auf deine Werke, nicht auf das, was du getan hast, sondern einzig und allein auf das, was er für dich getan hat.
Das kannst du gerne für dich alleine tun. Aber du kannst auch gerne nach dem Gottesdienst hier zurückbleiben. Wir sind gerne für dich da.
Amen.
Im ersten Teil dieses etwas komplizierten Textes beim ersten Lesen spricht Paulus über die verkündigte Weisheit des Evangeliums. Das ist auch mein erster von zwei Punkten: die verkündigte Weisheit des Evangeliums.
Paulus beginnt den Text mit den Worten: „Wir reden aber Weisheit unter den Vollkommenen.“ Zunächst müssen wir die Frage beantworten: Wer sind die Vollkommenen?
Hier geht es bei den Vollkommenen nicht um Christen, die perfekt leben und komplett sündlos sind. Solche Christen gibt es nicht, und schon gar nicht waren die Korinther es. Nun könnte man annehmen, unter den Vollkommenen seien besonders reife Christen gemeint. Doch Kapitel drei widerlegt diese Vermutung, weil Paulus den Korinthern dort sagt, dass sie alles andere als reif im Glauben sind.
Wer sind also die Vollkommenen? Die Vollkommenen sind diejenigen, die durch Christus reich beschenkt wurden, die ihr Vertrauen im Glauben auf Jesus gesetzt haben. Sie erhalten Jesu vollkommene Gerechtigkeit angerechnet – von außen.
Es ist nicht ihre eigene Gerechtigkeit, sondern eine fremde Gerechtigkeit, eine christliche Gerechtigkeit, die sie durch den Glauben bekommen. Das heißt, die Vollkommenen, die Paulus hier meint, sind einfach wiedergeborene Christen.
Ihnen hat Paulus sehr wohl Weisheit verkündigt, und das ist eine Klarstellung, die Paulus hier macht.
In den letzten drei Predigten zum ersten Korintherbrief hat Paulus den eigentlichen Grund für die Spaltungen in Korinth angesprochen. Dieser lag darin, dass die Korinther so sehr auf menschliche Weisheit pochten.
Paulus hat die menschliche Weisheit in drei Gegenargumenten völlig auseinandergenommen. Erstens machte er den Korinthern deutlich, dass weltliche Weisheit überhaupt nicht zum Kreuz passt. Zweitens passt weltliche Weisheit auch nicht zu der Art und Weise, wie Gott die Gemeinde durch Erwählung zusammenbaut. Drittens passt weltliche Weisheit auch nicht zum Inhalt und zur Art, wie Paulus in Korinth gepredigt hat.
In den Versen unmittelbar vor unserem Text sagt Paulus: „Und meine Rede und meine Predigt bestand nicht aus überredenden Worten der Weisheit, sondern in Erweisung des Geistes und der Kraft, damit euer Glaube nicht auf Menschenweisheit, sondern auf Gotteskraft beruht.“
Manche könnten jetzt denken, das Evangelium habe einfach gar nichts mit Weisheit zu tun. Paulus antizipiert dieses Missverständnis. Deshalb folgt in unserem heutigen Text die Klarstellung: Das Evangelium hat sehr wohl mit Weisheit zu tun. Allerdings stammt die Weisheit, auf die Paulus setzt, aus einer ganz anderen Quelle.
Was ist die Quelle der verkündigten Weisheit? Darauf geht Paulus in den Versen 6 und 7 ein.
In wissenschaftlichen Arbeiten ist es üblich, die Quellen für Aussagen in Fußnoten anzugeben. Vielleicht haben einige von euch schon einmal eine Bachelorarbeit, eine Masterarbeit oder eine Doktorarbeit abgegeben. Dabei muss man immer die Herkunft der Informationen belegen. Ich habe den Eindruck, genau das tut Paulus hier. Er verweist auf die „Fußnoten“ seiner Predigt in Korinth. Woher stammt das, was ich euch gesagt habe?
Zunächst sagt er, was nicht die Quelle seines Predigtinhalts war. In Vers 6 heißt es noch einmal: „Wir reden aber Weisheit unter den Vollkommenen, jedoch nicht Weisheit dieses Zeitalters, auch nicht der Fürsten dieses Zeitalters, die zunichte werden.“ Die Weisheit dieses Zeitalters ist einfach die Weisheit dieser Welt.
Paulus sagt: Die Weisheit, die ich euch kundgetan habe, stammt nicht aus weltlicher oder menschlicher Weisheit. Auch nicht von führenden Köpfen, die sich zusammengetan haben, oder von einer Elite. Von solchen habe ich nichts übernommen. Es wäre einfach nur menschlich, und das Menschliche ist vergänglich.
In Vers 7 fährt er fort: „Sondern wir reden Gottes Weisheit in einem Geheimnis, die verborgene.“ Paulus sagt also, dass er in Korinth sehr wohl Weisheit gepredigt hat – Gottes Weisheit.
Paulus hat Christus verkündet, und Christus ist die Weisheit in Person, die personifizierte Weisheit. In ihm ruhen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis verborgen.
