Ursprung der Konflikte und das Wesen der Welt
Woher kommen die Kämpfe und Streitigkeiten unter euch? Kommen sie nicht von den Lüsten, die in euren Gliedern streiten? Ihr seid begehrlich und habt es nicht. Ihr mordet und neidet und könnt es doch nicht erlangen. Ihr streitet und kämpft, doch ihr habt es nicht, weil ihr nicht bittet. Ihr bittet und bekommt es nicht, weil ihr in böser Absicht bittet, um es in euren Lüsten zu vergeuden.
Ihr Ehebrecher und Ehebrecherinnen, wisst ihr nicht, dass die Freundschaft mit der Welt Feindschaft gegen Gott ist? Wer also ein Freund der Welt sein will, macht sich zum Feind Gottes. Oder meint ihr, die Schrift rede umsonst? Ein eifersüchtiges Verlangen hat der Geist, der in uns wohnt, umso reicher aber ist die Gnade, die er gibt. Darum spricht er: Gott widersteht den Hochmütigen, den Demütigen aber gibt er Gnade.
Hier zeigt sich wieder so ein Gegenüber, wie es Jakobus in manchen Abschnitten vor Augen führt. Es soll uns klargemacht werden, wie wir gegenüber der Welt stehen. Dabei müsste man zunächst definieren, was unter „Welt“ zu verstehen ist. Mit „Welt“ ist hier nicht die Erde gemeint, auf der wir leben. Auch ist nicht alles gemeint, was außerhalb der Gemeinde stattfindet. Mit „Welt“ ist eine Lebensform gemeint, die sich von Gott abgewendet hat. Welt ist also alles, was sich von Gott abwendet.
In der Kirchengeschichte wurde der Begriff „Welt“ manchmal sehr weit gefasst und auf alles ausgeweitet, was außerhalb der Gemeinde geschieht. Dann kann ein Spaziergang Welt sein, ein Urlaub Welt oder das Kuchenessen in einem Restaurant. Das ist hier aber nicht gemeint. Es gibt viele Lebensbereiche, die etwas mit Gott zu tun haben können, aber es gibt eben auch ein von Gott abgewandtes Leben, also das, was sich nicht an Gott orientiert – und das ist Welt.
Welt kann manchmal unmoralisch sein. Je nach Erziehung oder Herkunft denken wir dann an Party machen, Prostitution, Betrug, Mord, Diebstahl und Ähnliches. Das ist natürlich Welt. Aber Welt können auch Dinge sein, die sich viel besser anhören und gar nicht so negativ sind. Conrado hat ja vorhin davon erzählt: einfach ein bisschen darüber nachdenken, ach, ich will es mir doch auch gut gehen lassen. Ich mache das so wie alle anderen auch. Ich will mein Leben genießen, ich will etwas Spaß haben.
Auch das ist nicht moralisch schlecht. Aber es ist in vielen Fällen Welt, weil es eine Orientierung ist, die sich häufig von Gott verabschiedet hat. Statt Gott werden sich selbst oder andere Ziele und Vorstellungen in den Mittelpunkt gestellt. Welt ist also nicht allein das, was wir als unmoralisch betrachten, sondern alles, was sich von Gott gelöst hat und sich nicht an ihm orientiert.
Dann wird auch deutlich, warum Jakobus im weiteren Verlauf dieses Abschnittes sagt: „Ihr könnt nicht Freundschaft mit der Welt haben, weil Freundschaft mit der Welt Feindschaft zu Gott bedeutet.“ Wenn ich mein Leben nach den Prinzipien Gottes leben will, ist es ein Widerspruch, wenn ich im Alltag nach den Prinzipien dieser Welt lebe. Mit Welt ist hier das Denken gemeint, das von Gott losgelöst ist. Entweder orientiere ich mich an Gott oder nicht. Das ist ein innerer Widerspruch.
Jakobus beginnt sogar schon vor der Einführung des Begriffs „Welt“ mit der Feststellung: Woher kommen Kämpfe und Streitigkeiten unter euch? Er stellt fest, dass auch Christen nicht immer friedlich leben, weder in ihrem eigenen Leben noch in der Gemeinde. Er spricht seine Leser direkt an: Ihr seid in Kämpfe und Streitigkeiten verwickelt. In den allermeisten Fällen kommt das von den Lüsten in euren Gliedern.
Mit „Gliedern“ ist hier nicht das Gemeindeglied gemeint, sondern unser Körper. Das heißt, unser Körper, unser Denken und Empfinden treiben uns dazu, etwas zu tun, zu denken oder zu machen. Weil wir sehr stark auf diese inneren Regungen achten und nicht auf Gott, führt das zu Streit und Auseinandersetzungen in der Gemeinde, unter Christen, in der Familie oder überall dort, wo Menschen zusammen sind.
Lüste sind alles, wonach wir uns sehnen, wonach wir uns ausstrecken, was uns wichtig ist und was wir als Lebensziel formulieren. Aber diese Wünsche kommen nicht von Gott, sondern aus unserem eigenen Empfinden. Jakobus beschreibt das in den folgenden Versen noch deutlicher: Ihr seid begehrlich und habt es nicht. Das heißt, ihr sehnt euch nach Erfüllung, Glück, Liebe, Anerkennung, Besitz und all diesen Dingen. Ihr begehrt das, wollt es gerne haben, aber ihr habt es nicht.
Dann sagt er: Ihr mordet und neidet und könnt es doch nicht erlangen. Ich glaube, dass er mit „Morden“ hier nicht das wortwörtliche Töten meint, sondern eher auf die Auslegung Jesu eingeht. Jesus sagt, wenn man im Herzen schon böse Gedanken gegen den Bruder hat, ist das wie Mord. Jakobus meint also eher böse Gedanken und innere Feindseligkeiten.
Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die Menschen hier wirklich mit Messern aufeinander losgegangen sind. Aber es ist schlimm. Neid führt dazu, dass man missgünstig ist und böse auf andere, was zu vielen negativen und falschen Handlungen in der Gemeinde und Gemeinschaft führt. Wir sehnen uns nach etwas, wollen es haben und erreichen es nicht. Weil wir es nicht erreichen, meinen wir, wir müssen noch intensiver daran arbeiten.
Was uns einfällt, wenn wir nicht auf Gott schauen, ist, unrechtmäßige Mittel einzusetzen, um das Ziel zu erreichen – das, was hier mit „Morden und Neiden“ beschrieben wird. Am Ende dieses Prozesses steht: „Und ihr könnt es doch nicht erreichen.“ Mit kurzen Worten beschreibt Jakobus hier die Geschichte der Sehnsucht der meisten Menschen auf der Erde.
Die meisten Menschen sehnen sich nach etwas, das sie in ihrem Leben kaum, selten oder gar nicht erreichen. Sie haben etwas vor Augen: Wenn ich noch ein bisschen reicher bin, wenn ich diese Reise gemacht habe, wenn ich dieses Auto, Haus, diese Stereoanlage, diesen Computer oder den nächsten Schritt in der Karriereleiter habe. Oder wenn ich die ideale Frau oder den idealen Mann gefunden habe – was natürlich nie ganz gelingt, denn den idealen Menschen gibt es auf der Erde nicht.
Egal, wen man kennenlernt, man entdeckt mit der Zeit dessen Ecken und Kanten. Wenn diese Sehnsucht da ist, die ich selbst mit etwas ausfüllen will, das ich besitzen oder erleben möchte, führt das nur kurzfristig zu Befriedigung. Auf Dauer führt es zu Enttäuschung und Frustration.
Ich glaube, genau das sagt Jakobus hier: Eure Lüste treiben euch dazu, etwas zu wollen und zu erreichen, aber ihr habt es nicht. Ihr seid begehrlich, mordet und neidet und könnt es nicht erlangen. Diese innere Sehnsucht im Menschen kann nicht befriedigt werden durch das, was wir mit irdischen, menschlichen Mitteln erreichen können.
Augustinus, einer der frühen Christen, formuliert das ähnlich: „Unser Herz ist unruhig, bis es Ruhe findet in dir, Herr.“ So beschreibt er seine eigene Erfahrung. Augustinus war ein junger, talentierter Nordafrikaner, der in Tagaste aufwuchs. Sein Vater war wohlhabend, er studierte und machte Karriere in Rom als Redner und Professor.
Doch er war die ganze Zeit auf der Suche. Er schloss sich verschiedenen religiösen Gruppierungen an. In seiner Autobiografie, den „Bekenntnissen“, berichtet er, wie er eines Tages auf seinem Landgut war. Er hatte ein Stadthaus, ein Landhaus, eine Freundin – alles, was man sich vorstellen kann, um glücklich und gesund zu sein, angesehen und mit Freunden. Trotzdem war er innerlich unzufrieden und auf der Suche.
Dann hörte er draußen auf der Straße Kinder rufen: „Nimm und lies!“ Er schlug die Bibel auf, die ihm ein Freund gegeben hatte, und las eine Stelle aus dem Römerbrief: „Die Fresser und Säufer werden das Himmelreich nicht sehen.“ Das traf ihn stark. Er las weiter über die Gnade Gottes, was ihn schließlich zur Bekehrung führte.
Von diesem Zeitpunkt an änderte sich alles. Er gab seinen Job auf, regelte die Dinge mit seiner Freundin und zog zurück nach Nordafrika. Dort wurde er Missionar, Gemeindeleiter und vieles mehr. Seine Lebensgeschichte beschreibt genau das, was Jakobus hier schreibt: Die Lüste im Menschen treiben ihn dazu, etwas zu wollen, um glücklich und zufrieden zu werden. Das kann Christen genauso betreffen wie Nicht-Christen.
Wir versuchen es, kommen aber nicht zu der Ruhe und Erfüllung, die wir uns erhoffen. Augustinus heißt mit vollem Namen Aurelius Augustinus. Seine „Bekenntnisse“ sind eine der ersten autobiografischen Lebensgeschichten von Christen, die wir überhaupt haben. Viele Christen schreiben ihre Geschichte nicht auf, zumindest damals nicht. Darum wissen wir wenig über sie.
Augustinus reflektiert ausführlich darüber, wie er aufwuchs, wie seine gläubige Mutter für ihn betete und wie seine Suche verlief. Am Ende fand er die Ruhe bei Gott, genau das, was er in seinem berühmten Satz zusammenfasst.
Jakobus will uns mit diesem Abschnitt auch sagen: Ihr streitet und kämpft danach, doch ihr bekommt es nicht. Dann sagt er: Ihr streitet und kämpft und habt es nicht, weil ihr nicht bittet. Das heißt, es gibt eine Lösung: Bittet! Wie könntet ihr es bekommen, wenn ihr nicht bittet?
Es ist klar, dass hier Gott gemeint ist. Es geht ums Gebet, sich an Gott zu wenden und ihn zu bitten, das innere Vakuum, das Glücksbedürfnis auszufüllen. Doch Jakobus denkt gleich weiter. Er hört schon die Einwände seiner Gegner: „Ich habe doch gebetet!“
Vielleicht kennt man solche Leute, die sagen: „Ich bin von Gott enttäuscht, denn ich habe gebetet.“ Zum Beispiel jemand, der arbeitslos war und Gott um einen Job gebeten hat, oder eine Freundin, deren Eltern sich trotz Gebeten geschieden haben. Manchmal läuft es nicht so, wie wir es uns wünschen.
