Herzlich willkommen zum Podcast der EFH Stuttgart mit Jörg Lackmann und Thomas Povileit. Unser Podcast möchte zum praktischen Christsein herausfordern und zum theologischen Denken anregen.
Als Christen sind wir emotional sehr unterschiedlich veranlagt. Das macht es manchmal schwer, miteinander umzugehen, und führt zu der Frage, wie wir uns in der Gemeinschaft aufeinander einstellen können.
Gibt es emotionale Reaktionen, die dem Sinn Gottes mehr entsprechen als andere? Falls ja, wie kann ich meine Emotionen so verändern, dass durch sie Gott größer gemacht wird und weniger Schaden im Miteinander entsteht?
Thomas, du hast eine Konferenz des Netzwerks für biblische Seelsorge mitverfolgt. Dort ging es um das Thema Emotionen. Das hat dich inspiriert, und manches ist dir dabei wichtig geworden. Du möchtest das auch unseren Hörern hier im Podcast weitergeben.
Warum, denkst du, ist es wichtig, dass wir uns als Christen Gedanken über unsere Emotionen machen? Wir sind doch erst einmal einfach so da, ob wir nun darüber nachdenken oder nicht.
Das stimmt, ja. Unsere Emotionen sind da, sie gehören zu unserem Leben. Aber sie sind kein Randthema, sondern ein sehr zentrales Thema in unserem Leben. Emotionen sind etwas unheimlich Schönes. Wir beschreiben sie oft mit sehr schönen Worten, wie „erhebende Gefühle“, „Schmetterlinge im Bauch“, „ich war hin und weg“ oder, wenn ich ein bisschen jünger war, „ich bin so geflasht gewesen davon“.
Da beschreiben wir oft Emotionen, die wir sogar körperlich spüren. Man könnte fast sagen, unsere Emotionen tragen uns weg. Sie lassen uns unseren Alltag vergessen, manchmal für Sekunden, manchmal sogar für eine längere Zeit.
Aber es gibt natürlich auch Emotionen, die wir eigentlich gar nicht haben wollen, und die setzen sich trotzdem auf unsere Seele. Solche Emotionen beschreiben wir umgangssprachlich zum Beispiel so: „Der Zorn stieg in mir auf.“ Das hat ja mit Emotionen zu tun. Oder: „Als ich ihn sah, drehte sich mir der Magen um.“ Oder: „Ich fühlte mich ohnmächtig.“
In diesen Beschreibungen schwingt oft schon Verzweiflung mit. Solche negativen Emotionen können mich blockieren, mir den Schlaf rauben oder mein Denken gefangen nehmen.
Weil Emotionen eine so zentrale Rolle in unserem Leben spielen, ist es wichtig, dass wir uns Gedanken darüber machen, ob Gott etwas in seinem Wort dazu sagt und wie wir mit Emotionen umgehen können.
Wenn wir uns jetzt mit dem Thema beschäftigen, was Gott zu Emotionen sagt und wie das in der Bibel dargestellt wird, können wir mit der Frage beginnen: Hat Gott selbst Emotionen? Wir sind ja in seinem Bild geschaffen. Kommen Emotionen also von ihm, oder woher stammen sie?
Das ist eine spannende Frage. Ich würde sagen: Ja, Gott hat Emotionen. Zum Beispiel lesen wir in 4. Mose 22, dass der Zorn des Herrn entbrannte. Auch in 5. Mose 6 wird Gott als ein eifersüchtiger Gott beschrieben – eine sehr bekannte Stelle. In Jeremia 31 sagt Gott: „Mein Herz ist entbrannt für mein Volk Israel.“ Beim Lesen der Bibel stoßen wir immer wieder auf Gottes Emotionen.
Das sollte uns auch nicht überraschen, denn Gott ist unser Schöpfer. Er hat uns mit Emotionen geschaffen; wir sind keine emotionslosen Roboter. Gott hat uns also Emotionen gegeben, und wir können empfinden. Daraus scheint es logisch, dass auch Gott Emotionen hat und empfinden kann.