Jesus selbst hat seine Weisheit bezeugt. In Lukas 11,31 sagt Jesus zu einer ungläubigen Volksmenge: „Eine Königin des Südens wird im Gericht mit den Männern dieses Geschlechts auftreten und wird sie verdammen, denn sie kam vom Ende der Erde, um die Weisheit Salomos zu hören, und siehe, hier ist mehr als Salomo.“
Die Königin von Saba hat, wie wir im Alten Testament nachlesen können, viele Kilometer zurückgelegt, nur um einmal die Weisheit Salomos zu hören. Sie wollte von ihm lernen.
Jesus sagt hier zu der ungläubigen Volksmenge: Die Königin von Saba hat richtig gehandelt. Sie hat viel auf sich genommen, um Salomos Weisheit zu hören. Salomo war der weiseste Mann seiner Zeit, aber in der Bibel wird er weit übertroffen von einer anderen Person: Jesus Christus.
Jesus sagt: Hier ist mehr als Salomo. Und diesen Jesus hat Paulus in Korinth verkündigt. Er hat Weisheit verkündigt.
Wir sehen Gottes Weisheit auf ganz unterschiedliche Weise in unserem Leben. Wenn wir einen Sonnenuntergang betrachten oder die Schöpfung anschauen, dann können wir darin Gottes Weisheit erkennen.
Auch wenn wir auf unser persönliches Leben zurückblicken, sehen wir Gottes Weisheit in der Art und Weise, wie er unser Leben führt. Das erkennen wir nicht immer sofort. Doch wenn wir zurückschauen, stellen wir plötzlich fest, dass sich in den verschiedenen Situationen unseres Lebens ein roter Faden zeigt: Gottes Weisheit wirkt in unserem Leben.
Den Höhepunkt der göttlichen Weisheit sehen wir im Evangelium. Doch diese Weisheit im Evangelium ist ein verborgenes Geheimnis. Nicht jeder erkennt die Weisheit des Evangeliums. Aber nur weil sie von einigen nicht erkannt wird, heißt das noch lange nicht, dass dem Evangelium keine Weisheit innewohnt.
Ich habe euch ein Bild mitgebracht, ein Bilderrätsel. Auf diesem Bild befinden sich Personen, die sehr gut getarnt sind. Wer kann eine Person auf diesem Bild erkennen? Und jetzt eine Gegenfrage: Seid bitte ehrlich – wer kann keine einzige Person auf diesem Bild erkennen?
Damit habe ich gerechnet. Tatsächlich befinden sich sechs Personen auf diesem Bild, extrem gut getarnt. Aber schaut mal – und jetzt können wir weiterklicken, um es zu lösen – heute nicht.
Ich möchte hier nur einen ganz, ganz wichtigen Punkt machen: Nur weil wir keine Person erkennen konnten, heißt das noch lange nicht, dass auf diesem Bild keine Person ist. Genauso ist es mit der Weisheit des Evangeliums: Nur weil einige Leute sie nicht erkennen, heißt das nicht, dass dem Evangelium keine Weisheit innewohnt.
Vielleicht wirst du manchmal von deinem Umfeld für deinen Glauben belächelt. Wie kannst du nur daran glauben, dass Gott diese Welt in sieben Tagen geschaffen hat? Wie kannst du nur daran glauben, dass Jesus von einer Jungfrau geboren wurde? Wie kannst du nur daran glauben, dass Jesus wirklich aus den Toten leibhaftig auferstanden ist?
Manchmal macht dieses Belächeln etwas mit uns. Manchmal stehen wir darüber, aber in schwachen Momenten unseres Lebens, wenn wir Gott vielleicht gerade nicht verstehen, können plötzlich Zweifel in uns aufkommen. Dann fragen wir uns: Bilde ich mir das alles nur ein? Bin ich vielleicht wirklich einfach naiv, dass ich an diese Botschaft glaube, die ich seit der Kinderstunde gehört habe?
Ich möchte heute sagen: Nein, bist du nicht! Die Tatsache, dass andere es nicht erkennen, und du es erkannt hast, sagt mehr über sie aus als über dich. Ich möchte dich heute durch diese Predigt vor allem neu ermutigen.
Setze deine ganze Hoffnung immer und immer wieder auf dieses eine rettende Evangelium. Im Evangelium findest du Gottes Weisheit. Schau mal: Das Evangelium klärt die Schuldfrage. Menschen plagen sich mit Schuld in ihrem Leben. Wohin mit meiner Schuld? Das Evangelium sagt dir: Du bekommst Sündenvergebung durch Jesus.
Das Evangelium beantwortet aber auch die Identitätsfrage. Jeder Mensch wünscht sich, irgendwo angenommen zu sein. Das Evangelium sagt: Du bist angenommen.
Jeder Mensch stellt sich die Sinnfrage. Das Evangelium beantwortet auch diese Frage. Jesus ist wirklich von den Toten auferstanden. Man hat ihn gesehen, Leute haben es bezeugt, und deswegen ändert sich alles in deinem und in meinem Leben. Es macht alles Sinn.
Diese Weisheit finden wir im Evangelium. Wenn du das erkannt hast, lass diese Weisheit nie wieder los. Baue dein Leben darauf. Es lohnt sich, dafür zu leben – und es lohnt sich, dafür zu sterben.
Jetzt dürfen wir das Ganze aber nicht so verstehen, dass das Evangelium einfach nur mit der Weisheit der Welt mithalten kann. So nach dem Motto: Ja, wir finden echt viel Weisheit bei den Philosophen. Dann sehen wir in den Bücherläden diese vielen Lebensratgeber, in denen sehr viel Weisheit steckt. Außerdem gibt es noch die fernöstlichen Religionen, und dort finden wir ebenfalls weise Sätze. Und dann gibt es auch noch das Evangelium.
