Begrüßung und erste Eindrücke
Guten Morgen! Ich hoffe, ihr habt die Nacht wieder gut überstanden, trotz der Mücken oder wie immer die Viecher hier heißen. Die sind noch ein bisschen aktiv, Manfred, habe ich heute festgestellt. Ja, nicht allzu sehr, aber doch ein bisschen.
Zu meinem möchte ich mich bedanken für die gute Aufnahme hier. Ich habe auch die Musik wirklich super gefunden – passend, würdig und wohltuend. Ergeben Ihnen Applaus, es war wirklich großartig.
Ich spreche auch öfter bei Jugendveranstaltungen, dort, wo die großen Bands sind. Die Leute dort sind ja ganz lieb, aber ich sage ihnen immer „Du“. Wenn ihr fertig seid, komme ich wieder, weil ich es nicht aushalte, es ist mir einfach zu laut. Aber das ist okay, mein Gott.
Eins noch: ein paar einleitende Gedanken. Zum einen, am Dauernhof suchen wir ab nächstem Jahr einen Koch oder eine Köchin. Wenn irgendjemand jemanden kennt, der gerne für etwa 400 Leute kocht, könnt ihr das gerne weitergeben.
Dann noch etwas Allgemeines: Ich hatte einige gute Gespräche und bin dankbar dafür. Es ist immer schön, persönliche Dinge von anderen zu hören und zu erfahren, wie Jesus wirkt und arbeitet.
Dankbarkeit im Leid und der Umgang mit Konfrontation
Und gestern kam auch ein lieber Bruder zu mir und sagte, dass es ihm schwerfällt, dankbar zu sein. Er meinte, es könne doch nicht sein, dass man im Leid dankbar sein müsse. Das sei zu banal. Außerdem sagte er, dass Jesus am Kreuz nicht dankbar gewesen sei, sondern geschrien habe: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
Wisst ihr, das ist übrigens etwas ganz Allgemeines. Ich bin immer sehr dankbar für Leute, die einen konfrontieren. Etwas, das wir unter Christen wieder neu lernen müssen, ist, uns gegenseitig zu konfrontieren und auch zu streiten. Leider haben Christen diese Kunst verlernt. Wenn jemand kommt und einem etwas vorwirft, dann sagt man oft gleich: „Mit dem habe ich nichts mehr zu tun“ oder „Dem höre ich nicht mehr zu.“
Ich möchte euch bitten, das nicht zu tun, denn man lernt immer etwas. Wenn mich jemand korrigiert oder etwas sagt, dann denke ich darüber nach. Ich bin dankbar dafür und bringe es vor Gott.
Es ist aber interessant, gerade was das betrifft. Ich habe gestern noch darüber gebetet, und heute werden wir Abendmahl feiern – zum Beispiel, um Jesus am Kreuz zu danken. Jesus hat dem Vater ehrlich gesagt, wie es ihm geht. Er war verlassen von Gott.
Im Garten Gethsemane hat er sogar dreimal gebetet: „Herr, lass diesen Kelch an mir vorübergehen, aber nicht mein, sondern dein Wille geschehe.“ Doch Gott hat zugelassen, dass Jesus leidet. Jesus hat aber auch das letzte Wort gesprochen: „In deine Hände befehle ich meinen Geist.“
Dankbarkeit und Vertrauen in Gottes Führung
Und gerade wenn wir heute Abendmahl feiern, habe ich heute Morgen in Lukas 22 gelesen. Dort heißt es: „Und da die Stunde gekommen war, legte er sich zu Tisch, und die Apostel mit ihm. Und er sprach zu ihnen: Mit Sehnsucht habe ich mich gesehnt, dieses Passahmahl mit euch zu feiern, bevor ich leide.“
Er nahm einen Kelch, dankte und sprach: „Nehmt diesen und teilt ihn unter euch.“ Dann nahm er Brot, dankte, brach es und gab es ihnen mit den Worten: „Das ist mein Leib, der für euch gegeben ist.“
Jesus hat sehr wohl gedankt, auch im Leid. Sogar in dem Moment, da sein Leiden am Kreuz bevorstand, denn er wusste, was es bewirken würde.
M. Basilius Schlink hat einmal gesagt – ein Vers, der auch in meinem Vorhaus an deinem Bild hängt: „Die Wege Gottes kann man meistens erst hinterher als richtig erkennen, aber vorher können wir ihn anbeten, dass er immer recht führt, und darauf kommt es an.“
Darum ist Dankbarkeit im Leid sehr wohl angebracht. Man kann Gott nämlich auch vorher anbeten und ihm danken, weil er recht führt, obwohl man das meistens erst später als richtig erkennt.
Deshalb möchte ich euch ermutigen: Denkt immer über Dinge nach, die euch Menschen sagen. Und wenn nötig, lasst euch korrigieren. Ich selbst habe mich schon oft korrigieren lassen und bin dankbar dafür.
Gedanken zur Verkündigung und zum Umgang mit Predigten
Gerade habe ich ein paar Mal über das Predigen im Internet gesprochen. Ich weiß nicht, wie viele hundert Predigten von mir im Internet sind, aber ich habe keine einzige gelöscht. Das tut auch kaum jemand. Es ist mir egal, und die wenigsten fragen, ob sie das dürfen. Auch das ist mir egal.
Ich stelle aber fest, dass es für viele ein großer Segen ist, egal wo ich hinkomme. Anfangs dachten wir ein bisschen, das sei blöd. Zum Beispiel habe ich eine Predigt im Süden gehalten, die im Norden noch niemand gehört hat. Aber jetzt kann ich überall hinfahren und sagen: „Ja, das habe ich auch schon mal gepredigt.“
Aber auch das ist eigentlich egal. Die meisten sagen mir: „Hans-Peter, es spielt keine Rolle, es war gut, die Predigt nochmal zu hören.“
Seht ihr, auch für manche von euch, die in der Verkündigung stehen, möchte ich noch etwas Ermutigendes sagen: Versucht nie, originell zu sein, sondern seid einfach nur wahrhaftig. Denn die Wahrheit wird Menschen freimachen.
Ich kenne Pfarrer und Prediger, die sich verausgaben, um originell zu sein. Wenn ich keine Predigten wiederholen würde, könnte ich nicht tun, was ich tue. Manchmal wird man müde von einer Botschaft, und dann werfe ich sie weg. Aber das heißt nicht, dass sie nicht wahr war.
