Einführung in den Römerbrief und das Thema Gerechtigkeit Gottes
Ja, wir haben gehört, dass wir den Römerbrief hoffentlich nicht nur gehört, sondern auch gelesen haben. Im Rahmen von Gemeinde „Liest Bibel“ haben wir den Römerbrief in der letzten Woche als Gemeinde gemeinsam gelesen. Dabei habt ihr gemerkt, dass sich der Römerbrief mit der Gerechtigkeit Gottes beschäftigt.
Die Römer, die ersten Empfänger des Briefes, konnten damit durchaus etwas anfangen. Denn überall in der Stadt hatten sie verschiedene Figuren und Götter aufgebaut. Sie begegneten auch der Göttin der Gerechtigkeit, Justitia, wie auf dem Bild zu sehen ist. Sie verstanden, dass Gerechtigkeit bedeutet, dass die Waage der guten und schlechten Taten ausgeglichen sein muss.
Wenn das nicht der Fall ist, dann bekommt man das Schwert zu spüren. Dieses schafft ebenfalls Ausgleich, aber durch Strafe. So war eine solche Götterstatue dargestellt.
Beim Lesen des Briefes, den Paulus an sie geschrieben hat, verstanden sie sicher, was wir durch die Lieder, die wir gesungen haben, vielfach zum Ausdruck gebracht haben: Gott ist nicht wie Justitia. Gott wendet das Schwert gegen sich selbst, damit meine Lebenswaage ausgeglichen wird.
Im Römerbrief erklärt Paulus sehr ausführlich, wie ich als Seriensünder allein aus Gnade vor Gott gerecht werde. Er zeigt, wie Gott meine Waage ausgleicht, sodass es so aussieht, als hätte ich nie gesündigt.
Diese Entdeckung haben im Laufe der Kirchengeschichte verschiedene Menschen gemacht. Die berühmteste Geschichte ist die von Martin Luther. Er war ein Mönch, der so vor Gottes Gerechtigkeit gezittert hat, dass er beim Austeilen des Abendmahls vor lauter Furcht den Wein zum Teil verschüttete.
Dann liest er genau den Brief, den wir gelesen haben. Er liest Römer 1,16-17: „Die Gerechtigkeit Gottes wird dem gegeben, der auf Gott vertraut.“ In Luthers Leben geht die Sonne auf, weil er versteht: Gott fordert nicht nur Gerechtigkeit, sondern schenkt uns durch seine Gnade seine Gerechtigkeit.
Er begreift, dass es nicht auf mein Tun ankommt, sondern darauf, was Gott für mich getan hat. Und genau das zeigt uns der Römerbrief.
Überblick über den Gedankengang des Römerbriefes
So werde ich vor Gott gerecht – um einfach mal einen Überblick über den Römerbrief zu geben. Wir beginnen mit Kapitel 1. Dort wird mir gezeigt, dass jeder Mensch vor Gott ungerecht ist. Gott muss ihn verurteilen, weil er selbst gerecht ist. Deshalb muss Gott ihn in die Hölle schicken. Das ist gerecht. Die Strafe dafür, dass Gott in meinem Leben keine Rolle spielt, wird in Römer 1 deutlich.
Kapitel 2 zeigt mir, dass ich auch durch meine religiösen Anstrengungen, mögen sie noch so ehrlich und gut sein, nicht gerecht werde. Ich habe keine Chance, vor Gott gerecht zu sein. Gerecht macht mich nur Jesus Christus, weil er für meine Sünde gestorben ist. Allein sein Opfer zählt vor Gott, nicht meine Anstrengungen. Das ist das große Thema von Kapitel 3.
Römer 4 zeigt mir, dass ich Gottes Gerechtigkeit nur durch den Glauben erhalte – durch den Glauben an das, was Jesus für mich bezahlt hat. In Kapitel 5 lerne ich, dass derjenige, der glaubt, Heilsgewissheit hat.
In Römer 6 wird mir klar: Wer glaubt, kann der Sünde widerstehen. In Römer 7 lerne ich, dass ich, wenn ich selbst gegen die Sünde kämpfe, auf verlorenem Posten stehe. Römer 8 zeigt mir den Ausweg: Der neue Geist bewirkt in mir neues Leben und die Gewissheit, dass nichts mich von Gottes Liebe trennen kann. So endet Kapitel 8.