Allerdings sind manche Theologen in dieser Frage etwas zurückhaltender. Sie deuten solche Beschreibungen eher als Sprachbilder. Manche behaupten, die Bibel schreibt Gott Emotionen zu, damit wir sein Handeln besser einordnen können. Sie weisen darauf hin, dass die Bibel auch von Gottes Arm, Bein oder Fuß spricht. Das bedeutet aber nicht zwingend, dass Gott diese Gliedmaßen genauso hat wie wir.
Diese Ausdrücke sind nur Beschreibungen, damit wir als begrenzte Menschen etwas von Gottes Wirklichkeit verstehen können. Gott ist ja auch nicht überrascht von Ereignissen, auf die er dann emotional reagieren müsste, wie wir Menschen. Er weiß ohnehin schon, was alles passiert.
Die Bibel versucht deshalb, mit unserem menschlichen Erfahrungshorizont Gottes Handeln zu beschreiben und verwendet Bilder von Emotionen, die Gott so aber nicht hat. So sieht es die von dir zitierte theologische Sichtweise.
Die Ansicht, dass Gott keine Emotionen hat oder zumindest nicht in dem Sinne, wie wir sie kennen, ist ein komplexes Thema. Mir ist es immer wichtig, wenn Theologen diese Position vertreten, sie nicht einfach als falsch oder unvernünftig abzutun. Sie haben sicherlich gute Argumente, machen es sich nicht leicht und sind nicht dumm.
Bei der Konferenz, die du erwähnt hast, fand ich ein Argument besonders überzeugend, das für die Überzeugung spricht, dass Gott tatsächlich Emotionen hat. Die Frage lautete: Was mache ich mit der Aussage „Gott hat mich lieb“? Diese Aussage ist eine Grundaussage, zum Beispiel in Epheser 2,4. Dort heißt es, Gott hat aus seiner großen Liebe zu uns gehandelt und uns durch seine Gnade gerettet.
Sind solche Verse nur eine angepasste Redeweise, die gar kein tatsächliches Gefühl Gottes ausdrücken will? Das ist die entscheidende Frage.
Beim Nachdenken darüber wurde mir auch noch etwas anderes wichtig: Jesus ist ja das perfekte Abbild Gottes, und er zeigt offensichtlich Emotionen. Er weint beim Tod des Lazarus, ist wütend bei der Austreibung der Händler aus dem Tempel und betrübt bis zum Tod, wie wir in seinen letzten Stunden auf der Erde lesen. Das bedeutet, Jesus hatte Emotionen. Warum sollte Gott dann keine haben?
Eine weitere Stelle, die mir in diesem Zusammenhang auffiel, ist 1. Thessalonicher 1,6. Dort ist von der Freude des Heiligen Geistes die Rede, die sich auch bei den Thessalonichern spürbar zeigte. Es heißt: „Ihr habt das Wort in viel Bedrängnis mit der Freude des Heiligen Geistes aufgenommen.“ Hier haben wir also eine Emotion Gottes, die sich in den Menschen ausdrückt.
Deshalb bin ich überzeugt, dass Gott wirklich Emotionen hat – nicht nur als Sprachfiguren. Vater, Sohn und Heiliger Geist zeigen sich in der Bibel mit Emotionen. Wir können das als Ausgangspunkt nehmen: Wir Menschen haben Emotionen, weil wir im Bild Gottes geschaffen sind. Das ist nicht nur ein Sprachbild, sonst würde alles zusammenbrechen.
Ich glaube, die Liebe Gottes würde niemand bezweifeln. Es wäre unlogisch, dann andere Emotionen Gottes abzulehnen. Nehmen wir das jetzt mal als Grundlage.
Jetzt gibt es natürlich gute Emotionen – bei Gott sind es nur gute, bei uns aber auch schlechte. Die Frage ist nun, wie wir als Sünder mit unseren Emotionen umgehen können.
