Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir kommen heute bei diesem Felsenabend zu einem spannenden Thema. Es ist ein Thema, bei dem ich nicht genau weiß, ob Sie mit Sorgen gekommen sind, die dem Herrn ganz sicher nicht verborgen bleiben.
Ich gebe zu, ich stehe hier ein wenig unsicher. Ich weiß, dass ich nach dem Sonntag schon wieder eine heiße Kartoffel anfasse. Man könnte fast denken, ich hätte Spaß daran. Das ist jedoch nicht der Fall. Ich greife diese Themen nicht gerne nacheinander auf.
Diesen Felsenabend hatten wir geplant, lange bevor die Predigtserie zu 1. Korinther 12 bis 14 angedacht war. Bevor wir überhaupt auf das Thema zu sprechen kommen, möchte ich ein paar grundlegende Dinge sagen, damit Sie das richtig einordnen können.
Einführung und Zielsetzung des Abends
Was ich heute Abend vorhabe: Zum einen haben wir als Gemeindeleitung gemeinsam beschlossen, ein Thema zu behandeln. Wir wollen zum Thema Gemeindezucht lehren.
Jetzt könnten Mutmaßungen entstehen, wie: „Oh je, da stehen wieder Dinge an, und sie wollen uns das jetzt noch einmal vorher verkaufen.“ Nein, preist den Herrn! Wir haben aktuell keine Situation, in der wir mit jemandem in einem Gesprächsprozess sind, der sich potenziell in Richtung Gemeindezucht bewegen könnte.
Es geht heute wirklich nicht darum, hier irgendetwas vorzubereiten, so von hinten durch die Brust ins Auge. Es geht einfach darum, von der Bibel her über dieses Thema nachzudenken.
Ganz klar hat das aber auch damit zu tun, dass wir im letzten Jahr leider zwei Fälle hatten, in denen wir disziplinierende Gemeindezucht, also Gemeindeausschluss, wirklich als letzte Möglichkeit sahen. Wir haben gemerkt, dass dieses Thema nicht nur ein emotionales Thema ist – das ist sowieso klar –, sondern auch ein Thema, zu dem vielleicht dem einen oder der anderen noch ein bisschen die biblischen Hintergründe fehlen. Warum wir als Gemeindeleitung und als Gemeinde wirklich so agieren, wie wir das tun.
Wir haben das in unserer Satzung gemeinsam so festgeschrieben, dass Gemeindeausschluss ein Mittel ist, das letzte Mittel, das wir ergreifen, wenn alles andere nicht gefruchtet hat.
So wollen wir uns dem Thema heute nähern. Ich habe grob vor, fünf Dinge anzusprechen.
Zum einen, und das ist grundlegend, dass Gemeindezucht nicht nur Korrektur bedeutet und ganz gewiss nicht nur Gemeindeausschluss. Darüber wollen wir ein bisschen nachdenken: Was ist Gemeindezucht?
Dann wollen wir darüber nachdenken, dass Gemeindezucht nicht im Widerspruch zum biblischen Gebot des Nichtrichtens steht. Das wird ja manchmal gegeneinander ausgespielt, und wir wollen das etwas genauer betrachten.
Anschließend werden wir sehen, dass die Bibel in der Tat in bestimmten Fällen Gemeindezucht verlangt beziehungsweise vorschreibt. Dabei meine ich eine bestimmte Facette der Gemeindezucht, aber nicht zwingend nur den Gemeindeausschluss.
Dann wollen wir auch anschauen, welche Gründe es geben kann, um Gemeindezucht zu üben.
Schließlich wollen wir darüber nachdenken, dass Gemeindezucht wirklich etwas Gutes ist. Deshalb habe ich diesen Abend bewusst unter dem Thema beziehungsweise unter dem Titel ausgeschrieben: Gemeindezucht aus Liebe.
Das ist meine Hoffnung, dass wirklich die Liebe immer das Motiv hinter jedem Aspekt von Gemeindezucht ist.
Gemeindezucht als umfassender Prozess der Reifung
Kommen wir zum ersten Punkt: Gemeindezucht ist nicht nur Korrektur.
Der Begriff Gemeindezucht ist oft negativ besetzt. Das müssen wir uns ehrlich eingestehen – niemand hört das gerne, und wir alle verbinden sofort negative Vorstellungen damit. Aber Gemeindezucht könnte man vielleicht auch anders übersetzen. „Zurechthelfung“ klingt zum Beispiel etwas freundlicher: Zurechthelfung in der Gemeinde.
