Einführung in das Thema und biblischer Ausgangspunkt
Hinführend zu dem Thema „Wenn das Leben zur Last wird“ lese ich aus dem Matthäusevangelium, Kapitel 17, Verse 1-13:
Sechs Tage danach nahm Jesus Petrus sowie Jakobus und dessen Bruder Johannes mit sich und führte sie auf einen hohen Berg, ganz allein. Seine Gestalt veränderte sich vor ihren Augen, und sein Angesicht strahlte hell wie die Sonne. Seine Kleider wurden leuchtend weiß wie das Licht.
Da erschienen ihnen Mose und Elija, die sich mit Jesus unterredeten. Petrus ergriff das Wort und sprach zu Jesus: „Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Zelte errichten – dir eines, Mose eines und Elija eines.“
Während er noch redete, überschattete sie eine lichte Wolke, und eine Stimme kam aus der Wolke. Sie sagte: „Dies ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe. Hört auf ihn!“
Als die Jünger das hörten, fielen sie auf ihr Angesicht und fürchteten sich sehr. Jesus trat herzu, berührte sie und sprach: „Steht auf und fürchtet euch nicht!“
Als sie ihre Augen erhoben, sahen sie niemanden außer Jesus allein. Beim Hinabsteigen vom Berg gebot Jesus ihnen, das Gesehene niemandem zu erzählen, bis der Menschensohn aus den Toten erweckt sei.
Da fragten ihn die Jünger: „Warum sagen eigentlich die Schriftgelehrten, dass Elija zuerst kommen müsse?“ Er antwortete: „Elija wird zwar kommen und alles wieder herrichten. Doch ich sage euch: Elija ist schon gekommen, und sie haben ihn nicht erkannt, sondern mit ihm getan, was sie wollten. So wird auch der Menschensohn durch sie leiden.“
Da verstanden die Jünger, dass er von Johannes dem Täufer sprach.
Das ist der Text. Wir wollen uns nun zum Gebet erheben.
Persönliche Eindrücke und Erfahrungen in Berlin
Vielen Dank für die liebe Einladung. Meine Frau und ich haben es sehr genossen, in Berlin zu sein. Wir haben viel unternommen. Es ist schon gewaltig, wenn man das, was man selbst erlebt hat – Teilung, Viermächte-Status, Weltkrieg – und dann dieses neu aufblühende Leben, gestern im Tränenpalast sieht.
Ich habe mich gefreut, dass so viele Leute dort waren und dass sie das nicht vergessen wollen. Man kann kaum erahnen, welche Schicksale daran hängen. Das ist überall in dieser Stadt so, wenn man durch die Museen geht und die Geschichte betrachtet.
Für mich war es ganz merkwürdig: In der schönen U-Bahn gibt es ja Wege, wo man sich gegenüber sitzt, an langen Reihen. Ich habe die ganze Zeit gedacht: Was geht wohl hinter diesen Gesichtern vor? Dort sitzen Menschen mit Krankheiten, unheilbaren Krankheiten, Ängsten und Berufsnöten.
Wissen Sie, was noch viel schlimmer ist? Schande. Im Gefängnis in Heimsheim, wo wir immer Dienst getan haben mit dem Schwarzen Kreuz, habe ich die Inhaftierten immer gefragt: „Schaut deine Frau noch nach dir? Und was ist mit deinen Kindern?“ Es waren ganz wenige, die gesagt haben, sie hätten noch jemanden, der nach ihnen schaut. Die anderen sagten, ihre Frau habe einen anderen Mann.
Wenn man seine eigene Last tragen muss, das ist das Allerschwerste.
Die Last der Seele und die Suche nach Heilung
Und wenn man damit fertigwerden muss, dann sitzt keiner von uns da, der nicht an sich selbst leidet. Warum bin ich so? Warum war ich so? Warum habe ich das in meinem Leben so getan?
Die Geschichte, die eben verlesen wurde, beginnt mit dem merkwürdigen Satz: „Und nach sechs Tagen“. Was war denn in den sechs Tagen? Es ist immer interessant, wenn man in der Bibel auch die Kleinigkeiten beobachtet. Was war nach sechs Tagen? Es war vorausgegangen, dass Jesus mit seinen Jüngern gesprochen hatte. Die Worte von Jesus haben eine ganz tiefe Bedeutung.
Da hat Jesus seinen Schülern – ich würde sagen seinen Fans, seinen Unterstützern – deutlich gemacht: Was würde es dem Menschen helfen, wenn er die ganze Welt gewönne und Schaden an seiner Seele nähme? Oder was kann der Mensch geben, womit er seine Seele erlösen könnte? Genau darum geht es heute Morgen.