Und seht ihr, wenn heute etwas Wahrheit ist, dann wird es hoffentlich auch in fünf Jahren noch Wahrheit sein. Obwohl ich manches, was ich vor zehn Jahren gesagt habe, heute nicht mehr so sagen würde. Man macht ja Lebenserfahrungen, lernt die Schrift hoffentlich besser kennen und korrigiert sich.
Das nur allgemein zu Beginn ein paar Worte zum Umgang damit.
Jesus als Ruhequelle im Alltag
Das Thema für heute Morgen ist eines, das ich schon sehr oft angesprochen und gepredigt habe. Es ist mir in meinem Leben, in meiner Biografie, so wichtig geworden. Deshalb glaube ich, dass es gut ist für die letzte Botschaft: Was kann ich euch noch mitgeben auf dem Weg hinaus?
Nämlich, wie kann ich jetzt im Alltag mit dem Herrn Jesus leben?
Da ist Matthäus 11,28, dieser Vers, in dem Jesus sagt: „Kommt her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, und ich will euch Ruhe geben für eure Seelen.“ Es geht darum, zu Jesus zu kommen.
Ich habe mir angewöhnt – manchmal vergesse ich es wieder –, dass ich am Morgen, bevor ich aus dem Bett steige, sehr oft sage: „Vater, ich gehöre zu dir. Vater, ich gehöre zu dir.“ Einfach, um mich daran zu erinnern, bevor ich aufstehe: Wem gehöre ich?
Es gibt gute Traditionen, und ich glaube, das ist eine gute. So kommt man zu Jesus. Ich komme zu ihm, ich komme zu meinem Vater und seinem Sohn.
Aber dann gibt es ein zweites: Es geht nicht nur darum, zu Jesus zu kommen. Jetzt kommt das Schwierigere – in Jesus zu bleiben.
In Jesus bleiben als tägliche Herausforderung
Johannes 15, dieser bekannte Vers vom Weinstock: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.“
In Jesus bleiben und zu Jesus kommen ist eine Sache – das schaffe ich noch halbwegs. Aber in Jesus bleiben ist die Herausforderung, und zwar den ganzen Tag hindurch.
Wie bleibt man in Jesus? Punkt Nummer eins ist, indem ich mit Jesus kommuniziere, mit ihm rede. Gott hat den Menschen, glaube ich, aus einem einfachen Grund geschaffen: Er wollte Menschen lieben, mit Menschen kommunizieren und ein Gegenüber haben. Nicht nur die Dreieinigkeit, sondern über die Dreieinigkeit hinaus ein Gegenüber.
Übrigens, Gott war nie einsam. Gott musste die Menschen nicht schaffen, damit er nicht mehr einsam ist, denn Gott hatte immer eine gute Gemeinschaft mit sich selbst. Wenn man darüber nachdenkt, ist es notwendig, dass Gott eine Dreieinigkeit ist. Sonst wäre er nicht Liebe und nicht perfekt. Denn man kann nur lieben, wenn man jemanden hat, den man lieben kann.
Das Problem zum Beispiel bei Allah ist, dass er ein Monad ist. Man kann unsere muslimischen Freunde fragen: Wen hat Allah geliebt, bevor er Menschen geschaffen hat? Darauf gibt es keine Antwort. Er konnte nicht lieben, weil er ein Monad ist. Darum, wenn Gott Liebe ist, muss er ein dreieiniger Gott sein, sonst kann er nicht Liebe sein.
Wenn man dann sagt, ja, darum hat er Menschen erschaffen, damit er lieben kann, dann hat man ein nächstes Problem: Dann ist Gott nicht perfekt, dann ist er nicht vollkommen in sich selbst. Aber wir glauben zwei Dinge: dass Gott Liebe ist und dass er vollkommen ist. Wenn du an diese zwei Dinge glaubst, muss Gott ein dreieiniger Gott sein, sonst geht es gar nicht.
Und durch die ganze Bibel hindurch, von Anfang an, hat Gott mit Menschen kommuniziert. Im 1. Mose 5 ist ein Kapitel, das du meistens auslässt, wenn du liest. Das ist die Ahnenreihe von Adam bis Noah. Für uns im Westen ist das meist langweilig, aber für Araber und Juden sind das die spannendsten Kapitel, weil Herkunft für sie wichtig ist.
In dieser Ahnenreihe gibt es eine „Blume“, wie ich sie nenne. Im 1. Mose 5,24 steht ein einfacher Satz: „Und Henoch wandelte mit Gott.“ Das ist einer meiner Lieblingssätze. Im nächsten Kapitel lesen wir in 1. Mose 6,9: „Noah wandelte mit Gott.“ Sie wandelten mit Gott, sie gingen mit Gott spazieren, sie redeten mit Gott.
Übrigens glaube ich nicht, dass Adam und Eva oder Noah und Henoch tatsächlich mit Gott gegangen sind, denn die Bibel lehrt, dass niemand Gott je gesehen hat, weil Gott Geist ist. Aber die Gegenwart Gottes war so real, dass Adam, Henoch und Noah mit Gott spazieren gingen. Und so ist es heute.
Ich weiß, ich kann Jesus nicht sehen, aber er ist da. Mit Gott wandeln – das ist, glaube ich, das Geheimnis unserer Gemeinschaft mit Christus.
Gebet als lebendige Kommunikation
Und wie funktioniert das?
Ich glaube, vielleicht liegt ein Grund, warum uns das Gebet oft schwerfällt, darin, dass wir Gebet häufig als ein Ritual sehen – vielleicht auch, weil wir so aufgewachsen sind. Als Junge habe ich immer geglaubt – ich weiß gar nicht genau, wer mir das beigebracht hat, wahrscheinlich habe ich es einfach beobachtet –, dass man beim Beten immer die Hände faltet. Das ist völlig in Ordnung, man kann gerne die Hände falten. Aber in der Bibel steht das nirgends, nur damit dir das bewusst ist. Es steht tatsächlich nur zweimal in der Bibel, nämlich im Buch der Sprüche: „Die Faulen falten ihre Hände und sterben“ oder so ähnlich. Das stimmt auch. Hände falten ist also sicher nicht schlecht, aber es ist kein biblisches Muss. Ich tue es auch, ich falte ebenfalls die Hände.
