Einführung in das Thema Gebete als Lieder
Gebete als Lieder – Fünf besondere Psalmen
Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt, Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um Psalm 142,6.
Diese Woche beschäftigen wir uns mit Gebeten, genauer gesagt mit Gebeten, die zu Liedern wurden. Diese Lieder geben uns einen Einblick, wie Männer Gottes, vor allem David, gebetet haben.
Heute wollen wir uns einen kurzen Psalm anschauen: Psalm 142. Dort heißt es in Vers 1: „Ein Maskil von David, als er in der Höhle war – ein Gebet.“
Die historische Situation Davids in der Höhle
Lasst mich kurz die Geschichte zu diesem Psalm beleuchten. David ist auf der Flucht. Er war der Held Israels und hatte Goliath erschlagen. Doch die Eifersucht des amtierenden Königs Saul führt dazu, dass David fliehen und sich verstecken muss. Denn Saul ist die ganze Zeit auf der Suche nach ihm und will ihn umbringen.
So lesen wir in 1. Samuel 24,3: „Und Saul nahm dreitausend auserlesene Männer aus ganz Israel und zog hin, um David und seine Männer in Richtung auf die Steinbockfelsen zu suchen.“ Es ist Saul wirklich ernst. Er will David und seine Anhänger töten. Die ganze Sache ist kein Spiel – hier geht es wirklich um Leben und Tod.
Also zieht Saul in die Wüste Engidi, weil man ihm berichtet hatte, dass David sich dort verbirgt. Und das stimmt: David war wirklich dort. Genau genommen hatten er und seine Männer sich in einer Höhle versteckt. Sie waren zahlenmäßig weit unterlegen und hätten gegen die Krieger Sauls kaum eine Chance gehabt. Also bleibt ihnen nur, unsichtbar zu werden. Rein in eine Höhle und abwarten, ob Saul mit seinem Heer vorbeizieht.
Das ist die Situation, in die hinein David sein Gebet spricht. Da sitzt der gesalbte Gottes, der kommende König, ganz hinten in einer Höhle. Es ist dunkel, er hat Angst – und er betet.
Das Gebet Davids in Psalm 142
Und jetzt hören wir uns sein Gebet an.
Psalm 142
Ein Maskil von David, als er in der Höhle war, ein Gebet.
Mit meiner Stimme schreie ich um Hilfe zum Herrn,
mit meiner Stimme flehe ich zum Herrn.
Ich schütte mein Anliegen vor ihm aus,
meine Not erzähle ich vor ihm.
Als mein Geist in mir ermattete, da kanntest du meinen Pfad.
Auf dem Weg, den ich wandle, haben sie mir heimlich eine Schlinge gelegt.
Schau zur Rechten und sieh,
ich habe ja niemanden, der etwas von mir wissen will.
Verloren gegangen ist mir jede Zuflucht.
Niemand fragt nach meiner Seele.
Zu dir habe ich um Hilfe geschrien, Herr,
ich habe gesagt, du bist meine Zuflucht,
mein Teil im Land der Lebendigen.
Horche auf mein Schreien, denn ich bin sehr schwach.
Rette mich vor meinen Verfolgern, denn sie sind mir zu mächtig.
Führe aus dem Gefängnis heraus meine Seele,
damit ich deinen Namen preise.
Die Gerechten werden mich umringen,
wenn du mir wohlgetan hast.
Die menschliche Seite Davids und Parallelen zu Jesus
Man kann leicht den Eindruck gewinnen, dass David – abgesehen von wenigen Ausnahmen wie der Sache mit Bathseba oder der Volkszählung – so etwas wie ein geistlicher Sunnyboy war. Ein strahlender Held, dem alles gelingt. Doch hier lässt er uns einen tiefen Blick in seine Seele werfen.
Er spricht davon, dass sein Geist ermattet ist und sich seine Seele wie in einem Gefängnis befindet. Sofort wird klar, dass hier jemand betet, der mit seinen mentalen Kräften am Ende ist und emotional mehr als angeschlagen. Seine Verfolger sind ihm zu mächtig, und er selbst fühlt sich sehr schwach. Er fühlt sich nicht nur ausgelaugt, sondern erlebt auch, dass niemand sich für ihn interessiert und es keinen Ort gibt, an den er fliehen könnte.
