Ja, heute Abend mache ich also keine Buchvorstellung, sondern gehe sofort zum Thema über. Wir haben uns vorgenommen, uns heute Psalm 96 anzusehen.
Ich habe diesen Psalm überschrieben mit „Sieben Imperative für Gottes Volk“ – Imperativbefehle oder Aufforderungen, die alles umfassen, was zum Gottesdienst gehört.
Zunächst möchte ich den Psalm einmal vorlesen: Psalm 96.
Einführung und Psalmtext als Grundlage
Singt dem Herrn ein neues Lied! Singt dem Herrn, alle Erde! Singt dem Herrn, preist seinen Namen! Verkündet von Tag zu Tag sein Heil! Erzählt unter den Nationen von seiner Herrlichkeit, unter allen Völkern von seinen Wundertaten.
Denn groß ist der Herr und sehr zu loben, furchtbar ist er über allen Göttern. Denn alle Götter der Völker sind Götzen, der Herr aber hat den Himmel gemacht. Majestät und Pracht sind vor seinem Angesicht, Stärke und Herrlichkeit in seinem Heiligtum.
Gebt dem Herrn, ihr Völkerstämme, gebt dem Herrn Ehre und Macht! Gebt dem Herrn die Ehre seines Namens, bringt Opfer und kommt in seine Vorhöfe! Betet an den Herrn in heiliger Pracht, erzittert vor ihm, ganze Erde!
Sagt unter den Nationen: Der Herr ist König! Ja, fest steht die Welt, sie wird nicht wanken. Er wird die Völker richten in Geradheit.
Es freue sich der Himmel, und es jauchze die Erde! Es brause das Meer und seine Fülle! Es verlockt das Feld und alles, was darauf ist! Auch alle Bäume im Wald sollen jubeln vor dem Herrn.
Denn er kommt, denn er kommt, die Erde zu richten. Er wird die Welt richten in Gerechtigkeit und die Völker in seiner Wahrheit.
Historischer Hintergrund und Bedeutung des Psalms
Vielleicht habt ihr bemerkt, dass über diesem Psalm keine Bemerkung steht, wer ihn gedichtet hat. Er ist also namenlos. Manche nehmen dennoch an, dass es David gewesen sein könnte.
Dieser Psalm gehört zum vierten Buch der fünf Psalmbücher. Damit gehört er zum Psalmbuch der Hymnen. Er wird fast wortwörtlich in 1. Chronik 16,8-36 noch einmal wiederholt. Dort wird dazu die Bemerkung gemacht: "Damals, an jenem Tag, trug David zum ersten Mal Asaf und seinen Brüdern auf, den Herrn zu preisen."
Das war der Tag, an dem David die Bundeslade nach Jerusalem brachte. Diese Bundeslade war vorher durch die Philister erobert worden – zur Zeit vor Saul. Nachdem die Philister die Bundeslade wieder zurückgegeben hatten, weil Gott selbst dort Gericht geübt hatte, stand die Bundeslade in einem Haus von Obed-Edom. Dort wurde Gottesdienst gehalten.
Diese Zeit war ungewöhnlich. Man versteht kaum, dass Gott das so gelassen hat und nicht eingegriffen hat. Wir müssen uns vorstellen, dass das Zelt der Bundeslade zu diesem Zeitpunkt noch in Gilead stand, während die Bundeslade selbst in diesem Privathaus von Obed-Edom war.
Eine der ersten Handlungen, die David nach seiner Königswahl tut, ist, die Bundeslade – den Thron Gottes – nach Jerusalem zu holen. Dort richtet er ein Extrazelt dafür ein. Das alles war in diesen Jahren ein Provisorium, das Gott so nicht angeordnet hatte.
Man kann sich vorstellen, dass die Israeliten die Vorschriften, die Gott im dritten Buch Mose und im zweiten Buch Mose gegeben hatte, nicht richtig einhielten. Ich kann mir zum Beispiel nicht vorstellen, wie sie den großen Versöhnungstag gefeiert haben. An diesem Tag sollte das ganze Volk vor die Stiftshütte treten, im Bewusstsein ihrer Sünde.
Zwei Ziegenböcke sollten geschlachtet werden: Der erste sollte nicht geschlachtet werden, auf ihn sollten alle Sünden des Volkes übertragen werden. Dieser Ziegenbock wurde dann in die Wüste geschickt. Der zweite Ziegenbock sollte geschlachtet werden, und der Hohepriester sollte sein Blut in das Allerheiligste bringen – in die Gegenwart Gottes, vor die Bundeslade.
Ich frage mich, wie sie das gemacht haben. Offensichtlich haben sie diese Feste nicht mehr so gefeiert, wie Gott es vorgeschrieben hatte, wenn die eigentliche Stiftshütte woanders war als die Bundeslade.
