Gut, noch ein Thema weiter bei unserem Prediger heute. Ich hoffe, ihr habt Prediger Kapitel 3, 4 und 5 gelesen. Wer hat es nicht gelesen? Dann sollte er sofort heimgehen und es nachholen.
Na gut, wir sind barmherzig. Dann lesen wir Kapitel 4, 5 und 6. Ich habe auch eine Lampe angemacht, damit man besser lesen kann.
Gut, dann lasst uns bitte zusammenbleiben und anfangen. Ich habe euch wieder die Vorlage gegeben. In Kapitel 4 geht es um Hoffnungslosigkeit und Einsamkeit. Das ist das Hauptthema von Kapitel 4. Ihr könnt auch auf einzelnen Zetteln mitverfolgen, worum es geht.
Beobachtungen über Unterdrückung und Ungerechtigkeit
Kapitel 4, Vers 1: Ich lese einmal ein paar Verse. Prediger 4,1: „Und ich wandte mich um.“ Übrigens, wir lesen öfter einmal, dass der Prediger mit „Und ich wandte mich um“ einen neuen Gedankengang einleitet. Er hat das Alte sozusagen beendet und denkt jetzt etwas anderes.
„Ich wandte mich um“ bedeutet, dass er etwas Neues anschaut. Das ist immer so, deshalb gibt es auch die Kapitelunterteilung.
„Und ich wandte mich um und sah all die Unterdrückungen, die unter der Sonne geschehen, und siehe, da waren Tränen der Unterdrückten, und sie hatten keinen Tröster, und von der Hand ihrer Unterdrücker ging Gewalt aus, und sie hatten keinen Tröster.“
Da preiste ich die Toten, die längst gestorben sind, mehr als die Lebenden, die jetzt noch leben. Und glücklicher als beide preiste ich den, der doch nicht gewesen ist, der das böse Tun nicht gesehen hat, das unter der Sonne geschieht.
„Und ich sah all das Mühen und alle Düchtigkeit bei der Arbeit, dass es Eifersucht des einen gegen den anderen ist. Auch das ist Nichtigkeit und ein Haschen nach Wind.“
So weit, so gut. Das Erste sagt: Ich wandte mich und ich sah die Unterdrückungen, und siehe, da waren Tränen der Unterdrückten, und sie hatten keinen Tröster. Von der Hand ihrer Unterdrücker ging Gewalttat aus, und sie hatten keinen Tröster.
Ich glaube, eines der größten Probleme, bei dem man hilflos ist, ist, wenn man die Welt anschaut – die ganze Unterdrückung, die immer geschieht. Die Menschen, die unterdrückt werden von den Unterdrückern, die Ausbeutung der Mächtigen an den Armen, meistens durch totalitäre Regierungen oder durch religiösen oder politischen Fanatismus.
Das war noch nie anders zur Zeit Salomos. Vor dreitausend Jahren hat uns Salomo damit beschäftigt. Warum gibt es die Armen, die immer ausgebeutet werden, und die Reichen, die die anderen ausbeuten?
Und wir kommen dann zum Schluss: Er gibt auch keine Antwort. Aber der Schluss ist dies: Wenn es wirklich keinen Gott gibt, der dieses Unrecht bestraft, dann bleibt nur noch übrig, zurückzuschlagen oder zu verzweifeln. Da gibt es keine andere Wahl.
Ohne Gott zu glauben, dass es Gerechtigkeit in dieser Welt gibt, ist eigentlich dumm, weil es in dieser Welt keine Gerechtigkeit gibt. Sie ist einfach nicht da. Ich finde sie nicht.
Wenn man die Kriege anschaut, ob das im Kosovo war, ob es jetzt im Irak ist oder im Sudan – es gibt immer Unterdrücker und Unterdrückte. Familien werden auseinandergerissen, und es gibt keine Gerechtigkeit.
Und der Prediger sagt: Das ist ein Problem. „Ich sah die Tränen der Unterdrückten, und sie hatten keinen Tröster.“
Die Realität von Leid und Trostlosigkeit in der Welt
In Österreich haben wir momentan zum Glück äußeren Frieden. Dennoch gibt es weiterhin Unterdrückte und Unterdrückte.
Ist das etwa bei der Abtreibung so? Wer muss dabei sterben? Es ist immer der Schwächste. Ich denke oft über das Thema Abtreibung nach: Das Kind wird heute als unbrauchbar angesehen. Es sind drei Beteiligte: der Vater, die Mutter und das Kind. Man könnte ja mal sagen: „Diesmal bringen wir mal den Vater um.“ Das wäre vielleicht ein bisschen gerechter. Warum trifft es immer das Kind? Es ist immer das Schwächste. Immer wird das Schwächste ausgebeutet, nie der Stärkere.
Bei Scheidungen ist es genauso: Die, die am meisten leiden, sind die Kinder. Sie sind immer die Schwächsten. Am Arbeitsplatz sieht es nicht viel anders aus. Mobbing nennt man das heute, ein modernes Wort. Dabei wird gegeneinander ausgespielt, und wer verliert, ist immer der Schwächste.
Genau das ist es, was der Prediger sagt. Und eines muss uns bewusst sein: Die Welt, in der wir leben, ist keine heile Welt. Der Prediger stellt fest, dass es eine ungerechte Welt ist.
Im Römerbrief Kapitel 8, wenn Sie die Bibel zur Hand haben, schlagen Sie vielleicht Römer 8,18-25 auf.
Hoffnung trotz Leiden in der Schöpfung
Ja, das ist ein Handy, das macht gar nichts. Schönen Gruß!
Da sagt der Apostel Paulus, dass die Leiden der jetzigen Zeit nicht ins Gewicht fallen gegenüber der zukünftigen Herrlichkeit, die an uns geoffenbart werden soll. Er sagt, die Leiden, die wir jetzt ertragen müssen, sind unvermeidlich. Wir haben keine Wahl. Aber die Herrlichkeit der Zukunft ist viel größer.
Im Vers 19 heißt es weiter: „Denn das sehnsüchtige Harren der Schöpfung wartet auf die Offenbarung der Söhne Gottes.“ Die Schöpfung, das ist diese Welt, ist der Nichtigkeit unterworfen worden – nicht freiwillig, sondern durch den, der sie unterworfen hat – auf Hoffnung hin. Denn auch die Schöpfung wird von der Knechtschaft der Vergänglichkeit freigemacht werden zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes.
Wir wissen, dass die ganze Schöpfung zusammen seufzt und bis jetzt in Geburtswehen liegt. Nicht nur sie, sondern auch wir selbst, die wir die Erstlingsgabe des Geistes haben. Wir selbst und die ganze Schöpfung leiden an dieser Ungerechtigkeit.
Darum gilt erstens: Wir leben in einer gefallenen Welt. Das muss uns völlig bewusst sein.