Früher habe ich beim Beten Hochdeutsch gesprochen. Ich weiß gar nicht warum. Ich glaube, Gott versteht auch Dialekt. Es war aber irgendwie so drin: Man schließt die Augen – das ist auch okay, es ist alles okay. Aber für mich wurde das zum Ritual. Ich dachte, so muss ich beten. Darum konnte ich beim Autofahren nie beten, weil mir das mit geschlossenen Augen schlecht ging.
Ein weiterer Punkt, der mich beim Gebet gehindert hat, ist eine Phrase, die ich auch heute immer wieder höre, wenn Christen sagen: „Mein Gebet geht nur bis an die Decke“ oder „Mein Gebet prallt an der Wand zurück.“ Dann sage ich ihnen: Das ist völlig okay, denn Gott ist ja unter der Decke. Aber ich verstehe ihr Argument sehr gut, denn mir ging es früher genauso. Ich habe gebetet und dachte, ich müsse irgendwie durchkommen zu Gott. Ich müsse mich konzentrieren und durchkommen, und nur dann funktioniere das Gebet wirklich. Bis ich gelernt habe, dass Christus in mir wohnt. Ich brauche nicht „durchzukommen“, auch nicht irgendwo hindurch, denn er ist ja da drinnen. Näher kann er nicht sein. Er ist viel näher, als ich geglaubt habe.
Ich muss mich nicht konzentrieren, um zu ihm zu kommen, denn er ist ja schon da. Aber das sind Gedanken oder Denkweisen, die wir vielleicht irgendwo aufgeschnappt haben und die es uns schwer machen, frei mit Gott zu reden und zu beten.
Das Schöne ist: Wenn man mit Gott kommuniziert, wenn man lernt, mit Gott zu reden, entsteht aus diesem Reden eine Gemeinschaft. Bei uns gibt es einen Spruch, der heißt: „Beim Reden kommen die Leute zusammen.“ Und das stimmt – man muss reden.
Wenn meine Frau und ich Probleme haben, liegt das immer am selben Grund: Wir haben nicht darüber geredet. Und wir haben eine schlechte Angewohnheit: Wenn wir dann gestritten haben, redet keiner mehr. Das ist überhaupt nicht gut. Aber was soll ich machen? So sind wir eben gestrickt. Es wird zwar ein bisschen besser nach 21 Jahren, man lernt ja, wie man damit umgeht. Aber es ist nicht immer einfach, wenn man so gestrickt ist.
Wenn man nicht redet, entsteht keine Gemeinschaft. Gemeinschaft entsteht durch Reden – nicht nur, aber in erster Linie.
Interessant ist zum Beispiel das gemeinsame Essen. Das finde ich hier so schön. Erstens ist es schön gestaltet, es ist einladend und gut. Aber wenn man am Tisch sitzt, redet man. Nicht nur über Gott und die Welt, man redet über alles – und das finde ich schön.
Ich habe auch eine Schwäche: Ich tue mich schwer, über oberflächliche Dinge zu reden. Meine Frau tut sich da viel leichter. Sie sagt manchmal: „Du willst nicht mehr so tief reden, der langweilige Typ.“ Ich weiß genau, was sie meint, denn oft sind gerade diese oberflächlichen Gespräche der Einstieg in tiefere Gespräche. Aber auch da sind wir verschieden.
Ich habe in der Bibel festgestellt, dass Gott immer gerne gegessen hat und noch immer isst. Essen in der Bibel bedeutet nicht nur, schnell den Hunger zu stillen. Essen steht immer für Gemeinschaft. Deshalb sind Mahlzeiten in Häusern wie diesen ein Schwerpunkt – und sollen es auch sein. Das ist absolut biblisch.
Es ist nicht biblisch, sich ständig zu überessen – das ist unbiblisch. Aber gut zu essen, dabei zu reden und sich daran zu erfreuen, ist biblisch.
Im Moment haben wir an der Bibelschule im Dauernhof 62 Bibelschüler aus zehn verschiedenen Ländern. Viele dieser jungen Leute haben zuhause verlernt, miteinander zu essen. Es geschieht nicht mehr. Am Morgen steht jeder auf, nimmt sein Müsli und Orangensaft, und dann trifft man sich den ganzen Tag nicht. Am Abend geht jeder in den Kühlschrank, holt sich etwas, es gibt keine gemeinsamen Zeiten mehr.
Ich finde es für unsere christliche Kultur sehr wichtig, das wieder einzulernen. Ich ermutige auch Familien und Eltern, das mit ihren Kindern zu üben. Das ist uns zuhause zum Beispiel wichtig: Gemeinsam zu essen, so oft es möglich ist. Auch wenn ich zuhause bin – was nicht allzu oft vorkommt – dann redet man halt den ganzen Tag über banale Dinge.
Ich gehe Holzhacken, das mache ich gerne. Meine Frau putzt das Haus oder macht sonst was. Und wir reden den ganzen Tag darüber: Wie geht es dir da? Soll ich dir helfen? Oder was auch immer. Wenn wir streiten, reden wir noch weniger. Aber das ist eher selten, kommt aber immer mal wieder vor.
Interessant ist, dass ich es eigentlich genieße, einmal am Tag, wenn ich zuhause bin, wenn Hannelore sagt: „Jetzt ist Beten-Zeit für Kaffee.“ Dann weiß ich, jetzt wird es ernst. Jetzt muss ich mich hinsetzen, richtig reden und richtig zuhören!
Denn Kaffee trinken bedeutet in Österreich – und ich glaube, in Deutschland ist es ähnlich – nicht einfach nur, ob man Kaffee trinkt oder nicht. Man trinkt Kaffee, weil das heißt: Man setzt sich hin und redet richtig. Man hört dem anderen zu.
Das sind auch die Zeiten, in denen man den Ehepartner mal fragt: „Wie geht es dir eigentlich?“ Nicht: „Wie geht es den Kindern? Wie geht es uns finanziell? Wie weit sind wir beim Haus? Hast du den Rasen gemäht? Wie wird das Wetter? Ist alles okay?“ Sondern wirklich mal fragen: „Wie geht es dir?“
Eine Frage an euch Ehemänner: Wann hast du deine Frau zum letzten Mal gefragt, wie es ihr eigentlich geht? Frag nur, wenn du Zeit hast, sonst ist das nicht passend, gell? Du musst dir dessen bewusst sein.
