Einführung: Die Bedeutung des mosaischen Gesetzes im Christentum
Welche Rolle spielt das mosaische Gesetz für einen Christen? Fünf Dinge, die du dazu wissen musst. Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt, Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute beschäftigen wir uns mit der Frage, wie Jesus das mosaische Gesetz erfüllt hat.
Das mosaische Gesetz wurde zum Bund mit Abraham hinzugefügt, bis der Messias kam. Mit dem Kommen des Messias verliert die pädagogische, auf Jesus hinführende Funktion des Gesetzes ihre Bedeutung. Das ist logisch, denn wenn er da ist, ist alles erreicht.
Bevor wir das Thema verlassen, müssen wir einen letzten Blick auf einen Text werfen, der aus dem Mund Jesu stammt: Matthäus 5,17.
Jesus und das Gesetz: Auflösen oder Erfüllen?
Meint nicht, sagt Jesus, meint nicht, dass ich gekommen sei, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen. Ich bin nicht gekommen, aufzulösen, sondern zu erfüllen.
Was meint Jesus damit, dass er das Gesetz erfüllt? Soweit ich sehe, kann man die Frage auf wenigstens zwei Weisen beantworten.
Die Begriffe „auflösen“ und „erfüllen“ können eine technische Bedeutung haben. In der Auseinandersetzung zwischen Rabbis stehen sie dafür, dass man ein Gebot entweder falsch auslegt – es also auflöst – oder richtig auslegt, es erfüllt. Und genau das tut Jesus. Er nimmt die gängige Auslegung seiner Zeit und, weit davon entfernt, ein Gesetz aufzulösen, widerspricht er lediglich der rabbinischen Auslegung. Er wendet die Gebote richtig an und legt sie in dem Sinn aus, wie sie ursprünglich gedacht waren.
Mir scheint jedoch, dass Jesus das Gesetz nicht nur richtig auslegt – das tut er natürlich auch –, sondern dass er es tatsächlich erfüllt im Sinne von Vollmacht. Ich versuche, das mal so zu erklären.
Die zentrale Frage des Gesetzes und die Kategorien der Gebote
Wenn man das mosaische Gesetz aus der Vogelperspektive betrachtet, dreht sich alles um die Frage, wie ich richtig mit Gott lebe. Was erwartet Gott von mir, seinem Geschöpf, in Bezug auf Anbetung und Leben?
Meines Erachtens ist das die zentrale Frage hinter dem Gesetz. Es geht um mich beziehungsweise um das Volk Gottes und seine Beziehung zu Gott.
Wenn ich mir die Gebote genauer anschaue, kann ich sie grob in zwei Kategorien einteilen. Zum einen gibt es die moralischen Gebote: Du sollst nicht lügen, du sollst dich nicht rächen, du sollst nicht morden und so weiter.
Zum anderen gibt es die kultischen Gebote: Du sollst das Passafest feiern, bei Aussatz bist du unrein und darfst nicht am Gottesdienst teilnehmen, du sollst keine Muscheln essen, den Sabbat einhalten und ähnliche Vorschriften.
Die Erfüllung der moralischen Gebote durch Jesus
Wenn Jesus sagt, dass er die Gebote erfüllt, habe ich den Eindruck, dass er die beiden Kategorien von Geboten auf unterschiedliche Weise erfüllt.
Beginnen wir mit den moralischen Geboten. Jesus macht die moralischen Gebote vollständig, indem er das Liebesgebot besonders hervorhebt und predigt. Dieses Gebot lebt er dann durch seinen Tod am Kreuz auch vor. Paulus formuliert das in Galater 5,14: „Denn das ganze Gesetz ist in einem Wort erfüllt, in dem: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“
Dieses Gebot „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ aus 3. Mose 19,18 hatte für die Juden ursprünglich keine große Bedeutung. Jesus stellt es jedoch ins Zentrum. Mit der Erhöhung des Liebesgebotes bringt er das moralische Gesetz zum Abschluss.
Wer verstanden hat, dass es um Liebe geht, erfüllt das Gesetz, indem er Liebe lebt. Anders ausgedrückt: Die vielen moralischen Gebote des Alten Testaments sind jeweils Illustrationen für ein und dasselbe Prinzip – für die Liebe. Ein liebevoller Gott offenbart im Gesetz seine Liebe zu den Menschen, damit wir ein Gespür für die Wichtigkeit von Liebe erhalten.
Indem Jesus in seiner Predigt auf die Bedeutung des Liebesgebotes hinweist, es ins Zentrum seiner Ethik stellt und vorlebt, was er predigt, werden die moralischen Gesetze erfüllt, vollendet. Jetzt kommt nichts mehr hinzu, mehr geht nicht.
Wenn wir als Jünger Jesu eine Ethik der Liebe leben, erfüllen wir, wie Jakobus sagt, das königliche Gesetz.
