Die Dynamik des Glaubens
Glaube ist nicht statisch, sondern ein lebendiger Prozess, der sich ständig entwickelt und verändert. Er beeinflusst unser Denken, Fühlen und Handeln und ist zugleich von unseren Erfahrungen und unserem Umfeld geprägt. Die Dynamik des Glaubens zeigt sich darin, wie wir auf Herausforderungen reagieren, wie wir Zweifel überwinden und wie wir unsere Überzeugungen vertiefen.
Im Neuen Testament finden wir viele Beispiele, die diese Bewegung des Glaubens verdeutlichen. So wird im Hebräerbrief betont, dass der Glaube ohne Werke tot ist (Hebräer 11,1-40). Das bedeutet, dass Glaube sich in Taten manifestieren muss, um lebendig zu bleiben. Ebenso zeigt sich in den Evangelien, wie Jesus die Menschen auffordert, ihren Glauben zu stärken und zu vertiefen.
Glaube ist ein Weg, der mit Vertrauen beginnt, aber auch Mut und Ausdauer erfordert. Er ist kein einmaliges Ereignis, sondern eine tägliche Entscheidung, sich auf Gott einzulassen und sein Leben nach seinen Prinzipien auszurichten. Dabei können Zweifel und Fragen Teil des Prozesses sein, denn sie fordern uns heraus, unseren Glauben zu reflektieren und zu festigen.
Die Bibel ermutigt uns, im Glauben zu wachsen und uns nicht entmutigen zu lassen. So heißt es im 2. Korintherbrief: "Lasst uns nicht müde werden, Gutes zu tun; denn zur rechten Zeit werden wir ernten, wenn wir nicht nachlassen" (2. Korinther 9,6-10). Diese Worte erinnern daran, dass Glaube auch Ausdauer und Geduld braucht.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Dynamik des Glaubens eine lebendige Kraft ist, die unser Leben prägt und uns befähigt, Herausforderungen zu meistern. Sie fordert uns heraus, immer wieder neu zu vertrauen, zu handeln und zu wachsen. So wird Glaube zu einem Weg, der uns begleitet und stärkt – in guten wie in schweren Zeiten.
Die Gefahr geistlicher Mangelernährung trotz vorhandenem Reichtum
Liebe Gemeinde,
vor einiger Zeit berichtete die Los Angeles Times von einem älteren Ehepaar. Es ist eigentlich eine tragische Geschichte: Man fand die beiden tot in ihrem Apartment. Die Autopsie ergab, dass sie an Mangelernährung, also an starker Unterernährung, gestorben waren.
Die Tragik dabei ist, dass die Leute gar nicht arm gewesen waren. Bei der Durchsuchung ihrer Wohnung fand man immerhin 40 Dollar, zusammengepackt in Papiertaschen und versteckt in einem Schrank. Die beiden Senioren hatten also genug Vermögen zur Verfügung, doch sie haben es in ihrem alltäglichen Leben nicht genutzt. Sie haben es nicht eingesetzt, nicht angewendet und nicht abgerufen.
Jeder Vergleich hat natürlich seine Grenzen, aber auch Christen können im übertragenen Sinne an Unterernährung leiden – an geistlicher Mangelernährung. Und bei uns wäre das erst recht nicht nötig, denn jedem Christen steht ein ausreichend großer geistlicher Reichtum zur Verfügung.
Das hat Paulus in seinem Epheserbrief in den ersten beiden Kapiteln ganz gründlich nachgewiesen. Deshalb nennt man den Epheserbrief auch das „Scheckbuch des Christen“. Dort zeigt Paulus, wie reich der lebendige Gott seine Kinder ausgestattet hat.
Er hat uns unsere Schuld vergeben, uns den Heiligen Geist gegeben, uns in seine Gemeinde eingegliedert, uns sein Wort gegeben und uns ein reiches Erbe geschenkt. All das haben wir in unserer Predigtreihe ausführlich betrachtet und studiert. Aber...
Die Gefahr der geistlichen Mittelmäßigkeit und die Kraft des Gebets
Paulus kennt seine Gemeinden und sich selbst inzwischen gut genug, um zu wissen, dass wir immer wieder in Gefahr sind, den geistlichen Reichtum, der uns eigentlich zur Verfügung steht, nicht abzurufen. Oft geben wir uns mit einem mittelmäßigen Christsein zufrieden, und unser Leben unterscheidet sich kaum von dem anderer Menschen – obwohl Gott doch etwas ganz anderes für uns vorgesehen hat. In unserem geistlichen Leben sind wir oft seltsam anspruchslos. Wir geben uns viel zu früh zufrieden, richten uns in unserer Bequemlichkeit ein und schlingern so durchs Leben.
Das war damals in Ephesus und Umgebung offenkundig genauso. Paulus macht sich Sorgen, weil er weiß, dass das nicht Gottes Wille ist. So hat er sich das Leben der Gläubigen nicht vorgestellt. Gott will nicht, dass hier ein mittelmäßiges, langweiliges Christsein entsteht, das sich überhaupt nicht vom Leben der Menschen um euch herum unterscheidet. Paulus möchte, dass das geschieht, was Gott will: dass sich die Dynamik des Glaubens im Leben der Christen entfaltet.
Aber was kann man dagegen tun, gegen diese Trägheit und Mittelmäßigkeit? Paulus greift zu einem bewährten Mittel: dem Gebet. Wenn man einen Menschen verändern will, dann fängt man an, für diesen Menschen zu beten. Das ist die wirkungsvollste Veränderungsstrategie, die man anwenden kann.
Man könnte fragen: Paulus betet zu Gott, das ist richtig. Aber warum schreibt er das dann in diesem Brief? Warum teilt er den Ephesern dieses Gebet mit uns? Ganz einfach: Er gibt uns hier ein Vorbild, wie wir füreinander, für unsere Gemeinde und für uns selbst beten können. Dieses Vorbild können wir gleich am Donnerstag anwenden, wenn wir unsere erste Gebetstunde vor der Bibelstunde halten. Auch zu Hause können wir in den Linien dieses Gebets von Paulus beten.
Gleichzeitig zeigt Paulus uns noch etwas anderes. Er gibt uns nicht nur ein Vorbild für unser Gebet, sondern zeigt uns auch, was wir dringend brauchen, wonach wir uns in unserem geistlichen Leben ausstrecken und sehnen sollen – was wir im Gebet von Gott dringend erbitten und erflehen sollen.
Wir werden nun dieses Gebet miteinander studieren. Dabei geht es nicht in erster Linie um historisches Interesse, sondern um praktische Anwendung. Wir wollen fragen: Wie kann ich für meine Christen, für meine Mitchristen, für meine Gemeinde, für meine Familie und für mich selbst beten? Worauf soll ich achten? Und wir fragen: Was brauche ich selbst in meinem geistlichen Leben? Was ist so wichtig, dass Paulus in dieser Hingabe den lebendigen Gott darum anruft?
Das ist das große Thema dieses Gebets: Wie kann ich geistlich wachsen? Wie kann mein Glaube wachsen? Wie kann meine Verbindung zu Jesus Christus immer enger werden? Wie kann die Dynamik des Glaubens unsere Gemeinde verändern? Und wie kann der Reichtum aus Epheser 1 und Epheser 2 sich in meinem praktischen Leben auswirken?
Wer die Bibel liest, stößt überall auf eine starke Dynamik. Das haben Sie längst bemerkt. Die Menschen, die Jesus begegneten und sich ihm anschlossen, wurden von ihm in ein bewegtes Leben hineingezogen. Aber die Bibel kennt auch die andere Seite: die Gefahr, dass unser Leben in der Nachfolge Jesu müde wird, dass wir mutlos, nachlässig und lustlos werden und es nicht mehr richtig vorangeht.
Darum brauchen auch wir dieses Gebet. Darum brauche auch ich dieses Gebet. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie ab und zu im Sinne dieses Gebets für mich beten würden. Ich will gerne im Sinne dieses Gebets auch für Sie mitbeten. Wir brauchen das.
Das Gebet beginnt mit einem bewegenden Satz: „Deshalb beuge ich meine Knie vor dem Vater.“ Sie haben dieses Gebet hoffentlich alle auf dem grünen Zettel vor sich. Wenn Paulus „deshalb“ sagt, müssen wir immer zurückfragen, warum. Paulus verwendet diese Verknüpfungswörter nicht zufällig.
Vierzehn Verse vorher, in Epheser 3, Vers 1, hatte Paulus schon einmal so begonnen, ebenfalls mit dem griechischen Begriff „Tutoncharin“. Dort sollte eigentlich schon dieses Gebet stehen, das wir jetzt hier lesen. Doch Paulus hatte sich selbst unterbrochen, wie er es öfter tut, und noch einmal betont, was er in den ersten beiden Kapiteln gesagt hatte: den Reichtum, den wir in Christus haben, und das Besondere, dass Gott die Gemeinde geschaffen hat.
Er fasst das noch einmal zusammen und macht deutlich, dass wir das Privileg haben, uns direkt an Gott, den Vater, zu wenden. Dann kehrt er in Vers 14 zu seinem Ausgangspunkt in Kapitel 3, Vers 1 zurück und beginnt erneut mit diesem Gebet, wieder mit dem gleichen griechischen Begriff „Tutoncharin“.
Das verweist unmittelbar zurück auf Kapitel 1 und 2, wo der Reichtum des Christen und Gottes genialer Plan mit seiner Gemeinde beschrieben werden. Paulus sagt also: „Deshalb, weil Gott euch so viel geschenkt hat, deshalb, weil Kapitel 1 und 2 wirklich stimmen, weil wir ein so großes Vermögen haben, darum bitte ich jetzt, dass dieser Reichtum nicht in Tüten verpackt in irgendeinem Schrank eures Lebens verstaubt, sondern dass er euer ganzes Leben durchdringt, prägt und zum Strahlen bringt.“
So ist das Miteinander verknüpft: Weil Kapitel 1 und 2 wahr sind, weil das alles zur Verfügung steht und Gott euch das alles schenken kann, bittet Paulus, dass das auch euer Leben wirklich durchdringt und sich auswirkt.
