Die Bedeutung des Endes einer Geschichte
Das Ende einer Geschichte ist oft von großer Bedeutung. Ich denke, wir alle wissen das. Ein guter Film oder ein guter Roman wird erst durch ein gelungenes Ende richtig bemerkenswert.
In einer guten Geschichte löst sich die Spannung erst ganz am Ende. Dort werden alle Fragen beantwortet, und es kommt zu einem Happy End. Doch manche Geschichten enttäuschen, weil das Ende uns enttäuscht. Fragen bleiben offen, und es gibt kein wirkliches Happy End.
Mit der heutigen Predigt über den Predigttext, den wir gerade gehört haben, beende ich eine lange Predigtserie, die mehrfach unterbrochen war. Diese Serie drehte sich um das Markusevangelium.
Unser Predigttext für heute beginnt im 15. Kapitel des Markusevangeliums mit Vers 40 und reicht bis Kapitel 16, Vers 8. Dieses Ende des Markusevangeliums wirft viele Fragen auf – Fragen, die wir im Rahmen dieser Predigt bedenken wollen.
Es ist meine Hoffnung, dass wir dabei Antworten finden, sodass wir diesen Gottesdienst nicht so verlassen wie die Frauen am Ostermorgen das Grab. Wir hatten Vers 8 gehört: "Sie gingen hinaus und flohen vom Grab, denn Zittern und Entsetzen hatten sie ergriffen, und sie sagten niemandem etwas, denn sie fürchteten sich."
Ich bete und wünsche mir, dass diese Predigt uns so ausrüstet, dass wir nicht schweigen, sondern mit frohem Herzen die Osterbotschaft in die Welt hinaustragen.
So wollen wir uns vier Fragen zuwenden. Wenn du mir die erste Folie gibst, können wir damit beginnen.
Die Auswahl des Predigttextes und seine Bedeutung
Warum endet die Predigt bei Vers 8?
Die erste Frage, die sich vielleicht so mancher gestellt hat, lautet: Warum hörst du bei Vers 8 auf? Da kommen doch noch zwölf weitere Verse! Warum endet die Predigt mit einem so enttäuschenden Vers 8, wenn in unserer Bibel doch noch die Verse 9 bis 20 stehen?
Die Frage ist schnell beantwortet. Die Antwort findet sich nämlich in der Bibel selbst. Wenn wir auf Seite 65 unten in die Fußnote schauen, sehen wir ein kleines Sternchen. Dort steht: Nach den ältesten Textzeugen endet das Markus-Evangelium mit Vers 8. Die Verse 9 bis 20 wurden im zweiten Jahrhundert hinzugefügt, vermutlich, um dem Markus-Evangelium einen Abschluss zu geben, der den anderen Evangelien entspricht.
Diese Hinzufügung mag man interessant finden und darüber nachdenken wollen. Doch ich werde diese Verse nicht als Gottes Wort verkündigen. Deshalb endet die Predigtreihe zum Markus-Evangelium mit Kapitel 16, Vers 8.
Wer jedoch gerne über die Verse 9 bis 20 weiter nachdenken möchte, den lade ich herzlich ein. Am Donnerstag um 19:45 Uhr wird Ralf Eichler hier in diesem Raum in meiner Abwesenheit die Bibelstunde übernehmen. Er wird genau diese Verse betrachten.
Also: Wer mit dem heutigen Ende nicht zufrieden ist, kann am Donnerstag um 19:45 Uhr wiederkommen und die Verse 9 bis 20 weiter betrachten.
Warum wurde gerade diese Perikope gewählt?
Die zweite Frage lautet: Warum wurde diese Perikope gewählt? Warum habe ich den Predigttext so ausgewählt? Das mag auf den ersten Blick etwas ungewöhnlich erscheinen. Kapitel 16, Verse 1 bis 8 zu Ostern hätte jeder verstanden. Warum beginne ich also bei Vers 40 in Kapitel 15?
Ich glaube, hier geschieht etwas Besonderes. Markus gibt uns in gewisser Weise einen neuen Fokus. Wenn wir das Markus-Evangelium als einen Film betrachten, haben wir bisher die ganze Zeit Jesus am Kreuz gesehen und das, was direkt um ihn herum geschieht. Mit Vers 40 jedoch schwenkt die Kamera weg vom Kreuz und zeigt uns Frauen im Hintergrund.