Zweitens: Unsere Tränen und unser Tröster. Es wird zweimal erwähnt, dass die Tränen der Unterdrückten gesehen wurden, aber sie hatten keinen Tröster. Oft ist es so, wenn man das Elend sieht – sei es durch einen Tsunami oder andere Katastrophen – und man sieht, wie Menschen leiden, oft im Fernsehen. Das Schlimmste ist, dass man oft nicht helfen kann. Man sieht das Leid und kann nicht trösten.
Aber wisst ihr, was das Wunderbare ist? Zwei Dinge:
Im Psalm 56, Vers 9 (in der Hoffnung für alle Übersetzung) heißt es so schön: „Jede Träne hast du, Gott, gezählt. Sie sind alle in deinem Buch festgehalten.“ Das weiß ich, oh Gott, du bist auf meiner Seite.
Alle deine Tränen sind gezählt und in einem Buch aufgeschrieben, sagt Gott. Und Gott ist nicht nur derjenige, der die Tränen zählt, sondern auch der, der uns trösten kann.
Jesus hat gesagt in Johannes: „Ich werde den Vater bitten, und er wird euch den Tröster schicken, den Heiligen Geist.“ Heiliger Geist ist das griechische Wort Parakletos, das heißt Tröster oder Beistand.
Ich weiß nicht, wie viele von uns wirklich schon aus Verzweiflung gebetet haben. Ich denke oft darüber nach. Wie viele beten wirklich aus Verzweiflung? Einige von uns tun es sicherlich. Aber ich glaube, die meisten von uns – ich muss das bei mir selbst sagen – beten zwar, aber oft aus Gewohnheit. Meistens bin ich nicht verzweifelt. Man betet aus Gewohnheit.
Aber ich glaube, jeder von uns hat Zeiten, in denen er aus Verzweiflung betet und einen Tröster braucht. Die meiste Zeit, muss ich ehrlich sagen, brauche ich gar keinen Tröster, denn mir geht es nicht so schlecht. Aber dort, wo ein Mensch wirklich verzweifelt ist, sucht er einen Tröster – und das ist Gott selbst.
Es gibt ein Sprichwort: „Gott ist alles, was du brauchst.“ Das klingt leicht gesagt, aber du weißt es erst, wenn er alles ist, was du hast. Wenn du sonst nichts mehr hast außer Gott, dann weißt du, dass du sonst nichts brauchst.
Ich glaube, das erleben gar nicht so viele von uns oder haben es noch nicht erlebt.
Die Verzweiflung über das Leben und die Suche nach Sinn
Das Dritte, das Zehn, lesen wir noch einmal in Prediger 4, Verse 2 und 3. Dort sagt der Prediger in seiner Verzweiflung: „Da pries ich die Toten, die längst gestorben sind, mehr als die Lebenden, die jetzt noch leben. Und glücklicher als beide pries ich den, der doch nicht gewesen ist, der das böse Du nicht gesehen hat, das unter der Sonne geschieht.“
Ich habe kürzlich mit einer Frau gesprochen, die in Deutschland wohnt und ein behindertes Kind hat. Sie hat eure Hand mitgemacht und zu mir gesagt, dass sie nicht mehr an Gott glauben kann. Das ist eine lange Geschichte, aber sie sagte: „Mich hat kein Mensch gefragt, ob ich geboren werden will. Wenn man mich gefragt hätte, hätte ich Nein gesagt. Aber jetzt muss ich leben.“
Es gibt Menschen, die ganz klar sagen: „Wenn ich die Wahl gehabt hätte, hätte ich lieber nicht gelebt als gelebt.“ Genau das sagt auch der Prediger: Es bliebe uns viel erspart, wenn wir nie geboren worden wären.
Übrigens ist das der logische Schluss, zu dem Gautama Buddha gekommen ist. Der Buddhismus ist genau diese Philosophie. Gautama Buddha begann seine Suche, weil er sah, dass das Leben voller Leiden, Sterben, Krankheit und Tod ist. Er suchte nach einer Antwort. Dafür verließ er seine Frau und allen materiellen Komfort und zog sich zurück.
Er erkannte, dass das Problem am Leben das Leiden ist. Dann sah er, dass das Leiden daher kommt, weil wir begehren, weil wir immer Wünsche haben. Wir wünschen uns etwas, und wenn es nicht so kommt, leiden wir. Andererseits stellte er fest, dass das Leben nicht weitergeht, wenn wir uns nichts wünschen.
Schließlich sagte er: Der Mensch muss aufhören zu begehren, er darf nicht mehr wünschen. Wenn er aufhört zu begehren, hört er auf zu leben und damit auch auf zu leiden. Das ist die logische Schlussfolgerung des Buddhismus, eigentlich der Kernsatz seiner Lehre.
Das heißt, durch Meditation, Verzicht und Seelenwanderung gelangt man in diesen erleuchteten Zustand, den sie Nirwana nennen. Dort ist man letztlich ausgelöscht, man ist nicht mehr da. Man nennt das Nihilismus. Dann leidet man nicht mehr. Das ist Buddhismus.
Heute hört man das manchmal etwas anders. Ich habe nette Leute getroffen, die auch schon gesagt haben, sie könnten heute nicht mehr verantworten, noch Kinder in diese Welt zu setzen. Sicher hast du das schon gehört, oder?
Was bedeutet das? Es bedeutet: Es ist besser, nicht zu leben. Wenn es für mein Kind besser ist, nicht zu leben, warum sollte es dann für mich besser sein? Das nennt man Nihilismus, Auslöschung. Es ist besser, nicht zu leben als zu leben.
Das ist interessant, wenn man darüber nachdenkt: Woher kommt dieser Überdruss am Leben? Die meisten von uns haben das nicht. Es gibt einige wenige, aber nicht die Mehrheit.
Wir haben solche Anflüge manchmal, weißt du, im Mittellauf des Lebens, da wäre es gescheiter, wenn es vorbei wäre. Aber es ist interessant: Einer hat gesagt, das kommt daher, wenn du nach Lust suchst – Hedonismus, das Wort kennen wir ja – und enttäuscht wirst, weil du diese Lust nicht findest. Dann bleibt eigentlich nichts übrig, als zu sagen: „Jetzt bringe ich mich halt um.“
Das Interessante habe ich erst letzte Woche gelesen: Der griechische Dichter Theognis, der etwa 500 vor Christus lebte, war der erste außerbiblische Autor, der schrieb, es wäre besser, nie geboren zu werden. Und wenn man geboren ist, sollte man so schnell wie möglich wieder verschwinden.
Hegesias von Kyrene, der von 330 bis 270 vor Christus lebte, schrieb sogar eine Anleitung, wie man sich am besten selbst umbringen kann. Er war damit extrem erfolgreich. Damals war in Griechenland die Blütezeit des Hedonismus, die Suche nach Lust als Lebensprinzip.