Bevor Paulus mit dem eigentlichen Gebet beginnt, macht er sich und uns klar, an wen er sich wendet: „Deswegen beuge ich meine Knie vor dem Vater, von dem die ganze Familie im Himmel und auf Erden ihren Namen hat.“
Das ist interessant. Der Vater ist die absolute Vertrauensperson. Wir sehen hier, wie Paulus in die Gebetsschule bei Jesus gegangen ist. Wie hat Jesus seinen Jüngern das Gebet beigebracht? Mit den Worten: „Unser Vater im Himmel.“ Paulus knüpft hier gewissermaßen an das Vaterunser an und sagt: „Ich beuge meine Knie vor dem Vater.“
Auch an anderen Stellen weist Jesus immer wieder auf dieses Privileg hin, zum Beispiel in Matthäus 6. Dort heißt es ab Vers 31: „Darum sollt ihr nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen? Was werden wir trinken? Womit werden wir uns kleiden? Denn euer himmlischer Vater weiß, dass ihr all dessen bedürft.“
Ihr habt also Grund zu beten, denn Gott weiß, was ihr braucht. Im nächsten Kapitel, Matthäus 7, gehört ebenfalls zur Bergpredigt, sagt Jesus das noch einmal: Matthäus 7, Vers 11: „Wenn ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben geben könnt, wie viel mehr wird euer Vater im Himmel Gutes geben denen, die ihn darum bitten?“
Das beherzigt Paulus. Er wendet sich an den Vater als Vertrauensperson, aber auch als absolute Respektsperson. Er sagt: „Ich beuge meine Knie.“ Das zeigt die Demut, mit der er sich an Gott wendet, aber auch die Intensität. Er beugt sich demütig, manchmal geht es uns wahrscheinlich auch so, wenn wir um eine Sache ganz besonders bitten, dass wir uns richtig auf die Knie fallen lassen, so intensiv ist das: „Herr, gib das doch bitte!“
So macht es Paulus hier: „Ich beuge meine Knie vor dem Vater.“ Und dieser Vater ist nicht nur Vertrauensperson, sondern auch Respektsperson. Das macht Paulus noch an einer anderen Sache deutlich. Wörtlich steht hier im Griechischen: „von dem die ganze Familie im Himmel und auf Erden ihren Namen hat.“
Hier verwendet Paulus ein Wortspiel im Griechischen mit „Pater“ und „Patria“. Der Vater ist der „Pater“, und von dem Vater kommt die „Patria“, die Familie. Die Familie kommt also vom Vater her, von dem die ganze Familie im Himmel und auf Erden ihren Namen hat.
Welche Familie ist damit gemeint? Natürlich die Familie, die Paulus in den Kapiteln 1 und 2 beschrieben hat: diese neue Familie, die aus Juden und Heiden zusammen die Gemeinde Jesu Christi bildet, die neue Familie, die durch die Macht Jesu Christi zusammengekommen ist.
Diese Familie ist hier gemeint. Diese neue Familie, von der Paulus in Kapitel 2, Vers 19 gesagt hat: „Ihr seid Gottes Hausgenossen, ihr seid Gottes Familienmitglieder.“ Jeder, der an Jesus Christus als seinen Retter glaubt, gehört zu Gottes Familie.
Dann sagt Paulus: Die ganze Familie kommt von diesem Gott im Himmel und auf Erden. Zu dieser Familie gehören die Christen, die uns schon vorangegangen sind, die schon in der Ewigkeit sind, die schon gestorben sind und beim Herrn sind. Aber auch die Christen hier auf der Erde, die gesamte Christenheit, alle, die zu Jesus gehören und Gott als ihren Vater haben, haben von Gott ihren Namen.
Man nennt das in der Theologie die Ekklesia Triumphans und die Ekklesia Militans. Die triumphierende Gemeinde sind die Christen, die schon bei Jesus angekommen sind und im Himmel sind. Die Ekklesia Militans ist die kämpfende Gemeinde, das sind wir hier, die wir den Kampf des Glaubens in dieser Welt noch bestehen müssen.
Die ganze Familie, sagt Paulus, im Himmel und auf Erden hat ihren Namen von Gott. Die Gemeinde ist durch einen schöpferischen Akt des lebendigen Gottes zustande gekommen. Immer wenn ein neuer Mensch zu dieser Gemeinde dazukommt, weil er zum Glauben an Jesus Christus findet, ist das ein neuer schöpferischer Akt des lebendigen Gottes. Alle haben von Gott ihren Namen.
An diesen wendet sich Paulus jetzt: an den Vater, an die Vertrauensperson, an die Respektsperson und an den, der die schöpferische Kraft hat. Mit der gleichen schöpferischen Kraft, mit der er uns in die Gemeinde hineingebracht hat, kann und wird er auch weiter an unserem Leben als seine Kinder arbeiten und wirken.
An diesen wendet sich Paulus.
Dann wird es spannend: Das eigentliche Gebet beginnt in Vers 16. Auf den ersten Blick ist der Satzbau etwas kompliziert. Es sind viele einzelne Bitten miteinander verknüpft, und man weiß nicht genau, wie sie zusammengehören.
Ich habe den griechischen Text lange studiert, um den Zusammenhang klar und transparent zu verstehen, damit ich es heute Morgen richtig sagen kann. Die griechische Grammatik hilft uns hier sehr, denn sie zeigt deutlich die Architektur des Textes.
Man sieht, dass es zwei große Absätze gibt, die den Text zusammenhalten: Die erste große Bitte beginnt in Vers 16 und geht bis zum Ende von Vers 17. Die zweite große Bitte beginnt in Vers 18 und geht bis Vers 19.
Paulus bittet also im Grunde um zwei Dinge für die Christen hier, die wichtig sind für das geistliche Wachstum. Damit Sie das deutlicher sehen, habe ich es schwarz gedruckt.
Die erste Bitte in Vers 16 lautet, dass Gott euch Kraft gebe, stark zu werden an dem inneren Menschen.
Die zweite Bitte beginnt in Vers 18: damit ihr voll imstande seid, die Liebe Christi zu erkennen.
Das sind die beiden großen Bitten, um die sich der ganze Text dreht. Alles, was Paulus hier sagt, lässt sich auf diese beiden Bitten bündeln, die er für die Epheser bittet und die wir füreinander beten sollen.
Wir wollen diese beiden Bitten jetzt genau herausarbeiten.
Um welche Bitten handelt es sich?
Die erste Bitte, Vers 16 und 17: „Ich beuge meine Knie vor dem Vater, dass er euch Kraft gebe, nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit stark zu werden durch seinen Geist an dem inneren Menschen, dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne und ihr in der Liebe eingewurzelt und gegründet seid.“
Wenn Sie mitschreiben, können Sie die erste Bitte so zusammenfassen: Gib ihnen die Kraft, dass sie stark werden am inneren Menschen.
Was heißt das?
Paulus bittet hier Gott um eine besondere Art von Stärke, um eine besondere Kraft, die nur von Gott kommen kann. Es steht, dass er euch Kraft gebe nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit. Mit dieser Kraft soll Gott den inneren Menschen, unseren inneren Menschen, stark machen.
Jetzt müssen wir klären: Was ist der innere Mensch?
Der innere Mensch ist das Gegenstück zum äußeren Menschen. Paulus hat das an anderer Stelle sehr schön erklärt, in 2. Korinther 4, Vers 16. Dort heißt es:
„Darum werden wir nicht müde. Sondern wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert.“
Denn unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit für uns, die wir nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare.
Denn was sichtbar ist, das ist zeitlich, also vergänglich, was aber unsichtbar ist, das ist ewig, nämlich unvergänglich.
Jetzt wird deutlich: Der äußere Mensch stirbt vom ersten Tag seines Lebens an. Das Materielle ist vergänglich – eine Folge des Sündenfalls, über die wir letzten Sonntag gesprochen haben. Der äußere Mensch verfällt vom ersten Tag an.
Der innere Mensch hingegen ist das, was übrig bleibt, wenn alles Äußere vergangen ist. Er ist auch vom Sündenfall betroffen, aber nicht vergänglich geworden.
Paulus beschreibt den äußeren Menschen fast lyrisch: Er verfällt, was der normale Prozess des Alterns ist, den jeder an sich selbst wahrnehmen kann.
Haare fallen aus, das Sprintvermögen lässt nach – deshalb gibt es ja verschiedene Altersklassen in der Leichtathletik. Ich selbst habe zwar noch eine gute Grundschnelligkeit, aber seit ein, zwei Jahren habe ich im Sport gegen meinen Sohn keine Chance mehr. Ich muss mich auf längere Strecken verlegen, ab 2000 Meter habe ich wieder eine leichte Chance gegen ihn.
Aber alles, was mit Sprintvermögen zu tun hat, ist vorbei. Ich warte nur darauf, wann mich Tabea auch noch überholt.
Das ist der Verfall des äußeren Menschen.
Man muss bei den Kalorien anders aufpassen als früher – Süssstoff statt Zucker, Margarine statt Butter. Früher war das kein Thema, aber mit 45 achtet man darauf. Die Haut verliert an Elastizität, man hat manche Zipperlein, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können, irgendwann braucht man eine Brille, die Anzahl der Medikamente häuft sich, der Medikamentencocktail wird bunter, und irgendwann kommen ernste Krankheiten hinzu.
Unser äußerer Mensch verfällt, sagt Paulus.
Unsere Zivilisation bemüht sich, diesen Vorgang so weit wie möglich zu verzögern, aufzuhalten oder wenigstens für kurze Zeit rückgängig zu machen.
Darauf achtet unsere Gesellschaft am meisten.
Das ist übrigens auch eine Ursache dafür, dass unser Rentensystem nicht mehr funktioniert: Die Menschen leben immer länger, können ihre Rente länger beziehen und sind immer gesünder.
Es gibt ein breites Anti-Aging-Programm, das von Schönheitsoperationen und Lifting bis hin zu gesunder Ernährung reicht. Das ist Geschmackssache, was man nutzt und was nicht.
Prinzipiell ist das nicht verkehrt. Die Bibel sagt, der Körper ist der Tempel des Heiligen Geistes, und wir sollen unseren Körper ordentlich behandeln und pflegen, nicht mit Gewalt niederreißen.