Genau das ist es, was im weiteren Verlauf des Markus-Evangeliums passiert. Wir sehen nicht mehr nur auf Jesus, sondern immer wieder in drei verschiedenen Szenen Frauen im Hintergrund, Frauen, die Zeugnis ablegen. Ich denke, das ist wichtig.
Deshalb glaube ich, dass diese Verse in gewisser Weise zusammengehören. Wir wollen sie deshalb auch gemeinsam betrachten. Es handelt sich um drei Szenen, auf die wir nun kurz eingehen wollen.
Drei Szenen der Zeuginnen am Kreuz, bei der Grablegung und der Auferstehung
Erste Szene: Frauen am Kreuz (Verse 40-41)
Die erste Szene umfasst die Verse 40 und 41. Jesus ist am Kreuz gestorben und hat sein Leben gegeben. Der Vorhang im Tempel reißt in zwei. Am Karfreitag haben wir über diesen Text nachgedacht. Danach folgt das großartige Bekenntnis des Hauptmanns: „Wahrlich, dieser Mensch ist Gottes Sohn gewesen.“
Nach diesem Bekenntnis schwenkt die Kamera um. Es kommen einige Frauen ins Blickfeld, wie in den Versen 40 und 41 beschrieben: Es waren auch Frauen da, die von ferne zuschauten, unter ihnen Maria von Magdala, Maria, die Mutter Jakobus des Kleinen und des Joses, sowie Salome. Diese Frauen waren Jesus nachgefolgt, als er in Galiläa war, und hatten ihm gedient. Außerdem waren viele andere Frauen mit ihm hinauf nach Jerusalem gegangen.
Es ist interessant, dass man hier, ganz am Ende, den Eindruck bekommt, die männlichen Jünger hätten sich zurückgezogen. Sie sind nicht mehr da, und über sie wird hier nicht mehr gesprochen. Das entspricht auch der Vorhersage Jesu. Noch vor seiner Verhaftung hatte er seinen Jüngern mit einem Zitat aus dem Propheten Sacharja angekündigt, was Gott tun wird und was geschehen wird: „Ich werde den Hirten schlagen, und die Schafe werden sich zerstreuen.“
Die Schafe, also die Jünger Jesu, zerstreuten sich tatsächlich. Die Frauen jedoch wichen nicht zurück. Sie blieben an der Seite ihres geliebten Herrn Jesus und beobachteten aus der Ferne, wie Jesus stirbt.
So endet die erste Szene.
Zweite Szene: Die Grablegung Jesu (Verse 42-47)
Dann richtet sich der Blick auf die nächste Szene: die Grablegung Jesu, beschrieben in den Versen 42 bis 47.
In diesen Versen sehen wir zunächst und vor allem Joseph von Arimathäa, einen angesehenen Ratsherrn. Über ihn wird berichtet, dass er auf das Reich Gottes wartete. Aus den Parallelberichten im Matthäus- und Johannesevangelium wissen wir, dass dieser Joseph ein heimlicher Jünger Jesu war. Wahrscheinlich hatte er, wie viele andere auch, gehofft, dass Jesus das Reich Gottes wieder aufrichten würde. Er erwartete, dass Jesus Israel von der Knechtschaft und Unterdrückung durch das römische Reich befreien würde.
Wahrscheinlich war er, wie wohl fast alle anderen Jünger, traurig und enttäuscht. Seine Hoffnungen waren dahin. Doch trotz seiner Enttäuschung und Trauer offenbarte er sich nun als Jünger Jesu. Er wagte es, zu Pilatus zu gehen und ihn zu bitten, den Leichnam Jesu herauszugeben, damit er ihn beerdigen könne.
Pilatus war überrascht von dieser Bitte. Er konnte sich gar nicht vorstellen, dass Jesus schon tot sei. Um ganz sicherzugehen, dass Jesus wirklich tot war, wurde noch einmal der Hauptmann zu Pilatus geschickt. Dieser bestätigte: Ja, Jesus ist wahrhaftig tot, er ist bereits gestorben. Alle Zweifel waren nun ausgeräumt.