In Römer 9 sehe ich, dass auch Israel als erwähltes Volk nicht von Gottes Liebe getrennt ist, trotz Strafe in der Vergangenheit (Römer 9). Trotz Verstockung in der Gegenwart (Römer 10) wird Gott sich in Zukunft seinem Volk zuwenden und die Verheißung aus Römer 8 deutlich machen (Römer 11).
In Römer 12 lerne ich, dass das neue Leben Relevanz für meinen Alltag hat. Römer 13 lässt mich verstehen, dass das neue Leben sich in meinem Verhältnis zum Staat zeigt. In Römer 14 begreife ich, dass das neue Leben Auswirkungen auf mein Verhältnis zu Schwachen hat. Auch das Verhältnis zwischen Starken und Schwachen wird dort sehr praktisch dargestellt.
In Römer 15 lerne ich, dass das Evangelium, das ich bis jetzt gelesen habe, hinaus in die Welt getragen werden muss. Denn das Evangelium verändert Menschen. Diese veränderten Menschen stellt Paulus mir in Römer 16 vor.
Das ist im Grunde der Gedankengang des Römerbriefes, bei dem die Gerechtigkeit Gottes im Mittelpunkt steht – aus der Vogelperspektive.
Einstieg in den Text aus Römer 12,1-2 und gesellschaftliche Herausforderungen
Und jetzt gehen wir ins Detail. Joel hat es schon gesagt: Wir werden einen Vers oder zwei Verse aus dem Römerbrief lesen, und zwar aus Römer 12,1-2.
„Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Erbarmungen Gottes, eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, gottwohlgefälliges Opfer, was euer vernünftiger Gottesdienst ist. Und seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung des Sinnes, dass ihr prüfen mögt, was der Wille Gottes ist, das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.“
Glaube hat in unserer Gesellschaft kaum noch Relevanz. Das Wort der Kirchen hat kein Gewicht mehr. In Talkshows will man keine christliche Position mehr hören, und den Kirchen laufen die Leute weg.
Nach vielen hundert Jahren haben wir heute die Situation, dass es weniger nominelle und echte Christen in Landeskirchen und Freikirchen in unserem Land gibt als Nichtchristen. Die Gruppe der Nichtchristen wird immer größer. Man nimmt also an, dass im Jahr 2030 etwa 60 Prozent der Bevölkerung nicht mehr in einer christlichen Kirche sein werden.
Das heißt, wir leben – und es muss vielleicht auch mal in unseren Köpfen ankommen – in einem nichtchristlichen oder nachchristlichen Zeitalter mit christlichen Restbeständen. Damit ist unsere Situation zunehmend vergleichbar mit der Situation der Christen in Rom.
Wir sagen ja manchmal: „Ja, wir wünschen uns, so wie die ersten Christen in der Situation zu sein.“ Das haben wir auch – nur dass sie komplett im Heidentum lebten und komplett vom Heidentum umgeben waren. Wir haben zumindest noch christliche Restbestände, aber das gleicht sich von Jahr zu Jahr an.
Deshalb sind solche Verse, wie wir sie hier gelesen haben, auch für uns sehr wichtig. Wenn ich mich nämlich mit der Frage beschäftige: Wie kann denn mein Glaube an Jesus relevant sein, auch für andere? Wie kann er wichtig für andere werden?
Oder um es mit meiner Predigtüberschrift zu sagen: Was ist relevanter Glaube?
Vier Merkmale relevanten Glaubens
Ihr seht es gleich auf der Folie: Unser Text, den wir gelesen haben, gibt vier Antworten darauf.
Erster Punkt: Relevanter Glaube zeigt Gottes Liebe.
Zweiter Punkt: Relevanter Glaube lässt sich Nachfolge etwas kosten.
Dritter Punkt: Relevanter Glaube steht im Kontrast zur Welt.
Vierter Punkt: Relevanter Glaube lebt einen Weltbildwechsel.
Das ist das, was Paulus ihnen hier sagt. Wir beginnen mit dem ersten Punkt: Relevanter Glaube zeigt Gottes Liebe.