Unsere Seele steht unter einem wahnsinnigen Druck, unter Lasten, die auf uns liegen. Und wir können diese Lasten nicht heben. Es gibt niemanden, der mit seiner eigenen Todesstunde fertigwerden kann. Es gibt niemanden, der mit den Enttäuschungen und Verletzungen fertig wird. Wie oft hat jemand schon hören müssen: Du bist nichts, du kannst nichts, und du wirst nichts.
Die Seele ist so sensibel. Gott hat uns eine Seele gegeben. Wir haben das ja oft vergessen: Wir sind nicht nur Fleisch, wir sind eine lebendige Seele, die Gott uns eingehaucht hat. Und diese Seele ist so leicht verletzbar und verwundbar. Die Seele wird erdrückt und kann kaum aufatmen unter dieser schrecklichen Last. Was kann der Mensch geben, damit er seine Seele erlöse?
In diesen Jahren erleben wir, wie die Zahl der Seelenbetreuer und Seelenärzte sprunghaft zunimmt. Ich möchte niemanden verletzen, aber ich möchte nur sagen: Leider gelingt es oft nicht, die seelischen Schmerzen zu heilen. Seelenärzte fehlt das Herrlichste: das Evangelium, das Evangelium von Jesus.
Seelenärzte können uns nur sagen, wie wir mit unseren Verwundungen umgehen, mit unseren Traumata. Sie versuchen, die Schuld abzudrängen auf die Umgebung, die uns so gemacht hat, und auf die anderen, die das bei uns verursacht haben. Aber das, was Jesus sagt, bleibt: Die ganzen Schätze dieser Welt sind nicht fähig, die Wunden der Seele zu heilen.
Die Begrenztheit weltlicher Mittel und die Notwendigkeit des Evangeliums
Das Wort von Jesus reizt mich immer, doch ein wenig zu provozieren. Wir in Württemberg haben einen Mann namens Zetsche, der die Daimler-Benz-Werke leitet. Ich weiß nicht genau, wie hoch sein Jahreseinkommen ist, aber es liegt irgendwo über 15 Millionen. Das ist ja kein Pappenstiel.
Also, was kann der Mensch geben, damit er seine Seele löst? Das wäre schon eine Sache, wenn Ihre Rente so hoch wäre. Trotzdem kann auch ein Milliardenvermögen die Seelennot nicht heilen – im Gegenteil.
Wie viel Verzweiflung gibt es, das lesen wir immer wieder in den Häusern der Reichen. Der Bruder von Paris Hilton steht zum Beispiel am Gendarmenmarkt im schönen Hilton Hotel, und er ist gerade wieder in Untersuchungshaft.
Wissen Sie, die Seelennöte liegen viel tiefer. Die Verwundungen in den Ehebeziehungen, mit den Kindern, in den Spannungen, in unserem eigenen Kopf und im Verlauf unseres Lebens – all das belastet uns. Was kann der Mensch geben, damit er seine Seele löst?
Als ich zum ersten Mal in Kenia war – ich war 25 Jahre lang verantwortlich für das große Hilfswerk „Hilfe für Brüder“. Wir sind in 120 Ländern der Erde aktiv gewesen und haben hauptsächlich die vergessenen Kirchen dort unterstützt. Es gibt viele, die nicht über die ökumenischen Beziehungen der Kirchen mit uns verbunden sind, besonders die missionarischen und die großen Kirchen. Gerade dort, in Ostafrika, ist die Afrika Inland Kirche eine der ganz großen Kirchen der Welt. Sie sind dort ungemein aktiv.
Als ich kam, sagten sie: „Wir hätten eigentlich eine Aufgabe für dich.“ Du denkst immer an die Nöte, die wir haben. Ich muss dir sagen, du musst mit uns jetzt einmal in ein Hotel gehen, dort am Strand bei Mombasa in Ostafrika.
Dorthin gehen die deutschen Urlauber. Dort sind sie, dort überwintern sie auch. Alles ist geboten, alles. Von der äußeren Versorgung all inclusive, es ist alles da: von der herrlichen Gegend, vom Tauchen nach den bunten Fischen bis zur letzten Unmoral, die man dort bekommt.
Aber die Afrikaner haben mir gesagt: „Wir bräuchten einen Seelsorger, einen deutschen Seelsorger.“ Wir sehen nur, wie viele deutsche Urlauber sich dort das Leben nehmen, weil sie keine Hoffnung haben.
Und das gibt mir seitdem nach. Dort flieht man in die schönsten Urlaubsgebiete. Ich habe dort über Nacht in diesem Hotel gewohnt. Nachts, zwischen drei und vier Uhr, bin ich durchs Hotel gegangen. Dort hingen sie an der Bar. Da merkt man: Seelsorge ist doch nötig. Die Menschen haben eine Last, die auch der Alkohol nicht wegdrücken kann.