David holt die Bundeslade nach Jerusalem, doch dabei geschieht etwas Grausames. Er wollte es einfach machen und stellte die Bundeslade auf einen Wagen, den Ochsen zogen. Dann geschah das Unglück: Es sah so aus, als wäre die Bundeslade vom Wagen gerutscht. Uzza griff zu, um sie festzuhalten, und indem er die Bundeslade anfasste, starb er.
David bekam einen fürchterlichen Schrecken. Er ließ die Angelegenheit sofort stoppen und stellte die Bundeslade zunächst wieder ab. Offensichtlich schaute er dann nach, was Gott dazu gesagt hatte. Man durfte die Bundeslade nicht auf einem Wagen transportieren, sondern sie sollte getragen werden.
Die ganzen Jahre war alles provisorisch gewesen, und man hatte sich nicht nach Gottes Vorschriften gerichtet. Aber in dem Moment, in dem David den Wunsch hatte, dass alles wieder in Ordnung kommt, achtet Gott ganz genau darauf, dass alles wirklich genau gemacht wird.
Ich weiß nicht, in welcher Zeit wir heute leben. Oft habe ich den Eindruck, dass in Gottes Volk vieles durcheinandergeht und nicht so läuft, wie Gott es sich vorgenommen hat. Woher kommt das?
Damals war es so, weil man nicht im Wort Gottes, im Gesetz, nachgeschaut hatte. Gott hatte ausdrücklich gesagt, dass jeder König ein Exemplar der Bibel neben seinem Thron haben sollte. Er sollte die Bibel immer wieder studieren.
Offensichtlich begann David damit. Bei ihm merkt man, dass er mehr und mehr versteht, was Gott gewollt hat. In ihm wächst der Wunsch, Gott ein Haus zu bauen. Er hatte sich selbst einen Palast gebaut und sagt sich: Es geht nicht an, dass Gott in Zelten wohnt und ich in einem Palast.
Doch dann lässt Gott den Propheten Nathan zu ihm kommen. Nathan sagt: "Nein, du sollst mir kein Haus bauen. Du hast Kriege geführt und Blut an deinen Händen. Dein Sohn Salomo soll mir das Haus bauen."
Wie ich bereits in den vergangenen Stunden sagte, hat David alles dafür vorbereitet und auch eine Gottesdienstordnung angelegt. Mir scheint, dass auch dieser Psalm dazu gehört.
Die sieben Aufforderungen im Psalm 96 als Gottesdienstordnung
In diesem Psalm werden insgesamt sieben Aufforderungen zum Gottesdienst genannt. Damit wird deutlich gemacht, was die Aufgabe und das Ziel des alttestamentlichen Volkes Gottes, also Israels, ist.
Vielleicht könnt ihr, wenn ihr einen Stift zur Hand nehmt, die einzelnen Punkte in Vers 1 unterstreichen. Das bedeutet, dass es vorher so nicht gegeben hatte, dass bei der Stiftshütte gesungen wurde. Während der Wüstenwanderung hören wir nur davon, dass sie, als sie durch das Rote Meer gezogen waren, anschließend ein Danklied gesungen hatten. Ansonsten stand im Gesetz nichts über das Singen während der Gottesdienste.
In Vers 2 wird gesagt: Preist den Herrn. Weiter in Vers 2 wird verkündigt, Vers 3 erzählt, Vers 7 bringt dar, Vers 9 betet an. Vers 10 fordert das Volk auf, unter den Heiden zu sprechen.
Ich denke, im Grunde ist das genau dasselbe auch für uns. Auch das neutestamentliche Volk Gottes könnte man genau so aufführen und praktisch auf uns anwenden. Also auch singt, preist, verkündigt, erzählt, bringt dar, betet an, sagt unter den Heiden.
Ich glaube, dass das die Aufgaben auch der neutestamentlichen Gemeinde sind. Wir schauen uns diese einzelnen Aufforderungen nun einmal genauer an.
Die Bedeutung des Singens im Gottesdienst
Vers 1: Singt, singt dem Herrn ein neues Lied! Singt dem Herrn, ganze Erde, singt dem Herrn!
Ich glaube, das drückt es gut aus: Durch Lieder kann man wirklich Gott loben. Sicherlich kennen wir auch die Aufforderung in der Bibel: Singt und spielt dem Herrn in euren Herzen. Das wird auch in der Zukunft so sein – nicht nur in der Gemeinde hier auf Erden, sondern auch später im Himmel.