Relevanter Glaube zeigt Gottes Liebe
Wir haben gerade das Lied von Hilla gesungen, und auch dieser Text beginnt mit Gottes Erbarmen. Wir haben es hier gelesen: „Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Erbarmungen Gottes.“ Erbarmen ist Mitleid, das von Liebe motiviert wird. Damit stellt der Apostel Paulus, genauso wie der Apostel Johannes, die Liebe in den Vordergrund.
Im berühmtesten Vers der Bibel beginnt Johannes mit den Worten: „Also hat Gott die Welt geliebt.“ Das ist der zentrale Punkt, mit dem er beginnt. Deswegen finde ich es richtig, dass die vier geistlichen Gesetze – heute modern auch „the four“ genannt – mit dem Herzen anfangen. Sie beginnen mit der Tatsache, dass Gott mich liebt, um dann deutlich zu machen, wie groß der Trennungsstrich ist: Ich bin von Gott getrennt und muss deshalb gerettet werden. Das hat Jesus am Kreuz getan.
Der dritte Punkt ist, dass ich dieses Geschenk für mich persönlich annehmen muss. Das geschieht, indem ich Jesus meine Sünden bekenne und ihm danke für meine Vergebung. So kann ich ganz persönlich Gott kennenlernen. Aber es beginnt immer damit, dass Gott sich aus Liebe über mich erbarmt. Niemand liebt mich so sehr wie mein Vater im Himmel.
Deshalb sollte man immer wieder bewusst über Gottes Liebe zu dir persönlich nachdenken. Paulus wünscht den Thessalonichern einmal im 2. Thessalonicher 3: „Der Herr aber richte eure Herzen auf die Liebe Gottes.“ Das ist ein Wunsch: Richte dein Herz auf die Liebe Gottes. Wenn ich merke, dass mich die Liebe Gottes nicht mehr packt, darf ich doch darum beten: Herr, lass mich von deiner Liebe motiviert sein.
So wie Paulus es hier beginnt, kann ich das in mein tägliches Gebet einbauen. Ich kann sagen: Herr, ich danke dir für deine atemberaubende Liebe zu mir. Mir gefällt es sehr, wie Paulus in Galater 2 schreibt: „Ich lebe im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt hat.“ Also für sich persönlich genommen, und der sich selbst für mich hingegeben hat – wie unglaublich ist das!
Daran darf ich mich nicht gewöhnen. Davor darf ich immer wieder stehen und sagen: Wow, das kann ich gar nicht fassen. Der Gott, der das Weltall und diese Welt geschaffen hat, dieser große Gott, der liebt mich. So haben wir es hier gelesen: Er hat sich über mich erbarmt. Er hat mir seine Gnade geschenkt. Völlig unverdient hat er mich gerecht gemacht. Wir haben es in diesem Beispiel gehört, indem er selbst die Strafe auf sich genommen hat.
Das sollte mich beeindrucken und begeistern: Gottes Liebe. In dieser Welt sucht man an vielen Stellen nach Liebe – in der Peer Group, im Bett, in Beziehungen, die oft nicht das halten, was ich mir davon versprochen habe. Umso mehr darf ich über Gottes Liebe immer wieder begeistert sein. Ich darf beten: Danke, Herr, dass du mich liebst, auch wenn ich dir keinen Grund dafür liefere. Oder welchen Grund gibst du Gott, dass er dich liebt?
Diese Liebe Gottes zu mir ist auch die Grundlage dafür, dass ich andere lieben kann. So fällt man auf, wie Johannes es in seinem Evangelium schreibt. In Johannes 13 sagt der Herr Jesus: „Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“ Das bedeutet, wohlwollend miteinander umzugehen, das Beste für den anderen zu suchen und den anderen zu unterstützen.
Ich finde es großartig, diese Liebe bei uns in der Gemeinde zu sehen: dass man füreinander kocht, sich gegenseitig im Haushalt hilft, Dinge ausleiht und sich im Schwabenland gegenseitig fördert. Das ist so super! Wir sollten uns gegenseitig helfen und auch motivieren, zu sagen: Hey, da ist so viel da! Wir sind so geliebt von Gott und dürfen diese Liebe weitergeben.