Die Zusage Jesu und die Bedeutung des persönlichen Glaubens
Es fehlt gar nicht an Äußerem bei uns. Es stimmt doch nicht, dass die finanziellen Nöte da sind, sondern wir kommen mit dem Leben nicht mehr zurecht. Ich bin so froh, dass Jesus das so deutlich gemacht hat.
Als Jesus gesprochen hat, hat er in die Welt hineingerufen: „Her zu mir, die ihr niedergedrückt, abgearbeitet und mutlos seid, kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid“, so im alten Luthertext. „Ich will erquicken.“
Es ist auffallend, dass das Wort „erquicken“ heute in unserer Sprache kaum noch vorkommt. Lesen Sie mal die Zeitungen, das Wort „erquicken“ findet man nicht mehr, vielleicht noch bei der Werbung für Sprudel, aber sonst kaum. Das liegt daran, dass wir die Sache verloren haben. Es gibt Worte, die uns deshalb fremd sind, weil sie Teil der guten Botschaft des Evangeliums sind, die uns Jesus Christus zuruft.
Und jetzt fällt Ihnen plötzlich auf, dass im Evangelium, ja schon im Alten Bund, bevor Jesus kam, immer wieder steht: „Ich will euch erquicken“ oder in dem ganz bekannten Psalm: „Er erquickt meine Seele.“ Das kennen viele gar nicht mehr. Wir kennen Dogmen, wir kennen Glaubenssätze. Wir preisen Gott in seiner Güte, aber da sagt man selten: „Ich bin erquickt.“ Das ist wie jemand, der sagt: „Ich bin erfrischt, ich bin neu belebt, ich bin fröhlich, Lasten sind von mir abgefallen.“
Das ist ganz wunderbar, wenn ich das wissen darf und dann erleben darf, wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele – diese bedrückte, niedergedrückte, angeschlagene, verwundete Seele – nach dir, oh Gott.
Darum ist das Thema heute Morgen für diesen Gottesdienst, dass wir darüber reden. Mit diesen Nöten, die uns bewegen, muss ich gestehen: Ich bin schon als Schüler oder als Student bis in unsere Tage hinein oft in Gottesdiensten gesessen und habe gedacht: Wovon reden die? Das alles hat mich nicht erquicken können, auch die ganz großen theologischen Wahrheiten, die referatsmäßig verkündet wurden. Ich habe gelächelt nach diesem ewigen Trost.
Wie heißt es im Psalm? „Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft.“ Und das ist so wunderbar, dass es da plötzlich um ein ganz persönliches Verhältnis ging.
Ich habe oft im Evangeliumsrundfunk Andachten halten müssen. Da muss man vorher die Manuskripte einschicken, und da war immer ein Lektorat. Dieses hat die Manuskripte bearbeitet. Ich vermute, es waren 18-jährige Mädchen, die unsere Manuskripte durchgestrichen haben. Sie haben immer eines geändert: Sie haben das „Du“ in ein „Sie“ verwandelt.
Dieses Wort gilt Ihnen. Meine Frau war dann so nett und hat gesagt: „Jetzt halt es doch einfach so, wie du es vorbereitet hast.“ Denn das Evangelium kann man nur perdu sagen. Was nicht perdu geht, das geht perdu, das ist verdampft.
Das ist ein persönlicher Zuspruch, das ist ein Wort, das uns angeht. Und gerade in der Frage „Wozu lebe ich?“ – denn was will Gott mit mir? – da hat er ein persönliches Wort für mich. Da redet er meine Seele an, meine belastete Seele.
Und das hat Jesus mit seinen Jüngern besprochen: Du kannst mit keiner medikamentösen Welt das heilen. Denn was kann der Mensch geben, dass er seine Seele löse, als allein Er, der Heiland meiner Seele?
Die Bedeutung der Seele und die Begegnung mit Jesus
Ihr Jungen, ich habe doch als junger Mensch auch Anstoß genommen, wenn das Wort Seele in Liedern vorkam. Ich habe doch auch protestiert, ganz klar. Ich weiß nicht, wie lange ich gebraucht habe, bis ich als Verkündiger des Evangeliums gemerkt habe, dass für den modernen Menschen seine Seele da ist.
Vor 40, 50 Jahren haben wir als junge Menschen geglaubt, der Mensch sei ein Stück der Persönlichkeit, die sich entwickelt. Und darum schenkt Jesus nach diesem Wort: Niemand kann die Seele lösen. Das erleben wir auch in Gesprächen und in der Gemeinde. Wie oft sitzen wir da, Menschen schütten ihr Herz aus. Was können wir denn machen?