Wir werden dort im Himmel alte und neue Lieder singen. In der Offenbarung wird gesagt, dass wir dort das Lied Moses singen, eines der ältesten Lieder überhaupt. Das könnte Psalm 90 sein, der von Mose stammt. Vielleicht hat er aber auch noch andere Lieder gedichtet. Dieses Lied wird also gesungen, und dann heißt es, dass wir ein neues Lied singen werden.
Ich bin gespannt – sowohl auf den Text als auch auf die Melodie. Ebenso interessiert mich, wie wir das singen werden, wie wir es einüben oder ob wir es sofort können, wenn wir das Lied erhalten.
Das bedeutet: Gott hat uns die Aufgabe gegeben, zur Ehre Gottes zu singen. Singt dem Herrn! Darum geht es beim Singen: Es geht nicht darum, dass es für uns ist, sondern für den Herrn. Das sollte uns immer bewusst sein, wenn wir Lieder singen. Wir singen zu seiner Ehre.
Ich glaube, dann singt man anders, als wenn man nur aus Eile oder Freude singt oder weil man einfach den Klang schön findet. Singt und spielt dem Herrn in euren Herzen!
Dieser Vers zeigt mir auch sehr deutlich, dass auch diejenigen singen können, die eigentlich nicht singen können. Wenn wir in unseren Herzen singen, kommt es nicht immer auf die Töne an.
Manchmal ist das so, wenn wir zum Beispiel mit unseren Gefährdeten nach Ungarn fahren, in Gefängnisse. Dort üben wir vorher ungarische Lieder. Die Männer unserer Gefährdetenhilfe können in der Regel nicht singen. Wir sind froh, wenn sie ihren Ton halten. Was sie singen, ist meistens mehr Sprechgesang. Dann muss man ihnen schon mal sagen: ein bisschen leiser!
Aber wenn sie gerade zum Glauben gekommen sind, schmettern sie los, weil sie einfach Freude haben. Dann muss man vielleicht die Instrumente etwas lauter machen, damit das nicht ganz so auffällt.
Ich glaube, das ist eine Sache, und ich bin gespannt auf den Gesang im Himmel. Ich kann mir vorstellen, dass das uns allen Freude macht – selbst denen, die hier unmusikalisch sind.
Singt dem Herrn! Das ist eine Aufgabe für uns als Gemeinde, damals auch für Israel.
Die Aufforderung zum Preis Gottes
Und dann heißt es: „Preist, singt dem Herrn, preist seinen Namen.“
Dieses Wort „preisen“ wird heute eigentlich kaum noch verwendet, außer vielleicht in der Werbung. Dort preist man etwas an, spricht also von „preisen“. Ansonsten hört man das Wort kaum noch. Es bedeutet, etwas hervorzuheben, etwas als sehr gut darzustellen, zu proklamieren.
Das kann man sowohl im Lied tun, wie es hier heißt: „Singt dem Herrn, preist seinen Namen.“ Man kann es aber auch im Gebet tun, Gott die Ehre geben, ihn preisen, ihn anzupreisen und begeistert von ihm sein.
Ich denke, Jesus macht das deutlich, zum Beispiel im Vaterunser. Das Erste, was in diesem Gebet vorkommt, ist, dass Gott gepriesen wird.
Herr Jesus macht es selbst klar in seinem letzten Gebet, in Johannes 17, in der letzten Nacht vor seinem Sterben. Er verherrlicht den Vater, macht ihn groß. Das Wort „verherrlichen“ verwenden wir heute kaum noch. Es bedeutet so viel wie Gott groß machen, ihn hervorheben.
Und es wird hier immer wieder gesagt: „Singt dem Herrn!“ Ich glaube, der Name Gottes ist auch etwas ganz Besonderes, über das wir immer wieder nachdenken sollten.
Gottes Name offenbart sich in 2. Mose 3 dem Mose mit den Worten: „Ich bin, der ich bin.“ Das bedeutet so viel wie: Ich bin der Ewigseiende, der immer war und immer sein wird.
Manche haben das so ausgedrückt: Bei Gott gibt es kein Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Dieses „Ich bin“ ist eine Dauerform. Die Engländer kennen das als „Present Continuous“ oder Verlaufsform. Also „Ich bin“ bedeutet: Ich war immer, ich bin und ich werde sein.
Das ist also nicht nur Gegenwart. Mein Vater erklärte das immer gerne so: Im Grunde heißt es „Ich bin, der ich war; ich bin, der ich bin; ich bin, der ich sein werde; ich war, der ich war; ich war, der ich bin; ich war, der ich sein werde; ich werde sein, der ich war; ich werde sein, der ich bin; ich werde sein, der ich sein werde.“
Damit wird deutlich gemacht: Gott ist immer, er hat keinen Anfang und kein Ende, er ist ewig.
