Nach der Ordnung unserer Kirche wird heute über Lukas 1,26-38 gepredigt. Wenn Sie in Ihren Bibeln mitlesen wollen, die ausliegen, lade ich Sie dazu ein.
Ich habe schon viele Menschen getroffen, die gesagt haben, sie könnten nicht glauben. Ein oft genanntes Argument war immer wieder der Satz im Glaubensbekenntnis: „geboren von der Jungfrau Maria“.
Oft habe ich dann schnell reagiert und gesagt: „Ach, ich bin schon lange im Amt und habe noch nie über ‚geboren von der Jungfrau Maria‘ gepredigt.“ Dann habe ich empfohlen, doch das andere, was in der Weihnachtsgeschichte steht, anzuhören.
Aber ich bin heute froh, dass wir einmal auch darüber sprechen müssen. Das kann ein Stück weit eine Lehrunterweisung für uns werden. Wir bekommen dann wieder Verständnis, warum die Väter dies im Glaubensbekenntnis so unterstrichen haben.
Es kann in unserer Zeit eine ganz wichtige Stärkung und Ermutigung unseres Glaubens werden.
Die Verkündigung an Maria: Ein unerwartetes Wunder
Im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt in Galiläa gesandt, die Nazareth heißt. Er kam zu einer Jungfrau, die mit einem Mann namens Joseph vom Haus David verlobt war. Diese Jungfrau hieß Maria.
Der Engel trat bei ihr ein und sprach: „Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir.“
Maria erschrak über diese Worte und dachte bei sich: „Was für ein Gruß ist das?“
Der Engel sagte zu ihr: „Fürchte dich nicht, Maria, du hast Gnade bei Gott gefunden. Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären. Diesen sollst du Jesus nennen. Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Er wird über das Haus Jakob ewig König sein, und sein Reich wird kein Ende haben.“
Da fragte Maria den Engel: „Wie soll das geschehen?“
Das ist nicht nur für die Menschen damals ein Rätsel. Auch Maria war aufgeklärt und fragte: „Wie soll das geschehen, da ich doch von keinem Mann weiß?“
Der Engel antwortete ihr: „Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Darum wird auch das Kind heilig genannt werden und Gottes Sohn sein.
Siehe, auch Elisabeth, deine Verwandte, ist in ihrem Alter schwanger und bereits im sechsten Monat, obwohl man sie für unfruchtbar hielt. Denn bei Gott ist nichts unmöglich.“
Maria sagte daraufhin: „Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast.“
Dann verließ der Engel sie wieder.
Herr, erkläre uns selbst deine großen ewigen Geheimnisse! Amen!
Die festliche Stimmung und die wahre Bedeutung von Weihnachten
Unsere Stadt ist weihnachtlich dekoriert. Mir gefallen die Lichter, die über den Straßen hängen, und die vielen Menschen, die unterwegs sind und sich auf die häuslichen Feiern vorbereiten. Ich freue mich an all der Liebe, die sichtbar wird.
Heute Morgen sah ich, dass die Postboten schon unterwegs sein müssen. Sie haben kaum noch die vielen Grüße und Liebesgrüße zu bewältigen, die zur Post gebracht werden. Es ist doch schön, wie viel hin und her ausgetauscht wird an netten Grüßen.
Jedes Jahr freut es mich, dass selbst mancher brummelige Griesgram schließlich irgendwo von der Freude angesteckt wird. Er überlegt sich, wem er vielleicht doch noch eine Freude machen könnte, obwohl er gar nicht damit rechnet. Das ist sonst in unserer Stadt eben nicht so. Ich kenne unser Stuttgart ganz anders. Dort herrschen ganz andere Töne und nicht solche linden und leichten Lieben, Grüße und Gedanken der Freude.
Aber auch in Bethlehem war das sicher nicht alltäglich. Da musste Gott selbst nachhelfen, damit die Menschen damals herkamen und an der großen Freude teilhatten. Die Hirten mussten herbeigerufen werden. Sogar die Weisen aus dem Mittleren Osten wurden von Gott alarmiert, damit sie kamen und anbeteten.
