Einleitung
Heute begehen wir als Gemeinde einen Fasten- und Gebetstag. Der erste Tag seit ich in dieser Gemeinde bin, den wir so verbringen. Deshalb entschloss ich mich heute Morgen einiges Grundsätzliches zum Fasten zu sagen. Fasten ist nicht nur etwas ganz spezifisch christliches. Bis heute fasten Mensch aus ganz verschiedenen Beweggründen. Im Radio DRS hörte ich eine Sendung über dieses Thema, wo Menschen berichteten wie und wieso sie fasten. Seit jeher ist Fasten in den meisten Religionen einen bekannte und anerkannte Praxis. Der über die Religionen der Erde verbreitete Brauch des Fastens, worunter hier im strengen Sinne des Wortes der zeitweilige, religiös begründete Verzicht auf jegliche Nahrung verstanden werden soll, ist von Hause aus wohl den Griechen geläufiger gewesen als den Römern, hat dann aber, unter Mitwirkung fremder Einflüsse, die ganze Welt der Antike durchdrungen. Das ursprüngliche und stärkste Motiv, zu fasten, lag auch für den Menschen des Altertums in der Furcht vor den Dämonen, die über ihn mit dem Essen Macht gewännen. Darüber hinaus war das Fasten ein Wirksames Mittel zur Vorbereitung für den Verkehr mit der Gottheit und für den Empfang ekstatischer oder magischer Kräfte. Kittel IV, 926,42-927,6. Auch der Islam befolgt jedes Jahr im 9. Monat des muslimischen Mondjahres, dem Ramadan, eine Fastenzeit. Vom Morgengrauen bis Sonnenuntergang ist Essen, Trinken und Rauchen untersagt.
Solche festen Fastenzeiten kennt der Protestantismus nicht, denn auch das Neue Testament kennt keine festen Fastenzeiten, das führte aber dazu, dass die Praxis des Fastens, doch weitgehend in Vergessenheit geraten ist. So schreibt ein Ausleger: Obwohl das NT so eine volle Freiheit vom Fasten, aber auch zum Fasten schenkt, sah man im Laufe der Jahrhunderte das Fasten erneut mehr und mehr als verdienstvolles Werk an, in der röm. Kirche wurde es für bestimmte Zeiten und Tage des Jahres zum Gesetz. Die Reformation brachte auch hierin eine grosse Wende, führte aber nicht zum biblischen Fasten zurück, sondern liess es bald ganz in Vergessenheit geraten. (1) Nun wollen wir dem Thema Fasten etwas nachgehen. Zuerst beschäftigen wir uns mit dem Fasten im Alten Testament und die Praxis im Judentum und danach mit der Sicht des Neuen Testament und die Anwendungen und Praxis für uns heute.
I. Die Fastenpraxis im AT
Im AT ist Eintägiges Fasten, vom Morgen bis zum Abend die Regel (Ri20,26; 1.Sam.14,24; 2.Sam.1,12). Die verschärfte Form dreitägigen Fastens, das auch für die Nächte gilt, Est.4,16 steht einzig da. Bei dem siebentägigen Fasten 1.Sam.31,13 handelt es sich, wie 2.Sam.3,35, um ein Tagesfasten, das jeweils bis zum Sonnenuntergang dauert. Die volle 3 Wochen währende Kasteiung Dan.10,2f ist kein totales Fasten. Kittel IV, 929,8-13. Gesetzlich geboten und dem Kultus fest eingeordnet war nur das Fasten am Versöhnungstag, dem grossen Landesbusstag Israels, Lev.16,29ff; 23,27ff; Num.29,7. Das Fasten galt, ebenso wie die unbedingte Arbeitsruhe, für den ganzen Tag. Kittel IV,929,15-17. Auch soll euch dies eine ewige Ordnung sein: Am zehnten Tage des siebenten Monats sollt ihr fasten und keine Arbeit tun, weder ein Einheimischer noch ein Fremdling unter euch. / Denn an diesem Tage geschieht eure Entsühnung, dass ihr gereinigt werdet; von allen euren Sünden werdet ihr gereinigt vor dem Herrn. / Darum soll es euch ein