Wir können uns das nur schwer vorstellen, weil wir nur zeitlich denken können. Wenn wir versuchen, über das Wort „Ewigkeit“ nachzudenken, dann verstehen wir das meist als eine Aneinanderreihung von langen Zeiten. Oder wir benutzen das Symbol der liegenden Acht, um zu verdeutlichen, dass es immer weitergeht.
Aber es ist anders als bei der liegenden Acht: Es wiederholt sich nicht. Und das können wir uns nicht vorstellen.
Ich habe immer den Eindruck, wenn man über Ewigkeit nachdenkt, dass man irgendwie den Verstand verliert. Es funktioniert einfach nicht.
An solchen Punkten merken wir, dass Gott völlig anders ist als wir. Er hat eine ganz andere Dimension. Wirklich begreifen werden wir das wahrscheinlich erst, wenn wir im Himmel sind.
Neutestamentlich könnten wir sagen: Wir preisen nicht nur den alttestamentlichen Herrn, den „Ich bin, der ich bin“, sondern im Neuen Testament wird sehr deutlich gesagt, dass der Herr Jesus dieser „Ich bin“ ist.
Er sagt das ja von sich selbst. Ihr kennt sicherlich die verschiedenen Aussagen: „Ich bin die Tür, ich bin das Brot des Lebens, ich bin das Licht, ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“
Und jedes Mal gebraucht er dieses Wort „Ich bin“. Ein Jude wusste sofort, dass das eine Anspielung auf Gott war.
Damit beanspruchte der Herr Jesus die Gottheit. Das war einem Juden immer klar, und deswegen wurde er später auch wegen Gotteslästerung angeklagt und verurteilt.
Als der Hohepriester ihn im Gerichtsprozess fragt: „Bist du der Sohn des Höchsten oder des Hochgelobten?“, antwortet er: „Du sagst es, dass ich es bin.“
Das ist genau die Formulierung „Ich bin“.
Was war die Reaktion? Der Hohepriester zerreißt sein Kleid, was ihm nach dem Gesetz verboten war, und sagt: „Ihr habt die Lästerung gehört, er ist des Todes schuldig.“
Denn der Herr Jesus hatte sich zu Gott gemacht, hatte gesagt: „Ich bin Gott.“ Er nahm den Namen Gottes an, und das war für die Israeliten ein Skandal.
Eine ähnliche Situation finden wir bei der Gefangennahme des Herrn Jesus im Garten Gethsemane. Als die Soldaten kommen und er fragt, wen sie suchen, antworten sie: „Jesus von Nazareth.“
Er sagt: „Ich bin’s.“ Und was passiert? Die kräftigen Soldaten fallen alle um.
Wir erkennen hier etwas von der göttlichen Kraft des Herrn Jesus, der Jesus ist.
Das bezeugt das Neue Testament an vielen Stellen: Er ist der sichtbar gewordene Gott, und deshalb nennt er sich so.
Wenn man darüber nachdenkt, kommt man wirklich dazu, ihn zu preisen und anzubeten.
Die Aufforderung zur Verkündigung
Das Nächste, was uns in Vers 2 gesagt wird, ist: Verkündet, verkündet von Tag zu Tag sein Heil, seine Rettung. Das bedeutet, Israel hatte den Auftrag, die großen Taten Gottes in der Umgebung, bei den anderen Völkern, zu verkündigen.
Das haben sie jedoch nicht getan. Sie haben es versäumt. Stattdessen sagt Paulus einmal: „Euretwegen wird der Name Gottes in der Welt verlästert.“ Oft habe ich den Eindruck, dass das heute auch geschieht. Viele nehmen das Wort Gottes in den Mund, ohne wirklich daran zu glauben. Im Grunde wird dadurch das Wort Gottes, wird Gott selbst, verlästert.
Zur Aufgabe der Gemeinde und auch damals für Israel gehörte die Verkündigung, die Predigt und das Hören auf Gottes Wort. Im Alten Testament wird das an vielen Stellen im fünften Buch Mose gesagt: Jung und Alt sollten auf das Wort Gottes hören. Im Neuen Testament finden wir das ebenfalls.
Ein Kennzeichen der jungen Gemeinde in Jerusalem, die da entstand, war, dass sie beständig in der Lehre der Apostel blieben. Das heißt, sie waren angehalten, sich darüber zu unterhalten, was der Herr Jesus gelehrt hatte. Jesus selbst hat hier nichts aufgeschrieben, und leider gibt es von ihm keine Tonbandaufnahmen oder mp3-Dateien. Aber die Jünger haben aufgepasst und es weitergesagt. Sie haben es weiter verkündigt.
