Vom Schmerz zum Lobpreis: Gottes unergründliche Weisheit
Und jetzt folgt der Lobpreis. Kapitel neun beginnt mit einer Schmerzensklage und endet mit einem Lobpreis als Anbetung. Am Anfang von Kapitel neun haben wir gelesen, wie Paulus unaufhörlichen Schmerz für Israel empfindet. Zum Schluss, in Kapitel elf, sehen wir, wie er in Lob und Anbetung niederfällt. Er staunt über die Wege Gottes: „O die Tiefe des Reichtums, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unerforschlich sind seine Urteile und unaufspürbar seine Wege! Denn wer kannte den Sinn des Herrn, oder wer wurde sein Mitberater? Oder wer gab ihm zuvor, und es wäre ihm zu vergelten? Denn von ihm und durch ihn und zu ihm hin sind alle Dinge. Ihm gebührt die Herrlichkeit in Ewigkeit.“
Dann sagt er: „Amen, so soll es sein, jawohl!“ Und man möchte sich diesem Lob anschließen. Paulus staunt über die Wege Gottes, über den Reichtum der Weisheit und Erkenntnis. Wie reich und wie weise ist Gott! Wie unerforschlich sind seine Wege! Niemand kann Gott schuldig sprechen oder ihm Vorwürfe machen.
Gott ist ein barmherziger Gott. Er gibt jedem Menschen genügend Gelegenheit zur Buße. Niemand wird sagen können: „Bei mir warst du nicht gnädig, mir bist du noch gnädig schuldig.“ Nein, denn Gott streckt seine Hand die ganze Zeit aus. Jeder, der verloren geht, wird als Schuldiger verloren gehen. Die jedoch, die sich begnadigen lassen, werden unverdienterweise begnadigt sein. Jeder, der gerettet ist, ist unverdienterweise gerettet. Niemand kann sagen: „Ja, mich hast du retten müssen.“ Niemals!
Und niemand wird sagen können: „Ach, schade, dass ich nicht erwählt war.“ Denn jeder darf ein Erwählter werden. Die Arme sind ausgestreckt, und jeder kann ein Erwählter werden, wenn er in Christus hineinkommt. Damit schließt der Apostel diese gewaltigen Kapitel, dieses schwere Thema ab.
Übergang zum praktischen Glaubensleben: Verhalten der Gerechtfertigten
Wir kommen zum fünften Hauptteil des Römerbriefes. Es geht darum, wie sich das göttliche Heil im Menschen zeigt und wie sich die Heilsmenschen verhalten sollen. Es wird also betrachtet, wie das göttliche Heil jetzt aussieht.
Dabei steht das Verhalten derer im Mittelpunkt, die im Heil stehen, also der Gerechtfertigten. Wir werden sehen, dass viel über das Thema Liebe gesprochen wird. Denn bereits in Römer Kapitel 6 bis 8 wurde deutlich, dass das Ziel die Liebe ist. Die Rechtsforderung des Gesetzes war Liebe.
Das Verhalten derjenigen, die nun gerechtfertigt sind, ist ein Verhalten, das von Liebe geprägt ist. Zuerst finden wir in Kapitel 12, Vers 1 bis 8 einen Aufruf zur Hingabe und zum Dienen. Im zweiten Teil von Kapitel 12 und auch in Kapitel 13 folgen verschiedene Aufforderungen zur Liebe.
In Kapitel 14 geht es dann um einen liebevollen Umgang mit den Schwachen. Es wird beschrieben, wie man sich untereinander verhalten soll, insbesondere im Hinblick auf Schwache und Starke im Glauben. Dieses Thema erstreckt sich bis zur Mitte von Kapitel 15. Danach folgt nur noch der Briefschluss.
Zusammengefasst geht es um Liebe im Blick auf unseren Dienst zu Gott, Liebe im Blick auf den Nächsten, Liebe im Verhalten im Staat und Liebe im Umgang mit anderen Christen, die schwach sind.
Wir beginnen also mit dem ersten Abschnitt, Abschnitt A: Aufruf zur Hingabe und zum Dienst. Meine Gliederung habe ich dazu nur geringfügig verändert, was ich gleich noch erläutern werde.
Struktur des Aufrufs zur Hingabe und zum Dienst
Aufruf zur Hingabe und zum Dienst
Als ersten Punkt habe ich mir überlegt, wie Paulus den Aufruf einleitet, und zwar in Vers 1 am Anfang. Denn alles dreht sich um diesen einen Gedanken, der sich etwa von Vers 1 bis 8 erstreckt. Zuerst die Einleitung, dann die Frage: Wozu wird aufgerufen? Das ist der zweite Punkt, in Vers 1 Mitte bis Vers 2. Das Dritte ist die Absicht dieses Aufrufs, die sich am Ende von Vers 2 zeigt. Und Viertens: In welcher Haltung soll dieser Dienst geschehen? Das wird in den Versen 3 bis 8 behandelt.
So habe ich vier Unterpunkte daraus gemacht:
A. Aufruf zum Dienst
Wie leitet Paulus den Aufruf ein?
Wozu wird aufgerufen?
Was ist die Absicht dieses Aufrufs?
In welcher Haltung soll der Dienst geschehen, zu dem wir aufgerufen werden?
Alles, was von Vers 3 bis Vers 8 folgt, beschäftigt sich vor allem mit dieser Haltung. Im Deutschen wirkt das oft nicht wie ein einziger Satz, aber im Griechischen hängen die Gedanken eng zusammen. Wir kommen gleich darauf zurück.
In diesem Abschnitt wird von zwei Leibern gesprochen. In den ersten Versen ist die Rede von einem Leib, und dann ab Vers 6 wieder von einem Leib. Dabei handelt es sich um zwei verschiedene Leiber: Zum einen unser Leib, der dem Herrn geweiht wird, und zum anderen der Leib Christi.
Der Leib Christi und der Leib des Christen sind also gemeint. Der Leib des Christen soll dem Herrn gegeben werden, und jeder Leib des Christen dient dem Leib Jesu Christi. Das heißt, alle Gläubigen zusammen bilden den Leib Jesu Christi.
Hier sind also zweimal Leiber erwähnt, aber mit unterschiedlicher Bedeutung. Beide Leiber sind Ausdrucksmöglichkeiten des Zeugnisses Gottes auf der Erde. Sowohl unser physischer Leib als auch der Leib Christi als Ganzes bringen das Evangelium zum Ausdruck.
Dieser Leib, der in den Kapiteln 6, 7 und 8 oft Probleme bereitete – erinnert ihr euch? – wird nun zum Ausdruck des Zeugnisses Jesu Christi, zum Ausdruck des Evangeliums.
Der eine Leib dient dem anderen Leib. Dein Leib, unser Leib, unser physischer Leib dient dem Leib Jesu Christi. Wir dienen also den anderen Gläubigen im Leib Jesu Christi.
Gut, lesen wir nun die Verse. Vielleicht zuerst nur die Verse 1 und 2. Möchte jemand bitte vorlesen?
Aufruf zur Hingabe: Motivation und Ziel
Diese Rechte und Pflichten, die dieses Reformfeuer nicht in vieler Welt entfacht, sondern durch die Erneuerung eures Denkens bewirkt werden, berufen uns dazu, zu erkennen, was der Wille Gottes ist: das Gute, Wohlgefällige und Vollkommene.
Das ist etwas unglücklich formuliert, denn es gibt im Griechischen zwei Wörter für „ermahnen“. Das eine heißt „nuteirein“, aber hier wurde nicht dieses Wort verwendet. Stattdessen steht hier das Wort „parakalein“. Dieses Wort wird auch für den Parakleten, den Beistand, den Heiligen Geist verwendet. „Parakalein“ bedeutet nichts anderes als zusprechen oder aufrufen. Man kann sanft zusprechen, man kann auch etwas lauter sprechen, dann wird es ein Ruf.
Es heißt also: Ich rufe euch auf, ich spreche euch zu, ich ermutige euch. „Ermutigen“ kann das Wort auch bedeuten, ebenso „ermuntern“, „zureden“, „zusprechen“ oder „aufrufen“. Es bedeutet nicht so sehr „ermahnen“ im deutschen Sinne, denn „ermahnen“ hat im Deutschen oft einen negativen Klang. Für uns Christen ist das anders, weil wir durch unser Bibellesen wissen, dass, wenn „ermahnen“ steht, im Griechischen fast immer „parakalein“ gemeint ist. Für uns hat „ermahnen“ daher einen anderen, positiveren Klang, weil wir die Bibel viel lesen.
Das deutsche Wort „ermahnen“ ist ein sehr strenges Wort. Wenn man in der Firma eine Ermahnung bekommt, ist das schon ziemlich ernst. Hier ist es aber keine Ermahnung im strengen Sinn, sondern ein Aufruf.
Ich rufe euch also auf, Brüder! Das heißt, er bezieht sich auf das, was vorher gesagt wurde. Im Blick auf das, was ihr alles durchgemacht habt, rufe ich euch jetzt auf. Ich blicke auf das, was ich euch gelehrt habe, und rufe euch auf. Er sagt hier: Durch die Erbarmungen Gottes – im Griechischen „durch die Erbarmungen Gottes“ –, das heißt, nachdem ich euch die Barmherzigkeit Gottes vor Augen geführt habe. Er weist auf die Barmherzigkeiten Gottes hin. Gerade hat er von Barmherzigkeit gesprochen, zum Beispiel in Kapitel 11, wo immer wieder betont wird, dass Gott sich aller erbarme, dass Gott ein barmherziger Gott ist.
Im Blick auf diese Barmherzigkeiten Gottes rufe ich euch jetzt auf, eure Leiber Gott zur Verfügung zu stellen. Das soll unsere Motivation sein: die Barmherzigkeit Gottes. Zuerst müssen Christen wissen, was sie in Christus haben, und dann zeigt man ihnen, wie sie jetzt leben sollen. Genau das hat Paulus hier getan. Im Epheserbrief macht er das ebenso: Zuerst sehen, was man hat, und dann, was zu tun ist.
Welchen wunderbaren Gott haben wir, welchen gewaltigen Heil haben wir! Und im Blick auf diese Barmherzigkeit Gottes, diese Erbarmungen Gottes, rufe ich euch jetzt also auf.
Zweitens: Wozu wird aufgerufen? Ich rufe euch auf, eure Leiber darzustellen, zur Verfügung zu stellen, hinzugeben. Es wird aufgerufen zur Darstellung des Leibes, zur Hingabe des Leibes – unsere Leiber, unsere Glieder, hier der ganze Leib zusammengenommen. Ihr sollt eure Leiber darstellen, hinzugeben als ein Opfer. Jeder von uns darf seinen Leib jetzt als Opfer Gott auf den Altar legen – als lebendiges Opfer.
Jetzt wird das Opfer beschrieben: ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer. Ein Opfer heißt, ich gehöre jetzt ganz Gott. Das soll jetzt für Gott verzehrt werden. Im Alten Testament wurden Opfer für Gott verzehrt. Gott bekommt es, Gott darf es haben: den Rest meines Lebens. Herr, den Rest meines Lebens gebe ich dir. Das ist Christsein.
Paulus betont also hier wieder: Jesus Christus soll uns ganz haben. Wir sind von Natur aus Widerstandskämpfer, Rebellen gegen Gott. Jetzt dürfen wir uns diesem Gott mit unserer Rebellion völlig hingeben – als lebendiges Opfer. Im Alten Testament wurden die Opfer vor der Darbringung getötet, das Blut floss aus. Aber unser Opfer, unser Leib, wird lebendig gebracht.
Jeden Tag! Jemand hat mal gesagt: Wir müssen das jeden Tag tun, weil dieses verruchte Ding immer wieder vom Altar herabkriecht. Jeden Tag und immer nur für die nächsten 24 Stunden – das genügt. Wenn man es jeden Tag macht, braucht man es nur für die nächsten 24 Stunden zu tun. Herr, die nächsten 24 Stunden gehören dir, und dann am nächsten Morgen wieder. Diese 24 Stunden gehören auch dir.
Also ist es ein lebendiges Opfer, ein heiliges Opfer, sagt er hier. Heilig heißt: Gott geweiht, Gott zugeordnet und rein, gereinigt durch das Blut und Gott zugeordnet, Gott geweiht. Der Rest meines Lebens soll alles in Verbindung mit Gott stehen. Wenn andere Menschen mich beschreiben, dann sollen sie sagen können: Der hat etwas mit Gott zu tun. Das ist einer, der mit Gott und für Gott lebt.
Also ein lebendiges, heiliges, wohlgefälliges Opfer. Wohlgefällig heißt, es gefällt Gott. Das ist ein Opfer, das gut riecht, im Alten Testament ein Opfer zum lieblichen Geruch. Ein Opfer, an dem der Herr Freude hat. Im Alten Testament steigt der Rauch zu Gott auf. Das wird als Opfer lieblichen Geruchs bezeichnet. Gott riecht sozusagen das Opfer und sagt: „Ah, jetzt bin ich zufriedengestellt.“
So darf unser Leben, unser Leib, jetzt etwas sein, was dem Herrn Freude bereitet. Das sei euer logischer Dienst, heißt es im Griechischen. Der logische Dienst ist ein Dienst, der logisch ist aufgrund dessen, was er für uns getan hat. Deshalb euer voll gerechter und schuldiger Dienst. Es ist logisch, dass wir ihm jetzt unseren Körper geben, nachdem er alles für uns getan hat.
Das ist unser logischer Gottesdienst. Der Gottesdienst hat also nichts oder nicht nur mit Sonntagvormittag zu tun, sondern steht im Gegensatz zum Götzendienst. Im Alten Testament gab es den Götzendienst: Wenn man sich den Götzen ergeben und zugewandt hat. Und es gab den Gottesdienst: Wenn man sich Gott zugewandt hat und Gott zur Verfügung steht.
Unser Leben ist ein Gottesdienst. Alles, was wir tun, dürfen wir jetzt für den Herrn tun. Wenn wir pflichtgetreu unsere Arbeit tun – als Mutter, die jeden Tag das Essen für die Familie kocht, und abends vor dem Geschirrberg steht oder nach dem Essen abwäscht –, das ist Gottesdienst. Das ist der treue Dienst für den Herrn, für die Kinder und alles Weitere.
Auch das Telefonat, wenn man jemandem zuhört, der einen braucht, ist Gottesdienst.
Also werden wir aufgerufen zum Darstellen des Leibes – das ist das eine. Wozu werden wir noch aufgerufen? Hier in Vers 2 werden wir auch aufgerufen zur Nichtanpassung an die Welt.
„Formt euch nicht nach dieser Welt.“ Eigentlich heißt es: „Formt euch nicht nach dieser Weltzeit.“ „Aeon“ ist eine Weltzeit. Gestaltet euch nicht gleich mit dieser Weltzeit. Wir leben in einer Welt mit einer bestimmten Zeit. Man könnte sich anpassen und sagen: Man muss ja mit der Zeit gehen, oder? Nein, wir brauchen uns nicht anzupassen.
