Bevor ich Psalm 84 vorlese, möchte ich noch darauf hinweisen, dass morgen um 16 Uhr die Frauenstunde stattfindet.
Nun komme ich zu unserem Predigttext. Ich lese dazu Psalm 84, von den Söhnen Koras, ein Psalm.
Wie lieblich sind deine Wohnungen, Herr der Heerscharen!
Meine Seele sehnt sich, ja, sie schmachtet nach den Vorhöfen des Herrn. Mein Herz und mein Leib jauchzen dem lebendigen Gott entgegen.
Auch der Vogel hat sein Haus gefunden und die Schwalbe ein Nest, wo sie ihre Jungen hingelegt hat – bei deinen Altären, Herr der Heerscharen, mein König und mein Gott.
Glücklich sind die, die in deinem Haus wohnen; sie werden dich stets loben. Glücklich ist der Mensch, dessen Stärke in dir ist und dessen Herz gebahnte Wege geht.
Sie gehen durch das Tränental und machen es zu einem Quellort. Ja, mit Segnungen bedeckt sie der Frühregen. Sie gehen von Kraft zu Kraft und erscheinen vor Gott in Zion.
Herr, Gott der Heerscharen, höre mein Gebet und vernimm es, o Gott Jakobs! Blicke doch, o Gott, auf unser Schild und schaue an das Antlitz deines Gesalbten.
Denn ein Tag in deinen Vorhöfen ist besser als sonst tausend. Ich will lieber an der Schwelle stehen im Haus meines Gottes, als in den Zelten der Gottlosen wohnen.
Denn Gott, der Herr, ist Sonne und Schild. Gnade und Herrlichkeit wird der Herr geben und kein Gutes vorenthalten denen, die in Lauterkeit wandeln.
Herr der Heerscharen, glücklich ist der Mensch, der auf dich vertraut.
Ich möchte noch mit uns beten und bitte darum, dazu aufzustehen. Herr Präsident! Gestern war es für uns eine große Spannung, ob alles klappt. Umso mehr freuen wir uns, dass wir hier sein können.
In der Nacht habe ich zweimal im Internet nachgesehen, ob der Zug wirklich nicht abgesagt ist. Viele andere Züge von Stuttgart nach Berlin wurden gestrichen. Als wir noch in Frankfurt waren, stürmten viele Leute den Zug, weil er eine lange Verspätung hatte. Er war so überladen, dass einige wieder aussteigen mussten. Einige sagten sogar: „48 Stunden warte ich schon, um nach Berlin zu kommen.“ Glücklicherweise hatten wir eine Platzkarte.
Wir hatten eine große Sehnsucht nach Ihnen. Es ist etwas ganz Besonderes, in diesem Moloch Berlin eine Jesusgemeinde zu haben. Das ist etwas Merkwürdiges: die Sehnsucht nach den Wohnungen Gottes, von denen der Psalm spricht. Was ist das eigentlich? Sind es die Steine, die Gebäude, das Äußere? Für manche ist das ja ein Kult, den sie um das Haus Gottes machen. Dabei sind all die Tempel doch auch nur Häuser, wie Salomo schon sagte.
Was war denn das Besondere daran, dass Gott in solch einem Haus Wohnung nimmt? Wir erleben in unserem Jahrhundert, wie Kirchen verwüstet werden, zu Traktorenstationen, Scheunen oder Kinos umfunktioniert. Die schöne, traditionsreiche evangelische Gemeinde von Petersburg wurde zum Schwimmbad. In Belgrad sah ich die evangelische Gemeinde, die dort so viel gewirkt hat. In der kommunistischen Zeit wurde sie zum Theater, und dort wurden die schmutzigsten Theaterstücke von ganz Belgrad aufgeführt.
Es sind nicht die äußeren Baulichkeiten, die uns so wunderbar sind, sondern die Gegenwart unseres Gottes. Ich bin einmal in einen Kanal gegangen, der an der Klagemauer in Jerusalem vorbeiführt. Vor Jahren gab es große Unruhen wegen der Palästinenser. Der Kanal wurde von Juden erkundet. Man kann ganz nah am alten Tempel vorbeigehen, durch diesen unterirdischen Kanal, der zum Damaskustor führt.