Vielleicht ist es wichtig zu sagen, dass es mir in diesem Podcast, den wir beide machen, nicht um extreme Emotionen geht. Zum Beispiel bei einer Depression oder Manie, da erlebt man ja extreme Emotionen. Das könnte man vielleicht in einem anderen Podcast besprechen, damit nicht gesagt wird: „Ja, aber das und das hast du hier vergessen.“
Mir geht es um die Emotionen, wie wir sie in unserem ganz normalen Alltag erleben – die ganz normalen Hochs und Tiefs in einer gewissen Bandbreite.
Wenn du allgemein gefragt hättest, was Gottes Ziel mit unserem Leben ist, hätte ich sicher mit Römer 8,29 geantwortet: Wir sollen dem Bild seines Sohnes gleich werden, also Jesus ähnlicher werden. Aber das gilt doch auch für meine Emotionen. Ich soll auch in meinen Emotionen Jesus ähnlicher werden und darin Gott groß machen.
Man könnte auch sagen: So wie ich in meinem Glauben wachsen und reifen soll, so sollte ich auch in meinen Emotionen wachsen und reifen.
Wobei wir jetzt bei der Frage, wie wir mit den Emotionen umgehen, noch nicht besonders weit gekommen sind. Das war jetzt meine Grundlage dazu: Was ist denn jetzt emotionale Reife? Und wie schaffe ich es, mich nicht so sehr von Gefühlen in eine schlechte Richtung treiben oder ziehen zu lassen?
Das ist eine gute Frage. Emotional reif zu reagieren bedeutet sicher auch, dass ich mich von meinen Emotionen nicht mitreißen lasse. Biblisch ausgedrückt heißt das, ich reagiere besonnen. Das muss aber nicht bedeuten, dass ich gar nicht emotional reagiere.
In den Psalmen reagieren Menschen, die mit Gott unterwegs sind, oft sehr emotional. Diese Reaktionen sind als Gottes Wort niedergeschrieben und dienen somit als Vorlage für meine Gebete.
Auch von Jesus wissen wir, dass er mit Emotionen reagiert hat. Dazu sind wir ebenfalls herausgefordert. Wenn Paulus zum Beispiel sagt: „Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden“, dann sehe ich darin keinen Hinweis darauf, dass ich meine Gefühle verbergen soll.
Emotional reif zu reagieren heißt für mich, dass ich mich frage: Wie würde Gott in dieser Situation reagieren? Gibt es eine ähnliche Situation in der Bibel? Wie hat Gott dort reagiert? Welche emotionale Reaktion seiner Diener fand er gut?
Natürlich werde ich nie so rein und vollkommen reagieren können wie Gott. Aber diese Texte zeigen mir eine Richtung, in die ich gehen kann.
Mir hat ein Satz gefallen, den ich auf einer Konferenz gelernt habe: Reife Emotionen sind Gefühle, die die Priorität des Vaters, das Erbarmen des Sohnes und die Freude des Heiligen Geistes widerspiegeln.
Das heißt, im Alltag reflektieren wir die Dinge, die wir erlebt haben, denn Gefühle sind zunächst sehr schnelle und oft unreflektierte Reaktionen. Dann fragen wir uns: Ist das das, was Gott, der Vater, will? Stimmt das mit dem Erbarmen des Sohnes überein? Und entspricht es der Freude des Heiligen Geistes?
So können wir mit unserem Verstand wachsen und lernen, unsere Emotionen zu lenken. Ja, man könnte es so sagen.
Könnte man so sagen, ja. Konkret gemacht ist das der allgemeine Rahmen. Hast du ein konkretes Beispiel, wie man das mal schnell umsetzen könnte? Vielleicht Epheser 4,26: „Zürnet und sündigt dabei nicht.“
Hier fordert die Bibel mich sogar zu einer emotionalen Reaktion heraus, die sogar mit Zorn beschrieben wird. Wenn ich das im Kontext lese, sehe ich, dass vorher von Lüge unter Christen gesprochen wird. Ich glaube, das kann gedanklich schon zusammengehören. Wenn ich merke, dass man sich in einer Gemeinde zu belügen beginnt, dann sollte mich der göttliche Zorn darüber packen. Diese Emotion wird mich logischerweise auch dazu bewegen, Fehlverhalten anzusprechen und gemeinsam wieder auf den göttlichen Weg zu kommen.