Und weißt du was Interessantes? Heute sind wir die Freudianer – Freud, Adler und so weiter. Das Lustprinzip ist zentral. Wenn du die Lust nicht bekommst, was tust du dann? Du bringst dich um.
Österreich ist in dieser Hinsicht auch Spitzenreiter, einer der ersten Plätze weltweit. Wir sind sogar auf Platz zwei oder drei, was Selbstmord betrifft.
Und weißt du, was Wahnsinn ist? Wenn man oft fernschaut und sieht, was dort vorgespielt wird. Es wird uns vorgegaukelt, es gäbe Lust ohne Last. Du bist nicht enttäuscht, und du kannst alles so wegstecken. Natürlich völliger Blödsinn.
Wenn es mit der Frau nicht klappt, sucht man eben eine andere. Wenn du dich scheiden lässt, fängst du eben neu an. Das ist völlig unsinnig. Du kannst nie wirklich neu anfangen, weil du vorbelastet bist. Das ist eine Lüge, ein Trugschluss. Es gibt kein leeres Blatt mehr, du bist vorbelastet.
Das Neuanfangen ist ein Traum, es gibt das nicht wirklich. Es wird nur vorgespielt. Es gibt eine Selbstsucht ohne Reue: „Tu nur, was gut für dich ist, du brauchst es nie zu bereuen.“ Das ist völliger Unsinn. Das Leben zeigt genau das Gegenteil.
Aber im Fernsehen wird uns das vorgespielt. Und viele glauben es dann, und handeln entsprechend.
Vor ein paar Wochen rief mich ein Mann ganz verzweifelt an. Er sagte, er müsse jetzt eine Entscheidung treffen, das sei das Letzte, was ihm noch bleibt. Es ging um die Scheidung von seiner Frau.
Er war bei zwei Psychologen und hat viel Geld bezahlt. Beide Psychologen rieten ihm: „Lass dich von deiner Frau scheiden, das ist das Beste für dich.“ Das waren die Vorschläge der Psychologen.
Er erzählte mir, dass er aufatmete, als er mit mir sprach. Er hatte irgendwie gewusst, dass das, was ihm die Psychologen sagten, nicht stimmen konnte. Mein Gespräch mit ihm hat ihn ermutigt.
Heute ist es ja auch so, dass die Werbung sagt: „Weil ich es mir wert bin.“ Alles dreht sich um „Ich, mir, mein, mich, mein, mir“. Kennt ihr diese vier Worte? Diese Philosophie, dass man nicht mehr sein will, ist im Prinzip völliger Unsinn.
Denn die Tatsache ist: Wir sind. Du kannst dich nicht wegdenken, wir sind einmal da, es gibt kein Nichtsein mehr.
„Zwei Dinge bestehen ewig“, sagt die Bibel: Gott und Mensch. Der Mensch löscht sich nicht aus, die Seele bleibt für ewig.
Die Frage ist nicht: Sein oder nicht sein. Die Frage ist: Wo wirst du sein für den Rest der Ewigkeit? Das ist die entscheidende Frage.
Es geht nicht darum, sich selbst auszulöschen. Das geht nicht, weil du nämlich bist. Die Frage ist nur: Wo wirst du sein und bei wem wirst du sein für den Rest der Ewigkeit?
Ehrgeiz, Faulheit und ihre Folgen
Das zweite Thema: Ehrgeiz und Faulheit – Verse vier bis sechs im Prediger Kapitel vier.
Vers vier lautet: „Und ich sah all das Mühen und alle Düchtigkeit bei der Arbeit, dass es Eifersucht des einen gegen den anderen ist; auch das ist Nichtigkeit und ein Haschen nach Wind.“
Der Prediger beobachtet hier, dass das ständige Mühen und die Anstrengung bei der Arbeit oft von Eifersucht geprägt sind. Einer ist neidisch auf den anderen. Das Problem ist nicht nur, dass man von oben unterdrückt wird in dieser Welt. Vielmehr machen sich Arbeitskollegen, die auf derselben Stufe sind, gegenseitig das Leben schwer. Es ist Eifersucht des einen gegen den anderen, sagt er. Einer versucht, ehrgeiziger zu sein als der andere.
Übrigens enthält das Wort „Ehrgeiz“ auch das Wort „Geiz“. Das ist mir das erste Mal vor Kurzem aufgefallen, als ich darüber nachdachte. Heute wird Geiz sogar gefördert. Gerade letzte Woche sah ich in Deutschland eine große Plakatwerbung von Mercedes mit dem Spruch: „Dein Nachbar wird grün vor Neid, drum kauf den.“ Oder die Werbung „Geiz ist geil“ – solche Slogans stellen Geiz als etwas Positives dar.
Dabei sagt der Prediger, dass das ein Problem ist: die Eifersucht und der Geiz des einen gegen den anderen. Er nennt das Nichtigkeit, ein Haschen nach Wind.
Es mag einen guten, rechten Ehrgeiz geben, der gute Fähigkeiten fördert und zu Höchstleistungen führt. Das Problem ist, dass Ehrgeiz oft ausartet und man nur noch schneller sein will als der Rivale. Darin endet es meistens leider.
Ich persönlich bin eher ein ehrgeiziger, zielorientierter Mensch. Wir sind ja alle verschieden gemacht. Ehrgeiz hat auch seine Vorteile. Aber der große Nachteil ist, wenn man zu sehr zielorientiert ist, dann geht man nur auf das Ziel zu – und die Menschen links und rechts von einem fallen dabei unter den Tisch. Man merkt das oft gar nicht, wenn man nur auf das Ziel schaut.
Es gibt aber auch andere Menschen, die sind eher beziehungsorientiert. Sie treffen einen Menschen, sprechen mit ihm und achten auf die Menschen um sie herum. Sie kommen vielleicht nicht so schnell ans Ziel, aber sie kümmern sich um die Menschen.
Man braucht eigentlich beides. Das Beste ist der Mittelweg.
Ich muss wirklich sagen, ich brauche Jesus in meinem Leben, der mich immer wieder korrigiert und ermahnt, nicht die Menschen zu vergessen und nicht nur aufs Ziel zuzusteuern.
Vielleicht bist du auch so ein zielorientierter Mensch. Ich möchte dich ermutigen, bleib ganz nahe bei Jesus. Sonst wirst du leicht egoistisch. Lass dich von ihm immer wieder korrigieren und daran erinnern, dass es um Menschen geht. Sonst kollabieren die Menschen links und rechts neben dir, und du merkst es gar nicht. Das ist tragisch.
Leben besteht aus Beziehungen. Ohne Beziehungen braucht man gar nicht leben.
