Freiheit und Sklaverei im Glauben
Wenn wir als Christen über unseren Glauben nachdenken, beschreiben wir ihn häufig als eine Art Befreiung. Und genau das ist der Glaube auch. Glaube ist nicht in erster Linie ein Druck oder eine Last, die auf uns gelegt wird, sondern Befreiung.
Das zeigt sich auch in den Begriffen, die Paulus wählt. Er sagt, der Mensch ohne Gott ist ein Sklave. Ein Sklave ist normalerweise jemand, der immer arbeiten muss, der nichts dafür bekommt und dem es schlecht geht. Wir alle wollen normalerweise nicht Sklaven sein. Paulus sagt: Wir sind ohne Gott Sklaven der Sünde. Das bedeutet, die Sünde diktiert uns, was wir tun.
Manche Menschen halten das für Freiheit. Sie sagen: „Ich will doch niemanden, der mich einschränkt, ich will frei sein.“ Dabei merken sie oft nicht, wie stark sie von ihrer Lust geleitet werden. Zum Beispiel sagt die Lust: „Du willst dich jetzt unbedingt betrinken.“ Und dann tun sie es. Jesus Christus sagt dazu: „Du bist ein Sklave deiner Lust.“
Oder ein anderes Beispiel: Du willst deine Hausaufgaben machen, aber sagst: „Nein, ich habe keine Lust, ich bin faul.“ Dann bist du wieder ein Sklave deiner Lust, nämlich ein Sklave deiner Faulheit. Du schaffst es nicht, deine Faulheit zu überwinden, und denkst trotzdem, du bist frei. Nein, du bist Sklave – das ist es, was die Bibel uns sagt.
Der Mensch ohne Gott ist also zunächst Sklave der Sünde, Sklave der Lust. Er tut nicht nur, wofür er sich frei entschieden hat, sondern das, was seine Emotionen, sein Gefühl oder die Gesellschaft, in der er lebt, ihm sagt. Viele Menschen halten sich für frei, sind es aber nicht.
Die Bibel sagt uns, dass die Idee einer vollkommenen Freiheit eigentlich eine Illusion ist. Viele Menschen sagen: „Ich bin doch frei“ oder „Ich will frei sein.“ Jesus Christus sagt in der Bibel, dass Freiheit eine Illusion ist. Wir können uns eigentlich nur aussuchen, wem wir dienen.
Entweder dienen wir unserer Lust, der Sünde, und tun das, was unmittelbar in uns steckt. Oder wir entscheiden uns, von der Sünde befreit zu werden und dienen dann Gott. Absolute Freiheit gibt es so nicht.
Es gibt die Freiheit von der Sünde, aber Freiheit von der Sünde ist immer Freiheit für etwas. Wenn wir frei von etwas sind, sind wir immer auch frei für etwas.
Ein Beispiel: Heute darf jeder seinen Beruf frei wählen. In früheren Jahrhunderten lernte man meist den Beruf des Vaters. War der Vater Tischler, wurde man auch Tischler; war der Vater Lehrer, wurde man Lehrer. Heute ist das anders, heute können wir wählen.
Manche Menschen sind aber so fasziniert von der Freiheit zu wählen, dass sie Angst haben, sich zu entscheiden. Denn sobald sie sich entschieden haben, ist die Freiheit vorbei. Wenn ich mich zum Beispiel für ein Lehramtsstudium entscheide, habe ich keine Auswahl mehr, weil ich mich entschieden habe.
Natürlich kann ich die Entscheidung zurücknehmen und dann wieder frei wählen. Aber dann treffe ich eine neue Entscheidung, und wieder ist die Freiheit vorbei.
Ein anderes Beispiel ist die Wahl des Ehepartners. Weltweit gibt es etwa sieben oder acht Milliarden Menschen, die Hälfte davon sind Frauen. Viele sind zwar schon verheiratet, aber statistisch habe ich eine große Auswahl. Doch ich habe die Freiheit nur so lange, bis ich mich entschieden habe.
Manche sagen: „Ich will die Freiheit behalten.“ Aber die Frage ist: Wofür hast du dann die Freiheit? Was bringt dir Freiheit, wenn du dich nie festlegst? Freiheit ist immer dazu da, dass wir sie nutzen und einsetzen. Sobald wir sie einsetzen, ist die Freiheit vorbei.
Freiheit losgelöst bringt uns nichts. Sie bringt uns nur etwas, wenn wir Freiheit von etwas haben, zum Beispiel vom Zwang oder von der Sünde. Und dann haben wir immer Freiheit für etwas. Das heißt, wir müssen sie für etwas einsetzen.
Ich habe die Freiheit, einen Partner zu wählen, und wenn ich diese Freiheit nutze, ist sie vorbei, weil ich mich entschieden habe. Ich habe die Freiheit, meinen Beruf zu wählen, und sobald ich das tue, ist die Freiheit vorbei, weil ich sie eingesetzt habe.
Freiheit ist nicht an sich ein Wert, sondern ein Werkzeug, das uns hilft, zu dem zu kommen, was wir eigentlich brauchen.
Der Dienst als Ausdruck des Glaubens
Warum erwähne ich das? Weil es direkt mit dem Thema zu tun hat, mit dem wir uns heute Abend beschäftigen wollen.
Es gibt nämlich manche Menschen, die denken: Ich komme zu Jesus Christus, und er löst erst mal meine Probleme. Er nimmt mir meine Schuld, meine Sünde weg, und jetzt bin ich absolut frei. Deshalb lebe ich einfach weiter wie bisher.
Da muss man sagen: Wenn du so etwas denkst, hast du etwas falsch verstanden. Gott befreit dich von der Herrschaft der Sünde und der Welt, in der du lebst. Aber er stellt dich gleichzeitig in einen neuen Kontext, in eine neue Umgebung. Und dort sollst du jetzt dienen.
Im Neuen Testament kommt der Begriff „Dienst“ nicht so häufig vor. Häufiger finden wir den Begriff „Werke“. Viele von uns reagieren bei dem Wort „Werke“ vorsichtig. Warum? Weil wir das aus manchen Kirchen der Vergangenheit kennen, zum Beispiel der katholischen Kirche. Dort wurde oft betont: Du brauchst deine Werke, und diese werden angerechnet. Wenn du viele gute Werke hast, ist die Zeit im Fegefeuer kurz, und du kommst schneller zu Gott.
Mit dieser Idee setzt sich Paulus im Römerbrief auseinander. Dort sagt er: Nein, die Werke retten nicht, sondern nur der Glaube rettet. Das hat auch Martin Luther besonders betont und erkannt: Errettung allein aus Glauben.
Das stimmt. Allerdings ist das nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte lautet: Ja, du wirst erlöst allein durch den Glauben. Aber wenn du glaubst, hat das Auswirkungen auf dein Leben. Gott stellt dich in einen Dienst hinein. An den Werken, an dem, was du tust, ist erkennbar, ob du ein Kind Gottes bist oder nicht.
Das ist das Thema des Jakobusbriefes. Jakobus sagt ganz offen: Der Glaube ohne Werke ist tot. Damit meint er nicht, dass du Werke tust, um gerettet zu werden. Er sagt nur: Deine Werke zeigen, wer du bist.
Die Sache ist ganz einfach. Wenn ich jemanden sehe, der morgens um vier Uhr aufsteht, um Brot zu backen, und der sagt, er sei Bäcker, dann glaube ich ihm. Wenn du aber jemanden siehst, der sagt, er sei Bäcker, und du fragst ihn: „Wie backt man?“ – „Keine Ahnung.“ „Hast du schon mal gebacken?“ – „Nein.“ „Aber ich bin Bäcker.“ Was würdest du denken? Ist der nun Bäcker oder nicht? Du würdest sagen: Nein, das ist doch Quatsch.
Oder wenn jemand sagt, er sei Fernfahrer, dann frage ich: „Hast du schon mal im Lastwagen gesessen?“ – „Nein.“ „Hast du einen Führerschein?“ – „Nein.“ „Weißt du, wie ein Lastwagen funktioniert?“ – „Nein.“ „Aber ich bin Fernfahrer.“ Da würden wir alle sagen: Da stimmt doch etwas nicht.
Die Worte und die Taten fallen hier auseinander. Und genauso argumentiert Jakobus. Er sagt: Wenn du behauptest, Christ zu sein, aber in deinem Leben nichts davon zu sehen ist, dann bist du keiner. Christsein ist nicht nur etwas, das im Kopf abläuft. Es ist nicht nur das Bejahen von Tatsachen.
Christsein heißt, als Christ zu leben. Das muss in deinem Leben sichtbar werden. Es müssen Indikatoren, Zeichen da sein. Wie du redest, wie du denkst, wie du handelst, zeigt, ob du Christ bist oder nicht.
Das ist die ganz wichtige Botschaft des Jakobus. Deshalb sagt er: Der Glaube ohne Werke ist tot. Wenn du sagst, du glaubst an Gott, aber das in deinem Leben nicht sichtbar wird, dann bist du ein Lügner, sagt Jakobus zu Recht.
Und damit kommen wir zur Sache des Dienstes. Dienst bedeutet nicht nur, dass du irgendeinen Job hast oder ein Amt in der Gemeinde ausfüllst – zum Beispiel als Prediger, Pfarrer, Ältester, Diakon oder Jugendleiter. Das gibt es, und das ist auch gut.