Ich persönlich muss mir das sagen lassen. Ich bin jemand, der von seinem Temperament her eher phlegmatisch ist. Das ist ein Fremdwort, ja. Das heißt, mich regen die Dinge nicht so schnell auf. Aber deswegen bewegen mich manche Situationen auch nicht so schnell, in denen ich mich bewegen sollte. Deshalb würde mir so ein göttlicher Zorn wirklich helfen. Das wäre dann so ein emotionaler Booster, der mich in Bewegung bringt – den trägen Thomas.
So könnte ich vielleicht in meinen Emotionen reifen. Und jemand anders, der sowieso schon ein aufgeregter, cholerischer Typ ist und durch seine Reaktionen immer wieder Beziehungen belastet oder kaputtmacht, für den kann Reife in Gottes Emotionen bedeuten, seine Emotionen Gott im Gebet zu bringen und sich von Gott Besonnenheit für die Situation zu erbitten. Sonst ist er angetrieben von seinen Emotionen, aber diese sind dann in dieser Situation ganz sicher nicht vom Heiligen Geist bestimmt.
Du hast ja gefragt: Was sind denn praktische Beispiele? Vielleicht noch ein weiterer klassischer Vers: 1. Korinther 5,2. Da steigt ein Gemeindemitglied mit seiner Stiefmutter ins Bett, und die Mitchristen stehen achselzuckend daneben, so nach dem Motto: „Ja, es war nicht toll, aber was will man denn da machen?“
Man merkt bei den Korinthern gar keine emotionale Reaktion auf diese Sünde. Deshalb sagt Paulus ihnen: „Mensch, ihr habt nicht mal Leid getragen.“ Das sollte eigentlich eure normale emotionale Reaktion sein, weil Gott in dieser Situation Leid trägt um das, was sein Kind macht. Eben diese Emotion hätte die Korinther dann auch bewegt, diesen Mann aus der Gemeinde auszuschließen, damit er zur Besinnung kommt und wieder zu Gott zurückkehrt – so sagt Paulus es hier.
Die Bibel redet also viel von der Freundlichkeit des Herrn. Das heißt, Gott möchte, dass ich durch meine Freundlichkeit auffalle. Aber zur Freundlichkeit gehört eben auch ein ganz normales emotionales Paket. Ich kann ja nicht freundlich sein ohne Emotionen. Freundlichkeit zeigt sich an bestimmten Emotionen. Wenn ich freundlich bin, lächle ich jemanden an, nehme ihn wahr und rede wohlwollend mit ihm.
Freundlichkeit ist doch eine Frucht des Heiligen Geistes. Das heißt aber auch, der Heilige Geist will bestimmte Emotionen in mir verstärken, die dann als Freundlichkeit wahrgenommen werden. Wenn ich in der Freundlichkeit wachse, wird es in der Gemeinde warm, sonst bleibt es kalt. Deshalb ist Freundlichkeit etwas, was Gott von mir als emotionale Reaktion will. Das ist eben keine Option oder so.
Jetzt hast du eben schon von den Veranlagungen von uns als Menschen gesprochen, dass wir einfach verschieden gestrickt sind. Jeder beginnt seine Reise von einem anderen Punkt aus. Wenn man zum Beispiel den Punkt Freundlichkeit nimmt: Der eine ist das von Natur aus, der andere ist eher zurückhaltend und drückt sich vielleicht etwas knapper aus, wenn ich das mal so sagen darf. Das kann also für jeden ein bisschen etwas anderes bedeuten, wenn es darum geht, in den Emotionen auf gute Art und Weise zu wachsen.
Was könnten da Hilfestellungen auf diesem Weg sein?
Ja, das ist wieder eine praktische, gute Frage, da hast du Recht, wir sind in der Tat ganz verschieden. Wenn ich es mal sehr plakativ sage: Wenn sich zwei norddeutsche Brüder nach Jahren wiedersehen, geben sie sich vielleicht artig die Hand und sagen: „Moin, schön, dass ich dich nach zehn Jahren mal wiedersehe.“ Auch okay.