Er sagt: Formt euch nicht nach dieser Welt, passt euch nicht an. Das griechische Wort heißt „Schema“, „Syschematizasi“. Da steht das Wort „Schema“ drin, also nicht nach dem Schema, nach dem Muster dieser Welt sollen wir uns formen, sondern nach Gott.
Formt euch nicht nach dieser Welt, nach dem Muster dieser Welt, nach der Zeit dieser Welt mit ihrer Kultur. Übrigens: Es gibt eine christliche Kultur und es gibt eine antichristliche Kultur.
Seit den letzten 50 Jahren gibt es eine starke Bewegung in Richtung einer antichristlichen Kultur. Die christliche Kultur wird bewusst abgebaut. Ich habe mich recht intensiv mit dem Neomarxismus befasst. Das ist ein Programm, das durchgezogen wird. Man spricht vom „Marsch durch die Behörden“, vom „Marsch durch die Institutionen“. Es ist keine Revolution, die man mit Gewalt durchsetzt, sondern ein langer, langsamer Marsch durch die Institutionen.
Langsam wird die ganze Gesellschaft umgekrempelt, so dass es heute schon normal geworden ist, dass Homosexualität in den Schulen als alternativer Lebensstil angepriesen wird. Sie haben schon viel erreicht, sind schon weit fortgeschritten.
Man nennt es die Frankfurter Schule. Herbert Marcuse, Jürgen Habermas und andere Philosophen haben hier prägend gewirkt. Dahinter steckt ein ganzes Programm. Letztlich steckt Satan dahinter. Satan will die christliche Kultur zerstören und eine andere Kultur einführen.
Sie sind zum Großteil schon erfolgreich. Wir sind da hineingewachsen und merken es oft gar nicht. Unsere Kinder merken es nicht, oder ihr als junge Leute merkt es kaum, weil ihr in einem geschützten Rahmen aufgewachsen seid. Viele merken nicht mehr, was hier gespielt wird.
Das wäre ein eigenes Thema. Jedenfalls ist es heute wichtiger denn je, sich nicht nach dieser Welt zu formen. Es gibt eine christliche Kultur und eine antichristliche Kultur.
Also Nichtanpassung! Die Schrift ist entscheidend. Wir müssen immer wieder zur Schrift zurückkehren und schauen, was Gott meint, was Gott sagt – in jeder Frage. Was sagt Gott?
Zum Beispiel habe ich vor kurzem mit jemandem über das Thema Nacktheit und Scham gesprochen. Dabei habe ich festgestellt, wie viel die Bibel zu diesem Thema sagt. Man findet viele Stellen und kommt ins Staunen.
Man merkt, dass wir heute anders empfinden, weil wir in einer anderen Umwelt geprägt werden. Wenn man das immer wieder sieht, gewöhnt man sich daran.
Nichtanpassung heißt nicht Weltverneinung. Die Welt wird nicht verneint. Wir sind auch nicht weltfremd, so dass wir die Schöpfung ablehnen. Nein, die Schöpfung lieben wir. Sie hat Gott uns gegeben. Wir nehmen sie dankbar an und freuen uns an dem Guten, was Gott gegeben hat.
Es ist nicht alles kaputt, nicht alles verdorben. Wir bejahen die Schöpfung, aber nicht die Philosophie, die darin steckt, und nicht das antichristliche Muster, das aufgebaut wird – das Denken der Weltmenschen. Das ist nicht unser Vorbild.
Wenn wir anfangen, so zu denken wie die Welt, werden wir langsam weltlich, wenn wir uns den Philosophien der Welt angleichen. Das geht recht schnell.
Zum Beispiel Toleranz. Toleranz ist heute ein neuer Begriff. Früher bedeutete Toleranz, dass ich den Moslem nicht töte, weil er nicht Christ werden will.
Heute heißt Toleranz, dass ich dem Moslem sagen muss: „Ja, das ist auch die Wahrheit.“ Meins ist die Wahrheit, und das, was er glaubt, ist auch die Wahrheit. Heute muss ich das andere als Wahrheit anerkennen.
Ich darf nicht mehr sagen: Jesus Christus ist die einzige Wahrheit, und nur durch ihn wird man gerettet. Das darf ich heute nicht mehr öffentlich lehren. In öffentlichen Schulen könnte ich Schwierigkeiten bekommen, wenn ich das als Lehrer sage.
Oder wenn ich in Zeitungen schreibe oder auf Plakaten, dass es keine andere Rettung gibt als nur durch Jesus Christus. Wenn man das groß auf Plakate schreibt, wird man Probleme bekommen. Das ist nicht mehr geduldet.
Man nennt das intolerant, aber das ist falsch. Es ist überhaupt nicht intolerant. Intolerant wäre, wenn ich die anderen verfolge, weil sie nicht Christen werden. Aber heute gibt es neue Begriffe.
Das ist ein neuer Toleranzbegriff. Und es geht so weiter in anderen Dingen. Es gibt keine absolute Wahrheit mehr, heißt es heute. Aber nur auf religiösem Gebiet.
In der Bank gibt es absolute Wahrheit. Wenn du in der Bank fragst, wie viel auf deinem Konto ist, gibt es absolute Wahrheit oder nicht? Du kannst nicht sagen: „Für mich ist da mehr drauf.“
Das ist eine neue Philosophie.
Wir sollen uns nicht anpassen. Wir werden also aufgerufen zum Nichtanpassen.
Weiter zur Umgestaltung heißt es hier in Kapitel 12, Vers 2 in der Mitte: „Lasst euch umgestalten“ – oder „werdet umgestaltet“. Im Griechischen ist es sogar ein Passiv, das heißt, wir lassen etwas mit uns geschehen. Wir lassen zu, dass wir umgestaltet werden durch die Erneuerung eures Denkens.
Gott möchte uns umgestalten in das Bild Christi. Dazu muss mein Denken erneuert werden. Der Sinn, mit dem ich denke, muss erneuert werden. Es beginnt immer mit dem Denken: Erneuerung eures Denkens.
Das Denken wird erneuert durch das Wort. Interessant: Gott hat das Wort. Das Wort kommt in mein Denken. Das Wort Gottes vermittelt mir das Denken Gottes. Dieses Wort kommt in mein Denken und gestaltet mein Denken um.
Wenn mein Denken, mein Denksinn, umgestaltet wird in Gottes Richtung, dann ändern sich auch meine Einstellungen und Handlungen. Aber es beginnt mit dem Denken.
Heute ist das Gegenteil der Fall. Heute ist nicht mehr das Wort das Wichtigste, sondern die Präsentation. Das ist aufgefahren.
Heute ist nicht mehr der Inhalt wichtig, sondern die Präsentation, das Bild, das Drumherum. Nicht mehr, was du den Menschen bringst, ist entscheidend, sondern wie du es bringst.
Man wirkt auf die Emotionen des Menschen ein. Wenn jemand ein Auto kaufen möchte, soll das ein Erlebnis sein, so heißt es für Manager. Die Menschen, die ein Auto kaufen, sollen ein Erlebnis haben.
Es geht nicht um das Auto selbst, was du brauchst, sondern um das Drumherum. Die Erlebnis-Tankstelle und alles Mögliche.
Früher ging man zur Tankstelle, um Benzin zu holen. Heute geht man zur Tankstelle, um einzukaufen.
Also wird das Denken jetzt durch das Wort Gottes geprägt.
Wie heißt der Sozialkritiker? Neil Postman. Kennt jemand das Buch „Wir amüsieren uns zu Tode“? Neil Postman ist ein Sozialkritiker aus Amerika. Er ist kein Christ, aber er schreibt kritisch über das Fernsehen.
Er zeigt, wie sich unsere Zeit von einer denkenden Gesellschaft zu einer manipulierbaren Gesellschaft wandelt. Eine Gesellschaft des Wortes ist eine denkende, diskutierende Gesellschaft. Eine Gesellschaft des Bildes ist eine manipulierte Gesellschaft, die über Bilder gesteuert wird.
Dann sind die Menschen leichter zu lenken. Das ist auch ganz nach dem neomarxistischen Programm: Zerstörung der Familie, Zerstörung der Nationalstaaten, Zerstörung der fundamentalistischen Religionen, hin zu einer Einheitsreligion.
Pluralismus heißt: Alles ist wahr, alles gilt. Schlussendlich geht es bis zur Zerstörung des Privateigentums. Das ist Neomarxismus.
Man braucht keinen neuen Eisernen Vorhang mehr. Wenn die ganze Welt so denkt, braucht man keine Trennung zwischen Ost und West mehr. Und dahin steuern wir.
Globalisierung ist das große Schlagwort: Alles globalisieren, Internationalisierung. Da gehen wir hin.
Es ist gut, dass man sich ein bisschen auskennt: Wo steuern wir hin? Was wird aus dieser Gesellschaft? Es wird eine antichristliche Gesellschaft, gesteuert von Satan.
Satan ist natürlich der, der dahintersteckt. Er hat diese Leute verführt, durch Dämonen ihr Denken verführt, und jetzt bringen sie dieses Denken in die Schulen. Es wird weit verbreitet.
Unser Denken muss also gereinigt und erneuert werden. Wir sollen sündige Gedanken gleich dem Herrn geben. Wir sollen sagen: Herr, prüfe mein Denken, zeige mir, wo ich schon von diesem Denken infiltriert bin.
Ich möchte so denken, wie du denkst, wie die Bibel denkt. Ich möchte scharf sein wie die Bibel, Herr.
Deshalb muss ich lernen, mich viel mit der Schrift zu befassen, damit mein Denken feinfühlig wird. Ich möchte mein Denken und das Denken meiner Kinder mit dem Wort Gottes füllen.
Das wird uns prägen und verändern.
Erneuerung unseres Denkens – darum geht es.
Ziel der Hingabe: Gottes Willen erkennen und leben
Drittens: Was ist nun die Absicht dieses Aufrufs? Zuvor haben wir gesagt, dass wir zur Darstellung des Leibes aufgerufen sind, zur Nichtanpassung und zur Ungestaltung.
Jetzt stellt sich die Frage: Was ist die Absicht dieses Aufrufs? Der Apostel sagt, es sei, um zu prüfen, was der Wille Gottes sei. Das ist das Leben eines Christen: Ich möchte den Willen Gottes tun. Ich habe mich dem Herrn und seinem Willen verschrieben und möchte, dass mir sein Wille klar wird.
Gott hat einen Auftrag für jeden von uns, und dieser Auftrag ist sein Wille. Diesen kann ich nur erfahren, wenn ich mir zuerst klar werde, dass mein Leib jetzt dem Herrn gehört. Das ist ganz wichtig. Ich möchte ein Mensch des Willens Gottes werden.
Das Erste ist also: Mein Leib gehört nicht mehr mir, sondern dem Herrn. Das muss ich mir ganz klar machen. Das ist der Weg. Um zu prüfen, was der Wille des Herrn ist, muss ich zuerst meinen Leib dem Herrn darstellen und mich zweitens in meinem Denken umgestalten lassen.
Meine Gedanken sollen sich nicht ständig um weltliche Dinge drehen. Sie sollen jetzt von Gott geprägt sein, damit ich prüfen kann, was Gottes Wille ist: der gute, angenehme und vollkommene Wille Gottes.
Dieser Wille ist gut, wohlgefällig und vollkommen. Es ist das Beste, was uns passieren kann, nach dem Willen Gottes zu leben. Es gibt nichts Besseres für uns, kein herrlicheres Los, als nach dem Willen Gottes zu leben.
Haltung im Dienst: Demut und gesunder Sinn
So werden wir also aufgerufen, unsere Leiber Gott zur Verfügung zu stellen, um ihm zu dienen. In den nächsten Versen wird beschrieben, wie das aussieht, wenn wir unsere Leiber dem Herrn zur Verfügung gestellt haben und für seinen Willen leben. Es geht weiter mit Vers 3, denn „denn“ ist eine Begründung oder Erklärung des zuvor Gesagten. Solche Bindewörter sind sehr wichtig und sollten immer beachtet werden.
Denn ich sage einem jeden unter euch durch die Gnade, die mir gegeben wurde, dass er sich nicht für hoch halte, nicht mehr von sich halte, als zu halten sich gebührt, sondern dass er darauf bedacht sei, eine gesunde Haltung einzunehmen. „Gesund“ heißt hier „züchtig sein“, also eine gesunde Haltung einzunehmen, wie Gott einem jeden ein Maß des Vertrauens zuteilte. Darüber werden wir uns nach der Pause Gedanken machen.
Ich möchte jemanden vorlesen, Römer 12, Verse 3 bis 8. Dort wird beschrieben, wie Gott einem jeden ein Maß des Vertrauens zuteilt. Weil wir viele Kinder haben, aber nicht alle dieselbe Verrichtung erfüllen, so sind wir viele ein Leib in Christus, als Einzelne aber Glieder voneinander. Wir haben Gnadengaben, verschieden nach der uns gegebenen Gnade, nämlich gemäß dem entsprechenden Verhältnis des Vertrauens.
Wenn jemand weissagt, so habe er diese Haltung im Weissagen; wenn jemand dient, so diene er; wenn jemand lehrt, so lehre er; wenn jemand ermahnt, so ermahne er; wer gibt, tue es mit Einfalt; wer vorsteht, mit Fleiß; wer Barmherzigkeit übt, tue es mit Freude.
Wenn man beachtet, dass es sich hier um einen Satz handelt, erkennt man, dass das Hauptverb in den Versen 3 bis 8 „dass er darauf bedacht sei, eine gesunde Haltung einzunehmen“ ist. Der Hauptsatz lautet: „Ich sage jedem unter euch, dass er sich nicht für hoch halte, sondern dass er darauf bedacht sei, eine gesunde Haltung einzunehmen.“ Diese gesunde Haltung wird durch das Weitere bestimmt, also wie Gott jedem das Maß des Vertrauens zuteilte.
Hier folgt ein untergeordneter Satz: „Denn gleich wie wir an einem Leib viele Glieder haben, nicht aber alle Glieder dieselbe Verrichtung, so sind wir viele ein Leib in Christus, als Einzelne aber Glieder voneinander und haben Gnadengaben verschieden nach der uns gegebenen Gnade.“ Das Griechische setzt hier ohne Verb fort, und der Übersetzer muss ergänzen, was zu ergänzen ist. Am besten hält man sich an den Hauptgedanken von Vers 3, nämlich, dass man sich nicht zu hoch halten soll, sondern eine gesunde, besonnene Haltung einnehmen soll.
Wenn dann die Gaben aufgezählt werden, sollen wir uns immer daran erinnern, dass diese Haltung die Grundlage ist. Wenn jemand weissagt, so tue er dies gemäß dem Maß des Glaubens. Das heißt, der Hauptgedanke ist die Haltung, in der man dienen soll, und diese wird in Vers 3 genannt. Wenn die einzelnen Gaben aufgezählt werden, soll man sich immer an diese Haltung erinnern – im Weissagen, im Dienen, im Lehren, im Aufrufen, im Mitteilen und so weiter.