Und dann war da noch der vollendete Lobgesang auf dem Hirtenfeld, wo die Engel sangen: "Ehre sei Gott in der Höhe." Ich denke, mit unseren Chören müssen wir noch ein Weilchen üben, bis es auch nur annähernd so harmonisch klingt, wie es die Engel konnten.
Das alles gehört zur Weihnachtsfreude dazu. Doch Dekoration ist nur Dekoration, die später wieder verschwindet. Dann ist unsere Stadt wieder wie vorher. Die Hirten gingen zurück an ihre Arbeit, die Weisen zogen wieder in ihr Land, die Engelchöre waren verschwunden.
Was blieb dann? Zurück blieb – und sagen Sie jetzt nicht nur zurückblieb – Jesus, der Sohn Gottes.
Die zentrale Botschaft der Weihnachtsfreude: Jesus, der Sohn Gottes
Und das möchte ich heute erklären: Was bedeutet das für uns? Darauf will ich den Finger legen, denn das ist der Mittelpunkt unserer Weihnachtsfreude – Jesus, der Sohn Gottes.
Viele sagen: „Ich verstehe das nicht. Was soll mit dem Wort ausgedrückt sein? Ich verstehe die Begriffe nicht.“ Ich möchte es Ihnen erklären.
Das Erste ist: Gott ist in Jesus. Für viele Menschen heute ist Jesus ein großer Mensch, den man bewundern kann. Man ordnet ihn ein unter die großen Gestalten, aber eben nur als Mensch. Und da sagen viele: „Ja, was soll er denn sonst sein?“ Wir sagen: „Er ist Sohn Gottes.“ Aber wenn wir dann konkret werden, merken wir, dass wir von ganz verschiedenen Dingen sprechen.
Viele Menschen, auch unter Christen, vertreten die Ansicht, Jesus sei irgendwo im Grab vermodert. Er ist gestorben, lebt zwar in seinen Gedanken weiter, und man kann noch über seine Lehren reden, aber er selbst als Person ist tot, gestorben, im Grab vermodert. Sie nehmen die Weihnachtsgeschichte als ein Märchen und sagen: „Ach, solche alten Legenden haben in unserer Zeit ja schließlich auch noch einen Sinngehalt, über den man sich unterhalten kann. Man muss eben die Begriffe jetzt richtig interpretieren und für unsere Zeit deuten.“
Aber jetzt achten wir noch einmal auf das, was uns die Evangelisten hier sagen wollen.
Da steht ein schlichtes Mädchen, eine Frau, die gar nicht herausragt aus den übrigen Menschen ihrer Zeit. Sie ist gar nicht für die Aufgabe vorbereitet. Und plötzlich wird sie von diesem Engel Gottes, von dem Boten Gottes, angesprochen. Wie erschrickt sie! Wenn Gott die Mauer, die seine unsichtbare Welt umgibt, einfach öffnet, dann erschrecken Menschen – wo das immer auch war. Das wissen wir vielfach aus der Bibel.
Und Maria erschrickt tief, sie zittert, als dieser Gabriel zu ihr spricht. Das erste Wort ist: „Fürchte dich nicht, Maria!“ Dann wird ihr diese Ankündigung gemacht: „Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären. Den sollst du Jesus nennen. Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden.“
Schon damals war dies etwas, das jedes Begreifen sprengte. Wenn man genau hinsieht und das liest, spürt man, wie Maria das nicht fassen kann. Die Bibel legt Wert darauf: Das war kein Traum, keine Vision, es ist nicht irgendwo in einem erregten Gemüt entsprungen. Das ist nicht das übersteigerte Denken der Maria, sondern Gott selbst spricht durch seinen Boten in das Leben dieser Frau hinein und kündigt ihr an, dass er jetzt handelt.
