Einführung: Die Frage nach dem größten Wunsch
Ja, also bevor das funktioniert: Heute Morgen in der ersten Stunde hatte Andi eine Frage gestellt, und ich möchte jetzt auch eine Frage stellen. Ich brauche immer die Brüder, die mich verstärken.
Stell dir vor, du hättest einen Wunsch frei. Was würdest du dir wünschen? Was würdet ihr euch wünschen? Ich bezweifle, dass das wirklich alle von Herzen gesungen haben. Wenn wir jetzt nicht hier in der Gemeinde wären und euch so eine Frage gestellt würde, würdet ihr wahrscheinlich ganz anders reagieren, oder? Da würdest du vielleicht sagen: „Sechs Richtige im Lotto, und der ganze Stress wäre vorbei.“
Ich kann mich gut daran erinnern. Vor etlichen Jahren, es ist schon lange her, habe ich in der Sonntagsschule mal diese Frage gestellt, und das war hochinteressant. Die Kinder bis ungefähr fünf Jahre antworteten ganz ehrlich. Die Mädchen wollten natürlich alle ein Pferd, die Jungs alle so ein tolles Motorrad.
Die Kinder, die dann sieben oder acht Jahre alt waren, wussten natürlich: Wir sind hier in der Sonntagsschule, da muss man eine fromme Antwort geben. Also haben sie gesagt, dass sie in den Himmel kommen wollen. Merken wir, wir haben unterschiedliche Vorstellungen davon, wie wir damit umgehen.
Was ist dein größter Wunsch? Gestern hatte Andrea Geburtstag, vorgestern Natalie. Wir können ihnen noch gratulieren. Aber was wünschen wir ihnen dann? Wir singen „Viel Glück und viel Segen auf all deinen Wegen“.
Heutzutage ist es Mode geworden, Glückskekse zu verteilen und sich überraschen zu lassen, was für ein Wunsch darin steht. Wenn man in der Welt nachfragt, was der größte Wunsch ist, dann sagen die meisten: „Hauptsache gesund.“
Die Frage ist tatsächlich: Was ist unser größter Wunsch? Stell dir vor, Gott würde zu dir sagen: „Wünsch dir was!“ Das wäre doch cool, oder? „Wünsch dir was!“ Und wir würden wahrscheinlich sagen: „Ja, wenn Gott mich so etwas fragt, dann muss ich natürlich fromm antworten.“ Aber was ist wirklich dein Wunsch?
Salomos Begegnung mit Gott und seine Bitte um Weisheit
Wir wollen eine Geschichte aus der Bibel lesen, in der so etwas vorgekommen ist. Wir schlagen Erste Könige auf, Kapitel 3, die Verse 1 bis 15.
Salomo wurde Schwiegersohn des Pharao, des Königs von Ägypten. Er nahm die Tochter des Pharao und brachte sie in die Stadt Davids, bis er den Bau seines Hauses, des Hauses des Herrn und der Mauer rings um Jerusalem vollendet hatte.
Jedoch opferte das Volk auf den Höhen. Denn bis zu jenen Tagen war dem Namen des Herrn noch kein Haus gebaut worden. Salomo liebte den Herrn und lebte in den Ordnungen seines Vaters David. Dennoch brachte er auf den Höhen Schlachtopfer und Rauchopfer dar.
Der König ging nach Gibeon, um dort Schlachtopfer darzubringen, denn das war die große Höhe. Tausend Brandopfer opferte Salomo auf jenem Altar.
In Gibeon erschien der Herr dem Salomo in einem Traum bei Nacht, und Gott sprach: "Bitte, was soll ich dir geben?"
Salomo antwortete: "Du selbst hast ja an deinem Knecht David, meinem Vater, große Gnade erwiesen, weil er vor dir gelebt hat in Treue, in Gerechtigkeit und in Aufrichtigkeit des Herzens gegen dich. Und du hast ihm diese große Gnade bewahrt, indem du ihm einen Sohn gegeben hast, der auf seinem Thron sitzt, wie es am heutigen Tag ist.
Und nun, Herr mein Gott, du selbst hast deinen Knecht zum König gemacht anstelle meines Vaters David. Ich aber bin ein kleiner Junge und weiß nicht, wie ich aus noch eingehen soll. Dein Knecht ist inmitten deines Volkes, das du erwählt hast, eines großen Volkes, das wegen seiner Menge nicht gezählt noch berechnet werden kann.