Es ist etwas schwierig zu übersetzen, aber es scheint, dass der Gedanke aus Vers 3 die gesamten folgenden Verse bestimmt. Wir sollen ja umgestaltet werden, uns erneuern lassen in unserem Denken, und jetzt soll Veränderung geschehen. Auch unsere Haltung soll anders werden.
Von Natur aus neigen wir dazu, zu hoch von uns zu denken. Das ist einfach so. Jeder Mensch glaubt, er sei der Mittelpunkt der Erde, er meint, er sei der Besondere. Bei ihm macht man eine Ausnahme, bei ihm ist es immer anders als bei anderen. Wir tendieren alle dazu.
Jetzt sagt der Apostel, wir sollen uns nicht zu hoch von uns denken, nicht uns zu hoch halten. Das heißt, wir sollen ein Bild von uns selbst haben, aber ein himmlisches Bild. Ein Bild heißt ein Bild oder ein Selbstbild. Die Frage ist: Welches Bild habe ich von mir? Habe ich ein realistisches Bild oder ein unrealistisches Bild? Dieses Bild habe ich in einem Rahmen, und ich muss mich in diesem Rahmen bewegen. Manchmal wollen wir über den Rahmen hinaus, aber Gott ist treu und gütig mit uns. Er demütigt uns und sagt: Komm zurück, komm wieder auf den Boden, dort ist dein Platz, nicht so hoch hinaus.
Andere haben manchmal ein zu geringes Bild von sich selbst und sagen: Ich kann gar nichts, ich bin nichts, und sie dienen nicht, weil sie glauben, nichts zu können. Auch hier muss man eine gesunde Haltung einnehmen. Von uns aus können wir natürlich nichts, das ist klar, aber wir haben Jesus Christus, und deshalb dürfen wir doch ein gewisses Vertrauen haben.
Schauen wir uns den Vers an: „Denn ich sage jedem unter euch durch die Gnade, die mir gegeben wurde.“ Paulus weiß, er ist ein Begnadeter, und spricht als Begnadeter: „Ich sage jedem unter euch durch die Gnade, die mir gegeben wurde, dass er sich nicht für hoch halte, nicht mehr von sich halte, als zu halten sich gebührt, sondern dass er darauf bedacht sei, eine gesunde Haltung einzunehmen.“ Das griechische Wort bedeutet „besonnen sein“ oder „eine gesunde Haltung einnehmen“. „Sōphron“ heißt gesund oder heil, und „phronéō“ heißt sinnen, bedenken oder bedacht sein. Das Wort kann auch „diszipliniert sein“ bedeuten. Wir sollen also besonnen, diszipliniert und gesund in unserem Denken sein. Darum geht es: In unserem Sinnen, Trachten und Denken sollen wir gesund sein und die Haltung einnehmen, die gesund ist, so wie Gott jedem das Maß des Vertrauens zuteilte.
Interessant ist, was hier steht: Wie Gott jedem das Maß des Vertrauens zuteilte. Erstens: demütig sein, sich nicht zu hoch halten. Demütig sein heißt, eine niedrige Gesinnung von sich selbst zu haben. Zweitens: gesunden Sinnes sein, also gesund und diszipliniert im Denken und in der Haltung. Drittens: nach dem Maß des Glaubens oder Vertrauens, so wie Gott jedem das Maß zuteilte. Viertens: im Bewusstsein, dass wir Glieder voneinander sind, als Glieder des Leibes Jesu Christi. Wenn ich ein Glied am Leib Jesu Christi bin, bin ich auch ein Teil von dir, und du bist Teil von mir. Wir sind Glieder voneinander. Fünftens: entsprechend den Gnadengaben, die Gott uns gegeben hat.
Hier sind die Gnadengaben aufgezählt. Es geht um den Dienst und die Haltung im Dienst. Unser Dienst soll demütig geschehen, mit gesunder Haltung, nach dem Maß des Glaubens, als Glieder voneinander und entsprechend den Gnadengaben. Hier haben wir eine Fünf-Punkte-Predigt.
Schon wieder zu viele Punkte – es dürfen ja nur drei sein: demütig, gesunden Sinnes und nach dem Maß des Glaubens. Zu Letzterem möchte ich noch etwas sagen: Jeder Christ hat ein Maß zugeteilt bekommen. Was heißt das Maß des Glaubens? Das Wort „Glauben“ kann auch „Vertrauen“ bedeuten. Dieses Vertrauen kann in verschiedene Richtungen gehen: zu Gott, zum Dienst, den man bekommen hat, oder zu sich selbst. Ein gewisses Selbstvertrauen oder besser: Vertrauen in die Gabe Gottes. Gott hat uns etwas gegeben, und wir sollen auf das vertrauen, was Gott uns gegeben hat, und auf den Gott, der sie uns gegeben hat. Wir sollen uns dementsprechend verhalten. Ein gesundes Vertrauen, das ist ein Maß. Gott hat etwas zugeteilt: dass ich etwas kann, dass ich etwas bin und dass ich darauf vertrauen darf. Im Gottvertrauen vertraue ich auf das, was ich jetzt können darf. Ich darf etwas können, Gott hat es mir erlaubt.
Jeder von uns kann etwas ganz besonders gut. Das ist eine Gnadengabe, eine Befähigung für den Dienst. Jeder Christ hat mindestens eine Gnadengabe zum Dienen. Wenn ich nicht singen kann, soll ich nicht denken, ich könne singen. Es soll nach dem Maß sein, wie Gott es mir gegeben hat. Singen kann man auch lernen, mittlerweile weiß ich das, aber wer singen kann, soll nicht behaupten, er könne nicht singen. Das Gleiche gilt fürs Sprechen. Manchmal wird zu viel erwartet.
Ein Bruder sagte mir vor ein paar Tagen: „Ich weiß nicht, ob ich predigen soll, ich traue mir das nicht zu.“ Ich verstehe das Problem sehr gut, denn das Predigen gibt es in der Bibel nicht in der Form, wie wir es heute kennen. Die Predigt ist eine Verkündigung, die verschieden sein kann: Lehre, Aufruf, Zeugnis, Vorlesen. Es gibt verschiedene Arten der Verkündigung: ein Wort der Weisheit, ein Wort des Wissens, der Erkenntnis, eine Offenbarung. Gott hat dir etwas gegeben, Licht in einer Sache, und du sagst es weiter. Oder Gott hat dir eine Last gegeben, und du bringst die Last weiter. Die Beiträge sind verschieden.
Wenn wir heute eine Predigt hören, erwartet man oft drei Punkte, die Mahnung, Aufruf und Lehre enthalten, Offenbarung, Licht und Last. Das überfordert junge Prediger. Ich habe gesagt: Mach weiter, was du tust. Mach Einleitungen, sprich mal zehn Minuten hier, zehn Minuten dort. Du musst nicht 45 Minuten sprechen. Bei uns ist es ohnehin weniger, vielleicht 20 Minuten. Das ist eine Hilfe. Du brauchst keine fertige Predigt, wie man sie sich vorstellt. Das wurde im Neuen Testament auch nicht so gemacht.
So dürfen Geschwister aufstehen, ein Anliegen haben und sprechen. Sie geben das Anliegen weiter oder haben eine Lehre und geben diese weiter. Oder sie lesen etwas vor und damit hat es sich. Man lernt und wächst in den Gnadengaben, die Gott einem gegeben hat. Das ist im Natürlichen auch so.
Vor einiger Zeit wurde ein Läufer Weltrekordler im 100-Meter-Lauf, Usain Bolt. Ich fragte mich, wie er das geschafft hat. Er hatte die Schwäche, dass er beim Start oft eine Hundertstelsekunde verlor, aber diesmal erwischte er den Start gut, und alles lief ideal. Wie kam es dazu? Er merkte als junger Mensch, dass er gut laufen kann. Er nahm an Wettkämpfen teil. Er hatte eine gute Körpergröße, nicht zu groß, nicht zu klein, passende Beine. Dann musste er trainieren. Einige Dinge sind Begabung, andere Training. Ein bisschen Glück braucht es auch beim Start.
So läuft es. Wir als Christen brauchen kein Glück, sondern die Hilfe des Herrn, aber auch Fleiß und Übung. Die Schwestern sollen nicht sagen, sie dürften nicht predigen. Eine Schwester sagte mir, Frauen dürften nicht predigen. Das stimmt nicht. Natürlich darfst du predigen, aber nicht vor den Brüdern in der Versammlung. Du kannst den Schwestern predigen, Kindern predigen, deiner Nachbarin predigen. Jeder hat seinen Platz, jeder seine Gabe.
Die Gabe schränkt die Plätze ein, wo du dienst. Wer die Gabe des Lehrens hat, wird lehren. Wo er lehrt, ist eine andere Frage, aber er wird lehren. Er wird nicht Klavier spielen, es sei denn, er hat auch diese Gabe. Die Gabe gibt den Rahmen für den Dienst vor.
So wie bei den Gliedern des Leibes: Die Gabe des Auges ist zu sehen, nicht den Körper fortzubewegen. Das Auge ist nicht gebaut, um darauf zu fahren. Es hat die Aufgabe zu sehen, nicht zu gehen oder sich fortzubewegen.
Wenn ich eine geistliche Gabe habe, habe ich eine Rolle, die mir eine Aufgabe gibt. Mit dieser Rolle kann ich verschiedene Dienste tun. Die Hand kann greifen, aber das Greifen kann verschiedenartig sein, zum Beispiel schreiben. Gott hat mir durch die Gnadengabe einen Rahmen für den Dienst gesteckt und sagt: Schau, in diese Richtung soll es gehen. Dann ist es eine Führungsfrage, wo genau ich dienen soll. Da darf ich den Herrn um Führung bitten.
Es braucht Fleiß, und man soll einfach anpacken. Viele dienen nicht, weil sie ihre Gabe nicht kennen. Nein, umgekehrt: Ich muss einfach dienen, und mit der Zeit erkenne ich, was ich gut kann. Gott hat mir eine Befähigung gegeben, eine Gnadengabe. Wenn Paulus vom Dienen spricht, meint er auch diese Befähigungen.
Ein paar allgemeine Dinge zu den Gnadengaben: Die Gnadengabe gehört nicht mir, sondern ist für die Geschwister da. Gott hat mir die Gnadengabe nicht gegeben, damit ich mich daran freue, sondern damit ich mich einsetze und mit dieser Gabe diene. Für den Leib Jesu Christi ist sie da.
Zweitens: Die Gnadengabe ist zur Ehre Gottes und zum Aufbau des Leibes. Gott soll durch diese Gabe geehrt werden, und der Leib soll durch sie gebaut werden.
1. Petrus 4, Verse 10 und 11 sprechen davon: Wir sind Verwalter der mannigfaltigen Gnade Gottes. Wir müssen uns dessen bewusst sein.
Um mit den Gnadengaben zu dienen, braucht es Förderung durch Einsatz. Meine Gnadengabe wird gefördert, indem ich mich einsetze. 2. Timotheus 1, Vers 6 und 7: „Fache an das Feuer der Gnadengabe Gottes.“ Paulus schreibt hier, dass man das Feuer nicht neu anzünden muss, sondern fachen, also die kleine Glut verstärken soll.
Gott gab uns nicht einen Geist des Zagens, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit mit Zucht. Also: Um mit der Gnadengabe zu dienen, braucht es Einsatz. Wenn Timotheus nicht dient, lässt er das Feuer langsam ausgehen. Jetzt braucht es Sauerstoff, damit es wieder aufflackert. Setz dich ein, sei nicht zaghaft. Gott hat uns nicht den Geist des Verzagens gegeben, sondern der Kraft, Liebe und Besonnenheit.
Weiter braucht es eine gesunde Selbsteinschätzung: nicht zu hoch, aber auch nicht zu niedrig von sich denken. Realistisch sein.
Was braucht es noch, damit ich meinen Leib Gott darstelle als Opfer? Hingabe an Gott ist nötig. Ich lebe nicht nach den Bedürfnissen des Leibes. Manchmal muss man dem Leib sagen: Nein, jetzt kriegst du noch keinen Schlaf, jetzt wird gedient.
Von der Schrift her wissen wir, dass es Abhängigkeit von Gott braucht, das heißt Gebet und das Wort Gottes. Viele Stellen zeigen, dass wir in Abhängigkeit von Gott nur dienen können.
Ganz wichtig ist auch, dass andere Christen mich brauchen. Wenn niemand mich braucht, was soll ich tun? Es braucht andere, die mich brauchen, die mich um Hilfe bitten. Wir dürfen einander um Hilfe bitten.
Warum gibt es Behinderte? In der Welt werden sie oft ausgegrenzt, aber Gott hat das nicht so gemacht. Gott will, dass die Behinderten gesehen werden, damit andere ihnen helfen und Barmherzigkeit üben. So lernen wir.
Was braucht es noch, um mit der Gnadengabe zu dienen? Es braucht andere Christen, die mich fördern, mir helfen und mir sagen, wo es langgeht. In der Gemeinde gibt es reifere Christen, die Anleitung geben können.
Paulus sagt in Epheser 4, Verse 11 und 12, dass Gott Apostel, Propheten, Lehrer und Hirten gegeben hat zur Zurüstung des Leibes, zum Werk des Dienstes, wodurch der Leib Christi erbaut wird. Also braucht es andere Christen, die mich anleiten und helfen.
Wenn wir nicht wissen, welche Gnadengabe wir haben, sollen wir einfach anpacken und uns einsetzen. Alles, was dir vor die Hände kommt, tue es. Prediger 9, Vers 10 sagt: „Alles, was deine Hand findet zu tun, das tue mit deiner Kraft.“ Deshalb braucht es Hingabe.
Römer 12, Vers 1 fordert uns auf, unsere Leiber hinzugeben. Es braucht Liebe. Immer wenn von Gnadengaben die Rede ist, ist Liebe ganz in der Nähe.
1. Korinther 12 und 14 sprechen von Gnadengaben, und in der Mitte steht die Liebe, 1. Korinther 13. Römer 12 spricht von Gnadengaben bis Vers 8, und in Vers 9 von der Liebe. 1. Petrus 4, Verse 10 und 11 sprechen von Gnadengaben, und in Vers 8 von der Liebe. Epheser 4, Vers 11 spricht von Gnadengaben, und in den Versen 11 bis 16 ist von Gnadengaben die Rede. Im gleichen Kapitel, auch in den Versen selber, ist von Liebe die Rede, Epheser 4, Verse 1 und 2 und Vers 16.
Ihr seht also, immer wenn von Gnadengaben und Dienst die Rede ist, braucht es Liebe. Wir müssen uns bewusst werden, dass wir unseren Dienst aus Liebe zu den Geschwistern und zum Herrn tun.