An der Stelle, an der man dem Allerheiligsten am nächsten ist – vielleicht 180 Meter entfernt – saßen ein paar jüdische Frauen und kreisten erregt, weil sie so nah am heiligen Ort waren. Ich hätte diese Frauen, wenn ich Hebräisch richtig gekonnt hätte, gerne angestupst und gesagt: „Dort ist er nicht.“ Aber in Christus ist er die ganze Fülle Gottes leibhaftig.
Wo Christus ist, da ist die Sehnsucht erfüllt – die Sehnsucht, die sonst nirgendwo in der Welt gestillt werden kann. Für einen Menschen, der ohne Gott nicht leben kann, der erst Mensch sein kann, wenn er Gott kennt, liebt und von seiner Güte beschenkt ist, ist das die größte Sehnsucht. Es sind die Menschen, die nach Gott suchen und nach ihm verlangen.
Die Geburtsgeschichte von Jesus beginnt damit, dass zwei alte Menschen nicht mehr vom Tempel weggingen: Hanna, uralt, und Simeon, ebenfalls sehr alt. Sie wohnten dort und warteten auf die Verheißung Gottes. Es war schön, nicht das Wohnen im Heiligtum selbst, sondern die Sehnsucht, die brennende Sehnsucht nach dem lebendigen Gott.
Wir wissen auch um den Widerstand. Meist hat mich das erschüttert. Auf der Insel Halmahera in Indonesien, wo im Jahr 2000 von Islamisten alle Kirchen angezündet wurden, wurden vor der Zerstörung im Chor üble Schmähworte gegen Jesus mit Spraydosen gesprüht. Diese Schriftzüge sind noch heute in den Ruinen zu sehen. Das ist ein Kampf um den Namen Jesus in der Welt.
Auf der einen Seite sagt dieser Psalm: „Wohl denen, die ganz nah dran sind an der Gegenwart Gottes.“ Das sind die gesegneten Menschen in der Welt. Sie haben das Große losgezogen, sie sind die Glücklichsten, denn sie haben das Größte gefunden.
Auf der anderen Seite steht der Widerstand und die Feindschaft gegen diesen Gottesnamen. Es ist so schön, wenn Menschen anderen einfach erzählen dürfen, was ihnen die Gemeinschaft mit Jesus bedeutet. Man braucht gar nicht viele Worte. Es ist wunderbar, wenn Sie bei einer Begegnung mit einem Nachbarn ganz schlicht sagen können – vielleicht auch zu einem türkischen Nachbarn: „Ohne Jesus ist alles leer.“ Zuerst versteht er das vielleicht nicht, aber dann geht ein Licht auf. Er ahnt etwas von dem Durst, den wir haben.
Das ist wie der Hirsch, der schreit nach frischem Wasser. So lechzt meine Seele, Gott, nach dir (Psalm 42,2). Hoffentlich lebt in Ihnen dieses Feuerbrennen, diese Sehnsucht, mehr von Gott zu entdecken. Gerade wir Älteren sollten immer mehr erfüllt werden.
Bei den Besuchen bei meinen Alten war es in der Gemeinde immer so: Wenn ich sie sah, hatten sie bereits am Morgen gefrühstückt und sich einigermaßen gerichtet. Dann saßen sie vor der Zeitung. Ich fragte sie: „Hast du heute schon in der Bibel gelesen?“ Oft kam die Antwort: „Ach, da reicht die Kraft nicht mehr.“ Darauf sagte ich dann: „Leg doch die blöde Zeitung weg! Das Wichtigste ist doch, mehr von der Herrlichkeit Gottes zu erfahren, wenn die Lasten des Lebens so schwer werden.“
Ich war zuerst in meiner ersten Gemeinde, einer Flüchtlingsgemeinde, und das hat mich ganz tief bewegt. Die Konfirmanden sagten mir einmal: „Das sind ja so viele alte Leute.“ Darauf antwortete ich: „Jetzt erzähle ich euch.“ Von einer dieser Frauen, die mir gerade vorhin beim Besuch erzählt hat, wie sie auf der Flucht von den russischen Truppen überrollt wurden. Der Mann dieser Frau wollte die Frauen schützen. Eine Soldatin hat sie niedergeschlagen, und sie hielt den Kopf ihres Mannes im Schoß, während er starb.