Gott selbst handelt. Gott selbst will etwas Unvergleichliches tun, was es bis jetzt noch nie gegeben hat. Es ist schon ein ungeheures Werk. Wenn Menschen das einfach einebnen und so tun, als ob es sich um etwas handelt, was sonst irgendwo auch schon da war – Gott will etwas Unvergleichliches jetzt in diesem Augenblick beginnen, das mit keinem noch so anderen Geschehen je verglichen werden kann.
Er ist nicht auf die Unterstützung der Maria angewiesen. Er braucht nicht ihre Güte und ihr Ja. Gott kündigt an: Das wird jetzt geschehen, das ist ein Faktum. Gott bestimmt und legt sich fest.
Für das, was da geschieht, gibt es in unserer Sprache letztlich nicht die nötigen Worte, um das zu beschreiben. Das müssen wir wissen, wenn wir über diese großen Dinge reden. Die Sprache ist viel zu dürftig und zu kümmerlich, um das richtig erklären zu können. Unser Denken kann dieses Wunder auch nicht fassen.
Wenn ich dieses Wunder fassen will, sagt Herr Stegen, so steht mein Geist vor Ehrfurcht still. Er betet an und ermisst, dass Gottes Liebe unendlich ist. Ich kann nur dastehen und das anbetend, stammelnd bekennen. Einen anderen Zugang gibt es dazu nicht.
Das war bei Maria schon nicht anders. Sie kann nur sagen: „Ich bin des Herrn, mache mir geschehe, wie du gesagt hast.“ Aber verstehen kann sie das doch nicht. Wer will das verstehen? Das ist ein Geheimnis, von dem Anfried Hausmann in seiner unvergleichlichen Sprache sagt, es sei das abgründige Geheimnis.
„Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten.“ Gott wird Mensch. In diesem Kind, das da geboren wird, ist Gott selbst leibhaftig wesensmäßig.
Die Herausforderung des Glaubens an die Menschwerdung Gottes
Es wird heute im zwanzigsten Jahrhundert immer wieder so getan, als ob das erste Denkproblem unserer Zeit die Frage nach der Geburt Jesu von der Jungfrau sei. Man sagt dann, wo wir fernsehen, Raumfahrt betreiben, mit Atombomben spielen und elektrische Lichtschalter benutzen, dass dies die Begründung von Rudolf Bultmann sei: Wenn man Lichtschalter benutzt, darf man nicht mehr an die Geburt Jesu von der Jungfrau glauben.
Wenn man dies jedoch wirklich einmal überschaut, muss man ehrlicherweise zugestehen, dass es vor zweitausend Jahren für die Menschen keinen Deut leichter war, zu begreifen, dass Gott Mensch wird. Das sprengt jede Kategorie des Denkens und ist nirgendwo einzuordnen. Das Einzige, was Menschen dann tun können, ist, wie Maria sehr demütig zu sagen: „Wie soll das geschehen?“ Verstehen kann man es nicht. Man kann sich nur vor der großen Handlungsfülle Gottes beugen, bei dem nichts unmöglich ist.
Und das steht ja nicht erst bei der Geburt Jesu, dass Jesus Sohn Gottes ist und damit wesensmäßig zu Gott gehört. Das, was wir eben gehört haben aus Johannes 10, gehört mit hinein in die langen Abhandlungen, die uns Johannes überliefert hat: Johannes 5, Johannes 6, Johannes 7, Johannes 8 – überall die Streitgespräche mit den Juden. Jesus bleibt dabei, dass er in der Autorität des Vaters handeln kann. „Wer mich sieht, der sieht den Vater“, weil in ihm Gott in sichtbarer Menschengestalt in dieser Welt da ist.