Aber im Dienst für Gott steht jeder Christ. Ganz gleich, ob du ein Etikett hast oder einen Titel. Jeder Christ, der wirklich Christ ist, steht im Dienst Gottes. Und daran, wie du dich im Alltag verhältst, ist erkennbar, ob du wirklich Christ bist oder nicht.
Der Dienst im Alltag und seine Bedeutung
Vielleicht noch ein Beispiel, das die ganze Sache deutlich macht. Wenn du jetzt sagst: „Ich vertraue meinem Ehepartner total.“ Das klingt ja auch gut. Du liebst deinen Ehepartner und vertraust ihm vollkommen.
Und dann bittet dein Ehepartner dich darum: „Könntest du mir mal deine Bankkarte geben?“ Und du sagst: „Nein, aber meine Bankkarte bekommst du ja gar nicht.“ Wie ist das jetzt? Vertraust du deinem Ehepartner oder vertraust du ihm nicht?
Da würde Jakobus sagen: Ja, deine Taten zeigen, ob du ihm vertraust oder nicht. Vielleicht bittet dein Ehepartner dich auch darum: „Gib mir doch mal deinen Autoschlüssel.“ Du antwortest: „Nein, meinen Autoschlüssel bekommst du nicht. Mein Auto, da fahre ich nur selbst.“
Jetzt ist die Frage wieder: Vertraust du deinem Ehepartner oder nicht? Und genauso sind wir manchmal als Menschen. Manche Leute sagen: „Ich bin Christ.“ Aber deine Taten sprechen gar nicht dafür. Deine Taten sind so, wie die Taten eines jeden Ungläubigen.
Deine Zeiteinteilung ist so, das Geld, das du ausgibst, ist so, dein Denken und Reden ist so. Dann würde Jakobus zu Recht sagen: Du stehst doch im Dienst für Gott, und das muss man im Leben sehen. Wenn man dann nichts sieht, ja, dann bist du eben auch kein Christ.
Da wollen wir uns Gedanken darüber machen: Wie sieht denn dieser Dienst aus? Also, wie gesagt, jetzt nicht der Dienst in Amt und Würden, wo man merkt: Du hast irgendeinen Titel, du hast irgendein Theologiestudium. Das ist alles nicht schlecht, aber das trifft auf die wenigsten Christen zu.
Die meisten Christen stehen im Dienst für ihren Herrn Jesus Christus, ohne dass sie irgendeinen besonderen Titel haben. Ohne dass sie eine bestimmte Anerkennung haben, irgendwo mal auf dem Podium stehen oder einen Schulterschlag bekommen. Kein Zettelchen, auf dem steht: Professor, Doktor, Theologie, Direktor oder sonst irgendetwas. Das haben die wenigsten Christen.
Und das ist auch nicht nötig, denn in dem Dienst stehst du, seitdem du Christ geworden bist. Das ist so.
Die Vielfalt der Gaben und Dienste in der Gemeinde
Ich möchte euch einen Text vorlesen, den wir im Neuen Testament finden, und zwar im ersten Korintherbrief. Ich werde einen Abschnitt aus dem ersten Korinther Kapitel elf lesen. In Kapitel elf geht es Paulus um bestimmte Themen, doch insbesondere möchte ich auf den ersten Korintherbrief Kapitel zwölf eingehen. Dort spricht Paulus über die sogenannten Gnadengaben.
Ich möchte jetzt nicht im Einzelnen darauf eingehen, wie diese Gnadengaben funktionieren oder wie man sie einordnet. Aber das, was Paulus hier beschreibt, trifft ziemlich genau das, worüber wir uns heute Abend Gedanken machen wollen, nämlich über den Dienst des Christen.
Dieser Dienst des Christen hängt von vielen Dingen ab. Zum Beispiel davon, dass Gott dich befähigt hat, für ihn in den Dienst zu treten. Er hat dich dafür ausgerüstet. Das heißt, du musst nicht erst eine Dienstschule besuchen, um deinen Dienst für Gott tun zu können. Gott hat dich dafür bereits bereitgemacht. Du musst es nur erkennen und dann einsetzen.
Das ist etwas, was wir hier im 1. Korinther 12 feststellen können. Ich lese einmal das ganze Kapitel, weil es im Zusammenhang wichtig ist, es zu verstehen:
Über die Geisteswirkungen aber, ihr Brüder, will ich euch nicht in Unwissenheit lassen. Ihr wisst, dass ihr einst Heiden wart und euch fortreißen ließtet zu den stummen Götzen, so wie ihr geführt wurdet. Darum lasse ich euch wissen, dass niemand, der im Geist Gottes redet, Jesus verflucht nennt. Es kann aber auch niemand Jesus Herr nennen als nur im Heiligen Geist.
Es bestehen aber Unterschiede in den Gnadengaben, doch es ist derselbe Geist. Auch gibt es unterschiedliche Dienste, doch es ist derselbe Herr. Und auch Unterschiede in der Kraftwirkung sind unterschiedlich, doch es ist derselbe Gott, der alles in allen wirkt.
Jedem wird aber das offensichtliche Wirken des Geistes zum allgemeinen Nutzen verliehen. Dem einen nämlich wird durch den Geist ein Wort der Weisheit gegeben, einem anderen aber ein Wort der Erkenntnis gemäß demselben Geist, einem anderen Glauben in demselben Geist, einem anderen Gnadengaben der Heilungen in demselben Geist, einem anderen Wirkungen von Wunderkräften, einem anderen Weissagungen, einem anderen Geister zu unterscheiden, einem anderen verschiedene Arten von Sprachen, einem anderen die Auslegung von Sprachen.
Dies alles aber wirkt ein und derselbe Geist in jedem, der jedem persönlich zuteilt, wie er will.
Denn gleich wie der Leib einer ist und doch viele Glieder hat, alle Glieder des einen Leibes aber, obwohl es viele sind, als Leib eins sind, so auch der Christus. Denn wir sind ja alle durch einen Geist in einen Leib hineingetauft worden, ob wir Juden sind oder Griechen, Knechte oder Freie, wir sind alle mit einem Geist getränkt worden.
Daher ist auch der Leib nicht ein Glied, sondern viele. Wenn der Fuß spräche: „Ich bin keine Hand, darum gehöre ich nicht zum Leib“, gehört er deswegen etwa nicht zum Leib? Und wenn das Ohr spräche: „Ich bin kein Auge, darum gehöre ich nicht zum Leib“, gehört es deswegen etwa nicht zum Leib?
Wenn der ganze Leib Auge wäre, wo bliebe das Gehör? Wenn der ganze Leib Ohr wäre, wo bliebe der Geruchssinn?
Nun aber hat Gott die Glieder jedes einzelnen von ihnen so im Leib eingefügt, wie er gewollt hat. Wenn aber alles ein Glied wäre, wo bliebe der Leib?
Nun aber gibt es zwar viele Glieder, doch ein Leib, und das Auge kann nicht zur Hand sagen: „Ich brauche euch nicht“, oder das Haupt zu den Füßen: „Ich brauche euch nicht.“
Vielmehr sind gerade die scheinbar schwächeren Glieder des Leibes notwendig, und die Glieder am Leib, die wir für weniger ehrenwert halten, umgeben wir mit desto größerer Ehre. Und unsere weniger anständigen erhalten umso größere Anständigkeit, denn unsere anständigen brauchen es nicht.
Gott hat aber den Leib so zusammengefügt, dass er dem geringsten Glied umso größere Ehre gab, damit es keinen Zwiespalt im Leib gebe, sondern die Glieder gleichermassen füreinander sorgen.
Und wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit, und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glieder mit.
Ihr aber seid der Leib des Christus, und jeder ist ein Glied daran nach seinem Teil.
Gott hat in der Gemeinde etliche eingesetzt: erstens als Apostel, zweitens als Propheten, drittens als Lehrer, dann Wunderkräfte, dann Gnadengaben der Heilung, der Hilfeleistung, der Leitung und verschiedene Sprachen.
Sind etwa alle Apostel? Sind etwa alle Propheten? Sind etwa alle Lehrer? Haben alle Wunderkräfte? Haben alle Gnadengaben der Heilung? Reden alle in Sprachen? Können alle auslegen?
Strebt aber eifrig nach den vorzüglicheren Gnadengaben, und ich will euch einen noch weit vortrefflicheren Weg zeigen.
Und dann macht Paulus weiter mit Kapitel dreizehn, dem sogenannten Hohelied der Liebe, in dem er zeigt, wie wichtig die Liebe für alle Dienste ist, die wir im Leib Jesu, also in der Gemeinde, vollziehen.
Die Bedeutung der Vielfalt und Einheit im Dienst
In diesem Kapitel zwölf gehe ich jetzt nicht auf die Einzelheiten der einzelnen Gaben ein, denn darum geht es Paulus hier nicht. Der Hauptgedanke, den Paulus entfaltet, ist ein ganz anderer. Es geht nicht darum, was Zungenrede, Prophetie, Dienst oder Leitung genau sind, sondern um ganz andere Fragen.