Es soll Gottes Liebe sein, die uns motiviert, einander zu lieben. Weil Gott sich über mich erbarmt hat, darf auch ich mich über andere erbarmen. Vielleicht kann ich aus Liebe an der Last des Anderen mittragen.
Ich finde, John Bunyan, ein bekannter Prediger im 17. Jahrhundert, hat das gut auf den Punkt gebracht. Er wurde ermahnt: Jemand sagte zu ihm, er solle nicht so viel über Gottes Gnade predigen, sonst würden die Leute machen, was sie wollen. Bunyan antwortete treffend: „Wenn die Leute die Gnade verstehen“ – und ich füge hinzu: „und Gottes Liebe zu ihnen sehen“ – „dann tun sie, was Gott will.“ Wow, das hat er wirklich gut formuliert.
Deshalb beginnt Paulus auch in Römer 12 mit diesem Zuspruch: „Den Erbarmungen Gottes.“ Erst danach kommt ein Anspruchsthema: Relevanter Glaube lässt sich Nachfolge etwas kosten.
Relevanter Glaube lässt sich Nachfolge etwas kosten
Ihr seht es da auf der Folie: Paulus sagt, gib deinen Leib als Opfer hin. Ihr kennt diesen Vers. Deshalb fällt euch wahrscheinlich gar nicht auf, was da eigentlich steht.
Hey, das ist eine unglaublich starke Aussage. Überlegt mal, was da steht: Gib deinen Leib als Opfer hin. Wenn ich im Alten Testament ein Opfer auf den Altar gelegt habe, dann war es weg. Das gehörte nicht mehr mir. Darüber konnte ich nicht mehr verfügen.
Ihr habt es im letzten Gottesdienst gehört: Charles Dutt, der Gründer der Missionsgesellschaft WEGA, hat es so formuliert: Wenn Jesus Christus Gott ist und für mich starb, kann mir für ihn kein Opfer zu groß sein. Genau darauf will Paulus hinaus, wenn er das hier so schreibt.
Glaube wird dann für mein Umfeld relevant, wenn man sieht, dass es mich etwas kostet, Jesus nachzufolgen. Wenn ich diesen Satz lese, gib deinen Leib als Opfer hin, dann muss ich mich fragen: Was lasse ich mich meinen Glauben an Jesus kosten? Worauf verzichte ich? Was gebe ich her?
Wenn Jesus mein Leben gehört, dann kann ich darüber nicht mehr verfügen, wie ich will. Dann bin ich nur noch Verwalter meiner Zeit, meines Besitzes und meiner Kraft. Ich lebe nicht für mich, ich lebe für Jesus und für das, was ihm wichtig ist.
Es gibt Menschen – und das sind nicht wenige –, die leben für ihren Fußballverein. Am Ende der Woche setzen sie sehr viel Geld und viel Zeit ein, um ihren Verein spielen zu sehen. Egal wo, Hauptsache erst in der Champions League, dann irgendwo in Europa. Sie könnten auch auf der Couch vor dem Fernseher sitzen bleiben, dann wären sie sogar noch näher am Ball. Aber das machen sie nicht. Es ist ganz wichtig, dass sie dabei sind.
Eine Fellbacher Schülerin hat in der letzten Olympiade eine Goldmedaille in rhythmischer Sportgymnastik gewonnen. Ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt. Aber ich habe es gesehen, als sie das vorgeturnt hat. Sie muss wahrscheinlich das Schuljahr wiederholen, weil sie durch ihr intensives Üben eine Menge Schulstoff verpasst hat. Sie hat ihr Schuljahr der rhythmischen Sportgymnastik geopfert. Da stand etwas dahinter.
Ich habe letztens ein Buch von John Comber gelesen. Er sagt: Weißt du, da sitze ich auf meiner Couch und sehe in meinem Wohnviertel die Leute mit ihren Topkörpern an meinem Fenster vorbeijoggen. Dann schreibt er: Diesen Körper hätte ich auch gerne. Aber wenn ich ehrlich bin, bin ich nicht bereit, das Opfer zu bringen, so regelmäßig wie die anderen schwitzend durch die Gegend zu joggen.