Fällt Ihnen die andere Stelle ein, die letzte Verurteilung Jesu vor dem Hohen Rat? Der Hohepriester fragt noch einmal: „Ich will es genau wissen, bist du Gottes Sohn?“ Es war deutlich, was mit diesem Wort gemeint war: Nimmst du in Anspruch, in der Autorität Gottes reden zu können? Willst du wesensmäßig Gott sein? Er erwartet, dass Jesus das natürlich zurückweist. Doch dann kommt das „Ja, du sagst es“. Da zerriss der Hohepriester sein Kleid. Das war der Grund für die Verurteilung Jesu. Jesus ließ sich lieber totschlagen, als dass er dementiert hätte, dass er der Sohn Gottes ist.
Denken Sie an die uns allen bekannte Geschichte, als Jesus dort oben an den Quellen des Jordan bei Caesarea Philippi, wo der Pan-Tempel stand, seine Jünger ihn fragten. In der Zeit Jesu hatte damals ein junger Mann sich für diesen Pan-Gott geopfert, sein Leben genommen. Jesus fragte: „Wer bin denn ich? Was meint ihr, dass ich bin?“ Es herrschte betretenes Schweigen, und nur Petrus bekam als Erster das Wort: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Dann sagt Jesus gleich: „Das kommt nicht aus deinem Denken, das hast du nicht von Fleisch und Blut, sondern das hat dir mein Vater im Himmel enthüllt.“ Dieses Geheimnis kann ein Mensch nicht erkennen, wenn Gott ihm nicht den Zugang dafür öffnet.
Als Jesus sich taufen ließ bei Johannes – ich darf mal so die Bibel einfach durchgehen und nur ein paar Stellen herausgreifen, es gibt viel mehr – da kam die Stimme: „Dies ist mein lieber Sohn.“ Und noch einmal wurde es vor den Menschen bestätigt: „Dies ist mein lieber Sohn.“ Das heißt doch dieses Wort, dass Gott in Jesus ist und Jesus gültig handeln kann.
Und dann war es ein römischer Hauptmann, ausgerechnet dort, wo Jesus qualvoll starb und die Spötter sich lächelnd abwandten und sagten: „Jetzt haben wir das erledigt.“ Er saß auf seinem Pferd und sagte: „Wahrlich, Amen, Amen, der war Gottes Sohn. Dieser ist wahrlich Gottes Sohn gewesen.“
Die theologische Bedeutung des Glaubensbekenntnisses
Wenn wir an diesen Weihnachtstagen große Freude suchen, müssen wir hinter die dekorative Stimmung blicken. Was geschieht denn da? Gott wird Mensch in Jesus, Gott kommt zu uns.
In unserer Kirche werden diese großen Wahrheiten heute oft sträflich übergangen. Man vertritt häufig die Meinung, dass diese große Aussage vielleicht nicht so wichtig sei. Es wird gesagt, es sei nur eine Randfrage, die man ausklammern könnte. Vielleicht sei es eben ein Bild, das man interpretieren könne. Ich weiß nicht, ob es so sein könnte – auch in den kommenden Jahrzehnten stehen wir vor ganz neuen Herausforderungen.
Ich höre sehr aufmerksam, wie heute aus islamischen Kreisen darauf verwiesen wird, dass Europa reif sei zur Übernahme des Islam. Sie sagen ja selbst, eure Theologen, dass Jesus nicht Gott gewesen sei – was für jeden Moslem eine Gotteslästerung ist. Er war eben ein Prophet, wie Mohammed es schon lange vertreten hat. Mehr war er eben nicht, nur ein großer Lehrer, so verehren wir ihn auch.
Und dann wird das der einzige springende Punkt sein, der uns von Moslems unterscheidet: dass wir für Jesus die göttliche Autorität in Anspruch nehmen. Wenn Sie heute schon in Fernsehsendungen hören und beobachten können, mit welchem Übermut das ausgesprochen wird, was wollt ihr denn mit eurer Dreifaltigkeit?
Wir bleiben als Christen dabei, dass dies der Kern unseres Glaubens ist: Jesus, der Sohn Gottes. So wie damals in der Schriftlesung, die ich gelesen habe, aus Johannes 10. Die Juden sagten empört: Du lästerst Gott! Und dann sagt Jesus: Der, den der Vater geheiligt und in die Welt gesandt hat, spricht: Ich bin Gottes Sohn. Den wollt ihr wegschieben? Ihr müsst euch damit auseinandersetzen.