Das Wort „Zucht“ kommt von „züchten“, „ziehen“ oder auch „erziehen“. Darum geht es zunächst: Es geht darum, einen Prozess zu fördern, einen natürlichen Prozess, der Wachstum hervorbringt. Wenn wir also im weitesten Sinne über das Großziehen oder Züchten sprechen, dann geht es darum, dass etwas reifen und wachsen kann.
Das macht schon deutlich, dass Gemeindezucht nicht immer nur und auch gar nicht zuallererst Gemeindeausschluss bedeutet oder etwas Negatives ist. Gemeindezucht beginnt damit, dass wir den natürlichen Wachstums- und Reifeprozess von Christen fördern. Das ist das Erste, was wir tun wollen.
Jeder, der schon einmal versucht hat, jemanden großzuziehen oder etwas zu züchten, weiß: Es fängt mit positivem Belehren an. Es geht darum, beizubringen, wie Dinge funktionieren und wie etwas sein sollte. Die gesunde Lehre steht also ganz zentral. Positive Ermutigung zu guten und richtigen Dingen ist das, was wir tun wollen.
Wir wollen Menschen anleiten und begleiten, vor allem wenn sie jung im Glauben sind. Aber auch dann, wenn sie in schwierigen Situationen stecken, Fragen haben oder vielleicht nicht genau wissen, wo es langgeht. Die Bibel lehrt ganz klar, dass dies die wichtigste Aufgabe der Gemeinde ist.
Die Gemeinde hat, wenn man so will, drei Ziele – das haben wir schon oft besprochen und den meisten ist es wahrscheinlich klar. Die Gemeinde hat letztendlich drei Dimensionen:
Erstens die Beziehung zu Gott. Ihn wollen wir anbeten, ehren und für ihn leben. Wir wollen ihm ähnlicher werden.
Zweitens die Beziehung nach außen. Wir wollen der Welt Zeugnis geben von der Hoffnung, die in uns ist. Als Gemeinde wollen wir bewusst so miteinander leben, dass die Welt erkennt, dass wir Jesu Nachfolger, Jesu Jünger sind.
Drittens die Beziehung untereinander. Wir wollen miteinander leben, einander anspornen zu guten Werken und uns gegenseitig im Prozess des Wachsens und der Heiligung voranbringen – so nennt die Bibel das.
Das lesen wir zum Beispiel im Epheserbrief. Paulus schreibt an die Epheser in Kapitel 4, Verse 11 und folgende: Er hat einige als Apostel eingesetzt, einige als Propheten, einige als Evangelisten, einige als Hirten und Lehrer.
Und jetzt kommt das Ziel: Warum hat Gott das alles für die Gemeinde getan? Warum hat er das so gefügt?
In Epheser 4,12 heißt es: „Damit die Heiligen zugerüstet werden zum Werk des Dienstes, und dadurch soll der Leib Christi erbaut werden. Bis wir alle hingelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zum vollendeten Mann, zum vollen Maß der Fülle Christi, damit wir nicht mehr unmündig sind und uns von jedem Wind einer Lehre bewegen und umhertreiben lassen durch trügerisches Spiel der Menschen, mit dem sie arglistig verführen.“
Ja, das ist das Ziel. Wir wollen robust werden, geistliche Muskeln aufbauen, damit wir verstehen und Christus immer ähnlicher werden. Das ist das primäre Ziel.
Das heißt, Gemeindezucht hat erst einmal eine positive Seite – eine positiv formende Zucht. Und dann gibt es aber auch die andere Seite. Um die wird es heute vorrangig gehen, weil das das umstrittene Thema ist.
Die positive Zucht gehört hoffentlich in jede Gemeinde und findet hier auch statt. Dafür treffen wir uns in Hauskreisen, dafür treffen wir uns zur Bibelstunde – die morgen Abend übrigens nicht stattfinden wird, weil wir heute hier zusammen sind. Dafür treffen wir uns sonntags im Gottesdienst.
Diesen Sonntag wird übrigens Ramon Pui predigen, weil die Ältesten ab Freitag früh zur Klausur sein werden.
Deswegen machen wir all diese Dinge. Wir tun das, damit wir bewusst die gute Lehre genießen und im Glauben erbaut werden. Deshalb leben wir in Gemeinschaft, damit wir einander anspornen, helfen und voranbringen können.
