Die unerwartete Begegnung einer Sünderin mit Jesus
Als der Pharisäer hörte, dass Jesus in seinem Haus zu Gast war, brachte eine Frau ein Alabasterfläschchen voll Salböl mit. Sie trat von hinten zu seinen Füßen, weinte, benetzte sie mit ihren Tränen und trocknete sie mit den Haaren ihres Hauptes. Dann küsste sie seine Füße und salbte sie mit der Salbe.
Als der Pharisäer, der Jesus eingeladen hatte, dies sah, dachte er bei sich: Wenn dieser ein Prophet wäre, wüsste er, was für eine Frau ihn da berührt – nämlich eine Sünderin.
Jesus antwortete ihm und sprach: „Simon, ich habe dir etwas zu sagen.“ Er erwiderte: „Meister, sprich.“ Jesus begann: „Ein Gläubiger hatte zwei Schuldner. Der eine schuldete ihm fünfhundert Denare, der andere fünfzig. Da beide nichts hatten, um zu zahlen, schenkte er ihnen die Schulden. Sag mir, welcher von ihnen wird ihn nun am meisten lieben?“
Simon antwortete: „Ich vermute der, dem er am meisten geschenkt hat.“ Jesus sagte zu ihm: „Du hast richtig geurteilt.“
Dann wandte er sich der Frau zu und sprach zu Simon: „Siehst du diese Frau? Ich bin in dein Haus gekommen, und du hast mir kein Wasser für meine Füße gegeben. Sie aber hat meine Füße mit Tränen benetzt und mit den Haaren ihres Hauptes getrocknet. Du hast mir keinen Kuss gegeben, sie aber hat, seit ich hineingekommen bin, nicht aufgehört, meine Füße zu küssen. Du hast mein Haupt nicht mit Öl gesalbt, sie aber hat meine Füße mit Salbe gesalbt.
Deshalb sage ich dir: Ihre vielen Sünden sind ihr vergeben worden. Darum hat sie viel Liebe erwiesen. Wem aber wenig vergeben wird, der liebt wenig.“
Dann sagte er zu der Frau: „Dir sind deine Sünden vergeben.“ Die Tischgenossen begannen bei sich selbst zu sagen: „Wer ist dieser, der sogar Sünden vergibt?“
Jesus aber sagte zu der Frau: „Dein Glaube hat dich gerettet. Gehe hin in Frieden.“
Die Besonderheit und der kulturelle Kontext der Szene
Das ist eine ganz seltsame Geschichte. Für diejenigen von uns, die in einer christlichen Gemeinde aufgewachsen sind, mag sie wie kalter Kaffee erscheinen – alles scheint doch vollkommen klar zu sein.
Aber ich würde dann fragen: Hast du so eine Szene schon einmal in der Realität erlebt? Stell dir vor, du bist beim Mittagessen, und plötzlich kommt eine wildfremde Frau herein, zieht ihre Schuhe aus und wäscht Jesus die Füße mit Tränen. Ich habe das noch nie erlebt. Ich vermute, die meisten von euch auch nicht.
Damals war das etwas vollkommen Spektakuläres. Es war nicht modern und auch nicht in Mode. Nicht jeder hat so etwas erlebt oder gemacht. Deshalb sind die Menschen in der Geschichte so schockiert. Einerseits, weil es etwas völlig Ungewohntes ist.
Das muss uns bewusst sein, wenn wir diese Geschichte lesen. Es ist kein alltägliches Ereignis, wie Jesus es manchmal erlebt oder in seinen Gleichnissen erzählt. Wenn Jesus vom reichen Kornbauern spricht, der Korn eingefahren hat, war das alltäglich. Dass Kranke an der Straßenecke saßen, Blinde oder Ähnliches, das war gewöhnlich. Auch dass man zum Mittagessen ging oder predigte, war normal.
Dies hier aber war nicht alltäglich, sondern vollkommen außergewöhnlich.
Die ambivalente Haltung des Pharisäers Simon
Wenn wir zunächst die Geschichte einmal durchgehen, um zu sehen, was eigentlich passiert ist und was uns diese Einzelheiten sagen wollen, dann fällt zuerst auf, dass wir in Vers 36 lesen, dass ein Pharisäer Jesus zum Essen eingeladen hat.
Im weiteren Verlauf des Lebens Jesu sehen wir, dass die Pharisäer zu seinen schärfsten Gegnern werden. Hier allerdings befinden wir uns noch relativ am Anfang des Evangeliums. An dieser Stelle sind scheinbar viele Pharisäer und Schriftgelehrte noch nicht so entschieden, wie sie zu Jesus stehen.
Die Motivation, warum dieser Pharisäer Jesus einlädt, ist uns nicht ganz klar. Offenbar hielt er nicht allzu viel von Jesus. Das können wir daraus schließen, dass er ihm später vorwirft, Jesus habe ihn nicht so behandelt wie einen normalen Gast.
Dass er Jesus jedoch nicht vollkommen ablehnte, zeigt sich darin, dass er ihn überhaupt eingeladen hat. Außerdem spricht er einigermaßen mit ihm, lässt sich auf sein Gleichnis ein und beantwortet seine Fragen. Dieser Mann ist also für uns schwer einzuordnen.
Ganz am Anfang, als Jesus auftrat, besonders kurz nach seiner Taufe, lesen wir, dass Pharisäer und Schriftgelehrte aus ganz Israel – also aus Galiläa und Judäa – zu Jesus kamen, um ihm zuzuhören.
Ganz am Anfang waren sie neugierig. Ein neuer Prediger taucht auf, der so überzeugend und beeindruckend predigt, dass etwas Besonderes an ihm sein muss. Sie hören zu, doch nach und nach beginnen sie sich zu ärgern, weil Jesus Dinge predigt, die nicht in ihr Konzept passen.
Dann folgt eine Übergangsphase: Einige Pharisäer und Schriftgelehrte suchen Jesus auf, denken, da steckt wirklich etwas von Gott dahinter. Andere nehmen Abstand. Schon bald lesen wir, dass sie in ihrem Herzen darüber nachdenken, wie sie ihn töten könnten, oder sich über ihn ärgern.
Das alles geschieht spätestens im Lukasevangelium nach dem Bericht, in dem der Lahme durchs Dach gelassen wird und Jesus zum ersten Mal sagt: „Deine Sünden sind dir vergeben.“ Die Leute regen sich auf und sagen: „Das geht doch gar nicht! Das kann doch keiner sagen.“
Hier begegnen wir einer ganz ähnlichen Situation. So zeigt sich der Pharisäer.
Die Identität und Bedeutung der Frau
Dann wird uns als Nächstes vorgestellt, dass sie sich zu Tisch setzten (Vers 37). Und es heißt: Eine Frau war in der Stadt, die war eine Sünderin. Darauf könnten wir auf zwei verschiedene Weisen reagieren.
Die Kirchengeschichte hat darauf reagiert, indem sie diese Frau als eine ganz besonders schlimme Sünderin darstellte. In der Auslegungsgeschichte wurde viel spekuliert, was das denn nun für eine Sünderin war. Über lange Zeit hinweg war man sich einig – in vielen Kommentaren kann man das bis heute noch lesen – dass sie eine Prostituierte oder zumindest eine Ehebrecherin war.