Eine zweite Frage an euch, die ihr Christen seid und mit Jesus lebt und ihn wahrscheinlich auch euren besten Freund nennt: Wann hast du Jesus zum letzten Mal gefragt, wie es ihm geht? Oder ist dir das egal? Hast du Jesus jemals gefragt, wie es ihm geht? Oder spielt das keine Rolle?
Wenn Christsein eine Gemeinschaft mit Jesus Christus bedeutet, dann sollte es uns doch ein Anliegen sein, ihn zu fragen, wie es ihm geht. Interessanterweise haben die wenigsten Christen Jesus jemals gefragt, wie es ihm geht. Sie erzählen ihm zwar dauernd, wie es ihnen geht, aber ihn fragen sie nicht.
Ich möchte euch ermutigen, das zu tun.
Jesus als Freund beim Kaffee
Jesus lebt und erfreut sich bester Gesundheit. Dennoch stellt sich die Frage, wie es ihm wirklich geht.
In meinem privaten Leben, wenn es ums Essen geht, lade ich meine Freunde ein. Menschen, die mir nahestehen, frage ich: „Gehen wir auf einen Kaffee?“ oder „Gehen wir mal zusammen essen?“ Auch Menschen, die mir ein Anliegen sind, lade ich ein.
Vor ungefähr zwölf Jahren, genauer gesagt im Jahr 2008, ist mir etwas aufgefallen. Ich lade meine lieben Freunde zum Kaffee ein, aber Jesus Christus, meinen Herrn und Heiland, meinen besten Freund, habe ich nie zum Kaffee eingeladen.
Seitdem gehe ich etwa einmal im Monat mit Jesus auf einen Kaffee, egal wo ich bin. Diese Zeit gehört zu den schönsten Momenten meines Lebens. Ich gehe in ein Café, wo mich niemand kennt, setze mich hin und bestelle einen Kaffee. Ich bestelle nur einen, damit die Kellnerin nicht verwirrt ist.
Dann sitze ich einfach da und rede mit ihm. Ich höre auf ihn, manchmal nehme ich die Bibel mit, manchmal nicht. Ich muss ehrlich sagen: Diese Zeiten sind für mich eine der schönsten Erfahrungen meines Lebens.
Gemeinschaft mit Jesus als Türöffner
Schlagen Sie mal Offenbarung 3,20 auf. Offenbarung 3,20 ist ein bekannter Vers, den wir oft für die Evangelisation verwenden. Zwar ist er an Christen gerichtet, aber das spielt keine Rolle – man kann ihn trotzdem verwenden.
In Offenbarung 3,20 sagt Jesus: „Siehe, ich stehe an der Tür und klopfe an. Wenn jemand meine Stimme hört und die Tür öffnet, werde ich zu ihm hineingehen und mit ihm essen, und er mit mir.“ Genau das steht hier. Er wird Gemeinschaft mit uns haben.
Was in der Bibel als gemeinsames Essen beschrieben wird, entspricht in unserer Kultur dem gemeinsamen Kaffeetrinken – einfach miteinander reden und dabei etwas genießen. Das Größte, was du Gott geben kannst, ist deine Zeit.
Hier im Speisesaal steht auf einer schönen Uhr: „Gott hat Zeit für dich.“ Die Frage, die sich daraus ergibt, ist: Hast du Zeit für Gott? Es ist manchmal schon interessant, dass wir gerade an einem Wochenende wie diesem, einem christlichen Männerwochenende, zusammen sein können, und es kann trotzdem sein, dass man nicht einmal fünf Minuten alleine mit Jesus verbracht hat.
In unseren Bibelschulen dauert die Bibelschule drei Monate. Es kommt vor, dass Studenten, die drei Monate hier sind, um die Bibel zu studieren, in dieser Zeit nicht einmal eine halbe Stunde alleine mit Jesus verbracht haben. Damit haben sie eigentlich alles versäumt.
Das ist, als würdest du auf ein Eheseminar gehen, um herauszufinden, wie man in der Ehe lebt, und würdest drei Monate lang mit deiner Frau nicht einmal eine halbe Stunde reden. Da ist der ganze Punkt verfehlt.
Eine Frage, die ich nicht leichtfertig stelle, sondern wirklich ernst meine: Wie viel Zeit hast du dieses Wochenende allein mit Jesus verbracht? Ich weiß, es ist voll. Aber es gibt keinen Ersatz dafür.
Es gibt keinen Ersatz dafür, dass du Zeit mit deiner Frau verbringst. Du kannst es mit nichts ersetzen – nicht mit E-Mail, auch nicht mit Telefon, so wichtig das ist. Du musst Zeit mit ihr verbringen, denn das gibt ihr die Wertschätzung, die sie braucht.
So ist es auch mit Gott: Wenn wir ihn anbeten wollen, das heißt wertschätzen, dann braucht es Zeit. Das Größte, was du Gott geben kannst, ist deine Zeit.
Die Bedeutung des Gebets verstehen
Aber manchmal habe ich mir schwergetan mit dem Gebet, mit dem Verstehen von Gebet. Ich habe da etwas gelesen, das ich euch vorlese: Welchen Sinn macht es, wenn wir Gott im Gebet Dinge erzählen, die er schon weiß? Das habe ich mich oft gefragt.
Jesus hat einmal gesagt: Euer Vater im Himmel weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet. Dann denke ich: Warum frage ich dann überhaupt? Gute Frage! Anliegen vorbringen, die er viel besser beurteilen kann – abgesehen von seiner Liebe – macht überhaupt keinen Sinn.
Aber in Anbetracht seiner grenzenlosen Zuneigung zu uns können wir gar nicht zu oft vor ihn treten, zu lange mit ihm sprechen und zu viel von ihm erbitten. Denn Gott in seiner Liebe ist nicht darauf aus, nur Bitten zu erhören, sondern uns zu erhören. Er möchte nicht etwas Neues von uns hören, sondern er will uns hören – und das immer wieder aufs Neue.
Warum sollen wir beten? Weil Gott dich hören will. Er will nichts Neues von dir hören, es gibt nichts Neues unter der Sonne. Er will dich hören.
Für die, die Kinder unter euch haben, ihr wisst genau, wie das läuft. Angenommen, ich rufe manchmal die Hannelore an, bevor ich nach Hause komme. Sie erzählt mir, was die Woche so los war, was der Lukas, der Älteste, gemacht hat, was bei ihm so los war.