Das Problem ist aber, und hier wird es gefährlich, dass unsere Gesellschaft die Menschen dazu verleitet zu glauben, man könne diese Gesetzmäßigkeit irgendwie umgehen. Man redet sich ein, man könne das Altern und Sterben ganz hinauszögern, so dass es einen nicht mehr gedanklich bewegt.
Das wird gefährlich, wenn die Sorge um den äußeren Menschen wichtiger wird als die Sorge um den inneren Menschen.
Denn der innere Mensch ist das, was bleibt, wenn das Äußere vergangen ist.
Den inneren Menschen nehmen wir gewissermaßen mit in die Ewigkeit. Der äußere kommt in eine Kiste, wird abgelegt wie ein altes Kleid.
Dann werden wir auch wieder einen neuen Körper bekommen, sagt die Bibel. Dann wird die Folge des Sündenfalls aufgehoben sein – dass wir sterblich sind und krank werden. Wir werden einen neuen Körper erhalten.
Bis dahin ist es Gottes Weg mit seinen Kindern, vor allem unseren inneren Menschen zu prägen, zu stärken und reifen zu lassen.
Ein erfahrener Pastor hat das mal so beobachtet: Je älter Menschen werden und je mehr der äußere Mensch schwindet, desto deutlicher wird in der Regel, was den inneren Menschen ausmacht.
Je mehr die Fassade bröckelt, desto klarer kommt zum Vorschein, was dahinter ist.
Natürlich können wir niemandem ins Herz schauen, aber da ist etwas dran.
Er sagt, wir alle kennen ältere Christen, deren körperliche Kraft immer mehr zurückgeht, die aber immer standfester und strahlender wirken.
Ihr Gedächtnis lässt langsam nach, ihre Arthritis kann nicht mehr geheilt werden, ihr Aktionsradius wird kleiner, sie kommen manchmal kaum noch aus ihrem Zimmer oder Apartment heraus.
Aber trotzdem hat man den Eindruck, sie lebten schon mit einem Bein im Himmel. Je mehr ihre äußere Stärke abnimmt, desto klarer tritt ihre innere Stärke hervor.
Es gibt aber auch andere Menschen, die gesundheitlich gar nicht so beeinträchtigt sind, aber je älter sie werden, umso bitterer, kleinlicher, egoistischer und abgeschlossener von anderen werden.
Der Pastor vermutet, je mehr die Fassade des äußeren Menschen abfällt, desto deutlicher kommt heraus, was wirklich im Inneren ist.
Darum ist diese erste Bitte von Paulus so wichtig: Gib ihnen Kraft, dass sie stark werden am inneren Menschen.
Das ist kein Rückzug nach dem Motto: Wenn du alt bist und mit deinem Körper nicht mehr viel anfangen kannst, kümmerst du dich wenigstens um dein inneres Leben.
Nein, das ist zukunftsorientiert, innovativ, ein Aufbruch in die Zukunft, eine Investition in ein Zukunftsprojekt.
Wer wirklich offensiv an sein Leben herangeht, kümmert sich vor allem um seinen inneren Menschen.
Paulus betet dafür, dass es allen Christen so geht, wie er es in 2. Korinther 4,16 sagt: „Wir werden nicht müde, sondern wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert.“
Dieses Gebet ist nötig, weil auch Christen in Gefahr sind, sich von der Verdrängungskultur und der Anti-Aging-Kultur unserer Gesellschaft anstecken zu lassen.
Dann wird die Fitnesspflege wichtiger als die geistliche Pflege.
Man kümmert sich mehr darum, ob die Haut noch einigermaßen glatt ist, als darum, wie es um das Gebetsleben steht.
Paulus sagt: Wenn das so ist, brauchen wir Gottes Eingreifen, die Hilfe aus der Ewigkeit.
Manchmal, ich sage das mit Vorsicht, benutzt Gott gerade die Schwäche unseres äußeren Menschen, um den inneren Menschen zu stärken.
Vor kurzem habe ich von John Piper gelesen, einem bekannten evangelikalen Pastor in Amerika mit großer Gemeinde in Minnesota. Er hat auf der Homepage seiner Gemeinde mitgeteilt, dass er an Krebs erkrankt ist.
Er geht offen mit der Erkrankung um und schreibt: „Was ist wirklich gefährlich? Die gefährlichste Sache der Welt ist die Sünde, mit der ich auf mich selbst vertraue, und meine Verhärtung in Weltlichkeit.“
Dann fügt er hinzu: „Die Nachricht über die Krebserkrankung hatte einen wunderbar pulverisierenden Effekt auf beides, und ich danke Gott dafür. Diese Tage brachten mir Zeiten der wunderbaren Gemeinschaft mit Christus.“
Er hat bestimmt auch Angst vor Arztbesuchen und Operationen, aber er sagt: Das, was wirklich gefährlich ist, ist nicht der Krebs, sondern die Tendenz, mehr auf sich selbst zu setzen als auf Gott, auf unsere Stärke und an den Dingen dieser Welt festzuhalten, wodurch unser Herz hart wird.
Auf diese größeren Gefahren hatte die Diagnose einen pulverisierenden Effekt, hat sie aufgelöst und angegriffen.
Er benutzt die äußere Schwäche, um seinen inneren Menschen zu stärken.
Die Familie von John Piper und seine Gemeinde beten bestimmt dafür, dass er wieder gesund wird.
Doch Piper sagt deutlich: Wichtiger als die Gesundheit des äußeren Menschen ist, dass der innere Mensch in Ordnung kommt.
Der innere Mensch prägt unseren Charakter und bereitet uns auf die Ewigkeit vor.
So liegt Paulus uns diese erste Bitte für uns und füreinander ans Herz: Dass Gott euch gebe, nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit stark zu werden durch seinen Geist am inneren Menschen.
Damit ist die Bitte aber noch nicht abgeschlossen.
Paulus möchte genauer beschreiben, was geschieht, wenn der innere Mensch gestärkt wird. Wie funktioniert das? Wie werden wir verändert?
Wenn man das oberflächlich betrachtet, könnte ein Buddhist Ähnliches sagen: Du musst unabhängig von äußeren Dingen werden, keinen Durst mehr nach sinnlichen Genüssen haben, in dir selbst stark sein und auf dich vertrauen.
Der erste Unterschied ist, dass Paulus sagt: Die Kraft kommt nicht aus dir selbst, sondern von außen, von dem lebendigen, persönlichen Gott.
Der innere Mensch kann nur von außen gestärkt werden.
Doch Paulus wird noch deutlicher: Er bittet nicht um eine abstrakte Stärkung des Ich oder des Selbstbewusstseins, nicht um eine psychologische Ausgeglichenheit.
Er präzisiert, wohin diese Stärkung führt: Vers 17 sagt, dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne.
Das ist interessant, denn ein Bibelleser fragt sich: Paulus betet für Christen, in denen doch der Geist Gottes und Christus sowieso wohnen. Müssen wir dafür überhaupt beten?
Paulus bittet hier um mehr.
Das griechische Wort für „wohnen“ ist „katoikeo“, ein starkes Verb, das mehr bedeutet als nur wohnen: beständig, dauerhaft, gründlich, besitzergreifend wohnen.
Paulus bittet, dass Christus in den Herzen der Gläubigen nicht nur anwesend ist, sondern immer mehr regiert, reinigt und verändert.
Er baut seine Herrschaft in unserem Herzen aus.
Darum bittet Paulus: Gib ihnen die Kraft, dass sie stark werden am inneren Menschen.
Das geschieht dadurch, dass Christus, der seit der Bekehrung in ihrem Herzen wohnt, immer vollständiger Besitz von ihrem Herzen nimmt und es nach seinem Willen gestaltet.
Stellen Sie sich ein junges Ehepaar vor, das ein älteres Haus kauft und einzieht.
Sie wohnen darin, aber nicht alles ist in Ordnung: Alte Tapeten, Müll im Keller, das Dach ist an manchen Stellen undicht, die Beleuchtung im Badezimmer ist dunkel.
Dennoch ist es ihr Haus, sie wohnen gern darin.
Nach und nach beheben sie die Mängel: Sie bauen eine neue Küche ein, lassen das Dach reparieren, entsorgen den Müll.
Später, wenn Kinder kommen, bauen sie weitere Räume aus.
Nach einigen Jahren ist das Haus kaum wiederzuerkennen.
Von Anfang an gehörte es ihnen, und von Anfang an wohnten sie darin.
Aber jetzt wohnen sie gründlich darin, haben es ganz in Besitz genommen.
So will Paulus, dass Christus durch den Glauben in unseren Herzen wohnt.
Wenn Jesus in unser Leben einzieht, findet er dort viel Müll und Mängel vor.
Es bedarf großer Kraft, diese Zustände zu ändern.
Darum bittet Paulus um die Kraft aus Gottes Herrlichkeit, dass der innere Mensch stark wird und Christus immer mehr in unseren Herzen regiert und unser Lebenshaus nach seinem Willen gestaltet.
Jesus reinigt unser Herz, repariert unser Leben, erweitert es und baut neue Möglichkeiten ein.
Die entscheidende Wirkung kommt immer von Jesus.
Er wohnt in unseren Herzen und wirkt verändernd und erneuernd.
Unsere Aufgabe ist es, durch den Glauben an Jesus zu glauben, ihn zu bitten und zu vertrauen: „Herr, ich bin wieder in diese alte Sünde gefallen, vergib mir, ich brauche dich, ich vertraue dir, verändere mein Leben nach deinem Willen.“
Dann gestaltet Jesus unser Lebenshaus immer mehr so, dass es zu ihm passt.
Je länger Jesus in unserem Lebenshaus wohnt, desto mehr spiegelt es sein Wesen wider.
Je länger das Paar in seinem Haus wohnt, desto mehr reflektiert das Haus den Geschmack und die Vorlieben der Bewohner.
So will Jesus, dass unser Lebenshaus sein Wesen widerspiegelt und wie er uns verändert.
Wenn Menschen es schaffen, in einem Haus ihren Stempel aufzudrücken, schafft Jesus das erst recht.
Darum bittet Paulus, dass unser Lebenshaus immer mehr nach Gottes Willen gestaltet wird und immer passender als Wohnung für Christus wird.
