
Herzlich willkommen zum Podcast der EFH Stuttgart mit Jörg Lackmann und Thomas Povileit.
Unser Podcast möchte dazu anregen, das Christsein praktisch zu leben und zugleich zum theologischen Nachdenken einladen.
Wenn ein Verwandter, ein Bekannter oder sogar ein naher Familienangehöriger stirbt, muss man je nach Situation manchmal sehr plötzlich damit umgehen können. Manchmal muss ich erst einmal selbst die Dinge in den Griff bekommen. Oder ich bin herausgefordert, jemand anderem beizustehen, der zum Beispiel einen Angehörigen verloren hat.
Heute gehen wir auf eine Hörerfrage ein und machen uns vorher Gedanken darüber, was wir in solch einer Ausnahmesituation tun können.
Thomas, wie geht es dir, wenn dich jemand anruft und sagt: „Derjenige oder die andere ist gestorben“?
Ja, dann versuche ich herauszuhören, wie es dem Angehörigen damit geht. Es geht darum, dass hier ein Mensch, den er bis jetzt gekannt hat – vielleicht sogar jahrelang mit ihm zusammengelebt hat – nicht mehr da ist. Das kann ganz verschieden sein. Für manche ist es kein Grund, stark zu trauern, und dann muss ich diesen Grund auch nicht herbeireden. Zum Beispiel, wenn jemand sehr lange gepflegt wurde oder Ähnliches.
Bei anderen ist der Tod sicher etwas, das sie komplett aus der Bahn wirft. In der Regel ist die Trauer bei jungen Menschen, die sterben, natürlich viel größer. Aber auch wenn jemand älter stirbt, kann meine Geschichte so sehr mit dieser Person verbunden sein, dass der Trennungsschmerz sehr, sehr weh tut.
Hier hilft mir der Vers: „Weinet mit den Weinenden.“ Wenn ich merke, dass es den anderen sehr mitnimmt, dann versichere ich ihm, dass ich für ihn bete. Denn schlussendlich kann nur Gott allein den Schmerz lindern und Trost geben. Darum darf ich Gott auch darum bitten.
Was ich auch wichtig finde: Ich sollte dem Trauernden nicht aus dem Weg gehen, nur weil ich nicht weiß, was ich sagen soll. Gerade in solchen Situationen sollte ich sprachfähig werden.
Was bedeutet es nun, sprachfähig zu werden? So paradox es klingt, kann es manchmal auch heißen, Trauernde zu besuchen und dann lange nichts oder nur sehr wenig zu sagen.
Das kennen wir ja von Hiobs Freunden. Sie besuchten Hiob und schwiegen zunächst. Und das war, glaube ich, gut. Damit machten sie deutlich: Wir leiden mit dir, wir wissen nicht, was wir dir sagen sollen, aber wir sind da. Wir stehen an deiner Seite.
In manchen Situationen ist es auch so, dass ich nicht weiß, was ich sagen soll. Dann kann ich das einfach auch sagen: „Ich weiß im Moment nicht, was ich sagen soll, aber ich bete für dich. Ich möchte dich gern unterstützen.“
Dann kann ich fragen: „Wie kann ich dich unterstützen?“ Ich kann auch konkrete Vorschläge machen, zum Beispiel: „Ich kann dir morgen Mittagessen vorbeibringen.“ Oder einen Plan machen, dass einige aus der Gemeinde dir in der nächsten Woche ein Essen vorbeibringen.
Das hängt natürlich ganz von der Situation ab. Wenn der Trauernde kaum Angehörige hat, die ihn bei der Beerdigung unterstützen, dann ist es sicher ein ganz wichtiger Dienst, den ich tun kann. Zum Beispiel kann ich ein Beerdigungsinstitut anrufen oder dabei sein, wenn die Beerdigung besprochen wird.
Ich finde immer wieder, dass es so viele Entscheidungen gibt, die der Trauernde treffen muss. Entscheidungen, über die er sich oft noch gar keine Gedanken gemacht hat. Zum Beispiel: Wo soll die Beerdigung stattfinden? Wer soll die Beerdigung halten? Soll es ein Einzelgrab oder ein Doppelgrab sein? Soll es ein Rasengrab sein oder eher ein bepflanztes Grab? Wie soll der Sarg aussehen? Möchte er einen Kranz? Was soll daraufstehen? Was soll der Verstorbene im Sarg anhaben? Soll es einen Beerdigungskaffee geben? Und wenn ja, wo soll er stattfinden?
All diese Fragen müssen in der Regel innerhalb der ersten 48 Stunden nach dem Tod des Verstorbenen entschieden werden. Oft bleibt dann keine Zeit zum Trauern.
Wenn ich von einem Trauerfall höre, auch wenn die betroffene Person mir nicht sehr nahe steht, ist es dennoch gut, mich bei ihr zu melden. Das kann zum Beispiel mit einer Karte geschehen. Wenn ich die Person besser kenne, kann ich sie auch persönlich anrufen.
Auch eine E-Mail ist möglich, je nachdem, wie ich vorher mit dem Trauernden kommuniziert habe. Das halte ich für sehr wichtig. Persönlich empfinde ich soziale Netzwerke als nicht angemessen für diesen Anlass. Daher benutze ich höchstens eine E-Mail, wenn ich zum Beispiel die Adresse nicht kenne.
Eine Karte ist auf jeden Fall die bessere Wahl, wenn ich die Adresse habe.
Wenn es mehrere Angehörige gibt, zum Beispiel mehrere Kinder oder andere nahe Verwandte, ist es sinnvoll, gemeinsam zu überlegen, wie die Trauerfeier gestaltet werden kann. Ich finde es wichtig, alle Beteiligten an einen Tisch zu holen.
