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Episode 172: Die Sanftmütigen
Matthäus 5,5: „Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen.“
Einführung in die Verheißung des Landes
Glückselig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Land erben. Bei dieser Seligpreisung frage ich mich oft, worin genau die Verheißung besteht: das Land erben.
Waren die Juden zur Zeit Jesu nicht bereits im Land der Verheißung? Gott hatte Abraham das Land Kanaan versprochen. Josua nahm es ein, und trotz aller Umstände mit Vertreibung und Rückkehr aus Babylon lebten die Juden zur Zeit Jesu in Israel.
Völlig zu Recht kann Paulus in einer Predigt sagen: „Und nachdem er sieben Nationen im Land Kanaan vertilgt hatte, ließ er sie deren Land erben“ (Apostelgeschichte 13,19). Warum also die Verheißung „denn sie werden das Land erben“?
Die Antwort lautet: Das Land Israel als irdischer Besitz ist gleichzeitig ein Bild für den zukünftigen Segen, den Gott denen verspricht, die ihm gehorchen.
So schreibt David im Psalm 37, Verse 9 bis 11: „Denn die Übeltäter werden ausgerottet, aber die auf den Herrn hoffen, die werden das Land besitzen. Noch kurze Zeit, und der Gottlose ist nicht mehr. Und siehst du dich um nach seiner Stätte, so ist er nicht mehr da. Aber die Sanftmütigen werden das Land besitzen und werden ihre Lust haben an Fülle von Heil.“
David stellt diesem Gedanken, dass es für die Gottlosen keine Zukunft gibt, die Verheißung einer neuen Landnahme gegenüber. Die Eroberung Kanaans ist ein Bild für einen viel größeren Segen, der erst noch kommen wird.
Ähnlich formuliert Jesaja am Ende einer Schimpfrede gegen den Götzendienst in Israel: „Wenn du um Hilfe schreist, sollen dich deine Götzenhaufen retten. Aber ein Wind wird sie allesamt entführen, ein Hauch sie hinwegnehmen. Wer sich aber bei mir birgt, wird das Land erben und meinen heiligen Berg in Besitz nehmen“ (Jesaja 57,13).
So viel dazu, dass die Verheißung „Sie werden das Land erben“ hier ein Bild für einen zukünftigen Segen ist.
Bedeutung der Sanftmut im Glaubensleben
Aber kommen wir zurück zu „Glückselig die Sanftmütigen“. Auch hier dürfen wir uns fragen, warum diese Seligpreisung an dieser Stelle steht.
Die ersten beiden Seligpreisungen bauen aufeinander auf. Sie beschreiben, wie ich mir meiner Verlorenheit bewusst werde und über meine Sünde trauere. Die Sanftmut hingegen beschreibt meinen Umgang mit Gottes Wort, das als Evangelium in mein Leben hineinspricht.
Doch was ist Sanftmut?
Was bedeutet Sanftmut?
Sanftmut ist nicht Schwäche. Der Sanftmütige ist nicht jemand ohne Kraft, sondern jemand, der sich seiner Stärke durchaus bewusst ist und sie kontrolliert einsetzt.
Der Sanftmütige ist bereit, sich zurückzunehmen, um anderen zu dienen. Jesus war so und kann von sich sagen: „Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, und ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen“ (Matthäus 11,29).
Ich weiß nicht, ob dir das klar ist, aber es ist die Sanftmut des Herrn Jesus, die uns Mut macht, ihn als König anzunehmen.
Sanftmut als Haltung gegenüber Gottes Wort
Aber zurück zur dritten Seligpreisung: Was heißt es im Blick auf Gott, sanftmütig zu sein?
Zunächst bedeutet es, nicht widerspenstig zu reagieren, wenn Gott zu mir spricht. Jakobus formuliert das so: „Deshalb legt ab all die viele Schlechtigkeit und nehmt das eingepflanzte Wort mit Sanftmut auf, das eure Seelen zu erretten vermag“ (Jakobus 1,21).
Im Text geht es hier zwar nicht um Errettung, sondern um Heiligung, doch das Prinzip ist dasselbe. Wenn ich sanftmütig auf das Wort Gottes reagiere, verzichte ich auf Widerstand. Ich könnte mich wie ein Rebell oder ein bockiges Kind verhalten. Wer jedoch das Wort mit Sanftmut aufnimmt, hört genau zu, versucht zu verstehen, will es anwenden und sucht die Korrektur.
Der Sanftmütige ist der Gehorsame, was uns wieder zu Psalm 37 zurückführt. Die wichtigste Form von Sanftmut betrifft also meinen Umgang mit Gottes Wort.