Darüber müssen wir gar nicht viel reden, denn das ist für alle eigentlich klar. Hat jemand eine Frage darüber, ob positiv formende Zucht in der Gemeinde stattfinden sollte? Nein? Gut, dann sind wir uns da einig.
Die korrigierende Seite der Gemeindezucht
Dann gibt es noch die andere Seite, und das ist die korrigierende Zucht. Bevor ich weiter über die korrigierende Zucht spreche, also über das Korrigieren, das wir wieder auf den Weg bringen wollen, möchte ich eines sagen: Wer die positive Zucht vernachlässigt, wird sehr viel mit der korrigierenden Zucht zu tun haben.
Ich glaube, wir alle wissen das. Wenn wir unsere Kinder nicht vernünftig erziehen und ihnen nicht beibringen, was gut und richtig ist, dann müssen wir ständig nur noch korrigieren. Uns ist auch klar, dass Erziehung nicht besonders gut funktioniert, wenn wir versuchen, Kinder immer nur durch Korrektur zu erziehen. Wenn wir ständig sagen: „Du darfst das nicht“, „Das sollst du auch nicht“ und „Das hast du wieder falsch gemacht“, dann funktioniert das nicht gut.
Viel besser ist es, zu erklären, was gut und richtig ist. So geht es lang, das sollten wir tun. Das ist gut, und das meiden wir. So funktioniert es, und so wollen wir das auch in der Gemeinde leben. Das heißt, unser Schwerpunkt sollte immer die positive Zucht sein.
In der Tat legen wir einen großen Schwerpunkt auf die Lehre in der Gemeinde, weil wir glauben, dass uns das helfen wird, die korrigierende Zucht nicht oft ausüben zu müssen. Was ich heute Abend hier tue, ist Teil dieser positiven Zucht. Dass ich uns heute über Gemeindezucht belehre, hat genau den Hintergedanken, dass wir vielleicht besser zugerüstet sind, das schon im ganz Kleinen zu tun. So sollen bei der Gemeindeleitung nie Fälle ankommen, sodass wir als Gemeinde nie als Ganzes über Gemeindezucht nachdenken müssen, weil wir einander immer rechtzeitig zurechthelfen.
Das ist das Ziel. Also, das ist die erste These. Ich hätte natürlich auch die Folie dazu bringen können: Zucht, Erziehen ist etwas Gutes. Formende Zucht und korrigierende Zucht sind zwei Seiten einer Medaille. Die formende Zucht ist die zwingende Grundlage, das ist das, was wir tun wollen. Das andere ist das, was manchmal notwendig werden kann, aber nicht unbedingt muss, wohlgemerkt.
Ich hoffe, dass uns dieser erste Punkt erst einmal klar ist, dass es diese zwei Seiten gibt. Zum zweiten Aspekt werde ich noch mehr sagen. Ich werde aber ganz bewusst immer wieder kurz unterbrechen, einfach um zu sehen, dass wir bei dem Thema alle zusammen sind und noch wissen, worum es geht.
Ich weiß, es ist warm, und deswegen ist es vielleicht schwer, sich zu konzentrieren. So weit, so gut?
Gemeindezucht und das Gebot des Nichtrichtens
Gemeine Zucht – jetzt wird es umstrittener – steht nicht im Widerspruch zum Gebot des Nichtrichtens. Das Gebot des Nichtrichtens ist, denke ich, relativ bekannt. Dabei stellt sich die Frage: Kann ich denn andere überhaupt korrigieren? Das heißt ja, ich treffe ein Urteil darüber, ob sie vielleicht auf Abwegen sind. Darf ich das überhaupt?
Sagt Jesus nicht selbst: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet; denn nach welchem Recht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden, und mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden.“ Was siehst du aber den Splitter im Auge deines Bruders und nimmst nicht wahr den Balken in deinem eigenen Auge? Oder wie kannst du sagen zu deinem Bruder: „Halt, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen“, und siehe, ein Balken ist in deinem Auge?
Ja, das könnte man zuerst so verstehen, dass Jesus seinen Jüngern hier erklärt: Schaut gar nicht auf die anderen, kommt gar nicht auf die Idee, jemandem anders zu sagen, dass er vielleicht auf falschem Wege ist. Fang bei dir selbst an, das ist dein Ort, an dem du arbeiten musst.