Es ist ja noch leicht, wenn man sagen kann: Da sind 50 Euro, dann ist gut. Aber so lässt sich die Seele nicht sättigen. Die Seele dürstet nach viel mehr und hungert nach etwas, was man nicht mit materiellen Dingen speisen kann. Es ist ja auch immer so schlimm, dass wir uns an Menschen hinhängen. Aber wenn wir uns an Menschen hinhängen, wird das nichts. Dann werden wir abhängig von dieser Menschenhilfe.
Natürlich wollen wir Gesellschaft bieten, aber die Heilung der Seele kann nicht durch Menschenbindungen geschehen, sondern durch eine ganz neue Blickrichtung. Und das schenkt Jesus seinen Fans, seinen Nachfolgern, die da mit ihm gezogen waren.
Drei nimmt Jesus mit
Es ist nur vor der Auferstehung von Jesus nur das eine Mal gewesen. Man vermutet, es war der Berg Tabor, wo Jesus diese drei Jünger mit hinaufnahm. Auf den Berg hat er sie ausgewählt. Dann kennen wir das ja schon aus der Weihnachtsgeschichte auf dem Hirtenfeld, wo plötzlich der strahlende Lichtglanz der Herrlichkeit Gottes erscheint. Was ist das? Der Kabod, das ist im Hebräischen die Umgebung Gottes, der Lichtglanz.
Licht kann man ja gar nicht beschreiben. Was ist Licht? Wenn Sie in die Lichtquelle schauen, sind Ihre Augen geblendet. Diese vollkommene Welt Gottes, die dort auf dem Hirtenfeld aufleuchtet, wo die Engel die frohe Botschaft verkünden: Euch ist heute der Heiland geboren. Das ist der, der mein Leben retten kann aus dieser furchtbaren Betrückung und Belastungen, in die ich hineingeboren bin.
Und dann sehen Sie plötzlich Jesus. Man kann es gar nicht beschreiben in der Klarheit Gottes. Das ist so ein biblischer Begriff, der weit über unsere irdische Begrifflichkeit hinausgeht. Das hat niemand von uns erfahren, darum ist das nicht analog, das ist nicht zu beschreiben in einer vollkommenen Göttlichkeit und Größe.
Es ist so wichtig in unserer Zeit, dass du weißt, wer Jesus ist: Der heilige, lebendige Gott in unendlicher Güte und Liebe, der dich lieb hat, der bei dir steht, der dich sucht, dein Herz, und der dir all seine Güte zuwendet. Und das ist der springende Punkt dieser ganzen kurzen Erlebnisgeschichte dort auf dem Berge.
Was dann heißt: Sie sah niemand als Jesus allein. Ich fürchte, dass ganz viele Menschen in ihrem Leben sich gestoßen haben an Menschen, auch an frommen Menschen, mit Recht. Ach, was kann man sich über Pfarrer ärgern – da bin ja selber einer – oder was so alles da ist und was man Hindernis sein kann, was man anderen Menschen auch Abschreckendes mitgibt.
Was ist das heute an Diskussionen über Glaubenslehren? Ich bin so froh, dass kein einziges Glaubenslehre, kein Dogma dasteht, obwohl das eine Hilfe ist für unseren Glauben. Ich bestreite kein Dogma, ich kann sie alle unterschreiben. Aber das Entscheidende, was viel wichtiger ist als alle Dogmen, ist die Jesusbegegnung.
Bist du Jesus einmal in deinem Leben begegnet? Hast du ihn erkannt in seiner großen Herrlichkeit, in seiner unendlichen Liebe? Hast du Jesus erkannt? Um den Punkt geht es, dass du ihn lieb hast über alles.
Aber ich habe mich gefreut, wie der Chor das gesungen hat: Wenn wir dich haben, kann uns nichts schaden. Teufel, Welt, Sünd oder Tod, du hast in Händen ganz alles, wenn, wie auch heißen mag, die Not.
Dieser Jesus will dein sein, will sich dir schenken. Das ist das wunderbare Evangelium. Du darfst ihn haben!
Die Bedeutung der Liebe zu Jesus und der Glaube
Es ist merkwürdig, dass ein Lied, von dem wir gar nicht wissen, wer es gedichtet hat, überall bekannt ist – sogar bei den gottlosen Menschen in der Welt. In jedem Liederkranz gehört es zum Repertoire: "Schenster, Herr Jesus, Herrscher aller Händen, dich will ich lieben! Dich will ich ehren, nichts soll mir werden lieber auf Erden als du, der liebste Jesus mein."