Das waren jetzt einige Ausflüge, aber ich denke, es ist wichtig, solche Dinge einzuflechten.
An der Tafel habe ich eine Liste der Gnadengaben gemacht. Die erste Liste ist in Epheser 4, Verse 7 bis 16. Dort werden Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer genannt. Ich habe es abgekürzt: A für Apostel, P für Prophet, E für Evangelist, dann Hirten und Lehrer. Diese werden in Epheser 4, Vers 11 genannt.
Dann gibt es eine andere Liste in 1. Korinther 12, Verse 28 bis 30. Dort werden sie in gewisser Reihenfolge genannt: erstens Apostel, zweitens Propheten, drittens Lehrer, dann Hilfeleistungen und Lenkungen. Lenkungen haben mit Leiten und Steuern zu tun, zum Beispiel Kinderstunde leiten oder eine Gruppe führen.
Wir saßen zusammen, einige Jugendliche, ich war zu Besuch in der Gruppe. Sie aßen etwas, und einer ergriff das Wort, sagte: „Wir beten noch“, und gab einige Hinweise. Ich merkte, das war nicht einfach der Leiter der Jugend, sondern jemand mit Verantwortung, jemand, der lenkt.
Die Gaben des Lenkens gehen um die Richtung.
Das war 1. Korinther 12.
Die dritte Liste ist in 1. Korinther 12, Verse 4 bis 11. Dort sind Gnadengaben wie Prophetie, Wort der Weisheit, Wort der Erkenntnis und Glaube erwähnt. Die Wundergaben lasse ich jetzt aus, denn das ist nicht das Thema.
Dann haben wir Römer 12 mit der Liste: Propheten, Diener, Lehrer, Vorsteher, Zusprecher oder Aufrufer, Geber und Barmherzigkeit Übende – sieben Gnadengaben.
In 1. Petrus 4 gibt es zwei Kategorien: Reden und Handeln, Dienen mit dem Mund und Dienen mit der Hand oder mit den Füßen.
Wenn man diese Listen nebeneinanderstellt, sieht man Überschneidungen, aber keine ist vollständig. Es ist dem Apostel nicht wichtig, eine vollständige Liste zu geben. Er setzt in jeder Bibelstelle andere Schwerpunkte.
In Römer 12 sind die wichtigsten Gaben aufgeführt. Es ist auch die vollständigste Liste im Vergleich.
Der Evangelist als solcher ist eine Gnadengabe, aber er braucht für seinen Dienst die Gnadengabe des Lehrens und des Aufrufens. Er braucht verschiedene Gnadengaben. Er selbst ist eine Gnadengabe für die Gemeinde.
Der Apostel ist auch eine Gnadengabe als Person. Wenn wir unsere Rolle treu erfüllen, sind wir als Personen eine Gnadengabe, ein Geschenk an die Gemeinde Jesu in dieser Welt.
Ein Überblick über die Gnadengaben.
Gibt es Fragen zu den Gnadengaben? Ich werde noch auf einige eingehen, aber vorher eine kurze Beschreibung der sieben hier genannten Gnadengaben.
Erstens: Wer weissagt oder prophetisch redet, der habe, wenn die Gnadengabe Weissagen ist, die gesunde Haltung gemäß dem Maß des Vertrauens. Man nehme also eine Haltung ein, entsprechend dem Vertrauen, das man hat, Vertrauen zu Gott und zur Gnadengabe, zu dem, was Gott einem gegeben hat, und übe das aus.
Prophetie heißt Hervorsagen, nicht nur Vorhersagen, sondern Gottes Wort hervorbringen. Es hat mit Licht und Last zu tun. Der Prophet bekommt Licht von Gott in einer Sache und eine Last. Das ist die Last des Wortes.
Sacharja 12, Vers 1 haben wir gestern gelesen. Das ist die Last des Herrn über Israel. Die Last des Wortes ist wie eine Last, die man auferlegt bekommt, und man soll sie weitergeben. Man kann die Last auch einige Wochen mit sich herumtragen und später loswerden, wenn der Herr die Gelegenheit gibt.
Man bekommt ein Anliegen, Licht über das Wort Gottes oder eine praktische Frage, und bringt das an.
Es gibt Propheten im engeren Sinn, die direkte Sprachrohre Gottes sind. Das sind wir nicht. Wir sind keine Sprachrohre Gottes.
Ein Sprachrohr gibt genau das weiter, was es empfängt, nicht mehr und nicht weniger. Die Propheten im Alten Testament waren Sprachrohre Gottes. Alles, was sie sagten, war Wort Gottes.
Das ist bei uns nicht der Fall. Wir geben die Bibel weiter und sagen: So spricht der Herr, wie es da steht. Wir können nicht sagen: So spricht der Herr und deuten dann auf uns und sagen etwas anderes.
Wir sollen das Wort weitergeben und erklären. Gott nimmt uns im Neuen Testament nicht die Arbeit ab, es in eigene Worte zu fassen und zu erklären. Eine Last, die wir mit uns herumtragen, müssen wir in Worte fassen. Manche können das besser, andere brauchen länger. Der Herr hilft uns dabei.
Wir müssen heute alles prüfen, was wir gesagt bekommen. Wenn jemand etwas sagt, sei es Lehre oder Prophetie, eine Last oder Lehre, müssen wir überlegen: Stimmt das mit der Bibel überein? Ist es richtig? Wir müssen die Geister prüfen, die Geister der Propheten.
Der Prophet spricht, und den Geist des Propheten prüft man am Inhalt. Wir müssen überlegen, ob es mit der Wahrheit, dem Wort Gottes übereinstimmt oder ob etwas übertrieben oder unklar ist. Dann müssen wir urteilen.
1. Korinther 14 spricht darüber. Da redet ein Prophet, und die anderen urteilen.
Wenn Paulus als Sprachrohr Gottes spricht, gibt es kein Urteil. Wenn Gott spricht, haben wir zu gehorchen.
Aber wenn ein Prophet im zweiten Sinn spricht, muss man urteilen.
Der Prophet spricht Gottes Wort hervor zur Erbauung der Gläubigen, zum Aufrufen, Trösten usw.
Das Dienen ist ein sehr breiter Begriff. Es heißt, die Nöte sehen, wo Bedürfnisse sind, und dort mit anpacken. Das soll jeder Christ tun, aber einige haben eine Gnadengabe, die das schneller erkennen.
Manche sind sehr schnell bereit und haben einen Blick dafür, wo jemand Hilfe braucht. Man ist froh, wenn andere das sehen.
Dienst ist praktisches Handanlegen in jeder Hinsicht, auch musikalische Unterstützung.
Lehren heißt, anderen helfen, das geschriebene Wort zu verstehen, es darzulegen und auszulegen.
Auslegen heißt, nicht sagen, was man meint, sondern das darlegen, was da steht. Wenn wir das nicht tun, missverstehen wir den Text und müssen korrigiert werden.
Frage nicht, wie du es auslegst, sondern ob du den Text verstanden hast. Was sagt der Text? Wie ist das zu verstehen?
Wenn der Text nicht klar ist, schauen wir, ob andere Texte es klären. Manchmal bleibt es unklar, aber später wird es klarer.
Lehren heißt, anderen helfen, das Wort so zu verstehen, dass sie es praktisch umsetzen können.
Wir müssen die Schrift auslegen. Als Lehrer muss man zuerst von Griechisch auf Deutsch übersetzen. Dann muss man von der Welt vor 2000 Jahren auf heute übersetzen. Es gibt manchmal eine Hürde.
Manche Dinge versteht man heute nicht mehr, aber damals waren sie klar. Dann braucht man eine Erklärung, die hilft, das zu verstehen.
Zum Beispiel bei der Hochzeit: Warum stehen da so viele Krüge? Wozu brauchen sie so viel Wasser? Trinken sie so viel? Nein, das ist zum Hände- und Füßewaschen. Das weiß ich nicht, weil wir das heute nicht so machen.
Der Ausleger muss das erklären und Hilfen geben, damit wir verstehen, was damals geschah.
Der Lehrer sollte auch Hilfen geben, wie man das Gelernte jetzt umsetzt.
Das ist auch eine Übersetzung: vom Text ins Leben.
Der Hörer muss das dann auch ins Leben übersetzen und tun.
Lehren ist eine große Aufgabe.
Das nächste ist das Aufrufen, Zusprechen, Ermutigen und Auffordern. Das ist das, was ein Trainer tut.
Ein Trainer hilft dem Läufer, der läuft, und ermutigt ihn: „Atme gut, schau nicht nach links und rechts, sondern nach vorne, verliere keine Zeit.“
Er gibt Ratschläge, feuert an.
Aufrufen und Zusprechen ist eine Last, die gesagt werden muss.
Man ruft die Geschwister auf, holt Bibelstellen, erklärt und zeigt: „Schau, hier steht das. Der Herr will uns etwas lehren, wir müssen etwas ändern.“
Das nächste ist Geben. Geben heißt, andere an sich selbst und an seinen Gütern teilhaben lassen.
Im Griechischen ist das Wort „koinonia“ nicht hier, sondern „echo“ oder „koinonain“ – mitteilen, mitgeben, teilhaben lassen.
Ein anderes Wort ist „meta dido“, was „mitgeben“ heißt.
Mitteilen und mitgeben beziehen sich auf Sachen, nicht auf Wörter.
Das andere ist Vorstehen, Leiten, Verwalten. Ein Vorsteher ist jemand, dem andere gerne folgen, ein Hirte.
Ein Vorsteher muss Weitblick haben, vorausdenken, vorausschauen.
Manche sind begabt im strategischen Denken, sehen Gefahren und Ziele.
„Proistemi“ heißt vorstehen, vorangehen.
Sie wollen andere zurüsten und delegieren.
Dann gibt es das Barmherzigkeit üben.
Barmherzigkeit heißt, mitempfinden, die Nöte und Schmerzen des anderen fühlen und entsprechend reagieren.
Barnabas zum Beispiel, verwandt mit Johannes Markus. Johannes Markus verließ die Gruppe, als es schwierig wurde. Paulus wollte ihn nicht mehr mitnehmen. Barnabas nahm ihn mit und diente mit ihm auf Zypern.
Barnabas heißt „Sohn des Trostes“. Er konnte sich in andere hineinfühlen und gab Johannes Markus eine zweite Chance.
Johannes Markus wurde später ein wertvoller Diener, Paulus brauchte ihn wieder (2. Timotheus 4).
Barmherzigkeit üben heißt auch praktische Hilfe leisten und sich in andere hineinversetzen.
Bei jeder Gabe gibt es Gefahren.
Der Prophet könnte Bibelverse aus dem Zusammenhang reißen, um seine Last zu vermitteln, und die Verse falsch verwenden.
Der Diener könnte vor lauter Dienst die eigene Familie vernachlässigen.
Das gibt es oft. Manche sind viel unterwegs und helfen, aber die Familie leidet.
Der Lehrer könnte ein Theoretiker werden, der nur lehrt, aber selbst nicht lebt oder sich nicht mit Menschen beschäftigt.
Der Aufrufer könnte übertreiben, sich zu sehr hineinsteigern.
Der Geber könnte zu geizig oder zu weich sein, und manche könnten das ausnutzen.
Der Vorsteher könnte den Blick für Details verlieren und Personen übersehen.
Der Barmherzigkeit Übende könnte zu weich sein, wo eigentlich Gemeindezucht nötig wäre.
In jeder Gabe liegen Stärken und Schwächen.
Wenn wir uns dessen bewusst sind, können wir besser aufpassen.
Praktisch und lebensnah.
Ich denke, jetzt machen wir eine Pause und gehen dann mit dem Text weiter.
Wenn man andere Übersetzungen liest, klingt es manchmal eigenartig. Zum Beispiel: „Die Liebe sei ungeheuchelt, verabscheut das Böse, hängt dem Guten an, sei dem Bruder lieber zugetan“ – lauter Befehlsformen.
Im Griechischen ist es interessant: Hier ist es nicht so. Der Übersetzer muss entscheiden, ob er daraus Befehle macht oder die Form des Griechischen nachahmt.
Das heißt, die Liebe sei ungeheuchelt – das ist die Aufforderung. Jetzt folgt, wie das aussehen soll, also tue dies, während folgendes geschieht. Das ist ein Satz (Verse 9 bis 13), ein einziger Satz im Griechischen.
Diese Liebe soll also ungeheuchelt sein bei folgenden Aktionen: Während wir dem Guten anhangen, soll die Liebe dabei die Leitung haben. Bruderliebe, Ehrerbietung, Fleiß, Dienst, Freude in der Hoffnung – alles soll von dieser Liebe bestimmt sein.
Die Liebe ist das Entscheidende, das Wesen einer Beziehung. In jeder Beziehung ist das so, auch in der Ehe.
Wenn die Liebe ausgeht, geht alles dahin.
Es ist von ungeheuchelter Liebe die Rede. Wenn keine ungeheuchelte Liebe da ist, ist es besser, die Liebe zu heucheln, als mit Frechheit und Bosheit zu begegnen.
Das wäre eine Milderung.
Nicht zu heucheln und deshalb frei heraus zu sagen, was man denkt, kann noch mehr Schaden anrichten.
Die Liebe soll echt sein.
Wenn ich sie nicht habe, habe ich sie als Christ, sie ist ausgegossen in mein Herz, die Liebe Gottes zu mir.
Jetzt darf ich von dieser Liebe aus die anderen lieben.
Wenn ich merke, dass nichts vorhanden ist, muss ich mich nicht von meinen Empfindungen leiten lassen, sondern Buße tun und sagen: Herr, da ist etwas innerlich gestorben, und das ist gefährlich.
Wenn bei uns innerlich etwas stirbt, stehen wir in Gefahr.
Wenn wir die Bibel nicht mehr lesen und uns geistig nicht ernähren, stirbt etwas vom Leben ab.
Irgendwo beginnt es, man verlässt die Liebe – zur Gemeinde und zum Herrn.
Da muss man Buße tun.
Offenbarung 2 spricht davon.
Die Lösung, wenn man die Liebe verlassen hat, ist nicht, die andere Seite zu zeigen, sondern Buße zu tun und an die ersten Werke zu denken.
Denk daran, wovon du gefallen bist.
Hier werden zwölf Elemente genannt, zwölf ist eine Zahl der Vollkommenheit.
Zwölffache Frucht.
Diese Verse sprechen für sich.
Es geht um Übersetzung ins Leben.
Zum Beispiel: In der Ehrerbietung einander vorangehen. Man vergisst das manchmal, auch in der Ehe oder anderen Beziehungen.
Respekt und mit gutem Beispiel vorangehen regen den anderen an.
Wenn der eine sich ehrerbietig benimmt, wird der andere angeregt, dasselbe zu tun.
Im Fleiß nicht säumig sein.
Man kann sagen: Ich habe genug getan, aber das sollen wir nicht.
Paulus spricht hier von vielen Dingen, die zu tun sind, weist aber auf die Barmherzigkeit Gottes hin.