Ihr Lieben, das Evangelium ist nicht auf einem Level mit der Weisheit dieser Welt. Das Evangelium überragt die Weisheit dieser Welt bei Weitem. Darauf geht Paulus jetzt in den nächsten Versen ein: die Überlegenheit der verkündigten Weisheit.
Zunächst argumentiert Paulus hier von der zeitlichen Überlegenheit (Vers 7). Er spricht von Gottes Weisheit in einem Geheimnis, der verborgenen Weisheit, die Gott vor den Zeitaltern zu unserer Herrlichkeit vorherbestimmt hat.
Paulus hat zuvor von der Weisheit dieses Zeitalters gesprochen. Diese Weisheit begann logischerweise in diesem Zeitalter. Menschen haben im Laufe ihres Lebens weisheitliche Beobachtungen gemacht, sie haben gewisse Dinge entdeckt und vorangetrieben. Im Laufe der Zeit entstehen Trends, im Laufe der Zeit entstehen Hypes. Manche Dinge sind besonders angesagt und gefragt.
Gewisse schlaue Beobachtungen, die der Mensch gemacht hat, bewähren sich über die Zeit, andere werden wiederum überholt. Aber allesamt haben sie ihren Ursprung in diesem Zeitalter. Gottes Heilsplan dagegen, so sagt der Text, wurde gefasst und vorherbestimmt vor den Zeitaltern. Das heißt, Gottes Weisheit war zuerst da.
Wenn es um menschliche Errungenschaften geht, spielt die zeitliche Priorität eine große Rolle. Sie ist ausschlaggebend für Überlegenheit. Wer war zuerst auf dem Mond? Das war ein Wettrennen. Die zeitliche Priorität ist wichtig. Wer hat als Erster die Glühbirne erfunden? Da geht es darum, wer als Erster erfindet, der hat das Patent.
Auch wenn es um geistiges Gedankengut geht, ist dieses Prinzip anwendbar. Wer hat diesen schlauen Satz zuerst gesagt? Wer ist zuerst auf diese brillante Idee gekommen? Zeitlicher Vorrang ist bis heute sehr, sehr wichtig und signalisiert Überlegenheit.
Wenn wir von Weisheit reden, dann war Gottes Weisheit zuerst da. Das heißt, bevor der Mensch auch nur einen Gedanken denken konnte, hat Gott seinen weisen Ratschluss schon festgelegt.
Ich möchte heute sagen: Das Evangelium war kein Plan B, keine Notlösung Gottes auf die plötzlich unerwartete Reaktion des Menschen. Das Evangelium ist Plan A. Gottes weiser Ratschluss wurde vor der Grundlegung der Welt, vor der Zeit, festgelegt.
Weißt du was? Deswegen kann das Evangelium nie zeitgemäß sein. Die evangelische Kirche wirft uns Freikirchen manchmal vor, wir seien nicht zeitgemäß in unserer Botschaft. Meine Antwort darauf ist: Wir können nicht zeitgemäß sein. Das Evangelium kann nicht zeitgemäß sein, weil es vor der Zeit war, weil es sich der Kategorie Zeit entzieht.
Deswegen ist das Evangelium in der Weisheit haushoch überlegen, weil es zuerst war.
Paulus sagt, dass es nicht nur zeitlich überlegen ist, sondern auch qualitativ und inhaltlich überlegen. Die Verse acht und neun machen das deutlich. Keiner der Fürsten dieses Zeitalters hat sie erkannt. Hätten sie sie erkannt, hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt.
Paulus verweist hier exemplarisch auf die Fürsten dieses Zeitalters, auf die Machthaber dieser Welt. Von ihnen sollte Weisheit ausgehen. Er denkt dabei an Kaiphas, den Hohenpriester, an den Hohen Rat – die religiöse Elite, die eigentlich aus weisen Männern bestehen sollte – und an Pontius Pilatus als römischen Vertreter der damaligen Elite.
Dann geht Paulus ins Eingemachte und sagt: Die Weisheit Gottes ist der menschlichen Weisheit so weit überlegen, dass die Machthaber und die Elite sie nicht verstanden haben. Es war zu hoch für sie. Nirgendwo wird das klarer als am Kreuz. Wie kann man den Herrn der Herrlichkeit kreuzigen?
Das Kreuz ist nicht nur die größte Demonstration von Gottes Weisheit, sondern auch zugleich die größte Demonstration menschlicher Dummheit. Beides ist wahr. In seinem souveränen Ratschluss war das Kreuz der Wille Gottes. Gott hat das Kreuz für seinen Sohn vorherbestimmt.
Warum sage ich das? Jesus sagt im Garten Gethsemane: „Vater, lass diesen Kelch an mir vorübergehen, aber nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe.“ Das heißt, das Kreuz war der Wille Gottes. Zugleich hat der Mensch, der Jesus ans Kreuz schlug, in diesem Moment gesündigt.
