Schwierige Aussprache und historische Hintergründe
Es fällt einem schwer, die Liedverse auszusprechen, besonders wenn ich den sechsten Vers sehe: "Lass dich dein Elend nicht bezwingen, halt an Gott, so wirst du siegen, ob alle Fluten einhergingen, dennoch musst du oben liegen."
Dieser Vers bezieht sich auf die Gestalt Hiskias. Was bedeutete das für ihn?
Hinter der Abmachung mit dem König von Assyrien entstanden sehr komplizierte diplomatische Aktivitäten. Ähnlich wie heute, wenn ein Vermittler in Moskau Verhandlungen führt oder im Nahen Osten versucht, ein Land nach dem anderen zu überreden. Schließlich wurde der Preis vereinbart, den der Frieden eben kostet.
Wissen Sie, wie es dann weiterging? Der König von Assyrien sandte den Tartan, nachdem alles bezahlt war, sowie den Rapsaris und den Rapschake von Lachisch mit großer Heeresmacht nach Jerusalem zum König Hiskia. Sie zogen hinauf.
Doch all dies war umsonst. Als sie ankamen, hielten sie an der Wasserleitung des oberen Teichs, die an der Straße beim Acker des Walkers liegt. Das war die verwundbarste Stelle Jerusalems. Wenn sie dort kein Wasser mehr hatten und der Feind dort saß, waren sie verloren.
Die Herausforderung durch den Rapschake
Sie riefen nach dem König. Da kamen zu ihnen heraus der Hofmeister Eljakim, der Sohn Hilkias, der Schreiber Shebna und der Kanzel Joach, der Sohn Asafs.
Der Rapschake sprach zu ihnen: „Sag doch dem König Hiskia, so spricht der große König, der König von Assyrien: Was ist das für ein Vertrauen, das du da hast? Meinst du, bloße Worte seien schon Rat und Macht zum Kämpfen? Auf wen verlässt du dich denn, dass du von mir abtrünnig geworden bist?
Siehe, verlässt du dich auf diesen zerbrochenen Rohrstab, auf Ägypten? Denn jedem, der sich darauf stützt, wird er in die Hand dringen und sie durchbohren. So ist der Pharao, der König von Ägypten, für alle, die sich auf ihn verlassen.
Oder wollt ihr zu mir sagen: ‚Wir verlassen uns auf den Herrn, unseren Gott‘? Ist er es denn nicht, dessen Höhen und Altäre Hiskia entfernt hat? Und zu Juda und zu Jerusalem gesagt hat: ‚Nur vor diesem Altar, dessen Jerusalem ist, sollt ihr anbeten‘?
Wollt ihr eine Wette annehmen mit meinem Herrn, dem König von Assyrien? Ich will dir zweitausend Rosse schenken, wenn du überhaupt die Reiter dazu stellen kannst. Wie willst du denn zurücktreiben auch nur einen der geringsten von meines Herrn Untertanen, und du verlässt dich auf Ägypten um der Wagen und Gespanne willen?
Meinst du aber, ich sei ohne den Herrn heraufgezogen, dass ich diese Städte verderbe? Es kommt der Hohn eines Heiden: ‚Der Herr hat mir es geboten, zieh hinauf in dieses Land und verderbe es.‘“
Die Reaktion der israelitischen Gesandten
Da sprachen Eliakim, der Sohn Hilkias, Shebna und Joach zum Rab Schake: Rede mit deinen Knechten auf Aramäisch, denn wir verstehen es. Sprecht nicht vor den Ohren des Volkes, das auf der Mauer ist, Hebräisch.
Die letzte Demütigung bleibt ihnen nicht erspart. Doch der Rab Schake sprach zu ihnen: Hat mich denn mein Herr zu deinem Herrn oder zu dir gesandt, damit ich solche Worte rede? Oder vielmehr zu den Männern, die auf der Mauer sitzen, damit sie mit euch ihren eigenen Mist fressen und ihren Herrn saufen?