Und in der Tat ist das, was Jesus sagt: Bevor wir überhaupt anfangen, auf andere zu schauen, sollten wir immer auf uns selbst schauen. Prüfe dich selbst! Jeder von uns ist aufgerufen, sich selbst zu hinterfragen. Das heißt, die korrigierende Zucht beginnt damit, dass ich bei der formierenden Zucht, also bei der Lehre in der Gemeinde, mich immer wieder hinterfrage: Lebe ich so? Mache ich das richtig? Muss sich vielleicht etwas in meinem Leben verändern? Nicht warten, ob jemand anderes das erkennt, sondern ich schaue zuerst auf mich selbst.
Ich habe neulich mal erwähnt, dass ich manchmal gut darin bin, Predigten immer mit Blick auf den anderen zu hören – der hat es ja mal gebraucht. Wichtig ist aber, dass wir zuerst auf uns selbst schauen: Lebe ich das eigentlich so? Handle ich so? Strebe ich danach?
Trotzdem sagt Jesus hier ganz sicher nicht, dass wir nie jemanden richten dürfen. Denn in der Tat geht es weiter in Vers 5, wo Jesus sagt: „Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge, danach sieh zu, wie du den Splitter aus des Bruders Auge ziehst.“ Aha, also bei mir anfangen, aber dann auch den Blick auf den anderen richten. Das heißt, erst prüfe ich mich selbst, schaue auf mich selbst, aber dann habe ich auch eine Verantwortung für meinen Bruder, meine Schwester. Kann ich jemand anderem vielleicht auch noch helfen?
Dass Jesus das Richten nicht komplett verbietet, wird deutlich, wenn man den nächsten Vers liest: Matthäus 7,6: „Ihr sollt das Heilige nicht den Hunden geben und eure Perlen nicht vor die Säue werfen.“ Wie denn? Ohne Richten? Wie soll ich jetzt sagen: Das sind Hunde und Säue? Ich muss ein Urteil treffen, wo meine Perlen hingehören, wo das Heilige hingehört. Ich treffe also ein Urteil. Und das tun wir ständig. Das ist auch unser Auftrag.
Jesus sagt hier ganz sicher nicht, dass wir nie den Splitter im Auge des anderen anpacken dürfen. Er sagt nur, wie wir es tun sollen: Wir sollen das Ganze im Wissen um unsere eigene Sünde tun. Wir sollen es demütig tun, motiviert durch die Liebe. Wir wollen dem anderen etwas Gutes tun, wir wollen diesen Splitter, der wehtut, herausziehen. Wir wollen einander einfach helfen.
Deshalb finden wir in der Bibel ständig Aussagen, die uns darauf hinweisen, dass wir den Auftrag haben, einander die Wahrheit zu sagen – aber in Liebe. Einander zu korrigieren, aber in Sanftmut. Zum Beispiel Epheser 4,15 oder Galater 6,1. Das ist ein biblischer Auftrag.
Wer meint, weil Jesus sagt, wir sollen nicht richten (Matthäus 7,1), sei Gemeindezucht grundsätzlich falsch, der kann sich schnell klarmachen, dass derselbe Jesus einige Kapitel weiter, in Matthäus 18, ganz konkret über Gemeindezucht spricht. Wenn Jesus weiß, wovon er redet – und das traue ich ihm sehr wohl zu –, dann steht Matthäus 7,1 nicht im Widerspruch zu dem, was wir gleich noch genauer betrachten werden in Matthäus 18, ab Vers 15. Dort spricht er sehr klar über Zurechtweisung und Korrektur.
Das heißt, wir müssen ein Urteil fällen und aktiv werden. In letzter Instanz richten wir natürlich nie. In letzter Instanz richtet nur einer – das ist Gott. Und ich hoffe, das ist uns auch klar.
Das heißt, in allem Korrigierenden, was wir vielleicht in der Gemeinde tun wollen, sind wir niemals letztendliche Richter. Das steht Gott zu, und das sollten wir getrost in seinen Händen lassen.
Was uns auch klar sein muss, ist, dass Gemeindezucht, die korrigierende Gemeindezucht, eben etwas ist, das nicht nur nicht Richten bedeutet, sondern etwas Positives ist. Richten klingt ja oft negativ: Du sollst den anderen nicht richten. Aber Jesus macht an vielen Stellen deutlich – und Paulus ebenso, ebenso Petrus –, dass ein Auftrag, den wir haben, ist, füreinander da zu sein, einander anzuspornen, einander aber auch einmal zu sagen, wenn wir auf Abwegen sind.