hochheiliger Sabbat sein, und ihr sollt fasten. Eine ewige Ordnung sei das. Lev.16,29-31. Das ist also der einzig von Gott verordnete Fastentag für das Volk Israel. Alle anderen Fastentage sind freiwillig gewählte Fasten. Israel fügte dann noch allgemeine Fastentage an, die als Gedenktage an einschneidende Ereignisse in der Geschichte Israel erinnerten, so z.B. an den Tag an dem Jerusalem von Nebukadnezar eingenommen wurde, oder an den Tag, an dem die Stadt und der Tempel verwüstet wurde. Daneben gab es aber auch das persönliche Fasten, das sehr verbreitet war und uns in der Schrift oft begegnet. Meist waren diese Fasten auch von der Dauer eines Tages. Eine Ausnahme bildet Esther, aber gerade diese Begebenheit führt uns zum eigentlichen Sinn des Fastens. Situation von Esther erklären: Ester liess Mordechai antworten: / So geh hin und versammle alle Juden, die in Susa sind, und fastet für mich, dass ihr nicht esst und trinkt drei Tage lang, weder Tag noch Nacht. / Auch ich und meine Dienerinnen wollen so fasten. Und dann will ich zum König hineingehen entgegen dem Gesetz. Komme ich um, so komme ich um. Ester 4,15-16. Das Leben von Esther stand auf dem Spiel und nicht nur ihr Leben, sondern die Existenz des Volkes Israel. Mit dem Fasten wollten sie ausdrücken, wie abhängig sie von ihrem Gott sind. Nicht nur mit ihren Stimmen schrien sie zu Gott, sondern mit ihrem ganzen Sein. Das war aber, nebst Mose und Elia, die beide einmal unter ganz besonderen Umständen 40 Tage lang nicht assen, eine Ausnahme. Ansonsten fastete man einen Tag und wenn man mehrere Tage fastete, so wählte man verschiedene Tage, so z.B. den Montag und den Donnerstag. Daniel fastete über 3 Wochen, aber er enthielt sich dabei nicht allem Essen und Trinken, wie folgender Text zeigt: Zu der Zeit trauerte ich, Daniel, drei Wochen lang. / Ich ass keine leckere Speise; Fleisch und Wein kamen nicht in meinen Mund; und ich salbte mich auch nicht, bis die drei Wochen um waren. Dan.10,2-3.
Verschiedene Beweggründe gaben Anlass zum Fasten:
- Fasten als Vorbereitung für den Offenbarungsempfang. - Fasten als Ausdruck der Beugung des Menschen vor Gott. - Fasten beim Tode nahestehender Personen. - Fasten vor grossen Entscheidungen, deren Ausgang von Gott allein abhängig war. - Fasten in Zeiten echter Busse und Demütigung vor Gott. - Fasten zum Zweck einer intensiven, ungestörten Gemeinschaft mit Gott, um in besonderen Gebetszeiten nicht abgelenkt zu werden. - Fasten um Gott die Dringlichkeit der vorgebrachten Bitte zu unterstreichen.
Nun birgt aber das Fasten grosse Gefahren in sich, denn Fasten ist eine machbare Handlung. Ich leiste etwas dabei. Und so kann es sehr schnell geschehen, dass man sich durch die Praxis des Fastens besondere Belohnung erhofft. Man hat schliesslich etwas geleistet, nun soll Gott doch auch reagieren und meine Leistung anerkennen. Das Leben und die Ordnungen Gottes können dabei in den Hintergrund treten, aber wenn man fastet, so muss das doch einfach von Gott beachtet werden. Ich las sogar in einem heute aktuellen Buch: Wir können nicht über einen längeren Zeitraum fasten und beten, ohne uns selbst zu demütigen und von unseren bösen Wegen abzukehren. Bill Bright: Die kommende Erweckung, Campus. Ich glaube dazu sind wir sehr wohl in der Lage. Israel hatte dieses Problem, sie fasteten und fanden Gott beachte dies nicht: Jes.58,3-9.