Manche Wünsche sind auch egoistisch: „Bitte mach mich reich!“ oder „Ich bin verliebt, mach bitte, dass sie meine Frau wird.“ Gott antwortet manchmal anders, als Menschen es wollen. Das führt oft zu Enttäuschung und Frustration.
Jakobus schreibt auch, woran es liegen kann: „Ihr bittet und bekommt nicht, weil ihr in böser Absicht bittet.“ Was ist das für eine böse Absicht? Es bedeutet, dass wir nur in unseren Lüsten vergeuden wollen. Unsere Bitten richten sich nicht auf Gott, sondern wir wollen Gott in unseren eigenen Lebensplan einbauen.
Zum Beispiel: „Ich habe mir in den Kopf gesetzt, ich kann nur glücklich sein, wenn ich Multimillionär bin. Bitte mach mich zum Multimillionär.“ Wenn Gott das nicht tut, liegt das daran, dass es der falsche Weg ist. Wenn wir Gott ehrlich bitten, unsere innere Sehnsucht zu erfüllen, wird er das tun – aber vielleicht ganz anders, als wir es uns vorstellen.
Das bedeutet, wenn wir Gott bitten, um ihn in unser eigenes Boot zu holen, um ihn als Unterstützer unseres weltlichen Lebensplans zu benutzen, wird das oft nicht klappen. Wir müssen bereit sein, unseren Lebensplan nach Gottes Plan auszurichten.
Manche Christen stützen sich deshalb auf die Aussage Jesu: „Alles, was ihr bitten werdet in meinem Namen, das werde ich euch geben.“ Es gibt sogar Tricks, wie man das angeblich machen kann. Manche sagen: „Wenn ich am Ende meines Gebets bitte: ‚Gib mir einen Ferrari im Namen Gottes, Amen‘, dann muss Jesus das tun.“
Das ist ein völliges Missverständnis. Manche Christen machen daraus ein ganzes System. Es gibt Tipps für „erfolgreiches“ oder „erhörliches“ Gebet. Manchmal meint man, es gebe einen Trick, um Gott zu überreden. Das ist aber ein falsches Verständnis von Gott und von dem, was uns gut tut.
Es ist der Glaube, dass ich weiß, was mir gut tut, und dass Gott das tun muss, was ich will. Als Christ geht es genau andersherum: Ich muss zuerst eingestehen, dass ich meistens keine Ahnung habe, was gut für mich ist. Dann bitte ich Gott: Gib mir, was ich brauche, nicht das, was ich gerne will.
Dieses Gebet geschieht oft im Namen Jesu. Das bedeutet auch, dass wir im Einklang mit dem Willen Jesu beten. Je näher wir mit Gott leben, desto mehr beten wir nicht für überflüssige Dinge, sondern für das, was für unser Leben wirklich wichtig ist. Gott zeigt uns das durch den Heiligen Geist.
Manche Bitten klingen gut, zum Beispiel um einen Job. Es kann sein, dass das Gottes Wille ist, oder dass es nur unser eigenes Karrierestreben ist. Gott wird unterschiedlich darauf antworten. Zum Glück gibt Gott uns nicht alles, worum wir bitten.
Manche Menschen meinen, es sei ein besonderer Segen, wenn Gott alles gibt, was wir erbitten. Vor einigen Jahren las ich in einem Buch einen alten chinesischen Wunsch: „Alle deine Wünsche mögen sich erfüllen.“ Das klingt zunächst wie ein Segenswunsch, ist aber in China ein Fluch.
Das ist interessant zum Nachdenken. Wahrscheinlich stimmt das auch: Wenn wir alles bekämen, was wir uns wünschen, wären manche von uns in Schwierigkeiten. Viele unserer Wünsche sind nicht gut für uns. Denkt nur an verrückte Wünsche aus der Kindheit.
Wenn ihr alles davon bekommen hättet, wärt ihr vielleicht Superman oder Spiderman oder sähet aus wie Claudia Schiffer. Mein Sohn sagte neulich, eines seiner Vorbilder sei Dagobert Duck, weil er so reich sein möchte. Ich fragte ihn, ob er nicht sehe, wie geizig Dagobert sei. Aber fasziniert ist er trotzdem.
Zum Glück gibt Gott uns, wenn wir auf ihn vertrauen und ihn ehrlich bitten, häufig das, was wir brauchen. Er kann uns Frieden und Ruhe geben, nach der wir uns sehnen – aber nicht immer das, was wir ihm vorschreiben wollen.
Deshalb: Erstens bemüht ihr euch nach fleischlichen, irdischen, weltlichen Dingen, die euch nicht guttun, weil ihr sie nicht bekommt. Zweitens versucht ihr, unlautere Mittel einzusetzen, um euer Ziel zu erreichen, und seid trotzdem unzufrieden. Drittens beginnt ihr zu beten, aber ihr benutzt das Bitten, um eure weltlichen Ziele zu erreichen.
Dann sagt Jakobus: Ihr bekommt es nicht, weil eure Bitten nur weltlich und fleischlich sind und nicht auf Gott ausgerichtet. Das klingt zwar geistlich, ist es aber nicht.