Wir sollen einander in unserem Leben ansprechen. In der Tat sehen wir das in der Bibel selbst: Jesus korrigiert seine Jünger. Er korrigiert Petrus kurz nachdem dieser das Christusbekenntnis abgelegt hat. In Markus 8 traut sich Jesus, Petrus zu korrigieren und sagt in schärfer Form, dass er auf falschem Wege ist und sich in der Tat zu einem Handlanger Satans macht.
Wir lesen im Galaterbrief, wie Paulus Petrus korrigiert und öffentlich ermahnt. Also sehen wir sehr klar, dass das Gebot des Nichtrichtens nicht bedeutet, dass wir keine Gemeindezucht oder keine korrigierenden Eingriffe im Leben voneinander vornehmen sollen.
Gibt es dazu Fragen? Das ist der zweite Punkt, ich bin am Ende. Gibt es Fragen zu diesem zweiten Punkt, dass Gemeindezucht nicht im Widerspruch steht zum Gebot des Nichtrichtens?
Prima, ich freue mich, dass wir alle so einig sind. Wir kommen hier flott voran. Dann können wir heute ganz früh nach Hause gehen.
Biblisches Mandat für Gemeindezucht
Drittens: Die Bibel lehrt Gemeindezucht. Ich möchte dazu einladen, vielleicht einmal eine Bibel aufzuschlagen. Wir lesen jetzt einen längeren Abschnitt, und zwar aus dem Hebräerbrief, Kapitel 12.
Das Erste, was wir in Bezug auf die biblische Lehre der Zucht, der korrigierenden Zucht, sehen sollten, ist, dass Gott selbst so mit uns handelt. Wir werden sehen, dass er das gerade deshalb tut, weil er uns liebt.
In Hebräer 12 heißt es in der Mitte von Vers 5, Zitat aus Sprüche 3:
„Mein Sohn, achte nicht gering die Erziehung des Herrn und verzage nicht, wenn du von ihm gestraft wirst! Denn wen der Herr lieb hat, den züchtigt er, und jeden Sohn, den er annimmt, schlägt er.“
Es dient zu eurer Erziehung, wenn ihr leiden müsst. Wie mit seinen Kindern geht Gott mit euch um; denn wo ist ein Sohn, den der Vater nicht züchtigt? Seid ihr aber ohne Züchtigung, die doch alle erfahren haben, so seid ihr ausgestoßen und nicht Kinder.
Wenn unsere leiblichen Väter uns gezüchtigt haben und wir sie doch geachtet haben, sollten wir uns dann nicht viel mehr unterordnen dem geistlichen Vater, damit wir leben? Jener hat uns für wenige Tage nach seinem Gutdünken gezüchtigt. Dieser aber tut es zu unserem Besten, damit wir an seiner Heiligkeit Anteil erlangen.
Jede Züchtigung aber, wenn sie da ist, scheint uns nicht Freude, sondern Leid zu sein. Danach aber bringt sie als Frucht denen, die dadurch geübt sind, Frieden und Gerechtigkeit.
Und dann kommt diese großartige Ermutigung ab Vers zwölf:
Darum stärkt die müden Hände und die wankenden Knie und macht sichere Schritte mit euren Füßen, damit nicht jemand strauchele wie ein Lahmer, sondern vielmehr gesund werde.
Jagt dem Frieden nach mit jedermann und der Heiligung, ohne die niemand den Herrn sehen wird.
Bis hierhin sind wir ganz klar. Der Hebräerbrief sagt uns: Gott, unser himmlischer Vater, dem die Gemeinde gehört, der sie gegründet und durch sein Wort erbaut hat, züchtigt und korrigiert uns zu unserem Besten. Das erscheint uns oft nicht gut, wenn wir es erleben, aber eines Tages erkennen wir, dass es zu unserem Besten war.
Das heißt, Gott selbst züchtigt. Und Gott, der Sohn, erklärt uns auch, dass dies ein Auftrag an uns in der Gemeinde ist. Auch wir sollen miteinander so leben, wie Gott mit uns lebt. Ein Gott, der uns züchtigt, tut dies auch gerade durch unser Miteinander.
Damit sind wir bei der nächsten, etwas längeren Passage, der sicherlich bekanntesten zum Thema Gemeindezucht: Matthäus 18, Vers 15.