Ich habe ein wunderschönes englisches Gedicht aus dem 19. Jahrhundert von Jeanne Sophia Pigott gefunden. Es lässt sich etwa so übersetzen:
„Präg mein Leben heller, reiner, ähnlich deinem,
Dass man sieht, wie die Kraft der Auferstehung
Mich in ihren Strudel zieht,
Füll mein Herz und mach daraus immer sichtbarer dein Haus.“
Viele von Ihnen können Englisch, deshalb lese ich das Original noch einmal vor:
„Make my life a bright outshining of thy life,
That all may see thine own resurrection power mightily put forth in me.
Ever let my heart become yet more consciously thy home,
Fill mein Herz und mach daraus immer sichtbarer dein Haus.“
Das erbittet Paulus für die Christen in Ephesus und für uns, und das wollen wir füreinander erbitten: dass der Herr Jesus Christus uns das wirklich schenkt, dass Gott unseren inneren Menschen stärkt.
Wir wollen endlich davon wegkommen, so fixiert auf Äußerlichkeiten zu sein.
Wir wollen unseren Körper und unsere Gesundheit ordentlich pflegen – das ist unser Auftrag.
Aber wir wollen lernen, dass der innere Mensch letztlich zählt und die wirkliche Zukunftsinvestition ist.
Gott will den inneren Menschen stark machen mit der Kraft aus seiner Herrlichkeit.
Er will das so tun, dass Jesus Christus immer mehr in unseren Herzen wohnt und regiert.
Das ist die erste Bitte.
Die zweite Bitte ist so wichtig, dass ich sie heute nicht mehr ausführlich behandeln kann.
Unsere Zeit ist schon weit fortgeschritten.
Wir wollen uns nächsten Sonntag die Zeit nehmen, genau hinzuschauen, was Paulus als Zweites bittet.
Auch das ist wichtig für unser geistliches Wachstum.
Lasst uns diese erste Bitte mit in die neue Woche nehmen, in unsere Gebete für uns selbst, für unsere Angehörigen, für unsere Gemeinde, auch in unserer Gebetsgemeinschaft am Donnerstag.
Das ist eines der großen Ziele, für die wir beten: dass der Herr uns als Einzelne und als Gemeinde stark macht am inneren Menschen.
Dass er wirklich dieses Wunder an uns vollbringt, das gegen alle weltlichen Einflüsse, gegen alle Sünde, die wir noch in unseren Herzen haben, und gegen alle Weltlichkeit, die uns noch gepackt hat, wirkt.
Dass dieser heilsame Einfluss aus der Ewigkeit sich immer mehr durchsetzt.
Dass wir stark werden am inneren Menschen.
Dass unser Lebenshaus immer mehr widerspiegelt, wer Jesus ist und was er in uns tut.
Wenn wir auf uns selbst schauen, könnten wir manchmal verzweifeln und erschrecken über Rückfälle, obwohl wir Jesus zum Teil seit Jahrzehnten nachfolgen.
Paulus war auch manchmal erschrocken, wenn er das in seinem Leben gesehen hat.
Aber Gott gibt nicht auf.
Er entlässt uns nicht in Mittelmäßigkeit mit dem Hinweis: „Es ist eben so, ihr kocht nur mit Wasser als Christen, passt auf, dass ihr in der Welt nicht negativ auffallt, dann kommt ihr schon in den Himmel.“
Nein, Gott hat mehr mit uns vor.
Sein Wille ist ein anderer.
Er will unser Leben gestalten und verändern.
Nicht, weil wir so großartig, moralisch integer und stark sind, sondern weil wir seine Kinder sind.
Er ist unser Vater und wird nicht ruhen, bis er unser Leben nach seinem Willen und Plan verändert hat.
Lasst uns darum den Herrn bitten, dass er uns Kraft gibt, nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit stark zu werden durch seinen Geist am inneren Menschen.
Dass Christus durch den Glauben in unseren Herzen wohnt.
Das Ergebnis ist, dass wir in der Liebe eingewurzelt und gegründet sind.
Das ist die Folge.
Je mehr Jesus unseren inneren Menschen stärkt, desto besser wird unser „Standing“.
Wenn Jesus unser Leben bestimmt, bekommt es einen ganz anderen Halt.
Vers 17 sagt: Wir sind eingewurzelt und gegründet.
Das bedeutet, die Liebe Jesu ist das Fundament, auf dem unser Leben steht.
Deshalb wackeln wir nicht mehr hin und her.
Nichts kann uns ganz herunterreißen, weil die Liebe Jesu so zuverlässig und stark ist, dass unser Leben auf diesem Fundament feststeht.
Paulus sagt, wir sind verwurzelt und gegründet.
Das Bild stammt aus dem Pflanzenreich.
Wir sind verwurzelt in der Liebe Jesu.
Er ist die Quelle, aus der wir Nahrung für unser Leben bekommen.
Es ist seine Liebe, aus der wir leben.
Es ist das Fundament seiner Liebe, auf dem wir stehen dürfen.
So will er unser ganzes Leben immer mehr ausrichten und stärken – zu seiner Ehre.
Lasst uns darum den Herrn von ganzem Herzen bitten – und er wird unsere Bitten erhören, weil er es versprochen hat.
Amen.
Wir wollen jetzt das Lied 45 singen, das eigentlich…
Die Verknüpfung des Gebets mit dem Reichtum Gottes
Sie haben dieses Gebet hoffentlich alle auf diesem grünen Zettel vor sich. Das ist interessant. Wenn Paulus sagt „deshalb“, müssen wir immer zurückfragen, weshalb. Denn Paulus verwendet diese Verknüpfungswörter nicht zufällig.
Jetzt müssen wir genau hinschauen, das ist hochinteressant. Vierzehn Verse zuvor hatte Paulus schon einmal genauso begonnen. In Epheser 3,1 beginnt er ebenfalls mit „deshalb“, dem gleichen griechischen Begriff Tutoncharin. Eigentlich sollte an dieser Stelle, also vierzehn Verse früher, schon das Gebet stehen, das wir hier vor uns haben.
Paulus unterbrach sich jedoch selbst, wie er das öfter macht. Er wiederholte und festigte, was er bereits in den ersten beiden Kapiteln gesagt hatte. Ihm war das sehr wichtig: der Reichtum, den wir in Christus haben, und das Besondere daran, dass Gott die Gemeinde geschaffen hat. Er fasste das noch einmal zusammen und betonte das Vorrecht, dass wir uns direkt an Gott, den Vater, wenden können.
In Vers 14 kehrt Paulus dann wieder zum Ausgangspunkt von Kapitel 3, Vers 1, zurück. Dort beginnt er erneut mit diesem Gebet und verwendet wieder den gleichen griechischen Begriff Tutoncharin.
Das verweist unmittelbar zurück auf Kapitel 2 und auch auf Kapitel 1. Dort wird der Reichtum des Christen beschrieben und Gottes genialer Plan mit seiner Gemeinde.
Paulus sagt also: „Deshalb“, weil Gott euch so viel geschenkt hat, weil die Kapitel 1 und 2 wirklich wahr sind, weil wir ein so großes Vermögen haben, bitte ich jetzt darum, dass dieser Reichtum nicht verpackt in Tüten in irgendeinem Schrank eures Lebens verstaubt. Vielmehr soll er euer ganzes Leben durchdringen, prägen und zum Strahlen bringen.
So ist das Miteinander verknüpft: Weil Kapitel 1 und 2 wahr sind und all das zur Verfügung steht, weil Gott euch das alles schenken kann, bitte ich jetzt darum, dass es auch euer Leben wirklich durchdringt und sich auswirkt.
Die Anrede an den Vater als Vertrauens- und Respektperson
Bevor Paulus mit dem eigentlichen Gebet beginnt, macht er sich und uns klar, an wen er sich in diesem Gebet wendet. Er sagt: „Deswegen beuge ich meine Knie vor dem Vater, von dem die ganze Familie im Himmel und auf Erden ihren Namen hat.“
Das ist sehr interessant. Der Vater ist die absolute Vertrauensperson. Wir sehen hier, wie Paulus in die Gebetsschule bei Jesus gegangen ist. Wie hat Jesus seinen Jüngern gelehrt, das Gebet zu beginnen? Mit den Worten: „Unser Vater im Himmel.“ Paulus knüpft hier gewissermaßen an das Vaterunser an und sagt: „Ich beuge meine Knie vor dem Vater.“
Auch an anderen Stellen hatte Jesus immer wieder auf dieses Privileg hingewiesen: Wir dürfen zum Vater beten. Zum Beispiel in Matthäus 6, in dieser ganz berühmten Stelle, sagt er ab Vers 31: „Darum sollt ihr nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen, was werden wir trinken, womit werden wir uns kleiden? Nach dem Eintrachten der Heiden. Denn euer himmlischer Vater weiß, dass ihr all dessen bedürft.“
Ihr habt also Grund zu beten, denn Gott weiß, was ihr braucht. Im nächsten Kapitel, Matthäus 7, das ebenfalls zur Bergpredigt gehört, sagt Jesus das noch einmal: Matthäus 7, Vers 11: „Wenn denn nun ihr, die jedoch böse seid, trotzdem euren Kindern gute Gaben geben könnt, wie viel mehr wird euer Vater im Himmel Gutes geben denen, die ihn darum bitten?“
Das beherzigt Paulus. Er wendet sich an den Vater als Vertrauensperson, aber auch als absolute Respektsperson. Er sagt: „Ich beuge meine Knie.“ Das macht die Demut klar, mit der er sich an Gott wendet, aber auch die Intensität. „Ich beuge mich, ich knie mich da rein“, sagen wir auch.
Ich beuge mich demütig, und manchmal geht es uns wahrscheinlich auch so, wenn wir um eine Sache ganz besonders bitten, dass uns das manchmal richtig auf die Knie treibt. So eine Intensität: „Herr, gib das doch bitte!“
So macht es Paulus hier. Er beugt seine Knie vor dem Vater. Und dieser Vater ist eben nicht nur Vertrauensperson, sondern auch Respektsperson. Das macht Paulus noch an einer anderen Sache deutlich.