Das habe ich schon oft erlebt: Manchmal läuft es recht gut, manchmal ist es aber auch sehr turbulent, um es so auszudrücken. Das kann auch eine Aufgabe für mich sein – ich muss dafür kein Pastor sein. Wichtig ist, dass ich eine gewisse Beziehung zu dem Trauernden habe.
Eine immer wieder diskutierte Frage ist natürlich: Verbrennen oder beerdigen? Zu diesem Thema haben wir auch einen Podcast gemacht. Es ist eine große Hilfe, wenn der Verstorbene frühzeitig festgelegt hat, wie seine Trauerfeier ablaufen soll und wie er bestattet werden möchte.
Wir als Gemeinde haben dafür ein Formular, das man bei uns erhalten kann. Dieses Formular wird hinter einer verschlossenen Stahlschranktür aufbewahrt. Wenn dann ein Todesfall eintritt, prüfen wir, ob von dieser Person eine entsprechende Rubrik ausgefüllt wurde und was ihr letzter Wille war.
Wichtig ist, dass dies auch in der Sterbemappe enthalten ist. Diese Mappe fasst alles Wesentliche für die Beerdigung zusammen, sodass alle wichtigen Informationen an einem Ort gebündelt sind.
Was machst du, wenn du jemandem zum ersten Mal begegnest, nachdem ein Angehöriger gestorben ist? Sprichst du den Todesfall direkt an oder wartest du, bis der Trauernde etwas sagt? Ich meine das nicht professionell, sondern ganz normal, denn sonst ist die Beziehung ja klar. Wie ist das also: Ansprechen oder warten?
Ich glaube, es ist wichtig, dass ich die Initiative ergreife, wenn ich auf den anderen zugehe. Das heißt, ich beginne vielleicht und sage: „Ich habe gehört, dass Max gestorben ist.“ Dann kann eine Pause folgen, in der der andere erst einmal gar nichts sagt, vielleicht nur nickt. Dann könnte ich sagen: „Das ist ein großer Verlust für dich, oder?“ So gebe ich ihm die Möglichkeit, zu reden – aber vielleicht will er gar nicht sprechen.
In den ersten 48 Stunden nach dem Tod stürmt so viel auf einen ein. Vielleicht haben ihn auch schon zu viele Leute angesprochen. Man muss ja auch die Verwandten benachrichtigen. Die wichtigsten ruft man an, und das kann bedeuten, dass er am Tag schon zehn sehr ausführliche Telefonate geführt hat. Das darf ich ihm nicht vorwerfen.
Ich kann dann sagen: „Du musst jetzt gar nichts sagen.“ Wenn ich ihm die Möglichkeit gegeben habe, zu reden, und er hat es nicht gemacht, sage ich: „Du musst nichts dazu sagen. Ich wollte nur sagen, dass ich für dich bete. Wenn du Unterstützung brauchst, bin ich da – ruf mich an.“
Vielleicht frage ich ihn auch konkret: „Kann ich dich irgendwo unterstützen?“ Denn das „Ich rufe dich in der Woche an“ ist für manche Menschen schon eine große Hürde. Ich kann sagen: „Ich rufe noch mal am Mittwoch an, und vielleicht ist dir dann etwas eingefallen, das du mir sagen möchtest.“ Ich glaube, manchmal hat der Trauernde von sich aus gar nicht die Energie, sich zu melden.
Es ist schwierig, vor allem weiß man ja auch nicht, wie ernst gemeint es wirklich ist, wenn jemand sagt: „Ich bring dir Essen vorbei.“ Ich persönlich würde dann eher sagen: „Ich habe mir vorgestellt, dir nächsten Mittwoch einen Eintopf zu bringen.“ Oder man fragt, ob der nächste Donnerstag besser passt. Je nach Situation ist das eine konkrete und hilfreiche Zusage.
Wenn natürlich 20 Leute betroffen sind, ist ein Eintopf vielleicht nicht das Richtige. Man kann das vorher abklären. Ich finde es besser, konkreter zu sein, sodass der andere nur „Ja“ sagen muss. Denn er hat wirklich viel zu bedenken, und vieles ist noch gar nicht geklärt. Dann auch noch zu überlegen, wann und wie man anruft, ist für ihn oft zu viel. Wenn man es nicht konkret macht, lässt man es vielleicht ganz bleiben.
Es ist richtig, sehr konkret zu sein und Brücken zu bauen.
Das ist jetzt in der ersten Zeit so gewesen: Hiobs Freunde haben es am Anfang gut gemacht, indem sie geschwiegen haben. Ich glaube, Schweigen ist oft sehr hilfreich, wenn man nicht zu viel redet. Doch dann hatten sie irgendwie diesen Drang, das Geschehen für sich erklären zu wollen. Das war wohl nicht so gut.
Ich glaube, man sollte sich das von ihnen nicht unbedingt abschauen. Nicht umsonst sagt Hiob, dass sie „leidige Tröster“ sind – also Tröster, mit denen man nichts anfangen kann.
Ich kann oft nicht erklären, warum Gott so gehandelt hat, und dann sollte ich es auch einfach sein lassen. Gerade Verse wie Römer 8,28 – „Denn denen, die Gott lieben, dienen alle Dinge zum Besten“ – sind in solchen Situationen oft unpassend. Auch das Zitat von Hiob, zu dem er sich dann durchringt: „Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen“ – darauf kann ich gut verzichten.
Dabei lässt man völlig außer Acht, wie lange Hiob darum gekämpft hat, den Verlust seiner Kinder anzunehmen. Das braucht Zeit. Klar, er bringt diesen Vers am Anfang schon mal heraus, aber manchmal sagt man am Anfang Dinge, die das Herz erst noch verarbeiten muss, um sie wirklich unterschreiben zu können. Man nimmt es mit dem Kopf wahr und sagt es vom Kopf her, aber vom Herzen her kann man es nicht wirklich sagen. Ich glaube, das ist entscheidend.
