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Befähigt zu echtem Leben!

Kolosser 3,12-13

Einleitung

Paulus forderte uns auf unsere frühere Gesinnung radikal zu ändern. Wie das praktisch aussehen kann, zeigte ich anhand von 4 Punkten. Text lesen: Kol. 3,12-13

I. Welche neuen Kleider ziehen wir an? (12)

Nochmals, bevor uns gesagt wird, wie wir uns kleiden sollen, macht Paulus deutlich darauf aufmerksam wer wir sind. Fühlen wir uns da wirklich angesprochen? Identifizieren wir uns mit dieser Beschreibung oder denken wir im Stillen, das trifft auf mich leider nicht so ganz zu? Für mich müsste es vielleicht heissen: Ich bin ein begnadigter Sünder. Die Betonung müsste aber – damit ich mich wirklich identifizieren kann – auf Sünder liegen. Zu unvollkommen bin ich. Nein – das sind wir eben nicht! In Gottes Augen sind wir Auserwählte, Heilige und Geliebte. Erinnern wir uns doch daran, was Paulus bereits im Kapitel 1,22 schrieb: Aber weil Christus in seinem menschlichen Leib den Tod auf sich nahm, hat Gott jetzt mit euch Frieden gemacht. Als sein heiliges Volk steht ihr jetzt rein und fehlerlos vor ihm da. Wir sind rein und fehlerlos vor Gott, weil Jesus für uns gestorben ist! Statt sich gegen diese Wahrheit in falscher Demut zu wehren, sollten wir uns viel mehr darüber freuen! Statt wie arme Sünder geknickt durch diese Welt zu laufen, sollten wir mit einem gesunden Selbstbewusstsein den Herausforderungen dieser Welt begegnen.

Weil wir so sind, sollen wir uns auch entsprechend kleiden. Was würden Sie sagen, wenn ein Freund oder ein Sohn von Ihnen in einer russischen oder amerikanischen Uniform zu Ihnen käme? Angenommen, dass er nicht Staatsangehöriger dieser Nationen ist. Sie würden ihm sagen: Wie kommst Du dazu diese Uniform anzuziehen, Du bist doch Schweizer! Und wir sind eben nicht mehr wirklich Schweizer, Engländer, Amerikaner, Deutsche, Franzosen, sondern wir sind Bürger des Reiches Gottes und tragen eine ganz besondere Uniform. Diese Uniform hat wohlklingende Namen:

  • herzliches, aufrichtiges Erbarmen
  • Freundlichkeit – Güte
  • Demut – Bescheidenheit
  • Sanftmut – Milde
  • Geduld – Langmut

Das sind alles Eigenschaften, die Gottes Wesen eigen sind. Gott ist freundlich, bescheiden, sanftmütig, geduldig. Wir als seine Repräsentanten sollen nun diese Eigenschaften Gottes zum Ausdruck bringen. Es ist nämlich die Güte und Geduld Gottes, die uns zur Umkehr bewegte und nicht Härte und Gericht. Deshalb schreibt Paulus den Römern: Oder verachtest du den Reichtum seiner [Gottes] Güte, Geduld und Langmut? Weißt du nicht, daß dich Gottes Güte zur Buße leitet? Rö.2,4. Der grösste Beweis seiner Güte ist das Opfer seines Sohnes: damit er in den kommenden Zeiten erzeige den überschwenglichen Reichtum seiner Gnade durch seine Güte gegen uns in Christus Jesus. Eph.2,7. Wir sind nun aufgefordert die Freundlichkeit, Bescheidenheit, Milde und Geduld, die wir selber bekommen hatten, weiter zu geben. Jetzt mag der eine oder andere denken, dies ist aber eine unmenschliche Forderung, wer kann das überhaupt? Vergessen wir nicht. Unser Tank ist nicht leer. Wir sollen nicht etwas weitergeben, das wir selber nicht bekommen hätten.

II.Auswirkung der neuen Kleidung (13)

Nun folgt in Vers 13 eine praktische Anleitung zu Vers 12. Wir praktizieren das Indem wir uns gegenseitig ertragen und indem wir uns immer wieder vergeben.