Dann komme ich nach Hause in die Küche, und der Lukas sagt: „Vater, ich will dir erzählen, was die Woche so los war.“ Und ich sage nicht: „Halt den Mund, weiß ich schon.“ Natürlich nicht. Ich freue mich wahnsinnig darüber, wenn er als Teenager bereit ist, mir zu sagen, was er die Woche getan hat.
Ich weiß alles schon, aber ich will ihn hören. Ich will nichts Neues hören, ich will Lukas hören. Und Gott will dich hören. Nichts Neues von dir, das weiß er ja alles schon. Und darum beten wir.
Gebet als Gespräch mit Gott
Dietrich Bonhoeffer hat es wunderbar ausgedrückt: Es ist wichtiger, mit Gott über Menschen zu reden, als mit Menschen über Gott zu reden.
Eine Teilnehmerin an einem unserer Sommerprogramme, das „Abort Bound“ heißt, hat es einmal sehr schön formuliert. Deshalb lese ich es immer wieder gerne vor. Sie schrieb:
„Während meiner Zeit am Dauernhof befolgte ich deinen Rat und unternahm Spaziergänge mit Jesus. Ich ging sogar auf einen Kaffee mit ihm. Ich bekam nicht, was ich erwartet hatte, aber das, was ich empfing, übertraf alles, was ich mir erträumt hatte.
Auf einem dieser Spaziergänge öffnete der Heilige Geist mein Herz, und ich erkannte Jesus. Es war nicht nur ein Bescheidwissen über ihn, nein, ich erkannte ihn wirklich. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich keine Angst mehr vor ihm, und meine Seele wurde ruhig. Mein Herz fand eine solche Freude in der Person Jesu, dass ich mir wünschte, ich hätte für immer dort bleiben können.
Unabhängig von den Umständen, die mich umgaben, hat er mich verändert. Ich kann ehrlich bekennen, dass das, was Gott in meinem Herzen getan hat, kein geistliches Hoch war, sondern eine innere Verwandlung. Irgendwie hat Jesus all das, was ich über ihn wusste, genommen und lebendig gemacht – so lebendig und real, dass ich es mit Worten nicht beschreiben kann.
Der Dauernhof wäre nur ein wunderschöner Abenteuerurlaub gewesen ohne Jesus Christus. Aber wegen ihm ist mein Leben für immer anders geworden. Auch wenn ich niemanden vom Dauernhof jemals wiedersehe oder etwas von ihnen höre, ich habe ihn.
Wenn ich all meine Fotos verliere und alle Erlebnisse vergesse, habe ich sein Wort, und das ist ewig. Ich kam zum Dauernhof und wusste, was ich glaube. Als ich vom Dauernhof nach Hause fuhr, wusste ich, an wen ich glaube. Das ist mein Wunsch für euch: Lebt nicht mit einer Theologie, sondern lebt mit Jesus.“
Ich habe diesen Text aufgeschrieben – er stammt aus dem Jahr 2003, also vor fünfzehn Jahren. Gerade letzte Woche bekam ich einen Brief von ihr. Sie ist seit diesem Tag, an dem sie Jesus wirklich verstanden hat – nicht nur die Dinge über Jesus, sondern Jesus selbst – nach wie vor mit ihm unterwegs.
Einheit mit Jesus und untereinander
Jesus hat uns geschaffen, um eins mit ihm zu sein. Schlagen Sie dazu bitte Johannes 17 auf. Dieses Kapitel wird auch das hohe priesterliche Gebet genannt.
Im Kapitel 17, insbesondere ab Vers 20, betet Jesus für uns Gläubige. Zuerst betet er für die Jünger, dann für alle Gläubigen weltweit, die jemals an ihn glauben werden.
In Johannes 17,20 heißt es:
„Aber nicht für diese allein bitte ich, sondern auch für die, welche durch ihr Wort an mich glauben, damit sie alle eins seien, wie du, Vater, in mir und ich in dir, damit auch sie in uns eins seien, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast. Und die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben. Warum? Damit sie eins sind, wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir, dass sie in eins vollendet sind, damit die Welt erkenne, dass du mich gesandt und sie geliebt hast.“
Wozu dient diese Gemeinschaft? Damit wir in einer Einheit mit Jesus leben.
Die tiefste Einheit, die es in dieser Welt unter Menschen gibt, ist die Eheeinheit. Dort wird man eins – körperlich, sexuell, seelisch und geistlich. Man betet gemeinsam den Herrn an.
Wenn man die Ehe wirklich verstanden hat, verschwinden Worte wie „ich“, „mein“ und „mir“. Es gibt nur noch „uns“, „wir“ und „unser“. Dann ist man eins.
Persönliche Erfahrungen und Herausforderungen im Gebet
Noch ein paar persönliche Dinge zum Gebet. Wisst ihr, warum ich so viel über Gebet rede? Weil ich ein schlechter Beter bin. Wenn du die Schwäche eines Predigers entdecken möchtest, schau nur, was er dauernd betont. Das ist sein Problem. Mein Problem ist Gebet. Darum schreibe ich darüber, darum predige ich darüber, weil ich es selbst immer wieder hören muss.
Gebet ist mir nie leicht gefallen. Vielleicht liegt das daran, dass ich in einem ritualmäßigen Gebet aufgewachsen bin. Die Leute haben es nicht böse gemeint, aber so habe ich es zumindest für mich gesehen. Als ich Christ wurde, wusste ich, dass ich beten soll und dass Gebet richtig ist. Aber leicht getan habe ich mich damit nie.
Am Anfang war es so: Ich wusste, ich muss beten, dann steht da „Geh in dein Kämmerlein“. Das habe ich getan. Ich habe im Kämmerlein kaum gebetet, ich habe dort immer geschlafen. So ging es mir meistens. Hände gefaltet, Augen geschlossen, „Lieber Vater im Himmel“ und dann irgendwas gesagt. Nach dreißig Sekunden waren meine Gedanken total woanders, aber sicher nicht mehr bei Gott. Nach ungefähr fünf Minuten wurde ich wieder munter und dachte: „Oh, ich wollte ja beten.“ Dann habe ich die Hände wieder gefaltet und erneut angefangen. „Vater unser“ – nach einer Minute war es wieder weg. Es fiel mir unheimlich schwer, mich zu konzentrieren.