Er sagt wörtlich im Griechischen: „Von dem die ganze Familie im Himmel und auf Erden ihren Namen hat.“ Hier verwendet Paulus ein Wortspiel im Griechischen: „Pater“ und „Patria“. Der Vater ist der „Pater“, und von dem Vater kommt die „Patria“, die Familie. Sie kommt also vom Vater her, von dem die ganze Familie im Himmel und auf Erden ihren Namen hat.
Die neue Familie Gottes und ihre Bedeutung
Und welche Familie ist damit gemeint? Natürlich die Familie, die Paulus in den Kapiteln 1 und 2 beschrieben hat. Es ist diese neue Familie, die aus Juden und Heiden besteht und gemeinsam die Gemeinde Jesu Christi bildet. Diese neue Familie ist durch die Macht Jesu Christi zusammengekommen. Genau diese Familie ist hier gemeint.
Paulus sagt in Kapitel 2, Vers 19, dass ihr Gottes Hausgenossen seid, seine Familienmitglieder. Jeder, der an Jesus Christus als seinen Retter glaubt, gehört zu Gottes Familie. Dann erklärt Paulus, dass die ganze Familie von diesem Gott im Himmel und auf Erden kommt.
Zu dieser Familie gehören also die Christen, die uns schon vorangegangen sind, die bereits in der Ewigkeit sind, die schon gestorben und beim Herrn sind. Ebenso gehören dazu die Christen hier auf dieser Erde, die gesamte Christenheit – alle, die zu Jesus gehören und Gott als ihren Vater haben. Sie alle haben von Gott ihren Namen erhalten.
In der Theologie nennt man das die Ekklesia Triumphans und die Ekklesia Militans. Die Ekklesia Triumphans ist die triumphierende Gemeinde, also die Christen, die schon bei Jesus angekommen und im Himmel sind. Die Ekklesia Militans ist die kämpfende Gemeinde, also wir hier auf Erden, die wir den Kampf des Glaubens noch bestehen müssen.
Die ganze Familie, sagt Paulus, im Himmel und auf Erden, verdankt Gott ihren Namen, ihr Dasein und ihr Eingreifen. Die Gemeinde ist durch einen schöpferischen Akt des lebendigen Gottes zustande gekommen. Und immer, wenn ein neuer Mensch zu dieser Gemeinde dazukommt, weil er zum Glauben an Jesus Christus findet, ist das wieder ein schöpferischer Akt des lebendigen Gottes. Alle haben von Gott ihren Namen.
An diesen Gott wendet sich Paulus jetzt – an den Vater, an die Vertrauensperson, an die Respektsperson und an den, der die schöpferische Kraft besitzt. Mit der gleichen schöpferischen Kraft, mit der er uns in die Gemeinde hineingebracht hat, kann und wird er auch weiter an unserem Leben als seine Kinder arbeiten und wirken. An diesen Gott richtet sich Paulus.
Die Struktur des Gebetes und die zwei großen Bitten
Dann wird es spannend: Das eigentliche Gebet beginnt in Vers 16. Auf den ersten Blick ist der Satzbau etwas kompliziert. Es scheinen viele einzelne Bitten miteinander verknüpft zu sein, und man weiß nicht sofort genau, wie sie zusammengehören.
Ich habe den griechischen Text in der vergangenen Woche lange studiert, um den Zusammenhang möglichst klar und transparent zu verstehen. So kann ich Ihnen heute Morgen richtig erklären, wie dieser Text aufgebaut ist. Die griechische Grammatik ist an dieser Stelle eine große Hilfe. Sie zeigt uns sehr deutlich die Architektur des Textes.
Wenn man sich die griechische Grammatik anschaut, erkennt man zwei große Absätze, die den Text zusammenhalten. Die erste große Bitte beginnt in Vers 16 und geht bis zum Ende von Vers 17. Die zweite große Bitte beginnt in Vers 18 und reicht bis Vers 19. Paulus bittet also im Grunde genommen um zwei Dinge für die Christen hier, die wichtig sind für das geistliche Wachstum.
Damit Sie das deutlicher sehen, habe ich die beiden Bitten schwarz gedruckt. Die erste Bitte in Vers 16 lautet: dass er euch Kraft gebe, stark zu werden an dem inwendigen Menschen. Die zweite Bitte beginnt in Vers 18: damit ihr voll imstande seid, die Liebe Christi zu erkennen. Das sind die beiden großen Bitten, um die sich der ganze Text dreht.
Alles, was Paulus hier sagt, lässt sich auf diese beiden Bitten zurückführen, die Paulus für die Epheser bittet und die wir füreinander beten sollen. Paulus legt sie auch uns ans Herz. Wir wollen diese beiden Bitten jetzt genau herausarbeiten.
Um welche beiden Bitten handelt es sich? Die erste Bitte steht in Vers 16 und 17:
„Ich beuge meine Knie vor dem Vater, dass er euch Kraft gebe, nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit stark zu werden durch seinen Geist an dem inwendigen Menschen, dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne und ihr in der Liebe eingewurzelt und gegründet seid.“
Wenn Sie mitschreiben, können Sie die erste Bitte so zusammenfassen: Gib ihnen die Kraft, dass sie stark werden am inneren Menschen. Das ist die erste Bitte.
Was heißt das? Paulus bittet Gott hier um eine besondere Art von Stärke, um eine besondere Power, um eine besondere Macht, die nur von Gott kommen kann. Es steht ja, dass er euch Kraft gebe nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit. Mit dieser Kraft soll Gott, so bittet Paulus, den inneren Menschen stark machen.
Jetzt müssen wir klären: Was ist der innere Mensch? Der innere Mensch ist das Gegenteil, das Gegenstück zum äußeren Menschen. Paulus hat das an anderer Stelle sehr schön erklärt, nämlich in 2. Korinther 4,16:
„Darum werden wir nicht müde, sondern wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert. Denn unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit uns, die wir nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare. Denn was sichtbar ist, das ist zeitlich, also vergänglich, was aber unsichtbar ist, das ist ewig, nämlich unvergänglich.“
Jetzt wird deutlich: Der äußere Mensch stirbt vom ersten Tag seines Lebens an. Das Materielle ist vergänglich. Das ist eine Folge des Sündenfalls, über die wir letzten Sonntag gesprochen hatten. Der äußere Mensch verfällt vom ersten Tag an.
Der innere Mensch ist das, was übrig bleibt, wenn alles Äußere vergangen ist. Natürlich ist auch der innere Mensch vom Sündenfall verdorben, aber er ist nicht vergänglich geworden.
Paulus beschreibt den äußeren Menschen fast lyrisch: Er verfällt. Das ist der ganz normale Prozess des Alterns, den jeder an sich selbst wahrnehmen kann. Haare fallen irgendwann aus, das Sprintvermögen lässt nach. Deshalb gibt es verschiedene Altersklassen in der Leichtathletik.
Ich selbst habe eine ganz gute Grundschnelligkeit, aber seit etwa ein bis zwei Jahren habe ich im Sport gegen meinen Sohn keine Chance mehr. Bis dahin ging es noch ganz gut, aber jetzt nicht mehr. Ich muss mich auf längere Strecken verlegen, ab 2000 Meter habe ich wieder eine leichte Chance gegen ihn.
Alles, was mit Sprintvermögen zu tun hat, ist nicht mehr zu holen – trotz aller Grundschnelligkeit. Es ist vorbei. Ich warte nur darauf, wann die Tabea mich auch noch überholt.
So verfällt der äußere Mensch. Man muss bei den Kalorien ganz anders aufpassen als früher – Süßstoff statt Zucker, Margarine statt Butter. Früher war das kein Thema, aber jetzt, mit 45 Jahren, achtet man darauf.
Die Haut verliert an Elastizität, man hat Zipperlein, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Irgendwann braucht man eine Brille, die Anzahl der Medikamente häuft sich, der Medikamentencocktail wird immer bunter, und dann kommen ernste Krankheiten dazu.
Unser äußerer Mensch verfällt, sagt Paulus. Unsere Zivilisation ist bestrebt, diesen Vorgang so weit wie möglich zu verzögern, aufzuhalten und wenigstens für kurze Zeit rückgängig zu machen. Darauf achtet unsere Gesellschaft am meisten.
Das ist übrigens auch eine Ursache dafür, dass unser Rentensystem nicht mehr funktioniert. Die Menschen haben immer mehr Zeit und Jahre, ihre Rente zu kassieren. Sie werden immer gesünder und können ihr Leben länger genießen. Das ist ja auch schön.
Es gibt ein breites Anti-Aging-Programm, das von Schönheitsoperationen und Lifting bis hin zu gesunder Ernährung reicht. Das ist ein breites Spektrum, und es ist Geschmackssache, was man nutzt und was nicht. Prinzipiell ist das ja auch nicht verkehrt.
Die Bibel sagt, der Körper ist der Tempel des Heiligen Geistes, und wir sollen unseren Körper ordentlich behandeln und pflegen. Wir sollen ihn nicht mit Gewalt niederreißen.
Das Problem besteht darin – und hier wird es gefährlich –, dass unsere Gesellschaft die Menschen verleitet zu glauben, man könne diese Gesetzmäßigkeit irgendwie umgehen. Man redet sich ein, man könne das Altern und Sterben ganz rausschieben, so dass es einen überhaupt nicht mehr gedanklich bewegen muss. Man verdrängt es.
Dann wird es gefährlich, wenn die Sorge um den äußeren Menschen wichtiger wird als die Sorge um den inneren Menschen. Der innere Mensch ist das, was bleibt, wenn das Äußere vergangen ist.
Den inneren Menschen nehmen wir gewissermaßen mit in die Ewigkeit. Der äußere kommt sowieso in eine Kiste, wie ein altes Kleid legen wir ihn ab.
Dann werden wir auch wieder einen neuen Körper bekommen, sagt die Bibel. Diese Folge des Sündenfalls, dass wir sterblich sind und krank werden, wird dann beseitigt sein. Wir werden einen neuen Körper bekommen.
Bis dahin ist es Gottes Weg mit seinen Kindern, vor allem unseren inneren Menschen zu prägen, zu stärken und ausreifen zu lassen.
