Einführung in die Berufung des Matthäus
Unser Predigttext steht in Matthäus 9, Verse 9 bis 13. Er behandelt die Berufung des Mannes, auf den das Matthäusevangelium zurückgeht, nämlich die Berufung des Matthäus.
Jesus ging von dort weg und sah einen Menschen am Zoll sitzen, der hieß Matthäus. Er sprach zu ihm: „Folge mir!“ Matthäus stand auf und folgte Jesus.
Es begab sich, als er zu Tisch saß im Hause, dass viele Zöllner und Sünder kamen und mit Jesus und seinen Jüngern zu Tisch saßen. Als die Pharisäer das sahen, fragten sie seine Jünger: „Warum ist euer Meister mit den Zöllnern und Sündern?“
Als Jesus das hörte, sagte er: „Die Starken bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken. Geht aber hin und lernt, was das bedeutet: Ich habe Wohlgefallen an Barmherzigkeit und nicht am Opfer.“
Verstehen Sie dieses Zitat? Jesus sagt hier, dass es wichtiger ist, sich um verlorene und verzweifelte Menschen zu kümmern, als die Gaben zu bringen, die man für ihn einlegt. Er sagt: „Ich bin gekommen, die Sünder zu rufen und nicht die Gerechten.“
Herr, lehre uns deine Barmherzigkeit mit Menschen, Amen!
Die Bedeutung kleiner Geschichten im Evangelium
Sonntagmorgens, so pünktlich wie das Glockenläuten, steht ein Mann mit weißer Mütze da und verkauft die Bildzeitung. Ich gehöre zu seinen treuen Kunden und nehme immer eine mit. Heute trägt die Schlagzeile: „Die Bombe ist geplatzt – Testament von Ari Onassis eröffnet“ oder „Brenningmayr um 1,5 Millionen erpresst“.
Da denke ich: So wollte ich mein Evangelium verkaufen können. So wollte ich predigen können – Schlagzeilen machen, bei denen alle aufhorchen. Wenn man die Schlagzeilen der Weltpresse verfolgt, sieht man, dass sie das können. Es geht immer um große Dinge: eine Million Arbeitslose, 33 Millionen Deutsche fahren in Urlaub, 40 Millionen Engländer stimmen über Europa ab. Große Ereignisse. Selbst wenn einzelne Personen im Mittelpunkt stehen, sind es immer Menschen, die das Schicksal vieler bestimmen. Ob Franz Josef Strauß mit seiner Kandidatur, Leonid Breschnew oder Ari Onassis – das sind Ereignisse mit weitreichender Wirkung.
Im Evangelium dagegen finden wir oft ganz kleine Geschichten. Man könnte meinen, das Evangelium sei eine Angelegenheit für den kleinen Kreis. Es handelt sich einzig um die Berufung eines Menschen, der übrigens schon vor vielen Jahrhunderten gestorben ist. Er hatte zwar eine gewisse Ausstrahlung, doch das ist nicht vergleichbar mit den großen Schlagzeilen, die Menschen heute in der Welt machen.
Das sind doch Einzelschicksale. Und genau das ist das Große am Evangelium: dass Jesus sich mit einzelnen Menschen beschäftigt.
Die Einsamkeit des Einzelnen in der Masse
Und das ist die große Traurigkeit unserer Welt: Sie kann sich nur mit riesigen Menschenmassen beschäftigen, während ich ganz allein bin. Wer kümmert sich um uns?
Gestern, als ich die Königstraße entlangging – es war wieder ein geschäftiger Samstagmorgen – sah ich die Menschenmassen vorbeiströmen. Große Zahlen. Doch dann bleibt man stehen und sieht den Leuten in die Augen. Und man denkt: Jeder Mensch taucht in der Masse unter.
Ich weiß nicht, wenn ich meine Fantasie spielen lasse, was sich in jedem einzelnen Gesicht verbirgt. Da ist eine Frau, die noch schnell etwas Schwarzes kaufen muss. Am Montag ist die Beerdigung ihres Mannes. Sie geht unter in der vorbeiflutenden Masse.