Da trat der Rab Schake heran und rief mit lauter Stimme auf Hebräisch: Hört das Wort des großen Königs, des Königs von Assyrien. Ist das die Macht des Menschen, der sich stolz wähnt?
So spricht der König: Lasst euch von Hiskia nicht betrügen, denn er vermag euch nicht zu erretten aus meiner Hand. Lasst euch auch nicht von Hiskia vertrösten auf den Herrn. Wenn er sagt: Der Herr wird uns erretten und diese Stadt wird nicht in die Hände des Königs von Assyrien gegeben werden, dann hört nicht auf Hiskia.
Denn so spricht der König von Assyrien: Schließt Freundschaft mit mir, kommt zu mir heraus! So soll jedermann von seinem Weinstock und seinem Feigenbaum essen und von seinem Brunnen trinken, bis ich komme und euch hole in ein Land, das eurem Land gleich ist.
Dort gibt es Korn, Wein, Brot, Weinberge, Ölbäume und Honig. Dann werdet ihr am Leben bleiben und nicht sterben. Hört nicht auf Hiskia, denn er verführt euch, wenn er spricht: Der Herr wird uns erretten.
Die Anklage gegen die Götter der Völker
Haben etwa die Götter der anderen Völker ihr Land aus der Hand des Königs von Assyrien errettet? Wo sind die Götter von Hamad und Arpat? Wo sind die Götter von Sefarwaim, Hena und Iwa? Wo sind die Götter des Landes Samarien? Haben sie Samaria aus meiner Hand errettet?
Damals war das Nordreich Samaria schon völlig zerstört, wo einst Ahab und Isebel wirkten. Wo ist ein Gott unter den Göttern aller Länder, der sein Land aus meiner Hand errettet hätte? Nur der Herr sollte Jerusalem aus meiner Hand erretten.
Das Volk aber schwieg still und antwortete ihm nichts, denn der König hatte geboten, ihm nicht zu antworten. Da kamen der Hofmeister Eljakim, der Sohn Hilkias, der Schreiber Shebna und der Kanzler Joach, der Sohn Asafs, zu Hiskia mit zerrissenen Kleidern. Sie überbrachten ihm die Worte des Rapschake.
Hiskias Gebet und die Reaktion Gottes
Als der König Hiskia das hörte, zerriss er seine Kleider, legte einen Sack an und ging in das Haus des Herrn.
Er sandte den Hofmeister Eljakim und den Schreiber Shebna samt den ältesten der Priester, alle mit Säcken angetan, zu dem Propheten Jesaja, dem Sohn des Amots. Sie sprachen zu ihm: „So sagt Hiskia: Das ist ein Tag der Not, der Strafe und der Schmach, wie wenn Kinder eben geboren werden sollen, aber die Kraft fehlt, sie zu gebären.
Vielleicht hört der Herr, dein Gott, alle Worte des Rapschake, den sein Herr, der König von Assyrien, gesandt hat, um Hohn zu sprechen dem lebendigen Gott, und straft die Worte, die der Herr, dein Gott, gehört hat.
So erhebe dein Gebet für die Übriggebliebenen, die noch vorhanden sind. Herr, weise du uns durch dein Wort! Amen!“
Praktischer Atheismus und die Herausforderung des Glaubens
Liebe Gemeinde,
dass Religion das Opium fürs Volk sei, hat nicht erst Karl Marx entdeckt. Dieser Satz begleitet die Menschheit von Anfang an. Der Rapschake, der Obermundschenk und der Mann im Generalstab des Königs von Assyrien rufen es spottend hinauf, während die Soldaten auf der Mauer von Jerusalem stehen: „Lasst euch nicht vertrösten auf den Herrn, lasst euch doch nicht vertrösten!“ Das ist kämpferischer Atheismus.