Dasselbe Johannes schreibt dann in seinem ersten Brief sehr viel von der Sohnschaft Gottes bei Jesus. Er bringt das auf eine einfache Formel und sagt, daran erkennt man Christen und Nichtchristen: ob sie sagen, Jesus ist der Sohn Gottes. Wörtliches Zitat aus dem ersten Johannesbrief: „Wer nun bekennt, dass Jesus Gottes Sohn ist, in dem bleibt Gott und Gott in ihm.“
Das ist Grundbekenntnis und Urbekenntnis. Wenn unter Theologen die Meinung vertreten wird, das sei eine Bekenntnisformulierung, die erst viel später aufgekommen sei, so will ich Ihnen sagen, dass es dafür keinerlei Beweis gibt. Das ist eine reine Hypothese von Theologen.
Es gibt andererseits ernstzunehmende Theologen, die immer vertreten haben, dass nach allen biblischen Zeugnissen dieses Bekenntnis zum Urbekenntnis schon im Munde Jesu gehört. Wer dies herausreißen will, dem zerfällt das ganze Neue Testament unter den Fingern.
Es gehört zu den Uraussagen Jesu, zu den ersten Bekenntnissen der Christen: „Wer nun bekennt, Jesus Christus ist Gottes Sohn, in dem bleibt Gott und er in ihm.“ Wir können da nur anbeten, stehenbleiben und in diesen Weihnachtstagen den Sohn Gottes anbeten. Gott selbst kommt zu uns.
Die Bedeutung der Sohnschaft: Gehorsam und Treue
Und das zweite: Es wird etwas lehrhaft, aber wir haben das mal nötig. Die zweite Bedeutung der Sohnschaft Gottes bei Jesus heißt, dass er Gottes Willen gehorsam erfüllt.
Man hört heute häufig unter Theologen, dass genau das vertreten wird. Das ist in jedem Religionsunterricht heute schon gang und gäbe. Es ist erschütternd, wie viel Mühe wir aufwenden, die Leute davon wegzubringen, an Jesus als den Sohn Gottes zu glauben. Es wird gesagt, in der Antike gab es viele Vorstellungen von den Gottessöhnen. Man müsse nur mal die griechischen Mythen lesen, dort war das gang und gäbe.
Was wollen wir jetzt noch sagen? Sie müssen einmal die griechischen Mythen ansehen. Das ist ein totaler Unterschied. Die Gottessöhne in der griechischen Mythenwelt waren Leute, die irgendwo über dem Boden schwebten. Da wird erzählt, dass Gott Menschen übernatürliche Eigenschaften gab. Um das zu begründen, wird darauf zurückgeführt, dass dies von Gott gegeben sei und sie deshalb Gottes Söhne seien.
Wenn Sie einmal sehen, was Jesus mit diesem Wort seiner Gottessohnschaft sagen wollte, dann merken Sie, dass das etwas völlig anderes ist. Dort wird nicht darüber gesprochen, dass Jesus gleichsam über der Erde schwebt als ein Wundertäter, der ganz anders ist. Gerade bei Jesus wird das Wort seiner Gottessohnschaft benutzt, wenn er treu bleibt im Leiden.
Ich nehme ein einfaches Beispiel: Da kam der Teufel in der Versuchung und sagte: „Du bist doch Gottes Sohn, dann kannst du es machen wie bei den Griechen.“ Die haben auch solche Märchen von den Gottessöhnen. Dann kannst du ja von der Tempelzinne runterspringen, und die Menschen werden dir zujubeln. Und genau da sagt Jesus Nein; er will den Willen Gottes gehorsam erfüllen.