Ich möchte dich wirklich ermutigen, in Beziehungen zu investieren. Ein Beispiel: Wenn man etwas baut – und das habe ich mir zum Motto gemacht – muss ich mich immer daran erinnern: Es geht nicht nur darum, dass das Haus fertig wird. Das Haus wird sowieso fertig, ob heute oder nächstes Jahr, das ist egal. Aber weißt du, was viel wichtiger ist? Wie das Haus gebaut wird.
Viel wesentlicher ist, wie ich mit den Mitarbeitern umgehe, wie ich die Menschen behandle, mit denen ich arbeite. Dass ich fair bin, liebevoll und Gemeinschaft lebe. Nicht, dass das Haus einfach nur fertig wird – das ist nicht das Wichtigste. Das ist es, was ich mir oft wünsche.
Psalm 127,1 sagt: „Wenn der Herr nicht das Haus baut, dann bauen umsonst, die daran bauen.“
Faulheit und ihre Folgen
Adon Behenohai spricht in Vers fünf über Faulheit und Arbeitslosigkeit. Dort heißt es: „Der Tor legt seine Hände ineinander und verzehrt sein eigenes Fleisch.“ Das bedeutet, wenn jemand faul ist, vergeudet er seinen Besitz und beschneidet sich selbst in seinen Lebensmöglichkeiten.
Der Fleißige hingegen, der mit beiden Händen voller Mühe arbeitet, gräbt Tag und Nacht. Doch am Lebensende fragt er sich, wozu das alles gewesen ist. Hier passt ein Blick in Sprüche 30, wo es nur wenige Verse weiter einen passenden Gedanken gibt. Genauer gesagt, Sprüche 30, Verse 7 bis 9.
In Vers 7 sagt er: „Zweierlei erbitte ich von dir, Gott, erbitte ich von dir: Verweigere es mir nicht, bevor ich sterbe.“ Dann fährt er fort: „Halte Gehaltloses und Lügen fern von mir. Gib mir weder Armut noch Reichtum, sondern lass mich das Brot genießen, das ich brauche. Damit ich nicht satt werde und dich verleugne und sage: ‚Wer ist der Herr?‘ Und damit ich nicht arm werde und stehle und mich vergreife im Namen meines Gottes.“
Er bittet also Gott um zwei Dinge: Er möge ihn weder arm noch reich werden lassen. Wenn er arm wäre, würde er anfangen zu stehlen oder zu betrügen. Wenn er reich wäre, könnte er sich von Gott abwenden und überheblich werden. Er bittet um die Mitte, ein ausgewogenes Leben.
Das ist eigentlich ein schöner Gedanke, doch ich habe Schwierigkeiten mit Menschen, die aus Bequemlichkeit nicht arbeiten wollen und dann noch durch Steuergelder unterstützt werden müssen. Mit solchen Menschen tue ich mich schwer.
Ganz anders ist es jedoch bei denen, die ihre Arbeit verlieren. Für diese Menschen haben wir immer mehr Mitgefühl. Denken wir zum Beispiel an unsere Nachbarn in Deutschland: Dort ist die Lage oft noch schlimmer als bei uns. Viele verlieren ihre Arbeit und erhalten keine Unterstützung. Das ist ein wirkliches Elend.
In diesem Zusammenhang spricht er also über zu viel und zu wenig Arbeit und die Folgen für den Menschen.
Einsamkeit und Gemeinschaft
Dann das Dritte: Einsamkeit und Gemeinschaft, Prediger 4, Verse 7 bis 12.
Prediger 4,7: „Und ich wandte mich und sah Nichtigkeit unter der Sonne: Da ist einer allein, und kein Zweiter ist bei ihm. Auch hatte er weder Sohn noch Bruder, und für all seine Mühen gibt es kein Ende. Auch werden seine Augen an Reichtum nicht satt. Für wen mühe ich mich also und lasse meine Seele Gutes entbehren? Auch das ist Nichtigkeit und ein übles Geschäft.“
Zuerst beschreibt der Vers das Los des Alleinstehenden. Es gibt viele Gründe, warum jemand allein ist. Manche sind Eigenbrötler, neben denen niemand aushält, und bleiben deshalb allein. Andere möchten gern heiraten, finden aber keinen Partner. Wieder andere verlieren ihren Partner sehr früh und bleiben als Witwe oder Witwer allein zurück. Es gibt auch Menschen, die sich bewusst entscheiden, Single zu bleiben – zum Beispiel um des Reiches Gottes willen.
Übrigens ist es wichtig zu wissen: Im Neuen Testament werden alleinstehende Personen nie bedauert, kein einziges Mal. Und so sollten wir es auch nicht tun. Singles sind nicht zu bedauern. Alleinstehende haben oft die Möglichkeit, eine Beziehung zu Jesus Christus zu führen, die Verheiratete so nicht haben können. Jesus Christus wird dann wirklich zum Ehemann. Zum Beispiel nehmen Diakonissen oder Nonnen einen Ehering als Zeichen, dass sie mit Christus verheiratet sind.
Darum braucht man Singles nicht zu bedauern – das ist völliger Blödsinn. Single zu sein hat riesige Chancen. Prediger sagt zuerst das Problem: Wenn du Single bist, aber Jesus nicht kennst, wenn du Gott nicht kennst, dann mühst du dich unter der Sonne ab, arbeitest und buddelst, und fragst dich: Für wen überhaupt? Das ist das Problem, das in Vers 8 beschrieben wird.
Prediger 4,8: „Auch wenn zwei beieinander liegen, so wird ihnen warm; dem Einzelnen aber, wie soll ihm warm werden? Und wenn einer den Einzelnen überwältigt, so werden doch die zwei ihm widerstehen.“
Dann spricht er von der Sehnsucht nach Gemeinschaft. Diese Verse sind übrigens oft bei Hochzeiten zu hören. Vers 12 ist ein typischer Hochzeitsvers: „Eine dreifache Schnur wird nicht so schnell zerreißen.“ Wenn einer überwältigt wird, widerstehen zwei ihm gemeinsam. Die dreifache Schnur wird oft so interpretiert, dass Christus die Mitte ist – die erste oder dritte Schnur, also ist man zu dritt. Ich glaube zwar, dass sich das eher auf Kinder bezieht, aber das ist egal.
Die Frage ist: Warum tut es uns so gut, wenn man zu zweit ist? Warum ist es so wohltuend, wenn man mit einem Freund verbunden ist? Weil wir dazu geschaffen sind. Und wenn es um Gemeinschaft geht, spricht das nicht nur von Ehe. Es gibt auch gute Freundschaften, und Freundschaften sind sehr wichtig.
