Paulus spricht davon, dass er ein Ziel vor Augen hat. Vielleicht habt ihr das vorhin schon bemerkt: Für mich ist es eine Herausforderung, dieses Ziel mit Worten richtig zu beschreiben.
Ich möchte erklären, warum es schwierig ist, das, was Paulus hier mit einem Bild beschreibt, verständlich zu machen. Das Problem liegt darin, dass Paulus etwas beschreibt, was man eigentlich nicht genau in Worte fassen kann.
Beschreibe mir deine Beziehung zu deinem besten Freund, zu deinem Mann oder deiner Frau, zu deinen Kindern. Wie willst du Beziehung beschreiben? Wie kannst du ausdrücken, dass auf ganz unterschiedlichen Ebenen etwas wächst und reift? Etwas, das man manchmal spüren kann und manchmal nicht. Das eine intellektuelle Komponente hat, aber auch eine seelische. Wie soll man das beschreiben?
Ich merke selbst, wenn ich von hier vorne predige, fehlen mir oft die Worte dafür. Es fehlen die Worte für diesen Moment, den man vor Augen hat. In meinem Fall ist das, wenn ich durch den Spandauer Forst gehe und bete. Zuerst gebe ich vielleicht zehn oder zwanzig Minuten lang meine Sorgen ab. Dann merke ich allmählich: Jetzt werde ich ruhig. Jetzt komme ich an.
Dann habe ich diesen Moment, in dem ich nach Körper, Seele und Geist vor Gott stehe und es spüren darf. Das, was im Alltag oft ein Stück weit weggedrückt wird, weil Arbeit, Anforderungen und Belastungen da sind. Wie beschreibe ich, dass über die Jahre zwischen meinem Gott und mir eine tiefere Beziehung gewachsen ist?
Wie beschreibe ich, dass ich plötzlich ganz tief in mir spüre: Ich möchte Gott mehr gehorchen als noch vor 15 Jahren? Vor 15 Jahren hätte ich das auch gesagt, ich möchte es. Aber es wäre nicht so eine tiefe, innere, echte Überzeugung gewesen. Es wäre eher so gewesen: Da steht doch in der Bibel, dass man es tun muss. Auch das ist richtig.
Aber jetzt zu wissen: Ich will es wirklich. Ich tue es. Ich habe Beispiele, wo ich es tue. Das finde ich nicht immer leicht zu beschreiben. Deshalb sagt Paulus: Ich jage ihm nach. Ich gebe mich nicht zufrieden mit dem, was ich habe. Ich möchte mehr. Ich möchte, dass diese Beziehung wächst.
Geistliches Wachstum durch Vorbilder
Ein wichtiger Punkt, wie wir einander in dieser Beziehung helfen können, ist, dass wir uns gegenseitig gute Vorbilder sind. Paulus schreibt im Kapitel 3, Vers 17: „Seid miteinander meine Nachahmer und seht auf die, welche so wandeln, wie ihr uns zum Vorbild habt.“
Wie setzt man das um, was in Vers 16 steht: „Wozu wir gelangt sind, zu dem lasst uns auch halten“? Wie halte ich diesen geistlichen Lebensstil, diesen geistlichen Stand, den ich habe, fest? Paulus sagt: Nehmt euch gute Vorbilder!
Dabei ist es mir wichtig zu betonen, dass es bei diesen Vorbildern nicht um ein mechanisches Kopieren geht. Wenn man jemanden zum Vorbild nimmt, bedeutet das nicht, dass man sein Leben genau so lebt, wie die Person es tut. Vielmehr geht es darum, dass man sich das Verhalten und die innere Einstellung zum Vorbild nimmt, die gut sind.
In der Gemeinde brauchen wir gute Vorbilder, damit wir auch schlechte Vorbilder entlarven können. Wer in der Gemeinde lebt, möchte wachsen. Deshalb ist es wichtig, Menschen zu haben, bei denen man sagt: „Das finde ich gut.“ Und das muss nicht umfassend sein.
Zum Beispiel kann jemand in der Gemeinde ein Vorbild darin sein, wie er seine Ehe führt. Ein anderer geht gut mit Geld um. Und wieder jemand anderes hat es geschafft, seine Prioritäten richtig gut auszuwiegen, ohne zusammenzubrechen, und schafft es trotzdem, etwas für das Reich Gottes zu tun.
Sind wir bereit, auf solche Menschen zuzugehen und zu sagen: „Hey, erzähl mal, wie machst du das eigentlich?“ Darum geht es hier.
Warnung vor falschen Lehrern und Feinden des Kreuzes
Warum ist das wichtig? Für Paulus ist es entscheidend, sich selbst als ein nachahmenswertes Vorbild darzustellen. Ebenso wichtig ist es ihm, dass auch diejenigen, die ihn imitieren, dieses Vorbild ernst nehmen. In Vers 18 heißt es: „Denn viele wandeln, von denen ich euch oft gesagt habe, nun aber auch mit Weinen sage, dass sie die Feinde des Kreuzes Christi sind.“
Wir befinden uns mitten in der Gemeinde. Vielleicht erschreckt man zunächst, wenn man das liest: Die Gemeinde, über die Paulus sich so sehr freut, hat ein ernstes Problem. Dieses Problem betrifft nicht nur zwei oder drei Personen, sondern viele. Paulus hat die Gemeinde bereits früher vor diesen Leuten gewarnt. Nun tut er es erneut und ist darüber tief betroffen – sogar mit Weinen. Denn diese Menschen sind Feinde des Kreuzes Christi.
Wer Zugang zu dieser Gemeinde hat, wissen wir nicht genau. Ob es sich bei diesen Personen um Gläubige handelt, ist unklar. Persönlich denke ich inzwischen eher nicht mehr, früher hätte ich gedacht, dass sie Gläubige sind. Vielleicht sind es auch Menschen, die nur so aussehen, als wären sie Christen. Sie kommen in die Gemeinde, können mit guten Worten Dinge erklären oder vielleicht sogar eine schöne Predigt halten. Doch man merkt nicht, was sie eigentlich antreibt.