Jesus sagt zu Pilatus in Johannes 19, Vers 11: „Du hättest keinerlei Macht über mich, wenn sie dir nicht von oben gegeben wäre. Darum hat der, welcher mich dir überliefert hat, größere Sünde.“ Jesus nennt das, was Pilatus tut – indem er seine Hände in Unschuld wäscht und Jesus kreuzigen lässt – Sünde.
Aber Jesus verweist auch auf die anderen, auf die jüdisch-religiösen Menschen, die Jesus ans Kreuz geliefert haben, und sagt, ihre Sünde wiegt noch schwerer. So sehen wir: Auch wenn das Kreuz Gottes Bestimmung war, sind die Menschen, die Jesus ans Kreuz schlugen, voll verantwortlich für ihre Tat. Diese Tat war an Torheit nicht zu überbieten.
Nirgendwo offenbart sich die begrenzte Weisheit des Menschen deutlicher als am Kreuz. Nirgendwo wird das Scheitern menschlicher Weisheit klarer als auf dem Hügel Golgatha. Wenn du den Herrn der Herrlichkeit vor dir hast, bewunderst du ihn, aber du spuckst ihm nicht ins Gesicht. Wenn du den Herrn der Herrlichkeit vor dir hast, huldigst du ihm als König, aber du setzt ihm keine Dornenkrone auf.
Wenn du den Herrn der Herrlichkeit vor dir hast, fällst du auf deine Knie und betest an, aber du spielst keine Spielchen am Fuß des Kreuzes um sein Gewand. Sie schlagen ihn ans Kreuz. Das muss man sich einmal vor Augen führen: Das Wort wurde Fleisch, aber sie sehen nicht seine Herrlichkeit. Sie schlagen ihn ans Kreuz wie einen Verbrecher.
Die Kreuzigung Jesu war aus menschlicher Perspektive der größte Fehlschlag der Menschheitsgeschichte. Es gibt nur eine Erklärung für ein so dummes Verhalten des Menschen: Ihre Weisheit ist sehr begrenzt. Sie haben Gottes Weisheit nicht erkannt, weil Gottes Weisheit inhaltlich haushoch überlegen ist.
Vers neun lautet: „Sondern wie geschrieben steht: Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben.“ Dieser Vers wird fälschlicherweise oft auf den Himmel bezogen. Doch schon vom Kontext her macht das keinen Sinn.
In diesem Vers geht es nicht um den Himmel, sondern um etwas, das Gott denen bereitet hat, die ihn lieben. Etwas, das es menschlich bis dato noch nicht gab. Was kein menschliches Auge gesehen hat, was kein Ohr gehört hat und was keinen Ursprung im Menschen hat.
Hier geht es in Vers 9 um das Evangelium, nicht um den Himmel. Es geht um das Evangelium, um die wunderbare Nachricht, dass Gott seinen Sohn aus Liebe in diese Welt sandte, um stellvertretend für unsere Sünden zu sterben. Damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben.
Meine Frage an dich heute Morgen lautet: Glaubst du das? Glaubst du das wirklich?
Wenn du daran glaubst, möchte ich dir heute zusprechen: Dann hast du das Leben gefunden, dann hast du die Weisheit gefunden, und du brauchst nichts anderes mehr. Es ist das Weiseste, was du tun kannst, dein Leben Jesus anzuvertrauen. Damit meine ich, dein Leben Jesus völlig anzuvertrauen – nicht zu 99 Prozent, während du noch etwas für dich behältst. Sondern dass du all in gehst. Dass du zu Jesus sagst: Nimm mein ganzes Leben, mach mit mir, was du willst. Ich setze mein Leben auf eine Karte, und diese Karte heißt Jesus.
Weißt du, Lebensratgeber werden dir ständig etwas anderes sagen. Sie behaupten, die Lösung für dein Leben liege in dir selbst. Sie spornen dich an, das Beste aus dir herauszuholen. Aber ich möchte dir heute sagen: Die Lösung liegt nicht in dir. Das, was du wirklich brauchst, liegt außerhalb von dir. Es liegt in Jesus. Du brauchst Hilfe von außen.
Deswegen möchte ich dich, gerade weil viele Ideologien und Ratgeber etwas anderes verkaufen wollen, heute an eine wichtige Sache erinnern: Jede Weisheit, jede schlaue Idee, jede Ideologie und jeder Gedanke, den ein Mensch denken kann, muss sich am Kreuz messen. Bitte baue dein Leben nie auf eine Weisheit, die das Kreuz ablehnt.
Vielleicht bist du als Student beeindruckt von deinen Professoren oder von gewissen Autoren. Wir haben viele Studenten in unserer Gemeinde. Vielleicht bist du fasziniert vom Gedankengut der Dichter und Denker. Ja, ich glaube, dass Gott in seiner allgemeinen Gnade – denn Gott hat auch eine allgemeine Gnade gegenüber verlorenen Menschen und Atheisten – Menschen befähigt, auch schlaue Beobachtungen zu machen.
Aber bitte sei nie von einer Person zu sehr beeindruckt, die das Kreuz ablehnt. Sie ist nicht weise. Die Bibel sagt: Der Tor, also der Dummkopf, sagt in seinem Herzen, es gibt keinen Gott. In Gottes Augen ist die 80-jährige Schwester in der Gemeinde, die vielleicht nur eine begrenzte Schulbildung genossen hat, aber seit sechzig Jahren treu mit dem Herrn lebt, viel weiser als der promovierte und habilitierte Professor, der Gott aus seinem Leben ausklammert.