Es gibt nicht nur die Ehe, sondern auch gute Freundschaften, auch zwischen Männern und Frauen. Heute sieht man vieles, manches ist unsauber, aber es gibt noch rechte Gemeinschaften. Darum möchte ich uns ermutigen, Freundschaften zu pflegen und nicht aufzugeben. Einen Freund anzurufen, miteinander auszugehen, Zeit zu verbringen – es lohnt sich, denn das ist Leben. Wer das versäumt, hat das Leben eigentlich versäumt.
Das Schöne ist: Eine dreifache Schnur, bei der Christus die Mitte einer Freundschaft ist, in der man mit einem Freund sogar beten kann – das sind die besten Freunde, wahre Freunde. Eine solche dreifache Schnur reißt nicht so leicht. Wenn Christus die Mitte deiner Freundschaft oder Ehe ist, wird sie nicht so leicht zerbrechen.
Eigentlich sollte die Kirche genau das sein: Gemeinde Jesu, Gemeinschaft unter Gläubigen. Dazu gibt es eine Kirche, dazu gibt es eine Gemeinde. Übrigens kannst du dich selbst prüfen, wie du zur Kirche stehst, zu der du gehörst. Beobachte, wie du über die Kirche sprichst. Sagst du „die Kirche“ oder „unsere Kirche“? Wenn du sagst „die Kirche“, dann ist es eine entfernte Sache für dich. Sagst du „unsere Kirche“, dann ist dir die Gemeinde wichtig.
Die Gemeinde besteht aus Menschen. Ob das nur der Gottesdienst am Sonntag ist, gehört dazu, aber Gemeinde ist viel mehr. Es gibt auch Bibelkreise, Gebetskreise. Letzte Woche sagte jemand, wir sollten mal etwas organisieren, ohne Bibellesen, einfach zum Scherzen. Das ist ein guter Ansatz, denn es geht darum, das Leben miteinander zu teilen.
Und wisst ihr, was ich glaube? Das ist eine Kunst, die wir wieder lernen müssen: Wenn man sich trifft, über wesentliche Dinge zu reden. Schaut euch mal an, wie viel von dem, was man den ganzen Tag redet, wirklich wesentlich ist, und wie viel nur Gerede. Es ist viel Gerede, das meine ich nicht falsch, denn auch das hat seinen Platz. Aber wenn 99 Prozent Gerede und nur ein Prozent Salz ist, dann hat das wenig Bedeutung.
Ich weiß nicht, ob daraus Freundschaften entstehen. Oft sind Freundschaften deshalb leer und fad, weil man nichts Wesentliches bespricht. Das ist eine Kunst, die wir wieder lernen müssen, denn wir haben sie verlernt. Darum ermutige ich euch: Lernt wieder, über Wesentliches zu reden. Das braucht Anstrengung, es geht nicht von allein. Von allein reden wir nur oberflächlich.
Kolosser 3,13 ist für mich ein Schlüsselvers: „Ertragt einander und vergebt einander.“ Das ist ganz wichtig. Wo es Dinge zwischen uns gibt, da muss man vergeben. Man muss auch selbst den ersten Schritt machen und sagen: „Es tut mir leid, ich möchte um Vergebung bitten.“
Aber wisst ihr, bei vielen Menschen gibt es nichts zu vergeben. Sie sind einfach ein bisschen anders. Wir sagen: unsympathisch, blöd oder komisch – aber sie sind eben so. Und sie denken übrigens dasselbe über uns. Darum ist es wichtig, dass man auch lernt, sich gegenseitig zu ertragen. Nicht aus dem Weg zu gehen, sondern einfach zu ertragen.
Manchmal gibt es schwierige Menschen. Jeder hat solche im Leben. Aber sie sind eigentlich gut für uns. Dort lernen wir Barmherzigkeit, statt zurückzuschlagen. Dort lernen wir Geduld. Das ist nicht einfach, aber diese Menschen sind gut für uns, weil dort Charakter gebildet wird.
Wenn du nur mit Menschen ausgehst, die dir ähnlich sind, wird dein Charakter nicht geschult. Dann bleibst du oberflächlich. Es ist gut, auch mit schwierigen Menschen zusammen zu sein und von ihnen zu lernen. Das ist oft der größte Segen. Nicht, dass ich den Segen suche, aber ich habe ihn auch nicht – das hilft ja nicht.
Die Vergänglichkeit von Popularität und Weisheit
Dann noch das vierte von den Kapiteln: Popularität ist kurzlebig. Es heißt in den Versen 13 bis 16:
Besser ein Junge, arm und weise, als ein König, alt, aber töricht, der es nicht versteht, sich warnen zu lassen. Ja, aus dem Gefängnis geht er hervor. Dies ist der Junge, der König werden soll, obwohl er als Armer unter der Herrschaft jenes Königs geboren wurde.
Ich sah alle Lebenden, die unter der Sonne leben, mit dem Jungen, dem Zweiten, der an jene Stelle treten sollte. Endlos das Volk, alle, die ihm gehorchten. Doch auch über ihn werden sich die späteren nicht freuen, denn auch das ist Nichtigkeit und Haschen nach Wind.
Er zählt in der Geschichte, er sagt den enormen Wert von Weisheit. Da sagt der eine: Der andere ist zwar König, er ist alt und erfahren, er ist mächtig. Doch der andere, der Junge, ist im Gefängnis, jung und unerfahren, aber weise. Und der Prediger sagt: Der Junge ist besser dran als der Alte. Trottel will man sagen, der Alte, der sich nichts mehr sagen lässt. Der Junge ist viel besser dran, obwohl der Alte alles hat.
Das ist die Botschaft, die er da vermittelt: Ein junger Mann, der nichts hat, aber weise ist, ist besser dran als ein Alter, der unbelehrbar ist. Darum beschreibt er die Gefahr, sich im Alter nicht mehr korrigieren zu lassen.
Das Problem dieses Königs war nicht fehlende Intelligenz – er war wahrscheinlich ein intelligenter Mann –, sondern seine Unfähigkeit, Rat anzunehmen. Da steht im Vers 13: „Besser ein junger, arm, aber weise Weise als ein König, alt, aber töricht, der es nicht versteht, sich warnen zu lassen.“
Ein alter Mensch, der sich nichts mehr sagen lässt, ist laut Prediger ein törichter Mensch. Und er sagt: An Toren kommen leichter Häufen als wir so an Menschen.
Weißt du, was das Schwierige ist bei einem alten Menschen, der sich nichts mehr sagen lässt? Du kannst ihm nicht helfen. Du bist machtlos, kannst nur zuschauen. Und das ist auch wirklich ein Wunsch für mein Leben: Ich möchte bis zu dem Tag, an dem ich sterbe, offen bleiben für Rat, Korrektur und Wegweisung, ob jung oder alt.