Ein junges Paar läuft eng umschlungen vorbei. Sie schlecken Eis, voller Freude am Leben, ohne Probleme. Dann kommt ein Mann, der sehr schwer geht. Im Krieg hat ihm ein Splitter als jungem Sportler das Knie zerrissen. Seitdem müht er sich ab und quält sich mit der Frage, warum er diese Last tragen muss.
So viele Einzelschicksale – es sind doch alles Einzelmenschen, die in der großen Masse untertauchen.
Vielleicht liegt hierin auch die große Gefahr aller Ideologien und großer Programme: Man kann mit großen Menschenmassen große Pläne machen – für die Welt, für ihre Schönheit, für ihre Erneuerung und für die Gerechtigkeit. Doch vor dem Hintergrund jedes einzelnen Lebens passt das alles nicht mehr zusammen.
Das bedeutet für den Einzelnen nichts mehr. Er bleibt allein, leer, ohne Trost und ohne Hoffnung.
Jesus und die Bedeutung des Einzelnen
Und ich bin so froh, dass Jesus sich mit Einzelnen abgibt, ganz allein mit einzelnen Menschen. Er müht sich immer wieder um Einzelne. Und das, was Jesus mit Einzelnen macht, bekommt auf einmal eine ganz weite Wirkung und geht in die Welt hinaus.
Ich möchte zuerst darüber predigen: Bei Jesus zählt der Einzelne.
Es war damals auch irgendeine Straßenszene, als Jesus von diesem Haus wegging, wo er ja auch in der großen Masse stand. Viele drängten sich um ihn. Dann gab es dort auf der Straße dieses belebte Bild, das wir heute noch aus den orientalischen Straßen kennen: Einer treibt seinen Esel herunter, Leute wollen etwas verkaufen, Kinder lärmen, und es herrscht Geschäftigkeit. Wahrscheinlich war das an einem Zolldurchgang vor einer Brücke, in einem engen Durchlass, wo gehandelt und gefeilscht wird, ob man nicht noch etwas billiger bekommen kann. Jesus geht vorbei.
Wenn wir an einem Menschen vorübergehen, sehen wir doch auch die Menschen. Das Erste, was mir immer auffällt, ist die Statur eines Menschen: Wie sieht er aus? Groß oder klein? Ist er ein sportlicher Typ oder eher ein Trinker? Ist er dick oder dünn? Wie wirkt er? Mild, fröhlich oder bedrückt? Das kann man vielleicht deuten. Man sieht einem Menschen unter Umständen an, was er in seinem Leben Schweres zu tragen hat.
Man könnte dem Matthäus hier ansehen, dass er ein Kollaborateur ist, ein nationaler Verräter an der Sache Israels, der mit den Römern paktiert. Ein Mann, der nur auf Geld aus ist – das sagt man doch, das sieht man ihm an: Schau mal, wie geizig er ist.
Jesus sieht etwas ganz anderes. Jesus steht hin, sieht ihn an und erkennt in diesem Matthäus den unbändigen Willen: Ich möchte leben. Warum rennt er denn so dem Geld nach? Warum kann er so gewissenlos andere ausbeuten? Weil er diesen einen Wunsch hat: Ich möchte doch leben können, ich möchte Geld haben, ich möchte meine Sorgen los sein.
Deshalb rührt es mich so sehr, dass Jesus nie einem Menschen über den Mund gefahren ist, dass Jesus nie jemanden zurechtgewiesen hat. Jesus sah in einem Menschen dieses letzte Sehnen und verstand es. Und dieses letzte Sehnen eines Menschen ist berechtigt.
Ich glaube, dass Jesus uns viel zu gut versteht mit unserem geheimen Sehnen, weil er uns ja geschaffen hat. Als der Beauftragte, wie es im Kolosserbrief heißt, der Schöpfung – durch ihn ist alles geworden. Er weiß um dieses große Sehnen eines Menschen nach Leben, das Ausbrechen aus allem Gewohnten. Ich möchte noch einmal etwas haben.