Ich fand es interessant, dass ich Römer 8,28 in meinem Leben oft gehört habe. Bei manchen Menschen fand ich den Vers total gut, bei anderen grauenhaft. Und das hing vom Herzen ab, von der Herzenshaltung.
Ich habe drei Gruppen von Menschen beobachtet: Die erste Gruppe hat Leid durchgemacht, und ich nenne sie immer „mürbe geworden“. Ich weiß nicht genau, warum, aber dieser Begriff beschreibt es für mich gut. Diese Menschen sagen den Vers oft sanft, manchmal etwas bestimmter, aber immer mitfühlend. Und dann finde ich den Vers total tröstlich.
Die zweite Gruppe zeigt Berührungsängste mit Tod, Behinderung oder anderem Leid. Sie sagen den Vers, weil sie nicht wissen, was sie sonst sagen sollen. Ihnen ist es auch nicht böse gemeint, aber ich merke, dass sie es nicht richtig können. Woher sollten sie es auch gelernt haben in unserer Kultur? Dort wird alles ins Krankenhaus verdrängt. Heute stirbt kaum jemand mehr zu Hause, und man wird auch nicht mehr drei Tage aufgebahrt, wie es früher in den Dörfern üblich war. Das lernt man natürlich nicht.
Die dritte Gruppe – das überzeichne ich jetzt ein bisschen – scheint den Vers nur zu sagen, um ihre Pflicht loszuwerden. Ihnen geht es gar nicht um mich. Das regt mich fast schon auf. Für mich ist es dann nicht mehr tröstend.
Interessanterweise ist es also derselbe Vers, der je nach Herzenshaltung des Gegenübers ganz unterschiedlich wirkt.
Ja, ja, ja. Es darf auch ruhig unsicher sein. Man merkt das, glaube ich, vor allem in der Trauerphase. Wenn es ein tiefer Verlust ist, ist man oft deutlich sensibler. Dann spürt man schon, ob jemand einen nur so abspeisen will – und dazu halt einen Bibelvers benutzt. Es könnte auch etwas anderes benutzt werden, aber weil man es so macht, ja genau.
Ich finde es ganz wichtig, dem anderen auch Zeit zu lassen, gerade in der Trauer, damit eine Wunde langsam heilt. Es wird so sein, dass der Trauernde immer wieder mal kommt – natürlich kommt es auf den Trauerfall an – aber immer wieder mal über diesen Verlust sprechen muss.
Deshalb ist es gerade wichtig, wenn die Beerdigung vorbei ist, dass man immer wieder die Gelegenheit gibt, zu reden oder den Kontakt zu jemandem aufzunehmen. Man sollte einfach versuchen, die Brücke immer wieder zu ihm zu bauen. Denn dann, glaube ich, setzt die Trauer wirklich ein.
Dann ist das ganze, ich sage es mal, Beerdigungsbusiness vorbei. Dann wird einem bewusst: Die Person ist nicht mehr da, sie fehlt mir. Und das ist dann, ja, das ist leider so endgültig. Ja.
Was würdest du sagen, wenn manche fragen: „Ach, du trauerst ja immer noch? Ja, du trauerst ja immer noch, so nach einem Jahr oder so.“ Früher war es ja so, dass man ein Jahr lang schwarz trug, ein Jahr lang trauerte, und dann plötzlich war die Trauer vorbei. Es kommt manchmal auch ein bisschen so rüber nach dem Motto: „Oh, das Jahr ist jetzt rum, jetzt leb mal wieder.“
Ich glaube, Trauer braucht wirklich Zeit. Dabei ist es ganz unterschiedlich, wie viel Zeit jeder Einzelne dafür braucht. Bei manchen dauert die Trauer tatsächlich sehr lange, und das darf man dem Trauernden auch zugestehen.
Es gibt verschiedene Phasen im Trauerprozess. Dabei ist es nicht so, dass man sagt: „Jetzt habe ich Phase eins durchlaufen, jetzt kommt Phase zwei, dann Phase drei.“ Manchmal geht es hin und her. Man ist mal oben, dann plötzlich wieder komplett unten. Man kann auch wütend auf Gott sein und sich fragen: „Warum lässt er das zu? Warum hat er mir die Person genommen?“ Manchmal versteht man Gott nicht mehr.
Ich glaube, das ist ganz wichtig, wenn man jemanden begleitet. Es ist nicht hilfreich zu sagen: „Hey, ich dachte, du bist über diese Phase schon hinweg.“ Es kann wirklich hin und her gehen.
Außerdem sollte man andere nicht von oben herab korrigieren, wenn sie in ihrer Trauer bestimmte Bibelverse anders verstehen. In den Psalmen sieht man, dass Menschen manchmal wütend auf Gott sind und das nicht einordnen können. Theologisch mag das nicht immer in Ordnung sein, aber man muss die Person darin einfach verstehen.
In solchen Situationen ist es überhaupt nicht angebracht zu sagen: „Das darfst du nicht sagen“ oder „Das darfst du nicht denken.“ Vielmehr sollte man mit dem anderen mitleiden und nicht alles bewerten, auch nicht das, was der andere sagt. Wenn jemand länger Zeit braucht, ist das kein Zeichen geistlicher Unreife.
Ich finde es bei Hiob immer spannend: Am Ende hat Gott die Freunde zurechtgewiesen und gesagt, Hiob hat Recht von mir geredet. Wenn ich die Kapitel anschaue, würde ich sogar sagen, dass Hiob Gott angeklagt hat – auf eine Weise, die nicht in Ordnung ist. Gottes Urteil war aber anders. Er scheint anders auf die Herzen zu schauen.