Das Kreuz Christi – diese Menschen zerstören es durch ihr Leben und durch das, was sie sagen. Das Kreuz Christi steht für das Erlösungswerk Christi. Diese Menschen schmälern dieses Werk. Sie sorgen dafür, dass andere nicht mehr genau verstehen, dass das Kreuz Christi alles ist, was sie brauchen.
Warum tun sie das? Paulus sagt: „Deren Gott ist der Bauch.“ Das sind Leute, die äußerlich christlich wirken, aber bei genauerem Hinsehen merkt man, dass ihr Bauch, also ihre fleischliche Natur und ihre körperlichen Bedürfnisse, in ihrem Leben die Richtung vorgeben. Diese Bedürfnisse sind der Ursprung ihres Handelns und zugleich ihre Begrenzung.
Paulus sagt weiter: „Deren Ende ist Verderben, deren Gott ist der Bauch, deren Ehre ist in ihrer Schande.“ Das bedeutet, sie rühmen sich mit Dingen, über die sie sich eigentlich schämen sollten. Sie sind auf das Irdische fixiert. Ihre Werte, ihre Vorstellung vom Sinn des Lebens und wie sie ihr Leben gestalten, beziehen sich nur auf das Hier und Jetzt.
Äußerlich gehören sie zur Gemeinde, innerlich aber sind sie Feinde des Kreuzes Christi. Solche Menschen sollten in der Gemeinde kein Mitspracherecht haben und auf keinen Fall als Vorbilder gelten.
Die Frage lautet: Wie sehen deine geistlichen Vorbilder aus? Was tun sie ganz praktisch in diesen Dingen? Und wer ist der Gott deines geistlichen Vorbildes?
Die himmlische Staatsbürgerschaft und die Hoffnung auf Verwandlung
Warum ist es so wichtig, dass wir hier einen klaren Blick haben? Vers 20: Denn unser Bürgerrecht – besser gesagt, das Wort Bürgerrecht trifft es nicht ganz – eigentlich heißt es Staat. Denn unser Staat ist in den Himmeln. Das hatten wir schon: doppelte Staatsbürgerschaft. Eigentlich sind wir Himmelsbürger, wir wohnen eigentlich schon mit dem Herrn Jesus im Himmel.
Wir sind dort im Moment nicht ansässig, weil wir noch nicht passend sind. Wir haben noch kein Visum, aber wir gehören eigentlich schon hin. Eigentlich ist auch alles schon durch, also die Antragsunterlagen sind alle ausgefüllt. Wir müssen sie nur noch zugeschickt bekommen. Aber im Moment warten wir halt noch darauf, dass das hier ein Ende findet. Unser Staat ist in den Himmeln.
Schaut mal dieses kleine Wort: Da steht nicht, unser Staat wird einmal in den Himmeln sein oder unser Bürgerrecht wird einmal in den Himmeln sein, sondern heute. Wenn du dich heute fragst, wo ich hingehöre, dann ist Himmel die richtige Antwort. Du bist schon im Himmel. Himmel ist nicht eigentlich etwas, das noch kommt, sondern Himmel ist schon.
Und weil wir heute schon zum Himmel gehören, weil wir nicht Himmelsbürger werden, sondern Himmelsbürger sind, muss das in unserem Leben heute eine Auswirkung haben. Denn unser Bürgerrecht, unser Staat ist in den Himmeln, von woher wir auch den Herrn Jesus als Heiland erwarten.
Wir stehen hier als solche, die einen Heiland haben. Also Jesus wird nicht unser Heiland werden, sondern er ist unser Heiland, und er kommt als Heiland. Wir sind wieder zurück und warten auf ihn. Erwarten, sehnsüchtig, Ausschau halten nach jemandem.
Und hier hast du auf der einen Seite die Feinde des Kreuzes Christi, deren Ende Verderben ist, und auf der anderen Seite Paulus, der sagt: Wisst ihr, was unser Ende sein wird? Verwandlung. Vers 21: Er wird unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten zur Gleichgestalt mit seinem Leib der Herrlichkeit.
Wenn der Herr Jesus wiederkommt, dann nimmt er diesen Leib der Niedrigkeit – einen nicht erlösten Leib, der darauf wartet, anders zu werden. Dieser Leib ist heute ein Einfallstor für die Sünde, indem Paulus sagt, dass an anderer Stelle in Römer 7 nichts Gutes wohnt.
Du darfst nicht hoffen, dass dein Leib mit seiner Lust und seinem Trieb dir in deinem Christsein eine große Hilfe sein wird. Du kannst immer mal schauen, was aus dir herauskommt: 50 Prozent davon ist einfach Blödsinn. Ja, und dann gibt es ein paar Sachen, die darfst du in die richtigen Bahnen lenken.
Aber im Großen und Ganzen stehen wir in dieser paradoxen Situation, dass ein erlöster Geist, ein erlöster innerer Mensch, der zusammen mit dem Heiligen Geist lebt, in einem nicht erlösten äußeren Menschen lebt. Dieser äußere Mensch widersetzt sich dem Versuch, dass der innere Mensch ihn Richtung Himmel treibt.
Und der Körper hat so einen Anknüpfungspunkt. Wieder so ein blödes Männerbeispiel: Wenn man so an Weihnachten durch die Stadt fährt und H&M gerade wieder Bikini-Reklame macht, dann schaut man da halt hin. Warum? Weil das muss ich mich nicht anstrengen, das kommt ganz natürlich von mir raus. Das sind einfach diese Formen, da hat man sich dran gewöhnt, zack!
Ja, ich habe schon eine Frau, ich brauche die nicht, die da ist, aber ich fahre da durch und zack, das ist das, das bin ich. Das ist das, was natürlich aus mir herauskommt.