Wie leicht moralisieren wir, wenn wir junge Leute sehen, die sich über alle Schranken und Gebote hinwegsetzen, in ihrem unbändigen Wunsch: Ich möchte Leben haben. Volles Leben. Ich möchte Glück haben. Ich möchte Befriedigung haben.
Mich hat es beeindruckt, wie Jesus diesen Wunsch eines Menschen sieht und stehen lässt. Von dem Matthäus sagt: Ja, ja, ja, das ist recht, dein Wunsch nach Leben. Du hast Recht, dass du dich nicht begnügst und bescheidest. Aber der Weg ist falsch. Siehst du nicht, wie das alles deinen Hunger nicht satt machen kann?
Dort steht Jesus und versteht ihn.
Jesus begegnet dem tiefsten Sehnen der Menschen
Wo sie im Neuen Testament auftauchen, fällt auf, dass Jesus immer wieder vor einzelnen Menschen steht und deren tiefstes, letztes Sehnen deuten kann. Er sagt einem Menschen: Ich verstehe dich, ich erkenne deinen Wunsch nach Leben.
Ob er damals am Stadttor stehen bleibt, als sie auf der Bahre den Leichnam – den einzigen Sohn dieser Frau – hinaustragen, oder ob es genau die Geschichte davor ist, im vollbesetzten Haus, als Jesus vielen predigt. Plötzlich lassen sie diese Tragbare herunter, auf der ein Mann liegt, der seit vielen Jahren an einer schweren, schmerzenden Knochenkrankheit leidet.
Da bleibt Jesus einfach stehen und sagt: Ich verstehe dich, ich erkenne deine Wünsche. Jeder von uns wird in diesem Moment plötzlich als einzelne Person wahrgenommen. Unsere Versammlung zerfällt in lauter einzelne Menschen. Jeder von uns wird mit seinen letzten und geheimsten Wünschen und Plänen von Jesus verstanden. Er sieht, was wir wollen und was wir suchen – und auch die grenzenlose Enttäuschung, dass uns die Welt all das nicht bieten kann. Wir alle bleiben letztlich unbefriedigt.
Und da bietet Jesus diesem Matthäus etwas an: Du sollst satt werden, komm mit mir! Er sagt es nicht irgendwie, nicht einfach nur „lass das!“. Er sagt ihm nicht zuerst „komm“, er gibt ihm keine Religion, keine Vorschrift, die er zuerst üben muss. Er gibt ihm keine Verhaltensregeln für das Leben.
Jesus gibt Matthäus einzig eines: Komm mit mir! Damit bindet er uns an sich. Was Jesus jedem von uns geben will, ist überall das Gleiche, wo er mit Menschen begegnet ist: Komm mit mir! Das, was du suchst, das, was du brauchst, kann nur ich dir geben – und zwar nur in einer lebenslangen, dauerhaften Bindung, nur im täglichen Umgang mit mir.
Mit Jesus die Welt neu sehen, mit Jesus arbeiten, mit Jesus ruhen, mit Jesus genießen. Ein ganzes Leben mit Jesus teilen – komm, Matthäus, mit mir! Das war das große Angebot, das Jesus hier Matthäus macht: ein Leben, das sich lohnt.
Die Bedeutung des Rufes Jesu für das Leben
Wenn ich die Gestalten der Bibel betrachte, frage ich mich, was sie eigentlich groß machte. Was hob ihr Leben hervor und unterschied sie von anderen? Warum traten sie einmal aus der großen Masse heraus? Die Antwort darauf kann nur Jesus geben.
Ich glaube, man kann im Christentum einfach mitschwimmen. Man kann heute in den Gottesdienst gehen und sagen: „Ich will auch dabei sein.“ Man kann mitsingen und mitmusizieren. Aber es wird erst anders, wenn man den Ruf Jesu hört. Dieser Ruf sagt: „Komm mit mir!“ Und er bindet die Menschen an sich.