Das merken wir sehr schnell. Das Erste, was Paulus uns vor Augen führen will, ist: Jeder Christ ist von Gott begabt. Zum einen mit der Begabung, die du von Natur aus bekommen hast – also dort, wo du aufgewachsen bist. Der eine ist musikalisch aufgewachsen, der andere hat viele Muskeln, wieder andere viel Verstand. Manche haben auch beides. Diese Eigenschaften kannst du, wenn du Christ bist, zur Ehre Gottes einbringen.
Zum anderen steht hier deutlich, dass du, als du Christ geworden bist, auch vom Heiligen Geist noch Fähigkeiten und Begabungen bekommen hast. Die, die wir hier lesen, kannst du vielleicht als beispielhaft ansehen – vielleicht trifft keine davon genau auf dich zu. Ihr merkt auch an den Aufzählungen, dass Paulus sagt: „und die, und die, und die“. Das ist keine vollständige Liste. Wenn wir im Neuen Testament nachschauen, finden wir beim Begriff „Geistesgaben“ – auf Griechisch Charisma – etwa dreißig verschiedene Gaben. Hier sind nur einige wenige genannt.
Paulus will also nicht eine vollständige Liste aufzählen, sondern generell sagen: Jeder von euch, der Christ geworden ist und den Heiligen Geist empfangen hat, hat auch vom Heiligen Geist besondere Begabungen und Fähigkeiten bekommen. Darüber können wir uns erst mal freuen. Es gibt nicht die Begabten und die Unbegabten, die Fähigen und die Unfähigen, sondern ihr alle seid begabt und fähig.
Allerdings ist es so – und das macht Paulus hier auch deutlich –, dass wir manchmal selbst die Gaben unterschiedlich stark schätzen. Das, was ich häufig erlebe, ist, dass Menschen die Begabungen, die sie nicht haben, besonders stark schätzen. Ich weiß nicht, wie es euch geht.
Bei mir war es zum Beispiel als Jugendlicher so, dass ich besonders stark die musikalischen Begabungen geschätzt habe. Das lag an mehreren Dingen. Erstens singe ich gerne, wenn auch nicht besonders gut. Ich finde es auch schön, manchmal ist es etwas Besonderes, vorne zu stehen oder zu sitzen. Das sieht ja jeder – das ist ein Dienst, der auffällt. Das ist natürlich nicht das Hauptmotiv, aber es ist schön, die Gemeinde mit anleiten und mit ihr singen zu können. Das fand ich besonders gut.
Ich habe dann auch ein paar Jahre im Chor mitgesungen. Seid froh, dass ihr nicht in meinem Chor gewesen seid! Ich war immer froh, wenn rechts und links neben mir Leute stark und laut gesungen haben. Dann konnte ich auch gut mitsingen. Aber wehe, da fehlte mal jemand – dann war das mit den Stimmen schwierig.
Ich hatte auch mehrere Jahre Klavierunterricht und wollte gerne richtig gut Klavier spielen können, so wie eure Klavierspieler, die das sehr gut hinbekommen. Ich merkte aber, dass ich nach viel Üben nur einigermaßen spielen konnte, während andere, die halb so viel übten, viel besser waren. Nach zwei Jahren musste ich feststellen: Das ist nicht meine Begabung, weder meine natürliche noch meine Geistesbegabung. Also habe ich das abgehakt.
Eine Zeit lang war ich sogar neidisch auf Leute, die gut singen und spielen konnten. Mit der Zeit habe ich das Gott übergeben und gesagt: Da brauche ich nicht neidisch zu sein. Erstens ändert das nichts, und zweitens kann ich mich ja nicht mehr an der Begabung der anderen freuen, wenn ich neidisch bin.
Was will ich damit deutlich machen? Manchmal geht es dir vielleicht auch so, dass du gerne eine Begabung hättest, die du nicht hast. Manche versuchen dann ihr Leben lang, eine Gabe von Gott zu erzwingen oder zu bedrängen: „Ich will das unbedingt!“ Aber was lesen wir hier? Der Heilige Geist gibt, wie er will, nicht wie du willst.
Das heißt: Gott gibt dir nicht Gaben, die du dir aussuchen kannst. Wir sind nicht im Supermarkt, wo du sagst: „Ich möchte gern diese und jene Gaben.“ Paulus benutzt hier das Bild vom Leib, vom menschlichen Körper. Wer würde da freiwillig sagen: „Ich will gern der Blinddarm sein?“ Ich nicht. Oder wer möchte gern der große Zeh sein? Ich habe nichts gegen den großen Zeh, aber man sieht ihn nicht so richtig.
Ich wäre lieber das Auge, der Mund oder eine schöne Stimme – das fällt auf, das sieht man, das ist schön. Paulus spricht von den „anständigeren Gliedern“ und den „unanständigen Gliedern“, von denen, die auffallen, und denen, die man nicht sieht. Wenn wir alle frei auswählen könnten, würden bestimmte Ämter und Dienste doppelt und dreifach besetzt sein, während andere Aufgaben liegen blieben.
Deshalb können wir froh sein, dass Gott nicht sagt: „Such dir aus, was du willst!“ Sondern hier steht: Der Heilige Geist sucht aus, was er gibt und was er nicht gibt. Du kannst damit unzufrieden sein und fragen: „Warum habe ich nicht die Gabe des anderen?“ Aber das überlässt du besser Gott. Er will, dass die Begabungen möglichst breit gefächert sind, weil er besser weiß, was für dich und für die Gemeinde, in der du lebst, wichtig und gut ist.
Deshalb hat er dir bestimmte Begabungen gegeben und andere eben nicht. Schau also nicht neidisch auf die Gaben der anderen. Versuche nicht, Begabungen zu erzwingen, die du nicht hast. Freue dich über die Gaben, die Gott dir gegeben hat. Freue dich darüber!
Wenn du denkst: „Ich bin gar nicht begabt“, dann sagst du, Gott sei ein Lügner. Denn hier lesen wir ganz eindeutig: Gott sagt, er hat dich begabt – mit natürlichen Begabungen und mit mindestens einer Gabe des Geistes, von den etwa dreißig, von denen Paulus hier nur einige wenige nennt.
Das ist doch schön! Gott hat hier eine Gemeinde von begabten Menschen zusammengestellt. Was aber auch deutlich wird: Paulus sagt, du hast diese Gaben zum allgemeinen Nutzen bekommen. Das heißt, wenn du begabt bist und hoffentlich darüber freust, solltest du nicht undankbar sein.
Du hast die Gaben nicht bekommen, um dich daran zu erfreuen oder sie für deine eigenen Zwecke einzusetzen, sondern du sollst sie im Dienst für Gott einsetzen. Er hat sie dir geschenkt, damit du sie zum Wohl der Gesamtgemeinde benutzt.
Deine Begabungen sind nicht dafür da, dass du dich gut darstellst oder jemand bist, auf den alle schauen. Du hast diese Gaben bekommen, weil Gott will, dass du sie im Dienst für ihn in die Gemeinde einbringst.
Die Herausforderung der Gemeinschaft und gegenseitigen Wertschätzung
Manchmal haben wir in der Gemeinde den Eindruck, dass es nur einige Brüder und Schwestern gibt, die dienen, während die anderen nicht aktiv sind. Paulus sagt jedoch, dass das so nicht funktionieren kann. Eine gesunde Gemeinde besteht aus vielen Dienern. Alle sind Diener Gottes und dienen einander – jeder auf seine Weise.
Die Aufgaben und Dienste sind unterschiedlich, aber es gibt nicht die, die dienen, und die, die sich bedienen lassen; auch nicht die, die arbeiten, und die, die nur zuschauen. In der Realität kommt es manchmal vor, dass es so aussieht. Paulus beschreibt das in einem sehr anschaulichen Bild: Eine solche Gemeinde ist wie ein amputierter Körper. Ein Körper, der sich zwar noch bewegt, aber nicht kraftvoll und voll funktionsfähig ist.
Er sagt, manche kommen ihrem Dienst nicht nach, weil sie nur darauf schauen, was sie nicht brauchen oder nicht zu brauchen glauben. Das zeigt er am Beispiel von Füßen, Augen und Händen. Manchmal möchte jemand gerne Auge sein, ist aber eigentlich Fuß. Dann sagt der Fuß ständig: „Ich will sehen, ich will bestimmen, wohin es geht.“ Doch wenn sich die Gemeinde so verhält, geht es ihr schlecht.
Stellt euch vor, ihr müsstet euch mit euren Füßen orientieren. Ein Blinder kann das, weil er keine Wahl hat und sich daran gewöhnt. Aber wenn man sehen kann, ist es besser, sich an den Augen zu orientieren. Manche bestehen darauf, unbedingt Auge oder Mund sein zu wollen, obwohl Gott sie dafür nicht begabt hat. Dadurch gerät der ganze Körper durcheinander. Das funktioniert nicht.
Deshalb: Nimm die Begabung an, die Gott dir gegeben hat, und setze sie ein. Versuche nicht neidisch auf andere zu schauen, die Aufgaben erfüllen, die du lieber übernehmen würdest. Das führt nicht zum Ziel. Ebenso solltest du nicht die Begabungen anderer verachten, die Gott deinen Brüdern und Schwestern gegeben hat.