Ich habe zu Gott auch schon gesagt: Wenn ich einmal an den Punkt komme, wo ich nur noch Besserwissen habe und niemanden mehr etwas sagen lasse, dann ist es mir lieber, ich sterbe und gehe von der Arbeit weg. Denn dann bin ich nur noch eine Last für andere Menschen.
Das ist das, was er da sagt. Und dann die dritte Erkenntnis: Popularität ist nichtig. Der junge König ist zwar weise und bringt es weit, doch das Problem ist, dass die nächste Generation trotzdem wieder scheitert. Also ist auch „unter der Sonne“ letztlich gesehen Popularität nicht von Dauer, denn du stirbst dennoch.
Praktische Hinweise für den Umgang mit Gott
Dann kommen wir zum nächsten Zettel. Er gibt uns jetzt einen Ausweg.
Ganz oben habe ich dazu geschrieben: Die ersten vier Kapitel hat der Prediger sich nur mit der Realität dieser Welt beschäftigt – ohne Gott, nur unter der Sonne.
Jetzt, in den nächsten sechs oder sieben Versen, sucht er die Gegenwart Gottes. Er wirft dabei einen kritischen Blick auf die Gläubigen, heute würde man sagen auf die Christen.
Er gibt uns Ratschläge, was man tun soll, wie man Gott anbeten soll und wie man Gott nicht anbeten soll – also was man vermeiden soll. Er gibt uns ganz praktische Hinweise, und diese werden wir uns jetzt zu Herzen nehmen.
Gehen wir zu Kapitel 4, Vers 17. Die Kapitelunterteilung ist ein bisschen ungeschickt, aber das gehört eigentlich zum fünften Kapitel dazu.
Kapitel 4, Vers 17 sagt:
„Bewahre deinen Fuß, wenn du zum Haus Gottes gehst;
und herantreten, um zu hören, ist besser, als wenn die Toren Schlachtopfer geben,
denn sie sind Unwissende, so dass sie Böses tun.
Sei nicht vorschnell mit deinem Mund,
und dein Herz eile nicht, ein Wort vor Gott hervorzubringen,
denn Gott ist im Himmel, und du bist auf der Erde.
Darum seien deine Worte wenige,
denn bei viel Geschäftigkeit kommt der Traum,
und bei vielen Worten törichte Rede.
Wenn du Gott dein Gelübde ablegst, zögere nicht, es zu erfüllen,
denn er hat keinen Gefallen an den Toren.
Was du gelobst, erfülle.
Besser, dass du nicht gelobst, als dass du gelobst und nicht erfüllst.
Gestatte deinen Mund nicht, dass er dein Fleisch in Sünde bringt,
und sprich nicht vor dem Boten Gottes, es war ihm versehen.
Wozu soll Gott über deine Stimme zürnen
und das Werk deiner Hände verderben?
Denn bei vielen Träumen und Nichtigkeiten sind auch viele Worte,
so fürchte Gott.
Fürchte Gott.“
Ehrfurcht vor Gott und Demut
Der erste Punkt ist die Ehrfurcht in der Gegenwart Gottes. Im Prediger 4,17 heißt es: „Bewahre deinen Fuß, wenn du zum Haus Gottes gehst.“ Was der Prediger hier sicher im Sinn hatte, ist der Tempel Salomons, den er selbst gebaut hat oder unter dessen Bau er lebte.
Der Tempel Salomons war ein beeindruckendes Gebäude – das wusste schon Nikolaus Heusel. Er sagt: „Bewahre deinen Fuß, wenn du in dieses Haus gehst.“ Ob es der Stephansdom ist, eine Kathedrale oder ein anderes großes Gotteshaus – diese Gebäude haben etwas Besonderes. Die enorme Größe dieser Bauwerke beeindruckt. Wenn du vor dem Stephansdom stehst, denkst du: „Boah, das ist wirklich gewaltig!“ Diese Größe soll uns einerseits die Größe Gottes veranschaulichen und andererseits unsere eigene Kleinheit.
Dieser Größenunterschied sollte uns Demut lehren, damit wir demütig vor Gott treten. Das ist, glaube ich, der eigentliche Sinn dieser großen, wuchtigen Gebäude. Doch das Haus Gottes ist bei weitem nicht nur der Tempel Salomons oder eine Kathedrale oder Kirche. Kirche kann genauso eine Strohhütte im Sudan sein oder dein eigenes Wohnzimmer, wo du mit ein oder zwei anderen Leuten betest. Kirche ist überall dort, wo Menschen bewusst vor Gott treten und mit ihm reden – man nennt es beten.
Der Prediger sagt: Wenn du vor Gott trittst – ganz gleich, wo du das tust – dann tue es nicht lässig oder respektlos, sondern mit Ehrfurcht und Respekt. Warum? Es besteht die Gefahr, dass man in der Gegenwart Gottes zu lässig wird. Die Furcht vor Gott ist wichtig. Wenn ein Mensch die Furcht vor Gott verliert, verliert er auch Gott – und damit alles.
Dies ist die große Gefahr der Lässigkeit: Man hat keine Furcht mehr vor Gott. Jesus sagte einmal in Johannes 13,13: „Ihr nennt mich Lehrer und Herr, und das zu Recht; denn das bin ich.“ Er ist nicht nur dein Freund oder Nachbar, sondern Herr und Lehrer.
Ich predige schon seit vielen Jahren in verschiedenen Kirchen, vielleicht in über hundert. Und wisst ihr, was ich dabei entdecke? Innerhalb von zehn Minuten erkenne ich, welche Art von Gemeinde vor mir sitzt. In manchen Gemeinden spürt man nach fünf Minuten, dass die Leute aus Gewohnheit da sind. Für sie ist der Gottesdienst Routine, ein Ritual. Sie hoffen, jemanden zu treffen, mit dem sie reden können, oder dass der Pfarrer etwas Interessantes sagt. Sie sitzen eine Stunde da, finden zehn Minuten zu lang und gehen dann wieder nach Hause. Das ist eine Art Gottesdienst, in der ich oft predige.
Dann gibt es aber auch andere Gottesdienste, bei denen du nach fünf Minuten spürst, dass die Leute etwas von Gott erwarten. Sie erwarten, dass Gott zu ihnen spricht und sie etwas von ihm lernen. Sie sitzen ganz anders da. Wenn ich zum Beispiel in die Kron schaue, merke ich bei den meisten allein an der Körpersprache: „Ich erwarte etwas.“ Ihr seid nicht da aus Gewohnheit, sondern weil ihr etwas erwartet. So sollte man im Gottesdienst sitzen – mit der Erwartung, etwas von Gott zu empfangen.