Ertragt einander

Betrachten wir zuerst das ertragen. Ertragt einander! ertragen: anecho: heisst auch: aufnehmen, aushalten es kann sich auch auf das Anhören oder Aufnehmen eines Wortes beziehen. Aber auch die Bedeutung "auf sich nehmen". Es wird sogar für menschliche Gerüche angewandt. So wird über den kranken Antiochus geschrieben: Als er schliesslich seinen eigenen Gestank nicht mehr ertragen konnte... 2.Mkk.9,12a. Wir sollen uns also ständig ertragen! Oder anders gesagt: Wir müssen es lernen, uns gegenseitig auszuhalten. Gottes Volk ist eine ganz durchmischte Gesellschaft. Menschen aus verschiedenen Kulturen, verschiedenen familiären und religiösen Hintergründen finden durch Jesus zusammen. Wir werden miteinander verbunden. Zudem bringt jeder ein eigenes Temperament mit. Schnell verfallen wir der Ansicht, dass mein Verhalten und meine Einschätzungen richtig sein müssen.

Darf ich einmal unsere Denkweise etwas aufdecken. Natürlich müssen sich nur die Betroffenen betroffen fühlen. Ist es nicht so bei uns?: Wenn der andere so handelt, ist er eklig. - Wenn ich es tue sind es meine Nerven. Wenn der andere bei seiner Meinung beharrt, ist er eigensinnig. - Wenn ich es tue, ist es Standhaftigkeit. Wenn der andere meine Freunde nicht mag, hat er Vorurteile. - Wenn ich seine nicht leiden mag, beweise ich meine Menschenkenntnisse. Wenn der andere versucht, mir entgegenzukommen, will er sich einschmeicheln. - Wenn ich es tue, bin ich taktvoll. Wenn der andere Zeit braucht, etwas zu tun, ist er tödlich langsam. - Wenn ich noch länger dazu brauche, bin ich bedachtsam. Wenn der andere sich an Kleinigkeiten klammert, ist er verschroben. - Wenn ich es tue, bin ich gewissenhaft. Wir stehen immer in der Gefahr egozentrisch zu denken. Wir gehen gerne von unseren Möglichkeiten, von unseren Fähigkeiten, von unserem Charakter usw. aus. Ertragen heisst, dass ich die Andersartigkeit und die Originalität eines anderen respektiere. Es heisst auch, dass wir jemandem den Freiraum zum Wachsen geben.

Vergebt einander

Das Zweite ist: Wir sollen uns vergeben. Seid nicht nachtragend, wenn euch jemand Unrecht getan hat, sondern vergebt einander, so wie der Herr euch vergeben hat. Es gibt unter uns immer wieder Situationen, die uns schuldig werden lassen, sei es untereinander, oder sei es eine andere Sünde. Wir sollen einander vergeben. Wissen sie, was das Gegenteil von Vergebung ist? RACHE! Rache kann ganz verschiedene Gesichter haben. Gott möchte aber, dass wir uns vergeben. Vergeben heisst: Vergebung nimmt den Schmerz der seelischen Verletzung an und gibt das Recht auf Vergeltung, Bitterkeit oder Groll auf.[1] Niemand geringerer als Gott selbst dient als Vorbild! Wie schlimm wäre das für uns, wenn Gott uns ständig unsere Sünden vorhalten würde? Er verzichtet auf die gerechtfertigte Rache und er geht noch viel weiter. Er schenkt mir sein Vertrauen und lässt mich in seinem Dienst stehen. Er schämt sich nicht, mich sein Kind zu nennen. Oft haben wir mühe diese Vergebung anzunehmen, weil wir uns selber schwer tun wirklich zu vergeben.

Schluss

Wir sind als Gemeindeglieder angesprochen. Paulus meint nicht die anderen, sondern er meint Dich und mich. Ihr seid von Gott erwählt, der euch liebt und zu seinem heiligen Volk gemacht hat. Darum zieht nun wie eine neue Bekleidung alles an, was den neuen Menschen ausmacht: herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Bescheidenheit, Milde, Geduld. Ertragt einander! Seid nicht nachtragend, wenn euch jemand Unrecht getan hat, sondern vergebt einander, so wie der Herr euch vergeben hat. (GN) Amen.

----------------------- [1] Bobgan: Psychotherapie oder biblische Seelsorge, S. 164.