So gib denn deinem Knecht ein hörendes Herz, um dein Volk zu richten und zu unterscheiden zwischen Gut und Böse. Denn wer vermag dieses gewaltige Volk zu richten?"
Das Wort war gut in den Augen des Herrn, dass Salomo um diese Sache gebeten hatte. Gott sprach zu ihm: "Weil du um diese Sache gebeten hast und dir nicht viele Tage erbeten hast, nicht Reichtum und nicht das Leben deiner Feinde, sondern Verständnis, um Recht zu sprechen, siehe, so tue ich nach deinen Worten.
Siehe, ich gebe dir ein weises und verständiges Herz, so dass es vor dir keinen wie dich gegeben hat und nach dir keiner wie du aufstehen wird. Auch das, was du nicht erbeten hast, gebe ich dir dazu: Reichtum und Ehre, so dass es unter den Königen keinen wie dich geben wird alle deine Tage.
Und wenn du auf meinen Wegen gehst, indem du meine Ordnungen und Gebote bewahrst, so wie dein Vater David auf ihnen gegangen ist, dann werde ich auch deine Tage verlängern."
Da erwachte Salomo, und siehe, es war ein Traum gewesen. Er ging nach Jerusalem, trat vor die Lade des Bundes des Herrn, opferte Brandopfer und bereitete Heilsopfer. Für alle seine Knechte bereitete er ein Festmahl.
(1. Könige 3,1-15)Die politische und religiöse Situation Salomos zu Beginn seiner Herrschaft
Ich weiß nicht, wie es euch geht, wenn man so eine Geschichte liest. Es kommt einem vor wie ein Märchen. Das ist zu schön, um wahr zu sein. Stell dir vor, du hast einen Traum, und Gott würde sagen: Du hast deinen Wunsch frei.
Ich klicke jetzt mal durch, was wir bisher alles gehört haben. Dabei merken wir bei dieser Geschichte, dass Gott das Herz von Salomo belohnt. Er sagt, weil du dir nicht irdische Dinge gewünscht hast, sondern ein gehorsames Herz – oder wie es hier in der Übersetzung heißt, ein hörendes Herz.
Vielleicht ein wenig zum Hintergrund: Salomo war gerade erst König geworden. Dass er König wurde, war eigentlich eine ganz turbulente Geschichte. Sein Vater David hatte zwar seiner Mutter, also Salomos Mutter, versprochen, dass Salomo König würde. Aber David wird krank, alt und senil und regelt die Nachfolge nicht. Das ist der Fehler vieler Menschen. Man weiß, dass man eines Tages sterben muss, aber man ordnet die Dinge nicht und tut so, als würde man ewig leben.
Während David auf seinem Sterbebett liegt, überstürzen sich die Ereignisse. Einer seiner Söhne, Adonia, versucht, die Macht an sich zu reißen. Er macht einen Aufstand und gibt Wahlversprechungen. Bathseba, die Mutter von Salomo, geht zu dem sterbenden König und sagt: „Du hast aber etwas anderes gesagt.“ Erst unter diesem Druck handelt David. Er holt den Priester, holt Salomo und nennt ihn in Gegenwart des Priesters zum König.
Das bedeutet, Salomo, der noch jung ist, wird zum König ausgerufen. Aber er weiß, dass er sofort Feinde hat – seinen älteren Bruder und auch manche im Heer, die er auf seine Seite gezogen hat. Auch der frühere Heerführer Davids, Joab, ist sein Feind.
Wie geht man damit um? Ich glaube, Salomo hat gemerkt, dass er das aus eigener Kraft gar nicht schafft. Dann handelt er – und er handelt politisch. Das Erste, was wir gelesen haben, in Vers 1 vom Kapitel: Er heiratet die Tochter des Pharao. Ägypten war eigentlich der Feind von Israel. Ihr kennt wahrscheinlich die Geschichte: Preußen führt Kriege, du aber heiratest Österreich. Österreich hat in der Regel keine Kriege geführt, sondern politische Schachzüge gemacht. Salomo tut das auch.
Er sagt sich: Wenn ich die Tochter von meinem Feind heirate, habe ich Frieden. Ein kluger Schachzug, politisch einwandfrei. Aber das Gesetz hatte gesagt, dass die Israeliten keine fremden Frauen heiraten sollten. Wir merken also, die Regierungszeit von Salomo fängt schon gleich schief an.