Das ist die Mitte unseres Gottesdienstes. Du, dich will ich in einem ganz persönlichen Liebesverhältnis haben.
Nun ist es ganz merkwürdig, dass viele Bibelausleger gar nicht von dieser Liebe zu Jesus sprechen. Selbst bei den großen Theologen der großen Kirchen wird sie bestritten. Karl Barth hat sein Leben lang behauptet, es gebe keine Liebe zu Jesus. Erst in seinem Dogmatikband 4,2 – das war der zehnte Band – hat er gesagt, er sei "Bolz geraten", nachdem er die Geschichte von der großen Sünderin gelesen hatte, die Jesus die Füße gewaschen hat.
Aber diese Liebe steht ganz oft in der Bibel. Ich selbst mache oft Freizeiten mit dem Thema: Christus liebhaben ist besser als alles Wissen. Es geht nicht darum, ein großes Wissen anzuhäufen, sondern um ein persönliches Liebesverhältnis. Abends ins Bett zu sinken und zu sagen: "Gute Nacht, lieber Heiland" – in einem persönlichen Vertrauen, egal was auch kommt. Es steht unter deiner Kontrolle, und ich bin in deinen Händen geborgen, weil du dein Wort nicht brichst.
Und weil das wahr und gültig ist – woher weiß ich das? Für mich ist die schönste Verklärung von Jesus kein Sehen mit unseren Augen. Das ist merkwürdig in der Bibel: Glauben geht nie über unsere Augen. Wenn Sie in Ihrem Leben prüfen, werden Sie feststellen, dass die meisten Sünden über Ihre Augen kommen. Was wir mit unseren Augen an Sünde konsumieren, ist schädlich. Eva sah die Frucht an – das ist typisch. Die Augen sind das Einfallstor der Verführung bei unzähligen Versuchungen.
Darum hat Jesus gesagt: "Selig sind die Nichtsehenden." Wir würden ihn gern sehen und meinen, das wäre eine Hilfe für den Glauben. Das ist es aber nicht. Was wäre besser, als Jesus hier optisch sehen zu können? Du kannst ihn nie schöner sehen als in dem Evangelium, das einfach erzählt, wie er dort am Kreuz hängt. Die Menschen stehen herum und verstehen nichts. Sie starren, und sie reden lästerlich über Jesus: "Ja, wenn er Gottes Sohn wäre..."
Und die Liebe von Jesus geht so weit, dass er selbst diese spottende Schar und das Kreuz einschließt mit den Worten: "Vater, vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie tun." Die Last, die auf der Seele liegt, muss weg.
Der andere, der auch noch spottet neben Jesus – obwohl sein Leben drogenvoll war und er wahrscheinlich gemordet hat, dieser Tschecher neben Jesus – Jesus hat keine Antwort mehr für ihn, er schweigt. Aber der andere sagt: "Herr, denk an mich." Das ist Glauben. "Herr, denk an mich" – das ist das größte Glaubensbekenntnis, das du aussprichst: "Herr, ich will dich haben, ich will bei dir sein."
Und Jesus spricht ihm zu, dass die Pforten des Todes und der Hölle ihn nicht fangen können: "So heute wirst du mit mir im Paradies sein." Jesus löst diese Banden.
Zeugnisse von Glauben und Hoffnung in schweren Lebenslagen
Haben Sie das einmal erlebt, in großer seelischer Bedrückung? Vor einigen Jahren musste ich eine Kreuzfahrt in der Ostsee leiten. Es war ein großes Schiff, das komplett von einem Reisebüro gepachtet war, mit vielen Christen an Bord.
Als wir in Kiel an Bord gingen, sagte der Kapitän: „Das ist ein Problem. Da ist eine Frau, die nehme ich nicht mit. Ich lasse sie unterschreiben, dass sie auf eigene Verantwortung mitgeht.“ Ich schaute mir die Sache an. Es war eine Frau ohne Arme und Beine, ein Mensch, der als Kind das Beruhigungsmittel Contergan bekommen hatte. Nun saß sie da und wollte mit den anderen dabei sein.
Ich versuchte ihr zu erklären, dass das Schiff nicht behindertengerecht gebaut sei. Man könne sich mit dem Rollstuhl kaum bewegen, sie habe keine Betreuungsperson dabei und könne nicht mitgehen. Doch sie sagte: „Ich habe mich angemeldet und ich bleibe da.“
Ich wandte mich an die anderen Frauen und sagte: „Ihr habt teuer für die Reise bezahlt, aber jetzt kommt eure Bewährungsprobe.“ Die Frau konnte keinen Wasserhahn erreichen, keine Toilette bedienen. Unsere Monika musste beim Essen ohne Gabel aus dem Teller essen, weil sie keine Hand hatte. Will eine Kreuzfahrtgesellschaft das?