Weißt du, der höchste Gedanke, den ein Mensch denken kann, ist der Gottesgedanke. Es ist so gut, das ganz früh im Leben zu erkennen und zu sagen: Ich brauche Gott, und für diesen Gott will ich leben. Das ist wahre Weisheit, und sie findet ihren Höhepunkt im Evangelium.
Daraus ergeben sich viele praktische Schlussfolgerungen, auch für dein Leben als Christ.
Mir ist es heute Morgen wirklich wichtig, dass du diese Predigt nicht nur einfach bejahst, zum Beispiel mit den Worten: „Ja, Kenny, stimme ich zu.“ Vielmehr wünsche ich mir, dass du echte Schlussfolgerungen für dein Leben daraus ziehst. Andernfalls spielen wir hier nur Gottesdienst, und darum geht es nicht.
Wenn du sagst, das Evangelium ist die Lebensgrundlage, dann frage dich: Wie zeigt sich das wirklich in deinem Leben als Christ? Denkst du, du brauchst das Evangelium nur am Anfang, um zum Glauben zu kommen?
Das Evangelium ist der Höhepunkt der göttlichen Weisheit. Geh immer wieder zuerst zum Evangelium zurück.
Wenn du mit Ängsten und Depressionen zu kämpfen hast, möchte ich dir heute vorsichtig eine Frage stellen: Wo suchst du zuerst Rat?
Viele Christen gehen direkt zum Psychiater oder Psychologen. Damit wir uns hier nicht falsch verstehen: Das kann manchmal wirklich notwendig und hilfreich sein.
Aber wo suchst du zuerst nach Weisheit? Bei den sogenannten Profis, die nichts mit Gott zu tun haben, eine völlig andere Weltanschauung vertreten und ein ganz anderes Menschenbild haben? Oder wendest du dich zuerst dem Evangelium zu und suchst dort wirklich Antworten für deine tiefe Hoffnungslosigkeit in deiner Depression und deinen Ängsten?
Wenn du in der Kindererziehung an die Grenzen deiner Weisheit stößt, gehst du dann zuerst zu Pädagogen? Kaufst du dir schlaue, säkulare Bücher über das Bindungsverhalten von Kindern und ihre psychologischen Bedürfnisse? Oder suchst du zuerst die Lösung im Evangelium und wählst einen evangeliumszentrierten Ansatz?
Wenn das Evangelium wirklich die Weisheit Gottes ist, wie viel Raum nimmt es dann nicht nur im Gottesdienst, sondern in deinem ganzen Leben ein? Setzt du alles auf das Evangelium?
Meine tiefste Überzeugung ist, dass wir im Evangelium alles haben, was wir für ein gottesfürchtiges Leben brauchen. Die Frage ist: Glaubst du das nur theoretisch, oder setzt du wirklich deine ganze Hoffnung auf das Evangelium?
Paulus ist bereits darauf eingegangen, dass gewisse Leute die Weisheit Gottes nicht erkannt haben. In den nächsten Versen spricht er darüber, wie diese Weisheit erkannt wird und warum sie von einigen verkannt wird. Das führt uns zum zweiten und letzten Punkt meiner Predigt: die verkannte Weisheit des Evangeliums beziehungsweise die erkannte Weisheit des Evangeliums.
Zunächst schildert uns Paulus, wie die Weisheit Gottes erkannt wird – durch den Heiligen Geist (Vers 10): „Uns aber hat Gott sie offenbart durch den Heiligen Geist; denn der Geist erforscht alles, auch die Tiefen Gottes.“ Die ersten beiden Worte stehen hier in einem Gegensatz. Paulus hat gerade von den Machthabern gesprochen, die die Weisheit nicht erkannt haben; sonst hätten sie Christus nicht gekreuzigt. Jetzt sagt er uns: „Uns hat es Gott geoffenbart.“
Wenn man genau in den Text schaut, ist es wichtig, richtig im Detail zu lesen. Hier steht nicht „Wir haben es erkannt“, sondern „Uns wurde es geoffenbart“. Das ist ein großer Unterschied. Es nimmt den Menschen komplett aus dem Mittelpunkt. Der Mensch kann sich nicht auf die Schulter klopfen und sagen: „Ja, ich habe bei der Predigt gut zugehört, deswegen habe ich es erkannt.“ Erkenntnis muss von außen kommen. Der Mensch selbst ist nicht fähig, geistliche Dinge zu erkennen. Die Initiative geht von Gott aus. Der Mensch ist passiv, Gott ist aktiv, und er offenbart die wunderbare Weisheit seines Evangeliums durch den Geist.
So sehen wir es beispielsweise auch in der Apostelgeschichte. Wie ist Lydia zum Glauben gekommen in Philippi? Apostelgeschichte 16,14: „Und eine Frau mit Namen Lydia, eine Purpurkrämerin aus der Stadt Thyatira, die Gott anbetete, hörte zu. Deren Herz öffnete der Herr, dass sie Acht gab auf das, was von Paulus geredet wurde.“ Das heißt, hätte Gott Lydia nicht das Herz geöffnet, hätte sie nur Bahnhof verstanden. Gott hat sich ihr gezeigt.