An dieser Stelle habe ich ein Frauenbeispiel: Das Frauenbeispiel ist, wenn ich dann erlebe, dass bei uns am Klo so ein Versandhauskatalog liegt. Okay, mindestens einer hat sich wiedergefunden. Versteht ihr? Das ist etwas, was mich nicht so anhört, aber wir haben so diese Punkte, was aus uns herauskommt. Wir müssen uns nicht anstrengen.
Und dieser Leib der Niedrigkeit ist ein Einfallstor für Sünde, etwas, was uns das Leben schwer macht, mit seinen verkorksten Prägungen, mit seinen blöden Erinnerungen, die er hat, mit seiner Lust darauf, Böses zu tun. Das ist dieser Leib der Niedrigkeit, den Gott umgestalten wird zur Gleichgestalt mit seinem Leib der Herrlichkeit.
Das ist der Abschluss der Erlösung, auf den wir warten. Wenn nicht nur die Schuld der Sünde bezahlt ist – das ist am Kreuz passiert – nicht nur die Macht der Sünde gebrochen ist – das ist in uns schon passiert –, deswegen kann dieser Veränderungsprozess überhaupt stattfinden.
Wenn die Gegenwart der Sünde keine Rolle mehr spielt, wenn ich an einem Ort lebe, wo nur noch Gerechtigkeit herrscht, an einem Ort, wo es keine Tränen mehr gibt, keinen Leib mehr gibt, keinen Tod mehr gibt, wo ich einen neuen Leib habe, einen Auferstehungsleib, wo Jesus mit seinem der Prototyp ist.
Wo ich weiß, weil Jesus einen hat, kriege ich auch einen. Und dann in derselben Weise, so wie Jesus einen neuen Leib bekommen hat, werde ich passend gemacht für die sichtbare Gegenwart Gottes. Dort werde ich ihn von Angesicht zu Angesicht sehen, erleben, genießen, in einem neuen Himmel, einer neuen Erde.
Wo einfach alles anders sein wird, wo ich jetzt nur sagen kann: Ich bin mal gespannt, wie es dann sein wird. Aber es wird definitiv ganz anders sein, als wir uns das vorstellen können. Wo es keinerlei antigöttlich-chaotisches mehr gibt.
Das ist unsere Hoffnung. Und deswegen: Wenn wir das begriffen haben, dass unser Bürgerrecht in den Himmeln ist, dass wir Himmelsbürger sind, dann erwarten wir auch den Herrn, dass er wiederkommt und uns umgestalten wird. Nach der wirksamen Kraft, mit der er vermag, auch alle Dinge sich zu unterwerfen.
Wir müssen keine Angst haben, dass wir diejenigen sind, bei denen Jesus sagt: Alle anderen kriege ich hin, aber du bist mir so als Problem zu groß. Jeder kriegt einen neuen Leib, bis auf dich, bei dir funktioniert das nicht mehr, du bist so verkorkst und kaputt, da ist einfach nichts mehr zu machen.
Das gibt es nicht. Alle Dinge – das Universum könnte man das auch übersetzen – werden unterworfen. Es gibt wirklich für jeden einen Auferstehungsleib, und das ist unsere Hoffnung.
Und weil wir diese Hoffnung haben, dürfen wir heute schon Leute wie Paulus oder gute Vorbilder nachahmen. Leute, die im Zentrum, weil sie reife Christen sind, die Christus-Beziehung leben, uns darin ein Vorbild sein können.
Wir dürfen uns heute schon vorbereiten auf das, was die Ewigkeit einmal ausmacht. Und die Ewigkeit wird geprägt sein von dieser Christus-Beziehung. Da wird das Lamm auf dem Thron sitzen, und wir werden da mittendrin sein.
Wir werden das irgendwie mitmachen, werden da anbeten, werden da richtig drin sein. Und das, was wir jetzt nur glauben, wird dann Schauen sein.
Das war dieser große Block, Kapitel 3, Verse 1-21: Warnung vor falschen Arbeitern und ein Aufruf, Paulus nachzuahmen.
Praktische Anweisungen für das christliche Leben
Jetzt kommen wir zu einem Blog, den ich persönlich fantastisch finde: Einige abschließende Anweisungen aus Philippians 4,1-9.
Ich möchte sagen, dass es in der Bibel nur wenige, vielleicht keine Texte gibt, die für mein praktisches Christsein in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren so wichtig geworden sind wie diese wenigen Verse hier. Dabei geht es mir vor allem um die Verse vier bis acht. Es sind Anweisungen – lernt sie auswendig, zumindest die Verse vier bis acht. Es lohnt sich wirklich. Sie sind unglaublich praktisch.
Wir starten mit der Eingangsermahnung, die im Kapitel 4, Vers 1 steht:
„Daher, meine geliebten und ersehnten Brüder, meine Freude und mein Siegeskranz, steht in dieser Weise fest im Herrn, Geliebte.“
Schön formuliert, oder? Also: „Daher steht fest.“ Nun folgt eine logische Konsequenz aus dem, was zuvor gesagt wurde. Wenn es stimmt, dass wir Himmelsbürger sind, die darauf warten, passend für den Himmel gemacht zu werden, was heißt das dann für heute?
Das bedeutet, wir müssen heute schon lernen, in dieser Weise zu leben – das heißt, als Nachahmer von Paulus. Er warnt vor solchen, die versuchen werden, uns unsere Standfestigkeit wegzunehmen. Als Bürger des Himmels sollen wir den Herrn erwarten und feststehen! Lass dich nicht umhauen!
Paulus unterstreicht das mit sehr persönlichen und emotionalen Begriffen: „Meine geliebten und ersehnten Brüder, meine Freude und mein Siegeskranz.“ Das schafft eine Beziehung.