Bei zwei italienischen Brüdern, die sich auf Sizilien treffen, bekommt die ganze Nachbarschaft mit, dass sie sich schon zwei Wochen lang nicht gesehen haben. Wenn wir uns diese emotionalen Reaktionen als Graphen vorstellen, ist eine emotional reife Reaktion vielleicht in der Mitte. Der norddeutsche Graph verläuft deutlich darunter, der italienische deutlich darüber.
Weil es jetzt schon Wertungen sind, ja? Aber okay, ich weiß, was du meinst. Ich möchte hier noch kurz ergänzen: Wir als Menschen und auch als Christen haben ja so ein Grundpaket, eine Fähigkeit, wie wir empfinden und wie wir Emotionen ausdrücken. Das haben wir mitbekommen. Das, glaube ich, kann man auch nicht grundsätzlich verändern. Manche Menschen empfinden einfach stärker als andere, sie reagieren intensiver als andere. Das führt vielleicht auch dazu, dass Beziehungspersonen immer wieder mal zerbrochen werden. Das ehrt Gott eben auch nicht.
Deshalb hat die Frage nach einer emotional reifen Reaktion natürlich auch mit unserem zwischenmenschlichen Miteinander zu tun. Aber ich glaube, es ist gut, dass wir nicht zuerst fragen, wie der italienische und der norddeutsche Graph zusammenkommen können, sondern besser fragen: Wie können beide der emotionalen Reaktion näherkommen, die Gott sich in dieser Situation wünscht?
Dann muss der italienische Graph eben ein bisschen runterfahren in seiner Reaktion, und der norddeutsche muss hochfahren. Wenn die Norddeutschen und die Italiener das beide machen, werden sie in ihrer emotionalen Reife wachsen. Ihre Emotionen spiegeln dann mehr die Priorität des Vaters, das Erbarmen des Sohnes und die Freude des Heiligen Geistes wider.
Wobei ich mich schon frage bei diesem Hoch- und Runterfahren: Ich glaube, jemand, der zurückhaltend ist, muss nicht unbedingt zu einem nach außen gehenden Menschen werden. Er kann Freundlichkeit auch auf eine sehr feine und ruhigere Weise ausdrücken. Die merkt dann vielleicht nicht jeder gleich auf Anhieb, aber man kann sie durchaus erkennen, wenn man aufmerksam ist.
Bei manchen ist ja ein leichtes Lächeln schon ein Beben, während andere auf dich zukommen und dich umarmen. Das ist für sie der unterste Level. Da muss man auch ein bisschen lernen. Kam mir nur gerade so wegen diesem Hoch- und Runterfahren in den Sinn.
Aber ich verstehe, was du meinst. Das muss nicht die emotionale Reaktion sein, die überschwänglich ist, sondern dass ich einfach von meiner Einstellung her dem anderen näherkomme.
Ja, dass man ruhig von den eigenen Gewohnheiten wegkommt. Ich hätte mir letztens, das war witzig, als wir uns verabschiedeten, Apostelgeschichte 20 gelesen. Sie umarmten und küssten sich. Da habe ich vorgeschlagen: „Wir können uns doch ruhig küssen.“ Aber keiner wollte von den Brüdern. Da hätte ich mir einen italienischen Bruder gewünscht, dann hätten wir es geschafft. Aber okay, muss nicht sein.
Man kann durchaus voneinander lernen in diesen Bereichen, ohne sich dabei in Zwang zu versetzen oder sich zu verbiegen.
Richtig.
Kommen wir mal wieder zurück auf den Pfad, auf dem wir waren. Diese emotionale Reife, dass es geistlicher wird und mehr auf Gott ausgerichtet ist – das ist ja das Ziel, das wir genannt haben. Wie kommen wir diesem Ziel nun näher? Hast du vielleicht noch ein paar Schritte von der Konferenz parat, die dazu gesagt wurden?