Wir sind in diese Reihenfolge getreten und haben bis heute die Aufgabe: „Geht hin in alle Welt, macht alle Menschen zu Jüngern und lehrt sie, alles zu bewahren, was ich euch gesagt habe.“ Das ist der Auftrag der Christen bis heute. Die Lehre der Apostel, also das, was die Apostel vom Herrn Jesus gehört haben, gehört zur Jüngerschaft. Jüngerschaft bedeutet in der Bibel, dass das Gehörte an die nächste Generation weitergegeben wird.
Ich befürchte, dass wir gerade in unserem Land, in Deutschland, in den letzten Jahrzehnten einiges versäumt haben. Man kann feststellen, dass der geistliche Grundwasserspiegel sehr gesunken ist. Viele Menschen wissen kaum noch etwas aus der Bibel. Man hat irgendwann mal etwas gehört, vielleicht hört man gelegentlich Predigten, aber wer liest jeden Tag in seiner Bibel und ist wirklich in seiner Bibel zuhause?
Deshalb kann ich nur immer wieder raten: Wenn man gefestigt werden will und wissen möchte, was verkündigt werden soll, dann kann man nicht anders, als jeden Tag die Bibel zu lesen und zu studieren.
In dieser Woche fragte mich eine Schwester, warum ich nicht Theologie studiert hätte. Man hätte doch Pastor werden können. Ich antwortete: Ich habe die Bibel studiert. Man muss nicht Theologie studieren, man muss seine Bibel studieren. Dann kann man durchaus verkündigen – auch neben dem regulären Beruf. Paulus hat das auch gemacht. Er war Zeltmacher und hat trotzdem das Wort Gottes verkündigt.
Das ist manchmal zum Schmunzeln. Vor etlichen Jahren, vor der Wende, kam ich an die Grenze zur Tschechoslowakei. Ich musste an der Grenze halten und hatte demonstrativ meine Bibel vorne auf dem Armaturenbrett liegen. Der Beamte schaute in die Papiere und sagte: „Sie sind offiziell eingeladen von christlichen Gemeinden, aber Sie sind doch gar kein Pastor.“ Er sah meine Papiere und sagte: „Sie sind doch Grafiker.“ Ich antwortete: „Glauben Sie nicht, dass ich predigen kann? Soll ich Ihnen eine Probepredigt halten?“ Das lehnte er natürlich ab; das wollte er nicht hören.
Heute meint man oft, man müsse Theologie studiert haben. Dabei ist das Wesentliche, um das Wort Gottes zu verkündigen, dass man seine Bibel kennt.
Neulich bei uns im Café – wir haben ein Stadtteilcafé in Wuppertal, wo wir versuchen, mit Menschen ins Gespräch zu kommen – hat sich ein Bibellesekreis von Senioren entwickelt, die Interesse haben. Eine der Seniorinnen sagte zu mir: „Eva, du sagst jede Woche dasselbe.“ Ich fragte sie, was ich denn sage. Sie antwortete: „Du sagst immer, lese die Bibel.“ Ich sagte ihr: „Weißt du, ich werde das so lange tun, bis du es endlich tust.“
Viele kommen einfach, hören zu und sind interessiert. Aber was für ein langer Weg ist es, bis sie sich selbst daran geben, die Bibel zu lesen. Das Einfachste ist, daraus eine Regel zu machen und bestimmte Zeiten festzulegen, damit es zur Gewohnheit wird.
Also: Verkündet, verkündet von Tag zu Tag sein Heil. Das heißt auch von Tag zu Tag, nicht nur sonntags. Es soll also immer verkündigt werden. Im Grunde sind wir alle, wenn wir Eigentum des Herrn sind, Missionare. Wir können jeden Tag vom Herrn Jesus weitererzählen.
Wenn man Menschen draußen sieht, etwa in der Schulklasse, am Arbeitsplatz oder im Lebensmittelgeschäft, worüber unterhalten sie sich? Auch in der Gemeinde gibt es viele, die, wenn man sie anspricht und nach Fußballergebnissen fragt, stundenlang reden können. Andere erzählen ausführlich über eine bestimmte Diät. Aber fragt man sie, was sie zuletzt in der Bibel gelesen haben, herrscht oft Stille.
Ich glaube, es ist wichtig, dass wir wirklich zuhause sind in Gottes Wort und wissen, was Gott von uns will.
Die Aufforderung zum Zeugnisgeben
Und das Nächste, was in Vers drei gesagt wird: Er zählt unter den Nationen seine Herrlichkeit, unter allen Völkern seine Wundertaten.
Ich habe bereits erwähnt, dass dies damals die Aufgabe der Israeliten war, aber es gilt auch heute für uns. Das heißt, Zeugnis zu geben von dem, was Jesus in meinem Leben getan hat.