Die Rolle des Heiligen Geistes dürfen wir nie, nie unterschätzen im Evangelium. Der Heilige Geist ist unverzichtbar. Ohne den Heiligen Geist könnte kein Mensch zum Glauben kommen. Der Heilige Geist offenbart uns die Wahrheit und eröffnet uns die Augen für das Evangelium.
Wenn wir das erkannt haben, nimmt uns das jeden Stolz weg. Wir sind nicht besser als die Nichtchristen. Hast du das vielleicht schon mal erlebt, dass du so ein bisschen von oben herab auf Menschen gelächelt hast, die einfach verloren sind in der Welt? Wir waren genauso verloren. Und wir haben es von uns aus nicht erkannt, weil wir klüger oder besser sind, sondern weil Gott sich entschieden hat, durch den Heiligen Geist seinen Sohn uns zu offenbaren.
Denk mal zurück. Vielleicht kannst du dich daran erinnern, vielleicht war es ein entscheidender Moment, wo du plötzlich Jesus zum ersten Mal gesehen hast in seiner Schönheit. Du hast das Evangelium schon häufig gehört, und irgendwann kam der Punkt, wo du erkannt hast: Er ist für mich gestorben. Ich muss mein Vertrauen darauf setzen. In dem Moment hat dir der Heilige Geist seinen Sohn gezeigt, den Sohn Gottes.
Diese Wahrheit illustriert Paulus in Vers 11 mit dem Geist des Menschen: „Denn wer von den Menschen weiß, was im Menschen ist, als nur der Geist des Menschen, der in ihm ist? So hat auch niemand erkannt, was in Gott ist, als nur der Geist Gottes.“ Es muss erklärt werden, ist aber eigentlich ganz simpel. Kein Mensch kann die Gedanken eines anderen Menschen lesen. Du weißt, du kannst nie zu hundert Prozent genau sagen, was der andere Mensch gerade empfindet. Mit einer gewissen Menschenkenntnis und Erfahrung kannst du es vielleicht abschätzen – wahrscheinlich fühlt sich die Person jetzt so und so –, aber du kannst es nie genau sagen. Was ein Mensch denkt und empfindet, kann nur er selbst sagen – also der Geist in ihm, nicht der Heilige Geist, sondern sein menschlicher Geist.
Paulus sagt genau so ist das mit den göttlichen Wahrheiten, mit dem, was Gott denkt. Es kann kein Mensch erfassen, es kann nur der Heilige Geist, der in Gott ist, der Teil der Dreieinigkeit ist. Dieser Geist versteht Gottes Gedanken, weil er Gott ist, und hat uns Gott geoffenbart.
Vers 12: „Wir aber haben nicht den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist, der aus Gott ist, damit wir die Dinge kennen, die uns von Gott geschenkt sind.“
Ich habe hier ein Geschenk mitgebracht. Bei manchen Geschenken kann man vorher schon erahnen, was darin ist. Bei Büchern ist das meistens so: Du fühlst und denkst, es wird ein Buch sein.
Aber ansonsten, wenn wir nur ein Geschenk vor uns sehen, freuen wir uns zwar darüber, dass uns etwas geschenkt ist. Unsere Freude wird jedoch erst dann maximiert, wenn wir erkennen, was uns geschenkt wurde. Genau das ist die Aufgabe des Heiligen Geistes.
Wir selbst könnten es nicht erkennen, aber der Heilige Geist ist derjenige, der das Geschenk für uns auspackt. So können wir erkennen, was uns wirklich von Gott geschenkt ist. Der Heilige Geist öffnet uns das Geschenk und macht uns deutlich: Dir ist ewiges Leben geschenkt, dir ist Gotteskindschaft geschenkt, dir ist Sündenvergebung geschenkt.
Das würden wir nicht verstehen, wenn der Heilige Geist das Geschenk nicht auspackt. Das ist eine wunderbare Eigenschaft des Heiligen Geistes. Wir sollten den Heiligen Geist lieben für seine wunderbare Fähigkeit, uns das Geschenk zu öffnen, damit wir verstehen, was uns alles von Gott geschenkt ist.
Der Heilige Geist tut das zum ersten Mal bei unserer Errettung. Aber auch als Christ will er uns immer wieder neu durch das Wort aufzeigen, was uns alles in Christus geschenkt ist. Das, liebe Geschwister, ist so wichtig.
Wir brauchen doch alle immer wieder die Erinnerung daran, dass wir Sündenvergebung haben, dass wir Gotteskinder sind und dass wir ewiges Leben besitzen. Paul David Tripp, der Seelsorger, schreibt: „Dir wurde eine grundlegend neue Identität verliehen.“
Das Problem ist leider, dass viele von uns oft ihre Identität vergessen. Wir vergessen, wer wir sind. Wenn wir das tun, geben wir dem Zweifel, der Furcht und dem Kleinmut Raum. Dieses Vergessen gibt dir das Gefühl, arm zu sein, obwohl du in Wirklichkeit reich bist.
Es gibt dir das Gefühl, töricht zu sein, obwohl du eine persönliche Beziehung zu dem hast, der die Weisheit ist. Es gibt dir das Gefühl, unfähig zu sein, obwohl du mit Kraft gesegnet wurdest.
Es gibt dir das Gefühl, allein zu sein, obwohl es seit der Geist in dir lebt, unmöglich ist, allein zu sein. Du fühlst dich ungeliebt, obwohl du als Kind des himmlischen Vaters mit ewiger Liebe begnadet bist.