Wir dürfen nicht vergessen, was in Vers 1 steht: Hinweis auf die Barmherzigkeit Gottes, sei das euer logischer Dienst.
Paulus beginnt den Römerbrief nicht mit einer Liste von Befehlen, sondern baut eine Basis.
Pädagogisch ist es nicht gut, mit Befehlen zu beginnen, sondern zuerst zu zeigen, wo die Quelle ist: die Barmherzigkeit Gottes, die Liebe Gottes, was er getan hat.
Dann kommen die Aufforderungen.
Im Epheserbrief ist es ähnlich: Drei Kapitel lang erklärt er, was wir in Christus haben, dann folgen drei Kapitel, wie wir deshalb leben sollen.
Das darf man nicht vergessen.
Auch wenn wir das Wort Gottes weitergeben und verkündigen, müssen wir so vorgehen: Zuerst Christus vor Augen malen und zeigen, wo die Quelle ist, dann sagen, warum wir so leben sollen.
Im Geist brennend: Apollos war so einer, der feurig im Geist war (Apostelgeschichte 18).
Die Flamme ist nicht erloschen, sie lodert. Man ist hell für den Herrn.
Wir sagen begeistert, aber das Wort „begeistert“ ist nicht so schön. „Im Geist brennend“ ist besser.
Wenn es nicht so ist, dann beten wir: Herr, fache das Feuer in mir an, oder fache die kleine Glut an, dass sie hell brennt.
Der Allernächste zur rechten Zeit Dienst leisten.
In manchen Übersetzungen heißt es „dem Herrn dienen“. Hier ist eine schwierige Textfrage. Die Textzeugen gehen auseinander, auch innerhalb des Mehrheitstextes und des Textus Receptus.
Hier heißt es mal „dem Herrn dienen“, mal „zur rechten Zeit dienen“. Man muss beides verstehen: Wir sollen dem Herrn dienen und zur rechten Zeit dienen.
In der Hoffnung euch freut, dass ihr euch in der Hoffnung freut.
Der Blick zu Gott und nach vorne in die Zukunft ist wichtig.
Bei Bedrängnis ist Ausdauer wichtig. Das hat Paulus auch in Kapitel 5 gesagt.
Bedrängnis bewirkt Ausdauer.
Gott schickt uns Bedrängnis, damit die Frucht der Ausdauer entsteht.
In Römer 5, Vers 3 steht: „Wir wissen, dass Bedrängnis Ausdauer bewirkt.“
Wenn wir in Bedrängnis sind, sollen wir ausdauernd sein.
Gott gibt uns Probleme, damit wir standhaft und fest werden.
Im Gebet beharrlich sein.
Gott will, dass wir immer wieder beten.
Warum? Vielleicht, weil wir Menschen nicht ausdauernd sind.
Kinder sind so: Sie wollen immer wieder das Gleiche.
Wenn sie immer wieder darum bitten, merkt man, dass es ihnen wirklich wichtig ist.
Das ist auch für uns wichtig.
Gebet ist oft vernachlässigt.
Wir leben in einer Zeit, in der Beten nicht mehr reinpasst, weil Handy, Internet und vieles mehr da sind.
Beten wird an die Ecke gedrängt.
Früher hatte Gebet einen großen Raum im Leben.
Heute läuft vieles zu schnell.
Man nimmt sich zu wenig Zeit zum Beten.
Man muss sich dessen bewusst werden und manchmal fasten.
Vers 13: Anteil nehmen an den Nöten der Heiligen und Gastfreundschaft pflegen.
Gastfreundschaft ist ein Anliegen.
Man möchte ein offenes Haus haben.
Dort gibt es viele Möglichkeiten des Dienens und Austauschs.
Man kann sich aufbauen.
Kinder lernen von Gästen und fürs Leben, ein offenes Haus zu haben.
Verse 14 bis 21: In Versen 9 bis 13 geht es um ungeheuchelte Liebe.
In Versen 14 bis 21 geht es um Liebe in einer gemischten Gesellschaft von Gerechten und Ungerechten.
Vorher ging es um Gläubige, jetzt auch um schwierige Menschen, Ungläubige oder schwierige Gläubige.
Ich möchte jemanden vorlesen, Verse 14 bis 21:
„Wobei man in der Begegnung der anderen nicht gesündigt hat, nicht auf die Lohnwege hin, sondern sich mit Wehen, die niedrig sind, mitführen lasse, werden Säugchen, die bei sich selbst umgehen. Niemanden Bösen mit Bösem vergelten, sondern das, was edel ist, vorsorglich sein vor den Augen aller Menschen. Vorsorge sei vor allen Menschen, wenn möglich, so viel an euch liegt, mit allen Menschen Frieden haben. Denn ich selbst nicht wähle, Geliebte, sondern Wege Trauen, Wege Zorn, wenn es geschrieben wird: Vergeltung ist mein, spricht der Herr. Wenn dein Feind hungert, speise ihn, wenn er dürstet, gib ihm zu trinken, und wenn du das tust, wirst du feurige Kohlen auf seinen Haupthaufen sammeln. Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit dem Guten.“
Hier haben wir das Wort „nachjagen“ oder „segnen“. Segnet die, die euch verfolgen! Das ist ein Präsensimperativ, also immer wieder segnen, nicht nur einmal.
Segnen heißt, um Segen für den anderen beten, ihm Gutes wünschen.
Segen heißt, Gutes zusprechen, Leben, Gedeihen wünschen.
Wenn wir unsere Kinder segnen, legen wir vielleicht die Hände auf und beten für sie.
Sich zu segnen heißt, ihnen Dinge geben, die ihnen zum Leben dienen.
Sich freuen mit den Fröhlichen und weinen mit den Weinenden.
Im Griechischen ist das ein Infinitiv, der als Aufforderung verstanden werden kann.
Es sei eure Aufgabe, sich zu freuen und mitzuweinen.
Verse 15 bis 19 sind ein einziger Satz.
Wir sollen mitfreuen und mitleiden.
Wenn wir das tun sollen, dürfen wir voraussetzen, dass der Herr das auch so tut.
Er freut sich mit uns und leidet mit uns.
Das sagen einige Schriftstellen, zum Beispiel Apostelgeschichte 9, Vers 5: „Saul, was verfolgst du mich?“
1. Korinther 12, Vers 26: Wenn ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit, auch das Haupt, Christus.
Wir sollen auch mitweinen.
Ein Bruder erzählte mir, dass er Schwieriges erlebte und auf einer Bank saß, fertig. Ein anderer Bruder setzte sich zu ihm und weinte mit ihm. Das war seine Hilfe.
Das ist „Weinen mit den Weinenden“.
Wichtig ist auch, dass wir in der Begegnung miteinander dieselbe Gesinnung haben.
Was, wenn wir verschiedene Meinungen haben?
Charakterlich können wir dieselbe Gesinnung haben.
Wenn wir nicht dieselbe Meinung haben, dürfen wir in Demut um die Wahrheit flehen und ringen.
Schulter an Schulter über die Schrift schauen.
Das hilft.
Entscheidend ist die Gesinnung, die Gesinnung Christi, wie in Philipper 2.
Jesus schüttete sich selbst aus, es ging ihm nicht um sich, sondern er war für die anderen da.
Diese Gesinnung soll auch in uns sein.
Nicht auf die hohen Dinge sinnen, sondern sich mit denen, die niedrig sind, mitführen lassen.
Das Griechische ist hier eigenartig: Sich mit denen, die niedrig sind, mitführen lassen.
Das heißt, ich steige herunter und fahre mit denen da unten mit, mit dem gleichen Zug oder dem kleinen Auto.
Ich lasse mich mitführen, gehe mit ihnen mit, stelle mich auf ihre Ebene.
Werdet nicht solche, die bei sich selbst klug sind.
Das hatten wir schon, es wiederholt sich.
Gott hilft uns und demütigt uns.
Vers 17 bis 21: Überwindende Liebe, das Böse mit Gutem überwinden.
Nicht Böses mit Bösem vergelten, sondern Böses mit Gutem überwinden.
Nicht nur bei Geschwistern, auch bei Nichtchristen.
Der Nachbar schimpft die Kinder, weil sie Nüsse in die Plattenspalten gelegt haben.
Die Kinder sagen, sie waren es nicht.
Wir gehen hin und räumen die Nüsse weg, auch wenn wir es nicht waren.
Der Nachbar ist überrascht.
Wir zeigen ihm, dass wir ihm dienen.
Nicht Böses mit Bösem vergelten.
Niemand soll Böses mit Bösem vergelten.
Sei vorsorglich vor allen Menschen.
Der Herr hat gesagt, wir sollen die Feinde lieben.
Der Herr wird für uns sorgen.
Wenn wir für andere sorgen, sorgt der Herr für uns.
Das ist eine einfache Rechnung.
Der Herr wird uns Gutes vergelten und für uns eintreten, wenn andere uns ungerecht behandeln.
So viel wie möglich sollen wir mit allen Menschen Frieden haben.
Man kann nicht immer alles kontrollieren, aber wir sollen uns für den Frieden einsetzen.
Christen sind solche, die sich für Frieden einsetzen.
Wo Streit herrscht, gibt es kein Gedeihen und kein gutes Zeugnis.
Vers 19: Sich nicht selbst rächen.
Das hängt mit Frieden zusammen.
Sich nicht selbst rächen, Geliebte.
Warum sagt Paulus hier „Geliebte“?
Solche Worte sind wichtig.
Ihr seid geliebt von mir und vom Herrn.
Wenn man geliebt ist, braucht man sich nicht selbst rächen.
Gott wird sich kümmern.
Sich selbst nicht rächen, sondern Raum dem Zorn Gottes geben.
Das bedeutet, dass Gott die Vergeltung üben wird.
Wir geben unserem Zorn keinen Raum, sondern bringen ihn zum Kreuz.
Die weltliche Philosophie sagt, man soll Ärger rauslassen.
Nein, wir bringen ihn zu Christus.
Es steht geschrieben: „Gebt Raum dem Zorn, denn die Rache ist meine, spricht der Herr.“
Vers 20: Wenn wir das dem Herrn übergeben, wollen wir Gutes tun.
Wenn dein Feind hungert, speise ihn; wenn er dürstet, gib ihm zu trinken.
Wenn du das tust, wirst du feurige Kohlen auf seinen Haupthaufen sammeln.
Was heißt das?
Manche meinen, es heißt, dass er sich schämt und es ihm heiß wird.
Andere meinen, es ist ein Hinweis auf das Gericht, weil er sich nicht bekehrt.
Ich lasse es offen.
Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit dem Guten.
Der ganze Abschnitt ist von Liebe geprägt.
Man könnte sagen: Wenn niemand das Böse richtet, was passiert dann?
Kriminalität hätte Tür und Tor geöffnet.
Jetzt spricht Paulus unvermittelt von der Obrigkeit und Unterordnung.
Er meint, für die Gesellschaft hat er Ordnung gesorgt.
Die Regierung ist von Gott eingesetzt.
Der Staat ist ein Schutz.
Ursprünglich waren es kleinere Einheiten, Staaten oder Völker.
Alexander der Große war der Erste, der die Idee hatte, die ganze Welt unter eine Decke zu bringen.
Sein Lehrer Aristoteles sagte ihm, man müsse die ganze Welt unter eine Decke bringen.
„Oikoumene“ heißt „Wohngebiet“ oder „bewohnte Erde“ auf Griechisch.
„Eukos“ ist Haus, „mene“ ist bleiben.
Politische Ökumene.
Alexander wollte ein Weltreich errichten.
Auf Lateinisch heißt das Imperium.
Alexander war der erste Europäer.
Im Buch Daniel, Kapitel 7, wird Alexander als Leopard mit vier Köpfen dargestellt.
Sein Reich wurde in vier Teile aufgeteilt.
Der Leopard hatte fünf Köpfe: vier griechische, einen römischen, und eines Tages kommt ein antichristlicher Kopf.
Das ist der Gedanke Europas und der Ökumene.
Man will immer mehr Globalisierung und ein großes Reich.
Gott ist für die Staaten, aber moderne Menschen wollen sie abschaffen.
Gott hat Nationen, Völker und Grenzen geschaffen, damit Menschen abhängig bleiben und nach Gott suchen.
Zurück zum Thema Obrigkeit.
Zuerst der Aufruf zur Unterordnung:
Jede Seele unterordnet sich den übergeordneten Autoritäten.
Es gibt keine Obrigkeit außer von Gott.
Die vorhandenen Autoritäten sind von Gott verordnet.
Wer sich der Obrigkeit widersetzt, widersetzt sich der Anordnung Gottes und bringt ein Gerichtsurteil über sich.
Obrigkeit ist etwas Gutes.
Ohne Obrigkeit gäbe es Anarchie.
Der Christ wird sich gerne unterordnen, außer wenn der Staat etwas verlangt, was Gott verbietet.
Apostelgeschichte 5, Vers 29: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“
Wenn die Obrigkeit und Gott im Widerstreit sind, gehorchen wir Gott.
Apostelgeschichte 4, Vers 19: Entscheidet selbst, ob es in Gottes Augen recht ist, mehr auf euch zu hören als auf Menschen.
Die Obrigkeit hat Pflichten.
Apostelgeschichte 13, Verse 3 und 4: Die Obrigkeit ist nicht ein Anlass zur Furcht für gute Werke, sondern für böse.
Man muss die Obrigkeit nur fürchten, wenn man Böses tut.
Eine Pflicht der Obrigkeit ist es, das Böse zu bestrafen und das Gute zu belohnen.
Willst du dich nicht vor der Obrigkeit fürchten, tue Gutes.
Du wirst Lob von ihr haben.
1. Petrus 2, Vers 14: Dem König und den Statthaltern, die zum Rechtsvollzug geschickt sind, sollen wir uns unterordnen.
Die Obrigkeit ist zur Strafe der Übeltäter und zum Lob derer, die Gutes tun.
Sie soll das Gute belohnen und das Böse bestrafen.
Wenn sie das nicht tut, sollen wir ihr das sagen.
Vers 4: Die Obrigkeit ist Gottes Dienerin zum Guten.
In der Geschichte wurde Gott oft in Verfassungen angerufen.
In der Europäischen Union ist das nicht mehr so.
Das zeigt die antichristliche Richtung.
Solange die Obrigkeit nicht gegen Gott arbeitet, gehorchen wir ihr.
Sie ist Gottes Dienerin zum Guten.
Wenn du Böses tust, fürchte dich, denn sie trägt das Schwert nicht ohne Grund.
Das Schwert ist ein Hinweis auf das Todesurteil.
Die Obrigkeit kann töten und soll das Böse bestrafen.
Im Alten Testament gab es keine Gefängnisse, aber die Todesstrafe.
Eine Frage wurde gestellt, ob hier nicht die Verbindung ist, dass Gott die Rache überlässt und die Obrigkeit dazu gebraucht.