Für ihn bedeutet die Sohnschaft bei Gott, dass er dem Vater treu dient, gerade wenn er leidet. Jesus bindet die prophetischen Weissagungen, die Jesaja vom Gottesknecht aufnimmt, mit seiner Gottessohnschaft zusammen. Er muss im Leiden den Willen des Vaters erfüllen.
Und jetzt kennen Sie wieder die vielen Aussagen der Bibel. Dann geht uns erst ein Licht auf, und wir fragen uns, wie wir uns nur so irreführen lassen konnten. Gerade in den Worten Jesu hat er es doch so deutlich gesagt, dass sein Erlösungswerk das Werk des Sohnes Gottes ist. Er ist gekommen, um zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.
Er geht hin, um das eine verlorene Schaf zu suchen, und das hat er in diesen Titel, Sohn Gottes zu sein, hineingepackt. So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn sandte, damit sie nicht verloren geht, sondern das Leben hat. Das ist das Amt des Sohnes.
Die griechischen Mythen sind doch etwas völlig anderes. Dort geht es um wundersame Dinge. Jesus bringt dies für die Einheit seines Willens beim Vater zum Ausdruck. Er muss gehorsam sein dem Vater gegenüber und seinen Willen erfüllen.
Es gibt viele Worte, die das immer wieder unterstreichen. Wenn Jesus sagt: „Ich suche nicht meinen Willen, sondern den Willen meines Vaters.“ Weil er Sohn ist, will er gehorsam werden. Er kann nicht wirken, wie er will, sondern er sucht den Augenblick, den der Vater ihm bestimmt hat.
Er war nächtelang allein mit dem Vater, um sein Ja zu bekommen. Er hat gerungen in Gethsemane, weil er nichts anderes wollte als das, was Gott ihm bestimmt hatte.
Wenn er dann sagen kann: „Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat, und sein Werk zu vollbringen“, dann zeigt das seine Hingabe. Das ist seine Kraft, die er empfängt.
Er will Sohn des Vaters sein – nichts anderes.
Und dann leuchtet dies über der ganzen wunderbaren Ankündigung der Geburt Jesu auf: Er wird Sohn des Höchsten genannt werden, weil er gekommen ist, um Menschen zu erlösen und zurückzuführen zum Vater.
Paulus hat diesen Titel oft gebraucht: Jesus, der Sohn Gottes. Er kann das immer wieder rühmend sagen: Durch den Tod des Einen sind wir versöhnt mit Gott. Jetzt ist uns der Zugang zur Ewigkeit Gottes wieder freigemacht.
Er ist das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegträgt. Als Sohn Gottes hat er diese Aufgabe erfüllt. Das steht schon vor seiner Geburt fest. Darum ist er der Sohn Gottes, weil er in Treue den Willen des Vaters erfüllt.
Die Herrschaft des Sohnes Gottes und ihre Bedeutung für unser Leben
Und noch ein dritter Gedanke: Er regiert als der Sohn Gottes von Ewigkeit zu Ewigkeit. In der Ankündigung des Engels stehen die wunderbaren Umstände der Geburt Jesu. Diese können Sie nicht vollständig begreifen, aber daran führt kein Weg vorbei, wenn Sie glauben wollen. Denn diese Umstände sprengen alle natürlichen Vorstellungen von der Geburt eines Menschen.
Wenn es wahr ist, dass Gott Mensch wird und die Mauer niederreißt, wie soll ich das verstehen können? In der Ankündigung heißt es: „Er wird herrschen, er wird das Reich Davids aufrichten.“ Damit ist gemeint, dass er den Thron des Vaters David wieder übernehmen wird. Er wird über das Haus Jakob ewig König sein, und sein Reich wird kein Ende haben.
Eine kleine Korrektur möchte ich beim Engel Gabriel jetzt doch noch anbringen: Das Reich Jesu hat doch ein Ende. Das sagt Paulus in 1. Korinther 15, wenn der Sohn alles dem Vater übergeben wird, am Ende aller Tage, wenn alles wieder vor Gott sein wird und ihm gehören wird.