Ich sage den jungen Leuten: Wer einmal die Schrecken dieser Welt erlebt hat, der hat eine große Sehnsucht nach dem lebendigen Gott. Darum sind so viele alte Leute eine Bereicherung für die jungen Leute, weil sie erzählen können, wie sie das erlebt haben und wie ihr Durst gestillt wurde.
Nein, es geht uns nicht um Tempel, um Heiligtümer oder um Häuser. Es geht uns um die Gemeinde, in der Gottes Gegenwart wohnt. Aber wir haben ihn auch in Hauskreisen, auf Jugendfreizeiten und an vielen anderen Orten erlebt. Das sind für uns ganz kostbare Augenblicke, die wir nie vergessen wollen.
In diesem 500. Reformationsjubiläum wird viel Unsinniges gesagt und auch in Büchern geschrieben. Oft ist es peinlich, wie wenige Menschen wirklich erfassen, was das Entscheidende war.
Luther hat es in den Schmalkaldischen Artikeln deutlich herausgestellt: Schäflein, die die Stimme des guten Hirten hören – das ist es, was wir suchen. Schäflein, die die Stimme des guten Hirten hören.
Wenn dann die Gottlosen sagen, dass das ein komisches Bild mit den Schafen sei – Menschen seien Schafe, die irgendeinem Rattenfänger hinterherlaufen, und junge Leute zögen sich die Hosenbeine zerrissen, nur weil es Mode sei – so haben wir doch einen, der uns als guter Hirte führt: Schäflein, die die Stimme des guten Hirten hören.
Im Augsburger Bekenntnis hat Martin Luther – oder besser gesagt Melanchthon – das so schön im Artikel 7 formuliert: Was ist denn das Entscheidende bei den Christen? Er sagt, wir brauchen keine Einheit der Formen. Dort steht es wortwörtlich: Das ist ganz unwichtig. Nur eine Einheit ist nötig, nämlich dass das Wort Gottes rein und unverfälscht gepredigt wird und die Sakramente nach der Schrift verwaltet werden. Sonst nichts.
Wir brauchen keine weiteren Zeremonien für die Einheit der Christen. Das ist für unsere Zeit wieder wegweisend. Wenn wir wissen, dass das das Entscheidende ist – dass wir Jesus nachfolgen und diesen Weg mit seinem Wort gehen –, dann haben wir ihn dort, wo er uns erquickt. Dort, wo Jesus Wohnung macht, wo man sein Wort hört.
Johannes 14 sagt: Dort, wo man sein Wort hört, da kehrt er ein und macht Wohnung bei uns.
Zuerst möchte ich fragen: Hast du das große Glück deines Lebens gefunden?
Heutzutage ist es schon ein Sturm, was man alles braucht zum Leben und zur Lebenserfüllung. Man braucht ein langes Leben, Gesundheit, Reichtum und Glück. Gerade in Zeiten, in denen man merkt, dass der Euro zerfällt und die Rente unsicher wird, glaubt doch niemand im Ernst, dass die Rente sicher sei oder dass der Euro so sicher ist wie die D-Mark.
In dieser Zeit sucht man Sicherheit. Aber wo gibt es Sicherheit? Wo findet man sie? Und wonach sucht man eigentlich? Im Psalm ist das sehr schön gleich in den ersten Versen beschrieben. Jesus sagt in den Seligpreisungen: Glückselig ist der, der das wirklich gefunden hat, der in der Gegenwart Gottes lebt, in seiner Nähe.
Natürlich hat der natürliche Mensch Angst vor Gott und flieht vor ihm. Ein großer Literat unserer Zeit hat gesagt, dass ihn seit seiner Jugend Ängste begleiten – die Angst, dass Gott ihn durch irgendein Dachfenster beobachtet, besonders bei den schmutzigen Dingen seines Lebens.
Ja, natürlich macht die Sünde nie glücklich. Sie hinterlässt ein schlechtes Gewissen und die Angst, dass Gott uns auf der Spur ist und uns verfolgt. Darum ist es so schön, das Bild, das dieser Psalm verwendet: das Spiel von Spatzen und Schwalben.