Dabei müsste man sagen: So klar ist die Sache nicht. Wenn man den Text genau liest, wird nirgends von Ehebruch oder Prostitution gesprochen. Es heißt einfach nur, sie ist eine Sünderin.
Jetzt frage ich mich: Woher kommt dann diese Interpretation? Gibt es vielleicht Christen, die sich nur eine schwere Sünde vorstellen können, und dann muss es eine sexuelle sein? Da sind wir aber auf dem falschen Dampfer.
Eigentlich müssten wir doch ganz anders reagieren. Nicht von vornherein sagen: „Ah, da, Prostituierte.“ Sondern eigentlich müssten wir das lesen und fragen: Was ist denn das Besondere daran an der Geschichte? Die ganze Stadt ist doch voll Sünderinnen. Oder ich könnte auch sagen: Was ist das Besondere an der Geschichte? Dieser ganze Raum ist voll von Sündern und Sünderinnen.
Und jetzt steht da noch eine stadtbekannte Frau. Ja gut, vielleicht seid ihr nicht alle stadtbekannt, aber deshalb ist die Sünde nicht besser. Eigentlich müssten wir sagen – und das müsste auch dem Pharisäer aufgefallen sein – dass im weiteren Verlauf der Geschichte noch bei den Schuldnern, wo jeder von ihnen spricht, herauskommt: Jeder ist schuldig. Der eine mehr, der andere weniger. Von dem einen weiß man etwas mehr, von dem anderen etwas weniger. Aber jeder ist ein Schuldner, jeder ist ein Sünder. Wir alle auch.
Deshalb sollten wir beim Lesen nicht zu schnell zuordnen, warum diese Frau stadtbekannt war. Vielleicht war sie eine stadtbekannte Tratschtante, eine Klatschbase oder so. Und das ist ja auch Sünde – ständig schlecht über andere reden. Vielleicht war das stadtbekannt.
Vielleicht war sie eine stadtbekannte Diebin, weil sie gestohlen hat und das immer wieder auffiel. Keine Ahnung – vielleicht hatte sie wenig zu essen und stahl dann mal etwas. Sobald sie kam, passte man auf, was sie mitnahm. Vielleicht, keine Ahnung.
Was wir hier feststellen müssen: Es wird nicht genau benannt.
In manchen Kommentaren findet man sogar den hilfreichen Hinweis, diese Sünderin sei Maria Magdalena. Dann denkt man gleich: Aha, Maria Magdalena und noch Prostituierte. Jetzt ist nur die Frage: Woher wissen manche Kommentatoren das?
Denn wenn man den Text liest, steht nichts von Maria Magdalena. Maria Magdalena wird uns erst in Kapitel 8 in den ersten Versen vorgestellt. Dort lesen wir in Vers 2: „Mit Jesus war unterwegs Maria, genannt Magdala, von der sieben Dämonen ausgefahren waren.“ Aha, das ist also Maria von Magdala.
Sie war keine Prostituierte, sondern einfach besessen. Jesus hat sie freigemacht. Davon, dass sie eine große Sünderin gewesen sei, lesen wir nirgends etwas.
Also heißt das: Diese Frau, die gerade vorher erwähnt wird, hat wahrscheinlich nichts mit Maria Magdalena zu tun. Sie ist namenlos in der Geschichte.
Sie hat übrigens sehr wahrscheinlich auch nichts zu tun mit den Berichten über die Salbung der Füße Jesu, die wir in Matthäus und Markus finden. Das sind wahrscheinlich andere Berichte.
In Matthäus 26 und Markus 14 wird die Salbung erwähnt. Dort merken wir auch Unterschiede: Die Jünger kommen und fragen, warum sie dieses kostbare Salböl verwendet hat. Judas sagt, das hätte man besser den Armen geben können.
Da merken wir, dass das ganz anders abläuft. Jesus ist vielmehr im Gespräch mit den Jüngern. Das muss ein anderes Ereignis gewesen sein.
Dieses Ereignis mit der Frau lesen wir nur bei Lukas. Auch so, wie es abläuft, scheint es ein anderes gewesen zu sein.
Dass dieses spektakuläre Ereignis sogar zweimal im Leben Jesu stattfindet, sollte uns sehr erstaunen. Aber es hat wahrscheinlich mit der besonderen Anziehungskraft zu tun, die von Jesus ausgeht.
Was das hier für eine Frau war, wissen wir also nicht genau.
Die Handlung der Frau und die Reaktion des Pharisäers
Dann lesen wir als Nächstes: Als sie hörte, dass Jesus im Haus des Pharisäers zu Gast war, brachte sie ein Alabasterfläschchen voll Salböl mit und ging dann hinten zu den Füßen Jesu.
Also erstens, was uns hier auffällt: Sie hat davon gehört. Das ist ja nichts Besonderes, das ist bekannt in der Stadt, da wird weiter darüber geredet. Aber dass sie dann in das Haus hineinkommt – ich weiß ja nicht, wie es bei euch zu Hause läuft. Wenn ich zum Beispiel gestern bei der Familie van der Hoek zu Besuch war, kam nicht plötzlich irgendein Nachbar rein. Vielleicht ist das bei euch ja so. Aber bei uns zu Hause sind normalerweise die Türen abgeschlossen, meistens sind die Fenster zu, außer mitten im Sommer, wenn gelüftet werden soll.
Damals war das total anders. Es gab keine Scheiben, die Türen hat man nicht abgeschlossen, nur in der Nacht hat man Riegel vorgelegt. Das heißt, die Türen waren offen, die Fenster waren offen, man lebte vielmehr in der Öffentlichkeit. Man lebte nicht so, wie das in Deutschland üblich ist: Jeder klein für sich in seinem Rahmen, und „Lass mich in Ruhe“, außer die wenigen Leute, die man wirklich haben will.
So müssen wir uns das hier vorstellen: Sie ist nicht eingebrochen, plötzlich denkt man, wer kommt da hinterher? Jeder konnte rein- und rauskommen, zwar nicht jeder eingeladen, aber jeder konnte reinkommen. Man konnte sich umsehen, man konnte die Leute natürlich rausschmeißen, aber das war dem Pharisäer wahrscheinlich auch zu mühsam. Vielleicht wollte er jetzt auch sehen, wie Jesus reagiert. Das lesen wir ja im Folgenden.
Also offenes Haus. Darüber hinaus musste man nicht lange suchen, wo das Wohnzimmer zum Essen ist, denn die meisten Häuser damals hatten nur ein Zimmer. Das heißt, du bist direkt durch die Tür ins Zimmer reingegangen, und da war Jesus. Dort stand ein großer Tisch, meistens war der Tisch niedrig. Dann hatte man Liegematten auf der Erde, und man legte sich darauf.
Plötzlich verstehen wir auch, warum Lukas schreibt, dass Jesus von hinten an sie herantrat. Ja, versucht mal, wenn einer von euch sitzt, von hinten die Füße zu waschen. Schwierig, oder? Geht ja gar nicht, ihr müsstet unter dem Stuhl durchkriechen, das wird alles ziemlich kompliziert. Aber wenn ihr euch langlegt, und manchmal lagen sie so zur Seite, wenn man mehr am Tisch war, dann so lang mit dem Bauch nach vorn. Dann wurde vorne gegessen und hinten waren die Füße. Und dann kam sie direkt an die Füße heran.