Ja, genau.
Deshalb kommt Paulus hier auf das Thema.
Wenn wir uns nicht selbst rächen, könnte Kriminalität frei sein.
Gott hat die Obrigkeit eingesetzt, damit das nicht geschieht.
Jetzt müssen wir schließen.
Vielleicht betet jemand zum Abschluss.
Überblick über die Gnadengaben
An der Tafel habe ich eine Liste der Gnadengaben erstellt. Die erste Liste findet sich in Epheser 4, Verse 7 bis 16. Dort werden Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer genannt. Ich habe die Begriffe abgekürzt: A steht für Apostel, P für Prophet und E für Evangelist. Hirten und Lehrer werden in Epheser 4, Vers 11 erwähnt.
Es gibt eine weitere Liste in 1. Korinther 12, Verse 28 bis 30. Dort werden die Gnadengaben in einer bestimmten Reihenfolge aufgezählt: zuerst Apostel, dann Propheten und schließlich Lehrer. Außerdem werden Hilfeleistungen und Lenkungen genannt. Lenkungen beziehen sich auf das Leiten und Steuern, zum Beispiel das Leiten der Kinderstunde oder das Vorangehen in einer Gruppe.
Wir saßen zusammen, einige Jugendliche – ich war als Besucher in der Gruppe –, und sie haben etwas gegessen. Dann ergriff einer das Wort, sagte: „Wir beten noch“ und einige andere Dinge. Dabei wurde deutlich, dass nicht einfach der Leiter der Jugend sprach, sondern jemand mit Verantwortung und Lenkung. Die Gaben des Lenkens betreffen also die Ausrichtung und Führung.
Das war also 1. Korinther 12. Die dritte Liste findet sich in 1. Korinther 12, Verse 4 bis 11. Dort werden einige Gnadengaben genannt, wie Prophetie, Wort der Weisheit, Wort der Erkenntnis und Glaube. Die Wundergaben habe ich ausgeklammert, da sie nicht Thema sind.
Dann haben wir Römer 12. Dort werden Propheten, Diener, Lehrer, Vorsteher, Zusprecher oder Aufrufer, Geber und Barmherzigkeit Übende genannt. Insgesamt sind hier sieben Gnadengaben erwähnt.
In 1. Petrus 4 finden wir zwei Kategorien: Reden und Handeln, also Dienen mit dem Mund und Dienen mit der Hand oder den Füßen.
Wenn man diese Listen nebeneinanderstellt, sieht man, dass sie sich überschneiden, aber keine ist vollständig. Dem Apostel ist es nicht wichtig, eine absolut vollständige Liste zu geben. In jeder Bibelstelle gibt es unterschiedliche Schwerpunkte. Es geht nicht darum, eine lückenlose Liste zu erstellen.
In Römer 12 sind die wichtigsten Gnadengaben aufgeführt. Diese Liste ist auch die vollständigste, wenn man sie mit den anderen vergleicht. Sie umfasst sieben sehr wichtige Gnadengaben.
Der Evangelist als Person ist übrigens selbst eine Gnadengabe. Allerdings braucht der Evangelist für seinen Dienst auch die Gnadengaben des Lehrens und des Aufrufens. Er benötigt also verschiedene Gnadengaben. Ebenso ist der Apostel eine Gnadengabe für die Gemeinde – als Person, als Mensch.
Wenn wir unsere Rolle treu erfüllen, sind wir als Personen eine Gnadengabe, eine Hilfe, ein Geschenk für die Gemeinde Jesu in dieser Welt.
Das war ein kleiner Überblick über die Gnadengaben. Gibt es dazu Fragen? Ich werde noch auf einzelne Gnadengaben eingehen und sie näher beschreiben. Aber vorher: Wenn es noch Fragen gibt, können wir sie jetzt klären.
Also machen wir es so: Ich gebe eine kurze Beschreibung der sieben hier angeführten Gnadengaben.
Beschreibung der einzelnen Gnadengaben
Das Erste, das er erwähnt, ist: Wer weissagt oder prophetisch redet, der habe – also wenn die Gnadengabe Weissagen ist – eine gesunde Haltung gemäß dem entsprechenden Verhältnis des Vertrauens. Man nehme also eine Haltung ein, die dem Vertrauen entspricht, das man hat: Vertrauen zu Gott und Vertrauen zur Gnadengabe, zu dem, was Gott einem gegeben hat. Und man übe das aus, sozusagen, ja, Prophetie.
Das Wort Weissagen oder Prophetie heißt Hervorsagen, nicht nur unbedingt Vorhersagen, sondern das Hervorsagen von Gottes Wort. Es hat zu tun mit Licht und Last. Der Prophet bekommt Licht von Gott in einer Sache, und der Prophet bekommt eine Last von Gott in einer Sache. Dies ist die Last des Wortes. Sacharja 12,1 haben wir gestern gelesen: „Dies ist die Last des Herrn über Israel“ usw. Die Last des Wortes bedeutet, es ist wie eine Last, die man auferlegt bekommt, und jetzt soll man reden.
Man kann die Last auch ein paar Wochen mit sich herumtragen und dann später mal loswerden, wenn der Herr die Gelegenheit gibt. Aber das heißt, man bekommt ein Anliegen, man bekommt auch Licht in irgendeiner Sache, über das Wort Gottes Licht oder über eine praktische Frage Licht, und dann bringt man das an.
Es gibt Propheten im engeren Sinne des Wortes, im ersten Sinn des Wortes. Das sind direkte Sprachrohre Gottes. Das sind wir nicht. Wir sind nicht Sprachrohre Gottes. Ein Sprachrohr ist etwas, bei dem genau das, was man vornherein redet, hinten rauskommt – nicht mehr und nicht weniger. Das ist ein Sprachrohr.
Wenn die Propheten im Alten Testament Sprachrohre waren, dann hat der Prophet alles, was Gott ihm gesagt hat, weitergegeben. Alles, was der Prophet sagt, ist Wort Gottes. Das ist bei uns nicht der Fall. Wir geben die Bibel weiter und sagen: „So spricht der Herr“, oder? Wir sagen: „So spricht der Herr, wie es da steht.“ Aber wir können nicht sagen: „So spricht der Herr“ und dann auf uns deuten und etwas anderes sagen. Wir sind nicht Sprachrohre Gottes.
Wir sollen das Wort weitergeben und erklären. Aber Gott nimmt uns im Neuen Testament die Arbeit nicht ab, dass wir das in eigene Worte fassen, dass wir das erklären. Die Last, die wir mit uns herumtragen, müssen wir auch in Worte fassen. Ein Anliegen muss ich in Worte fassen. Der eine kann es vielleicht besser hinüberbringen als der andere, oder der eine braucht länger dazu, um das zu erklären und darzulegen, und der andere nicht. Da möge uns der Herr natürlich helfen, das will er ja auch.
Aber wir müssen heute alles prüfen, was wir gesagt bekommen. Wenn einer etwas sagt – sei es jetzt Lehre oder Prophetie, eine Last, eine Lehre oder eine Last des Wortes –, es wird etwas gesagt, da müssen wir als Christen überlegen: Stimmt das überein mit der Bibel? Ist das richtig, was er sagt, oder nicht? Wir müssen die Geister prüfen, die Geister der Propheten.
Der Prophet spricht, und den Geist des Propheten kann ich prüfen an dem Inhalt dessen, was der Prophet sagt. Ich muss mir überlegen: Stimmt das überein mit der Wahrheit, mit dem Wort Gottes, oder ist es ein bisschen übertrieben? Oder sind ein paar Sachen nicht so ganz klar und nicht so ganz richtig? Dann muss man urteilen.
1. Korinther 14 spricht darüber, ich kann jetzt nicht darauf eingehen, aber dort in 1. Korinther 14 sagt Paulus, da reden ein Prophet und die anderen urteilen, die geben ein Urteil ab. Aber wenn Paulus als Sprachrohr Gottes spricht, dann gibt es kein Urteil. Wenn Gott spricht, dann urteilen wir nicht, dann haben wir zu gehorchen.
Aber wenn jetzt ein Prophet, wie wir Propheten sind im zweiten Sinne des Wortes, spricht, dann muss man das urteilen oder beurteilen. Ein Prophet spricht Gottes Wort hervor zur Erbauung des Gläubigen, zum Aufrufen, zum Trösten usw.
Das Dienen – das ist eigentlich klar – ist ein sehr breiter Begriff. Es heißt in jeglicher Hinsicht, dass man die Nöte sieht, wo sind Nöte, wo sind Bedürfnisse, und dass man dort dann mit anpackt, diesen Nöten begegnet und bereit ist, mit Hand anzulegen. Das soll natürlich jeder Christ, aber einige haben eine Gnadengabe, die sehen das schneller als ich.
Meine Frau sagt immer: „Hast du das jetzt nicht gesehen?“ Ich sage: „Nein, ich habe es nicht gesehen.“ Manchmal ist man blind dafür, dass man da dienen sollte. Da sind Leute, die sind sehr schnell bereit und haben einen Blick dafür, dass jemand Hilfe braucht. Da ist man froh, wenn man andere Leute hat, die mit anpacken.
Gut, also Dienst heißt praktisches Handanlegen in jeder Hinsicht. Es ist sehr breit, auch musikalische Unterstützung – das ist alles Dienst.
Dann lehren. Lehren heißt, anderen helfen, das geschriebene Wort zu verstehen, das Wort darzulegen, auszulegen. Auslegen heißt darlegen, nicht das sagen, was man meint, was Paulus gesagt hat, sondern das darlegen, was da steht. Wenn wir es nicht darlegen, was da steht, dann haben wir den Text nicht ausgelegt, sondern missverstanden. Das kann auch passieren, dann muss man korrigiert werden. Aber dann wurde nicht der Text ausgelegt.
Also fragt nicht: „Wie legst du das aus?“ Sondern: „Hast du den Text verstanden? Was sagt jetzt der Text? Wie ist das zu verstehen, was Paulus hier sagt?“ Wenn der Text es nicht klar macht, dann müssen wir schauen, ob andere Texte es klar machen, was Paulus hier sagt. Manchmal ist es nicht ganz klar, dann bleibt es ein bisschen unklar, aber später wird es vielleicht klar.
Lehren heißt also, anderen helfen, das geschriebene Wort zu verstehen, so dass sie es in die Praxis umsetzen können.
Wir müssen übrigens die Schrift auslegen. Als Lehrer muss man zuerst einmal von Griechisch auf Deutsch auslegen, sprich übersetzen. Dann muss man von der Welt vor zweitausend Jahren auf heute übersetzen. Es gibt manchmal eine Hürde zu überwinden, denn manche Dinge verstehe ich heute nicht mehr, aber vor zweitausend Jahren war das so klar.
Jetzt muss ich auch übersetzen von dieser Zeit auf heute. Zum Beispiel: Ich weiß nicht, warum bei der Hochzeit so viele Krüge stehen. Wozu brauchen sie so viel Wasser? Trinken die so viel Wasser? Nein, das ist zum Hände- und Füßewaschen. Aber das weiß ich nicht, weil bei uns wird das nicht so gemacht, da gibt es nicht so viel Wasser bei der Hochzeit. Das heißt, jetzt brauche ich eine Erklärung, die mir hilft: „Aha, deshalb sind die Krüge da.“ Der Ausleger muss das erklären und in der heutigen Zeit Hilfen geben, damit wir von der heutigen Zeit verstehen, was damals geschah.
Dann sollte der Lehrer auch Hilfen geben, wie man das jetzt oder was man jetzt davon lernen kann oder wie man es jetzt umsetzen kann im Leben. Das ist auch eine Übersetzung. Er muss dreimal übersetzen, und der Hörer muss das dann noch ins Leben tatsächlich übersetzen – oder ich selber auch in mein Leben übersetzen. Das heißt, ich muss es dann tun. Es gibt also eine große Aufgabe.
Das Lehren ist uns klar. Das nächste ist das Aufrufen, Aufrufen und Zusprechen, Ermutigen und Auffordern. Das ist das, was ein Trainer tut. Ein Trainer hilft zum Beispiel einem Läufer, der in der Bahn läuft. Der Trainer läuft nebenher, ermutigt ihn, sagt, er soll jetzt gut durchatmen, nicht links und rechts schauen, sondern nach vorne, damit er keine Zeit verliert. Er gibt ihm Ratschläge, ermutigt ihn und feuert ihn an.
Aufrufen, Zusprechen – man hat eine Last, und jetzt sagt man: Das muss gesagt werden, das brauchen die Geschwister. Okay, dann ruft man die Geschwister auf, hol dir einen Bibelvers, der das auch sagt, und erklärt und zeigt: „Schau, Geschwister, da steht das. Der Herr will uns hier etwas lehren. Wir müssen hier etwas ändern, oder ich muss etwas ändern.“
Das nächste ist Geben. Geben heißt, andere an sich selbst und an seinen Gütern teilhaben lassen. Koinonia – hier ist es nicht das Wort, hier ist es mehr Echo oder koinonain, das griechische Wort mit echo oder koinonain. Das bedeutet mitteilen, mitgeben. Meta Dido ist ein anderes Wort. Meta Dido heißt also mitgeben, dem anderen etwas mitgeben. Meta und Dido: Dido heißt geben, Meta heißt mit.
Mitteilen, mitgeben, mitteilen sind von Sachen, nicht von Wörtern. Mitteilen heißt Dinge mitteilen, teilhaben lassen.
Das andere Wort ist Vorstehen, Leiten, Verwalten. Ein Vorsteher ist jemand, dem die anderen gerne nachfolgen, ein Hirte. Ein Vorsteher muss auch Weitblick haben, er muss vorausdenken und vorausschauen. Manche Leute sind sehr begabt mit strategischem Denken, haben einen Blick dafür, wo es hingeht, wo das Schiff hinfährt, wo Gefahren sind usw.
Vorsteher sind also Hirten im gewissen Sinne. Hier heißt das Wort Proistami genau das: Pro heißt vor, Histami heißt stehen – vorstehen, vorangehen auch. Sie wollen andere zurüsten und delegieren.
Dann das andere ist Barmherzigkeit üben. Barmherzigkeit üben hat zu tun mit Mitempfinden, dass man die Nöte und Schmerzen des anderen mitempfindet, sich einfühlen kann und entsprechend reagiert.
Barmherzigkeit üben – Barnabas zum Beispiel, oder? Barnabas ist verwandt mit Johannes Markus. Johannes Markus ist unterwegs mit Paulus und Barnabas. Johannes Markus hat die Gruppe verlassen, als es schwierig wurde, als die Berge steil wurden, und ist zurückgegangen. Er hat die zwei Missionare alleine gelassen. Er sollte eigentlich dienen und mithelfen.