Du empfindest, dass du den Ansprüchen Gottes nicht genügen kannst, was an sich ja auch stimmt. Aber du vergisst manchmal, dass in Wirklichkeit der Retter dir völlig genügt. Wenn du vergisst, wer du in Christus bist, nimmt es dir die Kraft, nach Gottes Willen zu leben.
Genau deshalb brauchen wir auch als Christen immer wieder die Erinnerung durch den Heiligen Geist daran, was wir alles geschenkt bekommen haben. Ich persönlich kenne Momente, oft gerade am frühen Morgen, da bin ich besonders angreifbar für negative Gedanken.
Ich habe viele Erfahrungen, in denen ich mich niedergeschlagen fühlte und manchmal sogar grundlegende Zweifel hatte. In solchen Momenten entscheide ich mich einfach, wieder in die Bibel zu gehen.
Da lese ich ein paar Worte, und der Heilige Geist offenbart mir neu durch die Bibel, die er ja eingegeben hat, was wir alles in Christus haben. Dann wird der Tag wieder wunderbar, plötzlich scheint die Sonne.
Ich möchte dich ermutigen, liebes Gotteskind, dass du dich täglich neu vom Heiligen Geist daran erinnern lässt, was dir alles in Jesus geschenkt wurde. Es kam von außen, es ist ein Geschenk. Es hängt nicht mit deiner Leistung zusammen.
Es hängt nicht davon ab, wie gut du deine Woche gelebt hast, sondern davon, was Jesus für dich getan hat. Und das ist das Wunderbare am Heiligen Geist. Wenn du die Geschenke klar vor Augen hast, gibt dir das Heilsgewissheit, Zuversicht, Motivation und Kraft, gegen die Sünde zu kämpfen.
Wir sollten den Heiligen Geist lieben, der uns all das zeigt.
Wir erkennen die Weisheit Gottes durch den Heiligen Geist, doch leider gilt das Gegenteil ebenfalls. Ohne den Heiligen Geist erkennt der Mensch gar nichts. Damit kommen wir zum letzten Unterpunkt meiner Predigt: die verkannte Weisheit ohne den Heiligen Geist.
Ich lese noch einmal die Verse 13 bis 16: „Davon reden wir auch nicht in Worten, die durch menschliche Weisheit gelehrt sind, sondern in Worten, die durch den Geist gelehrt sind, indem wir Geistliches durch Geistliches deuten. Ein natürlicher Mensch aber nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist; denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt wird. Der geistliche Mensch dagegen beurteilt zwar alles, er selbst jedoch wird von niemandem beurteilt. Denn wer hat den Sinn des Herrn erkannt, wer könnte ihn unterweisen? Wir aber haben Christi Sinn.“
Paulus hat gerade gesagt, der Geist öffnet uns die Geschenke, und von diesen Geschenken reden wir. Es geht um geistliche Wahrheiten, die ihren Ursprung im Geist haben. Dann geht Paulus hier auf die unterschiedliche Wahrnehmung ein und stellt den natürlichen Menschen und den geistlichen Menschen in einen Kontrast. Er stellt sie gegenüber.
Der natürliche Mensch, das heißt der Mensch ohne den Heiligen Geist, also der nicht wiedergeborene Mensch, kann nichts vom Heiligen Geist annehmen. Er will es nicht, aber er kann es auch nicht. Beides ist wahr. Der unerrettete Mensch will das Evangelium nicht annehmen, und er kann es auch nicht. Beides ist wahr. Paulus sagt: „Und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt wird.“ Deshalb ist das Evangelium für Nichtchristen, die den Geist nicht haben, Dummheit (1. Korinther 1,18): „Denn das Wort vom Kreuz ist denen, die verloren gehen, Torheit.“
Jetzt spricht Paulus vom geistlichen Menschen. Der geistliche Mensch dagegen beurteilt zwar alles, er selbst jedoch wird von niemandem beurteilt. Denn wer hat den Sinn des Herrn erkannt, wer könnte ihn unterweisen? Wir aber haben Christi Sinn.
Der geistliche Mensch kann das Geistliche richtig beurteilen, weil der Geist es ihm offenbart. Hier steht, dass er selbst jedoch von niemandem beurteilt wird. Das heißt nicht, dass der geistliche Mensch über jede Kritik erhaben ist, sondern dass er sich um Kritiken keine Sorgen machen muss. Die Kritiker können es einfach nicht verstehen, deshalb sind sie gegen ihn. Aber der geistliche Mensch hat es gezeigt bekommen.
Kein Mensch hat die Möglichkeit, mit bloßen intellektuellen Fähigkeiten die tiefen Gedanken Gottes zu erkennen. Doch wir haben Christi Sinn.
Man kann das Ganze mit einem Radio vergleichen. Ich habe heute ein Radio mit dabei. Wusstet ihr, dass hier in diesem Raum gerade Musik ist? Machen wir uns das bewusst: Im Raum ist Musik.
Wir könnten sie aber nur empfangen, wenn wir das Radio einschalten und die Antenne ausfahren. Dann können wir die Musik hören, die auch ohne Radio im Raum ist.