In unserem Land gibt es seit 30 oder 40 Jahren keinen kämpferischen Atheismus mehr. Vielmehr herrscht ein praktischer Atheismus, und das ist ein großer Unterschied. Dazu gehört, dass das Christentum überhaupt nicht mehr angegriffen wird. Im Gegenteil, alle Menschen wissen mehr oder weniger über die Lehre des Christentums Bescheid.
Doch zwischen Leben und Glauben klafft eine sehr tiefe Kluft. Wenn man nur an die Gestaltung unseres Lebens denkt, an die Frage von Lüge und Wahrheit oder an die ganzen ethischen Fragen, dann muss man sagen: Die Menschen empfinden allmählich, dass das Leben dem Glauben widerspricht. Das geht ja gar nicht mehr zusammen. So kann man ja gar nicht leben.
Wenn man die gehetzten und gejagten Menschen unserer Tage betrachtet – wir gehören ja selbst dazu –, dann kann man noch christliche Worte im Munde führen. Aber wo ist die Geborgenheit des Glaubens? Wo geschieht es, dass einsame Menschen heute Frieden finden in Gott? Man kann christliche Sprüche haben, Kirchen besuchen und ein ganzes Volk kann den Namen Christ tragen. Und doch kann man längst innerlich losgelöst und gottlos sein. Das ist praktischer Atheismus.
Das war schon zu Zeiten des Hiskia so. Es ist keine neue Erscheinung. Deshalb möchte ich hier aufzeigen, was Hiskia in solch einer Zeit tut. Drei Dinge möchte ich erwähnen und herausgreifen.
Hiskias radikale Entscheidung: Alles oder nichts
Das Erste, was ich nennen möchte, ist: Alles oder nichts, alles oder nichts.
Damals war das öffentliche Leben Israels durchdrungen von Religion. Hätte man damals vom Atheismus gesprochen, hätte man nur gehört: „Hast du den Verstand verloren? Wie kannst du das sagen? Schau es dir doch an!“ Es gab keinen Kaufvertrag, der abgeschlossen werden konnte, ohne dass Gott beschworen wurde. Das gesamte öffentliche Leben war von religiösen Formen geprägt. Überall auf den Bergen wurden religiöse Gebäude errichtet, Tempel gebaut. Es war eine äußerst religiöse Zeit.
Doch das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es eine gottlose Zeit war. Mir scheint manchmal, dass der kämpferische Atheismus die Fronten viel klarer macht, weil ich weiß, wie der andere denkt. Aber es ist die schlimmste Not, wenn unter dem Deckmantel des christlichen Glaubens der Atheismus vordringt und Menschen äußerlich noch in den Formen leben, aber längst den lebendigen Gott verloren haben.
Die erste herausragende Tat des Hiskia war es, die Religiosität seiner Zeit zu zerstören. Das heißt hier: Er entfernte die Höhen, zerbrach die Steinmale, hieb das Bild Aschera um und zerschlug die ehrende Schlange, die Mose gemacht hatte. Andere mögen entsetzt sein und sagen: „Geht es denen gar nicht mehr ums christliche Traditionsgut? Das ist doch noch ein Rest Religion, wenn die Menschen nur noch an Gedanken an Gott haben.“ Doch Hiskia erkennt: Nein, das ist Flucht. Alles oder nichts.
Er entscheidet sich gegen äußere Formen, gegen äußerliche Frömmigkeit, gegen äußere Religion. Nicht für Formen, nicht für Gewohnheiten und nicht für Traditionen, sondern für den lebendigen Gott. Er hing am Herrn, er vertraute dem Herrn, dem Gott Israels, so wie unter allen Königen von Juda seinesgleichen nicht gewesen ist. Er hing am Herrn, wich nicht von ihm ab und hielt seine Gebote.