Ich möchte einfach fragen, auch an euch junge Leute da hinten: Könnt ihr in eurer Umgebung erzählen, was der Herr Jesus in der letzten Woche mit euch gemacht hat? Manche geben Zeugnis und greifen dabei auf Ereignisse zurück, die zwanzig oder fünfundzwanzig Jahre zurückliegen. So alt seid ihr noch nicht, aber Ältere tun das auf jeden Fall.
Man hat manchmal den Eindruck, dass Gott damals vielleicht etwas getan hat, Wundertaten, aber heute nicht mehr. Ich bin jedoch überzeugt, dass der Herr auch heute Wunder tut. Keine großen, spektakulären, aber ich brauche offene Augen dafür, was Gott tut. Dann kann ich auch davon weiter erzählen.
Ihr wisst, das ist wie beim Essen: Abgestandenes und altes Essen schmeckt nicht. Essen sollte immer frisch sein. So sollte es auch bei der Verkündigung sein. Auch die Verkündigung sollte immer wieder frisch sein, damit die Zuhörer merken, dass derjenige, der spricht, wirklich etwas mit Gott erlebt hat – auch in der letzten Zeit.
Also: Zeugnis geben, Mission, Evangelisation. Rede einfach mit deinem Nachbarn, mit deinen Kameraden über das, was dich bewegt. Vielleicht habt ihr das auch schon gemerkt: Die anderen werden unsicher und nervös, wenn du redest.
Die ersten Male, wenn du von Jesus erzählst, bist du nervös. Aber wenn du begreifst, dass das das Normalste der Welt ist, ändert sich das. Die anderen erzählen von dem, was ihnen Spaß macht, und sie haben keine Hemmungen. Warum also solltest du Hemmungen haben, von Jesus zu erzählen?
Wenn mein Herz davon überfließt, dann kann ich nicht schweigen. Dann muss ich es weiter erzählen.
Wer hier am vergangenen Mal bei der Malachi-Konferenz dabei war, hat wahrscheinlich mitbekommen, wie der Bruder von den Gideons erzählt hat. Er sprudelte nur so vor Begeisterung, was er alles im Alltag erlebt und dabei die Gideon-Bibeln weitergibt.
Ich finde das schon faszinierend, auch wenn man solche Bücher liest wie die von Pastor Wilhelm Busch, wie er mit den Menschen umgegangen ist.
Die Aufforderung zum Opferbringen
Hier wird in den Versen 4 bis 7 die Begründung gegeben, warum wir weiterhin erzählen sollen. Es heißt dort: "Denn groß ist der Herr und sehr zu loben." Es lohnt sich wirklich. Je mehr ich den Herrn Jesus und Gott kennenlerne, desto weniger kann ich davon schweigen.
Ich glaube, das ist etwas, das wir durchaus lernen können. Zuerst dachte ich, mein jüngster Sohn würde sich nicht trauen, in der Klasse weiterzuerzählen. Doch ich habe mich getäuscht. Als er seinen Abschluss machte, erfuhr ich, dass er in seiner Klasse einen Spitznamen hatte. Als ich diesen Spitznamen von meinem jüngsten Sohn hörte, freute ich mich. Sie nannten ihn "Jesus zwei". Das sollte eigentlich eine Lästerung sein, aber es hat mich gefreut, dass er offensichtlich weitererzählt hat und deswegen diesen Spitznamen bekommen hat.
Das Nächste, was dieser Psalm uns als Aufforderung gibt, steht in Vers 8: "Bringt Opfer und kommt in seine Vorhöfe." Der Israelit war damals aufgefordert, Opfer zu bringen. Es gab verschiedene Arten von Opfern. In 3. Mose 1-7 werden die verschiedenen Opfer vorgestellt, die ein Israelit bringen sollte. Dazu gehörten das Friedensopfer, das Dankopfer, das Speisopfer, das Sündopfer und das Schuldopfer – je nachdem, welcher Anlass vorlag.
Gott etwas zu opfern war eine Angelegenheit des Herzens. Es wurde nicht erzwungen, sondern jeder Israelit sollte es ganz freiwillig tun. Wenn ein Israelit Gott danken wollte, brachte er ein Opfertier dar, das ganz für Gott dargebracht wurde.
Das Friedensopfer war ein freudiges Opfer. Dabei wurde das Tier geschlachtet, aber der Opfernde sollte auch etwas davon essen und selbst Freude daran haben. Dann gab es das Schuldopfer und das Sündopfer. Wenn jemand gesündigt hatte, musste an seiner Stelle ein Tier sterben, damit er nicht sterben musste.