Am Ende wird er noch einmal emotional und sagt sozusagen: „Jetzt knuddel ich euch noch mal richtig, bevor ich euch zwei, drei ganz persönliche und wichtige Dinge mitgebe.“
Er betont: „Ich habe euch wirklich gern. Ich werde euch gleich ein paar Dinge sagen, die anders laufen müssen, aber vorher sollt ihr wissen, dass ich euch wirklich gern habe. Ihr seid meine geliebten und ersehnten Brüder. Ich sitze hier, habe euch von Herzen gern und würde mir wünschen, bei euch zu sein. Ihr seid meine Freude.“
Er fährt fort: „Ich werde gleich etwas sagen, was mir nicht passt, aber ihr seid meine Freude. Ich freue mich hier, sitze in meiner Zelle und bin dankbar und freudig, dass ich euch kennen darf. Ihr seid mein Siegeskranz.“
Das ist bei der Olympiade so dieses Kränzchen, das man bekommt. Heute bekommt man dafür meist eine Medaille. Ihr seid meine Goldmedaille, ich bin stolz auf euch. Ich finde es total toll, euch kennen zu dürfen.
Konflikte in der Gemeinde und der Aufruf zur Einheit
Kapitel 4, Vers 2: Die Euodia ermahne ich und die Sintyche ermahne ich, dieselbe Gesinnung im Herrn zu haben. Das finde ich irgendwie ganz witzig. Also, ich habe da zwei Frauen in der Gemeinde, und das sind nicht irgendwelche Frauen. Die beiden haben eine echte Reputation.
Wir lesen mal weiter: Ja, ich bitte auch dich, mein rechter Gefährte, stehe ihnen bei, die in dem Evangelium zusammen mit mir gekämpft haben, auch mit Clemens und meinen übrigen Mitarbeitern, deren Namen im Buch des Lebens sind.
Euodia und Syntyche sind also zwei Frauen, die von Anfang an in der Gemeinde dabei waren. Sie haben die Reputation, dass sie für das Evangelium gekämpft haben. Sie sind langjährig bewährte Mitarbeiterinnen, die zusammen mit Paulus die Gemeinde aufgebaut haben.
Und die beiden haben Streit miteinander. Wer ein bisschen Gemeindeerfahrung hat, weiß, dass es gar nicht so weit hergeholt ist, dass Leute, die irgendwann eine Gemeinde aufbauen, Seite an Seite kämpfen und echte Buddys sind, wo man sagt: „Hey, wir sind gute Freunde“, dass es passieren kann, dass sie irgendwann auseinanderdriften. Dann geht der eine da lang und der andere da lang. Sie kommen nicht mehr wirklich zusammen.
Das sind manchmal Entwicklungen, die dauern lange. Man weiß dann vielleicht gar nicht genau, wo es angefangen hat. Hier bekommen wir überhaupt keinen Hinweis. Wir bekommen nur das, was Paulus macht: Er sagt, ich ermahne, ich ermahne, dieselbe Gesinnung zu haben.
Zwei, die nicht mehr miteinander am selben Strick ziehen und die, weil sie lange dabei sind, natürlich Leute hinter sich herziehen. Also mindestens die Leute, die durch Euodia zum Glauben gekommen sind, werden auf ihrer Seite stehen. Und wenn sie jetzt sagt: „Hey, ich kann diesem Gemeindekurs so jetzt nicht mitgehen, und diesen Türchen, was die da macht, das könnte er völlig vergessen, das ist total, das geht gar nicht“, dann haben die hinter sich eine Gruppe von Leuten.
Und das Gleiche macht Syntyche dann. Ich weiß jetzt nicht, wann und wie sie das gemacht haben, aber ich bekomme so einen Riss in die Gemeinde. Merkt ihr etwas? Paulus sagt: Einheit steht zusammen.
Merkt ihr jetzt, wie Risse in der Gemeinde entstehen? Sie entstehen dadurch, dass Leute, die eigentlich zusammenarbeiten sollten, nicht mehr zusammenarbeiten. Dass die, die eine Einheit bilden sollten, dieselbe Gesinnung und Harmonie im Umgang miteinander haben sollten, das aber nicht tun. An der Stelle geschieht ein Bruch.
Ich finde es sehr interessant, dass Paulus Epaphroditus nicht so einen kleinen Brief mitgibt für Euodia und Syntyche und sagt: „Du, Epaphroditus, weißt du was, ich schreibe mal noch ein paar Zeilen für die beiden, und die gibst du ihnen dann mal so nach dem Gottesdienst. Das muss ja nicht jeder mitkriegen.“ Dann sagst du ihnen noch mal, was ich ihnen gerne sagen möchte.
Sondern in dem einen Brief, der von vorne vorgelesen wird – überleg dir das mal – da sitzen dann, was weiß ich, das Lager von Euodia, da sitzt das Lager von Syntyche, ja, sitzen alle so ein bisschen beieinander. Man kennt sich ja, begrüßt sich vor dem Gottesdienst und setzt sich dann auch so ein bisschen zueinander.
Dann kommt dieses: „Ich wollte noch was zu Euodia und Syntyche sagen.“ Alle hören zu. Was kommt jetzt? Und zweimal sagt man: „Ich ermahne die eine, ich ermahne die andere, dieselbe Gesinnung zu haben.“
Ich habe mich oft gefragt: Würden wir uns das trauen? Würden wir uns trauen, von vorne zu sagen: „Wir ermahnen Bruder XY und Bruder Z oder Schwester A und Schwester B. Wir ermahnen euch, dieselbe Gesinnung zu haben. Das, was ihr hier tut, dass ihr nicht zusammenarbeitet, dass ihr innerlich gegeneinander eingestellt seid, dass ihr euch nicht mehr in einer Arbeit irgendwie zusammenbringen lasst, das geht so nicht. Das hat jetzt ein Ende.“
Wow, ich glaube, das wäre in vielen Gemeinden gut gewesen. Ich erlebe es immer wieder, wenn ich in Gemeinden eingeladen werde, dass es da jahrelange Sachen gibt, wo Leute nicht so richtig miteinander können, und es wird eigentlich nie wirklich geklärt. Das ist dann so ein Waffenstillstand, aber es ist eigentlich nicht mehr so.
Paulus greift dieses Thema an. Er weiß ganz genau: Wenn es auf der Ebene des Zwischenmenschlichen nicht läuft, wie soll es dann auf der Ebene laufen, wo wir einen Alphakurs machen oder sonst wo? Soll es denn darüber hinaus klappen, wenn wir nicht mehr miteinander klarkommen? Das ist doch Quatsch.