Doch wenn wir Bibelarbeit hielten, dann saß Monika auf ihren zwei Lederstützen und erzählte ihre Geschichte. Ihre Eltern wollten sie nicht haben und schoben sie in ein Behindertenheim ab. Sie war geistig ganz klar und berichtete, wie grauenvoll das war. Sie wollte nicht mehr leben. Dann aber hatte sie Jesus gefunden.
Da saß sie bei den Bibelarbeiten und hörte zu. Und plötzlich merkten wir, dass wir Gesunden oft gar nicht richtig verstanden haben. Vielleicht haben Sie das Buch von Nick Vujicic gelesen. Gibt es denn noch irgendwo einen so fröhlichen Jesusnachfolger wie ihn, der das gleiche Schicksal hat – ohne Arme und Beine?
Da wird uns erst klar, dass das, was wir immer für so wichtig halten, gar nicht so entscheidend ist. Jesus will auch bei uns Gesunden diese Freude wecken. Und diese Freude entsteht nur, wenn ich erkenne: Jesus hat die Last meines sündigen Lebens getragen. Erst durch seine Vergebung und seinen Erlösungstod finde ich diese Freude.
Ich war gestern schockiert, als ich die Nachrichten sah. Es wurde gerade von einer neuen Luther-Ausstellung berichtet. Wissen Sie, was dort als erstes Wichtiges von Luther gezeigt wurde? Der Klositz. Das ist wichtig, Herr Luther, ja. Was heute alles zum Luther-Jubiläum gesagt wird, ist oft so unsinnig!
Nein, Luther hat uns die eine große Botschaft aus dem Römerbrief herausgestellt: Wir sind verlorene Leute und können den Himmel nicht aus eigener Kraft erreichen. Kein einziger Mensch kann sich durch Willensanstrengung erlösen. Der Humanismus betrügt, denn nur Jesus kann das durch seinen Opfertod für uns tun.
Sie können nachlesen, dass Anselm Grün sagt: „Gott ist nicht so grausam, dass er einen Opfertod braucht.“ Und Nikolaus Schneider, ehemaliger EKD-Präsident, sagt: „Nein, brauchen wir nicht.“ Doch dann wissen wir, dass die Last meines Lebens nur Sünde ist. Wenn ich das erkenne, sehe ich Jesus als meinen Retter, meinen Heiland, meinen Erlöser, dem ich vertraue und dem mein Leben gehört.
Ich sage: Herr, ich will mich dir verschreiben. Ohne dich kann ich nicht leben, keine Minute meines Lebens kann ich bestehen ohne dich. Denn du erquickst meine Seele. „Welche auf ihn sehen, die werden erquickt, und ihr Angesicht soll nicht zu Schanden werden.“
Das war Martin Luther: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders.“ Kaiser und Reich können drohen und alles tun, um mich zu vernichten. Sie können mich nicht vernichten. „Ein feste Burg ist unser Gott“, weil Jesus am Kreuz für mich gestorben ist.
Die Kraft der Liebe Gottes und die Herausforderung des Glaubens
Und das ist der Punkt, an dem ich erkennen kann: Die Liebe Gottes kann ich nur ergreifen und wahrnehmen unter dieser großen Liebe, die er mir schenkt.
Johann Frank, der Bürgermeister von Guben, hat vor ein paar hundert Jahren ein Lied gedichtet. Solche Lieder veralten jedoch nicht. „Jesus, meine Freude, meine Freude“ – nicht eine Freude, bei der es heißt: „Lass die Welt erzittern, mir steht Jesus bei.“
Ich denke immer wieder daran: Wenn in den kommenden Monaten schreckliche Terroranschläge über uns hinweggehen, dann können Sie dieses Lied singen. Ob es jetzt gleich kracht und blitzt, ob Sünde und Hölle erschrecken – Jesus will mich decken.
Das weiß ich: Diese Herrlichkeit der Erkenntnis Jesu Christi. Er ist vom Vater gekommen, der einzige Mittler, den es gibt. Es gibt keinen anderen, in keiner Religion dieser Welt. Gott hat Jesus gesandt und ihm bestimmt, die Last der Sünde der Menschen und eines Geschlechtes, das gegen Gott gesündigt hat, zu tragen und eine Erlösung zu schaffen – die herrlichste Verklärung.
Ich will hier bei dir stehen. Verachte mich doch nicht! Nein, Herr, ich brauche dich und will dir gehören.