Natürlich muss man zugeben, dass es auch langweilige Gottesdienste gibt. Ich war schon in Gottesdiensten, da bin ich selbst eingeschlafen. Das kann an der Liturgie liegen, die seit 300 Jahren gleich ist, oder an den Liedern, die seit 500 Jahren gesungen werden. Es gibt auch Pfarrer, die langweilig predigen, weil sie nicht begabt sind. Aber ich glaube, der Hauptgrund für Langeweile im Gottesdienst ist, wenn die Besucher nichts von Gott erwarten. Dann ist der Gottesdienst immer langweilig.
Ich möchte ermutigen: Wenn ihr nächsten Sonntag in die Kirche geht, egal wo, sagt euch selbst: „Ich möchte heute von Gott etwas erwarten. Ich möchte hören, was Gott mir sagen will.“
Der Prediger sagt: „Gott ist im Himmel und ihr seid auf der Erde.“ Manche Theologen zitieren diesen Vers oft, um Gott im Himmel zu lassen und zu sagen, er soll da oben bleiben und nicht zu uns kommen. Aber das stimmt so nicht. Gott ist Mensch geworden und zu uns gekommen. Gott wohnt mitten unter uns. Es gibt viele Bibelstellen, die das belegen.
Doch der Prediger erinnert uns daran: „Gott ist größer als du, Gott ist im Himmel, du bist auf der Erde, Gott ist allmächtig, du bist ein beschränktes Menschenkind.“ Da gibt es ein Lied von Franz, der einmal gesungen hat, dass Gott da oben im Himmel sei und sich nur um die Sterne kümmert, aber nicht um unser tägliches Leben. Das ist Volksglaube.
Jesus sagt in Matthäus 10, dass kein Sperling ohne Gottes Wissen auf die Erde fällt. Er weiß sogar, wie viele Haare auf deinem Kopf sind. Im 1. Petrusbrief heißt es: „Werft alle eure Sorgen auf ihn.“ Gott ist an unserem täglichen Leben interessiert.
Der Himmel ist kein ferner Ort, sondern der Bereich, wo Gott wohnt, den wir aber nicht sehen. Das ist der unsichtbare, aber reale Bereich, in dem Gott zuhause ist. Wenn du mich fragst, was ich sehe: Ich sehe nur äußere Körper, mehr nicht. Gott aber sieht das Unsichtbare. Deshalb sagt Gott, er sei im Himmel und sehe alles.
Der Mensch sieht nur das, was vor Augen ist, aber Gott sieht das Herz an. Gott weiß genau, was in uns vorgeht. Weißt du, was ich vor dem Predigen bete? Oft bete ich: „Herr Jesus, mach mein Reden prophetisch.“ Nicht prophetisch im Sinne von Zukunftsvorhersage, sondern dass ich das sage, was die Menschen jetzt brauchen. Ich kenne ihre Probleme nicht, aber du weißt es. Bitte sprich durch mich.
Das ist mir schon ein paar Mal passiert und hat mich ermutigt. Nach dem Gottesdienst kamen Leute auf mich zu und fragten: „Woher weißt du das?“ Sie sagten, genau das, was du gepredigt hast, trifft auf mein Leben zu. Ich kenne nicht einmal ihren Namen, aber ich glaube daran, dass Gott durch prophetisches Reden wirkt, weil er das Herz kennt.
Predigen sollte genau das sein. Betet auch in persönlichen Gesprächen, wenn schwierige Themen anstehen, dass Gott euch Weisheit gibt, prophetisch zu reden – ins Herz hinein und nicht nur das Offensichtliche anzusprechen.
Hören statt Reden in der Begegnung mit Gott
Und dann war vor der Pause – das machen wir jetzt noch – Hören statt Reden. Das steht in Kapitel fünf, Verse eins und zwei: „Sei nicht vorschnell mit deinem Mund, und dein Herz eile nicht, ein Wort vor Gott hervorzubringen.“ Im Vers zwei heißt es: „Denn bei viel Geschäftlichkeit kommt der Traum, und bei vielen Worten törichte Rede.“
Bei vielen Worten kommt törichte Rede. Es ist so: Ich glaube, manchmal sind wir ziemlich schnell beim Reden und langsam beim Hören. Da muss ich mich als Erste ansprechen. Ich muss aufs Zuhören achten, aber vor allem viel mehr zulassen, genau zulassen – und erst dann reden. Wir reden hier so viel.
Ich habe ein paar Instagram-Konten, da bin ich erstaunt. Ich weiß nicht, ob die Leute dort noch mehr reden als wir, oder ob es einfach anders ist. Aber ich habe schon erlebt, wie bei Ihnen am Kuchentisch vier Leute sitzen und alle vier reden. Alle vier! Lydia, gibt es das bei dir auch? Es ist interessant, mich fasziniert das, wie es das gibt. Aber das gibt es überall. Meine Frau ist ein Spezialist darin.
Oft ist das nur Gaudi. Aber der Prediger sagt auch: Wenn wir zu Gott kommen, versucht nicht, Gott zu überreden. Es ist nicht einfach plappern wie die Heiden, sagt Jesus, sondern man soll sich überlegen, was man sagt. Man soll intelligent beten.
Das denkt man auch beim Mittagsgebet: „Komm, Herr Jesus, sei unser Gast, segne, was du uns beschert hast“ usw. Da hat man seine festen Gebete. Wenn man frei betet, sagt man vielleicht: „Herr, bitte segne diese Speise und segne die Hände, die sie gemacht haben“ usw. Man hört jeden Tag eigentlich das gleiche Gebet.
Zu den Studenten sage ich: Warum nummeriert ihr nicht eure Gebete? Ich habe viele verschiedene Gebete über zwei Monate gehört. Du kannst jetzt in einem Gebet sagen: Nummer eins – du sagst einfach „Nummer eins, Amen“ – dann weiß ich, was du meinst.
Was ich damit meine, ist: Oft reden wir und beten, aber wir denken nicht dabei. Das ist nur Plappern. Probiere das einmal bei deiner Frau: Du sagst jeden Tag dasselbe, zum Beispiel: „Du bist heute Nacht echt wieder fest, danke, bis auf die Nacht.“ Und du plapperst das jeden Tag auf. Am dritten Tag wird sie sagen: „Ja, das ist ja gar nicht mehr witzig.“ Aber mit Gott machen wir das.
Das Interessante ist: Man soll beim Beten tatsächlich das Hirn gebrauchen. Augustinus hat gesagt: „Die Armut menschlichen Erkennens ist meist an Worten überreich.“ Das ist ein bisschen derb, aber Heinrich Heine ist ganz witzig: Er sagte, Gott gab uns nur einen Mund, weil zwei Mäuler ungesund sind.
Mit dem einen Maul schon schwätzt der Erdensohn zu viel. Wenn er doppelmäulig wäre, fräße und löge er noch mehr. Hat er jetzt das Maul voll Brei, muss er schweigen. Hätte er aber zwei Mäuler, löge er sogar beim Fressen. Das ist ein bisschen derb, aber er bringt es auf den Punkt.