Dann wird man plötzlich ein Mensch, so wie es die biblischen Gestalten waren. Ein Mensch, der merkt: „Ich bin angenommen von Jesus.“ Er macht mein Leben wichtig und gibt mir Aufgaben. Auf einmal ist Geborgenheit da, und man hat keine Angst mehr.
Jesus vergibt alte Dinge, löscht Vergangenes aus und macht einen frei von Belastendem. Und plötzlich ist hier etwas ganz Großes geschehen: die Freude eines Menschen, der das Leben gefunden hat, nach dem er eigentlich immer gesucht hat.
Manche meinen, sie könnten diese Befriedigung im Geld finden, das sie beruhigt. Andere stürzen sich in die Arbeit und denken: „Wenn ich nur ganz in meinem Beruf aufgehe.“ Doch die letzte Geborgenheit kann dir nur Jesus geben.
Das versteht man erst, wenn man ganz allein den Ruf Jesu hört. Ich bin so froh, dass unser Glaube nicht auf unseren Gedanken ruht. Ich möchte sogar sagen, dass er nicht einmal auf unseren Entscheidungen beruht, sondern letztlich auf der Entscheidung Jesu. Er hat sich für mich entschieden.
Jesus steht heute vor jedem Einzelnen und sagt: „Du, ich habe einen Plan für dich und dein Leben. Ich kenne doch deine Sehnsüchte. Geh mit mir, binde dich an mich. Ich will dein Leben haben, ich will es füllen. Lass das andere los. Komm, folge mir nach!“
Die Wirkung des Lebens mit Jesus auf die Gemeinschaft
Plötzlich horchen viele auf. Bei Jesus gibt es auch Massen; natürlich standen oft viele Menschen um ihn herum. Auch damals gab es einen großen Zulauf.
Das, was Menschen am meisten beeindruckt, sind nicht Worte, sondern wenn sie beobachten, wie ein Mensch mit Jesus geht. Nicht scheinheilige Gestalten, auch nicht scheinbar heilige, sondern ganz normale Menschen aus dem Leben, die plötzlich andere Prinzipien haben und sich von Jesus bestimmen lassen.
In ihrem Leben kämpfen sie noch mit vielen Schwächen, und leider gibt es auch noch Sünde. Aber das Entscheidende ist: Sie gehen mit Jesus. So war es ja auch bei Matthäus. Er sagt: „Ich gehe mit ihm.“ Die anderen fragen sich, wie das werden soll – Matthäus, der Zollschrankenwärter, bei dem oben noch die Geldkassette offen liegt und die Bücher nicht abgeschlossen sind. Möchtest du das nicht anderen übergeben? Doch er sagt nein, das ist ihm unwichtig, er möchte mit Jesus gehen.
Die anderen können nur den Kopf schütteln. Ich bin überzeugt, dass damals viele gegen Matthäus und gegen Jesus gemurrt haben. Es steht ja nur da, dass Zöllner und Sünder kamen – Menschen, die mit ihrem Leben ausgeflippt waren, alles ausprobiert hatten und unbefriedigt waren.
Neulich stand in unserer Zeitung ein Artikel über die australische Goldmedaillengewinnerin der Olympiade, Shane Gould. Es wurde erzählt, dass sie sich entschlossen hat, den Weg mit Jesus zu gehen. Die Journalisten schilderten das in ihrem Stil: Aus dem ehemals freudigen Mädchen sei eine recht traurige Gestalt geworden. Sie wolle sich um Rauschgiftabhängige in Australien kümmern und ihnen den Weg zum Leben zeigen.
Dann fragten sie sie, ob ihr das nichts bedeute, da sie nun ihre große Weltkarriere aufgebe. Sie antwortete: „Nein, das, was ich gefunden habe, ist viel größer und viel gewaltiger.“ Da können die anderen nur murren.