Neu testamentlich wissen wir, dass der Herr Jesus für uns gestorben ist. Wir brauchen keine Tieropfer mehr zu bringen. Der Herr Jesus ist ein für allemal für uns gestorben und hat uns damit in die Verbindung zu sich und dem Vater gebracht.
Gott erwartet auch heute, dass wir Opfer bringen. Diese sehen heute anders aus, zum Beispiel in Form von Dank, Zeit, Kraft oder Geld. Das wisst ihr sicherlich auch. Man kann Opfer bringen und man kann Kollekten geben. Kollekten tun nicht weh, Opfer tun weh. Deshalb befürchte ich oft, dass wir kaum Opfer bringen – auch keine Opfer an Zeit und Kraft, um sie für Gott einzusetzen.
Es bedeutet, zu sagen: Ja, ich stelle eine bestimmte Zeit für Gott zur Verfügung. Und es gibt viele Möglichkeiten: ob du anderen in der Gemeinde hilfst, ob du Nachbarn unterstützt oder vielleicht aufs Missionsfeld gehst oder auch ganz praktische Arbeiten übernimmst. Es gibt viele Wege, Gott Opfer zu bringen. Dadurch wird Gott geehrt.
Die Aufforderung zur Anbetung
Das Sechste wird genannt: Betet an. Das sollte sowohl Israel als auch wir heute tun. Betet an den Herrn in heiliger Pracht! Die ganze Erde soll vor ihm zittern.
Was ist Anbetung? Auch heute gibt es oft einen falschen Blick darauf. Leider werden biblische Begriffe häufig falsch verstanden. Viele Menschen meinen, Anbetung sei etwas, bei dem man steht, die Hände erhebt, Musik dabei ist und man es gemeinsam erlebt. Sie sagen, man bekommt eine Gänsehaut auf dem Rücken – und das sei Anbetung.
Doch so wird Anbetung in der Bibel gar nicht beschrieben. Anbetung ist nach der Bibel ein Staunen über Gott. In der Offenbarung finden wir zum Beispiel fünf verschiedene Gründe für Anbetung. Ein Grund ist das Staunen über den Schöpfergott.
Auch hier haben wir oft die Augen nicht mehr offen, um die Wunder in der Natur zu sehen. Heute sagt man, die nächste Generation sei die „Kopf runter“-Generation. Das heißt, sie laufen immer herum, haben ihr Handy in der Hand und schauen ständig nach unten. Sie sehen nicht mehr die Natur und was Gott alles geschaffen hat. Sie sehen nur noch, was Menschen gemacht haben – wie ein iPhone oder iPad. Aber das, was Gott geschaffen hat, ist viel, viel größer.
Ich weiß nicht, ob ihr das Büchlein von Roger Liby kennt, der auch eine Ausstellung dazu gemacht hat: „Die Wissenschaft hat Verspätung“. Er zeigt darin auf, dass vieles, was die Wissenschaft heute gerade entdeckt, schon lange in der Bibel steht. Die Wissenschaft ist nicht up to date – die Bibel ist up to date.
Gott anzubeten, so sagt Alfred Gips einmal, ist die wichtigste und schönste Tätigkeit eines Gotteskindes hier auf Erden und auch im Himmel. Anbetung ist nicht an bestimmte Zeiten gebunden und auch nicht an bestimmte Formen. Wir brauchen keine Lobpreisbands oder Lobpreislieder dafür. All das kennt die Bibel nicht.
Singen ist schön – das haben wir bereits gesehen – und sollen wir tun. Aber Anbetung ist mehr. Anbetung ist deine ganz persönliche Beziehung deines Herzens zu deinem Herrn.
Das ist so, wie man Anbetung schwer beschreiben kann. Ich kann nicht genau ausdrücken, was in meinem Herzen ist, wenn ich meine Frau liebe. Ich kann das unterschiedlich zeigen, aber nicht vollständig beschreiben. So ist es auch mit Anbetung.
Als mein jüngster Sohn geboren wurde und ich bei der Geburt dabei war, stand ich einfach da und staunte. Ich staunte über Gott, über das Wunder der Menschwerdung. Oder wenn du am Ozean stehst und den Sonnenuntergang siehst, dann staunst du einfach: „Wie groß bist du, oh Gott!“
Ich glaube, dass wir das Staunen verlernt haben. Wirkliche Anbetung ist mehr als Musik, mehr als Kerzenschein und ein Kribbeln im Rücken. Anbetung ist deine ganz persönliche Herzensbeziehung, deine Liebesbeziehung zum Herrn Jesus.
Deshalb sollten wir darüber nachdenken, wie Anbetung ein Lebensstil für uns werden kann, sodass wir wirklich in dieser Weise mit unserem Herrn leben.