Vielleicht sage ich auch: Hey, ich möchte so gerne so intensiv wie Max mit Jesus leben. Aber ich bin nicht bereit, für Jesus Zeit einzusetzen und Zeit mit ihm zu verbringen. Ich bin nicht bereit, Gottes Sache mit meinem Geld zu unterstützen und schon gar nicht bereit, in Gottes Sache so zu investieren, dass es mich anstrengt und mir vielleicht sogar körperlich etwas kostet.
Das ist es, was Paulus hier meint. Da merkt man: Wow, das sind Verse, die herausfordern. Und man darf nicht vergessen, wir sind in Römer 12. Paulus hat vorher schon deutlich gemacht, was Gott getan hat. Aber jetzt kommt er hier zum Anspruch.
Vielleicht ist meine Bequemlichkeit und mein „bloß nicht meine Komfortzone verlassen“ auch der Grund dafür, dass mein Glaube für mein Umfeld gar nicht relevant ist. Die sind doch nicht doof, das sehen sie doch auch. Ich lasse mir meinen Glauben nichts kosten. Ich bin nicht bereit, für Gott irgendetwas in meinem Leben zu opfern.
Und ihre Schlussfolgerung ist dann: Meine Beziehung zu Jesus kann ja wahrscheinlich nicht so wertvoll sein, wie ich immer behaupte. Und weißt du was? Wahrscheinlich ist diese Beobachtung richtig. Vielleicht ist es für mich Zeit, Buße zu tun und zu sagen: Herr, was immer du von mir möchtest, ich bin bereit, es zu tun – um jeden Preis.
Um jeden Preis. Das sind Gebete, die haben es in sich. Aber das sind Gebete, die bringen mich weiter. Und es sind Gebete, die meinen Glauben für das Umfeld relevant machen.
Vergiss das bitte nicht: Als Paulus diesen Brief schreibt, ist der Glaube an Jesus in der damaligen Gesellschaft null Komma null relevant. Und dann gehen die Jahre ins Land, und der Glaube wird immer relevanter. Unter anderem, weil das Umfeld sieht, dass Christen sich ihren Glauben etwas kosten lassen. Bis dahin, dass sie bereit waren zu sagen: Ich lasse Jesus nicht los, selbst wenn ihr mich in die Arena schleppt und ich mein Leben verliere.
Drittens macht Paulus hier deutlich: Relevanter Glaube steht im Kontrast zur Welt.
Relevanter Glaube steht im Kontrast zur Welt
Paulus sagt hier: „Seid nicht gleichförmig dieser Welt.“ Das sehe ich als Christ viel zu oft anders. Ich lasse mich zu leicht von den Negativnachrichten bei YouTube beeinflussen. Die Welt scheint wirklich den Bach runterzugehen. Bei manchen Predigten hat man sogar den Eindruck, je negativer die Welt dargestellt wird, desto geistlicher war die Predigt. Denn die Welt geht den Bach runter. Doch Stopp! Sei nicht gleichförmig dieser Welt!
Plappere nicht einfach nach, was dir YouTube und die Tagesschau vorsetzen. Natürlich geht diese Welt den Bach runter, aber meine Hoffnung liegt doch nicht in dieser Welt. Wechsle den Blick! Paulus sagt den Kolossern: „Sinn auf das, was droben ist.“ Mach einen Blickwechsel. Versuche nicht, dich in dieser Welt zu verwirklichen. Als Christ hast du tonnenweise Hoffnung. Und du hast nichts Besseres zu tun, als in das Klagelied dieser Welt einzustimmen.
Gleichförmig zu sein dieser Welt bedeutet auch: Sei ehrlich und rede die Wahrheit, auch wenn es dich etwas kostet. Eine junge Frau erzählte mir kürzlich, dass sie grundsätzlich nicht lügt, auch wenn das in ihrer Firma von ihr verlangt wird. Und da merkt man, dass Glaube relevant wird. Menschen denken dann plötzlich: „Wow, das ist ja ein anderer Lebensstil, als ich ihn habe.“ Ich passe mich an? Nein, da passt sich jemand nicht an.