Und doch denken wir so: „Na ja, komm, wir lassen das ein bisschen unter der Decke. Wird schon irgendwie, bloß nicht ansprechen.“ Wir fürchten uns davor. Ich habe noch nie gehört, dass in der Gemeinde die Ältestenschaft nach vorne gegangen wäre und wirklich so aus der Pistole: „Baff, baff!“ – na ja, tausend Gespräche vorher und ganz vorsichtig und na ja, wenn man es ein bisschen zusammenkriegt, dann reicht das doch schon, eigentlich, wenn überhaupt Gespräche.
Paulus ist ganz anders. Hier, wenn zwei in der Gemeinde nicht miteinander können, wird das Herz des Evangeliums angegriffen, weil die Einheit zerbricht. Und Paulus ist bereit, öffentlich die Sache auszutragen.
Paulus geht einen Schritt weiter und sagt: Ich werde jetzt hier einen Schiedsmann einsetzen. Ich bitte auch dich, mein rechter Gefährte – keine Ahnung, wer das ist, vielleicht Lukas, vielleicht jemand anders – stehe ihnen bei, die in dem Evangelium zusammen mit mir gekämpft haben.
Hier wird ein Schiedsmann benannt, dessen Job darin besteht, diesen Prozess des Einswerdens voranzutreiben. Hilf ihnen dabei! Vielleicht haben die es schon mal probiert und haben schon gemerkt, es ist irgendwie nicht gut.
Ganz wichtig: Ihr merkt, Einheit zerbricht in der Gemeinde auf der persönlichen Ebene. Und ich habe eigentlich in allen Streitigkeiten über Lehrfragen in einer Gemeinde, die sich dann wirklich zu echten Streitigkeiten entwickelt haben, im Hintergrund etwas Persönliches liegen sehen.
Ich habe erst den persönlichen Knatsch. Und wenn erst mal zwei nicht mehr persönlich miteinander können, dann wird das gerne in christlichen Gemeinden unserer Prägung auf der Ebene einer Lehrfrage ausdiskutiert.
Und der Clou ist: Solange du mit jemandem anderen kannst, sind Lehrfragen eigentlich gar nicht das große Thema.
Ich habe immer geschmunzelt, wenn ich an meine Muttergemeinde in Mariendorf denke, weil ich ja nun so ein bisschen die Ältestenschaft kenne. Ich weiß ja nun, wie wir lehrmäßig ticken. Und ich glaube, ein größeres Spektrum an Unterschiedlichkeit kann ich mir kaum vorstellen.
Wir haben Leute dabei, die würden sagen: Man kann sein Heil wieder verlieren. Wir haben Leute dabei, die sagen: „Nö, kann man nicht.“ Es gibt doch Leute, die so in der Mitte stehen und sagen: Die Frage ist nicht so leicht zu beantworten.
Wir haben Leute dabei, die glauben an Vorherbestimmung, Vorgrundlegung der Welt, die einen nimmt das Töpfchen, die anderen das Kröpfchen – klassisches reformiertes Denken.
Wir haben die anderen: „Stimmt alles nicht, freier Wille, wir müssen uns entscheiden“, usw.
Wir haben dieses Spektrum, und ich weiß, allein diese zwei Fragen haben Gemeinden gespalten – und nicht nur eine.
Warum haben wir uns nicht gespalten? Ganz einfach: Weil wir uns lieb haben.
In dem Moment, wo ich mich anfange zu streiten, hole ich eines der Themen heraus und sage: „Darüber könnten wir auch mal reden.“ Aber wir reden eigentlich nicht über das Thema, sondern wir reden über die Beziehung, die unter dem Thema liegt und die schon zerbrochen ist.
Und weil die Beziehung zerbrochen ist, kann ich eigentlich nicht mehr über das Thema reden, weil ich das Thema nur als Anlass nehme, um mich durchzusetzen.
Von daher finde ich das eine irre Herausforderung, was hier steht: Dass wir, wenn Beziehungen zwischen Geschwistern in der Gemeinde zerbrechen, und wir in Verantwortung stehen, mit einer Massivität vorgehen, die uns erst einmal nicht so nahe ist – wie gesagt, öffentlich in einem Brief: Ich ermahne.
Wir werden in den Himmel kommen. Überlegt euch das mal: Wir werden in den Himmel kommen, und irgendwann wird sich jemand vorstellen und sagen: „Wie heißt denn du?“ „Euodia.“ „Warte mal, die Euodia?“ Das wird in aller Ewigkeit gefragt werden: Die Euodia und die Syntyche.
Ja, das ist massiv. Und deswegen denke ich, das ist eine Lektion, die darf man tatsächlich nicht vergessen.
Freude als Kennzeichen des Glaubenslebens
Und dann geht es weiter: „Freut euch im Herrn allezeit! Wiederum will ich sagen: Freut euch!“ Ich habe dazu schon an anderer Stelle etwas gesagt: Unsere Freude ist nicht abhängig von den Umständen.
Im Gefängnis von Philippi sitzen Paulus und sein Mitarbeiter, und sie singen. Die Siebzig, die Jesus aussendet, kommen zurück und freuen sich ein Stück zu viel über das, was sie erreicht haben. Was sagt Jesus dann? Er sagt: „Freut euch, dass eure Namen in den Himmeln angeschrieben sind.“
Wenn du etwas für Gott erreichen darfst, ist das schön. Aber pass auf, dass deine erste Freude darin besteht, dass du zum Himmel gehörst. Unsere Namen sind im Himmel angeschrieben. Das Wesentliche, was einen Menschen überhaupt nur bedrücken kann, ist in unserem Leben geregelt.
Wenn Paulus zweimal sagt: „Freut euch im Herrn allezeit! Wiederum will ich sagen: Freut euch!“, dann bringt er damit zum Ausdruck, dass Freude ein Unterscheidungsmerkmal von Christen ist. Es ist ein Merkmal des Reiches Gottes. Das Reich Gottes ist nicht nur Gerechtigkeit und Friede, sondern auch Freude im Heiligen Geist.