Ich weiß noch, dass ich angefangen habe, Gebetslisten zu machen. Am Dauernhof wurde ich dann gefragt, ob ich der Direktor, also der Leiter von allem werden möchte. Aber ich wusste nicht richtig, wie ich beten soll. Also habe ich mir Gebetslisten gemacht. Ich habe viele Bücher gelesen, zum Beispiel von George Müller und Martin Luther. Martin Luther hat gesagt, er brauche jeden Tag in der Früh drei Stunden still vor Gott, außer wenn er es sehr eilig habe, dann brauche er vier Stunden. Das ist ja Wahnsinn! Und wo bin ich? Ich fühlte mich völlig minderwertig.
In einem Buch stand auch, dass man, wenn man sich nicht konzentrieren kann, eine Gebetsliste machen soll und jeden Tag aufschreibt, wofür man betet. Das habe ich gemacht – gemeinsam mit meiner Frau. Zwei Jahre lang haben wir jeden Tag dieses Büchlein benutzt. Es waren ungefähr zwanzig Seiten, die wir durchgebetet haben. Nach zwei Jahren habe ich gesagt: „Herr Jesus, diese Gebetsliste langweilt mich zu Tode.“ Und Jesus hat gesagt: „Mich auch.“ Gebetslisten sind nicht schlecht, aber ich kannte fast nichts anderes.
Ich weiß noch, dass ich mir dann vorgenommen habe, nach dem Buch von George Müller ab morgen um fünf Uhr aufzustehen und eine Stunde zu beten – wenn es mich umbringt. Am dritten Tag hat es mich umgebracht. Ich habe es nicht geschafft. Übrigens, wisst ihr, warum diese Leute alle so früh aufgestanden sind? Die sind ja immer mit den Hühnern schlafen gegangen. Sie hatten kein Licht und sind deshalb früh schlafen gegangen. Wenn ich um acht oder neun Uhr ins Bett gehe, kann ich auch um fünf Uhr aufstehen. Ich gehe selten vor Mitternacht ins Bett. Also macht euch kein schlechtes Gewissen, die Zeiten haben sich ein bisschen geändert.
Das blieb so. Ich kann mich gut erinnern: Eines Tages bin ich nach Hause gefahren und war frustriert, weil ich über Gebet nachdachte. Ich dachte: „Jetzt gehe ich nicht ins Haus, ich gehe jetzt spazieren.“ Und ich habe Gott einfach alles gesagt, was am Gebet nicht gut läuft und was ich nicht verstehe.
Ich wollte zehn Minuten spazieren gehen, denn zehn Minuten waren das Maximum, was ich beten konnte. Nach zehn Minuten wusste ich nicht mehr, was ich sagen sollte. In der Regel habe ich alles durchgebetet: Frau, Kinder, Haus – was man so betet. Dann war es aus. Ich kann mich erinnern, dass ich zwei Stunden später erst nach Hause kam. Denn ich glaube, da habe ich begonnen, zum ersten Mal mit Jesus einfach normal zu reden. Über alle Dinge, die in meinem Leben sind, meine Gefühle zu sagen, wie es ihm und wie es mir geht. Dabei habe ich ihn mal gefragt, wie es ihm geht, und stand im Dialog mit ihm.
Seitdem habe ich gelernt, spazieren zu gehen. Darum heißt ein Buch auch „Nach dem Amen bete weiter“. Früher dachte ich immer, wenn ich Amen sage, ist das der Schlusspunkt. Nach Amen ist das Gebet vorbei, und bis zum Abend braucht man nicht mehr zu reden. Aber Amen heißt nicht Schluss oder Punkt, Amen heißt einfach: So ist es.
Ich möchte heute eine Herausforderung geben: Du wirst ja heute auch noch mal beten, nehme ich mal an, irgendwann, irgendwo, irgendwie. Und dann sagst du Amen – das haben wir ja so gelernt. Wenn du Amen sagst, dann rede einfach weiter. Dann sagst du wieder einmal Amen, dann redest du wieder weiter.
Weißt du, was du feststellst? Du betest ohne Unterlass. Du redest einfach mit ihm, beziehst ihn ein in den Alltag deines Lebens. Und ich glaube, das ist, worauf es ankommt.
Beziehungspflege im Alltag und im Gebet
Und bei jungen Leuten sage ich das oft: Bei euch ist es eh schon zu spät, weil die meisten von euch verheiratet sind. Aber ihr erinnert euch vielleicht an euer erstes Date. Manfred wahrscheinlich mit zwölf oder so – keine Ahnung, wie alt du da warst, Manfred, beim ersten Date schon vierzehn.
Beim ersten Date, ich weiß nicht, ob du das weißt: Weißt du, was das Schlimmste ist? Wenn du ein Mädchen triffst, sie dir gefällt – so macht man das halt bei uns, gell – und dann geht man mit ihr auf einen Kaffee oder so. Sie sieht zwar ganz gut aus, aber sie sagt nichts. Dann sitzt du da, und es ist extrem peinlich.
Darum sage ich jungen Leuten: Geht am Anfang in Orte, wo laute Musik ist. Dann ist es nicht so peinlich. Aber man sitzt da gegenüber, fragt sie halt etwas, und sie sagt nicht allzu viel. Drei Minuten Stille fühlen sich an wie zwei Monate, weil man sie nicht kennt.
Wenn du mal verheiratet bist wie ich, 21 Jahre, dann ist eine Stunde Stille Gold wert. Ich kann mit Hannelore eine Stunde nebeneinander sitzen und nichts reden, und es ist nicht peinlich, weil wir uns kennen.
Wenn du im Gebet, im Gespräch mit Jesus, immer reden musst, die Luft immer mit Worten füllen musst, ist das ein Zeichen, dass du ihn noch nicht sehr gut kennst. Aber das ist okay. Red nur weiter. Wenn man Jesus gut kennt, muss man nicht reden, und es ist nicht peinlich.
Der ganze Punkt ist, dass wir erkennen, dass Jesus in mir lebt, dass er da ist und dass ich mit ihm ohne Unterlass reden kann, dauernd mit ihm in Verbindung sein kann. Und das ist das Wunderbare am Gebet.