Die Frage nach der Erkenntnis geistiger Dinge hängt mit dieser Antenne zusammen. Der nicht wiedergeborene Mensch hat keine Antenne. Wenn das Evangelium gepredigt wird, hört er zwar ein Rauschen, aber er wird nie die schönen Klänge des Evangeliums wahrnehmen können. Ihm fehlt die Antenne.
Nur jemand, der die Antenne des Heiligen Geistes hat, wird das Evangelium – den schönen Klang – verstehen können.
Vor einigen Wochen habe ich mir die Trauerfeier von Charlie Kirk angesehen. Dabei habe ich bewusst zumindest Teile der Feier, nicht die ganze, auf einem deutschen Sender geschaut. Warum? Weil ich wissen wollte, was die deutschen Medien zu den Inhalten sagen.
Ich saß also da, und dann gab es einen besonderen Moment: Der christliche Apologet Frank Turek kam ans Rednerpult. Er nutzte die Chance, denn plötzlich hörten Hunderttausende Menschen zu. In aller Deutlichkeit verkündigte er das Evangelium von Jesus Christus.
Ich saß davor, vielleicht ging es einigen von euch ähnlich, die die Feier ebenfalls gesehen haben. Ich dachte nur: Was passiert hier gerade? Alle deutschen Sender sind zugeschaltet, und hier wird einfach nur das Evangelium verkündigt. In diesem Moment unterbricht der deutsche Moderator. Frank Turek ist auf dem Höhepunkt seiner Verkündigung, und ich sitze nur da und sage: Ja, genau, Amen, Bruder, ununterbrochen.
Während der gesamten Trauerfeier wurde immer wieder das Evangelium verkündigt. Plötzlich reagierten die Deutschen mit einem großen inhaltlichen Abstand. Ja, wir sind etwas erstaunt, und es wirkt uns vielleicht befremdlich, dass hier so viele religiöse Inhalte vermittelt werden. Keine Antenne, keine Antenne.
Wenn wir diese Wahrheit verstanden haben, dann muss uns klar sein: Wir können Menschen nicht bekehren. Wir sind dazu unfähig. Wenn der Geist nicht wirkt, passiert gar nichts. Genau deshalb ist es so wichtig, dass du heute neu deine Abhängigkeit von Gott bezeugst, was die Errettung anderer Menschen angeht.
Das zeigt sich darin, dass du auf die Knie gehst und für die Errettung von Sündern einstehst. Vielleicht ist es dein ungläubiger Ehepartner, vielleicht sind es deine Kinder, die verlorene Söhne oder verlorene Töchter sind. Vielleicht sind es liebe Menschen aus deinem Umfeld. Du hast ihnen immer wieder das Evangelium gesagt, doch sie haben es nicht angenommen, weil sie keine Antenne haben.
Nimm den heutigen Text bitte zum Anlass, dir neu vorzunehmen: Ich werde für sie beten. Ich werde darum bitten, dass Gott ihre Herzen öffnet und ihnen geistliche Klarheit schenkt, damit sie es zum ersten Mal sehen können.
Einer der emotionalsten Momente in den letzten Jahren war für mich die Bekehrung von Timothei Löwen. Timothei Löwen ist Mitglied unserer Gemeinde und hat eine recht kriminelle Vergangenheit. Hinzu kam, dass er Anfang zwanzig erblindet ist. Timothei ist blind.
Irgendwann, ich glaube letztes oder vorletztes Jahr, kam er zum ersten Mal in unsere Gottesdienste. Er ist circa Mitte zwanzig, ein junger Mann, blind. Er kommt in die Gottesdienste und hört zu.
Irgendwann hat sich der Geist Gottes entschieden, ihm seinen Sohn zu zeigen. Timothei kam nach vorne und übergab sein Leben Jesus. Ich weiß noch ganz genau: Er kam aus dieser Tür. Ich habe das Übergabegebet nicht mit ihm gesprochen; es war ein anderer Pastor.
Ich stand hier, und Timothei kam körperlich immer noch blind auf uns zu. Er sagte: „Ich war blind, aber jetzt sehe ich.“
Meine Frage an dich heute Morgen: Siehst du die Weisheit des Evangeliums, wenn du sie siehst? Erwärmt sich dein Herz immer wieder, wenn du das Evangelium hörst?
Danke Gott dafür, dass er dir diese Empfänglichkeit gegeben hat, aus seiner Gnade. Hör niemals auf, begeistert zu sein von diesem Evangelium und von diesem wunderbaren Jesus Christus.
Vielleicht hast du heute zum ersten Mal Jesus erkannt. Vielleicht hast du im Laufe der Predigt verstanden, dass du gemeint bist.
Jesus sagt: „Wer mich sieht, der sieht den, der mich gesandt hat. Ich bin als Licht in die Welt gekommen, damit jeder, der an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibt.“
Das ist meine Einladung an dich heute: Wenn dir Jesus gezeigt hat, dass du verloren bist, dass du Hilfe von außen brauchst, dass du einen Retter brauchst, dann lade ich dich ein, heute dein ganzes Vertrauen auf diesen Jesus zu setzen. Vertraue nicht mehr auf deine Werke oder das, was du getan hast, sondern einzig und allein auf das, was er für dich getan hat.
Das kannst du gerne für dich alleine tun. Aber du kannst auch gerne nach dem Gottesdienst hierbleiben. Wir sind gerne für dich da.
Amen.