Da ist ein Mann, der sagt: Alles oder nichts, es geht nicht anders. In einer Zeit, in der man beklagt und sagt, Gott sei so ferngerückt, stellt sich die Frage, ob man da noch Formen retten kann. „Die kann ich zerstören, wenn ich nur mit meinem ganzen Leben an Gott, dem lebendigen Gott, hänge.“
Mich wundert die Kühnheit, mit der Hiskia hier eine klare Scheidung trifft. Man kann das nur verstehen, wenn man weiß, dass Menschen, die einmal vom Evangelium Gottes getroffen sind, eine ebenso klare Entscheidung treffen müssen.
Manchmal kreist unser Denken, auch unser religiöses Denken und unser Glaube, nur um vordergründige Wünsche. Dann spielt sich das, was wir in unseren Predigten besprechen, gleichsam in der Frage der Lebensbewältigung ab: Wie kann ich meine Sorgen loswerden? Wie kann ich ein bisschen glücklicher werden? So, wie man einen kleinen Rat zum Leben gibt. Das ist ja schön, aber das Ganze bleibt nur ein hausbackenes, kleinbürgerliches Niveau.
Mein Leben und mein Glaube kreisen egoistisch um meine Frömmigkeit, darum, ob ich ein bisschen mehr Befriedigung in meinem Leben finde. Das ist berechtigt, aber zu wenig. Hiskia war vom Evangelium Gottes gepackt. Er merkte: Gott will aus meinem Leben Geschichte machen. Gott will durch mein Leben gestaltend in diese Welt eingreifen.
Das hielt er gar nicht für möglich. Er dachte immer, er sei nur eine kleine Nummer. Aber dass Gott ihn beschlagnahmt, dass Gott aus ihm etwas machen will, das war der Grund, warum er sein Leben ganz diesem lebendigen Gott Israels anvertraute. Alles oder nichts! Es geht nicht um Religionen, es geht nicht um Christlichkeiten, es geht nicht um Formen. Es geht um den Gott, der durch mein Leben hindurch wirken will.
Manchmal habe ich Sorge, ob wir uns überhaupt zu sehr damit befassen, dass wir sagen: Das können Menschen heute gar nicht mehr hören, das Evangelium ist ihnen fremd geworden. Natürlich ist es ihnen fremd geworden, weil Menschen gar nicht mehr so weit denken können. Sie sagen: „Nur wenn ich den morgigen Tag noch bewältige …“
Unser Gott will Menschen eine Botschaft vom Leben bringen, so wie ich sie heute zu Beginn des Gottesdienstes grüßen durfte: „Wer den Sohn Gottes hat, der hat das Leben. Wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht.“ Ein Leben, das von der Ewigkeit herkommt und in die Ewigkeit mündet, die ganze große Weite, die man umfassen kann.
Gott sagt: „Ich möchte noch einmal ganz neu bei euch ansetzen, die ich euch liebe und die ich euch durch dieses Leben hindurch tragen will.“ Da können andere Menschen lachen und spotten und sagen: „Kann man eigentlich heute noch mit den Geboten Gottes leben? Sind die noch für unsere Zeit?“
Doch da ist Hiskia, und er lebt das konsequent. Er hielt die Gebote, die der Herr durch Mose geboten hatte, ganz direkt, buchstäblich. Denn er entdeckte: Da ist mir eine Linie gegeben, ein Lebensraum. Wie Jakobus sagt, das königliche Gesetz der Freiheit.
Wie glücklich ist er! Andere sagen: „So kann man nicht leben,“ weil sie Angst haben, dass in ihrem Leben ein bisschen ihre Praxis durcheinandergeraten könnte. Aber Hiskia stellt alles auf den Kopf: Alles oder nichts! Er will sein Leben nur vor diesem Herrn leben, dem einzigen, was für ihn das Leben noch lebenswert macht.
Die Konfrontation: Er oder ich?