Schlappheit, depressive Gedanken, überwältigende Probleme, Entmutigung und Einsamkeit – das ist das Leben von David. Ich vermute, dass das Leben des Herrn Jesus oft sehr ähnlich war. Ich vermute das, weil wir in den Evangelien so wenig über die Gefühle des Herrn Jesus erfahren. Doch dann finden wir Psalmen, die ganz klar messianisch sind. Der bekannteste Psalm dürfte Psalm 22 sein. Diese Psalmen zeigen sehr deutlich, wie sich der Psalmist gefühlt hat.
Wenn David als Vorfahr des Messias und als Prophet Gottes messianische Psalmen schreibt – also solche Psalmen, die eigentlich nicht ihn, sondern den Herrn Jesus betreffen – ist es dann nicht naheliegend, dass wir durch diese Psalmen auch einen Zugang zum Gefühlsleben des Herrn Jesus bekommen können?
Ich gehe für mich sogar noch ein Stück weiter. Ich denke, dass auch solche Psalmen von David, die nicht explizit messianisch sind, mir einen Einblick in das Gefühlsleben des Herrn Jesus verschaffen. Einfach deshalb, weil David als Person eine gelebte Prophetie auf den Messias hin ist und weil die Gläubigen bis zum Ende der Heilsgeschichte in der Schusslinie des Teufels stehen. Es kann nicht anders sein.
Wir sind aus uns heraus nicht stark. Ich bin davon überzeugt, dass wir nur dann stark sein können, wenn wir unsere Schwäche erkennen, sie bekennen und Gott anflehen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir im Gebet Kraftlosigkeit, Schwermut, Ohnmacht, Hoffnungslosigkeit und Einsamkeit thematisieren.
Wenn wir dieses Leben für den Herrn Jesus leben, dann werden das auch unsere Erfahrungen sein. Und dann ist es unbedingt wichtig, dass wir in den Höhlenmomenten die Hände falten und zu dem Gott schreien und flehen, dem wir nachfolgen.
Die Bedeutung von Gott als unser Anteil und Zuflucht
Nun zu dem Gedanken, der mir heute besonders wichtig ist.
Psalm 142,6: „Zu dir habe ich um Hilfe geschrien, Herr. Ich habe gesagt: Du bist meine Zuflucht, mein Teil im Land der Lebendigen.“
Ich mag besonders diesen Satz: „Du bist mein Teil im Land der Lebendigen.“ Ähnlich wird das auch in Psalm 73,26 und Psalm 119,57 formuliert. Dort lesen wir:
Psalm 73,26: „Mag auch mein Leib und mein Herz vergehen, meines Herzens Fels und mein Teil ist Gott auf ewig.“
Psalm 119,57: „Mein Teil ist der Herr, ich habe versprochen, deine Worte zu bewahren.“
Gott ist also mein Teil oder Anteil. Was bedeutet das?
Damit ist gemeint, dass Gott allein mir genug ist. Egal, was ich in dieser Welt habe oder was mir mein Schicksal zumutet – ihn zu haben, ist mehr als genug. Was sind alle Gaben Gottes wert, wenn ich den Geber selbst habe? Einfach nichts. Zumindest dann, wenn Gott nicht nur Mittel zum Zweck ist, sondern das Ziel.
Diese Haltung zeigt sich auch bei Hiob, der alles verliert und trotzdem Gott nicht verflucht. Es ist das feste Wissen, dass dieses verrückte Leben, in das ich hineingestellt bin, mir nicht nehmen kann, was ich in Gott habe.
Oder anders ausgedrückt: Dieses Leben versucht, mich fertigzumachen. Und wenn Gott nicht mein Ein und Alles ist, dann wird es das auch schaffen.
Deshalb schüttet David sein Herz bei Gott aus, weil Gott selbst sein größter Schatz ist. Genau diese Einstellung gibt ihm Perspektive und Hoffnung.
Mehr zu haben und mehr zu brauchen, brauchen auch wir nicht, um ans Ziel zu kommen.
Praktische Anregungen und Abschluss
Was könntest du jetzt tun? Lies dir 1. Samuel 24 in Ruhe durch, um zu sehen, wie die Geschichte mit der Höhle ausgeht und was Gebet bewirkt.
Das war's für heute.
Eine Buchempfehlung zu dem Thema, wie negative Erfahrungen in der Kindheit destruktive Beziehungsstile fördern und wie Gottes Trost dabei Heilung schenkt: Mut zur Liebe von Hemmfeld, Minirt und Meyer.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.