Paulus schreibt auch, dass zum Beispiel die Augen nicht sagen sollen: „Ich brauche die Füße nicht.“ So etwas passiert leider manchmal. Vielleicht gibt es jemanden, der besonders auf Lehre fokussiert ist, der viel studiert und vor der Gemeinde spricht: „Das ist wichtig, das müsst ihr verstehen.“ Das ist gut und vielleicht seine Aufgabe. Aber er muss aufpassen, dass er diejenigen, die andere Begabungen haben, nicht verachtet oder sich über sie stellt. Er darf nicht denken, diese anderen Dienste seien unwichtig.
Es besteht nicht nur die Gefahr, dass wir andere Dienste übernehmen wollen, die nicht zu uns passen. Manchmal haben wir auch eine innere Rangfolge, in der wir bestimmte Aufgaben besonders schätzen – oft die eigenen – und dadurch den Dienst anderer gering achten.
Das kann ganz unterschiedlich aussehen. Bist du vielleicht eher ein Praktiker, der gut anpacken und zum Beispiel Wände verputzen kann? Das ist ein toller und wichtiger Dienst in der Gemeinde. Doch manchmal verachten Praktiker diejenigen, die keine Praktiker sind. Sie sagen dann vielleicht: „Der hat ja nur zwei linke Hände, der kriegt das nicht hin.“ Oder umgekehrt: „Während ich auf dem Bau bin, ist der nur zuhause und betet – das ist ein Faulpelz.“
So etwas kann passieren, wenn wir unsere Begabung überbewerten und die anderer gering schätzen. Genau das meint Paulus, wenn er sagt, dass die Augen oder Hände nicht sagen sollen: „Ich brauche den Kopf nicht, ich komme auch ohne aus.“ Oder die Füße sagen: „Ich brauche die Nase nicht, ich komme ohne aus.“ Wenn das passiert, entsteht ein krüppeliger Mensch oder eine krüppeliger Gemeinde.
Die Gemeinde kann nur funktionieren, wenn jeder seine Aufgabe erfüllt, die Gott ihm gegeben hat. Dabei darf niemand ständig nach anderen Aufgaben schielen oder die anderen verachten, weil sie nicht dasselbe tun wie man selbst.
Die Last des Dienstes und die gegenseitige Unterstützung
Oft ist es so, dass man, wenn man in einem Dienst tätig ist und diesen wirklich ernst nimmt, den Eindruck gewinnt, die Last der ganzen Welt zu tragen. Interessanterweise ist das eine typisch menschliche Eigenschaft. Meistens denken wir, wenn wir uns besonders anstrengen, dass wir den schwereren Teil zu tragen haben.
Das beginnt schon bei den Kindern, zumindest bei unseren eigenen. Ich weiß nicht, wie es bei euren Kindern ist, aber unsere müssen zu Hause mitarbeiten. Natürlich kommt es dann häufig vor, dass sie sagen: „In der Schule muss keiner zu Hause mitarbeiten, nur wir.“ Habt ihr so etwas auch schon mal gehört? Solche Aussagen sind nicht ungewöhnlich.
Dann sage ich ihnen, sie sollen nach draußen gehen und Holz tragen, obwohl das eigentlich niemand tun muss. Irgendwann wird klar: Egal, ob es jemand tun muss oder nicht, sie müssen es. Und dann fängt das nächste Problem an. Das ging bei uns bis zum Extrem: Wir haben drei Kinder, und sie mussten Holz hereinschaffen, weil wir damit heizen. Doch dann begannen sie tatsächlich, die Holzstücke zu zählen. Dabei ging es darum, ob vielleicht einer mehr getragen hatte als der andere.
Manchmal habe ich da die Krise bekommen und mir gedacht: Die Zeit, die ihr mit Zählen verbringt, könntet ihr besser nutzen, um mehr oder schneller zu tragen. Das kostet ja viel mehr Zeit. Was steckt dahinter? Der Wunsch, nicht mehr zu arbeiten als die anderen. Es muss gerecht sein. Wenn ich 275 Holzstücke habe, dann muss der andere auch 275 haben. Und wenn ich 276 habe, ist das ungerecht, weil ich mehr habe.
Bei Kindern kennen wir das, und ich hoffe, dass wir als Erwachsene irgendwann dahin kommen, dass wir so etwas nicht mehr machen. Dass wir nicht mehr genau aufzählen, wer wie viel macht, und das gegeneinander messen und vergleichen. Stattdessen sollten wir unseren Dienst freudig tun, ganz gleich, ob der andere genau dasselbe macht wie wir.
Häufig müssen wir ehrlich zugeben, dass wir gar nicht beurteilen können, wie viel der andere leistet. Das kann auch in der Ehe so sein: Ein Partner meint ständig, er müsse zurückstecken, während der andere sich durchsetzt und seine Interessen durchsetzt. Manchmal ist das wahr, aber meistens merke ich bei intensiveren Gesprächen, dass es so nicht stimmt.
Es fällt uns einfach mehr an der Arbeit auf, die wir selbst erledigen müssen. Arbeiten, bei denen man schwitzt, nimmt man viel bewusster wahr als die Arbeit der anderen. Die Mühe, die man selbst investiert, kennt man genau, die des anderen aber nicht. Das führt manchmal dazu, dass wir die Dienste der anderen nicht genügend wertschätzen oder ernst nehmen, weil wir sie selbst nicht tun.
Da denken wir: „Ach, dieses bisschen Mauern geht doch schnell, diese kleine Wand, diese paar Leitungen verlegen.“ Oder jemand sagt: „Der im Medienteam spielt ja nur ein bisschen mit dem Computer herum, der macht ja gar nicht seinen richtigen Dienst.“ Oder man meint: „Der Prediger muss sich ja nur vorne hinstellen und ein bisschen schön reden, der macht ja am wenigsten.“
Häufig liegt das daran, dass wir etwas beurteilen, das wir gar nicht kennen und vielleicht auch gar nicht kennen müssen, weil es nicht unser Dienst ist. Eigentlich sollten wir als Geschwister erst einmal ein sehr großes Vorschussvertrauen haben. Dann könnten wir versuchen, uns ein bisschen hineinzuversetzen und die Dienste des anderen zu schätzen, zu loben und uns darüber zu freuen.
Nehmen wir doch wieder das Bild des Paulus: Es wäre doch schön, wenn die Augen auch mal zu den Füßen sagen würden: „Füße, wie toll, dass es euch gibt! Wir Augen wären ziemlich auf verlorenem Posten, wenn wir allein wären. Wir liegen irgendwo auf der Erde herum und könnten uns gar nicht bewegen.“ Genauso mit dem Mund.
Und die Füße könnten auch mal sagen: „Ihr Augen, toll, dass es euch gibt! Denn ohne euch würden wir dauernd gegen die Wand laufen. Wir wüssten nicht, wohin wir gehen sollen.“ Dieses Bild, das Paulus sehr anschaulich benutzt, zeigt, dass die Gemeinde ein Körper ist, der einander braucht und verschiedene Dienste erfüllt, die sich ergänzen. So hat Gott es sich gedacht. Und genauso sollten wir auch in der Gemeinde miteinander umgehen.
Voraussetzungen und Herausforderungen für den Dienst
Und es gibt mehrere Dinge, die verhindern, dass der Körper der Gemeinde richtig funktioniert. Ein Grund ist, dass bestimmte Körperteile sich weigern, ihren Dienst zu tun. Das passiert auch manchmal in der Gemeinde. Dabei geht es nicht darum, dass jeder denselben Dienst macht, sondern dass manche gar keinen Dienst übernehmen und sich nicht einbringen.
In solchen Fällen musst du dir bewusst sein, dass du sowohl vor Gott als auch vor der Gemeinde schuldig wirst. Du schadest deinen Geschwistern, denn der menschliche Körper – genauso wie die Gemeinde – kann nur optimal funktionieren, wenn jeder seine Aufgabe erkennt und ausfüllt. Das ist eine ganz wichtige Voraussetzung.
Die Bedingungen dafür hat Gott bereits erfüllt. Er hat dich geschaffen und dir Begabungen gegeben. Wenn du gläubig bist, hat Gott dir den Heiligen Geist geschenkt und darüber hinaus weitere Begabungen. Außerdem hat er dich in eine Gemeinde gestellt. Damit sind die Voraussetzungen erfüllt. Jetzt musst du nur noch zustimmen.
Manchmal bedeutet das, die eigene Trägheit zu überwinden und vielleicht einige persönliche Dinge zurückzustellen, weil du merkst: Hier ist jetzt der Moment, in dem ich meine Begabung in der Gemeinde einbringen soll.
In den meisten Gemeinden – ich weiß nicht, wie es bei euch ist – geht das oft schief. Das liegt daran, dass viele sich weigern, ihre Begabungen und ihren Dienst einzubringen. Dann bleibt die Last auf den anderen liegen. Vielleicht müssen manche einen Dienst übernehmen, für den sie eigentlich gar nicht geeignet sind, weil niemand sonst da ist, der ihn tut. Das ist schlecht.
Dann leiden diejenigen, die überlastet sind, und auch diejenigen, die unterfordert sind, weil sie das Eingreifen Gottes nicht mehr erleben. Denn du wirst merken: Der Dienst für Gott ist nicht nur etwas, bei dem du gibst. Wenn du im Dienst für Gott stehst, erlebst du auch sein Eingreifen und seine Nähe.