Doch über so einem Ereignis vollzieht sich etwas anderes. Wenn jemand mit Jesus geht und sich an ihn bindet, verändern sich plötzlich Dinge. Menschen, die nichts mehr vom Leben erwarten und keine Hoffnung mehr haben, finden eine neue Perspektive. Wenn das geschieht, möchten andere das auch erleben. Da horchen sie plötzlich auf.
Was sich an diesem Abend um Jesus herum schart, in diesem Haus bei dem Abendessen, ist eine ganz merkwürdige Schar. Wahrscheinlich stellen sie nur Vorfragen, um zu verstehen. Und wir wissen: Jesus hat viel Geduld. Es ist nicht wahr, dass er Gespräche gleich abbricht. Wir können sehr wohl unterscheiden, ob jemand nur zum tausendsten Mal Fragen stellt, um sich zu decken, oder ob es Suchende sind, die Jesus abhorchen wollen. Sie wollen wissen, ob er wirklich noch etwas Lohnendes für ihr Leben geben kann, ob er alles neu machen kann.
Da horchen sie ganz genau hin. Sie sitzen um ihn herum und wollen es genau hören.
Ich bin so froh, dass Jesus uns diesen Auftrag gegeben hat. Wir müssen eigentlich nichts Eigenes produzieren in dieser Welt. Wir müssen nur Jesus in unserem Leben durchscheinen lassen. Die Menschen haben so einen Hunger, so ein Heimweh, Jesus kennenzulernen, weil nur er ihr Leben füllen kann.
So wie damals die Menschen um ihn kamen, zu ihm herkamen: Die Menschen interessieren sich nicht für unsere Lehre, unsere Ideen oder Vorstellungen. Sie wollen Jesus finden, mit Jesus leben.
Die Zöllner und die Sünder, die keinen Mut mehr haben, deren Leben zerbrochen ist – sie kommen zu ihm. Deshalb hat Jesus auch Matthäus diesen Lebensauftrag gegeben: „Mit mir, Matthäus, stelle ich dich nicht allein an die Ecke wie eine Säule, damit du irgendetwas für mich verrichtest. Mit mir wirst du einen Auftrag in der Welt haben. Du kannst diesen Menschen etwas geben – mit mir.“
Das ist die Gefahr für alle Christen: Dass wir von Jesus geschieden sind durch Unreinheit, durch Sünde, durch Unglauben. Dass wir unsere Arbeit in eigener Kraft tun und plötzlich, wenn wir mit Menschen zusammentreffen, keine Begegnung mit Jesus mehr vermitteln können.
Es ist ein Geheimnis, das einem Jünger eigen ist: mit Jesus zu gehen und von dort aus auch Menschen etwas mitgeben zu können, damit sie Jesus finden.
Die Herausforderung der Welt und der Glaube an Jesus
Ich habe am Ausgang die Blätter unseres Missionsbundes ausgelegt. Dort haben wir versucht, Ihnen in knapper Form einen Einblick in die Gedanken des rumänischen Theologen Josip Zon zu geben. Er hat, soweit ich weiß, zum ersten Mal auf eine klar verständliche Weise als Theologe des Ostblocks mit Marxisten darüber gesprochen, ob Christen im Ernst im Marxismus mitarbeiten können.
Josip Zon sagt natürlich, dass der Marxismus die sozialen Fragen in der Welt anspricht. Das ist etwas, das Christen berühren muss. Er wirft die Frage der Gerechtigkeit auf und auch die Frage der Gleichheit aller Menschen. Diese Themen behandelt er in seinem Dokument ausführlich.
Dann stellt er jedoch die Frage: Versteht ihr denn nicht? Der Marxismus bleibt an einer Sache schuldig, weil er keine Lösung bringen kann. Er kann den Menschen nicht verwandeln. Deshalb hat Josip Zon den Eindruck, dass der Marxismus so militant ist, dass er zur Revolution aufruft und zur Gewalttat. Denn letztlich kann er den Menschen nicht durch Liebe verändern.