Die geistliche Untreue und die Unvereinbarkeit von Welt und Gott
Ja, und dann kommt er hier zum nächsten Punkt mit dieser Aufforderung: „Ihr Ehebrecher und Ehebrecherinnen.“
Also, hier sind ziemlich deutlich keine irdischen, wörtlichen Ehebrecher gemeint. Warum? Weil er das ja nachher erklärt. Er sagt: Ihr wisst ja nicht, dass Freundschaft mit der Welt Feindschaft gegen Gott ist. Das heißt, Ehebruch wird hier – wie häufig im Alten Testament – als Synonym benutzt, um auszudrücken, dass du neben Gott noch etwas anderes stellst.
Im Alten Testament wurde ja häufig verglichen, dass Gott der Partner Israels ist. Im Neuen Testament wird verglichen: Die Gemeinde ist die Braut Jesu. Das ist damit gemeint.
Und damit ist gemeint: Wenn du mit jemandem verheiratet bist – also wenn du hier mit Gott verheiratet bist im geistlichen Sinne – und dich dann doch nach der Welt orientierst, dann wird gesagt, dass du ein Ehebrecher bist. Denn du hast doch geschworen, du hast doch versprochen, als du gläubig geworden bist: Gott, du bist mir alles, Jesus, du bist mir alles, ich will dir nachfolgen, ich will mit dir leben.
Aber in deiner konkreten Lebensführung machst du das gar nicht so. Stattdessen willst du in deinem Leben die Ziele festsetzen, die jetzt zu erreichen sind und die die Scheibe glücklich machen. Dann sagt Jakobus: Du bist eigentlich ein geistlicher Ehebrecher, weil du dich gegen Gott gestellt hast und seinen Plan.
Deshalb sagt er auch: Ihr seid geistliche Ehebrecher. Dann begreift doch mal, dass Freundschaft mit der Welt Feindschaft gegen Gott ist. Das passt eben nicht zusammen. Das ist wie Feuer und Wasser, wie Schwarz und Weiß – das geht nicht.
Freundschaft mit der Welt heißt ja nicht, dass du mit niemandem befreundet sein darfst, der ungläubig ist. Das ist damit nicht gemeint. Das würde ja jede Mission verunmöglichen. Du könntest ja gar keinem mehr vom Glauben erzählen, weil du mit dem nicht mehr reden darfst. Das ist nicht gemeint.
Freundschaft mit der Welt meint nicht in erster Linie, keine Freunde zu haben, die ungläubig sind. Freundschaft mit der Welt heißt, du sympathisierst mit diesem System „Welt“, mit den Versprechen, die dir dort gegeben werden für Glück, Zufriedenheit, Lebenssinn usw. Damit sympathisierst du.
Denn das kann dir ja selbst ein Ungläubiger sagen. Wir können jetzt einen gläubigen Freund haben, der lebt aber auch nur nach dem Motto: Wie kann ich glücklich werden mit irdischen Sachen? Und dann sage ich: Okay, der ist gläubig, also darf ich das mit ihm machen? Nein!
Hier ist ja auch kein Tipp, wo du deinen Ehepartner suchen sollst. Also wenn jetzt einer sagt: Ja, dann kann ich einen Ungläubigen heiraten – darum geht es hier gar nicht. Sondern es geht darum: Worauf baust du dein Leben auf? Was sind die Ziele in deinem Leben? Wonach orientierst du dich?
Und da soll uns gesagt werden: Du kannst entweder nur die Maßstäbe der Welt nehmen – das heißt die, die von Gott losgelöst sind – oder du kannst die Maßstäbe nehmen, die von Gott gegeben sind für ein glückliches, zufriedenes, erfülltes Leben.
Aber beide zusammen passen eben nicht. Zum Beispiel redet Jesus an manchen Stellen vom betrügerischen Reichtum – ich habe das schon mal gesagt. Das heißt, wenn du meinst, dass du durch besonders viel Geld glücklich wirst, dann ist das nicht mehr vereinbar mit dem, was Gott sagt. Denn Gott sagt genau das Gegenteil: Das wird dich nicht glücklich machen.
Manche Leute sind trotz ihres Reichtums glücklich – das gibt es schon. Es ist ja nicht so, dass jeder Reiche unglücklich ist. Aber es ist nicht so, dass Reichtum per se glücklich macht.
Oder sexuelle Promiskuität macht nicht generell glücklich. Das heißt, mit möglichst vielen Partnern ins Bett zu gehen, macht nicht automatisch glücklich. Aber die Welt versucht genau das vor Augen zu malen.
Wenn du heute als Mann oder Frau deinem Arbeitskollegen oder Nachbarn sagst, ich bin so und so lange verheiratet, dann wird dir heute immer weniger gratuliert. Stattdessen schütteln dir immer mehr Leute den Kopf und denken sich: Was stimmt mit dir nicht? Bist du schon so alt oder so hässlich, dass du keinen anderen mehr bekommen kannst? Liegt das daran? Oder hast du einfach noch nicht verstanden, worum es geht?
Aber ihr müsst mal sehen: Nach Statistik seid ihr, wenn ihr Mann und Frau seid, Kinder habt und lebenslang verheiratet seid, in Deutschland die totale Ausnahme. Wer treu ist in der Ehe, das ist nicht normal. Das ist aber geistlich.
Deshalb bleibt dabei. Nicht, dass ihr sagt: Ich will aber normal sein. Bleibt dabei! Aber die Leute um uns herum suggerieren: So kannst du ja nicht glücklich sein. Glücklich sein kannst du nur, wenn deine Emotionen dir sagen: Da läuft eine hübsche Frau herum, versuch sie anzubaggern oder etwas mit ihr anzufangen. Und wenn du keine Lust mehr auf sie hast, such dir eine neue. Mach das so lange, wie du körperlich einigermaßen ansprechend bist.