Was ist das Besondere an diesen Spatzen und Schwalben? Jesus hat ja auch noch einmal von den Spatzen gesprochen. Er sagte, man kauft sie für ein paar Pfennig, so wie auf dem Markt. Das ist das Billigste, was es in der Welt gibt.
Unser Leben ist so billig, bedroht und unsicher. Wir sind umgeben von Feinden. Und wie soll das sein, dass diese Spatzen und Schwalben an den Altären nisten? Nein, es ist nicht gemeint, dass wir jetzt die Fenster öffnen sollen, damit viele Vögel ihre Nester bauen. Vielmehr ist das ein Bild für bedrohte Lebewesen – für uns Menschen mit unseren Ängsten, Sorgen und Lasten. Auch mit Krankheiten, die wir oft schon aus Kindertagen mit uns tragen.
Wir leben in einer Umwelt, in der es keine Sicherheit und keine Zukunft gibt. Krankheiten bedrohen uns, und Feinde wollen diese Vögel verschlingen. Gibt es das auch in unserem Leben, in unserem Christenleben? Und wie? Der große Feind ist die Macht der Finsternis, der Teufel. Er will uns aus dem Frieden Gottes herausreißen und uns den Glauben an die Gottesnähe nehmen.
Dieses Bild sagt so herrlich: Wir dürfen an den Altären Gottes nisten. Was bedeutet das? Schon im Alten Bund war es so, dass man Gott nur über den Altar finden konnte, wo Tiere geschlachtet wurden. Das klingt grausam – arme Tiere, die für die Schuld der Menschen bluten mussten.
Es gibt keine Versöhnung mit Gott und kein Finden Gottes ohne das Nachdenken über dieses furchtbar blutige Ritual der Opfer, das Gott eingesetzt hat. Es weist auf die einzige Versöhnung hin, die die Menschheit in dieser Welt finden kann: im gekreuzigten Jesus.
Darum hat Gott seinen Sohn in eine verlorene Welt gesandt. Damit unsere Sünde gebüßt wird und wir Frieden, Erlösung und Befreiung erhalten.
Es ist in diesen Tagen besonders schlimm, wie die Botschaft des Evangeliums mit Füßen getreten wird. Ich habe das belustigt im Brandenburger Landtag verfolgt: In der CDU-Fraktion hat das Kreuz im Raum Besuchergruppen geärgert. Sie störten sich daran, dass in einem Raum des Landtags von Brandenburg ein Kreuz hängt.
Daraufhin entstand eine große Diskussion. Man meinte, das Kreuz sollte abgenommen werden, wenn Besuchergruppen kommen. Ich weiß nicht, warum Besuchergruppen im Landtag bestimmen können. Die CDU-Fraktion wollte jedoch, dass das Kreuz bei ihren Fraktionssitzungen wieder hängt.
Dann kam die Idee auf, eine Magnetvorrichtung einzubauen, damit man das Kreuz bei Bedarf abhängen kann. Sie wissen ja, dass in der EKD der frühere Präsident gesagt hat, dass für ihn die Kreuzigung Jesu nicht nötig sei zur Sündenvergebung.
Sie wissen auch, dass Reinhold Messner gesagt hat, er wolle auf den Bergen die Kreuze entfernen. Viele andere sagen dazu: Wir wissen, dass es für uns der Ort ist, wo wir allein ins Herz Gottes schauen können. Gott hat seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle dahingegeben.
Wir glauben an Erlösung durch das Blut von Jesus. Ohne Blut geht nichts. Das war nötig und ist nötig bis zu meiner letzten Stunde meines Lebens. Denn sonst könnte ich nicht die Herrlichkeit Gottes sehen. Der Weg zu Gott ist mir versperrt, wenn nicht durch die große Versöhnung, die Gott im Sterben seines Sohnes gestiftet hat, der Zugang möglich ist.
Das Glück meines Lebens hängt an diesem Altar des Opfers von Jesus. Das ist so wichtig, damit ich hier Frieden finde und in Gott sein wunderbares Wort habe. Jesus betet im hohenpriesterlichen Gebet: „Wie du, Vater, in mir bist, so sollen sie auch in uns sein.“ Ich darf in Jesus sein. Er ist der Weinstock, und wir die Reben. Wir dürfen in dieser ganz engen Verbindung leben.