Ich fand das hochinteressant: Ein erfahrener Pastor hat das mal so beobachtet. Er sagt: Je älter die Menschen werden, je mehr der äußere Mensch dahinschwindet, desto deutlicher kommt in der Regel heraus, was den inneren Menschen ausmacht.
Je mehr die Fassade bröckelt, umso klarer kommt zum Vorschein, was dahinter ist. Natürlich können wir niemandem ins Herz schauen, doch da ist etwas dran.
Er schreibt, wir alle kennen ältere Christen, deren körperliche Kraft immer mehr zurückgeht. Trotzdem hat man den Eindruck, sie werden immer standfester und strahlender.
Ihr Gedächtnis lässt langsam nach, ihre Arthritis kann nicht mehr behoben werden, ihr Aktionsradius wird immer kleiner. Manchmal kommen sie gar nicht mehr aus ihrem kleinen Raum oder Apartment heraus.
Und doch wirkt es, als lebten sie schon mit einem Bein im Himmel. Je mehr ihre äußere Stärke abnimmt, desto klarer tritt ihre innere Stärke hervor.
Dann gibt es andere Menschen, die gesundheitlich gar nicht so sehr beeinträchtigt sind, aber je älter sie werden, desto bitterer, kleinlicher, egoistischer und abgeschlossener von anderen werden sie.
Der Pastor vermutet, je mehr die Fassade des äußeren Menschen abfällt, desto deutlicher kommt heraus, was wirklich im Inneren ist.
Darum ist die erste Bitte des Paulus so wichtig: Er sagt, gib ihnen Kraft, dass sie stark werden am inneren Menschen.
Das ist kein Rückzug nach dem Motto: Wenn du alt bist und mit deinem Körper nicht mehr viel anfangen kannst, kümmerst du dich wenigstens noch um dein inneres Leben.
Nein, das ist zukunftsorientiert und innovativ. Ein Aufbruch in die Zukunft, eine Investition in ein Zukunftsprojekt.
Wer wirklich offensiv an sein Leben herangeht, der kümmert sich vor allem um seinen inneren Menschen.
Paulus macht das hier deutlich und betet in Vers 16 dafür, dass es allen Christen so ergeht, wie er es in 2. Korinther 4,16 beschreibt:
„Wir werden nicht müde, sondern wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert.“
Das ist das Gebiet des ersten Gebets in diesen Versen.
Dieses Gebet ist offensichtlich sehr nötig, weil wir auch als Christen in der Gefahr stehen, uns von der Verdrängungskultur unserer Gesellschaft und von der Anti-Aging-Kultur anstecken zu lassen.
Dann wird die Fitnesspflege wichtiger als die geistliche Pflege. Wir kümmern uns mehr darum, ob die Haut noch einigermaßen schrumpelfrei ist, als darum, wie es um unser Gebetsleben steht.
Paulus sagt: Wenn das so ist, brauchen wir das Eingreifen Gottes, die Hilfe aus der Ewigkeit.
Manchmal – ich sage das mit aller Vorsicht – benutzt Gott gerade auch die Schwäche unseres äußeren Menschen, um den inneren Menschen zu stärken.
Ich habe vor kurzem von John Piper gelesen, einem der bekanntesten evangelikalen Pastoren in Amerika. Er hat eine große Gemeinde in Minnesota und viele wichtige Bücher geschrieben.
Ende Dezember hat er auf der Homepage seiner Gemeinde mitgeteilt, dass er an Krebs erkrankt ist. Er geht offensichtlich offen mit der Erkrankung um.
Er schreibt in seinem kurzen Hinweis: „Was ist wirklich gefährlich?“
Dann führt er aus: „Die gefährlichste Sache der Welt ist die Sünde, mit der ich auf mich selbst vertraue, und meine Verhärtung in Weltlichkeit.“
Er fügt hinzu, dass die Nachricht über die Krebserkrankung einen wunderbar pulverisierenden Effekt auf beides hatte. Er dankt Gott dafür.
Diese Tage brachten ihm Zeiten der wunderbaren Gemeinschaft mit Christus.
John Piper hat bestimmt auch Angst, wenn er in die Arztpraxis geht, und er zittert bestimmt vor der Operation, die er vielleicht schon im Februar durchführen lassen musste.
Aber er sagt: Das, was eigentlich gefährlich ist, ist nicht der Krebs, sondern die Tendenz, die wir in uns tragen, mehr auf uns selbst zu setzen als auf Gott, auf unsere eigene Stärke.
Wir klammern uns zu fest an die Dinge dieser Welt und werden dadurch hart im Herzen.
Auf diese viel größeren Gefahren hatte die Diagnose, die ihm sicher auch Angst gemacht hat, einen pulverisierenden Effekt. Sie hat das aufgelöst und angegriffen.
Im Grunde hat Gott diese äußere Schwäche dazu benutzt, um seinen inneren Menschen zu stärken.
Die Familie von John Piper betet sicherlich auch darum, dass er wieder gesund wird, und seine Gemeinde ebenso, die ihn noch braucht.
Doch Piper sagt deutlich: Wichtiger als die Gesundheit des äußeren Menschen ist, dass der innere Mensch in Ordnung kommt.
Der innere Mensch prägt unseren Charakter und uns für die Ewigkeit.
So liegt Paulus auch uns diese erste Bitte füreinander und für uns selbst ans Herz: dass Gott euch gebe, nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit stark zu werden durch seinen Geist an dem inwendigen Menschen.
Aber damit ist diese Bitte noch nicht ganz abgeschlossen. Es ist, als wolle Paulus das noch genauer beschreiben, präzisieren, konkreter füllen.
Wie geht das vor sich? Wie funktioniert das? In welcher Weise werden wir verändert?
Wenn man das missversteht und nur oberflächlich betrachtet, könnte ein Buddhist etwas Ähnliches sagen.
Er könnte sagen: Du musst unabhängig von allen äußeren Dingen werden, keinen Durst mehr nach sinnlichen Genüssen haben, in dir selbst stark werden und auf dich vertrauen.
Der erste Unterschied ist natürlich, dass Paulus sagt: Die Kraft kommt nicht aus dir heraus, sondern von außen, vom Vater, dem lebendigen Gegenüber, dem persönlichen Gott.
Der innere Mensch kann nur von außen gestärkt werden. Das ist der erste Unterschied.
Paulus wird noch deutlicher: Wenn wir Gott um Kraft für den inneren Menschen bitten, dann bitten wir nicht um irgendeine abstrakte Stärkung unseres Ich oder unseres Selbstbewusstseins.
Wir bitten nicht um eine psychologische Stärkung unserer inneren Balance und Ausgeglichenheit.
Paulus merkt, dass er das noch konkretisieren muss. Darum zeigt er, wohin diese Stärkung des inneren Menschen führt. Das ist Vers 17:
Er bittet darum, dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne.
Das ist interessant. Paulus sagt: Wenn ich darum bitte, dass Gott euren inneren Menschen stärkt (Vers 16), dann zielt das darauf (Vers 17), dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohnt.
Ein Bibelleser wird jetzt sagen: Moment mal, Paulus betet doch hier für Christen, und in ihnen wohnt doch der Geist Gottes sowieso; in ihnen ist Christus doch sowieso.
Müssen wir darum überhaupt bitten? Paulus, was bittest du da? Du betest für Christen, dass Christus durch den Glauben in ihren Herzen wohnt. Das tut er doch schon seit der Bekehrung.
Ja, das stimmt, das tut er seit der Bekehrung.
Jesus sagt in Johannes 14,23: „Wer mich liebt, der wird mein Vater lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen.“
In jedem Christen wohnt Jesus Christus. Durch den Glauben an Christus haben wir ihn in unserem Leben. Das ist wahr.
Was meint Paulus dann hier in Vers 17? Worum betet er noch?
Er betet um mehr. Er betet, dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne.
Das griechische Wort für „wohnen“ ist katoikeo. Es ist ein besonderes Verb, ein starkes Verb.
Es bedeutet mehr als nur wohnen. Es bedeutet beständig wohnen, dauerhaft wohnen, gründlich wohnen, besitzergreifend wohnen.
Ich denke, jetzt wird deutlich, was Paulus meint: Er bittet für Menschen, in deren Leben Christus bereits ist, dass er so in ihren Herzen wohnt, dass er immer mehr regiert, reinigt und verändert.
Christus soll seine Herrschaft in unserem Herzen ausbauen.
Darum betet Paulus: „Gib ihnen Kraft, dass sie stark werden am inneren Menschen.“ Und das geschieht dadurch, dass Christus, der seit der Bekehrung in deinem Herzen wohnt, immer vollständiger von deinem Herzen Besitz ergreift.
Er transformiert dein Herz immer umfassender und gestaltet es mehr und mehr nach seinem Willen.
Stellen Sie sich vor, ein junges Ehepaar kauft ein älteres Haus und zieht ein. Sie haben darin Wohnung genommen, aber längst ist nicht alles in Ordnung.
Alte Tapeten an den Wänden im Flur, Müll im Keller, das Dach ist an einigen Stellen undicht, die Beleuchtung im Badezimmer ist dunkel.
Dennoch ist es ihr Haus, und sie wohnen gern darin.
Nach und nach beheben sie die Macken und Mängel. Sie bauen eine neue Küche ein, lassen das Dach reparieren, entsorgen den Müll.
Später, wenn Kinder kommen, bauen sie im Obergeschoss weitere Räume aus.
Nach einigen Jahren ist das Haus kaum wiederzuerkennen.
Von Anfang an gehörte das Haus dem jungen Paar, von Anfang an wohnten sie darin.
Doch jetzt wohnen sie gründlich darin, haben es ganz in Besitz genommen.
Jetzt wohnt es so, dass man das griechische Wort katoikeo verwenden könnte.
Genau das meint Paulus: Er bittet, dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohnt.
Wenn Jesus in unser Leben einzieht, findet er dort viel Müll, Mängel, Defekte und Störungen vor.
Es bedarf großer Kraft, diese Zustände zu ändern.
Darum bittet Paulus um die Kraft aus Gottes Herrlichkeit, dass er euch Stärke am inneren Menschen gibt.
So soll Christus immer mehr in eurem Herzen regieren und euer Haus nach seinem Willen gestalten.