Wenn du dann alt bist, musst du halt jemanden suchen, der dir das Alter teilt. Aber solange du frisch und knackig bist, such dir jemanden, mit dem es Spaß macht, zusammen zu sein.
Wenn du das aber siehst, kann das kurzfristig manchen Leuten positive Emotionen geben, wird aber langfristig Menschen kaputt machen. Genau das ist es, was uns Gott sagt.
Deshalb der Hinweis: Du kannst nicht Freundschaft mit der Welt haben – das heißt mit den Maßstäben und Vorstellungen, die dort sind – und gleichzeitig Freundschaft mit Gott. Denn das schließt sich gegenseitig aus.
Es geht ja nicht darum, dass du einen Ungläubigen hast, mit dem du sprichst. Das ist ja gar nicht das Problem. Sondern es geht darum, dass du nach den Maßstäben lebst, die diese Welt vorgibt für Lebenssinn, Ziel usw. Das schließt sich aus, und das sollen wir nicht tun. Das geht nicht.
Dann steht ja sogar noch: Ein eifersüchtiges Verlangen hat der Geist – Gott, der in uns wohnt. Eifersüchtig heißt, Gott will, dass wir uns ausschließlich an ihm orientieren.
Er will nicht, dass wir da auf beiden Seiten hinken und mal so oder so machen, weil er weiß, es schadet uns. Und weil er auch nicht eine zweite Rolle spielen will neben vielen anderen.
Also: Ich habe mein Boot, ich habe mein Auto, ich habe meinen Urlaub, ich habe meine Frau – aber eigentlich habe ich auch noch Gott.
Gott will in unserem Leben die zentrale Rolle spielen, und das tut uns gut. Häufig, wenn wir auf Gott schauen, dann haben wir das, was wir suchen und brauchen.
Deshalb sagt er am Ende auch: Umso reicher ist er an Gnade, die er gibt.
Das heißt: Wenn ich versuche, zuerst mit meinen eigenen Zielen das Lebensglück zu erreichen, werde ich weder glücklich durch das irdische Ziel, das ich nicht erreiche, noch glücklich im Glauben, weil es halbherzig ist.
Hingegen, wenn ich mich ganz an Gott hänge und an ihn orientiere, dann wird Gott mir Gnade geben und vieles von dem, was ich mir wünsche und brauche, schenken.
Manchmal ist es so, dass wir auf dem Weg, auf dem wir unsere Ziele erreichen wollen, sie nicht erreichen. Wenn ich aber davon weg schaue, bekomme ich manches von dem, was ich wünsche oder brauche, weil Gott gnädig ist und mich beschenkt.
Also: Erst mal nur auf Gott ausrichten. Zum Glück ist dieser Gott gnädig und will nicht nur, dass wir ihm dienen, sondern auch, dass er uns bereichert und beschenkt.
Das steckt da auch mit drin. Deshalb hier wieder so ein Spruch aus dem Alten Testament, den wir in Vers 6 haben, aus Sprüche 3,34:
Gott widersteht den Hochmütigen, den Demütigen aber gibt er Gnade.
Hochmütig ist hier die Gemeinde, die sagt: Ich weiß schon genau, was richtig ist, ich weiß, wie ich mein Leben in der Hand habe, ich weiß, wie ich alles manage, ich bin toll.
Da sagt Gott: Na gut, dann bitte sehr, mach, was du schaffst. Und dann wirst du mit der Zeit immer mehr merken, wie wenig du schaffst.
Meistens ist das ja die Übermut der Jugend, da ist das besonders ausgeprägt. Je jünger, desto ignoranter bei vielen.
Fragst du viele Junge – viele, aber nicht alle – ist es eine Schwäche der Jugend, weil sie meinen, die ganze Welt erobern zu können. Sie sind körperlich fit, stark, schön, angesehen. Deshalb meinen sie häufig: Das brauche ich doch nicht, ich brauche keinen Gott, ich weiß, wie das geht, und diese Alten und Schwachen sollen mal weg, ich werde das schaffen.
Dann wirst du langsam älter und merkst, ganz so toll ist das nicht. Du schaffst vieles nicht, Misserfolge stellen sich ein, es klappt nicht so toll, körperliche Gebrechen kommen, und mit der Zeit wirst du automatisch demütiger. Du musst es.
Nur einige Leute werden frustriert und verbittert, weil sie nicht die richtige Schlussfolgerung daraus ziehen.
Umgekehrt: Wenn du schon als junger Mensch anfängst, dich vor Gott zu demütigen – und demütig ist hier nicht negativ gemeint –, dann heißt das einfach, du gestehst ehrlich ein: Ich halte mich zwar für toll, aber ich weiß, dass meine Grenzen eng gesetzt sind. Ich weiß, dass ich vieles nicht weiß und nicht kann. Meine Vorstellungen und Wünsche vom Leben sind häufig falsch.
Das meint konkret Demut. Demut heißt: Ich bin bereit, mich Gott unterzuordnen. Gott steht über mir – das ist mit Demut hier gemeint.
Also entweder bist du hochmütig, stellst dich über Gott, oder du bist demütig, stellst dich unter Gott und bist bereit, darauf zu hören, was er dir zu sagen hat für dein Leben.
Dem gibt Gott Gnade, den segnet Gott, und das wird das sein, was uns dann erfüllt.
Praktische Schritte zur Demut und Gottesnähe
Nächster Abschnitt, Vers 7 bis Vers 12. Hier gibt es einige ganz konkrete Tipps, wie dieses Demütigen vor Gott aussehen kann und wie ein Leben nach den Prinzipien Gottes gestaltet werden kann.