So ist es übrigens auch mit dem Glauben an Jesus. Man kann noch soviele religiöse Rituale durchführen. Ja man kann sich an Fastenwochen beteiligen, man kann sich kasteien usw. Aber das alles wird nichts nützen. Gott nähert man sich nicht durch Kasteiung, sondern durch eine echte Demütigung und die Annahmen seines Sohnes. Jesus sagt zu den Pharisäern, die eine sehr strenge und beachtenswerte Fastenpraxis übten: Als er nun viele Pharisäer und Sadduzäer sah zu seiner Taufe kommen, sprach er zu ihnen: Ihr Schlangenbrut, wer hat denn euch gewiss gemacht, dass ihr dem künftigen Zorn entrinnen werdet? / Seht zu, bringt rechtschaffene Frucht der Busse! Mt.3,7-8. Jesus sagt: Da sprach Jesus zu seinen Jüngern: Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir. / Denn wer sein Leben erhalten will, der wird's verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird's finden. / Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele? Oder was kann der Mensch geben, womit er seine Seele auslöse? Mt.16,24-26. Absolut nichts kann der Mensch geben. Kein Fasten, keine persönliche Anstrengung, sondern einzig und allein die Nachfolge Jesu.
II. Fasten im NT und heute
Jesus und das Fasten
Im Neuen Testament findet das Fasten keinen grossen Raum. In den Briefen wird das Fasten nie als Thema aufgegriffen. Offenbar war dies für die Gemeinde kein Problem. Jesus selbst fastete 40 Tage während seiner Versuchung, ansonsten lesen wir aber nichts über seine Fastenpraxis. Was man aber mit Sicherheit sagen kann, ist, dass er sich an den öffentlichen Fastentagen beteiligte. Aber zur Zeit Jesu gab es verschiedene Strömungen, so die z.B. die Pharisäer, die zweimal die Woche fasteten. Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich einnehme. Lk.18,12. Solche Auswüchse unterstütze Jesus in keiner Weise. Vor allem nicht, wenn die Ausübung zur Darstellung der eigenen Frömmigkeit diente. Jesus sagt: Wenn ihr fastet, sollt ihr nicht sauer dreinsehen wie die Heuchler; denn sie verstellen ihr Gesicht, um sich vor den Leuten zu zeigen mit ihrem Fasten. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt. / Wenn du aber fastest, so salbe dein Haupt und wasche dein Gesicht, / damit du dich nicht vor den Leuten zeigst mit deinem Fasten, sondern vor deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir's vergelten. Mt.6,16-18. Mit anderen Worten. Fasten ist eine Sache zwischen Dir und Gott. Lass alles fallen, was dich dazu verführen könnte aus deinem Fasten Anerkennung von den Menschen zu erheischen.
Ein Beispiel aus der Apostelgeschichte
Ein Beispiel aus der Apostelgeschichte gibt uns einen kleinen Einblick in die Praxis des Fastens. Es waren aber in Antiochia in der Gemeinde Propheten und Lehrer, nämlich Barnabas und Simeon, genannt Niger, und Luzius von Kyrene und Manaën, der mit dem Landesfürsten Herodes erzogen worden war, und Saulus. / Als sie aber dem Herrn dienten und fasteten, sprach der heilige Geist: Sondert mir aus Baranbas und Saulus zu dem Werk, zu dem ich sie berufen habe. / Da fasteten sie und beteten und legten ihm die Hände auf sie und liessen sie ziehen. Apg.13,1-3. Hier begegnet uns das Fasten in einer aktuellen Situation der Gemeinde. Es handelt sich also nicht um ein festgelegtes rituelles Fasten, sondern um ein Fasten in einer wichtigen Situation. Die Brüder suchten Wegweisung von Gott und gaben durch ihr Fasten Nachdruck. Sie betonen dadurch die Wichtigkeit ihres Anliegens, sie möchten unter allen Umständen, dass der Herr sich dieser Sache und ihren Fragen annimmt.
Ein irreführender Weg des Fastens treibt im Moment ihre Früchte, und weil dies jetzt gerade aktuell ist, möchte ich darauf hinweisen.