Nur das ist das größte Glück eines ganzen Menschenlebens: in dieser engen Verbundenheit mit Jesus zu leben.
Es ist immer wieder eine Gefahr in unseren Tagen, dass man so tut, als ob der Glaube nur ein Gefühl wäre. Vielleicht hängt das auch damit zusammen, dass unsere junge Generation wieder Gefühle sucht und die Nähe Gottes in Gefühlen sucht.
Aber Sie wissen, diese Gefühle, die Sie auch haben – auch in der Musik – halten nicht durch, wenn Sie zur Tür hinausgehen und die harte Wirklichkeit des Lebens Sie wieder einholt. Sie brauchen Fakten, Fakten, Fakten.
Und dieses Faktum des Opfertodes Jesu ist zu allen Zeiten der Trost und die Erquickung. Wir dürfen an den Altären Gottes, an seinem einzigen Altar, der Jesus gestiftet hat, ins Herz Gottes schauen und ihm ganz nah sein. Das ist so groß: Gott ist für uns, wer kann jetzt noch gegen uns sein?
Und da können wir nicht wanken. Das ist die Geborgenheit, denn uns kann niemand mehr aus der Hand von Jesus reißen. Niemand kann Ihnen Gesundheit garantieren, niemand kann Ihnen Wohlstand garantieren, auch die Regierung kann das nicht tun. Aber Jesus garantiert uns, dass wir in seiner Hand geborgen sind.
Was brauchen Sie mehr, wenn Sie durchs Todesthal gehen, als dass Jesus bei Ihnen ist? Was brauchen Sie mehr in Ihrer schweren Krankheit, als dass Sie wissen: Jesus ist da? Nicht die Krankheit beherrscht mich, sondern nur das, was Jesus zulässt und was mir zum Heil dient.
Und ich bin geborgen bei ihm in Zeit und Ewigkeit.
Wir haben vor vielen Jahren Urlaub gemacht, als unsere Kinder noch klein waren, dort an der Donau, im schönen Donautal bei Beuron. Dort gab es oben ein schönes Hartgebiet.
Wir waren im Winter dort, und es lag sehr viel Schnee. Man konnte eigentlich nur auf den gebahnten Wegen laufen, wo es bereits getrampelt war.
Als wir zum Parkplatz zurückkamen, hielt ein schicker Mercedes. Eine Dame stieg aus und fragte: „Haben Sie meinen Waldi gesehen?“ Ich antwortete: „Wer ist Ihr Waldi? Ist das Ihr Mann oder Ihr Kind?“
„Ach nein“, sagte sie, „das ist der Hund, ein kleiner Dackel.“ Es lag ein halber Meter Schnee, und der Waldi war in der Schneewüste verloren. Ich brachte es nicht übers Herz, der Frau zu sagen, dass es keine Hoffnung mehr gab.
Doch Elend und Verlassenheit ist unser Menschenleben in dieser Welt ohne einen Heiland, der uns an seiner Hand hält, der mich trägt und führt.
Sie kennen alle den Vers von Nietzsche: „Die Krähen ziehen schwirrend zur Stadt, bald wird es schneien. Weh dem, der keine Heimat hat.“
Heimat finden wir bei Jesus – nicht in Gebäuden, nicht in Kirchen und Domen dieser Welt, sondern am Herzen Gottes. Dort haben wir die feste Gewissheit, bei ihm zu sein und in seiner Gegenwart zu leben.
Dieses Glück ist mit nichts aufzuwiegen. Hast du dieses Glück gefunden, diese Geborgenheit?
„Meine Seele verlangt und sehnt sich nach den Vorhöfen des Herrn, mein Leib und Seele freuen sich in dem lebendigen Gott. Der Vogel hat ein Haus gefunden, die Schwalbe ein Nest für ihre Jungen, deine Altäre, mein König und mein Gott. Wohl denen, die in deinem Hause wohnen, die loben dich allezeit.“ (Psalm 84,2-4.10)
Aber jetzt ein zweiter Punkt, den ich gesondert herausstellen möchte: Haben Sie auch schwache Stunden? Manche schämen sich manchmal, das zuzugeben. Sie haben Zweifel, denn es gibt niemanden, der keine Zweifel hat. Sie erleben Anfechtungen, sehen manchmal nicht mehr weiter, und es bleibt ganz still.