Und das Zweite: Er – oder ich – er hat ja gespottet, wie er dort an der Mauer von Jerusalem stand, und hat Hiskia ausgelacht. Er sagte: „Was ist das für ein Vertrauen, das du hast?“ Wunderbar, wenn der kämpferische Atheismus die Alternative so klar herausstellt. Ich bin immer wieder froh, wenn die Pravda uns auch immer wieder so ein Zitat in die Hand gibt, bei dem wir Christen wieder merken, was wir eigentlich haben.
Das ist aber ganz selten in unserer Zeit der Vernäbelung und Verwirrung. „Was ist das für ein Vertrauen, das du hast?“ Und dann weiß er ja darüber Bescheid und sagt: „Schau meine Armeen an.“ So wie heute jemand sagen kann: „Ich glaube nur, was ich anfassen kann. Ich bin Materialist, das ist mein Glaube.“
Hiskia hatte die Front auch nicht so klar gesehen, lange Zeit in seinem eigenen Leben. Ich muss Ihnen das doch noch einmal ausholend erzählen, was ich Ihnen vorher vorgelesen habe. Ich habe ja formuliert als Thema: Hiskia, der sich nicht unterkriegen ließ. Aber Hiskia ließ sich auch zweimal unterkriegen. Das erste Mal haben wir es vorher gehört. Als die Städte um ihn herum alle von Sanherib besetzt waren und die Assyrer dort mit ihren Truppen aufmarschiert waren, da verliert Hiskia seine Nerven.
Obwohl er ein Mensch war, der ganz mit Gott leben wollte – wir kennen das. Sein Vater Ahas hat ja entgegen dem Rat des Jesaja auch einmal einen ganz, ganz gottlosen Kompromiss gemacht und hat sich an die Feinde verkauft, weil er Gott nicht vertraut hat. Damals, als Jesaja das Wort rief: „Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht.“ Was Bube übersetzt mit: „Wenn er nicht vertraut, bleibt er nicht betreut.“ Das ist ein Wortspiel im Hebräischen.
Und jetzt wiederholt sich beim Sohn noch einmal das Gleiche. Als die Assyrer heranrücken – ich möchte das mit den Worten von Paul Humburg sagen, der eine einmalige Auslegung über diesen Abschnitt geschrieben hat. Humburg sagt: Lasst mich mit meiner Fantasie das einmal ausmalen. Ich stelle mir das so vor, dass eigentlich Hiskia nur in den Tempel hinaufgehen wollte, um zu beten und seine Sorgen vor Gott niederzulegen.
Und als er an diesen wunderschönen Tempeltüren vorbeigeht, denkt er: „Ach, das wäre auch eine Möglichkeit, sich die Feinde vom Hals zu halten.“ Und dann gibt er Befehl, und diese Tempeltüren werden abgebrochen. Die gehörten ihm ja gar nicht, aber er war ja König. Und da verliert er sich in Geschäftigkeit. Dann wühlt er und schafft es bloß, um den König vom Hals zu halten, der dort mit seinen Truppen vor der Stadt liegt.
Paul Humburg fragt und sagt: Ist das nicht die Tragik so vieler Menschen, die einmal mit Gott angefangen haben? In jungen Jahren sind sie aufgebrochen und haben gesagt: „Alles oder nichts, ich möchte mein Leben mit Gott leben, ich möchte das Pfand in der Hand haben, dass ich ihm trauen kann.“ Dann merken sie plötzlich gar nicht, dass sie vor lauter übereifrigem Angsthaben im Schlamassel plötzlich zu vorschnellen eigenen Lösungen kommen.
„Das kann ich doch selber machen, da brauche ich doch Gott gar nicht zu bemühen. Ich brauche doch nicht so zu tun, als ob ich so verlassen, so arm, so elend wäre. Ich kann das doch selber.“ Und dann möchte man weiter fragen: Ist das nicht die Not der Christen bis heute geblieben, dass man Methoden und Wege ersinnt und schafft und schafft, es ihnen doch alle überschafft und müde?