Er meint es gut, und wir haben in Vers 3 gelesen, dass Salomo den Herrn liebt und auch in den Ordnungen seines Vaters David handeln möchte.
Die religiöse Praxis und die Geduld Gottes
Ich habe die Geschichte so verstanden: Wie oft handeln und denken wir aus unserem eigenen Verstand heraus und halten das für klug. Salomo handelt politisch, aber gegen Gottes Wort. Auf der anderen Seite möchte er die Gunst seines Gottes haben, den er liebt. Deshalb geht er nach Gibeon und opfert dort.
Das muss man erst etwas erklären. Bis zu diesem Zeitpunkt, so hatten wir es ja gelesen, gab es noch keinen Tempel in Jerusalem. David hatte die Pläne dafür gemacht und seinem Sohn aufgetragen: Wenn du an der Regierung bist, dann baue den Tempel. Bis dahin bestand die sogenannte Stiftshütte, das Heiligtum, das die Israeliten in der Wüste auf Geheiß Gottes gebaut hatten.
In dieser Stiftshütte war die sogenannte Bundeslade, der Thron Gottes. Gott hatte dort versprochen, dass er dort sein wollte. Aber während der Zeit Sauls kümmerte man sich nicht besonders darum. Der Gottesdienst in der Stiftshütte lief so vor sich hin und wurde zur Routine.
Dann kam ein Angriff der Feinde, der Philister, und plötzlich kamen die Israeliten auf den Gedanken: So wie die Heiden in den Krieg ziehen und immer ihre Götzen mitnehmen, nehmen wir die Bundeslade mit in den Kampf. Dann müssen wir ja siegen. So wie während der Kaiserzeit, da hatte jeder Soldat auf seinem Gürtel die Aufschrift „Gott mit uns“. Dann muss das ja klappen, dachte man.
Doch Gott handelt anders. Die Philister erobern die Bundeslade, und das Volk Israel ist plötzlich ohne sie. Es vergehen zwanzig Jahre. David kommt an die Regierung. Das erste, was er tut, ist, dass er die Bundeslade zurückholen will. Die Philister hatten die Bundeslade aus ihrem Staatsgebiet weg nach Israel zurückgebracht, weil sie durch Gott geprüft und geplagt worden waren.
Aber dann wurde die Bundeslade einfach am Wegesrand in einem Haus bei Obed-Edom abgestellt. David hört, dass Gott dieses Haus gesegnet hat. Deshalb lässt er die Bundeslade nach Jerusalem bringen. Das war aber auch nicht richtig. Er wollte zwar die Bundeslade, also die Gegenwart Gottes, nah bei sich haben, aber die Stiftshütte stand in Gibeon.
Das ist schon eine eigentümliche Situation. Das äußere Gebäude, die Stiftshütte, steht in Gibeon, aber ohne das Wesentliche, das eigentlich hinein gehört, nämlich die Gegenwart Gottes. Die Bundeslade steht in Jerusalem. Darum hatte David ein Zelt gebaut.
Man könnte sagen: Gott, wie kannst du da überhaupt noch mit deinem Volk handeln? Trotzdem war Gott David gegenüber gnädig, obwohl David ganz offensichtlich nicht den Durchblick hatte. Und zur Zeit Salomos ist das auch noch so.
Salomo opfert also auf Bergen, so haben wir es gelesen, zum Beispiel auch auf dem Berg in Gibeon, wo die Stiftshütte stand. Die Frage ist: Salomo, warum tust du das? Das ist nur die äußere Hülle, dort geschah der Opferdienst. Er bringt viele, viele Opfer dar.
In Vers 4 heißt es: Er ging nach Gibeon, um dort Schlachtopfer darzubringen. Vielleicht hilft ein Ausschnitt einer Karte: Gibeon liegt nicht weit von Jerusalem entfernt, nur ungefähr neun Kilometer. In Jerusalem steht die Bundeslade, wo Gott versprochen hatte, dass er dort sein würde. Der Opferdienst wird aber in Gibeon, neun Kilometer weiter, vollzogen.