Zum Reich Gottes dazuzugehören, ein Himmelsbürger zu sein, heißt, sich zu freuen. Der Geist Gottes arbeitet an uns und bringt die Frucht des Geistes hervor. Was steht da? Liebe, Friede, Freude. Da ist genau wieder die Freude drin.
Wir könnten jetzt verschiedene Stellen lesen, immer wieder geht es um Freude. Ich weiß, dass die Umstände an vielen Stellen bedrückend sind. Wie kann ich es schaffen, dass Freude in meinem Leben bleibt, obwohl ich vielleicht unter Verfolgung leide oder merke, dass es von außen langsam unbequem wird?
Ich denke, es sind zwei Dinge. Erstens muss ich lernen, dort, wo Menschen gegen mich sind und die Umstände schwierig werden, so zu reagieren, wie Jesus reagiert hat. Jesus war im Umgang mit Menschen gütig und mild.
In Vers 5 heißt es: „Eure Milde soll allen Menschen bekannt werden.“ Freude wird sich in deinem Leben nicht einstellen, wenn dein Leben von Bitterkeit, Zorn, Wut und Hassgefühlen geprägt ist. Das zerstört die Freude definitiv.
Wir werden lernen müssen, zu leben, was Paulus an anderer Stelle sagt: „Alle Bitterkeit und Wut und Zorn und Geschrei und Lästerung sei von euch weggetan.“ (Epheser 4,31) Das hat in unserem Leben keinen Platz.
„Eure Milde soll allen Menschen bekannt werden.“ Wenn Menschen mit uns zu tun haben, sollen sie unsere Milde spüren. Ich darf bekennen, dass das einer der Verse in der Bibel ist, der mir am meisten zu schaffen macht. Es war einer der ersten Verse, die ich auswendig gelernt habe, weil ich genau wusste, das ist mein Thema.
Ich bin von meiner Kindheit her eher der dynamische Typ, der mit dem Kopf durch die Wand geht. Wenn auf meinem Weg zwei oder drei Menschen im Weg stehen, dann denke ich: „Na ja, ist halt so, es muss immer mal jemand zurückbleiben, wenn man vorankommt.“ So war das in meiner Kindheit. „Was soll ich machen? Es kann nur einen Sieger geben.“
Und jetzt werde ich Christ und stelle plötzlich fest: Milde, Barmherzigkeit, Güte. Dann hat mich der Vers wirklich getroffen: „Eure Milde soll allen Menschen bekannt werden.“ Ob du mit der Kassiererin im Supermarkt zu tun hast, mit deinem Chef, dem Kommilitonen an der Uni oder dem Nachbarn, den du im Hausflur triffst – eure Milde soll allen Menschen bekannt werden.
Wenn man sich an den Fischer erinnert, soll man denken: „Was für ein netter, milder Kerl.“ Ja, vielleicht wird niemand sagen, er sei mild, aber „netter Kerl“, so einer, mit dem man gut auskommen kann, der fährt einen nicht an, der ist höflich und zuvorkommend. Und wenn man ihn mal braucht, ist er auch gütig, tut gute Dinge, kümmert sich und fragt nach.
Okay, ich bin noch am Lernen an dieser Stelle. Klar ist: „Eure Milde soll allen Menschen bekannt werden. Der Herr ist nahe.“
Der Grund dafür, dass unsere Milde allen Menschen bekannt werden soll, ist die Tatsache, dass der Herr nahe ist. Das kann räumlich oder zeitlich gemeint sein. Räumlich heißt: Er ist immer bei mir und gibt mir von daher die Kraft, mit Menschen milde umzugehen.
Es kann aber auch zeitlich gemeint sein, im Sinne von: Der Herr kommt bald. Ich muss nicht aus der Situation, in der ich gerade stecke, alles herausholen. Ich kann darauf vertrauen, dass Gott, dass der Herr bald wiederkommt. Deshalb kann ich in der einen oder anderen Situation auch mal den Kürzeren ziehen, weil vielleicht eh alles bald vorbei ist.
Umgang mit Sorgen und das Gebet als Schlüssel zum Frieden
Aber das betrifft nur die eine Seite: Wie schaffe ich es, Freude zu leben? Das eine ist die Grundeinstellung: Ich lebe Freude nur dort, wo Milde, Güte und Barmherzigkeit in meinem Leben sind.
Die zweite Seite – und das ist einer der Verse, der zu den Top Ten des Auswendiglernens gehört – ist sehr wichtig. Wenn du nur zehn Verse oder zehn Bibelstellen in deinem Leben auswendig lernst, gehört Philipper 4,6-7 unbedingt dazu. Das ist wirklich Top Ten, wenn nicht sogar Top Five. Es gibt nur wenige Verse, die im Leben eines Menschen wichtiger sind als dieser.
Hier wird in zwei Versen zusammengefasst, was du in 150 Psalmen lesen kannst: Was passiert, wenn Menschen persönlich Gott begegnen? Ich kann mich nicht freuen, weil es in meinem Leben so viele Sorgen gibt. Und nicht die positive Art von Sorge, sondern dieses Beladensein mit Gedanken um die Zukunft angesichts gegenwärtiger Schwierigkeiten und Nöte. Ich fühle mich so unter Druck.
Jetzt sagt Paulus hier etwas, das ich mal in einem anderen Kontext den SAR genannt habe – vielleicht kennt ihr den Ausdruck schon. Und immer wenn ich es nicht tue, kommen meine Geschwister zu mir und sagen: „Denkst du auch an den SAR?“ Der SAR ist der Sorgenabgeberreflex. Das ist etwas, das wir lernen müssen. Wenn du es nicht lernst, wird dein Leben in Sorgen untergehen.