„So unterwerft euch nun Gott, widersteht dem Teufel, so flieht er von euch. Naht euch zu Gott, so naht er sich zu euch. Reinigt die Hände, ihr Sünder, und heiligt eure Herzen, die ihr geteilten Herzens seid. Fühlt euer Elend, trauert und heult! Euer Lachen verwandelt sich in Trauer und eure Freude in Niedergeschlagenheit. Demütigt euch vor dem Herrn, so wird er euch erhören. Verleumdet einander nicht, ihr Brüder! Wer seinen Bruder verleumdet und richtet, der verleumdet das Gesetz und richtet das Gesetz. Wenn du aber das Gesetz richtest, so bist du nicht Täter, sondern Richter des Gesetzes. Einer aber ist Gesetzgeber und Richter, der Macht hat zu retten und zu verderben. Wer bist du, dass du den anderen richtest?“
Also zunächst einmal einige ganz praktische Tipps, wenn du mit Gott leben willst: Was kannst du tun? Das ist keine vollständige Liste, aber ein paar allgemeine Hinweise.
Erstens: Unterwerft euch nun Gott! Sei bereit, den Herrschaftsanspruch Gottes in deinem Leben zu akzeptieren. Frage Gott, was er in deinem Leben erreichen will.
Als Nächstes: Flieht vom Teufel, so flieht er von euch. Was bedeutet das? Der Teufel will in unserem Leben bestimmte Dinge erreichen. Wir haben ja im ersten Kapitel gelesen, dass der Teufel uns in Anfechtung und Versuchung führt. Fliehen vom Teufel heißt, dass du dich auf keine Diskussion mit ihm einlässt. Sobald du den Teufel nur „riechst“ oder erahnst, solltest du innerlich „abhauen“. Das ist nicht räumlich gemeint, sondern innerlich.
Der Teufel will dir böse Gedanken geben. Du bekommst einen Gedanken, von dem du eindeutig weißt, dass er gegen Gottes Willen ist. Die Gefahr besteht darin, dass wir uns auf ein Gespräch einlassen, abwägen, ob es gut oder schlecht ist, oder ob wir es vielleicht tun sollen. Wir suchen Gründe, die dafür sprechen, und dann hast du schon halb verloren. Das Einzige, was du tun kannst, wenn du einen bösen Gedanken bemerkst, ist, davon zu fliehen und dich nicht weiter darum zu kümmern.
Manchmal kann das auch örtlich gemeint sein: Wenn du weißt, dass sich in deiner Umgebung Menschen aufhalten, die Drogen nehmen oder trinken, und du nicht stark genug bist, ihnen ein Vorbild zu sein, dann geh da nicht hin. Wenn du abends vor dem Fernseher nicht den Ausknopf findest, dann schmeiß den Fernseher weg oder lagere ihn im Keller ein. Wenn du merkst, dass der Teufel dich durch bestimmte Orte oder Situationen verführen will, meide diese.
Das ist das, was wir tun können. Und hier steht auch eine Verheißung Gottes: Wenn du das tust, wird der Teufel von dir ablassen. Wenn du dich auf ein Gespräch einlässt oder Kompromisse schließt, musst du dich nicht wundern, dass du am Ende genau das tust, wozu der Teufel dich verführen will.
Der Teufel muss nicht mit Hörnern und Pferdefüßen erscheinen, und du musst auch nicht den Schwefelgeruch riechen, wenn er dich anpustet. Häufig tritt er in der Bibel eher als „Engel des Lichts“ auf. Am erfolgreichsten ist er in dieser Rolle, wie bei Adam und Eva: „Willst du nicht sein wie Gott?“ Das klingt erst einmal gut. Selbst bei Jesus ist er so aufgetreten: „Ich biete dir die ganze Erde, wenn du dich vor mir niederkniest.“ Er versucht, sich positiv darzustellen und dir einen Weg zum Glück, zur Zufriedenheit, zum Erfolg und Reichtum zu zeigen.
Glücklich und reich sein ist an sich nicht falsch. In der Bibel finden wir reiche Menschen wie Abraham und Noah, die reich waren, aber das war ein Geschenk Gottes. Wenn du versuchst, es auf deinem eigenen Weg zu erreichen, wird es häufig schiefgehen.
Also: Flieh vom Teufel! Überall dort, wo du Versuchung spürst oder von Gott weggezogen wirst, hau ab, meide die Situation, geh erst gar nicht hinein.
Umgekehrt steht dann im Positiven: „Naht euch zu Gott, so naht er sich zu euch.“ Willst du Gott mehr erfahren? Es gibt einfache Tipps dafür. Nähe zu Gott bedeutet zum Beispiel, dir Zeit fürs Beten zu nehmen. Dann sagst du: „Gott, hör mir zu, ich will dir etwas sagen.“ So näherst du dich Gott.
Oder du sagst: „Gott spricht zu mir.“ Wie spricht Gott zu dir? In erster Linie durch die Bibel. Nähe zu Gott heißt also auch, die Bibel zu lesen. Gott spricht manchmal auch durch Brüder und Schwestern zu dir. Deshalb ist geistliche Gemeinschaft wichtig.
Ich sage bewusst „pflegt geistliche Gemeinschaft“ und nicht nur „besucht die Gemeinde“, denn ein Besuch allein bedeutet nicht automatisch geistliche Gemeinschaft. Es geht auch darum, wie offen du dafür bist, dass andere dir etwas weitergeben. Manche hören nur kritisch zu und suchen Fehler. Das ist schlecht.