Peter Hanna hat einmal gesagt: „Wer vor Gott kniet, kann vor Menschen gerade stehen.“ Ich glaube, Glaube wird relevant, wenn ich wieder anfange, Gott mehr zu fürchten als die Menschen. Es muss mir wichtiger sein, dass Gott meinem Verhalten zustimmt. Wenn mir der Applaus der Menschen wichtiger ist als Gottes Wille, dann wird mir auch die Kritik der Menschen wichtiger sein als das, was Gott will.
Paulus will mir hier deutlich machen: Als Christ lebst du im Kontrast zu dieser Welt. Versuche nicht, dich anzupassen. Sei kein Chamäleon, sondern stehe zu diesem Kontrast. Wenn die Welt schwarz-weiß denkt, dann habe den Mut zu sagen: „Nein, das ist schwarz.“ Und wenn die Welt Pride Days, Tage des Stolzes, feiert, dann freu dich, dass Gott Demut feiert. Das ist ein absoluter Kontrast.
Sei dir bewusst: Als Christ bist du ein Kontrast zu dieser Gesellschaft. Damit bist du Außenseiter, manchmal auch ein Aufreger. Jesus ging es nicht anders. Und es tut weh. Es tut auch Christen weh, Außenseiter zu sein. Aber weißt du was? Es ist so faszinierend zu erleben, wenn Gott an deiner Seite steht, dich tröstet und dir sagt: „Ich gehe mit dir durch. Ich bin an deiner Seite. Ja, mach das jetzt so, geh deinen Weg weiter.“
Das habt ihr sicher schon erlebt. Das ist ein richtiges Wow-Erlebnis, dem kein Anpassungsversuch das Wasser reichen kann. Wenn ich will, dass mein Glaube relevant ist, dann muss ich bereit sein, auch den Lebensstil meines Glaubens zu übernehmen. Und der heißt, wie ihr dort lest: „Seid nicht gleichförmig dieser Welt.“
Relevanter Glaube lebt einen Weltbildwechsel
Und damit komme ich zum letzten und vierten Punkt: relevanter Glaube lebt einen Weltbildwechsel. Ich habe dafür den Begriff „Weltbildwechsel“ kreiert, abgeleitet von „Lasst euch verwandeln durch die Erneuerung eures Sinnes“. Das heißt, mein Denken muss sich verändern.
Als Christ halte ich mich viel zu oft an vordergründigen Dingen auf. Zum Beispiel: Wie ist der andere angezogen? Hast du gesehen, was er anhatte? So kommt man doch nicht in den Gottesdienst, oder? Und dann wird die Bibel aufgeschlagen – aber es ist gar nicht die richtige Bibelübersetzung. Und weißt du, was für Musik der hört? Solche Dinge können manchmal relevant sein, aber es geht hier um viel mehr. Das ist doch nicht das, was „Verändere dein Denken“ meint.
Um die Dimension zu verstehen, die Paulus hier meint, hat mir ein Vortrag von Dr. Saar-Romminger geholfen, von dem ich einige Gedanken übernommen habe. Als Christen sind wir ganz schnell dabei, unseren Glauben auf unser Verhalten zu reduzieren. Wer ist Christ? Christen sind Leute, die fleißig sind, verlässlich, die sich nicht betrinken und andere Menschen nicht anschreien. Stimmt das? Ja, das kann man so sagen. Ja, sie sollten das auf jeden Fall sein, auch wenn es manchmal anders läuft.
Natürlich hat meine Beziehung zu Jesus Auswirkungen auf mein Verhalten. Aber meine Beziehung zu Jesus macht sich doch nicht an meinem Verhalten fest. Es gibt genug fleißige und verlässliche Schwaben, die keine Christen sind. Und es gibt Christen, die manchmal weniger fleißig oder weniger verlässlich sind. Mein Christsein hängt nicht davon ab, wie ich mich verhalte. Das Verhalten hat einen Einfluss, aber es ist nicht das Wesentliche.
Einige Christen machen ihr Christsein dann an Werten fest. Das geht schon tiefer. Das sieht man an Werten wie Ehrlichkeit, Gerechtigkeit, Respekt, Mitgefühl, Toleranz oder Solidarität. Aber auch das ist nicht das Besondere an meiner Beziehung zu Jesus. Es gibt Menschen, die unglaublich solidarisch sind, aber keine Christen. Daran kann ich mein Christsein doch niemals festmachen. So können auch Menschen ohne Jesus leben.