So erhielt Joseph tatsächlich den Leichnam Jesu. Er wickelte ihn in ein Leintuch, legte ihn in ein Felsengrab und rollte einen schweren Stein davor. In diesem Moment passiert wieder dasselbe wie zuvor: Die Kamera schwenkt, und im Hintergrund sehen wir die Frauen, die das Geschehen beobachten.
Diese Frauen lassen ihren geliebten Herrn Jesus selbst bei der Grablegung nicht aus den Augen. Vers 47 berichtet: „Aber Maria von Magdala und Maria, die Mutter des Joses, sahen, wo er hingelegt wurde.“
Dann wird es Nacht. Nach dem hebräischen Verständnis endet der Tag mit dem Sonnenuntergang, und ein neuer Tag beginnt. Das heißt, beim Sonnenuntergang am Freitagabend beginnt der Sabbat, sein Ruhetag. Über diesen Tag wird nichts weiter berichtet.
Dritte Szene: Die Auferstehung und das leere Grab (Kapitel 16, Verse 1-8)
Nach Sonnenuntergang am Samstagabend beginnt der dritte Tag. Jesus war am Freitag ins Grab gelegt worden, lag am Samstag dort, und nun, am dritten Tag, bei Sonnenuntergang am Samstagabend, beginnt der Sonntag.
Wir lesen davon, wie die Frauen sich auf den Weg machen und zunächst wohlriechende Öle kaufen. Wahrscheinlich geschah dies schon am Samstagabend, da die Märkte nach Sonnenuntergang wieder geöffnet waren und Handel erlaubt war.
Ganz früh am Sonntagmorgen, gleich nach Sonnenaufgang, machen sie sich dann auf den Weg zum Grab. Sie wollen ihrem geliebten Herrn Jesus die letzte Ehre erweisen und ihn balsamieren.
Als sie zum Grab kommen, überlegen sie, wie sie das anstellen sollen, denn der schwere Stein vor dem Eingang ist eine große Hürde. Normalerweise war der Eingang eine Mulde, in die ein großer Stein hineingeschoben wurde. Das Hineinschieben des Steins war noch relativ leicht, aber ihn herauszubewegen war fast unmöglich – besonders für einige wenige Frauen.
Doch als sie am Grab ankommen, ist der Stein weg. Der Zugang zum Grab ist offen. Sie gehen hinein und sind geschockt: Der Leichnam ihres geliebten Herrn Jesus ist verschwunden.
Dann sitzt dort ein Jüngling, ein Engel, der ihnen bezeugt, dass Jesus wieder lebendig sei. Diese Botschaft, die für sie eigentlich unglaublich ist, erfüllt sie mit Angst und Schrecken.
So endet die dritte Szene.
Die Bedeutung des Zeugnisses der Frauen
Wir sehen also in diesen drei Szenen, dass die Frauen Zeugen werden von Jesu Sterben am Kreuz, davon, dass er begraben wird, und von seiner Auferstehung. Jesus Christus ist für unsere Sünden gestorben, so steht es in der Schrift. Er ist begraben worden und am dritten Tag auferstanden.
Das erleben diese Frauen. Diese Botschaft verkündet viele Jahre später der Apostel Paulus als die Kernbotschaft des Evangeliums.
Wir haben vorhin bereits einige Verse aus dem ersten Korinther 15 gelesen. Gleich zu Beginn dieses Kapitels schreibt Paulus an die Korinther: „Ich erinnere euch aber, liebe Brüder, an das Evangelium, das ich euch verkündigt habe.“
In Vers 3 fährt er fort: „Als Erstes oder von größter Bedeutung habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe, dass Christus gestorben ist für unsere Sünden nach der Schrift, dass er begraben worden ist und dass er am dritten Tage auferstanden ist, nach der Schrift.“
Wer kann all dies bezeugen? Die Frauen. Das ist es, was Markus uns hier berichtet.
Aus diesem Grund bin ich überzeugt, dass diese drei Sequenzen eng miteinander zusammenhängen.