Du spürst plötzlich, wie Gott dich führt und bereichert, wenn du gibst und etwas tust. Wahrscheinlich werden einige von euch dem zustimmen, weil sie diese Erfahrung schon gemacht haben. Plötzlich denkst du: „Ach, heute habe ich keine Lust“, und gehst trotzdem zum Bau, um etwas zu tun. Danach kommst du nach Hause, bist ermutigt und körperlich fit.
Vielleicht hast du ein gutes Gespräch mit einem Bruder geführt. Ihr habt die Wand zwar nicht ganz fertig bekommen, aber ihr konntet euch austauschen und gemeinsam beten. Ich hoffe, dass auch auf dem Bau mal Zeit dafür bleibt, oder?
Oder du bereitest eine Jugendstunde vor und denkst: „Eigentlich habe ich gar keine Zeit.“ Doch nachdem du die Jugendstunde vorbereitet hast, merkst du, dass Gott dich durch das Nachdenken über den Bibeltext selbst bereichert hat. Du hast vielleicht sogar mehr mitgenommen als die Jugendlichen, die dir zuhören.
Ich erinnere mich noch gut an eine Gemeinde, in der ich vor einiger Zeit war. Dort gab es eine ältere Schwester, die schwer krebskrank war. Während der Woche, in der ich da war, ist sie gestorben. An einem Tag dachte ich: „Okay, ich habe Zeit, ich gehe sie besuchen.“ Eigentlich war das eher eine Verpflichtung: Ich wollte ihr Mut machen.
Als ich bei ihr war, habe ich ihr Mut gemacht – und umgekehrt hat sie mir Mut gemacht. Sie sprach vom Himmel und wie sehr sie sich freut, bei Jesus zu sein. So gingen wir beide ermutigt auseinander. Ich wurde durch sie ermutigt, und sie durch mich.
Manchmal ist es so: Wenn wir den Dienst ausfüllen, den Gott uns gibt, fängt unser eigenes Glaubensleben an zu blühen. Wir kommen voran und merken, dass Gott uns innerlich oder äußerlich belohnt durch das, was wir erleben.
Das sollte unsere Herausforderung sein: bereit zu sein, den Dienst in der Gemeinde zu übernehmen, für den Gott uns befähigt hat und den wir erkennen.
Den Dienst erkennen und ausprobieren
Es kann natürlich sein, dass der eine oder andere ihn nicht erkennt. Da stellt sich die Frage: Wie kann man den Dienst erkennen, den Gott nicht hineingestellt hat?
Eines, was ich empfehlen würde, ist, es einfach mal auszuprobieren. Dann wirst du es manchmal erkennen. Manche Begabungen sind ganz offensichtlich. Wenn zum Beispiel jemand die Begabung der Prophetie hat, braucht er nichts zu üben oder zu machen. Dann hört er plötzlich die Stimme Gottes und gibt sie weiter, wie die Propheten im Alten Testament. Zugegeben, heute kommt so etwas nicht mehr häufig vor. Oder sagen wir, manche meinen, das zu hören, aber in Wirklichkeit hören sie nicht Gott, sondern etwas anderes. Aber auch zur Zeit des Alten Testaments kam das nicht häufig vor. Dennoch gab es es.
Bei anderen Begabungen kommt es darauf an, einfach erst einmal das zu tun, was in der Gemeinde nötig ist. Wie ich vorhin gesagt habe: Ich habe gemerkt, dass ich nicht besonders musikalisch begabt bin, als ich mal im Chor mitgesungen habe. Da habe ich festgestellt, dass das vielleicht nicht ganz das Richtige für mich ist.
Dann habe ich ein paar Jahre lang Kinderarbeit in der Gemeinde gemacht. Das lief schon besser. Ich merkte, dass Gott das segnet und hilft, und entschied mich, das weiterzumachen. Danach habe ich ein paar Jahre Jugendarbeit gemacht und einige Zeit den Büchertisch in der Gemeinde geleitet.
Dann bin ich mit einem der Ältesten jeden Samstag von Haus zu Haus gegangen und habe an der Haustür evangelistische Gespräche geführt – so etwas in der Art. Ich habe verschiedene Dinge einfach mal gemacht, weil sie notwendig waren und in der Gemeinde gebraucht wurden.
Wie merkst du, was in der Gemeinde gebraucht wird? Indem du dich einfach offen umschaust und siehst, wo ein Bereich noch brachliegt. Oder indem du zu den Ältesten gehst, sie fragst und sagst: "Eigentlich habe ich meinen Platz in der Gemeinde noch nicht genau gefunden. Ich weiß noch nicht, welcher Dienst für mich dran ist. Gib mir doch mal einen Dienst." Dann machst du diesen Dienst.
Entweder wirst du merken, das ist genau das Richtige, oder du wirst vielleicht nach einem halben Jahr feststellen, dass es doch nicht passt. Dann fragst du wieder nach und machst einen anderen Dienst. Das ist auch möglich. Aber nur zu sitzen und zu warten, bringt nichts.
Oder wenn du sagst: "Ich bin zu jung" oder "Ich bin zu alt" oder "Ich bin zu sehr Mann oder zu sehr Frau, das geht nicht." Du bist ein Teil dieses Körpers, der Gemeinde. Du hast also einen Dienst in der Gemeinde. Die Frage ist nicht, ob du ihn hast, sondern ob du ihn ausfüllst.
Wenn du ihn noch nicht gefunden hast, dann such danach, frag andere, mach die Augen auf und bete dafür. Probiere bestimmte Dienste aus, wenn du dir unsicher bist, ob das dein Dienst ist oder nicht. Dann setze dich ein.
Du wirst oft Bestätigung von Gott erleben. Du wirst merken, dass es eine Bereicherung für dich ist. Du wirst dich freuen, dass der Leib der Gemeinde umso mehr blüht und wächst, je mehr du bereit bist, dich mit deinem Dienst einzubringen.
Die gegenseitige Ermutigung und Unterstützung im Dienst
Was du nebenbei vielleicht auch bedenken solltest, ist, dass es im Leib viele andere Glieder gibt, die ebenfalls ihren Dienst tun. Manchmal tut es gut, ihnen ein Lob auszusprechen oder sie in ihrer Arbeit nicht zu behindern, sondern zu unterstützen.
So ähnlich ist es ja auch beim Körper. Da helfen wir uns gegenseitig. Die Haare kämmen sich nicht selbst, die Zähne putzen sich nicht selbst. Die Hände helfen den Zähnen, damit diese besser ihren Dienst tun können.
Genauso ist es auch untereinander. Wir können uns ermutigen, uns die Arbeit leichter machen und bewusst dem anderen zeigen, wie sehr wir ihn brauchen und schätzen. Vielleicht ist es gut, gerade bei den Diensten, die wir selbst nicht ausüben, dem anderen eine Umarmung zu geben, ihm ein kleines Geschenk zu machen oder ihn besonders für den Dienst zu loben, den er tut – einen Dienst, den wir selbst nicht tun können, der aber für den Gesamtleib der Gemeinde notwendig ist.
Auch hier können wir es den anderen schwerer machen, indem wir ihre Arbeit entweder gar nicht wahrnehmen oder sie sogar behindern. Oder wir können es ihnen leichter machen, indem wir sie ermutigen in dem Dienst, in dem sie stehen. Wir können ihnen auch bestätigen, indem wir ihnen den Segen zusprechen, für sie beten und ihnen so den Dienst erleichtern.
Es geht also nicht nur darum, auf den eigenen Dienst zu achten, sondern auch die Augen für den Dienst der anderen offen zu halten. Wir können dem anderen helfen, seinen Dienst zu finden, indem wir auf ihn zugehen und sagen: „Hey, bei dir erkenne ich genau diese Begabung. Das solltest du einmal ausprobieren.“
Vielleicht können wir den anderen auch an die Hand nehmen und sagen: „Komm, machen wir das gemeinsam.“ Ich habe vorhin erwähnt, dass ich bei den evangelistischen Gesprächen an der Haustür froh war, dass sich einer der Ältesten die Zeit genommen hat, mit mir dort zu sein. Er war froh, nicht alleine zu sein, und wir haben uns gegenseitig ermutigt und ergänzt. Dabei habe ich viel von ihm gelernt, indem ich zugeschaut und zugehört habe.
So ist es manchmal auch: Wir können anderen helfen, ihren Dienst in der Gemeinde zu erkennen und auszufüllen. Dabei können wir sie ermutigen. Dann läuft es in der Gemeinde gut, und wir bereichern uns gegenseitig.
Es wird eine Erfüllung sein, bei der du merkst: Das ist nicht nur eine Last. Dafür hat Gott dich geschaffen, dafür hat er dich eingesetzt.
Zusammenfassung und Ermutigung zum Dienst
Und vielleicht genügt das an dieser Stelle schon. Denn wenn du jetzt all das umsetzt, was wir besprochen haben, dann hast du eine ganze Menge zu tun. Oder du gehst ganz ermutigt hier raus, weil du sagst: Ja, das ist doch toll! Endlich weiß ich, dass das, was ich hier tue, nicht nur eine Nebensache ist, sondern mein wichtiger Beitrag zum Gelingen der Gemeinde, in der ich lebe.