Jesus reinigt unser Herz, repariert unser Leben, erweitert es und baut neue Möglichkeiten ein, die er für richtig hält.
Die entscheidende Wirkung kommt immer von Jesus.
Er wohnt in unseren Herzen, gestaltet, verändert und erneuert unser Leben.
Das ist seine Sache. Unsere Sache ist es, Paulus sagt, durch den Glauben an Jesus zu glauben, ihn zu bitten und an ihn zu hängen.
Zu sagen: Herr, ich bin schon wieder in diese alte Sünde gefallen, vergib mir. Ich brauche dich, ich glaube dir, ich vertraue dir. Verändere mein Leben nach deinem Willen.
Dann gestaltet Jesus unser Lebenshaus immer mehr so, dass es zu ihm passt.
Je länger Jesus in unserem Lebenshaus wohnt, desto mehr spiegelt es sein Wesen wider.
Verstehen Sie: Je länger dieses Paar in dem Haus wohnt, desto mehr reflektiert das Haus den Geschmack, das Wesen und die Art der beiden.
Ihre Farben, ihre geschmacklichen Vorlieben und ihre Vorstellung von Ästhetik spiegeln sich im Haus wider.
So will Jesus, dass unser Lebenshaus sein Wesen widerspiegelt – wie er ist und wie er uns verändert.
Wenn Menschen es schaffen, ihrem Haus ihren Stempel aufzudrücken, dann schafft Jesus das erst recht.
Darum bittet Paulus, dass unser Lebenshaus immer mehr nach Gottes Willen gestaltet wird und immer passender wird als Wohnung für Christus.
Ich habe ein wunderschönes englisches Gedicht aus dem 19. Jahrhundert von Jeanne Sophia Pigott gefunden, das man etwa so ins Deutsche übersetzen kann:
Präg mein Leben heller, reiner, ähnlich deinem,
Dass man sieht, wie die Kraft der Auferstehung
Mich in ihren Strudel zieht,
Füll mein Herz und mach daraus immer sichtbarer dein Haus.
Viele von Ihnen können Englisch, deshalb lese ich das Original noch einmal:
Make my life a bright outshining of thy life,
That all may see thine own resurrection power
Mightily put forth in me.
Ever let my heart become yet more consciously thy home,
Füll mein Herz und mach daraus immer sichtbarer dein Haus.
Das erbittet Paulus für die Christen in Ephesus, und das erbittet er für uns.
Das wollen wir füreinander erbitten, dass der Herr Jesus Christus uns das schenkt.
Dass Gott unseren inneren Menschen stärkt und wir endlich davon wegkommen, so fixiert auf Äußerlichkeiten zu sein.
Wir wollen ordentlich mit unserer Gesundheit und unserem Körper umgehen – das ist auch unser Auftrag.
Aber wir wollen lernen, dass der innere Mensch das ist, was letztlich zählt und die wirkliche Zukunftsinvestition ist.
Gott sagt uns, was er will: Er will diesen inneren Menschen stark machen mit der Kraft aus seiner Herrlichkeit.
Er will das so tun, dass Jesus Christus immer mehr in unseren Herzen wohnt und regiert.
Das ist die erste Bitte.
Die zweite Bitte ist so wichtig, dass ich sie jetzt nicht in aller Kürze anhängen möchte.
Unsere Zeit ist schon weit fortgeschritten.
Wir wollen uns nächsten Sonntag die Zeit nehmen, genau hinzuschauen, was Paulus als Zweites bittet.
Das ist auch wichtig für unser geistliches Wachstum.
Aber lassen Sie uns diese erste Bitte in die neue Woche hineinnehmen, in unsere Gebete – für uns selbst, für unsere Angehörigen, für uns als Gemeinde.
Auch in unserer Gebetsgemeinschaft am Donnerstag, wenn wir uns treffen.
Das ist eines der großen Ziele, für die wir beten: dass der Herr uns als Einzelne und als Gemeinde stark macht am inneren Menschen.
Dass er wirklich dieses Wunder an uns vollbringt.
Gegen alle weltlichen Einflüsse, gegen alle Sünde, die wir noch in unseren Herzen haben, gegen alle Weltlichkeit, die uns noch ganz schön gepackt hat.
Doch dieser heilsame Einfluss aus der Ewigkeit soll sich immer mehr durchsetzen.
Dass wir stark werden am inneren Menschen.
Dass unser Lebenshaus immer mehr widerspiegelt, wer Jesus ist und was er in uns tut.
Wenn wir auf uns selbst schauen, könnten wir manchmal verzweifeln und erschrecken über Rückfälle in unserem Leben, obwohl wir teilweise seit Jahrzehnten Jesus Christus nachfolgen.
Paulus war manchmal auch erschrocken, wenn er das in seinem Leben gesehen hat.
Aber Gott gibt nicht auf.
Er entlässt uns nicht in Mittelmäßigkeit mit dem Motto: Es ist nun mal so, ihr kocht nur mit Wasser als Christen, seht zu, dass ihr nicht negativ auffallt in der Welt, und dann kommt ihr schon in den Himmel.
Nein, er sagt: Ich habe mehr vor mit dir.
Mein Wille für dich und dein Leben ist ein anderer.
Ich will dein Haus gestalten, ich will dein Leben verändern.
Nicht, weil du so großartig, moralisch integer und stark bist, sondern weil du mein Kind bist und ich dein Vater.
Ich werde nicht ruhen, bis ich dein Leben wirklich verändere, nach meinem Willen und Plan.
Lassen Sie uns so den Herrn bitten, dass er uns Kraft gebe, nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit stark zu werden durch seinen Geist an dem inwendigen Menschen.
Dass Christus durch den Glauben in unseren Herzen wohnt.
Das Ergebnis ist, dass wir in der Liebe eingewurzelt und gegründet sind.
Das ist die Folge.
Je mehr Jesus unseren inneren Menschen stärkt, desto besser wird unser „Standing“.
Wenn Jesus unser Leben bestimmt, bekommt es einen ganz anderen Halt.
So sagt es Vers 17: Wir sind eingewurzelt und gegründet.
Das heißt: Die Liebe Jesu ist das Fundament, auf dem unser Leben steht.
Deshalb wackeln wir nicht mehr hin und her.
Nichts kann uns ganz herunterreißen, weil die Liebe Jesu so zuverlässig und stark ist.
Auf diesem Fundament steht unser Leben fest.
Paulus sagt, dass wir gegründet und verwurzelt sind – ein Bild aus dem Pflanzenreich.
Wir sind verwurzelt in der Liebe Jesu.
Er ist die Quelle, aus der wir Nahrung für unser Leben bekommen.
Es ist seine Liebe, aus der wir leben.
Es ist das Fundament seiner Liebe, auf dem wir stehen dürfen.
So will er unser ganzes Leben immer mehr ausrichten und stark machen – nach seinem Willen und zu seiner Ehre.
Lasst uns darum den Herrn von ganzem Herzen bitten.
Er wird unsere Bitten erhören, weil er es versprochen hat.
Amen.
Wir wollen jetzt das Lied 45 singen, das eigentlich...
Die konkrete Wirkung der Kraft für den inneren Menschen
Aber damit ist diese Bitte noch nicht ganz abgeschlossen. Es ist also, als ob Paulus das noch genauer beschreiben, präzisieren und konkreter füllen will, was da eigentlich mit uns geschieht, wenn der innere Mensch gestärkt wird. Wie geht das vor sich? Wie funktioniert das? In welcher Weise werden wir da verändert?
Schauen Sie: Wenn man das missversteht und nur oberflächlich betrachtet, dann könnte das auf den ersten Blick ein Buddhist ganz ähnlich sagen. Der könnte sagen: Du musst unabhängig von allen äußeren Dingen werden, keinen Durst mehr nach sinnlichen Genüssen haben, du musst in dir selbst stark werden und auf dich vertrauen. So würde es ein guter Buddhist sagen.
Nun, der erste Unterschied ist natürlich schon, dass Paulus sagt: Die Kraft kommt nicht aus dir heraus, sondern sie kommt von außen. Sie kommt von dem Vater, von dem lebendigen Gegenüber, dem persönlichen Gott. Der innere Mensch kann nur von außen gestärkt werden – das wäre schon mal der erste Unterschied.
Aber dann wird Paulus noch deutlicher. Wenn wir Gott um Kraft für den inneren Menschen bitten, dann bitten wir ja nicht um irgendeine abstrakte Stärkung unseres Ichs, unseres Selbstbewusstseins. Dann bitten wir auch nicht um eine psychologische Stärkung unserer inneren Balance und Ausgeglichenheit.
Paulus merkt, dass er das noch konkretisieren muss. Darum zeigt er, wohin diese Stärkung des inneren Menschen führt. Das ist Vers 17: Er bittet nämlich darum, dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne.
Das ist ganz interessant. Paulus sagt: Leute, wenn ich darum bitte, dass Gott euren inneren Menschen stärkt (Vers 16), dann zielt das darauf, dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohnt (Vers 17).
Und ein Bibelleser wird jetzt gleich sagen: Moment mal, Paulus betet doch hier für Christen, und in denen wohnt doch der Geist Gottes sowieso, und in denen ist Christus doch sowieso. Müssen wir darum überhaupt bitten? Paulus, was bittest du da? Du bittest für Christen, dass Christus durch den Glauben in ihren Herzen wohnt? Das tut er doch schon seit der Bekehrung.
Ja, und das stimmt, das tut er seit der Bekehrung. Jesus sagt in Johannes 14,23: Wer mich liebt, den wird mein Vater lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen. In jedem Christen wohnt Jesus Christus. Durch den Glauben an Christus haben wir ihn in unserem Leben. Das ist wahr.
Was meint Paulus dann hier in Vers 17? Worum betet er noch? Das ist interessant. Er betet hier noch um mehr. Er betet, dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne, und das griechische Wort, das hier für „wohnen“ steht – katoikeo – ist ein ganz besonderes Verb, ein starkes Verb. Es bedeutet nämlich mehr als einfach nur wohnen. Es bedeutet beständig wohnen, dauerhaft wohnen, gründlich wohnen, besitzergreifend wohnen.