Die theologische Bedeutung von Tod, Grablegung und Auferstehung
Jesus starb für unsere Sünden
Lassen Sie uns kurz über drei Aspekte nachdenken: Jesus ist für unsere Sünden gestorben, so wie es in der Schrift angekündigt wurde, insbesondere im Alten Testament. Das ist von größter Wichtigkeit. Denn wenn Jesus nicht für unsere Sünden gestorben wäre, dann wären wir immer noch in unseren Sünden gefangen.
Wir alle haben Sünden. Keiner von uns lebt so, wie er leben sollte. Wir tun immer wieder Dinge, die wir nicht tun sollten. Wir sagen Dinge, die wir nicht sagen sollten, und wir unterlassen Dinge, die wir tun sollten. Die Bibel nennt all diese Dinge Sünde.
Weil Gott uns gesagt hat, wie wir leben sollen, und weil Gott unser Schöpfer und heilig ist, ist dieses Rebellieren gegen seine Gebote kein Kavaliersdelikt oder eine Bagatelle. Gott ist der Richter aller Menschen. Er wird richten, wenn wir schuldig geworden sind.
Die gerechte Strafe für das Schuldigwerden vor dem heiligen Gott ist die Todesstrafe. Deshalb heißt es: „Der Sünde Sold ist der Tod“, wie wir vorhin gemeinsam gelesen haben (Römer 6,23).
Jesus Christus wurde aus Liebe zu uns Menschen selbst Mensch. Er lebte so, wie wir hätten leben sollen, und gab dann sein Leben für Sünder. Er nahm die Todesstrafe auf sich, die du und ich verdient hätten.
Die Frauen können das bezeugen: Jesus Christus ist gestorben. Er, der nicht hätte sterben müssen, denn er hatte keine Sünde. Er war nicht dem Tod geweiht, so wie wir. Er starb stellvertretend für uns. Und...
Die Grablegung als Beleg für den Tod Jesu
In der Grablegung, die von den Frauen bezeugt wird, wird ganz deutlich, dass Jesus tatsächlich tot ist.
Ich denke, dieser Bericht von der Grablegung hat zwei ganz wichtige Funktionen. Die eine ist, uns durch den Hauptmann zu bestätigen, der noch einmal überprüft hat, dass Jesus wirklich tot ist. Er war nicht nur scheintot. Jesus ist nicht auferstanden, weil er nicht wirklich tot war. Nein, er war tot – und der Tote ist wieder auferstanden.
Das ist der eine wichtige Aspekt: Die Grablegung Jesu ist der Beleg dafür, dass Jesus wirklich gestorben ist – und zwar für unsere Sünden.
Die Frauen wissen genau, wo Jesus begraben wurde
Ein weiterer wichtiger Aspekt in diesem Bericht von der Grablegung ist, dass die Frauen Jesus dabei gesehen haben. Das bedeutet, sie wussten am Sonntagmorgen genau, wo sich sein Leichnam befand.
Auch das ist von Bedeutung: Die Frauen haben sich nicht verlaufen. Sie waren nicht versehentlich am falschen Grab, weil die Beschreibung unklar gewesen wäre oder der falsche Stein bereits weggerollt war. Nein, sie wussten ganz genau, wo Jesus hingelegt worden war.
Sie waren am vorletzten Abend dort gewesen und hatten es mit eigenen Augen gesehen. Sie konnten bezeugen, dass Jesus gestorben war und an diesem Ort begraben lag. Nun stellten sie fest, dass er nicht mehr dort war.
Er war wahrhaftig auferstanden.
Die Auferstehung als Beweis für Jesu Identität und Sieg über den Tod
Natürlich ist die Auferstehung von Jesus von allergrößter Bedeutung. Denn wenn Jesus nicht auferstanden wäre, wäre seine Aussage, dass er sein Leben als Lösegeld für viele, also für die Sünden der Menschen, lässt, nicht glaubwürdig.
Jesus hat immer behauptet, dass er, genauso wie angekündigt, sterben und auch auferstehen würde. Wenn dies nicht eingetreten wäre, wüssten wir, dass er ein Hochstapler und Lügner war und dass das, was er sagte, nicht glaubwürdig ist.