Was Paulus hier meint, ist mein Denken. Verändere deinen Sinn, lass deinen Sinn verändern. Er meint damit eine Weltanschauung – und das geht schon viel tiefer. Eine Weltanschauung, zum Beispiel eine humanistische Weltanschauung, stellt den Menschen immer in den Mittelpunkt. Egal, was du machst, der Mensch steht immer im Zentrum, wenn du Humanist bist.
Bei einer materialistischen Weltanschauung wirst du sagen, außerhalb der Materie gibt es nichts. Deswegen kann es auch keinen Gott geben – das ist das Grundprinzip. Oder du hast eine ökologische Weltanschauung, bei der Natur und Umwelt das zentrale Gut sind. Daraus leiten sich deine Werte ab, und daraus wiederum dein Verhalten. Hoffentlich trennst du deinen Müll.
Hier sind wir beim Kern: Mein Weltbild bestimmt meine Werte, und meine Werte bestimmen mein Verhalten. Wenn ich zu Jesus komme – das macht Paulus hier deutlich – dann ändert sich mein Weltbild. Ich begreife: Ich bin von Gott geliebt, ich bin von ihm geschaffen. Ich bin nicht Produkt der Evolution, sondern er hat mich geschaffen.
Ich verstehe nicht mehr, dass ich der Mittelpunkt meines Lebens bin, sondern Jesus steht im Zentrum. Das bedeutet, wie bei einem Stern, muss sich jeder Lebensbereich ihm unterordnen. Er steht im Mittelpunkt. Auch der Himmel und das Leben mit Jesus sind wichtiger als die sichtbare Welt.
Und auch wenn Gottes Welt noch nicht sichtbar für mich ist, ist sie dennoch real für mich. Du merkst, diese Gedanken sind dann nicht mehr so einfach auf andere Leute übertragbar. Wenn jemand ein ökologisches Weltbild hat, kannst du nicht einfach sagen: „Okay, Jesus ist der Mittelpunkt seines Lebens.“ Das funktioniert dann nicht mehr.
Paulus macht hier einfach deutlich: Wer so denkt, der ist Christ. Deshalb sollten wir vielmehr betonen: relevanter Glaube ist Veränderung meines Weltbildes. Darum geht es. Meine Brille, durch die ich diese Welt wahrnehme, wird verändert. Jesus hat deutlich gemacht: Christsein ist ein anderes Denken. Darauf hebt Paulus hier ab.
Busse heißt wörtlich „Umdenken“. Das heißt, mein Denken wird anders. Es geht nicht darum, die Früchte zu verändern, sondern die Wurzel. Das sagt auch Römer 12. Als Christ habe ich ein alternatives Weltbild: Der Mensch ist nicht gut, der Mensch ist schlecht. Diese Welt ist nicht das Letzte, sondern das Vorletzte.
Ich muss mich nicht mehr selbst erlösen, ich habe einen Erlöser, zu dem ich laufen darf. Es ist wichtig, dass ich diese zentralen Wahrheiten wirklich betone. Deshalb: Passe dein Denken nicht dem Denken dieser Welt an. Sonst wirst du auch früher oder später nach den gleichen Werten leben und das gleiche Verhalten zeigen.
Das Denken der Gesellschaft ändert sich immer wieder. In der Moderne ging es darum, was die Wahrheit ist. Man hat richtig darum gerungen und gekämpft. Ende der 1980er Jahre kam dann die Postmoderne mit der Überzeugung, es gibt gar keine Wahrheit. Du brauchst jetzt gar nicht mehr um die Wahrheit zu kämpfen.
Mit der Zeit hat man aber gemerkt, dass Menschen damit nicht zurechtkommen, wenn sie nichts haben, an dem sie sich festhalten können. Wer weiß, was das Jugendwort 2020 war? Habt ihr das noch im Kopf? „Lost“, genau, sagen die Jugendlichen. „Lost“ heißt, ich bin verloren in einem Meer der Beliebigkeit, wo alles gleichgültig ist, wo alles irgendwie gültig ist.