Da zeige ich oft, Herr, dass der Johannes Bugenhagen – Johannes Bugenhagen lebte von 1485 bis 1558 – auch ein persönlicher Begleiter von Martin Luther war und ein außerordentlicher Mann. Er war mit 23 Jahren schon Rektor einer Schule, aber er hat einen Satz geprägt, der mir sehr gefällt.
Er sagte: Wenn du Jesus gut kennst, das ist genug, auch wenn du das Übrige nicht weißt. Wenn du Jesus nicht kennst, dann ist alles nichts, was du auch lernst.
Wenn du Jesus gut kennst, das ist genug, auch wenn du das Übrige nicht weißt, weil du dann in Beziehung mit deinem Schöpfer, deinem Retter, deinem Liebhaber, deinem besten Freund stehst.
Leben besteht eigentlich in der Essenz ausschließlich aus Beziehungen: der vertikalen Beziehung zu Gott – ich nenne es mal so, obwohl er in uns ist – und der horizontalen Beziehung zu anderen Menschen.
Das heißt, wenn ein Mensch keine liebenden Beziehungen zu anderen Menschen pflegt und keine liebende Beziehung zu Gott hat, dann ist dieser Mensch lebendig tot. Er existiert, aber wozu?
Denn das Leben besteht aus Beziehungen. Denkt mal darüber nach.
Gottes Reden und unsere Offenheit
Ein letztes noch: Ich habe Gott bisher wenig Zeit gegeben, zu mir zu reden. Das lag daran, dass ich diese stillen Zeit-Bücher hatte. Die empfehlen immer, ein Kapitel aus dem Alten Testament und eins aus dem Neuen Testament zu lesen. Danach soll man beten. Beim Beten gibt es auch ein System: dankbar sein, Fürbitte leisten – fünf Punkte, glaube ich. Dann soll man auf Gott hören.
Ich habe das so gemacht: gelesen, gebetet, fünf bis zehn Minuten konnte ich das füllen. Dann habe ich gesagt: „So, Gott, jetzt bist du dran.“ Ich habe dreißig Sekunden gewartet, aber wieder nichts gehört. Also dachte ich: „Okay, dann bis heute Abend.“ Wirklich, so war es. Ich habe Gott wenig Chance gegeben, zu mir zu reden.
Jetzt, wenn ihr nach Hause geht, wird der eine oder andere sagen: „Hans-Peter, du kennst mein Leben nicht. Bei mir ist so viel los. Es ist so viel Verschiedenes, ich kann mich nicht auch noch auf Gott konzentrieren. Das kann ich nicht nebeneinander machen.“ Männer können das sowieso nicht, sagen sie immer, sie können nur in eine Richtung denken. Frauen tun sich da angeblich ein bisschen leichter, aber ich bin mir nicht sicher.
Ein Skilehrer hat mir mal gesagt – ein Holzfäller auch, in Österreich –, als ich darüber geredet habe, kam er zu mir. Ich vergesse das nie, weil es so ehrlich war und ich genau wusste, was er meint. Er sagte: „Weißt du was? Ich gehe manchmal mit Jesus spazieren, aber ich kann mich da auch nicht konzentrieren. Wenn ich eine Motorsäge höre, muss ich wissen, was das für eine ist – Husqvarna oder Stihl – und schon bin ich wieder abgelenkt. Oder ich höre einen Traktor. Ich muss wissen, was das für ein Traktor ist – Steyr oder Ferguson oder sonst einer.“
Dann habe ich gesagt: „Eigentlich ist das kein Problem. Wenn du das nächste Mal spazieren gehst und die Motorsäge hörst, sagst du: ‚Herr Jesus, hörst du die Motorsäge? Lass uns hingehen und schauen, was das für eine ist.‘ Geh mit Jesus, glaubst du, er ist ein Idiot und weiß nicht, was da vor sich geht? Er kennt das genau. Besprich mit ihm die Motorsäge. Er hat dich ja so geschaffen und liebt dich. Er kennt dich, so wie du bist. Dann geh mit ihm zum Traktor und schau dir den Traktor an. Besprich mit Jesus die Details des Traktors.“
Es ist ein Missverständnis zu glauben, Gott sei nur an geistlichen Dingen interessiert. Da ich nicht gleichzeitig praktisch denken und geistlich sein kann, schließen wir Gott von den meisten Dingen des Lebens aus. Mir haben auch schon Christen gesagt: „Gott ist doch nicht an diesen blöden Kleinigkeiten interessiert.“ Deshalb schließe ich ihn auch nicht ein.
Ich möchte etwas sagen: Wenn du Gott nicht in den täglichen Kleinkram einschließt, schließt du ihn von 95 Prozent deines Lebens aus. Denn 95 Prozent deines Lebens bestehen aus Kleinkram. Und weißt du was? Jesus hat sogar deine Haare gezählt. Er kennt jeden Spatz, der auf den Boden fällt.
Gestern war es wunderschön hier. Ich bin spazieren gegangen, und da waren sicher tausend oder mehr von diesen kleinen Vögeln – Spatzen oder was auch immer. Sie flogen über mir, das war so schön, der Sound war wunderbar. Wenn einer runterfällt, weiß Gott das auch. Darum kannst du mit ihm auch den Traktor besprechen. Schließe Gott in die Dinge deines Lebens ein, auch wenn du mit dem Traktor unterwegs bist.
Es kann sein – obwohl ich eher glaube, dass viele denken, Gott sei nur am Geistlichen interessiert – dass es deshalb diese Trennung gibt: Mein religiöses Leben, mein Kirchenleben, aber am Montag bin ich wieder ganz normal. Das ist ein fataler Fehler.
Darum ist es mir am Dauernhof so wichtig: Dort gehen wir den ganzen Winter Skifahren und Snowboarden. Die Skilehrer, die ich habe – zwölf an der Zahl – sind alle gläubig. Mein Anliegen für die Skilehrer ist, und das ist mein größtes Gebet und mein Wunsch im Winter, dass die Skilehrer beim Skifahren ganz normal über Jesus reden.
Manchmal sagen Leute: „Ihr habt eine interessante Methode am Dauernhof, ihr redet von Jesus nicht nur vorne, sondern auch auf der Piste.“ Für sie ist das eine Methode. Aber Freunde, das ist keine Methode. Wenn ich beim Skifahren über meine Frau rede, ist das keine Methode. Ich rede über meine Frau, weil ich sie liebe. Und ich rede über Jesus, weil er mein Leben ist.