In den Sprüchen, schaut mal in Sprüche 10, Vers 19: „Bei vielen Worten bleibt Treuebruch nicht aus, wer aber seine Lippen zügelt, der handelt klug.“ Und in Sprüche 17, Vers 28 steht auch ein interessanter Vers: „Auch ein Narr, wenn er schweigt, kann als weise gelten; wenn er seine Lippen verschließt, als verständig.“
Also ein Narr, wenn er nichts sagt, merkt man das nicht. Man sagt: „Was der so lange im Mundentauf macht, war er ganz sympathisch.“ Das sagt man immer so. Wisst ihr, was ich meine? Das ist eigentlich nicht das, was er sagt. Er sagt einfach: Mit zu vielen Worten kommt auch viel Unverständliches oder oft Respektloses – gerade Gott gegenüber.
Ehrlichkeit und Verbindlichkeit in Worten
Und dann noch ein letztes, dann gehen wir. Jetzt passt es gut, wir haben das angeschlossen.
Lass dein Ja ein Ja und dein Nein ein Nein sein. Gehen wir zu Matthäus Kapitel 5, Verse 33 bis 38.
In Matthäus 5,33 spricht der Herr Jesus und sagt: „Wiederum habt ihr gehört, dass zu den Alten gesagt ist: Du sollst nicht falsch schwören, du sollst aber dem Herrn deine Eide erfüllen. Ich aber sage euch: Schwört überhaupt nicht, weder bei dem Himmel, denn er ist Gottes Thron, noch bei der Erde, denn sie ist sein Fußschemel, noch bei Jerusalem, denn sie ist des großen Königs Stadt. Noch sollst du bei deinem Haupt schwören, denn du kannst nicht ein Haar weiß oder schwarz machen. Es sei aber eure Rede: Ja, ja; nein, nein. Was darüber hinausgeht, ist vom Übel.“
Er sagt also, das Ja soll ein Ja sein und das Nein ein Nein. Das ist interessant. Gerade als Kinder erinnere ich mich, hat man oft gesagt: „Nein, ich schwöre, das ist so.“ Was sagt man damit? Man meint, wo ich nicht schwöre, ist es vielleicht eine Lüge oder ein bisschen so. Aber jetzt lüge ich nicht und darum schwöre ich. Und Jesus sagt: Gerade das soll nicht sein. Wenn es Ja ist, dann ist es Ja, und wenn es Nein ist, dann Nein. Schwöre überhaupt nicht. Seid gerade Menschen.
Ich habe vor kurzem eine Predigt gehört, die mir gut gefallen hat. Auf Englisch hieß sie: „Say what you mean, because I’m tired of guessing.“ – Sag, was du meinst, weil ich es leid bin, zu raten. Und das ist ja oft der Fall. Man möchte nicht, dass man etwas verheiratet weiß, das ist ja für die Ehe so wichtig. Da sagt der eine etwas, aber man weiß nicht, was er meint.
Ich habe nur ein Beispiel: Laura hat gefragt, wo wir zu ihrem Geburtstag essen gehen sollen. Das ist für mich eine klare Frage, sie fordert eine klare Antwort. Ich denke auch, wo man hingehen könnte. Dann sage ich ihr etwas, sie schaut mich an, ich sage noch etwas, sie schaut noch weiter. Dann frage ich sie: „Wie war es mit dem Sporthotel?“ Sie antwortet: „Warum fragst du mich eigentlich? Du hast es doch schon einmal gewusst.“ Sie hat also schon eine Vorstellung, wo sie hingehen will, aber sie fragt trotzdem mich.
Bei Frauen ist es oft so, dass sie mehrere Dinge gleichzeitig denken. Das schaffen wir Männer nicht. Das ist oft witzig und regt einen auf. Zum Beispiel redet man über die Kinder und konzentriert sich darauf. Dann sagt sie plötzlich: „Eigentlich sollte man am Mittwochnachmittag fahren, weil ich denke, dass das Wetter schlecht ist.“ Ich denke dann an Mittwoch, schlechtes Wetter, Nachmittag. Danach ist sie angefressen, weil ich nicht zuhöre, was sie sagt.
Das ist ein ganzes Thema: Man muss interpretieren, was der andere meint. Das gilt auch für die Kultur. Zum Beispiel in Schlaminger-Romsau: Wenn du fragst: „Kommst du da hin?“ und die Antwort ist „Kann schon sein“, heißt das Nein. Wenn er sagt: „Vielleicht schaue ich vorbei“, heißt das auch Nein. Wenn er sagt: „Ja, ich komme“, heißt das vielleicht. Wenn er sagt: „Hau mich an“, dann kommt er wirklich.
Das lernt man mit der Zeit. Auch beim Essen ist das so. Wenn du fragst: „Hast du Hunger?“ und die Antwort ist „Nein, eigentlich nicht“, heißt das Ja. Wenn du sagst: „Nein, aber keinen richtigen“, heißt das auch Ja. Wenn du sagst: „Nein, ich habe gerade gegessen“, heißt das wahrscheinlich Kaffee und Kuchen. Das ist eine eigene Sprache.
Aber Gott sagt, der Prediger sagt: Wenn wir vor Gott kommen, sollen wir keine losen Versprechungen machen. Ich kenne Leute, die hatten einen schweren Unfall, der fast lebensbedrohlich war. Irgendwann haben sie Gott ein Versprechen gegeben: Wenn ich wieder gesund werde, dann mache ich dies und das, dann nehme ich es ernst mit dir.
Und wenn sie wieder gesund sind, wissen sie oft nicht mehr, was sie gesagt haben. In Matthäus 5,37 heißt es: „Sprich nicht vor deinen Boten, es war ihm versprochen.“ Es ist eigentlich nicht so gemeint. So sollte man nicht sein, sagt der Prediger. Das ist nicht gut.
Das Problem ist, wenn wir solche Versprechen machen, besteht die Gefahr, dass wir die Gottesfurcht verlieren. Damit verlieren wir Gott. Das ist die Tragödie bei diesen Dingen. Du nimmst Gott nicht mehr ernst. Darum sagt der Prediger, das sollst du nicht tun.
Wenn du also etwas sagst, dann meine es auch so. Vielleicht hast du einmal nach dem Gottesdienst gesagt: „Ich möchte meinem Nachbarn vergeben, ich habe mich dazu entschlossen.“ Aber am nächsten Tag sagst du: „Ach, das habe ich nicht so gemeint.“ Der Prediger sagt dir: Das, was du gesagt hast, Frau Gott, das sollst du auch tun. Und ich werde dich dabei segnen. Es ist nie zu spät.
Gut, dann gehen wir jetzt essen. Ein bisschen später, in einer halben Stunde, treffen wir uns wieder.