Das heißt eigentlich katoikeo. Und ich denke, jetzt wird deutlich, was Paulus hier meint: Er bittet für Menschen, in deren Leben Christus bereits ist, dass er so in ihren Herzen wohnt, dass er es immer mehr regiert, reinigt und verändert. Dass Christus seine Herrschaft in unserem Herzen ausbaut.
Darum betet Paulus. Darum bitte ich, sagt Paulus, dass du stark wirst am inneren Menschen. Und das geschieht dadurch, dass Christus, der seit deiner Bekehrung in deinem Herzen wohnt, immer vollständiger von deinem Herzen Besitz ergreift. Dass er dein Herz immer umfassender transformiert und es immer mehr nach seinem Willen gestaltet.
Darum bitte Paulus.
Stellen Sie sich vor, ein junges Ehepaar kauft sich ein älteres Haus und zieht gleich ein. Es hat Wohnung darin genommen. Und dennoch ist längst nicht alles in diesem Haus, wie es sein sollte: Alte Tapeten an den Wänden im Flur, Müll im Keller, das Dach ist an bestimmten Stellen undicht, die Beleuchtung im Badezimmer ist dunkel.
Und dennoch ist es ihr Haus. Sie wohnen gern darin. Nach und nach machen sie sich daran, die Macken und Mängel dieses Hauses zu beheben. Sie bauen eine neue Küche ein, irgendwann, wenn das Geld da ist. Sie lassen das Dach reparieren, entsorgen den Müll. Später, wenn Kinder kommen, bauen sie vielleicht im Obergeschoss noch weitere Räume aus.
Nach einigen Jahren ist es immer noch dasselbe Haus, aber es ist kaum wiederzuerkennen, so sehr hat es sich verändert. Von Anfang an hatte das junge Paar das Haus gehört, von Anfang an hatten sie darin gewohnt. Aber jetzt wohnen sie gründlich darin. Jetzt haben sie es ganz in Besitz genommen. Jetzt wohnen sie immer vollständiger darin. Jetzt wohnen sie so darin, dass man dieses griechische Wort dafür verwenden könnte.
Und schauen Sie: Genau das meint Paulus hier, wenn er für uns bittet, dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohnt. So, mit seiner verändernden Kraft.
Ja, wenn Jesus in unser Leben einzieht, dann findet er dort auch viel Müll, Mängel, Defekte und Störungen vor. Und es bedarf einer großen Kraftwirkung, um diese Zustände zu ändern.
Darum bittet Paulus um die Kraft aus Gottes Herrlichkeit, dass er euch Stärke am inneren Menschen gibt. Und zwar so, dass Christus immer mehr in eurem Herzen regiert und euer Haus nach seinem Willen gestaltet.
Und das macht Jesus bei seinen Leuten: Er reinigt unser Herz, er repariert unser Leben, er erweitert es, er baut neue Möglichkeiten ein, die er für richtig hält.
Und die entscheidende Wirkung kommt immer von Jesus. Das heißt, dass er in unseren Herzen wohnt, gestaltend, verändernd und erneuernd in unserem Leben.
Das ist seine Sache, er tut das. Unsere Sache ist es, sagt Paulus, durch den Glauben. An Jesus zu glauben, ihn zu bitten, an ihn uns zu hängen und zu sagen: Herr, da bin ich schon wieder in diese alte Sünde reingefallen, vergib es mir, ich brauche dich, ich glaube dir, ich vertraue dir, verändere du mein Leben nach deinem Willen.
Und wissen Sie, was dann passiert? Dann gestaltet Jesus unser Lebenshaus immer mehr so, dass es zu ihm passt.
Je länger Jesus in unserem Lebenshaus wohnt, umso mehr spiegelt es sein Wesen wider. Verstehen Sie: Je länger dieses Paar da drin wohnt, umso mehr reflektiert das Haus den Geschmack, das Wesen, die Art dieser beiden Leute, ihre Farben, ihre geschmacklichen Vorlieben, ihre Vorstellung von Ästhetik. Das alles reflektiert dieses Haus.
Und so will Jesus, dass unser Lebenshaus sein Wesen reflektiert – sein Wesen, wie er ist, wie er uns verändert.
Und wenn Menschen es schon schaffen, in einem Haus ihren Stempel aufzudrücken, dann schafft Jesus das erst recht.
Darum bittet Paulus, dass unser Lebenshaus immer mehr nach Gottes Willen gestaltet wird und immer passender wird als Wohnung für Christus.
Ein poetischer Ausdruck der Bitte um innere Veränderung
Ich habe ein wunderschönes englisches Gedicht aus dem neunzehnten Jahrhundert gefunden, von Jeanne Sophia Pigott. Sie hat es so gedichtet, und man kann es etwa ins Deutsche so übersetzen:
Präg mein Leben heller, reiner, ähnlich deinem,
dass man sieht, wie die Kraft der Auferstehung
mich in ihren Strudel zieht,
füll mein Herz und mach daraus immer sichtbarer dein Haus.
Viele von Ihnen können ja Englisch, deswegen lese ich nochmal das Original:
Make my life a bright outshining of thy life,
that all may see thine own resurrection power
mightily put forth in me.
Ever let my heart become yet more consciously thy home,
füll mein Herz und mach daraus immer sichtbarer dein Haus.
Das erbittet Paulus für die Christen in Ephesus, und das erbittet er für uns. Das wollen wir füreinander erbitten, dass der Herr Jesus Christus uns das wirklich schenkt. Dass Gott unseren inneren Menschen stärkt, damit wir endlich davon wegkommen, so fixiert zu sein auf die Äußerlichkeiten.
Wir wollen ordentlich mit unserer Gesundheit und mit unserem Körper umgehen. Das ist auch unser Auftrag. Aber wir wollen lernen, dass der innere Mensch das ist, was letztlich zählt und dass das die wirkliche Zukunftsinvestition ist – die Investition in den inneren Menschen.
Gott sagt uns genau, was er will: Er will diesen inneren Menschen stark machen mit der Kraft aus seiner Herrlichkeit. Er will das so tun, dass Jesus Christus immer mehr in unseren Herzen wohnt und regiert. Das ist die erste Bitte.
Ausblick auf die zweite Bitte und Ermutigung zum Gebet
Die zweite Bitte ist so wichtig, dass ich sie jetzt nicht in aller Kürze noch anhängen möchte, zumal unsere Zeit schon weit fortgeschritten ist. Stattdessen wollen wir uns nächsten Sonntag die Zeit nehmen, genau hinzuschauen, was Paulus als zweite Bitte formuliert. Diese Bitte ist ebenfalls wichtig für unser geistliches Wachstum.
Lassen wir diese Bitte doch wirklich mit in die neue Woche hineinnehmen – in unsere Gebete für uns selbst, für unsere Angehörigen und für uns als Gemeinde. Auch in unserer Gebetsgemeinschaft am Donnerstag, wenn wir uns treffen, sollte dies eines der großen Ziele sein, für die wir beten: dass der Herr uns als Einzelne und als Gemeinde stark macht am inneren Menschen.
Er soll wirklich dieses Wunder an uns vollbringen, das gegen alle weltlichen Einflüsse und gegen alle Sünde wirkt, die wir ja auch noch in unseren Herzen haben. Gegen all die Weltlichkeit, die uns noch ganz schön gepackt hat, soll dieser heilsame Einfluss aus der Ewigkeit sich immer mehr bei uns durchsetzen. So werden wir stark am inneren Menschen, und unser Lebenshaus spiegelt immer mehr wider, wer Jesus ist und was er in uns tut.
Wenn wir auf uns selbst schauen, könnten wir manchmal wirklich verzweifeln und erschrecken über Rückfälle in unserem Leben – obwohl wir teilweise seit Jahrzehnten Jesus Christus nachfolgen. Paulus war auch manchmal erschrocken, wenn er so etwas in seinem Leben sah. Aber Gott gibt nicht auf. Er entlässt uns nicht in Mittelmäßigkeit und sagt: „Es ist nun mal so, ihr kocht auch nur mit Wasser als Christen. Seht eben zu, dass ihr nicht negativ auffallt in der Welt, dann kommt ihr schon im Himmel an.“
Nein, Gott sagt: „Ich habe mehr vor mit dir. Mein Wille für dich und dein Leben ist ein anderer. Ich will dein Haus gestalten. Ich will dein Leben verändern.“ Nicht weil du so großartig, moralisch integer oder stark bist, sondern weil du mein Kind bist und ich dein Vater. Und als dein Vater werde ich nicht eher ruhen, bis ich dein Leben wirklich verändere – nach meinem Willen und nach meinem Plan.
So wollen wir den Herrn bitten, dass er uns Kraft gebe, nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit stark zu werden durch seinen Geist am inneren Menschen. Dass Christus durch den Glauben in unseren Herzen wohne. Das Ergebnis ist dann, dass wir in der Liebe eingewurzelt und gegründet sind.
Das ist die Folge davon: Je mehr Jesus unseren inneren Menschen stärkt, umso besser wird unser „Standing“. Wenn Jesus nämlich unser Leben bestimmt, dann bekommt es einen ganz anderen Halt. Wie es in Vers 17 heißt: Wir sind eingewurzelt und gegründet. Das bedeutet, die Liebe Jesu ist das Fundament, auf dem unser Leben steht.
Deshalb wackeln wir nicht mehr hin und her. Nichts kann uns mehr völlig herunterreißen, weil die Liebe Jesu so zuverlässig und stark ist, dass unser Leben auf diesem Fundament feststeht. Paulus beschreibt, dass wir gegründet und verwurzelt sind – ein Bild aus dem Pflanzenreich. Wir sind verwurzelt in der Liebe Jesu. Er ist die Quelle, aus der wir die Nahrung für unser Leben erhalten.
Es ist seine Liebe, aus der wir leben. Es ist das Fundament seiner Liebe, auf dem wir stehen dürfen. So will er unser ganzes Leben immer mehr ausrichten und stark machen – nach seinem Willen und zu seiner Ehre.
Lasst uns darum den Herrn von ganzem Herzen bitten. Er wird unsere Bitten erhören, weil er es versprochen hat. Amen.
Wir wollen jetzt das Lied 45 singen, das eigentlich...