Diese Bewertung, die wir manchmal vornehmen – nach dem Schema, wie etwas ablaufen soll, wie wir es kennen oder wie es sein muss – stört oft den Trauerprozess bei anderen. Manche haben gern klare Regeln, wie Trauer abzulaufen hat, vielleicht gibt ihnen das Sicherheit. Aber dadurch können sie den Trauerprozess anderer Menschen behindern.
Viele haben sicher schon erlebt, dass es unangenehme Begegnungen gibt, die etwas aufwühlen, was nicht nötig gewesen wäre – nur, weil es auf die falsche Art und Weise gesagt wurde.
Was würdest du sagen, was sind Dinge, die man nicht tun sollte?
Also, was man tun sollte, ist zuhören, nicht zu bewerten, für den anderen da sein und vielleicht auch nach einer Weile mal konkret werden wollen. Nicht immer alles gleich, weil am Anfang so viel auf einen einstürmt – das war das Positive.
Was sind jetzt so No-Gos? Ich glaube, No-Gos sind, wenn man wenig Rücksicht nimmt. Zum Beispiel, wenn jemand einen Pflegefall hatte und du dann sagst: „Du kannst ja jetzt wenigstens reisen“ oder Ähnliches. Da ist eine tiefe Trauer bei der anderen Person, und ich sehe es nur aus meiner Perspektive.
Oder wenn ich sage: „Vielleicht habe ich ja Ähnliches erlebt“, aber dann setze ich das, was ich erlebt habe – und ich bin vielleicht schon sieben Jahre über den Trauerprozess hinweg – der anderen Person vor. Ich sage dann: „Ja, und heute ist es so und so“, verbunden mit einer Erwartung, dass die andere Person bald an diesen Punkt kommen soll.
Ich glaube, das sind No-Gos: Wenn ich eine Erwartungshaltung an den anderen stelle. Zum Beispiel: „Ihr habt ja selber euren Sohn verloren.“
Was würdest du denn sagen, was sind No-Gos? Was hast du erlebt, wo du sagst: „Ey, das geht gar nicht“?
Also, zum einen haben bestimmte Dinge Leute selbst gesagt, und es kam ganz unterschiedlich an. Das ist so verabredet. Man spürt wirklich, wie derjenige ist. Egal, wie gut oder schlecht er das kann, wenn er dir begegnen will, ist alles okay. Dann kann er keine Fehler machen. Wenn er es schlecht kann, macht er trotzdem keine Fehler, weil ich das Herz dahinter spüre. Ich spüre, dass er dir begegnen will.
Und dann hat er etwas total Dummes gesagt. Ich bring dir ein Beispiel: Unser Sohn ist vor vier Jahren mit 18 Jahren verstorben. Er war schwerstbehindert sein Leben lang. Er wurde 18 Jahre lang gepflegt, konnte nicht sprechen, nicht selbst essen, nicht selbst sitzen und nicht gehen.
Dann meinte eine Person zu mir, die einfühlsam sein wollte, halbwegs, und hat den Tod unseres Sohnes mit dem Tod ihres Hundes verglichen. Da muss ich sagen, ich habe den Vergleichspunkt erst nach einer Weile verstanden: Der Hund bedeutete ihr sehr viel.
Ich fand das ein bisschen schwierig, weil das schon zu weit auseinanderliegt. Ich habe der Person das aber nicht übel genommen, weil sie selbst etwas viel Schlimmeres erlebt hat, aber komischerweise den Hund genannt hat. Eigentlich hätte sie etwas anderes nennen sollen. Wahrscheinlich hat sie da selbst noch dran geknabbert und hat es deswegen so versucht.
Das war dann, finde ich, ein bisschen unpassend, wenn man es rein objektiv betrachtet. Aber was dahinter steckte, war wieder in Ordnung, obwohl ich es ein bisschen absurd fand.
Weil du das Herz von ihr gesehen hast?
Ja, ich fand es trotzdem noch ein bisschen unpassend, aber es wurde dann aufgewogen.
Was ich wirklich schlecht finde: Manche können nicht schweigen. Die müssen sofort etwas erzählen. Wenn du erzählst, dein Vater ist gestorben, dann wissen sie auch sofort: „Oh, meine Tante, da ist der Onkel gestorben“ und so weiter. Sie kommen sofort mit irgendwas von sich selbst.
Aber sie sollten erst mal zuhören, denn mein Vater ist jetzt gestorben oder mein Sohn ist jetzt gestorben. Die Tante, die vor drei Jahren gestorben ist, ist jetzt nicht das Thema. Das kann man später im Gespräch sagen, wie man das damals erlebt hat und so weiter.
Im ersten Moment sollte man sich der Person widmen, die einem gegenübersteht. Und das können viele nicht. Vielleicht ist das ein bisschen hart, aber manche Menschen wollen das auch nicht.
Ich habe gemerkt, manche drücken das weg. Sie haben keine Berührung mit dem Tod, und das ist ein Problem.
Ich sehe zwei Grundprobleme: Das eine ist, dass man heute keine Berührung mehr mit dem Tod hat und deswegen nicht damit umgehen kann. Das, denke ich, ist langbar.
Das zweite ist, dass man keine Verbindung zu diesem Menschen aufgebaut hat. Man kommt einfach, gibt seine Karte ab, wirft die Blume ins Grab – aber nicht zwei Blumen, weil das falsch ist, oder nicht die falsche Blume, weil das für die Angehörigen wichtig ist. Man versucht, diese Regeln einzuhalten, begegnet aber gar nicht dem Menschen.
Das ist das zweite große No-Go: dem Trauernden nicht wirklich begegnen.
Ja, genau. Und gut, dann hat man auch verschiedene andere unpassende Sachen erlebt, aber das denke ich nicht generell. Das erwähne ich jetzt gar nicht.