Nur damit ihr euch besser vorstellen könnt, worum es eigentlich geht, warum sie plötzlich in der Wohnung auftaucht, wie das möglich ist und warum sie sich von hinten an Jesus heranmacht, um ihm dann die Füße zu waschen und zu salben, wie sie es jetzt tut.
Lukas erwähnt nebenbei auch noch, dass das in einem Alabasterfläschchen war, dass es eine Salbe war. Das deutet darauf hin, dass es wahrscheinlich kostbares Öl war. Alabaster kennt ihr vielleicht auch. Es ist ein Stein, ähnlich wie Marmor, der häufig dünn geschliffen wird. In Italien findet man das zum Beispiel oft für wertvolle Gefäße. Wenn man es ganz schleift, wird es fast durchsichtig. Häufig hat es nur eine milchige Konsistenz.
Es ist sehr kostbar herzustellen und zerbricht auch leicht dabei. Man hat es normalerweise nicht für Alltagsgegenstände benutzt, davon hat man nicht gegessen, viel zu aufwendig und zu teuer. Es zerbricht zu leicht. Das hat man nur für ganz kostbare Dinge benutzt. Und daraus können wir schließen, auch wenn es nicht direkt erwähnt wird: Dieses Öl, das die Frau hier mitbringt, ist kostbar. Sie nimmt nicht irgendetwas.
Dann kommt sie zu Jesus, sie weint. Weinen kann man ja bei den meisten Menschen nicht programmieren. Wenn ich jetzt sagen würde, jetzt weinen, die wenigsten können das. Diese Frau müssen wir davon ausgehen, konnte wahrscheinlich auch nicht einfach so weinen. Also können wir schließen, diese Frau hatte einen Grund, warum sie weinte. Das war nicht einfach so.
Den Grund im weiteren Verlauf der Geschichte würde ich so deuten: Sie weinte einerseits über ihre Sünde, denn das scheint hier deutlich zu sein. Vielleicht waren es auch Freudentränen darüber, dass sie die innere Hoffnung hatte, da ist einer, der mir aus meiner Sünde und Gottferne heraushelfen kann. Und das scheint ja so zu sein. So können wir zumindest aus den Worten Jesu hinterher schließen.
Also sie weint, Jesu Füße werden nass. Die Leute gucken alle ein bisschen betreten, sie wissen nicht, was da los ist. Der Pharisäer denkt sich: „Da wissen wir ja, der will Prophet sein, der hat ja gar keine Ahnung, wenn er wüsste.“ Jesus weiß, was da passiert.
Jetzt können wir die Frage stellen: Wenn der wüsste, warum sollte er denn anders reagieren? Nun, einerseits, wer von uns will sich schon mit einem stadtbekannten Sünder sehen lassen? Wenn ihr hier Gemeindemitarbeiter habt und vielleicht gibt es hier in Gelsenkirchen einen stadtbekannten Knacki, der immer irgendwo unterwegs ist, Leute zusammenschlägt, ins Gefängnis kommt, schon mal in der Zeitung war, und dann geht ihr Arm in Arm irgendwo in der Fußgängerzone spazieren und euer Gemeindeleiter sieht euch – jetzt ist das heikel.
Man könnte denken, ihr seid gut befreundet mit dem, man könnte denken, ihr seid gerade auf dem falschen Weg. Genau so ist das hier ja auch. Da wird Jesus vorgeworfen: Wenn du einfach das von dieser Frau an dir vollziehen lässt, dann sieht das doch so aus, als gehört ihr zusammen. Sie eine Sünderin, ach du dann doch vielleicht auch.
Darüber hinaus war es damals so, dass man in Israel davon ausging: Wenn du enge Gemeinschaft mit jemandem hattest, der kultisch unrein war, dann wurdest du dadurch auch unrein. Das heißt, jemand, der etwas Schlimmes getan hat – manchmal war das so –, wenn du etwas an Toten angefasst hast, galt das als unrein. Das war nicht schlimm, aber es galt als unrein. Und wenn du jemanden angefasst hast, warst du auch unrein und musstest erst ein Tauchbad nehmen und so weiter.
Frauen galten nach der Geburt als unrein, also all diese Dinge – und natürlich Sünder sowieso. Leprakranke auch. Hier meinte der Pharisäer, wenn Jesus das zulässt, das kann doch gar nicht sein. Als Prophet muss er doch rein sein in der Nähe Gottes. Der wird hier verunreinigt, wie kann das sein? Er hätte sich wahrscheinlich von dieser Frau nie anfassen lassen.
Das spricht er auch, wobei er hier schon nachdenken müsste. Der Pharisäer steht da und spricht bei sich selbst. Also gehen wir davon aus, dass es ihm innerlich läuft, dass er das nicht laut sagt. Er beobachtet Jesus dabei. Dann die Frage: Wenn er ein Prophet wäre, dann wüsste er, was für eine Frau das ist.
Jetzt müsste er doch eigentlich sehen: Jesus ist ein Prophet. Denn obwohl er das nur denkt, gibt Jesus sofort eine Antwort darauf. Das ist ja nicht normal. Eigentlich müsste er an dieser Stelle schon wissen: Oh, ich habe mich getäuscht, das stimmt so ja gar nicht. Der kann ja in mein Herz hineinschauen.
Na ja, vielleicht hat er auch gedacht, mein Gesicht hat es nicht verraten, mein skeptischer Blick oder so ein kritischer Blick dabei. Aber das, woran Jesus das erkannt hat, ist nicht seine Menschenkenntnis, sondern weil Jesus auch in das Herz der Menschen hineinschauen konnte – und das bis heute auch kann. Er weiß, wie es uns geht, egal ob wir es sagen oder nicht. Das konnte er auch hier bei dem Pharisäer feststellen.
Das Gleichnis der zwei Schuldner und die Bedeutung von Vergebung
Und dann erzählt Jesus dieses kleine Gleichnis von zwei Leuten, die einen Kredit aufgenommen haben und diesen nicht zurückzahlen konnten.
Um die Größenordnung zu verdeutlichen: Man rechnet damit, dass ein Arbeiter, ein Tagelöhner, am Tag etwa einen Denar verdiente. Wenn also jemand 500 Denare schuldete, entsprach das ungefähr zwei Jahresgehältern.
Jetzt sagt ihr vielleicht: „Michael, du hast doch eine Ahnung, ein Jahr hat 365 Tage.“ Das weiß ich auch. Aber man hat ja nicht an jedem Tag gearbeitet, denn am Sabbat durfte man nicht arbeiten. Das bedeutet, in zwei Jahren fallen schon mal rund hundert Tage weg. Außerdem gab es noch einige Festtage, an denen ebenfalls nicht gearbeitet wurde. Also entspricht die Schuld von 500 Denaren etwa zwei Jahresgehältern.
Jetzt könnt ihr mal schnell hochrechnen, wie viel ihr im Jahr verdient, und das mit zwei multiplizieren. Dann habt ihr ungefähr eine Vorstellung, welche Größenordnung das ausmacht.
Im Vergleich dazu steht die Schuld von 50 Denaren. Wenn man das hochrechnet, entspricht das etwa zwei Monatsgehältern. Das ist ein deutlicher Unterschied.
Und da sagt Jesus eben: Diese Leute sind beide schuldig, und keiner kann seine Schuld zurückzahlen. Nicht der eine ist besser, der andere schlechter – beide müssen vergeben bekommen.