Die Erfüllung der kultischen Gebote durch Jesus
Ich hatte gesagt, Jesus erfüllt die beiden Kategorien von Geboten – moralische und kultische Gebote – auf unterschiedliche Weise. Neben den moralischen Geboten gibt es Gebote, die sich rund um das Thema Gottesdienst drehen. Diese nenne ich kultische Gebote.
Die Frage ist: Wie erfüllt der Herr Jesus diese Gebote? Die Antwort lautet: Durch sein Auftreten. Das klingt vielleicht ungewöhnlich, doch Paulus formuliert es in Kolosser 2,16-17 so: „So richte euch nun niemand wegen Speise oder Trank oder betreffs eines Festes oder Neumondes oder Sabbats. Diese sind ein Schatten der künftigen Dinge; der Körper selbst aber ist des Christus.“
Wir sollen uns von niemandem richten lassen – also nicht verurteilen – für unsere Haltung. In diesem Fall geht es um die jüdischen Speisegebote, jüdische Feste und den Sabbat. Als Christen halten wir diese Vorschriften nicht ein. Wir sollen uns deshalb nicht verurteilen lassen, weil wir essen, was wir wollen, jüdische Feste nicht feiern und den Sabbat nicht halten.
Die Begründung lautet: Diese Dinge sind ein Schatten der künftigen Dinge. Sie weisen auf das hin, was kommt, sind aber nicht die eigentliche Sache. Die eigentliche Sache, der Körper, der den Schatten wirft, gehört dem Christus.
Die Bedeutung der kultischen Gebote als Hinweise auf Christus
Die Speisegebote und alle Gebote, die eine Unterscheidung zwischen rein und unrein vornehmen, weisen auf den hin, der letztlich alles Trennende überwinden wird. Er wird aus allen Menschen, die glauben, eine reine geistliche Gemeinschaft schaffen.
Die jüdischen Feste sind auf unterschiedliche Weise irdische Abbilder himmlischer Realitäten, die sich in Jesus erfüllen. Zum Beispiel wird am Passah ein Lamm geschlachtet. Paulus kann deshalb sagen: „Denn auch unser Passahlamm, Christus, ist geschlachtet.“ Das Passahlamm ist ein Schatten und ein Hinweis auf das Sterben Jesu am Kreuz.
Was für das Passafest gilt, gilt ebenso für alle anderen Feste und Opfer.
Auch der Sabbat hat eine besondere Bedeutung. Er steht für Ruhe und erinnert einmal in der Woche daran, dass wir zu Gottes ewiger Ruhe berufen sind. Diese Ruhe finden wir in dem Moment, in dem wir uns bekehren und vom Jagen nach Sinn und Erlösung ablassen. Dann kommen wir bei dem Herrn Jesus endgültig zur Ruhe.
Zusammenfassung: Die Erfüllung des Gesetzes durch Jesus
Die Eingangsfrage lautete, was der Herr Jesus meint, wenn er sagt, dass er das mosaische Gesetz erfüllt hat.
Im Hinblick auf die moralischen Gebote bedeutet dies, dass er ihren Kern herausstellt: das Liebesgebot. Er macht die Liebe zum Zentrum einer christlichen Liebesethik, die zwar nicht völlig neu ist, aber durch sein eigenes Vorbild unglaublich herausfordernd wird.
Bezüglich der kultischen Gebote ist Jesus die Erfüllung, weil diese Gebote auf eine größere Realität hinweisen. Diese größere Realität erfüllt sich mit dem Kommen und im Leben Jesu.
Abschließend lässt sich sagen, dass Jesus sowohl die moralischen als auch die kultischen Gebote des mosaischen Gesetzes erfüllt hat.
Abschließendes Fazit: Die Bedeutung des Gesetzes für Christen heute
Welche Bedeutung hat das mosaische Gesetz für einen Christen?
Erstens illustriert es für uns, was Gott unter Liebe versteht und dass Liebe das Wichtigste ist. Dabei sollen wir uns an der Liebe orientieren, die Jesus vorgelebt hat. Wir sollen lieben, wie er uns geliebt hat.
Zweitens dürfen die nichtethischen Gebote für uns als Christen getrost in den Hintergrund treten. Sie weisen auf Jesus hin und offenbaren den Messias als die Erfüllung aller Gebote. Diese Gebote bringen uns in Gottes Gegenwart oder lassen uns vor Gott bestehen.
Als Christ habe ich den Messias bereits erkannt. Ich bin durch ihn rein geworden, in seine Ruhe eingegangen und durch sein Opfer gerettet. Ich bin am Ziel und dort, wo das Gesetz als Paida Gogos mich hinführen wollte.
Daher hat das Gesetz mir im Blick auf dieses Ziel, nämlich wie ich den Messias finde, nichts mehr zu sagen.
Einladung zur Reflexion und Abschluss
Was könntest du jetzt tun? Du könntest darüber nachdenken, bei welchen Geboten des Alten Testaments du nicht glauben kannst, dass sie ein Ausdruck von Liebe sind.
Wo würdest du meiner Auslegung gern widersprechen?
Das war's für heute.
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Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.