Es gibt natürlich kein festes Rezept, aber auf der NBS-Konferenz wurde tatsächlich ein Vorschlag gemacht, den ich gut fand. Zunächst einmal solltest du deine Gefühle bewusst wahrnehmen. Also: Wie fühlst du dich in bestimmten Situationen? Das ist für Männer manchmal gar nicht so einfach, je nachdem, wie sie damit umgehen. Auch für mich persönlich ist das nicht immer leicht. Ich mache mir über meine Gefühle oft gar nicht viele Gedanken. Emotionen spielen bei mir keine so große Rolle, auch wenn sie manchmal an Stellen auftauchen, an denen ich denke: Na ja, hätte das wirklich sein müssen?
Zum Beispiel fange ich in Predigten manchmal an zu weinen, weil ich so bewegt bin. Das habe ich oft vorher gar nicht geahnt. Wenn ich mein Skript lese – ich rede ja nicht einfach so drauflos, bevor ich predige – dann ist mir das nicht bewusst. Andererseits sind mir manche Dinge kaum peinlich, und dann passt das wieder. Für Leute wie mich ist es hilfreich, erst einmal darüber nachzudenken: Was empfinde ich überhaupt in dieser Situation?
Ein nächster Schritt kann sein, dass ich mir meine Emotionen am Ende des Tages oder der Woche aufschreibe und darüber nachdenke. Dabei frage ich mich: Waren das Emotionen, die Jesus groß gemacht haben? Habe ich diesen mittleren Grafen berührt? Es geht bei diesem Nachdenken nicht darum, jedes einzelne Gefühl des Tages zu reflektieren und zu analysieren, wie ich mich gefühlt habe. Vielmehr sollte ich wesentliche Erlebnisse der Woche überdenken.
Wenn ich intensiver über meine Emotionen nachdenke, werden mir meine Reaktionen natürlich auch bewusster. Es ist auch gut, darüber nachzudenken, warum ich zum Beispiel jemanden als freundlich wahrnehme. Das finde ich einen guten Punkt: Welche Emotionen kommen dabei hoch? Manchmal weiß man ja gar nicht genau, wie man mit einem Defizit in bestimmten Bereichen umgehen soll. Das ist oft sehr schwierig.
Dann kann man überlegen: Okay, ich hätte das jetzt so und so gemacht, der andere macht es so – und das ist viel besser. Das erkennt man meistens. Es ist hilfreich, wirklich darüber nachzudenken und bei Vorbildern praktisch abzuschauen. Was ist denn Freundlichkeit? Natürlich werde ich wahrscheinlich nie so werden wie jemand, der das von Natur aus kann. Aber Gott liebt ja auch die Vielfalt.
Ich kann mich in diese Richtung entwickeln und konkret beten: „Herr, du kannst mir das schenken.“ Es ist wichtig, solche Dinge bewusst zu benennen. Mein Ziel ist ja nicht, dass ich zum Sanguiniker werde – was ich kenne als das Konzept eines Menschen, der seine Gefühle auf der Zunge trägt und sie nicht verbergen kann. Das werde ich nicht werden. Aber ich darf dafür beten, dass ich mit meinen emotionalen Reaktionen Gott groß mache und Jesus ähnlicher werde.
Ich denke, hier ist wie überall das Gebet der Schlüssel. Oft haben wir nicht das, weil wir nicht bitten, sagt uns Jakobus. Vielleicht muss man auch sagen, dass wir oft wie emotional unreife Christen reagieren, weil wir Gott nicht darum bitten, dass er uns in unseren Emotionen leitet und durch diese Emotionen groß gemacht wird.
Das war heute mal ein gefühlvoller Podcast. Ja, ja, ja – einer, der uns auch herausfordert, uns Gedanken über unsere Emotionen zu machen. Ein Kernsatz war dabei, unsere Prioritäten am Vater auszurichten, am Erbarmen des Sohnes und an der Freude des Heiligen Geistes. So sollen wir ihn widerspiegeln.
Wenn ihr Fragen habt, irgendwelche Gefühle zu unserem Podcast, über die wir sprechen sollten, oder Anmerkungen, schreibt uns einfach unter podcast@efa-stuttgart.de.
Wir wünschen euch Gottes Segen und emotionale Reaktionen, durch die ihr euren Vater im Himmel groß macht.