Wir verstehen ja sofort, dass das eigentlich ein Bild für die Schuld ist, die wir Gott gegenüber haben. Der eine hat mehr Schuld, der andere weniger. Und beiden wird gesagt: Deine Sünden, deine Schuld, deinen Kredit musst du nicht zurückzahlen.
Die Menschen freuen sich darüber. Ich weiß nicht, ob ihr euch das vorstellen könnt: Vielleicht verdienst du im Jahr 25.000, und in zwei Jahren 50.000. Vielleicht sagst du ja, du verdienst das in einem Jahr, dann hast du halt 100.000 in zwei Jahren. Keine Ahnung, das spielt keine Rolle. Aber ich denke, wenn dir jemand so viel schenken würde, würden die meisten sich freuen. Wahrscheinlich würden sie sich sogar mehr freuen, als wenn jemand dir nur einen kleinen Teil davon schenken würde.
Und genau das ist es, was Jesus hier sagen will: Die Dankbarkeit von uns Menschen hängt häufig auch davon ab, wie viel uns geschenkt wurde und wie sehr wir in einer Notlage waren und daraus gerettet wurden.
Das ist auch dem Pharisäer klar. Er sagt ganz offensichtlich: Derjenige ist dankbarer, der mehr vergeben bekommen hat, der mehr liebt – also der, dem viel vergeben worden ist.
Die Gastfreundschaft und die Zeichen der Ehrerbietung
Und dann spricht Jesus noch zu dieser Frau und gibt zudem Simon einige Hinweise dazu, wie damals Gastfreundschaft gehandhabt wurde.
Ihr wisst, die Straßen damals waren nicht so sauber wie heute. Wenn du ohne Socken einfach nur in deinen Sandalen draußen über die Straße gelaufen bist, war das schmutzig. Auch die Hausfrauen wollten schon damals nicht den ganzen Schmutz in der Wohnung haben. Deshalb mussten die Schuhe vor der Tür ausgezogen werden. Wenn du keinen Sklaven hattest oder sonst jemanden, der dir helfen konnte, dann musstest du dich mit einer Schüssel hinknien und dir mit Wasser die Füße etwas säubern, ehe die Gäste kamen.
Scheinbar hat dieser Pharisäer selbst diese grundlegenden Regeln nicht beachtet, die man damals aufgestellt hatte. Es könnte besonders sein eigenes Verschulden gewesen sein, dass seine Wohnung schmutzig war. Das war aber nicht nur wegen des Schmutzes in der Wohnung wichtig, sondern auch ein Zeichen der Ehrerbietung gegenüber dem Gastgeber.
Es blieb nicht nur dabei. Es war auch üblich, einen Begrüßungskuss zu geben. Hier steht ja: „Du hast mir keinen Kuss gegeben.“ Heute ist das Küssen unter Männern oft problematisch. Sobald ein Mann einem anderen nur entgegenkommt, denken viele gleich, er könnte schwul sein. Damals war das ganz anders. Männer konnten Männer umarmen und küssen, und Frauen konnten Frauen umarmen und küssen. Das war einfach ein Ausdruck eines herzlichen Willkommens. In manchen Ländern der Welt ist das bis heute noch so.
Wenn ich zum Beispiel meine Schwiegereltern in Frankreich besuche, muss ich mich auch daran gewöhnen. Dort ist es nicht nur das distanzierte Händeschütteln, bei dem man schon merkt, dass der Deutsche auf dem Höhepunkt seiner Gefühlsausbrüche ist, wenn er dem anderen die Hand gibt. Dort umarmen sich die Menschen, egal ob alt oder jung, richtig fest. In Frankreich wird meistens dreimal geküsst, Wange an Wange, und das ist dort üblich. So ähnlich war es auch damals hier.
Und der Pharisäer hat das nicht einmal getan. Er hat Jesus zwar begrüßt und eingeladen, aber die Schuhe nicht ausgezogen, die Füße nicht gewaschen und keinen Begrüßungskuss gegeben. Stattdessen heißt es hier: „Sie hat mein Öl gesalbt, du hast mein Haupt nicht mit Öl gesalbt, aber die Füße hat sie mir gesalbt.“
Damals war es auch üblich, bei der Ankunft den Gästen etwas Olivenöl auf den Kopf zu geben. Heute würden wir das vielleicht nicht als freundlich empfinden. Stell dir vor, eine Frau, die ihre Haare schön gewaschen und sogar noch geföhnt hat, damit sie richtig sitzen, wird eingeladen und dann bekommt sie Öl ins Haar. Die Haare hängen dann herunter – das würde heute kaum als Freundlichkeit verstanden. Damals war das jedoch ein Ausdruck von Nächstenliebe und Gastfreundschaft. Die Frisur war oft mit Pomade gemacht, oder die Haare glänzten mehr durch das Öl. Das war ein Zeichen der Freundlichkeit. Und der Pharisäer hat das nicht getan.
Jetzt wird gesagt, dass diese Frau Jesu Füße gesalbt hat. Damit will Jesus sagen, dass sie die normale Gastfreundschaft noch viel stärker gemacht hat. Sie hat nicht nur ein Handtuch genommen, sondern ihre Haare benutzt. Stellt euch das als Frauen vor: Für Frauen ist das wahrscheinlich noch schwieriger. Männer können das ja nicht – mit meinen Haaren könnte ich niemanden trocknen, nicht mal mich selbst. Aber wenn du lange Haare hast, geht das ein bisschen.
Das ist ein Zeichen der Demut. Normalerweise macht man so etwas nicht mit den Haaren. Genauso mit Tränen: Die wischt man ins Taschentuch und nicht irgendwo auf die Füße. Ebenso küsst man die Füße eines Menschen normalerweise nicht. Man küsst ihn auf den Mund, auf die Wange oder so etwas, weil die Füße oft schmutzig und unrein sind. Das macht man nicht, da erniedrigt man sich. Diese Frau hat also nicht nur das Gewöhnliche getan, sondern ganz deutlich gesagt: „Ich bin bedürftig, ich bin nichts, ich bin auch nichts wert.“ Dabei sagt sie zu Jesus: „Ich liebe dich.“ Nicht als Mann zu Frau, sondern als Sünderin zu dem, der mit Sünde umgehen kann.
Sie hat nicht nur einfaches Salböl genommen, vielleicht eine Flasche Olivenöl aus dem Supermarkt, sondern sie hat wertvolles Parfum benutzt. Der Liter davon könnte zweihundert Euro oder mehr kosten.
Hier wird ein Vergleich gezogen: Wie steht ihr, du als großer Pharisäer und bekannter Gesetzesgelehrter, im Vergleich zu ihr als Sünderin zu mir? Und da wird deutlich, dass es total unterschiedlich ist.
Jesus führt das darauf zurück, dass der Pharisäer selbstgerecht ist. Er meint, er brauche Gott gar nicht. Deshalb ist auch seine Hochachtung vor dem Boten Gottes, nämlich vor Jesus, nicht sehr groß.