Mit einer rührenden Hingabe, weil wir so viel zu tun haben und zu gar nichts anderem mehr kommen. Und das eine, was Gott geboten hat, dass man vor ihn treten soll und dass er ein Gott ist, der sich der Elenden erbarmt – ach, ich möchte ihn doch gar nicht bemühen.
Und das ist von uns noch viel grausamer, wo wir in der Mitte der Kirche unser Kreuz aufgerichtet haben, wo dargestellt ist, dass Jesus sich verpfändet hat für unsere Armut, für uns verlorene Menschen: „Kommt her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.“
Ach, Jesus, es ist nicht nötig, ich kann es mal ganz allein machen. Ich komme schon selber durch, ich möchte mich mal bemühen, es wird schon gehen. Wie oft ist das eine ganze Linie durch ein ganzes Leben lang: Man möchte nicht gegen Gott sein, aber man ist längst von ihm geschieden. Man wurstelt dahin in der eigenen Ohnmacht, und man kann gar nicht, wenn man nicht den Mut hat, jetzt konkret alles auf den Herrn zu werfen und ihm zu vertrauen.
Das Glück in der Not und die Einladung zum Vertrauen
Was möchte ich sagen? Es ist ein Glück – darf man das so sagen, ein Glück? Es könnte frivol klingen, dass Sanherib so durchtrieben und erschrocken ist, weil er auch nach der Zahlung von 300 Zentnern Silber und 40 Zentnern Gold nicht von der Stadt abzieht. Stattdessen beginnt er erst recht seine Belagerung, weil in der Welt eben doch der Stärkere herrscht.
Darf man sagen, dass es das Glück unseres Lebens ist? Nicht, dass Gott in unserem Leben etwas macht, sondern dass manchmal unsere Nöte immer größer werden, obwohl wir mit aller Macht dagegen kämpfen. Dass wir schier erdrückt werden und zum Schluss unschier die Luft ausgeht. Dass Leute sagen: „Wissen Sie, ich kann gar nicht mehr in die Kirche kommen, ich muss so furchtbar arbeiten, ich komme gar nicht mehr dazu.“ Das verstehe ich. Man ist zum Schluss ganz fertig und merkt gar nicht mehr, dass man es bei Gott abladen darf.
Ich halte es für einen ganz wunderbaren Weg, dass bis zu Hiskia so deutlich herauskommt: Ist es ja er oder ich? Du musst wissen: Möchtest du dein Leben allein machen oder möchtest du es mit Gott machen? Es wird hier keiner da sein, der nicht sagt: „Ich möchte an Gott glauben.“ Das ist nicht die Frage. Die Frage ist: Können Sie Ihr Leben ohne Gott leben? Dann brauchen Sie ihn nicht. Und wenn Sie mit Gott leben, dann kann es kein Stückchen mehr in Ihrem Leben geben, das Sie ohne ihn machen können. Entweder Sie gehen unter oder Sie werden hinuntergedrückt.
An einer unscheinbaren Stelle hatte Hiskia gar nicht gemerkt, wo seine Glaubensgier auf die Seite geschoben wurde – noch ein Letztes verloren oder gerettet. Ich habe heute drei Alternativen gestellt, die im praktischen Atheismus unserer Tage auch im christlichen Gewand vor uns stehen: alles oder nichts, er oder ich, verloren oder gerettet.
Noch einmal danken wir dem militanten Atheismus der Assyrer, die das dort an der Stadtmauer so klar hinausgerufen haben und gesagt haben: Hiskia, es geht ums Überleben. Vielleicht sind Sie vorher auch zusammengezuckt, als die derbe Soldatensprache hier noch einmal so wörtlich wiedergegeben wurde: „Es geht doch nur darum, ob man leben kann.“ Und dann triumphiert die Macht der Welt stolz im Brutzeln: Schau her, hier ist Macht, hier kann man leben.