Ihr Glaube ist oft nicht der Sieg, der die Welt überwindet. Der Glaube ist manchmal ganz schwach. Deshalb ist es sehr wichtig, dass wir das erkennen.
Wir sind von Natur aus ja so winzig klein wie Spatzen oder Schwalben. Neulich auf einer Seniorenfreizeit – wir sind oft bei Freizeiten unterwegs, als Christen in Freizeitheimen – sagte mir ein Physiker, dass das größte Wunder heute eigentlich das Weltall sei. Die meisten Christen hätten das noch gar nicht entdeckt. Dieses Wunder, das auch durch den Nobelpreis gewürdigt wird, zeigt die laufende Ausweitung des Weltalls, die viel, viel größer ist, als man bisher dachte.
Die meisten Christen hätten zu wenig von der Physik verstanden, um dieses Wunder zu begreifen. Dann sagte er: Wir sind in diesem riesigen Weltall nur das allerkleinste Staubkorn, das man sich vorstellen kann. Es ist ganz natürlich, dass wir oft in den Sorgen unseres Lebens versinken.
Darum ist es sehr wichtig, dass Sie sich selbst nicht für stark halten. Wer sich selbst für stark hält, kommt um und ist verloren. Es gibt auch Christen, die sich für stark halten – das war immer wieder ein Fehler, diese eingebildete Stärke.
Darum heißt es in diesem Psalm: Wohl denen, die dich, Jesus, Herr der Welt, für ihre Stärke halten. Ich bin schwach, doch du bist stark. Deine Kraft hilft mir voran. Ich kann ohne dich nicht einen Schritt allein gehen, nicht einen Schritt.
Meine Frau und ich waren in einem Altenheim eingeladen. Es war eine große Versammlung, und wir sollten über die Entstehung des Liedes „Weil ich Jesus Schäflein bin“ sprechen.
Ich muss gestehen, dass ich in meinem ganzen Leben in der Gemeinde dieses Lied nie habe singen lassen. Ich weiß auch nicht, warum das so verpönt ist. Doch was wir dort erlebten, hat uns erschüttert. Die Menschen erzählten, was dieses Lied in ihrem Leben bedeutete: in des Hirten Armen, Schoss, Armen – ja, mein Glück ist groß. Auf der Flucht, was dem Mann gefallen war, in Hungersnot: Jesus ist da.
Das ist so wichtig, dass wir das in unserem Leben erkennen. Wir haben schwache Stunden, auch unser Glaube ist nicht stark. Aber wir wollen immer neu auf Jesus blicken und von ihm unseren Glauben stärken lassen.
Heute haben wir auch andere Lieder, die viele Menschen bewegen. Zum Beispiel „Von guten Mächten wunderbar geborgen“: „Erwarten wir getrost, was kommen mag, Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“ Es sind die Texte, nicht nur die Melodien, die uns berühren. Die Worte, die man nicht mehr vergisst oder an die man sich halten kann in den schwachen Stunden unseres Lebens.
Wir brauchen das immer wieder in unserem Glaubensleben, bis wir begreifen, was der Jakobusbrief sagt: Es ist gut, dass es Anfechtungen gibt. Denn in den Anfechtungen – das sind die großen Störungen unseres Glaubens – wird der Glaube neu bewährt und ausgerichtet. Die Stärke kann allein auf Jesus Christus liegen, dem wir im Leben und im Sterben gehören.
Das ist wichtig, wenn wir auf dem Friedhof stehen oder auf der Intensivstation liegen: Jesus ist da. Blicken wir auf ihn. Wohl denen, die dich für ihre Stärke halten und dir von Herzen nachwandeln.
In der Übersetzung, die Sie vorhin gelesen haben, steht noch „vom Tränental“ – das war der Altluther. Das liegt daran, dass die Beka-Talebene, von der im Hebräischen die Rede ist, nicht richtig gedeutet werden kann. Sie hat etwas von diesem Tränental. Sie kennen die wüsten Wege ihres Lebens, die sie geführt wurden.