Es gibt Zeiten im Volk Gottes, in denen sich Gewohnheiten eingeschlichen haben, die nicht nach dem Wort Gottes sind. Mich wundert die Geduld Gottes, die trotzdem Segen gibt. Ich hätte eigentlich erwartet, dass Gott in so einer Situation dazwischenhaut. Dass er Salomo in einem Traum erscheint und sagt: Salomo, es ist ja schön, dass du mich liebst, aber jetzt kümmere dich erst einmal darum, dass diese Sachen alle in Ordnung kommen. Erst wenn alles in Ordnung ist, kann ich dich segnen. Jetzt will ich erst einmal Leistung von dir sehen.
Oft habe ich den Eindruck, dass wir Christen so leben. Wir meinen, Gott könne uns nur segnen, wenn wir artig sind. Ich bin dankbar, dass Gott anders ist. Denn jeder von uns weiß, dass wir nicht alle Gebote halten können und nicht alles so tun, wie Gott es möchte. Wir versagen immer wieder. Das würde bedeuten, dass Gott uns niemals segnen könnte.
Ich möchte damit nicht erreichen, dass wir leichtfertig unser Leben führen. Aber ich finde es ungeheuer gnädig, dass Gott trotz der Fehler im Volk Gottes Salomo erscheint und ihm diesen Wunsch freigibt: Bitte, was ich dir geben soll (Vers 5).
Salomos Traum und die Einladung Gottes zur Bitte
Und jetzt stelle ich mir Salomo vor. Er liegt irgendwo im Zelt oder im Haus in Gibeon und träumt, dass Gott zu Besuch kommt. Hast du dir das schon einmal vorgestellt? Gott käme zu dir zu Besuch.
Der eine oder andere wird wahrscheinlich das Heftchen von William MacDonald kennen: „Als Jesus in mein Haus kam“. Darin beschreibt er, wie er träumte, dass Jesus ihn besucht. Es klingelt bei ihm, er geht an die Tür, und Herr Jesus steht davor. „Darf ich reinkommen?“ fragt er.
Stell dir vor, du kommst jetzt gleich nach der Stunde nach Hause, und Herr Jesus steht vor der Tür. „Darf ich mit reinkommen?“ Willi MacDonald beschreibt in seinem Büchlein, dass er ihn am liebsten draußen im Wachtraum hätte warten lassen. „Herr Jesus, ich muss nachher erst ein paar Sachen aufräumen.“ Doch Jesus kommt trotzdem herein.
Er geht durch alle Zimmer. William MacDonald beschreibt, wie ihm dabei heiß und kalt wird. Jesus geht durch alle Räume, sagt kein Wort, aber William MacDonald weiß genau, was in seiner Wohnung verkehrt ist.
Daran musste ich denken, als ich diese Geschichte hier las. Salomo träumt, Gott besucht ihn. Nach dem ersten Schreck: Was würdest du dir wünschen? Hast du dir schon einmal Gedanken darüber gemacht, was du dir für dein Leben wünschen würdest? Was wünschst du dir für deine Familie, für deine Verwandtschaft?
Vielleicht sagst du ja: Jesus soll es machen, dass alle meine Verwandten, meine Kinder, meine Enkel zum Glauben kommen. Was würdest du dir für die Gemeinde wünschen? Was wünschst du dir für Wuppertal? Vielleicht noch einmal so eine Erweckung wie um 1900, als man singend zu Tausenden durch Wuppertal zog und dieses Sprichwort geprägt wurde: „Gehst du nach Wuppertal, nimm die Bibel mit, sonst kommst du nicht durch.“
Das ist lange her, oder? Was würdest du dir für unser Volk wünschen, für diese Welt? Wahrscheinlich würdest du sagen: Ich wünsche mir Frieden in dieser Welt, Wohlergehen für jeden, weniger Leid und dass die Menschen Jesus erkennen.
Salomos Dankgebet und seine Bitte um ein hörendes Herz
Ich habe darüber nachgedacht, was sich Salomo gewünscht haben könnte, als er darüber nachdachte: „Ich bin gerade Thronfolger, ich muss mich wundern.“ Wir haben die Antwort von Salomo in den Versen 6 bis 9 gelesen. Habt ihr bemerkt, wie sein Gebet gestaltet ist? Bevor er überhaupt auf seine Bitte eingeht, bevor er seinen Wunsch äußert, dankt er zuerst!