Die Frage nach dem Zeitpunkt der Vergebung
Und dann gibt es hier noch eine etwas problematische Stelle. Da steht ja: „Und ich sage dir, ihre vielen Sünden sind vergeben worden, darum hat sie viel Liebe erwiesen. Wem aber wenig vergeben ist, der liebt wenig.“ Direkt danach steht aber: „Und er sprach zu ihr: Dir sind deine Sünden vergeben.“
Jetzt stellt sich die Frage, wann denn die Sünden dieser Frau vergeben worden sind. Denn da steht einmal, wem viel vergeben ist, der liebt viel. Das soll offenbar erklären, dass dieser Frau viel vergeben ist. Deshalb kommt sie und zeigt ihre Dankbarkeit, indem sie weint, die Füße salbt und all solche Dinge tut.
Aber die Vergebung Jesu wird doch erst an dieser Stelle ausgesprochen, also im Nachhinein. Wie passt das also zusammen? Ich muss sagen, auch nach vielem Nachdenken habe ich bis heute keine ganz eindeutige Lösung gefunden. Es scheint zeitlich nicht zu passen.
Man könnte sagen, Jesus reist in der Zeit zurück, vergibt und dann wieder so – aber das ist natürlich Unsinn, das geht ja nicht. Das Einzige, was ich mir vorstellen könnte, ist, dass diese Frau Jesus offenbar kannte, sonst wäre sie ja nicht gekommen. Ich vermute, sie war unter den Zuhörern Jesu. Sie hat gehört, wie Jesus gepredigt hat, wie er von der Liebe Gottes gesprochen hat, von der Bereitschaft Gottes, Menschen zu vergeben.
Dann war sie so angesprochen, dass sie gemerkt hat: Jesus vergibt auch mir, oder Gott vergibt auch mir, wenn ich meine Sünden bereue. So ähnlich wie Johannes der Täufer schon gepredigt hat, als er zur Buße aufrief, weil das Himmelreich Gottes nahe herbeigekommen sei.
Anscheinend hat diese Sünderin Buße getan über ihre Sünden, sie hat bereut, was sie getan hat. Und ich glaube, darauf bezieht sich Jesus. Wohl auch mit dem Hinweis: „Dein Glaube hat dir geholfen.“
Glaube meint hier so viel wie Vertrauen. Dein Vertrauen darauf, dass Gott Schuld vergibt, dass du nicht allein damit fertig werden musst. Das hat dir geholfen, deshalb ist dir vergeben.
Nicht weil du eine besondere Leistung erbracht hast, nicht weil du mit dem Salböl gekommen bist, sondern weil du Gott vertraut hast. Dieses Vertrauen war schon vorher da – das Vertrauen, dass Gott ihre vielen Sünden vergeben kann. Deshalb ist sie gekommen.
Aber die Vergebung selbst geschieht tatsächlich erst an dieser Stelle. Und die Vergebung zeigt den anderen Pharisäern, die mit im Raum sind: Jesus ist mehr als nur ein normaler Prediger. Denn Menschen können Sünden nicht vergeben, das sagt das Alte Testament eindeutig.
Jesus tritt an dieser Stelle mit dem Anspruch auf, Sünden zu vergeben.
Zwei zentrale Fragen an den Leser
Wenn wir diese Geschichte lesen – und ich hoffe, einige Details sind euch dadurch jetzt etwas plastischer vor Augen, wie das damals geschehen ist – möchte ich zum Schluss auf zwei Dinge besonders hinweisen und zwei Fragen stellen. Diese Fragen stellen sich meines Erachtens durch das Lesen der Geschichte an uns, an euch.
Die erste Frage wäre: Wie beurteilst du andere Menschen? Nach welchen Maßstäben bewertest du sie? Man könnte auch fragen: Wie gehst du mit anderen Menschen um?
In der Geschichte haben wir die Frau, die Sünderin. Wie geht der Pharisäer mit ihr um? Er sieht auf sie herab. Es interessiert ihn nicht, wer sie genau ist. Für ihn ist sie einfach die Sünderin. Mit ihr habe ich nichts zu tun, denkt er. Sie gehört nicht zu meiner Klasse, sie lebt nicht so, wie ich es für richtig und gut halte. Für ihn steht fest: Diese Frau muss verurteilt und nach Möglichkeit gemieden werden. Wäre er allein gewesen, hätte er sie wahrscheinlich aus dem Haus geworfen. Wahrscheinlich hätte sie sich nicht einmal getraut, das Haus zu betreten, wenn er allein darin gewesen wäre. Denn sie wusste genau, wie er zu ihr stand und wie sie von ihm verurteilt wurde.
Hier stellt sich die Frage: Wie gehst du, wie gehe ich, wie gehen wir mit anderen Menschen um? Wie beurteilen oder verurteilen wir sie? Und nach welchen Maßstäben? Ich glaube, wir alle können manchmal in die Gefahr geraten, andere Menschen so zu beurteilen, wie es hier der Pharisäer tut. Natürlich würden wir uns nicht mit dem Pharisäer identifizieren. Wir wissen ja alle: Pharisäer sind die Bösen, zumindest in der Bibel. Aber das heißt nicht, dass wir nicht manche seiner Eigenschaften übernehmen können.
Wie gehst du also mit anderen um? Der Pharisäer lädt Jesus ein, weil er etwas Spannendes an ihm findet. Irgendetwas reizt ihn daran, Jesus kennenzulernen. Da hat er etwas davon. Bei der Frau hingegen hat er nichts davon. Sie verachtet er, auf sie blickt er nur herab.
Nach welchen Maßstäben beurteilst du andere Menschen? Das betrifft sicher die Menschen, die draußen um uns herum sind. Wie sieht es mit deinen Arbeitskollegen, deinen Nachbarn oder Verwandten aus? Ist dein Blick zuerst überheblich: Ich bin der Gerettete, und die anderen sind die bösen Sünder? Das mag zum Teil stimmen – ich hoffe zumindest, dass du der Gerettete bist. Aber ich hoffe nicht, dass jeder deiner Nachbarn verloren geht. Trotzdem kann es sein, dass wir schnell in eine Haltung der Überheblichkeit geraten.
Oder wir schlagen eine Zeitung auf und lesen: „Da ist wieder einer zu schnell gefahren.“ Dann denken wir: „Ja, die sind selbst schuld. Gut, dass sie gegen den Baum gefahren sind. Endlich einer weniger, der immer so schnell fährt.“ Oder: „Da hat sich jemand totgesoffen nach dem Diskobesuch. Das geschieht den Sündern recht.“
Das ist die Haltung des Pharisäers: Der Sünder ist Sünder, und ihm gebührt nur Verachtung, Hass oder Gleichgültigkeit.
Und hier ist die andere Frage: Was ist dann mit Jesus? Jesus handelt natürlich so, wie wir handeln sollten. Und was tut Jesus? Obwohl er den Gedankengang des Pharisäers durchschaut und weiß, dass dieser eigentlich gar nicht an Gott interessiert ist, sondern nur an seiner Selbstgerechtigkeit, geht Jesus ins Haus des Pharisäers hinein.
Jesus weiß genau, worum es geht, aber die Heuchelei des Pharisäers hindert ihn nicht daran. Er will auch ihm eine Chance geben. Und ich glaube, das ist eine Herausforderung für uns: Wenn du jemanden kennst, von dem du denkst, der will sowieso nichts vom Glauben hören, der ist so selbstsicher, so selbstgewiss, der meint, er hat alles in der Tasche – sei so wie Jesus. Selbst wenn du es weißt, geh trotzdem hin, rede mit ihm, teile ein Stück deines Lebens mit dieser Person. Jesus hat dem Pharisäer auch eine Chance gegeben.