Doch dadurch, dass Gott der Vater ihn von den Toten auferweckt hat, bestätigt Gott, dass Jesus tatsächlich sein Sohn ist und dass das, was Jesus gesagt hat, wirklich wahr ist. Die Auferstehung ist der Beweis dafür, dass Jesus der ist, der er gesagt hat zu sein.
Zum Zweiten bestätigt seine Auferstehung von den Toten, dass Gott den Tod wirklich besiegt hat. Deshalb müssen wir nicht weinen über den Tod von Wilhelm Kroka oder über den Tod von Menschen, die uns vorausgegangen sind.
Natürlich dürfen wir trauern, weil es schmerzt, einen Menschen hier auf Erden aus dem Blickfeld zu verlieren und nicht mehr mit ihm leben zu können. Aber wir dürfen wissen, dass dieser Mensch nicht tot ist, sondern lebendig. Jesus hat den Tod besiegt; er ist auferstanden.
All dies bezeugen die Frauen. Ihr Zeugnis ist von größter Wichtigkeit, denn auf ihrem Zeugnis beruht unser Glaube. Ohne ihr Zeugnis wüssten wir von nichts. Und...
Die Rolle der Frauen als Evangeliumszeuginnen
So wollen wir noch zwei weitere Fragen bedenken. Wir fragen uns: Warum ist es eigentlich so, dass Frauen zu Zeuginnen des Evangeliums werden? Frauen hatten in der damaligen Zeit keine große Bedeutung. Vor Gericht durften sie normalerweise nicht als Zeugen auftreten. Was für eine ungewöhnliche Idee also, gerade Frauen als Zeugen zu nehmen! Wie kann das sein?
Nun, es gibt zwei Antworten darauf. Die erste Antwort lautet: Weil es eben so war. Es waren die Frauen, die treu am Grab geblieben sind. Das wird uns als Fakt berichtet. Und in gewisser Weise macht gerade das den Bericht erst wirklich glaubwürdig. Denn wenn sich das jemand ausgedacht hätte, dann hätte er niemals Frauen in den Vordergrund gestellt. Wenn ich damals Regisseur eines Films gewesen wäre und den Leuten etwas vorgaukeln wollte, dann wüsste ich genau, wen ich genommen hätte.
Also entweder hätte ich vielleicht Petrus genommen, der ja immer schnell dabei ist, alles weiterzusagen – den impulsiven Petrus. Vielleicht noch Johannes, weil er Jesus so geliebt hat. Diese beiden hätten sich gut als Zeugen geeignet. Vielleicht wäre es sogar noch besser gewesen, dass Joseph von Arimathea schon da gewesen wäre. Joseph hat Jesus nicht nur ins Grab gelegt, sondern war vorher schon dort. Am Sonntagmorgen ist er noch einmal hingegangen, weil er nicht fertig geworden war. Er hatte Jesus nur ein Leinentuch gewickelt, und dann musste er ihn einbalsamieren.
So hätte ich die Geschichte geschrieben. Ich glaube, so hätte es jeder geschrieben, der Menschen etwas vorgaukeln will. Aber Gott schreibt sie anders. Gerade dadurch wird die Geschichte sehr glaubwürdig. Gott hat einen anderen Plan.
Vielleicht verfolgt Gott noch einen anderen Zweck damit. Vielleicht nimmt er ganz bewusst Frauen. Vielleicht führt er es genau so, dass diese Frauen dort bleiben und alles bezeugen, weil Gott uns etwas lehren möchte. Gott möchte den Menschen damals und auch uns heute zeigen, dass Frauen keine Menschen zweiter Klasse sind. Vielleicht ging es Gott darum, zu zeigen, dass er Frauen wirklich wertschätzt. Dass sie für ihn genauso wichtige und in diesem Moment sogar wichtigere Evangeliumszeugen sind als die Männer.
Aufgrund unseres Verständnisses dessen, was Gott uns in seinem Wort über Gemeinde sagt, haben wir in der Gemeindeleitung keine Frauen. Im Predigtdienst und in der Verkündigung hier in der Gemeinde gibt es keine Frauen. Das heißt aber nicht, dass wir Frauen nicht als Evangeliumszeugen wertschätzen. Denn Gott tut es. Gott schätzt Frauen als Evangeliumszeugen, das zeigt uns unser Text. Ich preise Gott für viele treue Evangeliumszeuginnen in unserer Gemeinde.