Ich finde es spannend, dass du sagst, du hast in dieser oder letzter Woche jemanden gehört, bei dem das Kind verloren wurde, bevor es geboren war. Er hat es auch beim Namen genannt. Er meinte, wenn die Leute einfach zuhören würden und nicht sofort bei sich selbst wären, um ihre guten Ratschläge zu geben, dann wäre vieles anders.
Ja, ich denke, das ist das Wesentliche an dem, was oft falsch gemacht wird. Wie gesagt, wenn man die Thematik nicht kennt, lässt sich das lernen. Und ich glaube, das wird von Trauernden auch verziehen. Zumindest denke ich das.
Gut, jetzt waren wir bei dem, was nicht hilft. Vielleicht gehen wir jetzt auf die positive Seite: Was hilft denn konkret, wenn man jemanden verloren hat?
Wir sind jetzt, weiß ich nicht, wollen wir am Friedhof anfangen oder bei der Beerdigung? Oder wo fangen wir an?
Was wirklich hilft, ist auch, wenn ich mich mit dem Trauernden vielleicht auch nach der Beerdigung treffe. Zum Beispiel, wenn man gemeinsam zum Friedhof geht oder Bilder des Verstorbenen anschaut. Oder wenn man Gegenstände betrachtet, die ihm gehört haben, und sich miteinander an ihn erinnert.
Wenn jemand den Verstorbenen nicht so gut gekannt hat, kann das manchmal weit weg erscheinen. Aber ich versuche dann, mich in die Lage des anderen hineinzuversetzen. Vielleicht muss ich den Trauernden auch erst darauf aufmerksam machen, dass es für ihn hilfreich wäre, wenn jemand mit ihm Trauerarbeit macht.
Dann sagt man, wie du eben auch gesagt hast: „Das muss doch überwunden sein.“ Man kann aber auch sagen: Du hast deine Zeit, und bestimmte Dinge kannst du nicht einfach überwinden. Wenn dein Vater zum Beispiel mit fünfundneunzig Jahren stirbt, dann ist das der Lauf des Lebens. Manche haben trotzdem noch starke Probleme damit. Das gilt auch, wenn Großeltern sterben, besonders wenn eine sehr enge Bindung bestand.
Anders ist es, wenn man zum Beispiel ein Kind im Mutterleib verliert. Das bleibt dein Leben lang. Das geht nicht weg. Ich glaube, mit der Zeit lähmt es einen nicht mehr so sehr, aber es gibt wahrscheinlich Triggermomente, in denen der Schmerz plötzlich wieder da ist. Ich finde daran nichts Falsches, denn ein lieber Mensch ist gegangen.
Das bedeutet nicht, dass du, wenn du leidest, keine Hoffnung haben kannst. Manchmal können beides gleichzeitig da sein: Freude in den Tränen und das Erleben von Gott, wie er zu dir kommt – auch in die Tiefen der Trauer und des Schmerzes. Das kann alles zusammen sein.
Auch wenn eine Wunde ein Leben lang bleibt, bist du trotzdem in Gott geborgen. Das ist kein Widerspruch. Ich glaube, wir machen uns das manchmal zu einfach, wenn wir versuchen, die Trauer oberflächlich zu kitten. Nach dem Motto: „Jetzt sind zwei Jahre vorbei, jetzt sind drei Jahre vorbei, und jetzt ist die Phase vorbei.“ Jeder hat da unterschiedliche Vorstellungen, was wann vorbei sein soll.
Aber Trauer kann immer wiederkommen, und das ist in Ordnung. Ein Mensch ist gegangen, und man darf weiter trauern. Das bedeutet nicht, dass man seine Hoffnung verleugnet.
Ich finde es ganz wichtig, was du gesagt hast: Man darf gemeinsam auch zu Gott kommen. Das ist ein Stück weit Trauerbewältigung oder Trauerarbeit. Immer wieder zu sagen: „Herr, ich verstehe es nicht, aber ich bringe es dir.“
Wenn jemand gläubig geworden ist, habe ich natürlich die Hoffnung, dass ich weiß: Okay, der ist jetzt wirklich bei Jesus. Das ist nicht nur ein Gedankenkonstrukt, sondern wird real. Ich weiß, ich werde die Person wiedersehen. Ich weiß, diese Person ist jetzt bei Jesus.
Trotzdem bleibt, wie du sagst, manches an Schmerz einfach da.
Entschuldigung, dass ich jetzt noch einmal auf das Thema von vorhin zurückkomme, das eigentlich nicht so oft angesprochen wird: Friedhöfe und Friedhofsbesuche. Ich möchte von meinen eigenen Erlebnissen auf Friedhöfen berichten. Es ist nicht viel, aber doch eindrücklich.
In unserem Grabfeld gibt es ein Grab von einem jungen Mann, der sich vom Hochhaus gestürzt hat. In den nächsten fünf Gräbern um uns herum liegen drei Frauen, die zwischen 38 und 47 Jahre alt gestorben sind – also relativ jung. Bei Erdbestattungen sind oft ältere Menschen bestattet. Wenn jemand jünger stirbt, wird häufig eine Erdbestattung gewählt, weil man dann einen Ort der Trauer braucht, um das Geschehene zu verarbeiten. Um uns herum sind also drei solcher Gräber.
Bei einem dieser Gräber ist ein Mann mit seinen zwei Kindern, der das Grab leider schlecht pflegt. Es ist nicht gut bepflanzt, es wächst viel Unkraut, und so weiter. Wenn man dann auf dem Friedhof ist, kommen manchmal Bekannte – ich hoffe nicht die Verwandten – und ziehen über den Mann her, weil er das Grab so vernachlässigt. Das finde ich extrem pietätlos. Der Mann kämpft damit, seine zwei Kinder durchzubringen, und hat selbst noch nicht ganz erfasst, dass seine Frau relativ jung gestorben ist. Und dann regen sich andere wegen ein bisschen Unkraut auf.