Du bist als Kind Gottes, als Schaf mitten unter die Wölfe gesandt. Es gibt genug, was dich beißt und zwickt. Da musst du dir keine Sorgen machen. Dein Leben wird, je mehr du bereit bist, dich in diese Wolfsmeute reinzuwagen, geprägt sein von Angriffen, Gefahren, Problemen, Einschüchterungen und Schwierigkeiten. Es gibt Sorgen genug. Die Frage ist: Wie gehen wir damit um?
Hier lesen wir vom Sorgenabgeberreflex. Er lautet so: „Seid um nichts besorgt, sondern lasst in allem durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden.“ Ihr lieben Schwestern im Herrn, der Vers ist für euch. Ich habe den Eindruck, dass Frauen eine Tendenz haben, Sorgen für sich behalten zu wollen. Soll es sein, Sorgen kleiner Babys, die man unbedingt noch ein bisschen knuddeln muss? Gebt sie ab! Also seid um nichts besorgt – erst einmal ohne Ausnahme. Wo immer sich falsche Sorgen in eurem Leben breitmachen, egal in welcher Form, lasst es sein.
Was mache ich mit Sorgen? Sorgen sind Chefsache. Wer Sorgen behält, ist ein Dieb, denn sie gehören euch gar nicht. Sorgen gehören Gott. Und deswegen möchte Gott auch seine Sorgen wieder haben. Wir müssen Sorgen, die in unserem Leben auftauchen, wieder dahin bringen, wo sie hingehören – zur Sorgensammelstelle, und das ist bei Gott.
Lasst in allem durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden. Das ist nun eine Übung. Ich weiß gar nicht, wie ich das sagen soll, ich würde es euch am liebsten ins Herz brennen, was hier steht.
Wenn du deine Hände faltest – oder ich sage, was ich tue: Wenn ich anfange zu beten, dann mache ich mir kurz einen Gedanken. Ich stelle mir wenige Fragen, aber eine Frage ist immer dabei: Was besorgt dich? Wo hast du jetzt die meisten Sorgen? Was bedrückt dich jetzt? Die ersten zwei, drei Minuten des Gebets nehme ich mir Zeit, all das aufzunehmen und gebe es erst einmal ab.
Wenn ich zum Beispiel abends bei euch einen Vortrag halte, ist das für mich eine Sorge. Das hört sich vielleicht komisch an, aber ich bin natürlich besorgt: Werde ich das mit der Vorbereitung schaffen? Werde ich die richtigen Worte finden? Habe ich irgendwas vergessen? Ich könnte mich die ganze Zeit darum drehen. Aber jetzt nehme ich das, formuliere es und sage: „Herr Jesus, ich habe da eine Sorge, dass das schiefgehen könnte. Das gebe ich dir erst einmal ab. Bitte nimm du das in deine Hand, das ist dein Thema.“
Und wichtig: Sondern lasst in allem eure Last vor Gott kundwerden. Es gibt keine Lebensumstände, keine Situation, in der das, was hier steht, nicht gilt. Ich erlebe aber: Je größer das Problem wird, desto schwieriger wird es, abzugeben. Und ehrlich gesagt, desto länger dauert es auch, die Sorge loszuwerden.
Als meine Tochter mit sechs Wochen wegen einer Fehldiagnose mit einer akuten Blutvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert wurde, war ich in einem Maß angespannt und besorgt, weil ich einfach wusste: Hier ist etwas versäumt worden. Entweder spricht jetzt das Breitband-Antibiotikum an – dann hat sie eine Chance. Oder es spricht nicht an – dann wird es ganz schön knapp. Das ist eine Sorge, die kannst du nicht wie die Sorge um den Vortrag am Abend einfach abgeben.
Die Sorge um den Vortrag ist nach 30 Sekunden weg, weil ich mir sage: Komm, ich habe fast 400 Vorträge gehalten, das wird dann halt der 401., das ist auch okay. Das ist eine Sorge, bei der du betest, dass sie weg ist, und du hörst auf zu beten. Dann bist du noch da und betest weiter, dass sie weg ist, und sie ist immer noch da. Du betest vielleicht zehn Minuten darum, dass Gott dir diese Sorge abnimmt, und ringst darum, dass sie weg ist. Und irgendwann – und das kann eine Weile dauern, das merkt ihr, wenn ihr die Psalmen lest – sind Psalmen Gebete, die viel Emotionalität ausdrücken. Man merkt: Hier legt einer sich mit der ganzen Wucht seiner Persönlichkeit und seiner Emotionen in dieses Gebet hinein.
Hier steht jemand wirklich existenziell vor Gott und sagt: Warum? Die Fragen kommen raus: Wie soll das weitergehen? Was soll jetzt kommen? Wie willst du mich hier retten, Gott? Und das ist erlaubt. Darum geht es: Dass wir mit unseren Sorgen vor Gott hintreten, dass wir die Freiheit der Kinder Gottes nutzen, um alle unsere Fragen, Ängste, Nöte und inneren Belastungen rauszuschreien.
Ich sage ganz bewusst: rauszuschreien. Du darfst emotional vor Gott sein. Du darfst sagen: Vater, ich verstehe es nicht, warum? Und wenn wir uns mit dieser Not vor Gott so lange auseinandersetzen – und wenn das eine Stunde dauert, dann dauert das eben eine Stunde –, bis etwas passiert, was in Vers 7 steht:
„Und der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und Gedanken bewahren in Christus Jesus.“
Da, wo wir den Sorgenabgeberreflex trainieren, wo wir sagen: Wenn mich etwas wirklich bedrückt, wenn ich eine Sorge habe, dann bringe ich sie zu Gott – und ich tue es im Gebet –, das ist sozusagen das Fürbittgebet im Allgemeinen. Ich gebe meine kleinen Sorgen ab und flehe. Das ist schon ein Stückchen mehr, das ist, wenn richtig Not da ist. Aber ich tue es immer mit Danksagung.
Verrückt, oder? Wir kommen in unserer größten Not zu Gott. Wir wissen vielleicht nicht mehr ein noch aus. Ich wünsche euch nicht, dass euch das passiert. Aber wenn es passiert, dann wisst ihr, wovon ich rede.