Wir haben diesen Text aus dem 1. Korinther 12 durchgelesen. Ich habe ihn vorgelesen und dabei einige wichtige Gedanken in den Vordergrund gerückt. Du bist begabt – und zwar von Natur aus. Mit deinem Charakter, deiner Persönlichkeit und deinen Fähigkeiten, die du schon immer hattest. Diese sind von Gott, denn er hat sie dir schon bei deiner Schöpfung gegeben.
Zweitens: Gott hat dir, wenn du Christ bist, Begabungen durch den Heiligen Geist geschenkt. Freu dich darüber, dass es ein Geschenk Gottes ist. Dann habe ich darauf aufmerksam gemacht, dass die Begabungen, die du hast – die natürlichen wie auch die geistlichen – nicht solche sind, die du dir ausgesucht hast, sondern welche, die Gott ausgesucht hat, um dich damit zu beschenken.
Versuche nicht, unzufrieden damit zu sein und auf die Begabungen zu schauen, die andere haben. Freu dich an denen, die du hast, und sei Gott dankbar dafür. Du hast diese Begabungen nicht bekommen, um sie egoistisch für dich zu gebrauchen. Wie wir im Bibeltext lesen, hast du sie bekommen, um sie in der Gemeinde einzusetzen – zum Wohl der Gesamtgemeinde, zur Ehre Gottes und zum Dienst am Nächsten in deiner Gemeinde.
Also tu das auch! Sonst verkommen diese Gaben, die Gott dir gegeben hat. Und irgendwann stehst du vor Gott. Dann wird er fragen: „Was hast du denn jetzt damit gemacht?“ Da musst du ihm nicht sagen, dass du keine Lust hattest oder gern etwas anderes gemacht hättest. Das ist keine gute Antwort. Es ist auch so, dass du dadurch nicht glücklich wirst, wenn du das nicht machst.
Wir haben außerdem gesehen, dass nur das Ineinandergreifen der verschiedenen Dienste zum Funktionieren des Gesamtorganismus beiträgt. Sonst geht das nicht. Wenn das nicht passiert, dann schadet ihr der Gemeinde. Wenn nicht jeder den Dienst ausfüllt, den Gott ihm zeigt oder den er durch Gemeindeleitung und Geschwister gezeigt bekommt, dann leiden hinterher alle.
Die einen leiden, weil sie überarbeitet sind, die anderen, weil sie unterfordert sind. Manche leiden, weil Gott ihnen Begabungen gegeben hat, die sie nicht einsetzen. Dadurch wachsen sie auch nicht geistlich daran.
Ich erinnere euch auch daran, dass der Dienst, den ihr ausfüllt, nicht dazu dient, dass ihr gerettet werdet. Ihr füllt diesen Dienst aus, weil ihr gerettet seid. Gott hat euch zu einem Dienst berufen. Er hat euch nicht nur die Sünde weggenommen, so dass ihr jetzt im luftleeren Raum seid und irgendwann ins Paradies kommt.
Gott hat euch die Sünde weggenommen und euch ein neues Leben geschenkt, damit ihr in seinen Dienst treten könnt. Er braucht euch jetzt hier auf der Erde. Solange ihr hier lebt – egal in welchem Alter, ob zehn oder neunzig Jahre – hat Gott noch einen Dienst für euch. Denn genau deshalb seid ihr noch hier. Nicht einfach nur, um eine Bank warmzuhalten, sondern um den Dienst zu erfüllen, den Gott dir gegeben hat.
Und dieser Dienst ist unterschiedlich. Suche ihn, indem du Gott darum bittest. Indem du einfach mal Dinge tust, die gemacht werden müssen. Indem du andere fragst, wo sie sehen, dass etwas nötig ist oder wo sie Begabungen bei dir erkennen.
Denk auch daran, dass du den Mitgeschwistern den Dienst erleichtern kannst. Indem du sie ab und zu mal lobst, bestärkst, ihnen Mut zusprichst oder ihnen hilfst. So ist niemand überlastet, während andere nichts zu tun haben.
Da würde ich sagen, ist genug zu tun – heute Abend, in der ganzen nächsten Woche, im nächsten Monat und im nächsten Jahr. Und wenn ich dann in einem Jahr wiederkomme, wird die Gemeinde noch mehr blühen als jetzt schon.
Und das wird passieren, wenn jeder den Dienst, den er von Gott bekommen hat, auch annimmt.
Gebet und Abschluss
Ich werde an dieser Stelle gerne mit euch beten, dass Gott euch Weisheit schenkt, den Dienst zu erkennen, den er euch geben will, und diesen dann auch umzusetzen. Danach werden wir noch ein paar Minuten Zeit haben für mögliche Ergänzungen oder Rückfragen zu diesem Thema oder zu anderen Anliegen.
Ich bete gerade noch, und ihr dürft dazu aufstehen.
Herr Jesus Christus, vielen Dank dafür, dass wir in deinem Wort ganz praktische, anschauliche und bildliche Erklärungen für unser Leben finden. Danke, dass du uns nicht einfach nur gerettet hast und uns dann alleine lässt für den Rest unseres Lebens, sondern dass du uns Dienste und Aufgaben anvertraut hast. Danke, dass du uns für würdig und fähig hältst, in deinen Dienst zu treten – in den Dienst des größten Königs, des Herrschers der Welt, des Besitzers des Universums.
Danke, dass du jeden einzelnen von uns mit natürlichen Begabungen von Geburt an beschenkt hast und mit Gaben des Geistes, seit wir gläubig geworden sind. Hilf uns, diese Gaben zu erkennen und uns über sie zu freuen. Lass uns nicht neidisch auf die Gaben anderer schauen, sondern das, was du uns gegeben hast, für dich einsetzen, um den Dienst auszufüllen, der für die Gemeinde notwendig ist.
Hilf uns, uns gegenseitig zu ermutigen, nicht nur für uns selbst zu arbeiten, sondern auch zu sehen, was unsere Brüder und Schwestern rechts und links neben uns tun. Lass uns ihre Last mittragen, es ihnen leichter machen, ihren Dienst auszufüllen und nicht schwerer.
Hilf uns, den Dienst, den wir erkannt haben, zum Wohl und zum Segen der Gemeinde und zum Lob für dich auszuführen. Auch zum Wohl der Ungläubigen in unserer Umgebung, die davon profitieren können, wenn wir unsere Aufgabe erfüllen.
Ich möchte dich bitten für die Gemeinde hier in Michelstadt, dass du sie gebrauchen kannst und dass sie ein funktionierender Leib ist. Ein Leib, in dem nicht nur einzelne wenige Organe ihren Dienst tun, sondern jeder seinen Dienst ausübt, zu dem du ihn berufen hast – sei es jemand, der äußerlich sichtbar ist, oder jemand, der im Hintergrund wirkt.
Ich bitte dich, segne meine Geschwister, damit sie erleben, dass sie beim Diensten im Glauben wachsen, Dinge mit dir erleben, gestärkt werden, einüben können und zufrieden sind. Lass sie erkennen, dass ihr Leben sinnvoll ist und nicht nur aus vertanen Stunden und Tagen besteht.
Gib ihnen Kraft und Weisheit, zu erkennen, wo du sie haben willst, und dabei zu bleiben, diesen Dienst auszuführen. Amen. Amen.
Jetzt gibt es die Möglichkeit, Ergänzungen zu machen. Vielleicht möchte jemand etwas weitergeben, das er erlebt hat, zur Ermutigung für andere. Vielleicht, wie du deinen Dienst gefunden hast oder wie du in deinem Dienst erfährst, dass Gott dich führt.
Oder es gibt Fragen, bei denen etwas unklar ist oder wo ihr gern eine andere Meinung hören möchtet. Dann meldet euch bitte jetzt. Es kommt jemand mit dem Mikrofon zu euch, und ihr könnt hineinsprechen, damit alle es mitverstehen.
Kannst du etwas zu den einzelnen Gaben sagen? Vielleicht zu den spektakulären, wie Wundertäter, Heilung, Zungenrede? Was gibt es da noch? Propheten hast du angesprochen. Manche setzen diese Gaben in den Vordergrund, andere sagen, es gibt sie heute nicht mehr. Das ist eine spannende Sache.
Wenn ich viel Zeit hätte, würde ich viel darüber sprechen. Gerade zu den spektakulären Gaben, wie wir damit umgehen können und was sie bedeuten. Ihr könnt dazu auch in meinem Büchlein nachlesen, das am Büchertisch liegt. Neben anderen Büchern habe ich eines über die Theologie der charismatischen Bewegung geschrieben. Dort gehe ich darauf ein, was die Bibel dazu sagt, wie der richtige Umgang ist und wie das manchmal von charismatischen Geistern missbraucht wird.
Kurz zusammengefasst: Es gibt Gaben, und Paulus nennt sie im 1. Korintherbrief besonders gerne. Das sind Gaben, bei denen wir uns selbst gut fühlen oder die bei anderen besonders gut ankommen. Bestimmte Aufgaben werden nicht gern erledigt, andere dagegen gerne. Das hängt zum Teil damit zusammen, dass einige angenehmer sind, mehr Anerkennung bringen oder nach außen spektakulärer wirken. Deshalb sehnen sich viele danach.