Das andere, was uns am Verhalten Jesu besonders auffällt, ist, dass er diese Sünderin, egal was sie getan hat, an sich herankommen lässt und sich Zeit für sie nimmt. Obwohl das seinem äußeren Prestige nicht dient. Damit kann man keinen Staat machen. Diese Frau wird wahrscheinlich nie eine große Rolle in der Gesellschaft spielen. Man hat wenig davon.
Und allgemein wird ihre Sünde von allen in der Umgebung als schlecht angesehen. Trotzdem nimmt sich Jesus dieser Frau an – und zwar in Liebe. Er spricht liebevoll mit ihr, nimmt sich Zeit für sie und verachtet sie nicht.
Das ist, glaube ich, auch eine Herausforderung für uns: Wie gehst du, wie gehe ich, wie gehen wir mit anderen Menschen um? Und schon allein: Wie beurteilen wir sie? Jesu Urteil über diese Frau lautet nicht in erster Linie: „Die ist eine große Sünderin.“ Sondern: „Die ist eine Frau, die mir vertraut. Die eine innere Sehnsucht nach Vergebung, nach Gott, nach Erfüllung hat.“
Das ist es, was Jesus an erster Stelle sieht. Und das sollte auch unser Blickwinkel sein, wenn wir anderen Menschen begegnen, die äußerlich gesehen wirklich irgendwo in der Gosse sind, die äußerlich wirklich unmoralisch leben.
Wir sollen nicht diejenigen sein, die jede Sünde verharmlosen und sagen: „Ist nicht so schlimm.“ Doch, sie ist schlimm. Aber das ist nicht der Mensch. Der Mensch, der dahinter steht, den Jesus hier auch sieht, ist nicht nur die Sünderin, sondern ein Mensch, der auf der Suche nach Gott ist, der innerlich kaputt ist und Jesus braucht.
So, glaube ich, sollten wir reagieren.
Ich möchte das Beispiel noch nach innen erweitern. Genau dasselbe kann auch in der Familie oder in der Gemeinde passieren. Dass wir in der Gemeinde aufeinander herabschauen: Wer ist nun geistlicher, wer weniger geistlich? Wie verhält sich dieser oder jener? Dort gilt das genauso.
Man könnte sagen: Der Mensch sieht, was vor Augen ist, Gott aber sieht das Herz an. Das heißt nicht, dass das Äußere gleichgültig wäre – das ist es nicht. Aber wir sollten auch in der Gemeinde nicht dazu kommen, Menschen auf das zu reduzieren, was äußerlich sichtbar ist: den höheren oder geringeren Grad der Frömmigkeit, des Glaubens oder was auch immer.
Wir sollten versuchen, tiefer zu sehen. Versuchen, einen Menschen besser zu verstehen. Versuchen oder Gott darum bitten, dass wir den Bruder oder die Schwester annehmen, akzeptieren und weiterhelfen können – selbst diejenigen, die uns manchmal auf die Nerven gehen, weil sie aus unserer Sicht komisch oder vielleicht sogar ungläubig oder falsch reagieren.
Auch das ist eine Herausforderung, die ich hier sehe.
Also: Wie begegnest du anderen Menschen? Wie beurteilst du sie? So wie Jesus oder so wie der Pharisäer?
Die zweite Frage: Die persönliche Beziehung zu Jesus
Die andere Frage, die ich euch heute Morgen gerne stellen möchte, lautet: Wie stehst du zu Jesus? Dabei geht es nicht nur darum, wie du zu anderen Menschen stehst, sondern speziell um deine Beziehung zu Jesus.
Uns werden zwei Personen vorgestellt: der fromme Pharisäer und die fromme Sünderin. Das klingt zunächst wie ein Gegensatz, doch eigentlich ist auch die Frau fromm. Bei dem einen ist die Frömmigkeit jedoch nur äußerlicher Schein, während sie beim anderen tief im Herzen verwurzelt ist. Nach außen hin ist das aber nicht sofort erkennbar.
Wenn du die beiden von außen betrachten würdest, würdest du vermutlich sagen, der Pharisäer hat die engere Verbindung zu Jesus oder zu Gott. Er besucht regelmäßig die Synagoge, betet am lautesten im Tempel und hält in seiner Wohnung alle frommen Riten ein. Du würdest bei ihm keine anstößigen Bücher finden, keinen Alkohol und auch keine Tanzmusik – höchstens gregorianische Gesänge, was vielleicht etwas übertrieben ist. So weißt du, dass er fromm ist. Bei der Frau hingegen bist du dir nicht so sicher.
Ich will damit nicht sagen, dass jemand, der den ganzen Tag vor dem Fernseher sitzt und Bier trinkt, besonders fromm ist – das ist er natürlich nicht. Was ich hier zeigen möchte, ist, dass die Beziehung zu Jesus nicht immer daran zu erkennen ist, wie wir uns geben oder präsentieren. Der Pharisäer wusste genau, worauf es ankommt, spielte aber nur Frommsein. Wie wir an seiner Haltung gegenüber der Frau und Jesus sehen, war er in seinem Herzen nicht wirklich fromm.
Deshalb müssen wir uns alle selbst fragen: Wie ist deine Beziehung zu Jesus? Wer ist Jesus für dich? Ist Jesus für dich einfach nur anerzogen, weil du in einer Umgebung aufgewachsen bist, in der viel von Jesus geredet wurde? Dann sagst du vielleicht: Jesus ist gut, was soll man da sonst sagen? Oder meinst du, mit Jesus punkten zu können, was allerdings immer schwieriger wird, weil sich immer weniger Menschen für Jesus interessieren? Vielleicht bist du noch einer von denen, die so denken und deshalb von Jesus reden.
Oder machst du es vielleicht, weil die Gesetze es unbedingt befehlen? Also, die Gesetze sagen: „Okay, ich will auch noch gerettet werden.“ Eigentlich interessiert dich das gar nicht, aber um gerettet zu werden, gehst du ab und zu in den Gottesdienst und betest auch mal. Das wäre alles eine Haltung wie die des Pharisäers gegenüber Jesus – äußerlich stimmt es, doch die Motivation kann unterschiedlich sein.
Manche tun das auch einfach aus intellektueller Neugierde. Vielleicht spielte das beim Pharisäer auch eine Rolle. Er dachte sich: „Ah, ich habe viel von Jesus gehört, jetzt lade ich ihn mal ein und interviewe ihn. Was denkt er vielleicht über Prädestination? Oder über den Sündenfall, wann er genau stattgefunden hat? Wann ist das Ende der Welt?“ Spannende Fragen. So könnte man auch zu Jesus kommen – einfach aus kulturellem oder religiösem Interesse. Das ist alles noch auf der Ebene des Pharisäers.
Und das kann bei uns genauso sein. Wir beschäftigen uns mit Jesus aus unterschiedlichen Gründen: Erziehung, um Ansehen zu haben, um intellektuelle Neugier zu befriedigen, um Gebote zu erfüllen und gerade noch in den Himmel zu kommen. Das ist alles möglich. Und das finden wir heute weit verbreitet in unserer Umgebung.