Dann sagt Paulus: „Beim nächsten Mal nehme ich ihn nicht mit. Das kann ich mir nicht leisten. Ich brauche Leute, auf die ich mich wirklich verlassen kann.“ Aber Barnabas nimmt Johannes Markus mit nach Zypern, und sie tun dort einen Dienst. Barnabas hat den Namen „Sohn des Trostes“. Das war wahrscheinlich auch so ein Mann, der sich wirklich trösten kann und sich in einen anderen hineinfühlen kann. Er sagte: „Dem gebe ich noch eine Chance. Der braucht Hilfe.“ Er hat sich Johannes Markus angenommen.
Später wurde Johannes Markus ein sehr wertvoller Diener, den sogar Paulus wieder gebrauchen kann. Im 2. Timotheus 4 sagt Paulus: „Bring mir Johannes Markus mit, den brauche ich, der ist mir nützlich zum Dienst.“ Johannes Markus hatte dann auch das Evangelium geschrieben, wurde ein sehr wertvoller Mann Gottes.
Aber es braucht solche Leute, die sich der anderen annehmen. Barmherzigkeit üben heißt in jeder Hinsicht, auch für Menschen, die ganz praktische Hilfe brauchen, sich in sie hineinversetzen und einfühlen in ihre Situation.
Bei jeder Gabe gibt es natürlich auch Gefahren. Jeder, der in einer Sache begabt ist, hat auch Gefahren. Zum Beispiel der Prophet: Er könnte Bibelverse aus dem Zusammenhang reißen, nur damit er seine Last rüberbringt, und die Bibelverse falsch verwenden.
Oder der Diener: Da kann es sein, dass er vor lauter Dienen seine eigene Familie vernachlässigt. Das gibt es oft. Ich kenne einige Fälle. Das sind ganz wertvolle Geschwister, die dienen und helfen. Aber die Frau sagt: „Du, es wäre mal schön, wenn du zuhause auch etwas machen würdest. Du bist viel unterwegs für die Geschwister und hilfst überall mit, aber zu Hause hast du vernachlässigt.“
Oder der Lehrer: Der könnte zu einem Theoretiker werden, der nur lehrt und lehrt, aber es selbst nicht tut. Oder er ist nur ein Büchermensch, beschäftigt sich nicht mit den Menschen, wird irgendwie weltfremd und vernachlässigt dann auch die Personen.
Der Aufrufer, der Ermutiger – das kann auch dazu führen, dass man ein bisschen über die Schnur haut, wie man in Österreich sagt. Das heißt, man übertreibt ein bisschen. Man ruft auf, steigert sich hinein, meint es gut, aber kann auch zu stark werden. Einer, der aufruft, kann öffentlich oder privat sein.
Geben – auch da gibt es Gefahren. Auf der einen Seite ist man ganz freigebig, auf der anderen Seite ganz geizig. Das gibt es. Oder man ist zu weich und gibt dort, wo man nicht geben sollte. Es gibt ja auch Leute, die das ausnutzen, dass man in der falschen Richtung gibt.
Der Vorstehende – die Gefahr ist, dass man den Blick für Details verliert und Personen übersieht.
Der Barmherzigkeit Übende – es gibt auch da Leute, die zu weich sind. Der bräuchte eigentlich Gemeindezucht oder eine harte Korrektur. Vor lauter Barmherzigkeit ist man dann zu weich.
Ich sage mal, es gibt in jeder Sache auch Gefahren. Die Stärke ist auch die Schwäche. Jeder hat Stärken, und unsere Stärken sind auch unsere Schwächen. Wenn wir uns dessen bewusst sind, dann ist das gut. Dann passen wir mehr auf.
Praktisch und lebensnah gemacht. Ich denke, jetzt machen wir hier Pause und dann gehen wir mit dem Text wieder weiter.
Liebe als Grundlage des christlichen Lebens
Wenn man andere Übersetzungen gewohnt ist, klingt der Text hier zunächst etwas eigenartig. Normalerweise liest man einfach: „Die Liebe sei ungeheuchelt, verabscheut das Böse, hängt dem Guten an, seid einander zugetan als Brüder“ und so weiter – lauter Befehlsformen. Im Griechischen ist das interessant, denn hier ist es nicht so eindeutig. Der Übersetzer steht vor der Herausforderung: Entweder macht er daraus lauter Befehlssätze, oder er versucht, die griechische Struktur nachzuahmen.
Das bedeutet, der erste Satz ist der Hauptsatz: „Die Liebe sei ungeheuchelt“. Das ist die Aufforderung. Alles andere wird von diesem ersten Satz bestimmt. Es folgt eine Beschreibung, wie das aussehen soll, also: Tut dies, während Folgendes geschieht. Im Griechischen ist Vers 9 bis 13 ein einziger Satz. Die ungeheuchelte Liebe soll also bei all diesen Handlungen vorhanden sein. Während wir dem Guten anhangen, soll die Liebe die Führung übernehmen. Die Bruderliebe, die Ehrerbietung, der Fleiß, der Dienst, das Freuen in der Hoffnung – all das soll von dieser Liebe bestimmt sein.
Die Liebe ist das Entscheidende. Sie ist das Wesen einer Beziehung, das gilt in jeder Beziehung. Die Liebe ist die Substanz, zum Beispiel in der Ehe. Wenn die Liebe in der Ehe erlischt, geht alles den Bach runter. Hier ist von ungeheuchelter Liebe die Rede. Wenn man keine ungeheuchelte Liebe hat, ist es dennoch besser, die Liebe zu heucheln, als dem anderen mit Frechheit und böser Bosheit zu begegnen. Das wäre eine Milderung.
Man darf nicht sagen: „Ich heuchele nicht, deshalb sage ich dir frei heraus, was ich von dir halte.“ So richtet man noch mehr Schaden an. Die Liebe soll echt sein, ungeheuchelt. Wenn sie geheuchelt ist, ist das schon schlimm. Von gar keiner Liebe, also von bösem Umgang miteinander, spricht der Text nicht. Die Liebe soll echt sein.
Als Christ habe ich diese Liebe, sie ist ausgegossen in mein Herz – die Liebe Gottes zu mir. Von dieser Liebe aus darf ich die anderen lieben. Wenn ich merke, dass ich keine Liebe empfinde, muss ich mich nicht von meinen Gefühlen leiten lassen. Ich muss Buße tun und sagen: „Herr, da ist innerlich etwas gestorben bei mir.“ Das ist gefährlich. Wenn innerlich etwas stirbt, stehen wir in Gefahr. Wenn wir die Bibel nicht mehr lesen und uns geistig nicht mehr ernähren, dann stirbt etwas vom Leben ab. Irgendwo beginnt es: Man verlässt die Liebe – die Liebe zum Geschwister und natürlich auch die Liebe zum Herrn.
Dort muss man Buße tun. In Offenbarung 2 steht das. Die Lösung, wenn man die Liebe verlassen hat, ist nicht, sie einfach nicht zu zeigen oder böse zu handeln. Nein, dann tue Buße! Denke an die ersten Werke, denke zurück, wovon du gefallen bist, sagt es dort.
Im Text werden zwölf Elemente genannt – zwölf ist eine schöne Zahl, die Zahl der Vollkommenheit. Zwölf Elemente, zwölf Früchte, die ein Baum trägt. Was will man hier auslegen? Das spricht für sich. Hier geht es um das Umsetzen im Leben. Zum Beispiel in der Ehrerbietung, dass einer dem anderen vorangeht. Das vergisst man leicht, zum Beispiel in der Ehe, aber auch in anderen Beziehungen. Respekt, Ehrerbietung und mit gutem Beispiel vorangehen – das regt den anderen an, es ebenso zu tun.
Im Fleiß nicht säumig sein. Man könnte sagen: „Jetzt habe ich genug getan.“ Aber das sollen wir nicht. Paulus spricht hier von vielen Dingen, die zu tun sind. Gleichzeitig weist er auf die Barmherzigkeit Gottes hin. Wir dürfen nicht vergessen, was in Vers 1 gesagt wurde: „Seid das logische Ergebnis der Barmherzigkeit Gottes.“
Paulus beginnt den Römerbrief nicht mit einer Liste von Befehlen. Er hat vorher eine Basis gelegt. Pädagogisch ist es nicht gut, einfach mit Befehlen zu starten. Zuerst zeigt er, wo unsere Quelle ist: die Barmherzigkeit Gottes, die Liebe Gottes und was Er getan hat. Auf dieser Basis folgen dann die Aufforderungen.
Im Epheserbrief ist das ähnlich: Drei Kapitel lang erklärt Paulus, was wir in Christus haben. Dann folgen drei Kapitel, in denen er erklärt, wie wir deshalb leben sollen. Das darf man nicht aus den Augen verlieren. Auch wenn wir das Wort Gottes weitergeben und verkündigen, müssen wir zuerst Christus vor Augen malen und zeigen, wo die Quelle ist. Dann können wir sagen: „Deshalb tun wir so, deshalb ändern wir unser Leben.“
„Im Geist brennend“ – Apollos war so einer, der im Geist feurig brannte. In Apostelgeschichte 18 wird davon berichtet. Die Flamme ist nicht erloschen, sie lodert. Man ist hell für den Herrn. Man könnte sagen „begeistert“, aber das Wort ist nicht so treffend. „Im Geist brennend“ ist besser.
Wenn das nicht so ist, dann bete: „Herr, fache das Feuer in mir an!“ Oder: „Fache die kleine Glut an, dass sie wieder hell brennt.“
„Dem Nächsten zur rechten Zeit Dienst leisten“ – in manchen Übersetzungen heißt es „dem Herrn dienen“. Hier gibt es eine schwierige Textfrage. Die Textzeugen gehen auseinander, auch innerhalb des Mehrheitstextes und des Textus Receptus. Es heißt entweder „dem Herrn dienen“ oder „zur rechten Zeit dienen“. Man muss beides verstehen: Wir sollen dem Herrn dienen und zur rechten Zeit dienen. Beides ist richtig.
In der Hoffnung sollt ihr euch freuen. Der Blick zu Gott ist wichtig, der Blick nach vorne in die Zukunft. Das muss man vor Augen haben. Bei der Bedrängnis ist Ausdauer wichtig. Das hat Paulus auch schon in Kapitel 5 gesagt. Die Bedrängnis hat den Sinn, dass Gott uns in Bedrängnis bringt, damit Frucht der Ausdauer entsteht.
In Römer 5,3 heißt es: „Wir wissen, dass Bedrängnis Ausdauer bewirkt.“ Nicht automatisch, aber wenn wir in Bedrängnis sind, sollen wir Ausdauer bewahren. Gott schickt uns die Bedrängnis mit dem Ziel, dass wir standhaft und fest werden. Gott gibt uns Probleme und Schwierigkeiten, damit wir uns bewähren.
Im Bedrängnis sollen wir Ausdauer bewahren, im Gebet beharrlich sein. Gott will, dass wir immer wieder für eine Sache beten. Warum? Vielleicht, weil wir Menschen nicht ausdauernd sind, wenn wir alles sofort bekommen. Kinder sind auch so: Sie wollen zu Weihnachten erst dies, dann das. Wenn sie immer wieder dasselbe wünschen und beharrlich bleiben, merkt man, dass es ihnen wirklich wichtig ist.
Das ist auch für uns wichtig. Gott antwortet nicht immer sofort, damit wir im Gebet beharrlich bleiben. Gebet wird heute oft vernachlässigt, weil es nicht mehr so richtig in unseren Alltag passt. Da ist das Handy, das Internet und vieles mehr. Das Beten wird an den Rand gedrängt. Früher nahm das Gebet einen großen Raum im Leben ein.
Heute läuft vieles zu schnell ab. Man nimmt sich zu wenig Zeit zum Beten. Deshalb muss man sich dessen bewusst werden und sagen: „Okay, manchmal ist auch Fasten angesagt.“
Vers 13: „An den Nöten der Heiligen teilnehmt und euch der Gastfreundschaft befleißigt.“ Im Griechischen heißt es „nachjagen“ der Gastfreundschaft. Das ist ein Anliegen: Ein offenes Haus haben.
Gastfreundschaft bietet viele Möglichkeiten des Dienens und des Austauschs. So kann man sich gegenseitig aufbauen. Kinder freuen sich darüber, lernen von den Gästen und für ihr eigenes Leben, ein offenes Haus zu haben.
Liebe in der Begegnung mit anderen: Freude, Mitleid und Demut
Verse 14–21
In den Versen 9 bis 13 geht es um ungeheuchelte Liebe. In den Versen 14 bis 21 wird die Liebe in einer gemischten Gesellschaft thematisiert, in der Gerechte und Ungerechte zusammenleben. Während es zuvor hauptsächlich um die Gläubigen ging, richtet sich der Blick nun auch auf schwierige Menschen, die um uns herum sind – Ungläubige oder auch Gläubige, die schwierig sein können.
Ich möchte Verse 14 bis 21 vorlesen:
„Wobei man in der Begegnung der anderen Helden gesündigt hat, nicht auf die Lohnwege hin, sondern sich mit Wehen, die niedrig sind, mitführen lasse, werden Säugchen, die bei sich selbst umgehen. Niemanden Bösen in den Bösen vergelten das, was es ist, versorgt sich seit vor den Augen aller Menschen, Vorsorge seit vor allen Menschen, wenn möglichst so viel an dem Frieden, die mit allen Menschen Frieden habe, Denn ich selbst nicht Wäsche, Geliebte, sondern Wege Trauen, Wege Zorn, wenn es geschrieben wird, Vergrätungseinsatz „Ich werde vergelten, sagt der Herr. Also, wenn dein Freitunert schweigt sich, wenn du dürftest, trägst du dich, denn wenn du vielstens Lustig studierst, du wirst eure Gefühle aus einem Haus fallen. Lass dich nicht von dem Bösen überwinden, sondern überwinde das Bösen mit Unum.“
Zuerst: „Meine Liebe, die segnet“ – Verse 14 bis 16.
Segnet die euch verfolgen! Hier haben wir auch das Wort „nachjagen“. Segnet die euch nachjagen! „Segnet“ ist hier ein Präsensimperativ, also segnet immer wieder oder es soll immer wieder so sein, nicht nur einmal. Segnet und verflucht nicht.
Was heißt segnen? Segnen bedeutet nicht, dass ich selbst die Quelle des Segens bin. Es kann also nur bedeuten, dass ich für den anderen bete, um Segen bitte. Wenn ich jemanden segnen soll, heißt das kurz gesagt: bete um Segen für diese Person, wünsche ihr Gutes.
Was ist Segen? Segen bedeutet, etwas zum Guten zu schicken, Gutes zu wünschen, Leben und Gedeihen zu wünschen. „Eulogen“ heißt, Gutes sprechen, Gutes sagen. Auf Lateinisch heißt es „Benediktus“, „Benedicere“, „Benedikt“ – segnen, Gutes sagen. Eine Liebe, die segnet, wünscht Gutes und betet dafür, dass der andere Gutes empfängt.
Wenn wir unsere Kinder segnen, legen wir vielleicht die Hände auf ihren Kopf und beten, dass der Herr sie segnet. Segnen heißt, ihnen Dinge zu geben, die ihnen zum Leben, zum Gedeihen und zum Vorwärtskommen dienen.