Ich habe mich gefragt: Wie beten wir? Wie bete ich? Einmal war ich in einer Gemeinde, die eine Gebetstunde hatte. Dort begann ein Bruder jedes Gebet mit „Bitte, bitte, bitte, Herr Jesus, bitte, Herr Jesus, Herr Jesus, bitte, bitte, bitte.“ Zuerst dachte ich, er hat wirklich ein großes Anliegen. Doch dann merkte ich, dass etwas fehlte.
Ist euch schon einmal aufgefallen, wie Paulus im Neuen Testament in seinen Briefen betet? Salomo betet, und bevor er seine Bitte äußert, sagt er dreimal Danke. Vor etwa einem Jahr haben wir im Hauskreis über das Gebet nachgedacht. Wir haben uns vorgenommen, in den nächsten 14 Tagen beim Beten nur zu danken und keine Bitten zu äußern.
Ich kann mich noch daran erinnern, als wir nach den 14 Tagen wieder zusammenkamen. Alle meinten, das war aber schwer. Überlege mal, wenn du nur Danke sagen sollst beim Beten! Wir merken, dass wir geprägt sind von dem, was wir uns wünschen.
Salomo dankt zuerst in Vers 6 für Gottes Weg mit seinem Vater. Er dankt also für sein Elternhaus, obwohl man sagen muss, dass David auch kein Heiliger war. David war als Vater sicherlich kein Vorbild, aber er hatte ein Herz für den Herrn. Salomo dankt Gott dafür, wie Gott mit seinem Vater umgegangen ist.
Salomo wusste ganz genau, dass David mit der Mutter Ehebruch begangen hatte. Trotzdem dankt er Gott, dass Gottes Weg mit David gnädig war. Hätte Gott an seinem Vater David gehandelt, wie es nach dem Gesetz hätte geschehen müssen, wäre Salomo nicht geboren worden. Auf Ehebruch stand die Todesstrafe.
Salomo dankt Gott für den Weg, den Gott mit seinem Vater gegangen ist. Der zweite Dank steht in Vers 7. Er dankt Gott für die Stellung, in der er jetzt ist. Er ist gottesgeführt und sitzt trotz aller Widerstände jetzt auf dem Thron. Aber er fühlt sich völlig überfordert.
In Vers 7 sagt er: „Ich bin eigentlich zu jung, ich bin ein kleiner Junge, ich weiß nicht, wie ich ausgehen soll.“ So klein war er gar nicht mehr, aber er empfindet sich so. Er fühlt sich durch die Aufgabe, die vor ihm steht, völlig überfordert. Das kommt in seiner Bitte später zum Ausdruck.
Vielleicht kennst du diese Situation auch: Du hast Dinge vor dir, und du fühlst dich völlig überfordert. Du sagst, das kann ich nicht, und am liebsten würdest du fliehen.
Salomo dankt Gott, und in Vers 8 dankt er Gott für sein Volk. Er sagt nicht „mein Volk“, obwohl er ja der König war, sondern „dein Volk“. Er fühlt die Verantwortung, die er vor Gott für dieses Volk hat. Aus diesem Bewusstsein heraus kommt dann seine Bitte in Vers 9.
Er sagt: „Gib mir ein hörendes Herz.“ Andere Übersetzungen sagen „ein gehorsames Herz.“ Er möchte gerne auf Gott, auf seine Ordnungen und auf sein Wort hören. Er möchte gehorsam sein.
Eltern wünschen sich, dass ihre Kinder gehorsam sind, dass sie auf die Stimme der Eltern hören. Doch gehorsam bedeutet nicht unbedingt, dass man etwas von ganzem Herzen tut. Man kann gehorsam sein, weil man gezwungenermaßen handelt.
Wir Christen neigen auch leicht dazu zu sagen: „Ja, ich muss das ja tun, ich bin ja Christ, ich will ja gehorsam sein.“ Wie oft habe ich schon gehört: „Ich will ja vergeben, ich muss ja, ich bin ja Christ.“ Aber man merkt, das Herz ist es nicht. Es ist eher ein schlechtes Gewissen, aus dem heraus man gehorsam ist.
Salomo wünscht sich ein hörendes Herz, also keinen blinden Gehorsam. Er möchte seiner Aufgabe gerecht werden und erreichen, dass er Gut und Böse unterscheiden kann.
Noch einmal die Frage: Um was hättest du gebeten? Kannst du vielleicht zuhause mal aufschreiben, um was du gebeten hättest, wenn du einen Wunsch frei gehabt hättest?