Die Bedeutung des Hörens auf das Evangelium
Aber jetzt möchte ich noch einen zweiten Punkt anfügen. Einen dritten Punkt habe ich heute nicht, es sind nur zwei.
Wie können wir solche Erlebnisse haben? Heute sehnen wir uns sehr nach Gefühlserlebnissen. Unsere junge Generation lebt ganz von diesen Gefühlserlebnissen. Sie meint, das muss ich vibrierend in meinem Körper spüren. Doch das muss nicht so sein. Ich kann mich immer orientieren.
Eine Enkelin, die gerade in Brasilien ist und in einem sozialen Dienst bei den Indianern in der Indianermission arbeitet, hat mich gefragt: Warum seid ihr denn immer so dagegen gegen die großen Bewegungen, bei denen Zehntausende jubeln und schreien? Ich antworte, weil das im Neuen Testament nicht die Art von Jesus war.
Jesus hat uns aufgefordert, sehr nüchtern zu überlegen, ob wir ihn wirklich wollen. „Nehmt mein Joch auf euch“, sagt er. Er will uns binden, und das ist nicht ein Rausch der Sinne. Es ist so schön, dass Gott in dem Augenblick der Verklärung zu den Jüngern spricht. Die Jünger hätten am liebsten Hütten gebaut, zusammen mit Petrus, und wären dort geblieben. Aber wir können nicht in dieser unmittelbaren Nähe der Erfahrung bleiben.
Stattdessen sagt Gott: „Das ist mein lieber Sohn, der eingeborene Sohn des Vaters, den sollt ihr hören.“ Das Evangelium geht immer durchs Hören. Das ganze Evangelium war immer ein Hören. Wer auf meine Stimme hört – die Schafe des guten Hirten hören auf die Stimme, nicht auf ihr Gefühl. Sie hören auf die Stimme.
Und das Wort Gottes ist wahr, trügt nicht und hält gewiss, was es verspricht – im Tod und auch im Leben. Diese Erfahrung darf ich machen im Hören des Evangeliums. Und warum ist das so schön? Wenn wir das Evangelium auch in den Gottesdiensten hören und wenn Sie zu Hause in der Stille des Tages, bevor die Aufgaben auf Sie herandrängen, das Wort Gottes hören, wie der Sohn Gottes, der Herrscher aller Ewigkeiten, der kommende Weltenrichter Jesus, in Ihr Leben hineinspricht – das ist ganz groß.
Und wie dieses Wort zu uns auf einmal lebendig wird! Das Wort Gottes ist ein ganz besonderes Wort, weil es getrieben ist vom Geist Gottes. Darum ist es ein Samenkorn, das aufgeht und nicht leer zurückkommt. Das Wort wirkt, wozu es gesandt ist.
Das größte Werkzeug in der ganzen Christengeschichte ist immer das Wort Gottes gewesen, obwohl es zerfleddert, widersprochen und zerstört wurde. Das Wort Gottes, den sollt ihr hören. Das Größte ist die Botschaft, was Jesus sagt, sein Wort. Sein Wort ist so groß: „Ich will bei dir sein, ich will dich nicht verlassen noch versäumen. Fürchte dich nicht.“
Was ist das? Wie oft war ich auf der Intensivstation, habe Menschen nach Operationen besucht. Es ist schön, dass wir ohne Mühen Zutritt haben und Anerkennung in den Krankenhäusern genießen. Dann sagt die Krankenschwester: „Er liegt im Koma.“ Und ich sage: „Es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen.“ Da schlägt er die Augen auf und sagt: „Das ist wahr, das erlebe ich jetzt ganz wunderbar in diesem Frieden.“
„Es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen“, spricht der Herr (Daniel 9,9).
Zeugnis von Helmut Schemskraff von Moltke und die Kraft des Wortes Gottes
Weil mich auch die Geschichte hier in Berlin immer wieder bewegt: Helmut Schemskraff von Moltke aus Kreisau in Schlesien wurde im Rahmen des 20. Juli verhaftet, obwohl er nie an dem Attentat beteiligt war. Er war ein Christ – so wie Christen heute leben, oft ohne Bekenntnis zu Jesus und ohne tiefere Bindung.
So saß er dort im Gefängnis diese Wochen. Es gelang, durch die Gefängnisbeamten Kassiber einzuschleusen. Eugen Gerzenmaier hat dieses Werk vollbracht, indem er jeden Tag einen Bibelabschnitt übermittelte. Und da ist das Wunder geschehen. Man muss das noch einmal in den Briefen von Helmut Schemskraff von Moltke lesen.