Von Sarah Romminger habe ich das Wort „neuer Normativismus“ gelernt. Ich glaube, da hat sie wirklich Recht. Sie sagte, wir leben gar nicht mehr in der Postmoderne – nur ist das noch keinem aufgefallen. Das Denken ist anders. Das Denken unserer Gesellschaft hat sich verändert – im Sinne eines neuen Normativismus.
Ich glaube, sie hat Recht: Wir sind in Wirklichkeit nicht mehr postmodern, sondern haben neue Normen. Nur sind diese nicht mehr christlich, sie sind sogar antichristlich. Es gibt vieles, was du heute nicht mehr sagen darfst, weil es nicht der Norm entspricht. Das zeigt, dass wir tatsächlich neue Normen haben.
Ich las letzte Woche, dass die Zentrale von Pro Femina, einer Organisation, die Frauen hilft, ihr Baby auszutragen, in Heidelberg einen massiven Farbangriff erlebt hat. In Berlin, glaube ich, ist sogar ihr Büro einmal verwüstet worden. Das heißt, die neue Norm ist anscheinend, dass Frauen nicht mehr wählen dürfen zwischen Abtreibung und Geburt eines Kindes.
Wehe, du sagst das, und wehe, du sprichst Leute darauf an. Es gibt sogar gesetzlich einen Abstand, den du unbedingt einhalten musst. Wer sich heute auf die Seite Israels stellt – das haben wir auch in den letzten Monaten gelernt – der wird zunehmend angegriffen.
Du kannst die App „No Thanks“ herunterladen, um zu vermeiden, Produkte aus Israel zu kaufen, die in Israel hergestellt wurden. Das ist nichts anderes als die moderne Umsetzung der Überzeugung „Kauft nicht bei Juden“. Da hast du nur eine App. Als Christ kannst du es genau umdrehen. Ich hatte sie auch auf meinem Handy: Ich schaue, was in Israel hergestellt ist, und genau das will ich kaufen.
Um bei unserem Thema zu bleiben: Ich glaube, als Christ brauche ich mehr Mut, deutlich zu machen, dass ich anders denke. Ich habe versucht zu zeigen: Weltanschauungen kommen und gehen. Ja, jetzt sind wir beim neuen Normativismus, dann kommt die nächste Weltanschauung. Aber weißt du was? Gottes Wort bleibt.
An ihm will ich mich festhalten, von ihm will ich mein Denken prägen lassen. Ihr habt es hier gesehen: Das Faszinierende ist, ich muss das nicht leisten. Das ist eine passive Form, die Paulus hier verwendet. Er sagt: Lass dein Denken verändern. Das ist etwas, was Gott tut.
Wenn ich sein Wort lese, wenn ich mich mit Gottes Gedanken beschäftige, wenn ich mich mit Jesus beschäftige, dann darf ich beten: Herr, verändere mein Denken. Gib mir einen Blick für die Welt, lass mich verstehen.
Mein Glaube an dich ist nicht dadurch relevant, weil ich anerkannt bin oder in der Mitte der Gesellschaft stehe. Mein Glaube ist relevant – und das zeigt Paulus in Römer 12 –, weil ich deine Liebe zeigen darf und dadurch Menschen Hoffnung bekommen.
Mein Glaube ist relevant, weil ich mir in der Nachfolge etwas kosten lasse und damit zeige: Jesus, du bist es mir wert. Mein Glaube ist relevant, weil ich bewusst im Kontrast zu dieser Welt leben will. Nicht nur, um gegen etwas zu sein, sondern weil ich für Gottes Wahrheit einstehen will.
Und mein Glaube ist relevant, weil ich meinen Weltbildwechsel leben und mir von Gott ein anderes Denken schenken lassen will.
Schlusswort und Ermutigung
Vielleicht noch einmal die letzte Folie: Deshalb lerne Römer 12,1-2 auswendig. Lass den Heiligen Geist zu dir sprechen, wenn du über diese Verse nachdenkst. Rechne damit, dass dieser Heilige Geist nach Römer 8 die Kraft in dir sein will, den Glauben an Jesus so zu leben, dass er relevant für dein Umfeld ist.
So haben die Christen in Rom es erlebt, und so kannst du es auch erleben.