Neben der großen Zahl der Gleichgültigen gegenüber Jesus gibt es viele, die durchaus über Jesus reden. Vor ein paar Wochen hielt ich einen Vortrag über Jesus im Islam. Viele Muslime kamen, und viele beschäftigen sich mit Jesus. Für sie ist Jesus der große Prophet – das ist schon etwas. Aber auch das ist noch auf der Ebene des Pharisäers. Jesus als großer Prophet – das hätte wahrscheinlich auch Simon, wie er hier genannt wird, am Anfang gedacht. Er sagte: „Nein, Prophet kann er auch nicht sein, ich weiß ja nicht genau, was da gelaufen ist.“ Scheinbar hatte er vorher gedacht, Jesus sei ein Prophet, und er wollte es prüfen. Das ist alles noch auf der Ebene des Pharisäers.
Das andere, was diese Frau hat, ist eine tiefe Beziehung zu Jesus und zu Gott. Diese hatte der Pharisäer nicht. Da stellt sich die Frage: Welche Beziehung hast du zu Jesus? Ist sie äußerlich, intellektuell, interessiert, traditionell oder ist sie eine tiefe Herzensbeziehung?
Diese tiefe Herzensbeziehung zeigt sich auch darin, wie wir leben – das ist hier ganz deutlich. Stellen wir uns vor, du bist frisch verliebt. Die junge Frau, der du begegnest – ich nehme jetzt mal an, es ist eine Frau, weil ich ein Mann bin – der sagst du nie, dass du sie magst, du lächelst sie nie an, gibst ihr keine Geschenke und verbringst keine Zeit mit ihr.
Jetzt bist du ein Außenstehender. Ich sage: „Ich liebe sie.“ Würdest du das glauben, wenn du sie nie lächeln siehst, niemals Geschenke bekommst und keine Zeit mit ihr verbringst? Wahrscheinlich nicht. Wer schon einmal verliebt war, weiß, wie das normalerweise läuft: Du denkst ständig an die Person, versuchst, so viel Zeit wie möglich mit ihr zu verbringen, sprichst über alles Mögliche und gibst kleine Geschenke.
Ich erinnere mich gut, als ich verliebt war. Wir waren zusammen in einer Vorlesung, und ich schaute nicht mehr zum Dozenten, sondern immer wieder nach hinten. Das war so auffällig, dass es auch andere Studenten bemerkten – ich dachte, es sei gar nicht so auffällig, aber alle haben es gemerkt. Sogar meine spätere Frau hat es bemerkt. Ich habe den ganzen Tag nur an sie gedacht, versuchte, so oft wie möglich mit ihr zusammen zu sein, und gab ihr kleine Geschenke. Das gehört alles dazu.
Genauso ist es hier auch mit der Frage: Wie stehst du zu Jesus? Man kann das nicht einfach machen. Wenn da eine enge Beziehung zu Jesus ist, bist du dir immer wieder bewusst, dass Jesus der Dreh- und Angelpunkt deines Lebens ist. Ohne ihn ist dein Leben sinnlos.
Ich habe mir schon oft vorgestellt, wie ich leben würde, wenn ich nicht gläubig wäre. Ich glaube, ich käme in Verzweiflung. Denn immer wieder hätte ich vor Augen: Meine Lebenszeit läuft ab, ich habe schon über die Hälfte meines Lebens hinter mir. Wofür das Ganze? Ich habe Geld verdient, gearbeitet – wofür eigentlich? Viel Zeit verschwendet, und meine Lebenszeit läuft ab. Irgendwann vermodere ich im Grab. Und dann?
Oder ich würde mir immer mehr die Frage stellen: Welche Maßstäbe gelten denn? Als Kind wurde Homosexualität als schlecht angesehen, heute gilt sie als gut. Was gilt denn jetzt? Gibt es überhaupt Maßstäbe, nach denen man sich richten kann? Diese Fragen würde ich mir stellen, wenn ich Jesus nicht kennen würde.
Dann merke ich immer wieder, wie wichtig Jesus ist und welche zentrale Rolle er in meinem Leben spielt – als Dreh- und Angelpunkt meines Denkens, meines Lebens, meiner Zeitplanung. Das ist schwer auszudrücken, aber es zeigt sich, vielleicht nicht jede Minute und nicht für jeden sichtbar. Wenn ich ein Problem habe, was mache ich zuerst? In den meisten Fällen versuche ich zu beten.
Das kann überall sein: Ich stecke im Stau auf der Autobahn, bete: „Herr Jesus, hilf du mir hier, ich komme nicht weiter, und Leute warten auf mich.“ Oder vor etwa einem Jahr, als ich beim Arzt war und der mir sagte, ich habe grünen Star. Grüner Star ist nicht toll, denn dagegen kann man nichts machen, und wenn er weiter fortschreitet, führt er irgendwann zur Blindheit. Das ist nicht angenehm.
Das Erste, was ich dann getan habe, war natürlich innere Angst zu spüren: Was passiert da? Was kommt auf mich zu? Und dann habe ich gebetet, weil ich weiß, dass selbst wenn es passiert, Jesus bei mir ist. Jesus ist mein Lebensinhalt. Was hilft es mir, sehend in die Hölle zu gehen? Dann lieber blind in den Himmel. Ich hoffe, dass beides nicht passiert, aber so könnte man es sagen.
Ich glaube, hier zeigt sich, welche Beziehung du tatsächlich zu Jesus hast. Ist Jesus nur eine Gedankenspielerei, ein Notnagel, Tradition oder Erziehung? Oder gibt es eine echte Beziehung zu Jesus?
Bei dieser Frau war diese Beziehung vorhanden. Sie war bereit, das Kostbarste, was sie hatte, für Jesus zu geben – wahrscheinlich das Kostbarste überhaupt. Nicht um etwas davon zu bekommen, sondern aus Liebe. Sie war bereit, sich vor anderen Menschen zu erniedrigen und der Lächerlichkeit preiszugeben.
Da stellt sich die Frage: Wieso bin ich dazu bereit? Ich denke an meine Arbeitskollegen, die über mich lachen, wenn ich über Jesus spreche. Wenn da wirklich eine echte Beziehung ist, sollte das kein Problem sein.
Als ich frisch verliebt war, war es mir egal, ob jemand lachte oder nicht. Ich habe gesagt: „Sie ist toll, ich finde sie super.“ Auch wenn jemand sagte, die Frisur passe nicht oder sie könne nicht richtig Deutsch sprechen – meine Frau ist Französin und spricht mit Akzent, damals mehr als heute – war mir das egal. Sie spricht doch schön, und der Akzent ist schön.
Das hat mich nicht beschämt. Manchmal war es bei unseren Kindern so, wenn wir öffentlich waren und sie sagten: „Mama, du sagst das gar nicht richtig, sprich doch mal richtig.“ Ihnen war das manchmal peinlich, weil sie es gewohnt waren, ich aber nicht.
Das ist eine andere Beziehung – zwischen Kind und Mutter oder Ehemann und Ehefrau. Genauso ist es auch mit Jesus. Jesus soll uns nicht peinlich sein, auch wenn andere schauen und denken: „Was macht der denn da?“ oder „Was macht die denn da?“
Wenn du merkst, Jesus ist das Eine und Alles, der, der dir deine Schuld vergibt, der dich mehr liebt als jeder Mensch, mit dem du in der Ewigkeit zusammen sein wirst – wenn dir das wirklich bewusst wird, ist deine Beziehung zu Jesus eine ganz andere. Sie ähnelt eher der der Frau. Und das zeigt sich auch äußerlich.