Bill Bright: Die kommende Erweckung, Ein Aufruf zu ernsthaftem Gebet und Fasten (Zürich, Campus für Christus, Zürich). Nach drei Wochen Fasten erhielt ich eines Morgens von Gott die Gewissheit, dass er Amerika mit seiner verändernden Kraft aufsuchen würde. ... "Amerika und weite Teile der Welt werden vor Ende des Jahres 2000 eine grosse geistliche Erneuerung erleben!" sprudelte es aus mir heraus (gegenüber seiner Frau). "Und diese Erneuerung wird die grösste geistliche Ernte in der Kirchengeschichte hervorrufen." S. 18. Kurz bevor ich meinen 40. Fastentag erreichte, sprach der Heilig Geist in einem anderen Ton zu mir. Es schien jetzt so, als ob Gott sagen wollte, dass seine Verheissung an Bedingungen geknüpft sei. Ich habe über 50 Jahre damit zugebracht, das Wort Gottes zu studieren und auf Gottes Stimme zu hören. Seine Botschaft an jenem Tag hätte nicht klarer sein können. S. 19. Als ich in unserem Wohnzimmer vor Gott kniete, war ich ernüchtert über die Bedingungen, an die der Heilige Geist seine Verheissung, Erweckung zu schenken, geknüpft hatte. Diese Bedingungen schienen mit 2.Chronik 7,14 in Einklang zu stehen: "Wenn mein Volk, über das mein Name genannt ist, sich demütigt, dass sie beten und mein Angesicht suchen und sich von ihren bösen Wegen bekehren, so will ich vom Himmel her hören und ihre Sünde vergeben und ihr Land heilen". Dieser Bibelvers ging mir nicht mehr aus dem Sinn, und ich spürte, dass der Heilige Geist mir mitteilte, dass Millionen von Christen Gott von ganzem Herzen mit Fasten und Beten suchen müssten, bevor er eingreifen würde, um unser Land zu retten. Der Heilige Geist leitete mich, für zwei Millionen Gläubige zu beten, die sich demütigen und Gott in einem vierzigtägigen Fasten suchen würden. Wieder staunte ich, dass Gott wegen der hoffnungslosen geistlichen Lage unseres Landes eine so umfassende Hinwendung zu ihm forderte. S. 21. Dann spürte ich, wie er mir sagte: "Mein Volk hat eine der wichtigsten Übungen des christlichen Lebens vergessen, den Schlüssel für Erweckung." Und ich wusste, dass er Fasten und Beten meinte. Wir können beten, Zeugnis geben, aufmerksam das Wort Gottes lesen, in die Kirche gehen, uns für Gott engagieren und mit ganzem Einsatz Dinge tun, die Gott ehren. All das ist sehr zu empfehlen. Aber der wichtigste Schlüssel, um die Bedingungen von 2.Chronik 7,14 zu erfüllen, sagte der Heilige Geist, ist das Fasten. Wir können nicht über einen längeren Zeitraum fasten und beten, ohne uns selbst zu demütigen und von unseren bösen Wegen abzukehren. Als Antwort auf meine Frage, wie ich andere überzeugen sollte zu fasten, machte der Heilige Geist mir klar, dass das seine Verantwortung war und nicht meine. Und, was noch viel verwunderlicher war: er selbst würde die zwei Millionen Menschen dazu bringen, 40 Tage zu fasten, und ihnen den Wunsch und die Fähigkeit dazu geben. Meine Verantwortung war, ihn von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Verstand zu lieben, meine eigenen Erfahrungen mit dem Fasten weiterzugeben, seinen Verheissungen zu vertrauen und seinen Geboten zu gehorchen. Alles andere würde er tun. S. 22.
Hier denke ich, fällt man von der anderen Seite des Pferdes herunter.
Schluss
Fasten ist eine Praxis, die nicht überholt ist. Auch wenn das neue Testament keine bestimmten Fastenzeiten kennt, so ist Fasten eine wichtige Praxis, um in wichtigen Fragen die Nähe Gottes zu suchen. Praktisch mit seiner ganzen Existenz ihm die Dringlichkeit der Bitte oder Frage deutlich zu machen. Es wäre sicher hilfreich und gut, wenn wir in unserem Leben öfter uns entschliessen würden zu Fasten. Warum nicht Fasten, wenn wir vor einer wichtigen Entscheidung im Beruf stehen? Warum nicht Fasten, wenn wir für das Gelingen einer schwierigen Operation eines uns nahestehenden Menschen bangen? Warum nicht Fasten, bevor Du ein schwieriges Gespräch führen müssen? Warum nicht Fasten, wenn ich erkennen möchte, welche Aufgabe ich im Reich Gottes wahrnehmen soll? Warum nicht Fasten....? Wenn wir in unserem Leben als Christen das Fasten ohne grosses Aufhebens integrieren, werden wir daraus viel Segen bekommen. Jesus sagt jedenfalls: ...dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir's vergelten. Mt.6,18. Amen
_ (1) Fritz Rienecker. Lexikon zur Bibel (Wuppertal, Brockhaus, 19764), Sp.393.