Doch heute stehen wir vor der Geburt Jesu und denken daran: Er will König und Herr sein, nicht nur das süße, niedliche Baby in der Krippe. Er will herrschen. Und wenn er herrschen will, dann will er in Menschen Einzug halten und bei ihnen Wohnung machen. Er will, dass Menschen sich ihm untertänig machen. Er will sein Königreich aufrichten. Er will ein Herrscher sein, der bestimmen kann.
Ich bin immer wieder froh, dass dieses autoritäre Wort in der Bibel für Jesus gebraucht wird – für Jesus, den Herrn, den König, der bestimmt. Auch fromme Leute sind manchmal so verlottert in ihrem Glaubensleben. Da schleichen sich viele Dinge ein, die nicht nach Gottes Willen sind. Und es gibt so viele halbe und laue Nachfolge.
Darum betont die Bibel das immer wieder: Als der Sohn Gottes ist Jesus König und Herr. Euer kleines Leben mit all den Aufgaben, die euch übertragen sind, ist ein wichtiger Teil des Königreiches Jesu. Dort gilt das Grundgesetz unverbrüchlich – das Grundgesetz des Willens Gottes.
Paulus hat daraus gefolgert, dass wir nun auch durch den Sohn Gottes zu Kindern Gottes gemacht werden. Wir bekommen so einen unmittelbaren Zugang, so wie Jesus seine Jünger gelehrt hat, zu sagen: „Unser Vater.“ Wir dürfen, weil er uns die Tür aufgemacht hat, jetzt diesen vertrauten Sprachgebrauch haben, den Jesus nur zu seinem Vater haben kann. Ihr dürft auch „Vater“ sagen. Dieses ganz einmalige neue Verhältnis eröffnet er uns.
Dann geht Paulus noch weiter in Römer 8. Er sagt: Wir werden hineingestaltet in das Bild des Sohnes Gottes (Römer 8,29). Wir werden also nun, so wie der Sohn Gottes Mensch war, von Jesus zu neuen Persönlichkeiten geformt. Darum ist er Pionier gewesen, einen ganz neuen Menschentypus zu schaffen. Einen Menschentypus, der sich nicht dauernd tröstet und sagt: „Ach, wir sind eben alle gefallene Menschen.“ Sondern wir wollen diesem Bild des menschgewordenen Gottes, Jesus, nachfolgen und ihm nachgehen.
Maria als Vorbild der Demut und des Gehorsams
Ich möchte schließen mit der Ankündigung der großen Geburt Jesu. Die Väter wussten genau, warum sie in das Glaubensbekenntnis aufgenommen haben: „geboren von der Jungfrau Maria“. Sie wollten dieses Geheimnis festhalten, dass er der Sohn Gottes ist.
Maria selbst hat nicht viel verstanden. Sie konnte nur Ja sagen und sich demütig dem unterordnen, was Gott an ihr vollziehen wollte. Genau das ehren und rühmen wir als evangelische Christen an Maria: eine schlichte Frau, die uns in nichts überlegen ist. Sie war keine Sündlose und keine Frau ohne Fehler, aber eine von Gott Begnadete und Angenommene.
Maria ist Dienerin Gottes und ganz glücklich, dass sie Magd sein darf. Wir sind zwar froh, dass wir diesen Typ von Arbeitnehmern heute abgeschafft haben, doch bei Jesus ist das der höchste Ehrentitel. Wir wollen Mägde und Knechte Jesu werden, über die Gott so verfügen kann, in die er kommen kann, in denen er herrschen kann und durch die er das Neue bringen kann – so wie er es in Maria tat.
Er braucht uns für seine Aufgaben in dieser Welt. Deshalb wollen wir nachsprechen und von Maria lernen: „Ich bin des Herrn Macht. Ich bin des Herrn Knecht, mir geschehe, wie du gesagt hast.“ Komm, o mein Heiland, Jesus Christ, meines Herzens Tür, die offen ist, zieh in meinem Herzen ein! Amen!