Gott wird Mensch: Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter ist, Weg, Wahrheit und Leben.
Episode 444
Jesus lehrt im Tempel und die göttliche Souveränität seiner Stunde
Nicht von dieser Welt
Der Herr Jesus unterhält sich mit seinen Gegnern, den Pharisäern, und zwar im Tempel. Johannes 8,20: Diese Worte redete er in der Schatzkammer, als er im Tempel lehrte, und man könnte auch übersetzen: „aber niemand legte Hand an ihn, denn seine Stunde war noch nicht gekommen.“
Beginnen wir mit einem kleinen Hinweis. Wenn hier steht, diese Worte redete er in der Schatzkammer, sollte man besser übersetzen: diese Worte redete er „in der Nähe der Schatzkammer“. Schatzkammern sind im Allgemeinen nicht für jeden zugänglich. Trotzdem zeigt die Örtlichkeit an, dass sich Jesus im Innern des Tempelgebäudes befand, wahrscheinlich im Vorhof der Frauen, womöglich sogar nahe bei der Halle, wo sich der Hohe Rat traf.
Leider wissen wir über die Schatzkammer selbst nicht mehr. Der Herr Jesus saß also nicht am Ausgang, wo er jederzeit hätte fliehen können. Trotzdem legte niemand Hand an ihn. Warum? Denn seine Stunde war noch nicht gekommen. Hier spüren wir etwas von der göttlichen Souveränität, die das Leben Jesu durchzieht.
Wenn die Stunde kommt, würde der Hohe Rat sich gegen Jesus stellen und ihn umbringen lassen. Aber jetzt noch nicht. Ein wenig denke ich, dass dasselbe auch für mein Leben gilt. Obwohl Gott mir viel Freiheit gibt, mein Leben für ihn zu leben, ist er es doch, der im Hintergrund über mich wacht.
Wenn mir etwas passiert, hat das irgendwie auch damit zu tun, dass meine Stunde gekommen ist. Gott weiß, was er mir wann zumuten darf. Er hat für alles seine Gründe. Und auch wenn ich diese Gründe vielleicht nie ganz durchschaue, muss ich mir trotzdem keine Sorgen machen, dass ihm etwas entgleiten könnte.
Warnung vor dem Verharren in der Sünde und die Bedeutung von Jesu Weggang
Johannes 8,21: Er sprach nun wieder zu ihnen: „Ich gehe hin, und ihr werdet mich suchen und in eurer Sünde sterben. Wohin ich gehe, könnt ihr nicht hinkommen.“
Das ist eine Warnung – eine Warnung im Sinne von: Euch läuft die Zeit davon. Wenn der Herr Jesus davon spricht, dass er weggeht, meint er damit seine Himmelfahrt. Er hatte ja schon gesagt, dass er weiß, woher er kommt – von Gott – und wohin er geht: zurück zu Gott.
Dann werden sie ihn suchen. Sie werden sich Gedanken machen darüber, wie es sein kann, dass eine Gruft leer ist, dass die Jünger einen Auferstandenen gesehen haben wollen und dass Jesus verschwunden ist.
Aber das eigentliche Problem ihres Lebens besteht nicht in der Suche nach einem verschwundenen Rabbi, sondern darin, dass sie in ihren Sünden sterben werden. Genau das darf einem Menschen einfach nicht passieren.
Wir merken hier, dass Jesus zu vermeintlich gläubigen Juden spricht. Doch er schaut hinter ihre Fassade und findet dort die Schuld nicht vergebener Sünde. Sie werden ihn suchen, aber sie werden ihn nicht finden.
Und insofern sie keine Buße tun, werden sie auch niemals dorthin kommen, wo er hingeht. Für alle, die in ihren Sünden sterben, bleibt der Zugang zu Gott verschlossen.
Missverständnisse der Gegner und die wahre Bedeutung von Jesu Herkunft
Johannes 8,22: Da sagten die Juden: „Er will sich doch nicht selbst töten, da er spricht: ›Wohin ich gehe, könnt ihr nicht hinkommen.‹“ Das ist das Einzige, was seinen Feinden einfällt. Das letzte Mal, als Jesus davon sprach, dass er weggeht, spekulierten seine Zuhörer darüber, ob er in die Diaspora gehen könnte, zu den Heiden. Jetzt kommen sie nur auf Selbstmord.