Was Paulus in 1. Korinther 12, 13 und 14 bespricht, ist, dass die Gaben, die wir weniger schätzen, oft die eigentlich wichtigen sind. Die Gaben, nach denen sich viele sehnen, spielen im Reich Gottes nicht immer die große Rolle. Zum Beispiel sagt Paulus in 1. Korinther 14: Lieber drei Worte mit Vernunft als zehntausend in Zungen.
Manche denken, Zungenreden sei toll, weil man vorne steht und alle sehen, wie der Heilige Geist durch einen fließt. Paulus sagt aber: Wenn du drei Worte mit Vernunft sagen kannst, ist das viel besser als zehntausend in Zungen. Plötzlich merken wir, dass Gottes Wertschätzung oft anders ist als unsere.
Denkt an das Gleichnis im Tempel, wo verschiedene Opfer eingelegt werden. Ein reicher Mann legt viel ein, eine arme Witwe nur ein kleines Bisschen. Jesus fragt: Wer hat mehr gegeben? Das größere Opfer war das der kleinen Witwe. Gottes Maßstäbe für unseren Dienst sind oft ganz anders als unsere.
Es gibt Geschichten aus der Kirchengeschichte und der Gegenwart, wo wir das plastisch erleben können. Oft merken wir es gar nicht, aber manchmal macht Gott es deutlich. Der Gründer der Missionsgesellschaft Operation Mobilisation, George Wörther, erzählte, wie er zum Glauben kam. Er stammte aus einer ungläubigen Familie und besuchte eine Schule, neben der eine Witwe wohnte. Er betete jeden Tag für die Kinder auf dem Schulhof. Er sagt, das war es, was ihn überzeugt und zum Glauben geführt hat.
Dieser Mann gründete später ein Missionswerk, durch das Tausende zum Glauben kamen und noch kommen. War das ein wichtiger Dienst dieser Witwe? Ja, klar. Etwas, das keiner gesehen hat. Es war nicht der Prediger der Nachbargemeinde, sondern Gott gebrauchte diesen Dienst der Witwe besonders.
Deshalb sind Gottes Maßstäbe oft anders als unsere. Wir achten oft auf das, was öffentlich sichtbar ist oder ein gewisses Renommee bringt. Das ist nicht schlecht. Wenn jemand solche Begabungen hat und sie geistesgemäß und biblisch einsetzt, ist das gut. Aber nicht immer ist das, was im Vordergrund steht, bei Gott auch das Wichtigste.
Ein Missionar, der sich für Gott einsetzt, ist großartig. Menschen wie Martin Luther oder John Wesley in der Kirchengeschichte haben Großes geleistet und wurden von Gott gebraucht. Aber das ist nicht alles und nicht der Dienst für jeden.
Jeder muss herausfinden, welchen Dienst Gott ihm gegeben hat. Wenn du nicht in Zungen redest, nicht prophetisch redest und kein Wundertäter bist, musst du das auch nicht. Mach den Dienst, den Gott dir gegeben hat, und schiele nicht auf einen, der spektakulärer, schöner oder besser erscheint.
Manche Christen wollen unbedingt eine Begabung, die sie nicht haben, und fangen an, sie zu spielen. Das kann man üben, und es wirkt zunächst toll. Aber letztlich bringt es dich und die Gemeinde nicht voran.
Ich habe Gemeinden besucht, in denen plötzlich jeder in Zungen redete. Das Keyboard spielte, und einer nach dem anderen fing an. Hat das die Gemeinde vorangebracht? Nein. Es fühlte sich toll an, aber das meiste Zungenreden war kein biblisches Zungenreden, sondern menschliches Nachahmen. Unverständliche Laute kann jeder von uns von Geburt an machen. Das ist keine geistliche Gabe.
Es gibt Leute, die die biblische Gabe nicht haben, aber sie spielen sie vor. Das wirkt für andere echt und beeindruckend, aber in Wirklichkeit verpasst du dann den Dienst, zu dem Gott dich berufen hat.
Unverständliche Laute ausstoßen kann jeder. Als kleine Babys haben wir das alle getan, bevor wir sprechen konnten. Können wir daraus schließen, dass alle Babys den Heiligen Geist haben und in Zungen reden? Nein. Paulus sagt auch, dass unverständliches Reden niemandem nutzt.
Deshalb sagt Paulus: Wenn du die Gabe der Zungenrede hast, schweige in der Gemeinde, wenn niemand da ist, der es übersetzen kann. Sonst bringt es niemandem etwas.
Das, was deutlich sein muss, ist: Du sollst nicht nach spektakulären Gaben Ausschau halten. Wenn Gott sie dir nicht gegeben hat, bringt es dir nichts. Wenn du versuchst, sie zu erzwingen, bekommst du nur eine billige Kopie, keine echte Gabe Gottes.
Manche treten in Gemeinden als Propheten auf, obwohl sie nicht prophezeien können. Sie probieren es aus, mal so, mal so, biegen es zurecht oder drücken sich schwammig aus, bis es irgendwann passt. Wenn jemand wirklich von Gott eine prophetische Gabe hat, teilt Gott etwas eindeutig mit, und zwar einem frommen Menschen.
Das, was gegeben wird, steht im Einklang mit der Bibel, baut die Gemeinde auf und ist hundertprozentig wahr, nicht nur teilweise. Wenn das nicht so ist und Leute es nur ausprobieren, hat das nichts mit Gottes Gaben zu tun.
Wenn du diese Begabung nicht hast, also noch nie die Stimme Gottes leibhaftig gehört hast, dann hast du keine Gabe der Prophetie und brauchst sie wahrscheinlich auch nicht.
Wenn du Zungenreden erst üben musst, hat das nichts mit geistlicher Zungenrede zu tun. Wenn Gott dir die Fähigkeit gibt, in einer Fremdsprache zu sprechen, ohne sie gelernt zu haben, musst du nicht üben. Das Wunder besteht gerade darin, dass du die Sprache perfekt beherrschst, obwohl du sie nicht gelernt hast.
Wenn ich plötzlich hier auf Russisch weiterreden würde, wäre das eine Zungenbegabung bei mir, bei vielen von euch nicht. Wenn einer von euch plötzlich Russisch sprechen würde, würde ich sagen: Das hast du gelernt. Aber wenn ich plötzlich Russisch sprechen würde, ohne es gelernt zu haben, wäre das ein Wunder, eine Gabe Gottes.
Dann bräuchte ich nicht einmal jemanden, der es übersetzt, denn ihr würdet es verstehen. Es wäre ein Wunder, dass ich diese Sprache spreche.
Oder ich könnte plötzlich in Sanskrit reden, der heiligen Sprache der Hindus. Dann bräuchte es jemanden, der übersetzen kann, sonst bringt es niemandem etwas.
Die Bibel macht deutlich: Gott will, dass diese Gabe zum Dienst in der Gemeinde eingesetzt wird, nicht zum persönlichen Vergnügen. Deshalb achtet auf die Begabung, die Gott euch gegeben hat, und sucht nicht nach spektakulären Gaben, die ihr wahrscheinlich nicht habt.
Versucht nicht, sie zu spielen, zu erfinden oder zu produzieren. Das hilft nicht, sieht vielleicht echt aus, ist es aber nicht, und hilft niemandem weiter.
Gibt es noch andere Erfahrungen, Fragen oder Ergänzungen?
Ja, ich habe zwei Dinge, vielleicht kannst du dazu etwas sagen: Erstens, kann man natürlich Begabung und Geistesgabe immer so strikt trennen? Wir hatten ja Paulus besprochen, der vorher Pharisäer war, dann bekehrt wurde und seine Gabe der Rede weiterhin hatte. Zweitens: Es gibt ungefähr dreißig Geistesgaben in der Bibel. Kann man sich als Christ darauf festnageln? Findet man seine Begabung nicht, wenn sie nicht genannt ist? Gibt es mehr, die nicht genannt sind?
Ich fange mit der zweiten Sache an: Die Aufzählungen in der Bibel sind nicht vollständig, sondern exemplarisch. Wenn du unter den 30 Gaben nicht findest, was du hast, heißt das nicht, dass deine Gabe keine Geistesgabe ist. Diese Gaben sind stellvertretend genannt.
An verschiedenen Stellen werden unterschiedliche Kataloge genannt. Dort steht, der Heilige Geist kann dies und das wirken, und dann folgen Punkte, die nicht abschließend sind. Deshalb gibt es verschiedene Beispiele.
Natürlich sollen Gaben sinnvoll sein und der Gemeinde dienen. Es gibt Dinge, die wir als Geistesgaben bezeichnen könnten, die aber nicht dazu passen.
Ein Beispiel: Die Geistesgabe des Fensterputzens. Vielleicht hast du die Geistigkeit des Dienstes, und du kannst gut Fenster putzen. Oder im charismatischen Bereich gibt es Leute, die sagen, sie haben den Heiligen Geist und bellen plötzlich wie ein Hund – das gab es beim Toronto-Segen.
Das passt nicht. Wir müssen fragen: Was bringt das der Gemeinde? Wenn du in einer Gegend bist, wo viele Verbrecher sind, und jemand bellt wie ein Hund, und die Verbrecher fliehen, wäre das ein Zweck. Aber einfacher wäre es, einen echten Hund draußen anzubinden.
Es gibt Dinge, die als Wirken des Geistes ausgegeben werden, aber nichts damit zu tun haben.