Am Freitagabend durfte meine Frau Sarah ein Aufnahmegespräch führen mit dem Ehepaar Stüwe, Karsten und Beate. Sie erzählten uns, wie sie zum Glauben gekommen sind, weil ihre Nachbarin Sonja Schiess sie immer wieder eingeladen hat zur Gemeinde. Sonja hatte das Verlangen, ihnen das Evangelium zu bezeugen. So kam das Ehepaar eines Tages tatsächlich hier in diese Gemeinde und hörte das Evangelium. Die Verkündigung seines Wortes wurde gebraucht, und sie wurden gläubig.
Ich preise Gott für treue Evangeliumszeuginnen.
Das paradoxe Ende des Markusevangeliums und seine Wirkung
In unserem Predigttext ist das Zeugnis der Frauen nicht besonders erfreulich. Sie erhalten vom Engel einen klaren Auftrag: In Vers 7 heißt es: „Geht hin und sagt seinen Jüngern und Petrus, dass er vor euch hingehen wird nach Galiläa. Dort werdet ihr ihn sehen, wie er es euch gesagt hat.“
Die Frage ist: Was tun die Frauen? Sie sagen niemandem etwas, denn sie fürchten sich. Diese letzte Szene wirft eine wichtige Frage auf, die durch den Text provoziert wird: Warum hört Markus hier auf? Warum gibt er uns so ein merkwürdiges Ende? Die Frauen zittern, sind entsetzt und schweigen. Markus enttäuscht uns damit.
Das ist genau der Grund, warum manche Christen in der Frühkirche auf die Idee kamen, noch ein paar Verse hinzuzufügen. Wir wissen ja, was danach geschah. In den drei anderen Evangelien wird berichtet, dass Jesus nach diesem ersten Moment des Schweigens Maria von Magdala erscheint. Sie erkennt ihn, ist voller Freude und läuft zu den Jüngern, um ihnen zu erzählen, dass er auferstanden ist. Markus verschweigt das jedoch und berichtet nichts davon.
Warum gibt uns Markus diesen Bericht? Ein Grund erscheint mir klar: So war es eben im ersten Moment. Die Frauen haben es nicht verstanden. Für sie macht das Zeugnis eines Engels genauso wenig Sinn wie für die meisten Menschen heute. Es ist nachvollziehbar: Ein Toter ist wieder lebendig und soll es allen erzählen? Wie bitte?
Ich spule kurz zurück: In meinem Leben von 42 Jahren habe ich so etwas noch nie erlebt. Auch die Älteren unter uns können das bestätigen – Tote stehen nicht wieder auf. Das ist einfach unglaubwürdig. Und wenn da noch ein Engel sitzt – das habe ich persönlich auch noch nicht erlebt – dann herrscht sowieso eine angespannte Atmosphäre.
Ich kann gut verstehen, warum die Frauen so reagieren. Ich glaube, das wäre auch meine Reaktion gewesen: Entsetzen und Furcht. Wenn ich das jetzt erzähle, denken die Leute, ich bin verrückt und komme in die Klapse. Also gehe ich erst einmal weg und schweige.
Aus den Parallelberichten bei Matthäus, Johannes und teilweise auch Lukas wird deutlich, dass die Frauen – zumindest Maria von Magdala – Jesus dann tatsächlich auferstanden gesehen haben. Diese Begegnung, diese Erfahrung, dass das, was sie gehört hatten, wirklich wahr ist, verändert alles. Aus Zittern, Entsetzen, Furcht und Schweigen wird ein frohes Bekenntnis der Auferstehung.
Das ist bis heute so. Allein die Botschaft, dass Jesus auferstanden ist, hören in Deutschland wahrscheinlich 60 Millionen Menschen. Die anderen 20 Millionen haben vielleicht einen falschen Fernsehkanal eingeschaltet oder sind zu Hause geblieben. Aber 60 Millionen bekommen es mit, so schätze ich.