Die Bedeutung von Demut und Gottes Reaktion auf Salomos Bitte
Mich erstaunt die Antwort Gottes. Salomo hatte gebeten, zunächst gedankt, gedankt und nochmals gedankt, und dann eine Bitte geäußert. Ich möchte das so formulieren: Gott belohnt diese Demut.
Das wird uns in der Bibel immer wieder gesagt. Jakobus 4,6: „Gott widersteht dem Hochmütigen, dem Demütigen aber gibt er Gnade.“ Vier Verse weiter heißt es: „Demütigt euch vor dem Herrn, und er wird euch erhöhen.“
Diese Botschaft wird uns auch im Neuen Testament immer wieder deutlich gemacht. 1. Petrus 5: „Umkleidet euch mit Demut im Umgang miteinander, denn Gott widersteht den Hochmütigen, den Demütigen aber gibt er Gnade. Demütigt euch nun unter die mächtige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zur rechten Zeit.“
Ich habe einmal in Wikipedia nachgeschaut, was Demut bedeutet. Davon findet man heute kaum noch etwas in der Zeitung. Demut ist nicht „in“. Man sagt heute, Demut stärkt nicht das Selbstbewusstsein, Stolz sei das, was wir heute brauchen.
Wikipedia schreibt unter anderem: Demut bedeutet das Anerkennen der Allmacht Gottes. Demut beschreibt demnach die innere Einstellung eines Menschen zu Gott. Die Demut spielt im jüdischen und christlichen Denken eine besondere Rolle.
Im Alten wie im Neuen Testament ist Demut eine wesentliche Eigenschaft des wahren Gläubigen, also desjenigen, der mit Gott im Reinen ist. Die Wurzel des verwendeten hebräischen Wortes enthält die Bedeutung von „sich beugen“ oder „herabbeugen“. Demut wird im Alten Testament dem Hochmut entgegengesetzt.
Für Christen bedeutet Demut gegenüber Gott, ihn anzubeten, ihn zu achten, zu ehren und zu loben, weil man erkennt, dass alles, was man ist und hat, von Gottes Gnade ist. Nur der Demütige wird den Segen des Herrn empfangen.
Ich war erstaunt, dass das im Wikipedia-Artikel stand, und das deckt sich mit all den Aussagen in der Bibel, die über Demut sprechen. Offensichtlich ist Salomo demütig. Er beugt sich unter Gott, und Gott antwortet darauf, indem er dem Demütigen Gnade gibt.
Doch dann fiel mir auf, dass Gott in der Beantwortung seiner Bitte noch anders vorgeht. Er gibt ihm etwas Zusätzliches. Er gibt ihm also nicht nur das andere Herz. In Vers 13 sagt er: „Du bekommst auch noch Reichtum und Ehre, und du bekommst ein langes Leben.“ Knüpfle gibt dazu an, dass Gott Bedingungen daran knüpft, nämlich in den Wegen Gottes zu gehen.
Ich habe dann versucht zu vergleichen, worum Salomo gebeten hatte und was Gott ihm gab. Dabei fiel mir auf: Salomo bat um ein gehorsames, um ein hörendes Herz. Was gibt ihm Gott? Er gibt ihm ein weises und verständiges Herz.
Weisheit statt bloßer Unterordnung
Was ist der Unterschied? Ich denke, ein demütiges Herz erkennt an, dass Gott über mir steht, und ich mich ihm unterordne. Ich will alles tun, was er sagt. Aber Gott möchte keine Marionetten, die einfach nur das tun, was er sagt. Stattdessen gibt er ihm ein weises und verständiges Herz.
Das heißt, er gibt Salomo die Fähigkeit, selbst entscheiden zu können, dass die Anforderungen Gottes gut sind. Er gibt ihm ein Herz, das die Anforderungen Gottes versteht. Und das ist eigentlich der Wunsch, den Gott uns geben möchte. Er möchte nicht nur deinen Gehorsam, sondern auch, dass du verständig handelst.
Die Bibel drückt das im Neuen Testament so aus: Auf der einen Seite können wir das vielleicht vergleichen mit der Erziehung eines kleinen Kindes. Wir erziehen es so, dass es gehorsam ist. Wenn Mama oder Papa Nein sagen, dann ist es Nein. Da begründen wir noch nicht, warum. Wenn ein Kind klein ist, erwarten wir, dass es Gehorsam lernt.