Jetzt dürfen wir nicht sagen: „Aha, bei meiner Beziehung stimmt etwas nicht, also mache ich jetzt das, was die Frau getan hat.“ Nein! Wenn du das tust, ändert sich nicht automatisch deine Beziehung zu Jesus. Diese Beziehung ist entscheidend.
Wir wissen alle: Am Anfang dieser Beziehung steht eine grundlegende Bankrotterklärung. Wir kommen alle dahin wie diese Frau und sagen: „Ich bin ein Sünder. Ich kann vor Gott nichts Gutes tun, auch wenn ich ab und zu ein paar gute Dinge mache. Aber das reicht nicht aus.“
Das ist der Anfang. Wenn ich dann zu Jesus komme und weiß, wie diese Frau, dass Jesus der Einzige ist, der mir helfen kann – kein anderer, keine Tipps aus einer Zeitschrift, die sagen, du sollst ein besserer Mensch sein, positives Denken, sag dir immer wieder: Ich bin gut, ich bin geduldig –, dann bleibst du trotzdem ungeduldig.
Positives Denken ist nicht schlecht, aber es verändert den Menschen nicht und rettet ihn auch nicht. Du musst irgendwann zu dem Punkt kommen: Jesus ist der Einzige, der dein Leben verändern kann.
Aber es bleibt nicht dabei. Genauso wie die Liebesbeziehung zu meiner Frau nicht bei der ersten Liebeserklärung stehen geblieben ist, sondern weitergeht, soll das auch bei Jesus so sein.
Wenn du merkst, deine Beziehung ist lang und distanziert, versuche nicht zuerst am Äußeren zu arbeiten, sondern am Inneren. Dann sage Jesus: „Irgendwie ist das nicht mehr so frisch, wie es mal war oder wie es sein sollte. Im Alltag spielst du keine große Rolle.“ Sag ihm das nicht nur einmal, sondern zweimal täglich und bitte ihn um Veränderung.
Wir können Jesus auch darum bitten. Wie lesen wir es bei Jakobus? Wem der Glaube mangelt, der bitte Gott darum, der jederzeit bereit ist, zu geben.
So kann es auch hier sein. Aber wenn du nicht weißt, ob du schon einen Anfang gemacht hast, ob du Gott diese Bankrotterklärung schon gegeben hast, dann tu es möglichst heute. Der andere Glaube wird dich nicht befriedigen – der pharisäische Glaube, der nur das Äußere sieht.
Der wird dich leer lassen, immer distanziert und krampfhaft. Der andere Glaube ist auch schwierig. Du hast dich der Lächerlichkeit preisgegeben, wie die Frau. Das hat sie etwas gekostet, ihre Verehrung zu zeigen. Das ist nicht einfach.
Aber dann stimmt wenigstens das Innere, das dich antreibt. Du merkst hinterher: Das war richtig, auch wenn es schwer war. Das fehlt dir, wenn Jesus nur der äußere Gesetzesgelehrte in deinem Leben geblieben ist.
So sind zwei Herausforderungen an dieser Geschichte, die ich euch mitgeben möchte – neben dem kulturellen Hintergrund:
Erstens: Wie stehst du zu anderen Menschen? Wie richtest du andere? Wie verhältst du dich ihnen gegenüber? Welche Maßstäbe setzt du an – wie der Pharisäer Jesus und der Frau begegnet ist oder wie Jesus der Frau und dem Pharisäer begegnet ist?
Und zweitens: Wie ist deine Beziehung zu Jesus? Ist sie formal, religiös, äußerlich, interessiert und intellektuell wie beim Pharisäer? Oder ist sie grundlegend, existenziell, seelisch und herzlich wie bei der Frau?
Wenn das nicht der Fall ist, bitte Gott darum, dass sich etwas verändert. Das wird auch dein Leben beeinflussen.
Auch als Christen brauchen wir das immer wieder. Wenn ich das Beispiel der Ehe nehme: Egal wie stark man seinen Partner liebt, man muss sich immer wieder neu bewusst werden, wie wichtig er ist. Man gewöhnt sich an den nettesten Partner, und irgendwann merkt man es nicht mehr so stark.
Bei Jesus ist es genauso. Jesus ist so großartig, dass man sich daran gewöhnen kann: „Ja, das ist halt so.“ Dann brauchen wir neu die Bitte an Gott, dass diese Beziehung zu ihm wieder intensiviert wird.
Gebet zum Abschluss
Ich bete an dieser Stelle gerne mit euch:
Herr Jesus Christus, vielen Dank für deine große Liebe, die du allen Menschen gegenüber gehabt hast und auch heute noch hast. Danke dafür, dass du diese Sünderin geliebt hast, von der wir nicht mehr wissen, wer sie genau war. Aber du hast es gewusst und in ihr Herz geschaut. Du hast gesehen, wie sie ihre Schuld bereut und bei dir Zuflucht und Hilfe gesucht hat.
Danke, dass wir ihr Vorbild haben. Danke auch dafür, dass wir das Negativvorbild haben: Simeon, den Pharisäer, bei dem du zu Gast warst.
Herr Jesus, du siehst unsere Herzen. Du weißt, wie es darin aussieht – in unserer Motivation, in unserem Denken, in unserem Handeln und in unserem Alltag. Du weißt, wie wir anderen Menschen begegnen. Ich möchte dich bitten, uns allen zu helfen, Menschen mit deinen Augen zu sehen. Lass uns tiefer blicken als nur auf die Oberfläche. Hilf uns, Menschen nicht zu schnell zu verurteilen oder nach unseren Maßstäben einzuordnen, sondern sie mit deinem Blick zu sehen.
Lass uns manche Heuchelei durchschauen. Gib uns die Gabe, bei anderen Menschen das zu sehen, was unter der scheinbar schlechten Oberfläche liegt. Lass uns das ansprechen können und beiden helfen, zu einer echten Beziehung zu dir durchzudringen.
Herr Jesus, du weißt auch von jedem Einzelnen, der heute Morgen hier ist, wie seine und ihre Beziehung zu dir ist. Ich möchte dich bitten für uns alle, dass wir alle zu dieser Beziehung zu dir kommen – so wie die Frau, die bereit war, sich lächerlich zu machen, die konsequent war, ihre Menschenangst überwunden hat und bereit war, eines ihrer kostbarsten Güter für dich zu opfern.
Ich möchte dich bitten, dass auch unsere Beziehung zu dir entweder erst richtig beginnt – weg von einer reinen Äußerlichkeit hin zu einer engen, intensiven Beziehung. Und bei denen, die schon deine Kinder sind, dass diese Beziehung neu belebt wird, wo es nötig ist. Lass uns dort, wo wir richtig eng mit dir sind, uns daran freuen. Hilf uns, durch diese Beziehung über manche Probleme und Schwierigkeiten des Alltags hinwegzukommen.
Danke, dass wir bei all diesen Fragen nicht nur auf uns selbst angewiesen sind, sondern dass du da bist. Auch wenn wir dich nicht sehen, bist du da und wartest eigentlich nur darauf, dass wir Zeit mit dir verbringen wollen, dass wir dir vertrauen, dass wir dir unsere Schuld, unsere Unsicherheit und unsere Schmerzen sagen.
Danke, dass du mit uns trägst und dass diese Beziehung mit dir in alle Ewigkeit fortbestehen kann.
Amen.