Einführung und Abgrenzung von Glaubenskrisen
Glaubenskrisen erkennen, verstehen, überwinden.
Bei mir ist gerade ein bisschen viel los, und deshalb bekommst du in dieser Woche genau dazu einen Vortrag. Ich möchte noch einen Sonderfall ansprechen, der hier nicht aufgeführt ist. Ich will ihn nur mit ein oder zwei Sätzen kurz anreißen, damit ihr es gehört habt, denn er gehört der Vollständigkeit halber dazu.
Eine psychische Erkrankung ist keine Glaubenskrise. Es ist ganz wichtig, dass wir das verstehen.
Ich habe bisher gesagt, dass Glaubenskrisen zum Beispiel durch Leiterfahrungen entstehen können, durch das Fehlen von Antworten auf Fragen, durch Begegnungen mit schrägen Christen, durch die Erkenntnis, dass Gott nicht so funktioniert, wie man dachte, weil man ein falsches Gottesbild hat, durch Angst, durch die Beschäftigung mit Esoterik und Okkultismus, durch eigene Sünde oder als Produkt des Zeitgeistes.
Wenn du eine psychische Erkrankung hast, zum Beispiel eine Depression, was sehr typisch ist, dann kannst du an dieser Stelle auch den Glauben nicht mehr fühlen. Das ist physiologisch bedingt, weil Glauben als Gefühl in denselben Hirnregionen abläuft, die durch eine Depression abgeschaltet werden.
Das heißt: Wenn du jemals depressiv wirst und nicht mehr glauben kannst, dann sage ich dir von hier vorne: Das ist eine Lüge, die du nicht glauben sollst. Du glaubst weiterhin. Warum? Weil Glauben eine begründete Entscheidung ist.
Nur weil ich gerade etwas nicht fühlen kann, weil mein Serotoninspiegel nicht mitspielt, ist das noch lange kein Grund, an meinem Glauben zu zweifeln. Du musst ihn dann einfach nur von der gefühligen Ecke auf die intellektuelle Seite verschieben.
Das wollte ich nur gesagt haben, damit wir da nicht aneinander vorbeireden.
Herausforderungen für christliche Jugendliche in der heutigen Zeit
Okay, ich habe euch noch nicht genug kritisiert. Das waren also die Faktoren, die eine Glaubenskrise auslösen können. Ich glaube, ihr habt es richtig, richtig schwer, und deshalb gibt es einen dritten Punkt: Warum sind christliche Jugendliche heute besonders gefährdet? Bitte vergebt mir diese etwas provokante Überschrift.
Vielleicht kommt es nicht so rüber, aber ich mag euch wirklich. Ich predige euch das, weil ich mir wünsche, dass ihr euch der Gefahr bewusst seid. Ihr seid Kinder einer neuen Zeit, und die Zeiten ändern sich gerade so schnell wie selten zuvor in der Kulturgeschichte.
Wenn man zurückblickt, zum Beispiel auf das Römische Reich, dann hatten die gefühlt ein halbes Jahrtausend lang immer die gleichen Verhältnisse. Heute hingegen – na ja, mein Handy sagt mir alle drei Monate, dass ich ein neues Betriebssystem installieren soll. Es fragt mich: „Magst du mich heute Nacht vielleicht mal updaten?“ Und ich denke mir: „Nein, nicht schon wieder irgendwelche neuen Features, die ich gar nicht brauche.“ Irgendwann ist einfach mal genug. Das Gerät soll doch bitte zehn Jahre funktionieren, das reicht mir. Ich will nicht mehr als das, was es jetzt schon tut.
Und dann haben wir diese komische KI, die gerade Texte beantwortet und wahrscheinlich die nächste technische Revolution einläutet. Ich denke mir: „Oh nein, alles wird immer schneller.“ Genau da steckt ihr mittendrin. Ihr habt leider eine ganz, ganz schwierige Zeit erwischt, um Glauben zu leben.
Praktische Hilfen: Eine Checkliste für das geistliche Leben
Deswegen habe ich mir überlegt, euch eine Checkliste mitzugeben – eine Checkliste zu all dem, was ihr gerade gehört habt. Es ging ja um Krisen.
Krisen kann man vorbeugen, und man kann sich auch noch ein wenig darauf vorbereiten. Deshalb habe ich eine Checkliste erstellt.
Sie enthält Fragen an dich und dein geistliches Leben, aus der Sicht von jemandem, der schon über dreißig Jahre gläubig ist und dabei Freude hat.
Gebet als Fundament des Glaubenslebens
Erste Frage: Hast du genug Gebet? Und ich meine damit wirkliches Gebet, die klassische Form – das Reden mit Gott nach dem Muster des Vaterunsers. Ein intelligentes, tiefes Gebet, das deine Seele sättigt.
Das Thema ist für euch besonders relevant, weil man euch die Generation Lobpreis nennt. Abgesehen davon, dass Lobpreismusik häufig ein falsches oder einseitiges Gottesbild vermittelt, fördert sie nicht unbedingt die Art von Gebet, die deine Seele wirklich braucht.