Wie viele davon freuen sich darüber und glauben es? Vermutlich relativ wenige. Was nötig ist, ist mehr als nur das Hören der Botschaft. Diese Botschaft muss verstanden werden. Gott muss uns die Erkenntnis schenken, sodass aus dem Hören der Information ein echtes Verstehen dieser großartigen Wahrheit wird.
Erst dann verwandelt sich Verwunderung in Bewunderung, Angst in Anbetung. Dafür ist die Verkündigung der Botschaft notwendig. Und wir dürfen dafür beten, dass Gott den Menschen das Herz öffnet und ihnen hilft zu erkennen, wer er wirklich ist. Dass er diese Wahrheit tief in ihre Herzen schreibt.
Das können wir nicht selbst bewirken – das ist Gottes Werk. Ich bin dankbar für die vielen Gebete in der Gebetsgemeinschaft, in denen genau dafür gebetet wurde, dass der Herr den Menschen diese Wahrheit tief ins Herz schreibt.
Unsere Berufung ist dieselbe wie die der Frauen am Grab. Genauso wie sie sind wir berufen, hinzugehen und diese gute Nachricht weiterzusagen. Aber die Frauen tun es nicht. Das enttäuscht uns. Warum hört Markus hier auf? Warum? Meine Frage ist immer noch nicht beantwortet. Es muss doch weitergehen!
Genau deshalb haben Menschen später Verse hinzugefügt. Das kann ich gut nachvollziehen. Dieses innere Verlangen hatte ich auch, als ich mich mit dem Predigttext beschäftigt habe. Vielleicht hängen wir einfach Vers 29 noch dran – ich kann das gut verstehen.
Das ist natürlich kein legitimer Weg. Wir können nicht einfach Schwierigkeiten in Gottes Wort dadurch lösen, dass wir etwas hinzufügen oder wegnehmen. Ich glaube, Gott will das nicht. Er hat sich etwas dabei gedacht, dass der Bericht so endet. Aber was?
Das Ende des Anfangs: Die Botschaft weitertragen
Um zu verstehen, was Gott mit diesem Ende, das auf den ersten Blick so enttäuschend wirkt, bezweckt, müssen wir noch einmal zum Anfang zurückgehen. Ein gutes Buch zu lesen bedeutet oft, dass das Lesen von Anfang und Ende hilft, den Gesamtkontext zu erfassen.
Das Buch beginnt mit einer Überschrift über dem Markus-Evangelium: „Dies ist der Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, dem Sohn Gottes.“ Der Bericht des Markus ist somit der Anfang des Evangeliums, also der guten Nachricht von Jesus Christus. Markus bezeugt den Anfang dieser guten Nachricht.
Der Anfang besteht darin, dass Gott in Jesus Christus zu uns Menschen kommt. Jesus lebt so, wie wir hätten leben sollen. Er predigt und heilt mit voller Vollmacht und Autorität und wirkt Wunder. Dadurch wird deutlich, dass er wirklich der Christus ist, der Sohn Gottes. Schließlich geht er ans Kreuz, um sein Leben als Lösegeld für viele zu geben. Entsprechend seiner Ankündigung bleibt er nicht tot, sondern er steht siegreich über Tod und Sünde am dritten Tag von den Toten auf. Das ist der Anfang des Evangeliums.
In Markus 16,8 endet dieser Anfang des Evangeliums von Jesus Christus. Dieses Ende provoziert uns gewissermaßen, weiterzumachen, denn die Nachricht muss verkündet werden. Die Frauen schweigen – wer wird ihnen von all dem erzählen? Markus deutet einen Vorschlag an: Du, du, du – die Botschaft muss hinaus in die Welt. Jesus ist gestorben, begraben und auferstanden, und diese Nachricht muss verbreitet werden. Wo die Frauen schweigen, müssen wir ihren Mund öffnen. Markus will genau das provozieren, davon bin ich überzeugt.
Die Frage ist nur: Wie ist das mit uns? Glauben wir wirklich, dass Jesus von den Toten auferstanden ist? Nicht nur als eine schöne Geschichte, die uns innerlich ein wenig erbauen kann, sondern glauben wir das mit allen Fasern unseres Leibes? Glauben wir das aus vollem Herzen? Glaubst du wirklich, dass Jesus gelebt, gestorben, begraben und am dritten Tag auferstanden ist? Und wenn du das glaubst, bist du erfüllt von dieser Freude, von der Osterfreude?