Wenn ich in eine Predigt oder einen Gottesdienst gehe, ist mein erstes Gebet: „Gott, sprich du zu mir in diesem Gottesdienst.“ Und bisher habe ich fast immer erlebt, dass Gott mir etwas Wichtiges gezeigt hat – sei es ein Bibelvers, ein Beispiel, ein Lied, ein Zeugnis oder ein Gespräch nach dem Gottesdienst.
Naht euch zu Gott – so naht er sich zu euch. Das ist ein Versprechen, das Gott durch Jakobus gibt. Dazu gehören die klassischen Dinge: Nähe zu Gott suchen, mit ihm sprechen im Gebet, auf ihn hören, Gemeinschaft mit anderen Christen, die geistliche Dinge besprechen.
Ich kann ja auch einfach mit Christen grillen gehen, das ist nicht schlecht, aber das führt nicht automatisch zu einer Vertiefung der Beziehung zu Gott, nur weil sie Christen sind. Geistlicher Austausch ist wichtig, vielleicht beim Grillen oder danach.
Also geht es nicht nur darum, Christen zu treffen, sondern geistliche Gemeinschaft zu haben, durch die Gott dir begegnet, weil er auch durch Geschwister zu dir spricht.
Das wären jetzt drei einfache Dinge, die ihr alle kennt, aber das Geheimnis ist: Wundere dich nicht, wenn du wenig Nähe zu Gott hast, wenn du dich nicht zu ihm näherst und seine Nähe nicht suchst.
Dann geht es noch etwas weiter, mit ethisch-praktischen Aspekten: „Reinigt die Hände, ihr Sünder!“ Hier nimmt Jakobus ein Bild, das euch wahrscheinlich klar ist. Es geht nicht darum, die Hände vor dem Essen zu waschen, sondern um eine moralische Reinigung.
Die Hände stehen hier als Beispiel, weil wir viele Sünden mit unseren Händen tun. „Reinigt eure Hände“ bedeutet: Bereut das, was ihr mit den Händen falsch gemacht habt, bittet Gott um Vergebung. Es geht um eine ethische Reinigung der Hände, die dann nur noch für das Gute eingesetzt werden sollen.
In der Bibel gibt es solche Bilder: Mit der Hand kann man jemanden schlagen oder die Wunden eines Sterbenden halten. Man kann mit der Faust zuschlagen oder jemanden berauben. Wir tun mit unseren Händen sowohl gute als auch böse Dinge.
Hier heißt „reinigen“: Bitte Gott um Vergebung für das, was du falsch gemacht hast, und setze deine Hände nur noch für das ein, was Gott will.
Dann heißt es: „Heiligt eure Herzen!“ Das Herz ist in der Bibel der Sitz des Willens. „Heiligen“ heißt aussondern für etwas, also etwas nur für Gott zu gebrauchen.
Wenn ein Gerät im Tempel heilig war, dann wurde es nur für Gott gebraucht. Heilig ist hier nicht im katholischen Sinne zu verstehen, sondern bedeutet, dass etwas für Gott ausgesondert ist.
Wenn hier steht „heiligt eure Herzen“, ist gemeint, dass wir unseren Willen ganz Gott unterstellen sollen. Unser Herz soll nicht geteilt sein, also halb für Gott und halb für mich, je nachdem, wie es gerade passt.
Manche sagen: Zehn Prozent für Gott, neunzig Prozent für mich, oder fünfzig-fünfzig. Hier steht aber: Heiliget eure Herzen! Das heißt, du sollst mit reinen Motiven deine Entscheidungen treffen. Das ist eine immense Herausforderung.
Wenn wir das nicht schaffen, erinnert uns Jakobus am Anfang des Briefes: Wem Weisheit mangelt, der bitte Gott darum, denn er gibt gerne Weisheit.
Es geht nicht darum, den Druck zu erhöhen und alles aus eigener Kraft leisten zu müssen. Manchmal geht es nur darum, zu erkennen, was falsch läuft, und es wirklich wollen zu wollen.
Vielleicht sagst du: „Ich will“, aber eigentlich willst du es nicht so richtig. Dann musst du es wollen wollen. Du kannst auch zum Herrn Jesus sagen: „Ich will, aber ich will doch irgendwie nicht. Hilf mir zu wollen!“ Dann kann Gott dir Weisheit und Willen geben, damit dein Wille stärker wird, das zu tun, was Gott will, und dass deine eigenen Ideen in den Hintergrund treten.
Also: Heiligt eure Herzen, die ihr geteilten Herzens seid. Das sind diejenigen, die sagen: „Ich hänge noch an der Welt. Ich denke, ich werde am glücklichsten, wenn ich Karriere mache.“ Und innerlich spüren sie: „Eigentlich werde ich eher glücklicher, wenn ich mich nach Gott ausrichte.“ So sind sie hin- und hergerissen.
Dann heißt es: „Fühlt euer Elend, trauert und heult!“ Das klingt fast so, als sollten wir alle depressiv werden. Das wird aber noch näher erklärt.
„Euer Lachen verwandelt sich in Trauer und eure Freude in Niedergeschlagenheit.“ Heißt das, wir dürfen nicht mehr lachen? Doch, wir dürfen.
In Umberto Ecos Roman „Im Namen der Rose“ wird eine Diskussion aus dem Mittelalter erwähnt, in der Mönche darüber stritten, ob Jesus gelacht habe. Ein Großteil der Mönche war dagegen, weil Lachen als Zeichen von Oberflächlichkeit galt.
Ich glaube, Jesus hat gelacht. Im Alten Testament steht sogar, dass Gott lacht und gelacht hat. Manche sagen auch: Schau dir die Natur an, wie lustig manche Vögel und Schmetterlinge sind – da muss man doch lachen. Das will ich aber hier nicht weiter vertiefen.