Die Aufzählung ist also nicht abschließend, sondern beispielhaft. Es gibt mehr als dreißig Gaben, aber nicht alles, was als Geistesgabe ausgegeben wird, ist auch eine.
Zur ersten Frage: Können wir natürliche Begabungen und Geistesgaben strikt trennen? Ja, die Bibel tut das. Es gibt Gaben, die durch den Heiligen Geist wirken, und solche, die wir von Gott bei der Schöpfung erhalten haben.
Manche natürliche Gaben ähneln geistlichen Gaben. Wir sollen beide für Gott einsetzen. Natürliche Gaben setzen wir auch für unseren Beruf ein. Paulus zum Beispiel hatte vor seiner Bekehrung eine Gabe der Rede, die er beruflich nutzte.
Nach seiner Bekehrung erhielt er zusätzliche Gaben des Geistes, die er exklusiv für Gott einsetzen sollte.
Wir sollten das unterscheiden, weil manche menschliche Begabungen nicht automatisch für geistliche Dienste qualifizieren.
Jemand, der gut reden kann, soll das für Gott einsetzen. Aber das ist nicht dasselbe wie die Leitungsgabe, die eine Geistesgabe sein kann.
Jemand mit akademischem Abschluss ist nicht automatisch ein Leiter der Gemeinde. Aber er kann seine Lernbegabung in der Gemeinde einsetzen.
Es gibt also ähnliche Begabungen – natürliche und geistliche. Beide sollen wir für Gott einsetzen.
Geistesgaben sind speziell für den Dienst in der Gemeinde gegeben und haben keinen natürlichen Ersatz. Sie sollten nicht für persönliche Zwecke missbraucht werden, denn das würde Gott verunehren.
Natürliche Begabungen können wir auch für persönliche Dinge einsetzen, aber auch für Gott.
Bei Paulus sehen wir, dass er bestimmte natürliche Begabungen vor seiner Bekehrung hatte, und andere, die er nach seiner Bekehrung für Gott einsetzte.
Zum Schluss: Im 1. Korintherbrief heißt es, strebt nach der größeren Gabe. Der Geist gibt, wie er will. Das ist ein Doppelpunkt, der zeigt, wie wir das machen sollen.
Dazu lesen wir weiter: Es gibt bestimmte Gaben, nach denen jeder Christ streben soll. Das sind nicht die vorher genannten Gaben, sondern eher das, was im Galaterbrief als Frucht des Geistes beschrieben wird.
Dort steht: Wenn ich in Sprachen der Menschen und Engel redete, aber keine Liebe hätte, wäre ich ein tönendes Erz und eine klingelnde Schelle.
Wenn ich Weissagungen hätte, alle Geheimnisse und Erkenntnisse wüsste und allen Glauben hätte, Berge versetzen könnte, aber keine Liebe hätte, wäre ich nichts.
Wenn ich all mein Hab und Gut austeile und meinen Leib hingebe, aber keine Liebe hätte, nützt mir das nichts.
Das ist genau das, was Paulus meint. Er erklärt selbst, dass wir nach der Liebe streben sollen.
Am Ende bleiben Glaube, Hoffnung und Liebe. Diese werden durch den Heiligen Geist in uns bewirkt und gelten für alle Christen.
Es gibt bestimmte Begabungen, die exklusiv sind, und etwas, das alle verbindet – die Frucht des Geistes.
In Galater 5,22 heißt es: Die Frucht des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Selbstbeherrschung.
Das ist für alle Christen gedacht. Danach sollen wir streben, damit wir in diesem Rahmen unsere Gaben ausüben.
Wenn du viel Zungenreden könntest, aber keine Liebe hättest, wäre das nichts wert.
Wenn du sozial-diakonisch wirken kannst, aber keine Liebe hast, bringt das nichts.
Das ist die Erklärung, die Paulus an dieser Stelle gibt.
Wenn er sagt, der Heilige Geist gibt, wie er will, wäre es schwer verständlich, wenn er dann sagen würde, wir sollen selbst auswählen.
Er sagt vielmehr, wir sollen uns für die Frucht des Geistes öffnen. Unter dieser Frucht üben wir dann die spezifischen Gaben aus, die Gott uns gegeben hat.
Es gibt keine Aufforderung, Prophetie zu üben, sondern entweder hat man diese Gabe oder nicht.
Wir sollen nach dem streben, was Gott jedem Christen versprochen hat, was durch den Heiligen Geist in uns wirkt.
So verstehe ich das.
Zum Abschluss noch eine Frage von Ina:
Du hast gestern sehr gut erklärt, was Gottes Wille ist und was unsere Gedanken sind. Ich habe noch eine Frage: Kann Gott auch durch unsere Gedanken sprechen?
Manchmal, wenn du kochst, kommt eine Stimme, die sagt: Ruf mal die und die an. Wenn du sagst, du hast keine Zeit, verschwindet der Gedanke. Oder wenn du sagst, du machst es, und gerade diese Person braucht deine Ermutigung.
Manchmal ist es unklar, ob das deine Gedanken sind oder ob Gott durch dich spricht. Wie kannst du das unterscheiden?
Ich würde betonen: Gott kann unsere Gedanken führen und durch sie zu uns sprechen. Ich erlebe das oft, auch in seelsorgerlichen oder missionarischen Gesprächen.
Ich bitte Gott oft, meine Gedanken und Worte zu führen. Dann merke ich, dass Gott mir genau die richtigen Gedanken gibt, nicht weil ich sie mir überlegt habe, sondern weil sie von ihm kommen.
Wir sollten offen dafür sein, dass Gott unsere Gedanken und Sinne führt.
Aber wir sind nicht immer sicher, welche Gedanken von Gott sind und welche unsere eigenen.
Je intensiver wir mit Gott leben, desto besser können wir das unterscheiden.
Wie leben wir intensiv mit Gott? Durch Gebet, Gemeinschaft und Bibellesen.
Wenn du viel in der Bibel liest, erinnert dich Gott an Bibelverse. Wenn du geistliche Lieder singst, erinnert er dich an Liedverse.
Dann merkst du, dass Gott dich leitet.
Gott kann so zu uns sprechen.
Je lockerer unsere Beziehung zu Gott ist, desto weniger können wir unterscheiden, ob ein Gedanke von Gott kommt oder von uns.
Manche Gedanken entstehen durch äußere Einflüsse, wie Radiosendungen oder Erinnerungen an Menschen.
Das ist normal und passiert auch Ungläubigen.
Je mehr wir in Gottes Nähe leben, desto mehr können wir unterscheiden, ob ein Gedanke von Gott ist.
Der Heilige Geist erinnert uns an Jesu Worte.
Wir sollten offen sein, aber auch vorsichtig, nicht jedes Gefühl als Gottes Reden zu deuten.
Ein Gefühl ist nicht gleich Prophetie.
Prophetie ist eine eindeutige, identifizierbare Stimme Gottes, die ein Ungläubiger nicht erleben kann.
Die sanfte innere Stimme, die Gott manchmal gibt, kann jeder Christ erleben.
Aber wir sollten solche Eindrücke überprüfen.
Wenn etwas seltsam ist, sollten wir beten und nicht einfach handeln.
Wir müssen prüfen, ob es biblisch ist und mit anderen Christen besprechen.
Das gilt besonders bei ungewöhnlichen Eindrücken.
Vor einigen Jahren las ich einen Zeitungsartikel über einen Christen in Mexiko, der ein Flugzeug entführte, weil er glaubte, Gott habe ihn dazu aufgefordert.
Zum Glück starb niemand.
Solche Eindrücke sollten sehr skeptisch betrachtet werden.
Meistens sind sie durch Filme, Romane, Fantasie oder schlechte Träume beeinflusst.
Normalerweise fordert Gott uns nicht zu solchen Taten auf.
Also: Gott kann unsere Gedanken gebrauchen und durch sie zu uns sprechen.
Wir sollten offen sein, aber auch prüfen.
Je näher wir bei Gott sind, desto eher können wir auf seine Führung vertrauen.
Und es sollte immer mit dem Wort Gottes übereinstimmen und anderen Christen bestätigt werden.
Ich danke euch, dass ihr heute Abend gekommen seid.
Ich hoffe, ihr könnt einiges mitnehmen – Ermutigendes, Wegweisendes oder auch Korrigierendes.
Wichtig ist, nicht nur hier gewesen zu sein, sondern das Gelernte im eigenen Leben umzusetzen.
Wenn jemand persönliche Fragen hat, ich bleibe noch ein bisschen hier. Ihr könnt gerne auf mich zukommen.
Ich lade euch ein, morgen Abend wiederzukommen.
Dann beschäftigen wir uns weiter mit dem Thema „Christ und Zeitgeist“ – wie wir mit dem umgehen, was um uns herum passiert, wie wir filtern und reagieren.
Ich wünsche euch einen schönen Abend, gute Nacht und Gottes Segen.
Ich bete noch einmal zum Abschluss:
Vater im Himmel, vielen Dank für diesen Tag, den du uns geschenkt hast, für die Lebenskraft, die du uns gegeben hast, und für die Möglichkeit, die Dinge zu erledigen, die wir erledigt haben.
Wir bitten dich, begleite uns in den Abend, schenke uns Ruhe in der Nacht, damit wir Kraft sammeln können für die Herausforderungen von morgen.
Amen.