Wir stehen vor Gott und sagen: Ich weiß nicht mehr weiter. Ich habe keinen blassen Schimmer, was das jetzt soll in meinem Leben. Aber Vater im Himmel, du machst keinen Fehler. Ich danke dir, dass ich jetzt hier stehen darf. Ich danke dir, dass ich beten darf. Ich danke dir, dass du einen Ausweg finden wirst. Und ich danke dir, dass ich in dir einen Vater im Himmel habe, der mich nie alleine lassen wird.
Und ich danke dir, Herr Jesus, dass du der gute Hirte bist, an dessen Hand ich durch dieses dunkle, für mich völlig unüberschaubare Tal gehen darf.
Wo ein Mensch das tut, wo er das lebt, da passiert etwas Übernatürliches, was man nicht erklären kann. Und da müssen wir hin. Da hält der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt. Das ist ein Friede, den Gott besitzt und den Gott uns schenken möchte, zu dem wir berufen sind.
Ein Friede, den man nicht erklären kann. Das heißt: Gott kann in Situationen Trost schenken, wo nach menschlichem Ermessen kein Trost möglich wäre. Denn an der Situation hat sich nichts geändert.
Ich weiß, wir hatten schwierige Zeiten in unserer Ehe, wo ich mit Angst, Not und Zweifel angefangen habe zu beten. Wo ich nicht wusste, wie es weitergehen soll. Wo ich mit dieser Not in den Wald gegangen bin und meinen ganzen Frust über die Beziehung, meine ganze Angst vor dem, was kommen soll, mein ganzes Unverständnis auch über meine Frau vor Gott ausgebreitet habe.
Ich habe eine Stunde gebetet, nur um irgendwie an diesem Punkt anzukommen, wo ich plötzlich merkte: Jetzt geht in mir etwas vor sich, wo ich sage: Ich verstehe es nicht, aber ich bin tief befriedet wieder herausgekommen aus diesem Wald nach dem Spaziergang.
Ich hatte Frieden über der Situation und konnte weitermachen. Das ist das, was hier steht: Dass Gott Frieden schenken möchte, der allen Verstand übersteigt, der in jeder Not, in jeder Schwierigkeit, jede Sorge einfangen kann.
Und es ist ein Friede, der allen Verstand übersteigt, der unsere Herzen und Gedanken bewahrt in Christus Jesus.
Der innere Kampf und der Schutz des Herzens
Dazu möchte ich noch etwas sagen – ein letzter Gedanke: Der eigentliche Kampf in unserem Leben findet um unseren inneren Menschen statt. Herz und Gedanken umfassen den gesamten inneren Menschen.
Das Herz ist das Zentrum der Gefühle, des Willens und des Denkens. Das Thema Gedanken hat hier etwas mit Planen und Absicht zu tun.
Wenn der Teufel uns angreift, tut er das auf verschiedene Weise. Eine Möglichkeit ist die Furcht. Dann erscheint er wie ein brüllender Löwe, der uns Angst machen will. Eine andere Möglichkeit ist, dass er uns entmutigen oder in die Selbstanklage führen möchte. Er wird an einer Stelle auch „der Ankläger der Brüder“ genannt. Oder er will uns einfach durch Lüge verführen, weshalb er auch als „Engel des Lichts“ bezeichnet wird.
Interessanterweise greift der Teufel fast nur unseren inneren Menschen an – dieses Zentrum der Gefühle, des Willens und des Denkens. Und der Teufel weiß ganz genau: Wenn er unser Denken hat, wenn er unseren inneren Menschen, unsere Emotionen kontrolliert – sei es durch Furcht, Selbstanklage oder Verführung – dann hat er uns.
Denn das, was du denkst, das, was in deinem Kopf an Überzeugungen ist, das ist das, was du leben wirst. Deshalb ist es so wichtig, dass wir unser Herz und unsere Gedanken – also unseren inneren Menschen, den unsichtbaren und ewigen Teil unseres Lebens, der schon erlöst ist und für die Ewigkeit gemacht wurde – davor bewahren, vom Teufel beherrscht oder verwirrt zu werden. Dieser innere Mensch muss beschützt werden.
Es heißt hier, dass der Friede Gottes unsere Herzen und Gedanken bewahren wird. Das Wort „bewahren“ hat mit „bewachen“ zu tun. Es ist das Bild einer Elite-Truppe, die eine Stadt bewacht. Philippi war so eine Stadt. Dort standen Soldaten auf den Stadtmauern und sorgten dafür, dass nicht jeder in die Stadt einfallen konnte und sie erobern konnte.
Jetzt stellt sich die Frage: Was bewacht meinen inneren Menschen, das Zentrum meiner Persönlichkeit? Die Sorge möchte mich im Inneren kaputtmachen, doch Gott möchte durch seinen Frieden, durch einen übernatürlichen Frieden, den er mir immer wieder schenken wird, wenn ich meine Sorgen richtig bei ihm abgebe, meinen inneren Menschen schützen und bewahren.
Er möchte ihn davor schützen und bewahren, dass Einflüsse von außen, die dämonischen Ursprungs sind, mich und mein Leben ins Verderben reißen.
Deshalb ist das so wichtig. Für mich gehören diese zwei Verse zu den bedeutendsten Versen in der Bibel, was das praktische Leben angeht. Denn wir müssen entweder lernen, unsere Sorgen wirklich abzugeben, oder wir müssen lernen, wenn wir die Hände falten und überlegen, was uns Not tut, erst dann die Hände wieder auseinanderzunehmen und mit dem Gebet aufzuhören, wenn der Friede Gottes in unserem Herzen wirklich eingezogen ist.
Wenn ich merke, dass dieser Friede wieder weg ist, dann gehe ich wieder ins Gebet – so lange, bis der Friede Gottes da ist und meinen inneren Menschen vor den Angriffen des Teufels schützt.
Den Rest machen wir morgen früh im Gottesdienst in der Predigt.