Natürlich gibt es auch die andere Seite, aber manche Menschen verhalten sich auf dem Friedhof wirklich pietätlos. Manchmal versteht man es nicht sofort, aber manchmal erfährt man später den Grund. Ich habe einmal ein sehr ungepflegtes Grab gesehen, das eigentlich nur aus Unkraut bestand. Später habe ich erfahren, warum das so war. Da habe ich verstanden, dass es einen gut nachvollziehbaren Grund gab. Das zeigt, dass man vorsichtig sein sollte, wenn man schnelle Urteile fällt – auch auf Friedhöfen.
Manche Menschen treffen sich dort, lachen laut – das kann man durchaus machen. Ich habe da überhaupt nichts dagegen. Bei uns sind eigentlich Fahrräder und Hunde auf dem Friedhof verboten. Ich habe nichts dagegen, wenn jemand mit dem Fahrrad kommt, um bei seinem Vater am Grab zu sitzen. Er soll das Fahrrad aber nicht mit ins Grabfeld nehmen, das finde ich nicht so gut. Andererseits gibt es Menschen, die über andere herziehen, während sie selbst auf dem Friedhof sind. Das passt für mich nicht zusammen. Wenn man zu einem Grab kommt, zu dem man eine Beziehung hat und sich erinnern möchte, sollte man nicht gleichzeitig über andere urteilen. Das kann ich im Kopf einfach nicht zusammenbringen.
Entschuldigung, ich bin jetzt wieder etwas abgeschweift. Wir waren eigentlich beim Thema Hilfreiches in der Trauerphase, also auch mal mitzutrauern und diesen Prozess gemeinsam zu durchleben.
Vielleicht hört man immer wieder die Frage, ob es überhaupt möglich ist, in der Trauerphase zu lachen. Kommt das nicht auf den Typ an?
Ja, das hängt vom Typ ab. Aber ich glaube, was wichtig ist: Wenn man lacht, bedeutet das nicht, dass man die Trauerphase überwunden hat. Du hast es gerade auch gesagt – Dinge können manchmal nebeneinander bestehen. Man kann sich freuen und lachen, und trotzdem heißt das nicht, dass die Trauerphase vorbei ist.
Es ist einfach sehr individuell, und ich denke, es ist wichtig, das im Blick zu behalten. Für mich ist es auch wichtig, dass ihr vielleicht schon mitbekommen habt, dass Kinder anscheinend ganz anders trauern. Kleinere Kinder können manchmal wirklich tief vom Tod einer Person erfasst sein, wenden sich aber gleichzeitig dem Fußballspielen oder ähnlichen Dingen zu.
Das ist dann nicht pietätlos, sondern zeigt, dass sie oft eine andere Art haben, mit manchen Dingen umzugehen. Ich glaube, das ist ebenfalls wichtig, im Blick zu behalten.
Was würde ich bei einer Beerdigung zu Kindern sagen?
Ich kenne die Situation von meiner Mutter. Sie wurde bei der Beerdigung ihres Vaters nicht mitgenommen. Er war Kriegsheimkehrer und starb relativ früh an einer Krankheit, mit Mitte vierzig. Damals war es üblich, Kinder nicht mitzunehmen. Das hat sie ihr Leben lang begleitet. Deshalb glaube ich, dass ich Kindern immer die Chance geben würde, bei der Beerdigung selbst dabei zu sein.
Ich selbst war vielleicht fünf oder sechs Jahre alt, als ich meinen ersten Toten gesehen habe. Es war immer so, dass wir die Verstorbenen angeschaut haben. Bis zu meiner ersten Hochzeit mit 18 oder 19 Jahren war ich bestimmt auf mindestens 20 bis 25 Beerdigungen. Das ist viel, aber für damalige Verhältnisse normal. Ich habe sehr viele Todesfälle erlebt. Bei manchen hat es mir vielleicht nicht unbedingt geholfen, aber ich wäre heute sensibler.
Ich weiß auch, dass Kinder manchmal sehr empfindlich reagieren und diese Bilder nicht mehr aus dem Kopf bekommen. Deshalb würde ich unterscheiden, ob ein Kind den Verstorbenen im Sarg sehen muss oder ob es nur auf der Beerdigung dabei ist.
Dennoch würde ich einem Kind, das mit dem Verstorbenen verwandt ist, immer die Möglichkeit geben, teilzunehmen. Dabei setze ich natürlich voraus, dass ich meine kleinen Kinder nicht zu jemandem mitnehme, den ich nur flüchtig kenne. Das sehe ich als selbstverständlich an.
Früher war das nicht selbstverständlich. Es kamen auch Nachbarn, Mieter oder andere Bekannte. Das erinnert mich an die Kultur meiner Frau. Auf der Beerdigung war man dabei, das ganze Dorf kam vorher ins Haus und auch zur Beerdigung selbst. Das gehörte sich so. Es gab mehr Gemeinschaft untereinander, muss man sagen.
Was die Bilder angeht, muss man vorsichtig sein. Es gab eine Sache, die ich bewusst vermieden habe. Wir haben unsere Beerdigung sehr bewusst gestaltet, auch mit den anderen Kindern. Jeder konnte seinen Teil beitragen, wie er wollte. Auf Details gehe ich jetzt nicht ein.
Aber eine Sache haben wir ganz bewusst gemacht: Ich habe Probleme damit, wenn mein eigener Sohn im Sarg abgesenkt wird. Deshalb haben wir weiße Luftballons genommen, die genau in dem Moment nach oben steigen gelassen wurden. So musste ich nach oben schauen, während der Sarg unten war.