Gebet, in dem wir Gott bewundern, in dem wir in der Fürbitte für andere Christen in den geistlichen Kampf eintreten, in dem wir unsere Abhängigkeit zugeben und um unser tägliches Brot bitten, in dem wir Sünde bekennen und Weisheit suchen. Das ist die Art von Gebet, von der du jeden Tag genug brauchst.
In diesem Moment findet deine intime Zeit mit Gott statt. Wärt ihr nicht alle so jung, sondern sagen wir mal zehn Jahre älter, dann würde ich euch jetzt erklären, warum Gebet Sex für die Seele ist. Aber das geht in der Jugendstunde nicht. Ihr versteht, das ist ein Thema, das man nicht so einfach bringen kann. Aber es ist tatsächlich so.
Deshalb ist die Frage so unglaublich wichtig: Hast du genug intelligentes, tiefes, die Seele sättigendes Gebet? Hast du genug Begegnung mit Gott, bei der du wirklich ankommst? Wenn das nicht der Fall ist, dann löcher deinen Jugendleiter, bis er dir das beibringt. Bis er mit dir eine Stunde betet und dir zeigt, wie das geht.
Das ist total wichtig, es ist das A und O. Du musst die Güte Gottes jeden Tag schmecken, damit du nicht auf die Suche gehst, bei anderen Geschmacksrichtungen zu suchen. Du musst Gott schmecken, Gott genießen. Und dafür ist Gebet da.
Disziplin und Fleiß im Alltag
Zweiter Punkt: Hast du genug Fleiß in deinem Leben?
Ich weiß, dass Disziplin eine Frucht des Geistes ist. Aber wie steht es um den Fleiß in deinem Leben? Wie sieht es mit unnützen Dingen aus, denen du nachgehst? Wie ist es mit Social Media, sinnlosen Computerspielen, der Handynutzung oder dem Ausgehen zum Feiern?
Wie viele Stunden in der Woche kannst du davon noch abziehen, um sie durch gute Dinge zu ersetzen?
Ihr werdet von dieser Gesellschaft auf den schnellen Kick und das schnelle emotionale Hoch konditioniert. Die Computernutzung will euch genau dazu bringen. Wenn du nichts dagegen unternimmst, wirst du an dieser Stelle abhängig. Deshalb solltest du bewusst etwas dagegen setzen.
Lies wenigstens einmal ein gutes Buch zu diesem Thema. Du brauchst Fleiß, du brauchst Disziplin. Ich verspreche dir, ohne das wirst du in dieser komplexen Welt nicht überleben.
Bedeutung geistlich reifer Freunde
Dritter Punkt: Hast du geistlich reife ältere Freunde, von denen du lernen kannst?
Jugendkultur ist oft ein wenig eitel. Damit meine ich, dass Jugendliche schnell denken, sie bräuchten die Älteren nicht. Und ja, in technischer Hinsicht habt ihr Recht – da kann ich euch nicht das Wasser reichen, das stimmt.
Aber wenn es ums geistliche Überleben geht, dann braucht ihr die älteren Menschen. Ich verspreche euch das, denn sie wissen, wie es geht. Sie haben bereits viele Krisen hinter sich.
Natürlich brauchst du nicht nur die richtigen Freunde, sondern du musst vielleicht auch einige falsche Freunde loswerden. Paulus schreibt in 1. Korinther 15,33: „Irrt euch nicht: Schlechter Umgang verdirbt gute Sitten.“ Falsche Freunde können dein geistliches Leben vergiften.
Ja, aber hatte Jesus nicht auch Zöllner und Sünder zu seinen Freunden? Ja, das stimmt. Aber hier geht es um die Frage, wer wen prägt. Sei nüchtern, okay? Sei einfach nüchtern.
Entwicklung echter Glaubensüberzeugungen
Viertens: Hast du – das ist jetzt ein Punkt – an die Älteren unter euch: Hast du geistliche Überzeugungen? Ich meine echte Überzeugungen.
Eine Überzeugung ist, dass ich etwas glaube, weil ich weiß, wo es in der Bibel steht, weil ich es durchdacht habe. Und ich glaube es auf eine Weise und in einer Tiefe, dass ich es anderen erklären könnte. Weißt du, was du glaubst und wo das steht, was du glaubst? Das ist eine Überzeugung.
Wenn nicht, hast du wenigstens einen Plan, wie du dich in den kommenden Jahren den Themen nähern möchtest, die du als Erwachsener verstanden haben musst, um einfach das Leben zu gestalten?
Ist das, was in dir drinsteckt, wirklich Überzeugungen, für die du dir eine Hand abhacken lassen würdest oder dir das Leben nehmen würdest, wenn jemand kommt und sagt, du verlierst deinen Job? Oder ist das einfach nur ein Mischmasch aus: Ich habe das ein bisschen hier gehört und ein bisschen da, ich kenne fünf Prediger, die ich regelmäßig höre, und weil der Prediger das glaubt, glaube ich das auch?
Das ist keine Glaubensüberzeugung.
Ihr seid leider die Generation, die, wenn es um Wissen geht, nichts weiß – nicht einmal, wie man Wissen gewinnt, weil ihr nie herangeführt wurdet. Es tut mir leid für euch, aber das bedeutet, ihr habt auch keine Glaubensüberzeugung.
Du kannst damit aber anfangen.
Abschluss und Segenswünsche
Der Herr segne dich. Erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.