Lachen ist etwas Positives und kann Ausdruck von Freude sein. Es gibt aber auch böses Lachen, etwa Schadenfreude: „Ah, wie schlimm es dem anderen geht!“ Oder wenn jemand sich verletzt, und man darüber lacht.
Ein Christ hat mir erzählt, dass er auf der Autobahn dicht aufgefahren ist, um einen anderen Fahrer in eine Blitzanlage zu locken, was zu einem Unfall führte. Das ist keine christliche Freude, sondern weltlich und irdisch.
Hier ist mit „euer Lachen verwandelt sich in Trauer“ das leichtfertige, oberflächliche, weltliche Lachen gemeint – das Lachen über blöde Witze, Betrunkene oder Schadenfreude.
Wenn Trauer gemeint ist, dann heißt es: Weint darüber, wie oberflächlich ihr seid, wie ihr euer Haus auf Sand gebaut habt und falsche Ziele verfolgt.
Das heißt nicht, dass wir nicht mehr lachen dürfen. Natürlich dürfen wir lachen. Es gibt viele schöne Dinge, über die wir uns freuen können.
Ich erinnere mich an eine Bibelschülerin, die aus einer sehr strengen Gemeinde kam und an der Bibelschule das Lachen gelernt hat. Anfangs dachte sie, dass Lachen im Gottesdienst nicht erlaubt sei, aber das ist nicht so.
Wir dürfen lachen, es kommt nur darauf an, worüber und wie wir damit umgehen. Verletzen wir andere damit? Verspotten wir sie? Oder lachen wir aus echter Freude und Begeisterung?
Hier ist das negative, oberflächliche, leichtfertige Lachen gemeint.
„Fühlt euer Elend“ bedeutet: Sieh dir an, wer du wirklich bist. Erkenne deine Sündigkeit und wie weit du noch von Gottes Willen entfernt bist. Dann weine darüber.
Das ist vor allem für diejenigen gedacht, die halbherzig leben, die mal ein bisschen mit Gott, aber auch viel weltlich leben wollen. Sie sollen erkennen, wie elend sie sind, und darüber weinen. Das ist der erste Schritt zur Besserung.
„Und so soll sich also... eure Freude in Niedergeschlagenheit verwandeln. Demütigt euch vor dem Herrn, so wird er euch erhöhen.“ Hier gilt dasselbe Prinzip: Wenn wir uns Gott unterordnen, wird er uns das schenken, wonach wir uns wirklich sehnen und was wir brauchen.
Zum Abschluss noch ein wichtiger Gedanke: „Verleumdet einander nicht, ihr Brüder!“ Und: „Wer seinen Bruder richtet, der richtet das Gesetz.“ Ähnliche Aussagen finden wir auch bei Jesus.
Im deutschen Sprichwort heißt es: „Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen.“ Jesus spricht vom Splitter und Balken – wir sollen nicht den Splitter im Auge des anderen sehen, wenn wir einen Balken im eigenen Auge haben.
Es besteht die Gefahr, dass man das falsch versteht, nämlich so, dass jeder machen soll, was er will. Das steht hier nicht.
Hier steht: Du sollst den anderen nicht nach deinen eigenen Maßstäben richten, sondern nur nach Gottes Maßstäben. Denn Gottes Gericht steht an.
Wenn du das Gesetz richtest, stellst du dich über das Gesetz Gottes. Gott sagt, was richtig und falsch ist. Wenn du dich über ihn stellst und eigene Regeln aufstellst, ist das falsch.
Wenn du jemanden an das erinnerst, was Gott sagt, bist du nicht der Richter, sondern nur der Sprecher Gottes. Wenn du aber eigene Regeln erfindest und andere danach richtest, stellst du dich an Gottes Stelle und das ist Sünde.
Das sollst du nicht tun!
Das ist eine wichtige Ermahnung, weil viele Streitigkeiten in Gemeinden daraus entstehen, dass Menschen eigene Regeln aufstellen und diese an die Stelle von Gottes Geboten setzen.
Zum Beispiel kenne ich Gemeinden, in denen es heißt: „Wenn du Christ bist, darfst du keinen Fernseher haben.“ Ich habe kein Problem damit, wir haben seit zehn Jahren keinen Fernseher mehr. Aber das ist keine biblische Vorschrift, sondern eine Entscheidung aus Vernunft.
Ich empfehle, den Fernseher wegzugeben, weil er Zeit raubt und oft falsche Gedanken bringt. Natürlich gibt es auch gute Sendungen, aber die sind selten.
Ich vertrete nicht die Auffassung, dass man kein Christ sein kann, wenn man einen Fernseher hat. Aber manche Gemeinden setzen ihre eigenen Regeln als göttliche Gebote.
Das führt schnell zu Problemen.
Heute ist das nicht das Hauptthema, ich wollte es nur als Beispiel anführen.
Ich freue mich darauf, morgen mit euch den Rest des Kapitels zu besprechen. Dort geht es darum, wie wir unser Leben planen und den Willen Gottes erkennen und berücksichtigen können.
Es kommen auch spannende Themen wie der Umgang mit Krankheit und die Salbung der Ältesten vor.
Das besprechen wir morgen nachmittags. Morgen Abend gibt es eine Missionsveranstaltung, und am Montagabend den gemeinsamen Abschlussabend.
Am Montagmorgen wird Paul Timlin noch einmal sprechen.
Wir können dann auch eine Gesprächsrunde machen, die sich nicht nur auf Jakobus beschränkt, sondern auch andere Themen umfassen kann.
Für heute machen wir Schluss. Ich bete.