Ob ich jetzt Skifahre, einkaufen gehe, mit dem Traktor fahre oder vor dem Computer sitze – das spielt keine Rolle. Das ist es, was ich euch noch mitgeben möchte: Jesus einfach in das alltägliche Leben einbeziehen. Das ist auch eine Übung, die man nicht über Nacht lernt.
Einer meiner Lieblingsverse ist 1. Timotheus 4,7: „Übt euch in der Gottesfurcht.“ Im Englischen klingt es noch schöner: „Train yourself to be godly.“ Übt euch in der Gottesfurcht – es ist eine Übung. So wie man lernen muss, mit der Frau zu reden, muss man auch lernen zu beten. In dieser Übung zu bleiben, ist eine wunderbare Herausforderung.
In Brisbane hat mir einmal ein Psychologe gesagt, dass wir jeden Tag siebentausend Gedanken denken. Ich weiß nicht, ob das stimmt, und ich weiß auch nicht, wie er das herausgefunden hat. Aber eines hat er richtig erkannt: Wir denken immer irgendetwas.
Ich frage euch ernsthaft: Gibt es jemanden, der an nichts denken kann? Das meine ich ernst. Gibt es da jemanden? Kannst du nichts denken? Wirklich? Meine Frau sagt, sie kann das, aber ganz sicher ist sie sich auch nicht mehr.
Wir haben viele Gedanken. Du denkst jetzt vielleicht: „Wann hört er endlich auf?“ Oder irgendetwas anderes. Wenn du mich anschaust, kannst du nicht anders, als irgendetwas zu denken. Wenn ich dich anschaue, denke ich auch irgendetwas.
Und wisst ihr, was das Geheimnis ist? Dass wir diese Gedanken mit Christus teilen. Ein letzter Vers für heute Morgen ist 2. Korinther 10,5. Dort sagt der Apostel Paulus: „Und jede Höhe, die sich gegen die Erkenntnis Gottes erhebt, und wir nehmen jeden Gedanken gefangen und bringen ihn unter den Gehorsam Christi.“ Unterstreicht euch das! Wir nehmen jeden Gedanken gefangen und bringen ihn unter den Gehorsam Christi!
Ich schaue zum Beispiel den Manfred an, und ich kann mir nicht helfen, irgendetwas muss ich denken. Vielleicht denke ich an ein blaues Hemd oder irgendetwas anderes. Weil ich ja etwas denke, kann ich diesen Gedanken mit einem Gebet verbinden: „Herr, segne ihn.“ Das ist keine extra Anstrengung.
Weil ich ja sowieso schon denke, wenn du mich anschaust, wirst du dir auch etwas denken. Warum betest du nicht und sagst: „Herr, hilf ihm! Herr, segne ihn! Herr, gebrauche ihn!“ Was auch immer.
So nimmt man den Gedanken gefangen und bringt ihn unter den Gehorsam Jesu Christi. Und weißt du, was dann passiert? Es ist unheimlich schwer, böse oder negativ über jemanden zu denken, für den du gerade betest.
Was geschieht jetzt? Unsere Gedanken werden geformt. Seht ihr, so funktioniert es. So funktioniert das Leben. Wenn du dich den ganzen Tag nur mit Sorgen beschäftigst, wirkt sich das auf dein Leben aus. Wenn du aber deine Gedanken den ganzen Tag gefangen nimmst und in einen Segen und ein Gebet verwandelst, wird sich das ebenfalls auf dein Leben auswirken.
Abschlussgebet und Segenswünsche
Ein abschließendes Zitat von Frank Laubach lautet: „Ich möchte lernen, so zu leben, dass es dasselbe ist, einen Menschen anzusehen, wie für diesen Menschen zu beten. Du kannst joggen gehen und triffst jemanden – segne ihn. Danke für sie, hilf ihr. Es ist eine wunderbare Sache, die Gedanken werden gereinigt.
Aber wenn man zum Beispiel Frauen sieht, heißt das nicht, nur weil du verheiratet bist, dass dir keine Frauen mehr gefallen außer deiner Frau. Man sieht eine Frau und denkt: Boah, die schaut gut aus, wäre nicht mal mit der auszugehen oder so. Und man spinnt den Gedanken vielleicht weiter.
Weißt du, was ich da gelernt habe? Ich schaue die Frau an und sage: Ja, die hast du echt schön gemacht. Ich bete für sie, dass sie einen guten Ehemann findet, der sie liebt und ehrt, der sie beschützt und ihr ein gutes Leben gibt.
Und weißt du, was geschieht? Die Gedanken der Lust werden zu Gedanken der Liebe. Probier's mal, du wirst sehen, was Gott tun kann.
Bitte noch, lieber Vater, wir danken dir jetzt auch wieder für die Zeit zusammen. Danke, Herr Jesus, für dein Wort, das die Wahrheit ist. Unsere Interpretation oder unsere Sichtweise ist sicherlich nicht immer wahr. Dafür hast du uns einander gegeben, dass wir uns gegenseitig korrigieren, ermutigen, ermahnen und helfen, dich und dein Wort recht zu verstehen.
Und danke, Herr, dass dein Wort, weil es die Wahrheit ist, auch immer funktioniert, denn du hast uns geschaffen. Du weißt, wie wir gestrickt sind, du kennst unser Innerstes, unsere ganze Psyche. Du weißt, was uns gut tut, und du weißt, dass, wenn wir unser Leben an dich verlieren, wir die Freiheit entdecken – nämlich die Freiheit in Christus.
Diese Freiheit wünsche ich allen hier, unseren Familien, unseren Gemeinden zu Hause. Wir beten für unsere Gemeindeleiter, Pfarrer und Ältesten. Herr, rüste du sie aus mit Weisheit, mit einer Freude an einem Leben mit dir und mit einem ehrlichen Anliegen für die ihnen anvertrauten Menschen.
Wir beten für den Dünenhof, für den Dauernhof und für ähnliche Einrichtungen, Herr, dass sie weiterhin Licht sind und dienende Werkzeuge in deinem Reich.
So legen wir dir auch noch jetzt die Zeit des persönlichen Gebets hin und das Abendmahl, wo wir wieder von dir empfangen wollen, damit wir auch das, was wir empfangen haben, weitergeben können. Amen.