Sanftmut als christliche Tugend im Alltag
Aber natürlich gibt es auch hier noch viel mehr zu sagen. Sanftmut ist nämlich absolut wichtig, wenn wir Jesus ähnlicher werden wollen. Sanftmut ist eine zentrale Eigenschaft, die wir lernen müssen, um Menschen so zu dienen, wie es Jesus getan hat.
Noch einmal möchte ich betonen: Sanftmütige Christen sind keine Weicheier. Sanftmut bedeutet „Power put under control“, wie bei einem Kernkraftwerk. Wehe, man würde die gesamte Energie aller Kernbrennstäbe auf einmal freisetzen.
Der Sanftmütige hat verstanden, dass in ihm das Potenzial steckt, andere Menschen zu verletzen. Gerade weil er das weiß, will er lernen, sich zurückzunehmen. Sanftmut heißt dann so viel wie, seine Ressourcen richtig einzusetzen, das heißt zum Nutzen und Wohl des Nächsten.
Deshalb hat ein sanftmütiges Wesen auch nichts mit Feigheit zu tun. Sanftmut ist auch nicht ein Mangel an Überzeugungen oder nur Nettigkeit. Sanftmut ist Mut, Stärke und Glaubensüberzeugung, aber so gelebt, wie es Jesus vorgemacht hat.
Nicht umsonst gehört Sanftmut zur Frucht des Geistes. Wenn wir den Christuscharakter entwickeln wollen, dann geht es nicht ohne sie. Deshalb ist Sanftmut auch eine der Tugenden, der wir nachjagen sollen.
1. Timotheus 6,11: Du aber, Mensch Gottes, fliehe diese Dinge, strebe aber nach Gerechtigkeit, Gottesfurcht, Glauben, Liebe, Ausharren, Sanftmut.
Sanftmut als Grundlage für Gemeinschaft und Gesellschaft
Wir brauchen Sanftmut, um gut in der Gemeinde zusammenarbeiten zu können.
In Epheser 4,1-2 heißt es: Wandelt würdig der Berufung, mit der ihr berufen worden seid, mit aller Demut und Sanftmut, mit Langmut einander in Liebe ertragend. Erst wenn ich mich zurücknehmen kann, wird es mir leichtfallen, die Geschwister in Liebe zu ertragen. Wenn ich nicht sanftmütig bin, wird mir das kaum gelingen.
Und was für die Gemeinde gilt, gilt auch für die Gesellschaft. So schreibt Paulus im Titus 3,1-2: Erinnere sie – das sind die Christen auf Kreta – daran, staatlichen Gewalten und Mächten untertan zu sein, gehorsam zu leisten, zu jedem guten Werk bereit zu sein, niemanden zu lästern, nicht streitsüchtig zu sein, mild zu sein und an allen Menschen alle Sanftmut zu erweisen.
Was heißt das praktisch? Schauen wir uns das Gegenteil an. Wann bin ich nicht sanftmütig? Die Antwort lautet: Immer dann, wenn ich grob oder unfreundlich, arrogant, besserwisserisch, laut, herrisch, hart, verletzend oder lieblos bin. In solchen Momenten bin ich nicht sanftmütig.
Wenn ich sanftmütig bin, dann gehe ich auf eine freundliche, milde und angenehme Art mit Menschen um. Es ist diese das Wohl des Anderen suchende Haltung, die Jesus auszeichnet und die auch für uns als seine Jünger normal sein sollte.
Was könnte man jetzt tun? Man könnte sich überlegen, wo es einem an Sanftmut fehlt und welche neuen Gewohnheiten dazu führen würden, dass man in Zukunft liebevoller mit Menschen umgeht.
Das war’s für heute. Am Anfang der Woche schreibe ich mir besondere Segensmomente und Dankesanliegen aus der zurückliegenden Woche auf, um mir vor Augen zu führen, womit Gott mich gesegnet hat. Probier das doch mal aus.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
Abschluss und praktische Anregung
Was könntest du jetzt tun? Du könntest dir überlegen, wo es dir an Sanftmut fehlt und welche neuen Gewohnheiten dazu führen würden, dass du in Zukunft liebevoller mit Menschen umgehst.
Das war's für heute.
Am Anfang der Woche schreibe ich mir besondere Segensmomente und Dankesanliegen aus der zurückliegenden Woche auf. So kann ich mir vor Augen führen, womit Gott mich gesegnet hat. Probier das doch mal aus.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