Natürlich war die Idee eines Selbstmordes für einen Juden eine ganz schlimme Vorstellung. Der Körper eines Selbstmörders wurde bis zum Sonnenuntergang nicht begraben, es gab keine öffentliche Totenklage, und wer sich das Leben nahm, der verdammte sich nach rabbinischer Lehre selbst. Dass die Gegner Jesu ihm so eine Tat zutrauen, lässt tief blicken. In ihren Augen war Jesus wohl entweder ein bisschen unzurechnungsfähig oder wenigstens nicht sonderlich ehrenwert.
Aber was meint Jesus wirklich, wenn er sagt: „Wohin ich gehe, könnt ihr nicht hinkommen“? Er spricht davon, dass er zurück in den Himmel geht. Eigentlich mag ich diese Formulierung nicht, ich meine die Formulierung „in den Himmel“, aber sie hat sich so sehr eingebürgert, dass ich sie verwenden werde.
Es gibt diese andere Welt, aus der Jesus gekommen ist und in die er zurückkehren wird: eine unsichtbare Welt der Geister, wo Gott seinen Thronsaal hat und wo ein himmlisches Heiligtum darauf wartet, dass der Herr Jesus es reinigt und ein für allemal hineingeht, um als Priester nach der Ordnung Melchisedeks mit seinem Blut eine ewige Erlösung herbeizuführen.
Johannes 8,23: Und er sprach zu ihnen: „Ihr seid von dem, was unten ist, ich bin von dem, was oben ist. Ihr seid von dieser Welt, ich bin nicht von dieser Welt.“ Wovon redete Jesus? Er vergleicht zwei Lebensbereiche: unten und oben, von dieser Welt und nicht von dieser Welt. Unten und oben ist dabei nicht räumlich zu verstehen. Es handelt sich vielmehr um die Beschreibung von Macht und Einfluss.
Die Begriffe beschreiben eine Hierarchie, so wie in einem Unternehmen, wo der Chef auch die oberste Position innehat. Und das hat er auch dann noch, wenn sein Büro im Erdgeschoss, also räumlich ganz unten, liegt.
Johannes 8,23: Und er sprach zu ihnen: „Ihr seid von dem, was unten ist, ich bin von dem, was oben ist. Ihr seid von dieser Welt, ich bin nicht von dieser Welt.“ Es geht hier um Zugehörigkeit. Jesus gehört nicht zu dieser Welt. Er kommt von Gott, von dem, was oben ist, aus einer anderen Welt. Seine Gegner sind einfach Menschen. Sie sind von dieser Welt, von dem, was unten ist.
Der Herr Jesus ist ein Mensch. Gott, das Wort, wurde wirklich Mensch. Aber an dieser Stelle wird es kompliziert für uns wie auch für die Zuhörer Jesu damals: Der Herr Jesus ist ein Mensch, aber als Mensch ist er der im Fleisch gekommene. Er hat seinen Ursprung nicht in der Vereinigung von einer Samenzelle mit einer Eizelle. Sein Ursprung ist ein Wunder, das Gott gewirkt hat, und der Mensch, der dadurch entstand, ist ein Stück Himmel auf Erden.
Mir fällt es schwer, diese Tatsache zu verstehen, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass Gott Mensch wird. Aber Jesus weist hier ganz klar darauf hin, dass er in der Menschheit eine Sonderstellung einnimmt. Er ist Mensch, aber mit einem nichtmenschlichen Ursprung. Er ist von oben, er ist nicht von dieser Welt.
Menschen entstehen im Moment der Zeugung. Gott, das Wort, kommt aus der Ewigkeit. Und wir tun gut daran, in unserer Christologie diese Spannung festzuhalten. Wir leben in einer Zeit, in der immer mehr Sekten und vermeintlich christliche Lehrer genau diesen Punkt angreifen. Sie wollen nicht wahrhaben, dass es einen Menschen auf der Erde gab, der Gott im Fleisch war. Und sie wollen nicht wahrhaben, dass Gott selbst kommen musste, um uns zu retten.
Das war's für heute. Nicht erschrecken: Nächste Woche startet im Podcast ein Taufkurs. Zwei Wochen lang gibt es insgesamt zehn Grundlagenthemen für die Täuflinge unserer Gemeinde.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
Abschlussgedanke und Ausblick auf kommende Themen
Was könntest du jetzt tun? Du könntest darüber nachdenken, was du über das Thema Selbstmord denkst.
Das war's für heute. Nicht erschrecken: Nächste Woche startet im Podcast ein Taufkurs. Zwei Wochen lang werden insgesamt zehn Grundlagenthemen für die Täuflinge unserer Gemeinde behandelt.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.