Doch dort machen sie eine wunderbare Erfahrung: Es ist trostlos, kein Wasser da. Und plötzlich schenkt der Herr Wasserströme in der Wüste. Das ist ein ganz großes Wunder. Wir wollen verzweifeln, und dann ist der Herr plötzlich da.
Das ist so groß, wenn Sie bei einem Krankenbesuch nur ein Wort von Jesus einem Kranken zurufen – einen Liedvers – und er plötzlich sagt: „Das ist das Größte, und ich habe Frieden. Danke, dass du da warst.“
Es geht nicht um die Länge Ihres Besuches, sondern darum, dass die Wasserbrunnen aufbrechen in einem dürren Land. Darum ist es auch so schön in Ihrer Gemeinde, dass Sie diese Gemeinde haben und dass der Herr dort wirkt.
Er erquickt meine Seele, und mitten im finsteren Tal brauche ich mich nicht zu fürchten, weil er da ist. Ich bin sehr schwach, aber stolz darauf, dass der Herr meine Stärke ist.
Ohne dich, wo käme Kraft und Mut mir her? Ohne dich, wer nehme meine Bürde weg? Ohne dich zerstieben würde mir im Nu Glaube, Hoffnung, Lieben – alles, Herr, bist du!
Das ist so wichtig, wenn man das weiß: Schwache Stunden gibt es natürlich in dieser Welt, die keine Hoffnung hat. Wir wissen ja, wie lange schon die Gefahren des Terrorismus bei uns von keiner Polizei mehr bewältigt werden können, wie es jetzt heißt, das kann man doch nicht mehr abwehren – die großen Gefahren um uns herum.
Wir sehen für die ganze Welt keine Lösung. Aber wir wissen, dass der Herr seine Gemeinde baut und sein Reich in diesen Tagen errichtet. Und dass er da ist.
Wohl denen, die dich für ihre Stärke halten, deren Kraft zerbrochen ist, die mit ihm leben und mit ihm durch die Wüste dieser Welt gehen.
Wir bleiben nicht im Tempel Gottes sitzen, sondern wir gehen hinaus in die Welt. Das Tränental wird zum Quellgrund. Und das sind die wunderbaren Geschichten: Gerade Menschen, die durch viel Tränen geführt wurden, ernten mit Freuden.
Es ist in der christlichen Gemeinde so: Nicht die Überflieger sind die Großen, sondern die Schwergeprüften, die von der Herrlichkeit Jesu reden können, weil sie sie in ihrem Leben erfahren haben – in viel Schwäche, Elend und Armut.
Beschwernisse dürfen wir überwinden in der Kraft von Jesus. Wir gehen von einer Kraft zur anderen. Diese wird immer neu gegeben, weil wir im Glauben die Kraft des auferstandenen Jesus erleben und feste Tritte tun können, wo unsere Füße wanken.
Wir brauchen Augen, um im Glauben die Herrlichkeit von Jesus in dieser Welt erkennen zu können. Er gibt Wasserströme in der Wüste – Wasserströme, nicht Bächlein, Ströme.
Und davon dürfen Sie trinken und erquickt werden.
Und jetzt noch ein letztes Fest – sicher geborgen
Ich möchte am Sonntag noch etwas sagen, weil vielen Menschen in unseren Tagen die Sicherheit abhandengekommen ist. Wo gibt es denn Sicherheit? Am Sonntag möchte ich genau darüber sprechen.
Nur in der Verbindung mit Jesus gibt es diese absolute Sicherheit, die kein Techniker, kein Ingenieur und keine Regierung dieser Welt bieten kann. Kein Friedensabkommen dieser Welt kann uns das geben: fest und sicher geborgen zu sein.
Das Große an der Reformation war doch ganz schlicht, dass ein einzelner kleiner Mensch plötzlich für sich allein entdeckte – über seiner Bibel, die er in seinem Kämmerlein im Kloster in Wittenberg gelesen hatte –, dass er mit Jesus so stark ist, dass er die ganze Welt aus den Angeln heben kann.
Martin Luther ging also nach Worms. Man muss sich mal vorstellen: Karl V., spanischer Herrscher, beherrschte die ganzen Reiche des Römischen Reiches, der deutschen Nationen bis Holland, bis nach Italien, bis nach Sizilien, bis nach Böhmen. Die Kurfürsten und Kardinäle standen ganz allein da, ohne Schutz.