Die Aufforderung zur Verkündigung der Königsherrschaft Gottes
In Vers 10, dem siebten Imperativ, heißt es weiter: „Sagt unter den Nationen: Der Herr ist König.“
Anschließend wird auch das verkündet, was noch kommen soll, nämlich dass der Herr wiederkommt. Neutestamentlich wissen wir, dass der Herr Jesus wiederkommen wird. Davon sollten wir nicht schweigen.
Heute ist es in unserem ehemals christlichen Abendland kaum noch bekannt, dass Jesus wiederkommt. Viele sprechen davon in der Adventszeit, doch sie meinen dann die Geburt des Herrn Jesus. Nein, der Herr Jesus wird einmal in Macht und Herrlichkeit erscheinen, so wie es die Bibel im Propheten Sacharja beschreibt.
Er wird die Erde richten, und all diese Dinge werden geschehen. Alles, was die Bibel bisher prophezeit hat, ist eingetroffen, und die übrigen Prophezeiungen werden genauso eintreten.
Der Inhalt der Verkündigung wird uns dann in den Versen 10 bis 13 gesagt: Der Herr ist König, und er kommt wieder. Das ist im Grunde die Botschaft, die wir weitergeben können: Der Jesus möchte der Herr deines Lebens sein. Er möchte auf dem Thron deines Herzens sitzen.
Er möchte dein Leben bestimmen, und er wird wiederkommen. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns das immer wieder bewusst machen. Wenn uns das bewusst ist, werden wir uns in unserem Leben anders verhalten und auch ein anderes Zeugnis in unserer Umgebung sein.
Andere werden wahrscheinlich sagen, dass du ein Spinner bist, aber du weißt die Wahrheit.
Übertragung auf die heutige Gemeinde und praktische Umsetzung
Wir haben in unserer Gemeinde über diese Themen nachgedacht und dabei ähnliche Verse aus dem Neuen Testament herausgesucht. Daraus haben wir fünf Ziele für unsere Gemeinde formuliert. Als ich diesen Psalm las, stellte ich fest, dass sich diese Ziele mit den Imperativen in Psalm 96 decken.
Wir haben uns fünf Ziele vorgenommen:
- Wir möchten eine Gemeinde sein, die anbetet.
- Wir möchten eine Gemeinde sein, die Menschen und Gott dient.
- Wir möchten eine Gemeinde sein, die Mission betreibt.
- Wir möchten eine Gemeinde sein, die Jüngerschaft lebt, also dass Menschen im Glauben wachsen.
- Wir möchten eine Gemeinde sein, in der wir Gemeinschaft mit Gott und untereinander haben.
Ich habe die Verse unter die Ziele geschrieben. Entschuldigt, dass es etwas verrutscht ist. Stellt euch die Versangaben etwas versetzt unter den fünf Zielen vor. So wie dieser Psalm damals für Israel galt, sind diese Aufträge auch heute für uns als Gemeinde gültig.
Wir haben das für unsere Gemeinde als ein Bekenntnis formuliert:
Als neutestamentliche Gemeinde wollen wir Gott lieben, zu seiner Ehre leben und uns in ihm freuen. Deshalb sehen wir unseren Auftrag darin, Menschen zu Jesus Christus und in seine Gemeinde zu führen und ihnen zu helfen, in ihrem Leben Jesus Christus ähnlicher zu werden. Wir wollen gemeinsam Gott immer besser kennenlernen und uns gegenseitig sowie anderen Menschen dienen.
Die Ziffern dahinter beziehen sich auf die zuvor genannten Ziele:
- Gott lieben, zu seiner Ehre leben und uns in ihm freuen – das ist Anbetung.
- Deshalb sehen wir unseren Auftrag darin, Menschen zu Jesus Christus und in seine Gemeinde zu führen – das ist Mission.
- Ihnen zu helfen, in ihrem Leben Jesus Christus ähnlicher zu werden – das ist Jüngerschaft.
- Gemeinsam Gott immer besser kennenlernen – das ist Gemeinschaft.
- Uns gegenseitig und anderen Menschen dienen – das ist Dienst oder Diakonie.
Ich fand es erstaunlich, dass diese Punkte bereits damals für Israel galten, als David die Gottesdienstordnung einführte. Ich denke, das gilt auch für uns heute.
Ihr kennt dieses Lied: „Kommt, sagt es allen weiter.“ Wir alle haben den Auftrag, die Botschaft vom Herrn Jesus in unserer Umgebung weiterzusagen. Dafür müssen wir keine Pastoren, Missionare oder Evangelisten sein, sondern einfach die Botschaft dort weitererzählen, wo Gott uns hingestellt hat.
Dazu möchte ich euch Mut machen. Amen.