Mit einem Menschen, der kämpft, ringt und Gewalt ausübt, kann man keine neue Gesellschaft und kein neues Recht aufbauen. Dann sagt er, dass für den Marxisten die einzige Antwort Jesus ist.
Auf diese Denkschrift hin wurde Josip Zon verhaftet. Sein Prozess steht immer noch bevor. In Rumänien heißt es, es handele sich um politische Delikte. Es war also eine politische Angelegenheit, was er hier geschrieben hat.
Sein Ringen um Menschen zeigt sich darin, dass er ihnen sagen will: Merkt ihr denn nicht, dass euer Leben nur von Jesus her verändert werden kann? Es ist gut, wenn ihr euch um die Welt müht, und das ist wichtig. Aber die Erneuerung unseres Lebens kann nur dort geschehen, wo wir mit Jesus gehen und wo sein Lichtschein in unser Leben hineinfällt.
Der Widerstand gegen Jesus und seine Botschaft
Noch ein letztes: Da bricht Widerstand auf. Ich gliedere das immer ganz einfach, weil ich sonst viel zu viele Gedanken habe. Ich möchte mich auf wenige beschränken, damit diese wenigen mitgenommen werden können. Bei Jesus zählt der Einzelne.
Plötzlich horchen viele auf – das war der zweite Punkt.
Drittens: Da gibt es Widerstand, da bricht Widerstand auf. Alle Menschen wollen, dass etwas Neues in der Welt geschieht. Alle wollen, dass die Probleme gelöst werden. Wenn Jesus aber kommt und das größte Problem dieser Welt löst, dann sind Menschen entsetzt.
Wir wundern uns immer wieder, dass in der Welt Widerstand aufbricht, wenn Jesus wirkt. Warum eigentlich? Warum sind damals wirklich Menschen aufgestanden und haben das gewehrt? Warum geschieht das dauernd, dass auch unter Christen – wir sind doch schließlich Christen – immer wieder dieser Dienst der Rettung an den Hecken und Zäunen, der Dienst an den zerbrochenen Menschen, gehindert wird?
Warum wehrten sie damals Jesus, weil er mit Zöllnern zusammensaß? Sie meinten, das schickt sich nicht. Warum liegt über unseren Versammlungen der wohltuende Duft einer bürgerlichen Gesellschaft? Warum immer wieder? Warum liegt uns das näher? Warum hat die Gemeinde Jesu nie bewahren können, dass Jesus gesandt ist für die Kranken, für die, die keine Hoffnung mehr haben?
Warum fällt es Ihnen so schwer wie mir, hinauszugehen und jetzt mit Menschen darüber zu reden, Geduld zu haben und Liebe zu üben – mit Verzweifelten, mit schwierigen jungen Menschen in unserer Familie, mit aufsässigen Menschen, mit Spöttern, mit anderen, mit Kranken, mit Ungerechten? Und sie zu lieben und etwas von der Liebe Jesu durchscheinen zu lassen – warum eigentlich?
Es waren ja ganz wenige in der Kirchengeschichte, die das fertiggebracht haben. Als der junge William Booth als junger Mann vom Evangelium getroffen wurde, hat er das verstanden: Das Evangelium geht an Menschen, die in großer Not sind und den Sinn des Lebens verloren haben.
Dann ist er auf die Straße gegangen, wo man ihm Schmutzkübel über den Kopf geleert hat. Als sie ihn beworfen haben, hat er schließlich ein paar Ausgeflippte der damaligen Gesellschaft mitgenommen und konnte sie in die Kirche bringen.
Da war so glücklich der achtzehnjährige Mann, der das in seiner Freizeit tat. Er setzte sie in die erste Reihe dieser Kirche. Danach wurde er zur Rede gestellt.
Er hatte in seinem Leben nie daran gedacht, eine Freikirche zu gründen – nie! Aber dann wurde ihm erklärt, dass das natürlich nicht gehe. Das war damals die Kirche von John Wesley, der selbst nur auf den Friedhöfen gepredigt hatte. Man hatte schon hundert Jahre nicht mehr behalten, dass das Evangelium für die ist, die draußen sind, dass es in die Welt hinein muss – zu den Verzweifelten und zu den Müden.