Er hat zu einem lebendigen Glaubensverhältnis mit Jesus gefunden. Das kann nur das Wort Gottes bewirken, das kann kein Mensch machen. Das Wort wirkte so stark, dass er seiner Frau vor dem Todesurteil, vor dem Vollzug, vor der Hinrichtung den letzten Brief schrieb. Darin sagt er, der ganze Saal hätte toben können, der Vorsitzende des Volksgerichts, Hofrat Reisler, hätte brüllen können – das hätte ihm nichts gemacht. Die Wände hätten wackeln können, er hatte einen Frieden, und er erlebte, was Gottes Wort ihm sagt: "Und wenn du durchs Wasser gehst, will ich bei dir sein."
Nur Jesus gibt uns in den schweren Lebenssituationen diesen Frieden. Diesen Brief muss man gelesen haben. Er gehört in jedes Schulbuch, denn das ist das Wichtigste, was wir einer jungen Generation mitgeben können. Wenn sie die ganze Welt gewinnen, ist das weniger wert als das, was das Wort Gottes gibt, in dem Christus Frieden schenkt.
"In der Welt habt ihr Angst, aber seid mutig und getrost; ich habe diese Welt überwunden."
Rückkehr der Jünger und die Heilung durch Jesus
Und so kommen die Jünger zurück. Sie gehen gleich hinunter, wo ein Vater verzweifelt sein Kind bringt. Das Kind leidet an einer ganz schrecklichen Krankheit, der sogenannten Mundschlucht, die ins Feuer und Wasser fällt.
Der Vater ist ganz verzweifelt und sagt: Die Jünger konnten nichts ausrichten. Aber Jesus, du musst doch helfen! Es ist so: Wir können nichts, aber Jesus kann.
Das ist das größte Zeugnis, das wir in diese Stadt Berlin hineinrufen dürfen und das auch heute gilt: Wage es mit Jesus, ganz gleich, was deine Not auch sei. Erlebe es, wälze die Last deines Weges auf den Herrn. Das ist eigentlich die Übersetzung des Wortes „Befiehl dem Herrn deine Wege“: Wälze die Last deines Weges auf den Herrn.
Ich stehe in deiner Hand und kann nicht mehr selbst. Doch ich will mit dir sein, und du musst weitergehen.
Dieser Petrus hat in seinem zweiten Brief, den er geschrieben hat, noch einmal an dieses wunderbare Erlebnis auf dem Berg angeknüpft. Er sagt: Wir haben seine Erscheinung gesehen. Und dann fügt er hinzu: Wir haben desto fester das prophetische Wort, das große Gotteswort, das unseren Weg beleuchtet wie ein Licht.
Auch in der Dunkelheit deines Lebens leuchtet dieses Licht wunderbar hell. Amen.
Schlussgebet und Bitte um Erkenntnis und Frieden
Ich möchte beten, dass wir uns nicht verletzen. Dass wir uns nicht verletzen. Dass wir uns nicht verletzen. Dass wir uns nicht verletzen. Dass wir uns nicht verletzen. Dass wir uns nicht verletzen. Dass wir uns nicht verletzen. Dass wir uns nicht verletzen. Dass wir uns nicht verletzen. Dass wir uns nicht verletzen. Dass wir uns nicht verletzen. Dass wir uns nicht verletzen. Dass wir uns nicht verletzen.
Herr, wir sehen die Grenzen unseres Erkennens. Wir halten uns an die sichtbaren Dinge, die vergehen, und unsere Augen sind geblendet von einem Flitterwerk dieser Welt. Wir können Dich nicht erkennen, aber wir können hören.
Das Wunderbare ist, dass Du uns das schenkst: dass wir Dich immer mehr erkennen. Wir wollen immer mehr Deine Liebe erkennen, Dein Erbarmen, Deine Erlösungskraft. Je mehr uns auch diese Welt bedrängt und je mehr die Not um uns her uns belastet, desto mehr wollen wir Dich immer tiefer erkennen, in Deine göttliche Kraft hineindringen und erleben, wie Du in unserem sterblichen Leib wunderbar wirkst.
Wir haben viele Wunder mit Dir erlebt, aber auch dort, wo wir Deine Wunder nicht so erlebt haben, wie wir es gewünscht haben. Herr, bist Du uns immer größer geworden, und wir können nur danken. Es hat nichts gefehlt, und wir haben keinen Mangel gehabt.
Herr, wir bringen jetzt auch alle zu Dir, die ganz besondere Not haben, auch jetzt in dieser Stunde. Dass sie das vor Dir in Deinem Licht klären können und Deinen Frieden bekommen. Ja, wir bitten, dass Du das wunderbar wirkst.
Ganz herzlichen Dank, dass Dein Wort wahr ist und nicht trügt. Amen.