Was machst du mit dieser frohen Botschaft? Du weißt ja, wozu eine Botschaft da ist: zum Weitersagen. Verkünden wir das Evangelium mutig? Ich möchte uns ermutigen, nicht so zu sein wie die Frauen in Vers 8, die noch nicht wirklich verstanden hatten, was es mit Jesu Auferstehung auf sich hat, und deshalb schweigen. Kurze Zeit später, nachdem sie alles verstanden hatten – warum das Grab leer war –, wurden diese Frauen zu mutigen und frohen Verkündigern der Osterbotschaft: Der Herr ist auferstanden.
Wir haben diesen Gottesdienst mit dem Echo begonnen: „Der Herr ist auferstanden!“ – „Er ist wahrhaftig auferstanden!“ Ich muss zugeben, als ich hier nach München kam, war mir das im amerikanischen Kontext so nicht vertraut. Es war für mich neu. Beim ersten Ostersonntag, glaube ich, war es Hermann Pollmann, der mich an der Tür begrüßte mit „Der Herr ist auferstanden!“ und ich fragte: „Was muss ich jetzt sagen?“ Ich freue mich über diesen Zweiklang, über das Weitersagen der Botschaft.
Aber letztlich ist das doch keine Botschaft, die wir uns hier nur gegenseitig sagen müssen. Es ist gut, einander daran zu erinnern, das ist wichtig. Doch diese Botschaft gehört nicht nur in dieses Haus, sondern hinaus in unsere Stadt. So wird das Evangelium nicht enden, sondern weitergehen. Die Geschichte des Evangeliums, die beste aller Geschichten, ist noch nicht zu Ende.
Nach dem Ende des Berichts des Markus beginnt nun die Fortsetzung. Der Anfang ist zu Ende, und jetzt dürfen wir durch unser Zeugnis und mit Gottes Hilfe weiter Geschichte schreiben. Möge der Herr unsere Herzen so erfüllen, dass wir das tun.
Schlussgebet
Ich bete.
Lieber himmlischer Vater, danke, danke, dass du deinen einen geliebten Sohn in diese Welt gesandt hast. Du dreieiniger Gott, du wusstest, was dich erwartet. Jesus Christus, du wusstest, was dir geschehen würde. Nicht nur, dass du dich so klein gemacht hast und Mensch geworden bist, die Herrlichkeit beim Vater verlassen hast und in diese gefallene Welt gekommen bist. Nein, du bist gekommen, nicht einmal, um dir dienen zu lassen, wie du es verdient hättest, sondern um uns zu dienen und dein Leben als Lösegeld für viele zu geben.
Jesus, danke, dass du Spott und Hohn ertragen hast. Danke, dass du dich hast brutal töten lassen für uns. Und danke, dass du dafür gesorgt hast, dass diese Nachricht nicht im Verborgenen bleibt, sondern gesehen und bekannt wurde. Danke, dass viele, viele, viele Menschen durch die Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg diese gute Nachricht weitergetragen haben, sodass wir sie hören durften. Und danke, dass du uns diese tiefe Wahrheit in unsere Herzen hineingeschrieben hast.
Herr, wenn irgendeiner hier ist, der das noch nicht verstanden hat, ich bitte dich, gebrauche den heutigen Tag und wirke dieses Wunder des Glaubens. Schenke diesen Menschen Glauben, damit sie erkennen, dass du wahrhaftig der Retter und Herr bist, dass du tatsächlich gestorben bist für unsere Sünden, nach der Schrift begraben wurdest und am dritten Tag auferstanden bist, ebenfalls nach der Schrift.
Hilf uns allen, diese gute Nachricht nicht einfach nur zur Kenntnis zu nehmen. Hilf uns, immer wieder neu erfüllt zu sein von dieser Osterfreude. Lass uns aus einem vollen Herzen heraus sprechen, damit noch viele diese gute Nachricht hören und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.
Herr, tu das zu deiner Ehre und zum Wohle der Menschen. So beten wir im Namen unseres lebendigen Heilandes Jesus Christus. Amen.