Und Luther sagt: Wenn so viele Teufel wie Dachziegel in Worms wären, ich will hineingehen. Er war ein junger Mann und von seiner Persönlichkeit her ein ganz ängstlicher Typ. Jetzt hätte er die Höllenangst auch nie so empfunden – ein ganz schwacher Mensch.
Aber die Nähe von Jesus macht uns so sicher und geborgen. Selbst wenn die Welt voll Teufel wäre und uns verschlingen wollte, fürchten wir uns nicht so sehr. Es wird nicht gelingen. Der Fürst dieser Welt ist durch Jesus gefällt.
Das ist so schön, dass in diesem Psalm auch so wunderbar heißt, dass Gott der Herr Sonne und Schild ist. Sonne, die in der Nacht leuchtet und alle Finsternis vertreibt, und dieser Schild, hinter dem man sich bergen kann.
Der Herr gibt Gnade – unverdiente Gnade. Da darf man einfach zugreifen. Und das ist eine Ehre, die größer ist als alles, was man verstehen kann.
Es ist so wichtig, dass wir diese Geborgenheit erleben und erfahren. Ich will lieber die Tür hüten in meines Gottes Hause als wohnen in der gottlosen Hütte. Ich kann ohne die Nähe Gottes nicht mehr leben. Ich will ganz nah bei ihm geborgen sein.
Wohl dem Menschen, der sich auf dich verlässt – das ist so wunderbar. Der Psalmbeter sagt das, wir wissen ja gar nicht, wer es war. Diese Chorgruppe, die Söhne Korach, sollen diesen Psalm singen. Aber das Entscheidende ist, dass er das entdeckt hat: Man kann in dieser Welt Geborgenheit und Sicherheit finden.
Im Alten Testament ist das immer nur eine große Vorahnung auf das, was wir in Jesus erleben.
Die Sonne, die mir lacht, ist mein Herr Jesus Christus. Das, was mich singend macht, ist das, was im Himmel ist. Ich darf mich freuen in deiner Gegenwart und fröhlich sein.
Das ist der ganze Inhalt meines Lebens – auch wenn der Garten keinen Ertrag bringt, auch wenn das Geld in der Inflation kaputtgeht, auch wenn Krieg um mich her ist. Das kann mir niemand nehmen.
Der Herr ist nahe mit seinem Frieden, und das ist das Allergrößte.
Wir wollen noch beten.
Wir danken dir, lieber Herr Jesus Christus, dass du uns siehst, zu uns kommst und uns auch heute Morgen beschenkst.
Du weißt, dass wir aus großer Unruhe kommen, aus finsteren Gedanken und oft nicht mehr weitersehen, wie das mit unserem Leben weitergehen soll. Die Sorgen ergreifen uns, und wir können sie nicht lösen.
Wir wollen den Blick auf dich richten und dir für dein Wort danken. Du sprichst uns darin so fest zu, dass wir es fassen dürfen und in deiner Gegenwart geborgen sein können. Das wollen wir erleben.
So wollen wir fröhlich durch die Wüste dieser Welt ziehen, auch durchs Tränental, weil du uns immer wieder neu deine Herrlichkeit erfahren lässt – ganz neu.
Die Gnade der Vergebung, das Wunder der Sohnschaft bei dir, dass wir Gottes Kinder sein dürfen, und die herrliche Zukunft, die du für uns bereitest.
Danke für diesen Morgen, danke für deine Gegenwart, danke für deine Nähe. Geh auch mit uns, wenn wir anderen mit ganz schlichten Worten von dir und von deiner Liebe erzählen wollen.
Wir danken dir auch für das ermutigende Erleben, dass heute in der ganzen Welt, an den Enden der Erde Hindus, Muslime und Buddhisten dich erkennen – das Entscheidende – dich und in dir das Leben finden.
Herr, gib das doch auch wieder bei uns, auch hier in dieser großen Stadt Berlin. Setze du auch diese Gemeinde zum Segen, damit ihr Wort viele Menschen berührt und sie über dich, den Heiland, finden.
Amen.