Wenn ein Kind größer wird, versuchen wir zu erklären, warum es bestimmte Dinge tun oder lassen soll. So soll das Kind die Anforderungen der Eltern verstehen und dann auch aus Überzeugung handeln. Und das merke ich hier bei der Beantwortung der Bitte durch Gott: Salomo hatte ein gehorsames Herz erbeten, aber Gott gibt ihm ein weises und verständiges Herz. Das ist viel mehr.
Im Neuen Testament macht Gott den Unterschied: Wenn du dich bekehrst, bist du ein Kind Gottes. Aber der Wunsch Gottes ist, dass du nicht ein Kind bleibst, nicht ein Baby – wir sprechen ja manchmal von Babychristen –, sondern dass du, wie Gottes Wort sagt, mündig wirst. So drückt es der Römerbrief aus: Du wirst Sohn, nicht nur Kind.
Ich glaube, den Unterschied kennen wir auch aus dem Alltag. Wenn meine Kinder klein sind, sage ich: Das sind meine Kinder. Wenn sie größer werden, verständig und verantwortungsvoll handeln, sage ich: Das ist mein Sohn. Damit drücke ich aus, dass er in meinem Sinn handelt, ohne dass ich ihm jetzt genau sage, was er tun soll.
Und das ist der Wunsch Gottes für uns: dass wir im Glauben wachsen, dass wir nicht nur gehorsam sind – das ist im Grunde der Anfang –, sondern dass wir geistlich wachsen und Söhne Gottes werden. Dass wir ein weises und verständiges Herz bekommen für das, was Gottes Wort sagt.
Zusätzlich gibt Gott Salomo dann noch Reichtum, Ehre und auch ein langes Leben. Und wie ist dann Salomos Antwort darauf? Auch das finde ich interessant. Er hatte in Gibeon, wo die Stiftshütte gestanden hatte, auf dem Altar geopfert als Antwort. Jetzt geht er neun Kilometer südlich nach Jerusalem zur Lade Gottes, also in die Gegenwart Gottes, und er opfert dort.
Er hat etwas davon verstanden: Nicht die äußere Form in Gibeon ist entscheidend, sondern die Gegenwart Gottes in Jerusalem. Und das ist schon das erste Zeichen, dass Gott ihm Weisheit gegeben hat. Es geht Gott immer darum, dass du nicht nur religiös etwas der Form nach tust, sondern dass du in seiner Gegenwart bist und wirklich verstehst, was er möchte.
Jesus sagt das einmal: Wer mein Wort tun will, der wird erkennen, dass es von Gott ist. Voraussetzung ist, es tun zu wollen. Salomo opfert also in Jerusalem vor der Bundeslade.
Weisheit als Geschenk Gottes für unser Leben
Gottes Wort gibt im nächsten Abschnitt ein Beispiel dafür, wie weise Salomo gewesen ist. Darauf möchte ich jetzt nicht weiter eingehen. Vielleicht nehmen wir einfach mit: Wenn dir Gott vielleicht nicht im Traum begegnet – das muss er auch nicht –, dann hast du seine Bibel, du hast sein Wort.
Dann darfst du um ein weises Herz bitten. Dazu werden wir in Jakobus 1,5 aufgefordert: „Wenn aber jemand von euch Weisheit mangelt, so bitte er Gott, der allen willig gibt und keine Vorwürfe macht, und sie wird ihm gegeben werden.“
Das ist eine Zusage, oder? Wenn du merkst: Ja, ich möchte geistlich wachsen, ich möchte das Wort Gottes verstehen, ich möchte es so verstehen, wie Gott denkt, wie der Herr Jesus denkt, dann bitte Gott darum. Er verspricht: Ich gebe es dir.
Weise wirst du nicht durch ein langes Studium. Du wirst nicht weise, indem du Theologie studierst oder irgendetwas Ähnliches. Weise wirst du, wenn du Gott darum bittest: „Gott, gib mir ein weises Herz.“
Ich glaube, wir haben in dieser Welt wirklich nötig, so zu beten. Je älter ich werde, desto mehr merke ich, wie sehr ich die Weisheit Gottes brauche. Und ich könnte mit Salomo auch sagen: „Ich bin noch ein kleiner Junge, gib mir ein weises und verständiges Herz.“