Das ist ein sehr wichtiger Rat, den ich auch weitergeben würde. Ich kenne einen Freund, dessen Frau gestorben ist. Dort gab es kleine Kinder, die haben es genauso gemacht: weiße Luftballons wurden gestartet, als der Sarg abgesenkt wurde.
Wir haben das vorher überlegt. Ich weiß nicht mehr genau, woher wir die Idee hatten. Aus der Gruppe oder Klasse meines Sohnes sind inzwischen alle Schwerstbehinderten verstorben. Der letzte starb mit zwanzig Jahren. Deshalb haben wir uns vorher Gedanken gemacht und einiges gesehen, was uns geholfen hat.
Ich finde es gut, die Beerdigung bewusst zu planen und einen gewissen Vorlauf zu haben. Sonst ist alles so komprimiert und man muss sehr schnell Entscheidungen treffen.
Zum Beispiel beim Sarg: Wir haben einen sehr hellen Sarg ausgesucht, fast weiß, weil es ja eigentlich ein Kind war. Das Beerdigungsinstitut hatte keinen passenden. Sie sagten, am Nachbarort gebe es einen Sarggroßhändler. Dort haben wir zehntausend Särge gesehen und den passenden ausgesucht.
Das war spannend, aber egal. Ich hatte die Korntaler Bestattungskultur im Kopf. Die haben früher weiße Särge mit einem roten Kreuz für das Blut Christi verwendet. Das hatte sich bei mir schon Jahre vorher festgesetzt. Ich dachte, das passt einfach zu ihm.
Auch der Grabstein hat lange gedauert, bis wir ihn hatten. Aber jetzt passt er. Jetzt passt alles.
Du bist vorher noch zum Friedhof zurückgegangen. Wir haben gesagt, dass das hilft, aber jetzt geht es um den Tag der Beerdigung. Ich glaube, es ist schon wichtig, an diesem Tag da zu sein. Das ist auch der heftigste Tag für denjenigen, der zurückbleibt.
Ich denke, es ist wichtig, am Tag der Beerdigung präsent zu sein. Für die Hinterbliebenen kann das eine große Stütze und Hilfe sein. Es stärkt auch ein Stück weit das Vertrauen oder so in der Richtung. Wenn man es kann – klar, das geht nicht immer. Du hast gesagt, wenn der 95-jährige Vater stirbt, dann ist es manchmal so, dass man sagt: Ja, okay, der war vielleicht nicht da. Aber ich glaube, man sollte das auf jeden Fall im Blick haben und sagen: Bei dieser Beerdigung möchte ich gerne dabei sein.
Wir haben zum Beispiel sehr darauf geachtet, eine Uhrzeit zu wählen, bei der Leute keinen Urlaub nehmen müssen. Wir haben den spätesten möglichen Termin am Freitag genommen, das war am frühen Nachmittag. Später macht der Friedhof bei uns am Ort nicht. Wir haben das so gewählt, weil viele am Freitagmittag Schluss machen können. Dann gehen sie vielleicht eine Stunde früher und es ist für sie nicht so schwierig.
Das ist eine von diesen vielen Überlegungen: Welche Lieder macht man, wen ruft man an, wer spielt? Das muss ja auch alles geklärt werden. Die Woche ist purer Stress – so die Beerdigungswoche. Auf jeden Fall.
Und dann denke ich, was wichtig ist, wenn man eine gute Beziehung hat, einfach mal nach drei, vier Wochen nachzufragen. Denn dann ist die anfängliche Hilfe oft weg. Alles ist vorbei, und dann beginnt die Trauer erst so richtig langsam. Davor war es ja so viel, dass man nicht wirklich Herr seiner Sinne war, je nachdem, wie nah man der Person stand und was zu tun war.
Ich glaube, was auch noch schwierig für mich ist, ist, wenn ich nicht der Pastor bin, der die Beerdigung hält. Daran habe ich mich über die Jahre auch nicht gewöhnt. Es ist einfach schwierig, wenn du dann vom Grab weggehst und zu den Angehörigen gehst – was sage ich dann? Das ist für mich immer noch eine echte Herausforderung.
Es kommt darauf an, wie gut ich die Person kenne. Ich wünsche ihr einfach, dass Gott sie tröstet, oder ich erzähle von der verstorbenen Person vielleicht ein ganz kurzes Erlebnis, bei dem ich sie sehr geschätzt habe. Wenn da sechs, sieben Angehörige stehen, suche ich mir oft eine Bezugsperson, die ich näher kenne. Manchmal ist es so, dass der Ehepartner zurückgeblieben ist und dann die Kinder da sind, die ich sonst noch nicht kenne.
Wie geht es dir, wenn du auf Beerdigungen bist und in so einer Situation? Wenn ich die Angehörigen nicht kenne, muss ich sagen, halte ich mich kürzer. Ich schaue natürlich vorher ein bisschen, wenn ich nicht zum engsten Kreis gehöre. Da kenne ich die Leute ja normalerweise. Ich versuche herauszufinden, wer wer ist, und lasse mir vielleicht vorher sagen, wen ich kenne. So habe ich einen Bezugspunkt, um etwas sagen zu können.
Manchmal ist es auf Beerdigungen relativ einfach, weil es feste Formeln gibt. Im Siebenbürgischen zum Beispiel sagt man „umatmet“ und dann „Mach dich stark“. Das ist eine feste Formel. Ich habe es jetzt nicht genau im Kopf, wie es auf Siebenbürgisch heißt, aber es ist so etwas Ähnliches. Dieses Positive kann man auch einbringen, je nachdem, wie die Situation ist und wie viele Leute auf der Beerdigung sind.
Manchmal muss man gleich wieder weg, dann macht man es kürzer. Wenn man ein bisschen Zeit hat und merkt, die Leute wollen weg, hält man sich eher zurück. Dann redet man vielleicht auf der Feier danach oder beim nächsten Treffen.