Man sagte: Es ist nicht tragbar, dass du solche Leute mitbringst. Schon ihr Geruch ist eine Belästigung.
Die Sendung der Jünger und die Kraft des Evangeliums
Wie gern beschäftigen wir uns mit unserem Glauben. Jesus hat einen Plan: Er stellt einzelne Sieger um uns herum auf. Er stellt uns als Menschen hinaus, die keinen Mut und keine Hoffnung mehr haben. Diesen Menschen will er das Leben geben. Er sieht ihr Sehnen, er liebt sie und ruft sie: Du musst mit mir gehen.
Jesus hat einen Auftrag für sie. Im Matthäusevangelium wird ein Jesusjünger beschrieben als ein Mann, der ausgesandt wird, um andere zu retten. Dieser Auftrag liegt nicht in ihrem eigenen Ermessen. Es ist Jesu Auftrag, ob sie ihn verstehen oder ob sie schuldig werden, weil sie dazu berufen sind. Jesus setzt sie ein, damit sie mit ihrem Leben andere zu ihm führen dürfen.
Deshalb will er sie an sich binden, sie mit Jesus verbinden. Er sagt: Komm mit mir, damit andere zu ihm kommen. Wir haben kein christliches Programm, keine Lehren und keine Weisheiten zu verkünden. Unser Auftrag ist es, Menschen zu retten und zum Leben zu führen.
Jesus ist gekommen. Nun zerreißen die Bande, die Stricke des Todes, die Fesseln. Dieser Herrscher kann Herzen bekehren, öffnet Tore und Türen fein bald. Amen!
Schlussgebet und Vaterunser
Wir wollen beten.
Herr Jesus Christus, du siehst tief in unser Inneres hinein und verstehst uns. Wir spüren es in all deinen Worten, wie gut du uns kennst – mit all unseren Wünschen und Enttäuschungen. Dafür danken wir dir.
Du rufst uns und holst uns mit diesem Ruf heraus aus unserer Einsamkeit und unserem Egoismus. Dann führst du uns hinein in deine weite, große Welt. Dein Ruf befreit uns aus der Vereinsamung und Vereinzelung.
Du hast Aufgaben für uns an dieser Schöpfung, an der ganzen Welt und an den Menschen um uns herum. Du machst unser Leben zum Träger deiner Liebe und zum Träger deines rettenden Evangeliums. Ja, unser ganzes Leben soll von deinem Geist erfüllt sein, damit wir Täter deines Wortes werden.
Herr, bewahre uns davor, auf halbem Weg stehen zu bleiben. Zieh uns ganz zu dir hin – auch für alles, was wir tun, und für alles, was vor uns liegt an Aufgaben und Pflichten in dieser Welt. Mit dir wollen wir es tun – mit dir!
Die Menschen, die um uns leben, hast du uns in den Weg gestellt. Du willst, dass wir für sie deine Zeugen und Boten sind, damit Menschen durch uns dir begegnen. Herr, lass das geschehen!
Wir danken dir, dass du uns so wichtige Aufgaben anvertraust. Und wir bitten dich: Verzeih uns, wo wir sie nicht wahrgenommen haben. Lass es nun gelingen, dass wir auch in der kommenden Woche alles, was wir anfangen, in deinem Namen tun.
Wir befehlen dir auch die, die jetzt nicht unter uns sein können: die Alten und die Behinderten, die Kranken und die Schwermütigen. Sei du bei ihnen.
Wir wissen uns verbunden mit deiner ganzen Christenheit auf der Welt. Sei du draußen bei denen, die in der Mission und im Dienst der Liebe stehen. Gib ihnen die Vollmacht und die Kraft, in deinem Namen Zeichen deines neuen Reiches zu setzen.
Lasst uns gemeinsam beten:
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name,
dein Reich komme,
dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute,
und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.