Die stampfenden Soldatenstiefel, wenn sie dröhnen, zeigen, dass das Macht ist in der Welt. Und es gibt viele Mächte in dieser Welt, vor denen man sich beugen kann und mit denen man leben kann. Sie lachen uns höhnisch aus: „Was habt ihr denn in eurem Glauben? Was hast du denn?“ Lassen Sie sich nicht verführen, wenn sie sagen: „Doch, doch, wir haben schon ein bisschen was. Schauen Sie an, was die Christen in Jahrhunderten bewerkstelligt haben, und schauen Sie, wir sind doch auch ein wenig nette Menschen geworden.“ Nein, nein!
Das, worauf wir pochen können, das ist unser Siegeszeichen: das Kreuz Jesu. Wir halten es hoch und sagen, dass Gott seinen Sohn für mich verbluten lässt. Dass ich die Garantie habe, dass nichts mich von seiner Liebe trennen kann. Und wenn meine Sünden gen Himmel schreien, dann steht es von Gott fest, dass er mich nicht loslassen will und dass ich mich in seiner Liebe bergen kann.
Dem steht Rapschake gegenüber mit seinem hohen lachenden Spott. Ich bin froh, dass er so klar gesagt hat: „Verloren oder gerettet.“ Und wir würden ihm zurückrufen und sagen: „Genau, verloren oder gerettet, Rapschake, es gibt eine Hölle, und ich möchte nicht in die Hölle kommen.“ Und das ist die Frage, die wir an andere Menschen richten: Sind sie gerettet?
Im Licht der Ewigkeit ist mein Leben gewogen: Bin ich bei Gott oder bin ich nicht bei ihm? Hält er mich in seiner Hand? Ich kann mir viele Sicherheiten in meinem Leben zurechtlegen, an die ich mich klammere. Und sie werden doch alle zerbrochen, als da Hiskia im Tempel vor Gott liegt, sich den Sack anzieht und vor Gott steht als der Arme, der nicht mehr weiterweiß.
Und da Gott einfach bei seinem Erbarmen anruft, geschieht in dieser Nacht das Unheimliche: Gott macht auch in dieser Welt Geschichte. Und Sanherib muss seine Armee zurückrufen, weil in seinem eigenen Land ein Aufstand kam. Zufälle sind das? Komische Zufälle!
Wenn einer sagen will: „Ich möchte mit Gott leben, aber das ist doch nur etwas für die Ewigkeit“, dann irrt er. Im Gegenteil: Es fängt doch in dieser Welt an, dass ich meine Not, meine Probleme, meine Lebensgestaltung mit Gott lebe. Dass auf einmal diese unheilvolle Luft des praktischen Atheismus, den wir ja alle leben, überwunden wird.
Weil Leute sagen: Ich möchte keine Kinder mehr erziehen, ich möchte keinen Beruf mehr ergreifen, keine Prüfung mehr machen, ohne dass ich das mit meinem Gott bespreche. Ich möchte keine Ehewahl treffen, ohne das mit meinem Gott zu entscheiden.
Verloren oder gerettet – es hat doch nur einen Wert, wenn ich in der Hand Gottes leben kann. Denn da bin ich geborgen, da bin ich sicher, da bin ich behütet.
Dann kann man es den gehetzten und gejagten Menschen unserer Tage zusprechen und sagen: Es gibt in dieser Welt Geborgenheit, Heimat und Frieden, da wo man alles auf eine Karte setzt – alles oder nichts, er oder ich. Nicht auf Religion, nicht auf Kirchen und Konfessionen und Traditionen, sondern auf das Wort des lebendigen Gottes, der lebt und mit ihnen Geschichte machen will, dem sie sich anvertrauen dürfen.
„Unter deinen Schirmen bin ich vor den Stürmen aller Feinde frei. Lass den Satan wettern, lass die Welt erzittern. Mir steht Jesus bei. Ob es jetzt gleich kracht und blitzt, ob gleich Sünd und Hölle schrecken, Jesus will mich decken.“ Amen.