Ich mache das von der Situation abhängig und davon, wie gut ich die verstorbene Person kenne. Manchmal fand ich es ganz gut, was du vorhin gesagt hast – kurz etwas sagen und dann dem anderen Raum geben, um zu reden. Ich habe es auch schon erlebt, dass ich gar nicht viel gesagt habe und der andere von sich aus etwas erzählen wollte.
Bei der Beerdigungsfeier unseres Sohnes kam zum Beispiel jemand auf mich zu, der unbedingt etwas über mich erzählen wollte. Da habe ich einfach zugehört. Manchmal muss man gar nichts sagen.
Natürlich ist es schwierig in manchen Situationen, gerade wenn man jemanden kaum kennt oder die Umstände anders sind. Aber dann kann man es auch freundlich ausdrücken, sein Beileid wünschen oder Ähnliches.
Für mich bleibt es auf jeden Fall eine schwierige Situation. Der Tod kommt ins Leben, und das wird man nie ganz auflösen können – egal wie.
Was ist, wenn der Verstorbene kein Christ war? Vielleicht abschließend dazu: Für die anderen hat man Hoffnung. Paulus schreibt das in 1. Thessalonicher 4. Dort heißt es: „Das schreibe ich euch, damit ihr nicht ohne Hoffnung seid wie die übrigen.“ Das schreibt er an die Christen.
Dann erzählt er ihnen von dieser herrlichen Hoffnung. Er berichtet davon, dass Jesus kommt, um diejenigen zu holen, die an ihn glauben. Wenn jemand diese Hoffnung nicht hatte, muss man das, glaube ich, auch nicht in den Mittelpunkt stellen.
Es wäre nicht hilfreich zu sagen: „Du weißt ja, er hat diese Hoffnung nicht gehabt.“ Das weiß der Trauernde meist selbst. Und das macht seinen Schmerz oft nur noch größer. Wenn man die Verlorenheit des Verstorbenen betont, wird er dadurch auch nicht gerettet. Das sollte man sich bewusst machen.
Vielleicht kann man dem Trauernden zeigen, dass er dankbar sein darf für den Verstorbenen. Vielleicht muss man ihm auch sagen: „Nicht jetzt, sondern später – vergib ihm, trage ihm die Bitterkeit nicht nach.“ Das ist dann sicher in einem Anschlussbesuch sinnvoll, wenn diese Gefühle sehr stark im Herzen sind.
Ich denke, dass die Dankbarkeit für manche Momente und Impulse des Verstorbenen dem Trauernden helfen kann, mit der Zeit über den Verlust hinwegzukommen. Er kann so erkennen: „Okay, ich muss mich nicht nur auf das Ende fixieren, auch wenn es dramatisch ist. Das ist ja bei Jesus, nicht fix.“ Stattdessen darf ich auch dankbar sein für sein Leben.
Der Verstorbene hat mir einige Impulse gegeben, die mir auch heute noch helfen. Ich glaube, diese Dankbarkeit ist wichtig. Sonst kann man leicht in eine Negativspirale geraten – mit Bitterkeit, Fragen und allem, was dazu gehört.
Es hilft wirklich, zu schauen: Wofür bin ich dankbar? Was hat das Leben des Verstorbenen bereichert?
Was ich auch mal interessant fand: Ein Pastor hat einmal gesagt, er predigt nicht für die Toten, sondern für die Trauernden.
Das hat mir ein bisschen geholfen zu verstehen, dass ich mit dem Verstorbenen spreche. Und wenn er kein Christ ist, kann ich ihm zumindest die Hoffnung geben – auch wenn es in anderen Fällen nicht so ist.
Ja, das stimmt. Jetzt sind wir am Ende bei dem eher Hoffnungslosen. Ganz, ganz schlecht.
Um das abzurunden: Das Wunderbare ist, dass der Tod nicht das Ende ist. Für Christen ist der Tod nur ein Zwischenschritt zu einer herrlichen Zukunft, für niemanden das endgültige Ende. Auch für Nichtchristen geht es weiter, allerdings nicht positiv.
In der Trauerphase darf man erfahren, dass man sich nicht festklammern oder versuchen muss, alles allein zu bewältigen. Bei einem großen Verlust – wie sollte das auch gehen? – kann man sich in Gottes Hände fallen lassen. Er hat den Tod besiegt und kann auch in die tiefste Dunkelheit bei Menschen hineinkommen. Ob es Hiob ist oder andere Menschen, das ist ihm nicht zu klein.
Er kann auch in deinem Leid gegenwärtig sein. In Jesu Freude – trotz allem Leid – ist der Herr Jesus Christus da. Das ist das Wesentliche: Er hat wirklich die Auferstehungskraft und kann überall hineinkommen. Auf jeden Fall.
Ja, es ist ein ernstes Thema. Übrigens auch auf Hörerfragen zurückkommend – falls ich das am Anfang nicht erwähnt habe, weiß ich gar nicht mehr. Vielen Dank für solche Fragen, denn sie gehören zum Leben dazu. Es geht nicht nur darum, theologische Dinge zu bedenken, sondern auch darum, wie man das Leben bewältigt, wie es im Zwischenmenschlichen ist und wie es mit der Hoffnung aussieht.
Das sind jetzt keine Dogmen, aber sie sind enorm wichtig für das christliche Leben. Dafür sind wir auch dankbar, wenn ihr uns Fragen zu solchen Themen schickt. Ihr könnt uns gerne schreiben, unsere Adresse ist podcast@efa-stuttgart.de.
Wir wünschen euch Gottes Segen und dass ihr die Auferstehungskraft Christi und seine Freude auch im Leid erfahrt.