Sich zu freuen mit den Fröhlichen und zu weinen mit den Weinenden – hier ist im Griechischen ein Infinitiv, eine Nennform, die im Sinne einer Aufforderung verwendet werden kann. Das könnte man ergänzen mit: Das sei eure Aufgabe, euch mit den Fröhlichen zu freuen und mit den Weinenden zu weinen.
Vers 15 bis 19 ist ein einziger Satz. Wir sollen mitfreuen und mitleiden. Wenn wir das tun sollen, dürfen wir auch voraussetzen, dass der Herr das ebenso mit uns tut. Er freut sich mit uns und leidet mit uns. Das sagen einige Schriftstellen, zum Beispiel Apostelgeschichte 9, Vers 5: Dort steht, dass Saulus fragt: „Saul, was verfolgst du mich?“ Er hat die Gemeinde verfolgt, und Christus leidet mit der Gemeinde.
1. Korinther 12, Vers 26 sagt: „Wenn ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit, das Haupt auch.“ Christus leidet mit seinem Leib, der Gemeinde. Nun sollen auch wir mitweinen.
Ein Bruder erzählte, dass er einen anderen Bruder traf, der Schwieriges erlebte. Er saß auf einer Bank, völlig fertig. Ein anderer Bruder kam zu ihm, und der erste dachte: „Wenn der jetzt mit Römer 8, Vers 28 kommt, dann haue ich ihm eine runter.“ Doch der Bruder setzte sich und begann zu weinen. Das war seine Hilfe – er hat mit ihm geweint. Mit den Weinenden zu weinen, ist eure Aufgabe.
Wobei man in der Begegnung miteinander dieselbe Gesinnung haben soll, die gleiche Gesinnung. Aber was ist, wenn wir verschiedene Meinungen haben? Wie können wir dieselbe Gesinnung haben? Charakterlich können wir auf jeden Fall dieselbe Gesinnung haben. Wenn wir nicht dieselbe Meinung haben, dürfen wir in Demut miteinander um die Wahrheit ringen und flehen, Schulter an Schulter gebeugt über die Schrift schauen, was der Text sagt. Das ist eine Hilfe.
Entscheidend ist die Gesinnung – die Gesinnung Christi, wie in Philipper 2, die Gesinnung, die Jesus Christus hatte. Er hat sich selbst ausgeschüttet, es ging ihm nicht um sich selbst, sondern er war für die anderen da. Diese Gesinnung soll auch in euch sein: dieselbe Gesinnung, nämlich die demütige, dienende Gesinnung Christi, dieses Heruntersteigen.
Das wird hier in den nächsten Sätzen erklärt: Nicht auf die hohen Dinge sinnen, sondern sich mit denen, die niedrig sind, mitführen lassen. Das Griechische ist hier eigenartig: „Sich mit denen, die niedrig sind, mitführen lassen.“ Was heißt das? Ich steige herunter und fahre jetzt mit denen da unten mit, im gleichen Zug sozusagen, oder mit dem kleinen Auto. Ich steige aus dem Rolls Royce aus und fahre mit dem kleinen Auto mit. Ich lasse mich mitführen, ganz mit den anderen dort unten. Ich komme herunter oder ich lasse mich mitführen im Sinne von: Ich gehe mit ihnen, ich gehe gleiche Schrittlänge mit ihnen, ich stelle mich auf ihre Ebene herab.
Werdet nicht solche, die bei sich selbst klug sind. Das hatten wir schon; er wiederholt es hier, was er in Vers 3 in Bezug auf den Dienst und das Miteinander gesagt hat. Wir meinen nicht schnell, wir seien die Klugen. Gott hilft uns, er demütigt uns auch. Er lässt Dinge in unserem Leben geschehen, die uns demütig machen.
In den Versen 17 bis 21 geht es um eine überwindende Liebe: Das Böse mit Gutem überwinden. Nicht Böses mit Bösem vergelten, sondern Böses mit Gutem überwinden – nicht nur bei den Geschwistern, sondern auch bei Nichtchristen.
Ein Beispiel: Der Nachbar schimpft die Kinder, weil sie Nüsse in die Spalten der Gartenplatten geworfen haben. Die Kinder sagen: „Wir waren das gar nicht.“ Dann gehen sie hin und holen die Nüsse heraus, auch wenn sie es nicht waren. Der Nachbar ist überrascht. Das waren seine eigenen Kinder. Aber es ist gut, denn so zeigen sie ihm, dass sie ihm einen Dienst erweisen. Das ist nicht viel Arbeit.
Also: Nicht Böses mit Bösem vergelten, sondern niemand soll Böses mit Bösem vergelten. Sei edel, sei vorsorglich vor den Augen aller Menschen. Der Herr hat gesagt, dass wir die Feinde lieben sollen. Wenn der Herr für uns sorgt, wird er auch für uns sorgen, wenn wir für andere sorgen. Das ist eine einfache Rechnung: Der Herr wird uns das Gute vergelten und sich für uns einsetzen, wenn andere uns ungerecht behandeln.
Wenn möglich, habt mit allen Menschen Frieden. Natürlich so viel an euch liegt. Man kann nicht immer alles kontrollieren; es gibt Situationen, in denen es am anderen liegt. Aber so viel an euch liegt, seid für den Frieden.
Christen sind solche, die sich für Frieden einsetzen, nicht für Zank und Streit. Paulus sagt: So ist es die Liebe, das Wesen der Liebe. Dort, wo Streit herrscht, gibt es kein Gedeihen und kein gutes Zeugnis.
Vers 19: Sich selbst nicht rächen – das hängt auch mit dem Frieden zusammen. „Sich selbst nicht rächen, Geliebte“, sagt er hier. Warum sagt er an dieser Stelle „Geliebte“? Manchmal steht „Geliebte“, manchmal „Brüder“, manchmal gar nichts. Aber hier steht „Geliebte“ an einer wichtigen Stelle. Ihr seid Geliebte von mir und vom Herrn, sagt Paulus. Wenn man geliebt ist, braucht man sich nicht selbst zu rächen.
„Sich nicht selbst rächen, Geliebte, sondern gebt Raum dem Zorn.“ Das heißt: Gebt Raum dem Zorn Gottes. Wir geben unserem Zorn keinen Raum, damit er Raum hat für seinen Zorn. Unseren Zorn lassen wir nie heraus, wir bringen ihn zum Kreuz. Wir legen ihn dort ab.
Die weltliche Philosophie sagt: Lass den Ärger raus. Nein, wir lassen den Ärger nicht raus, wir bringen ihn zu Christus. Denn es ist geschrieben: „Gebt Raum dem Zorn, denn es ist geschrieben: Die Vergeltung ist meine Sache, ich werde vergelten.“
Schlussfolgerung Vers 20: Wenn wir das dem Herrn übergeben dürfen, dann wollen wir Gutes tun. Wenn dein Feind hungert, speise ihn; wenn er durstet, gib ihm zu trinken. Wenn du das tust, wirst du feurige Kohlen auf seinen Haupthaufen sammeln.
„Feurige Kohlen“ – was heißt das? Wird es heiß für den anderen? Schämt er sich? Wenn der Kopf rot wird, ist er heiß? Ich weiß es nicht genau. Hat jemand eine Idee? Vielleicht bedeutet es, dass Gott später richtet, weil der Feind sich nicht bekehrt, obwohl wir ihm Gutes tun.
Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit dem Guten.
Dieser ganze Abschnitt ist von Liebe geprägt. Doch was ist, wenn niemand das Böse richtet? Was passiert in einer Gesellschaft, wenn das Böse nicht mehr gerecht wird? Dann wäre der Kriminalität Tür und Tor geöffnet. Wo kämen wir da hin?
Hier folgt ein Exkurs des Apostels. Er spricht unvermittelt von der Obrigkeit, von Unterordnung und der Rolle der Obrigkeit. Es scheint, als ob Paulus sein Thema fortsetzt und sagt: Was die Gesellschaft betrifft, habe ich für Ordnung gesorgt. Ich habe die Regierung, den Staat als von Gott eingesetzt anerkannt.
Der Staat ist ein Schutz, die Regierung die Obrigkeit. Ursprünglich waren es kleinere Einheiten, zum Beispiel Staaten oder Völker. Es gab Herrscher über Provinzen, vielleicht einen Kaiser oder König. Das Königreich umfasste aber nicht die ganze Erde.
Die Menschen wollten immer mehr Herrschaft. Alexander der Große war der Erste, der die Idee hatte, die ganze Welt unter eine Decke zu bekommen. Sein Lehrer Aristoteles sagte zu ihm: „Wir müssen die ganze Welt unter eine Decke bekommen.“ Man nannte das „Eukumené“. „Eukos“ heißt Haus, „Mene“ heißt Bleiben – die politische Ökumene.
Dieser Gedanke der politischen Ökumene kam von Alexander dem Großen beziehungsweise von Aristoteles. Alexander wollte ein riesiges Reich bauen und hatte vor, nach Nordafrika und Indien zu ziehen. Die ganze damals bekannte Welt wollte er unter seine Herrschaft bringen.
Auf Lateinisch heißt das Imperium, auf Griechisch Ökumene – ein Weltreich errichten. Alexander der Große war der Erste, der erste Europäer mit dieser Idee.
Im Buch Daniel, Kapitel 7, wird Alexander als Leopard mit vier Köpfen dargestellt. Sein Reich wurde aufgeteilt in vier Teile, die vier Köpfe. Nach Alexander kamen die Römer, das war der sechste Kopf, und eines Tages kommt der siebte Kopf, das antichristliche Reich.
In der Offenbarung wird dieses antichristliche Reich beschrieben: Es war ein Leopard mit sieben Köpfen, fünf griechische Köpfe, ein römischer Kopf und ein antichristlicher Kopf. Das ist der Gedanke Europas, von Europa ausgehend, und der Gedanke der Ökumene, des Weltreiches.
Dieser Gedanke wirkt durch die Geschichte weiter. Man strebt immer mehr nach Globalisierung und einem großen Reich über die ganze Erde. Gott ist für die Staaten, aber die modernen Menschen sind oft gegen die Staaten und wollen ein einziges Reich, in dem nur einer herrscht. Das wäre nicht gut.
Gott hat Nationen, Völker und Grenzen geschaffen, damit der Mensch in Abhängigkeit bleibt. Wenn alle Völker sich ohne Gott zusammenschließen, wird es gefährlich. Gott hat Grenzen und Völker geschaffen, damit die Menschen nach ihm suchen und abhängig bleiben.
Zurück zum Thema: Es geht nun um die Obrigkeit.
Zuerst der Aufruf zur Unterordnung unter die Obrigkeit:
„Jede Seele unterordnet sich den übergeordneten Autoritäten, denn es gibt keine obrigkeitliche Autorität außer von Gott, und die vorhandenen Autoritäten sind von Gott verordnet.“ Wer sich der Obrigkeit widersetzt, widersetzt sich der Anordnung Gottes und bringt ein Gerichtsurteil über sich.
Obrigkeit ist etwas Gutes. Ohne Obrigkeit gäbe es Anarchie, dann wären dem Verbrechen Tür und Tor geöffnet. Der Christ wird sich also gerne unterordnen, es sei denn, der Staat verlangt etwas, was Gott verbietet.
Apostelgeschichte 5, Vers 29 sagt: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ Gott ist die oberste Autorität. Wenn zwei Autoritäten im Widerstreit sind, müssen wir der höheren Autorität gehorchen, das ist Gott. Ansonsten gehorchen wir der staatlichen Autorität.
Petrus sagt in Apostelgeschichte 4, Vers 19: „Entscheidet selbst, ob es in den Augen Gottes recht ist, euch mehr zu gehorchen als Gott.“ Die Obrigkeit hat Pflichten (Apostelgeschichte 13, Verse 3 und 4): Die an erster Stelle stehenden obrigkeitlichen Gewalten sind kein Anlass zur Furcht für gute Werke, sondern für böse. Man muss sie nur fürchten, wenn man Böses tut.
Eine Pflicht der Obrigkeit ist es, das Böse zu bestrafen und das Gute zu belohnen. Willst du dich nicht vor der Obrigkeit fürchten, dann tue Gutes, du wirst Lob von ihr haben.
1. Petrus 2, Vers 14 sagt: „Dem König sollen wir uns unterordnen, oder den Statthaltern, die durch ihn geschickt wurden zum Rechtsvollzug über Übeltäter, aber zum Lob derer, die Gutes tun.“ Die Obrigkeit soll das Gute belohnen und das Böse bestrafen.
Wenn sie das nicht tut, sollen wir ihr ins Gewissen reden und sie daran erinnern, dass sie das tun sollte.
Weiter heißt es in Vers 4: Die Obrigkeit ist Gottes Dienerin, dir zum Guten. Die Obrigkeit ist angehalten, Gott zu dienen. Deshalb wurde in der Geschichte oft Gott in Verfassungen angerufen oder um Hilfe gebeten.
In der Europäischen Union ist das heute nicht mehr so; Gott wird dort nicht mehr erwähnt. Das zeigt eine antichristliche Tendenz. Trotzdem gibt es noch Obrigkeit. Solange die Obrigkeit nicht gegen uns oder gegen die Wahrheit handelt und nichts verbietet, was Gott gebietet, gehorchen wir ihr.
Die Obrigkeit ist Gottes Dienerin zum Guten. Wenn du aber Böses tust, fürchte dich, denn sie trägt das Schwert nicht ohne Grund. Das Schwert ist ein Hinweis auf das Todesurteil, es ist ein Werkzeug zum Töten.
Die Obrigkeit kann in gewissen Fällen töten, das setzt Paulus voraus. Sie ist Gottes Dienerin, eine Rächerin zum Zorn für den, der Böses tut. Zur Ausübung von Zorn ist die Obrigkeit da, um Strafe zu verhängen.
Böses muss bestraft werden. In Israel gab es keine Gefängnisse, so sagt man. Im Alten Testament gab es keine Gefängnisse, man hat sich viel Geld erspart. Aber es gab die Todesstrafe.
Meine Frage an Frau Herrmann: Sie sind völlig unerwartet auf die Obrigkeit zu sprechen gekommen. Ist hier nicht die Verbindung? Es heißt, überlasst Gott die Rache, und hier heißt es, Gott gebraucht die Obrigkeit dazu.
Ja, das habe ich auch gemeint. Deshalb kommt er so schnell und unvermittelt auf das neue Thema. Gerade hier ab Vers 20 ist das die Verbindung. Ich habe gesagt: Wenn wir uns nicht selbst rächen, könnte es ja sein, dass der Kriminalität Tür und Tor geöffnet wird. Da hat Gott die Obrigkeit eingesetzt, damit das nicht geschieht.
Danke für den Hinweis. Jetzt müssen wir schließen. Vielleicht betet jemand von uns noch zum Abschluss.