Dort heißt es:
„Sündigt aber dein Bruder an dir, so geh hin und weise ihn zurecht zwischen dir und ihm allein. Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder gewonnen. Hört er nicht auf dich, so nimm noch einen oder zwei zu dir, damit jede Sache durch den Mund von zwei oder drei Zeugen bestätigt werde. Hört er auch auf diese nicht, so sage es der Gemeinde; hört er auch auf die Gemeinde nicht, so sei er für dich wie ein Heide oder Zöllner.“
„Ich sage euch: Was ihr auf Erden binden werdet, soll auch im Himmel gebunden sein, und was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel gelöst sein.“
Das ist ein Rückgriff auf Matthäus 16. Die Verse 15 bis 17 sind ganz klar und bekannt. Und das ist der Weg, wie im Normalfall zu verfahren ist, wenn wir mit einer privaten, persönlichen Sünde umgehen sollen.
Der Fall, der hier beschrieben wird, ist: Dein Bruder oder deine Schwester sündigt an dir. Dann gehst du nicht zum Dritten und schimpfst über die Person und sagst: „Darf ich dir mal sagen, was der und der gemacht hat?“ Nein, du schweigst den anderen gegenüber und gehst hin. Das ist die einzige Form, in der wir über Sünde reden. Wir reden nie zuerst oder primär über die Sünde der anderen zu Dritten. Sondern wir gehen zu der Person hin und zeigen ihm oder ihr die Sünde mit dem Ziel, ihn oder sie zu gewinnen, dass er oder sie umkehrt.
Wenn er auf dich hört, hast du ihn gewonnen. Wir wollen ihn gewinnen, wir wollen sie gewinnen. Mein Wunsch für uns als Gemeinde ist, dass das Teil unserer Gemeindekultur ist. Es ist lieblos, an diesem Punkt zu schweigen. Es ist lieblos, zu sagen: „Was schert mich mein Bruder, was schert mich meine Schwester? Ich will mich nur um mich selbst kümmern.“ Nein, Gott hat uns zusammengestellt. Vielleicht hat er es noch nicht gemerkt, dass er auf dem falschen Weg ist. Vielleicht tust du ihm einen Riesengefallen, wenn du ihm hilfst, biblisch sein Handeln zu reflektieren. Das ist unser Auftrag.
Gott hat uns bewusst in Gemeinden so zusammengefügt, damit wir einander so zur Seite stehen können. Wenn wir so miteinander agieren und erleben, dass mein Bruder oder meine Schwester auf Abwegen ist und wir aktiv werden, dann können wir nicht nur der Gemeinde, sondern auch der entsprechenden Person vielleicht viel Leid ersparen. Wir gehen früh hin und fangen etwas früh auf, bevor sich jemand tief in der Sünde verstrickt hat.
Deswegen sollten wir nie zögern, gerade im persönlichen Gespräch. Was schadet es, wenn ich mich täusche? Wenn ich denke, mein Bruder Christian hätte vielleicht acht Bier getrunken, weil er müde aussieht, aber es war nur die Hitze heute? Er sieht gar nicht so müde aus, und ich gehe zu ihm hin und sage: „Christian, trinkst du vielleicht zu viel?“
Und Christian antwortet: „Nein, ich habe heute zwei Liter Wasser getrunken.“ Das ist wunderbar, das Problem ist aus dem Weg geräumt. Ich muss nicht zu Brian gehen und sagen: „Brian, denkst du auch, dass Christian zu viel trinkt?“ Nein, das ist falsch.
Wenn Christian aber zugibt, dass er in letzter Zeit vielleicht etwas zu viel getrunken hat, dann hilft ihm das vielleicht, dass wir das ansprechen. Wenn ich nach zehn Jahren hingehe, steckt er vielleicht tief im Alkoholismus. Es ist eine liebevolle Sache, früh hinzugehen.
Wenn er dann sagt: „Lass mich in Ruhe mit dem Mist!“ oder wenn er mir gegenüber wirklich gesündigt hat, zum Beispiel ich habe das Gefühl, er lästert hinter meinem Rücken, dann gehe ich hin. Er sagt: „Ich lästere nicht über dich, was soll der Quatsch?“ Wenn dann andere sagen, Christian lästert aber über dich, nehme ich einen zweiten oder dritten Zeugen mit, konfrontiere ihn und sage: „Christian, hör auf damit!“
In diesem Moment ist die Chance gut, dass er sagt: „Ihr habt Recht, das sollte ich nicht tun.“ Dann haben wir gewonnen, das Problem ist gelöst, und niemand muss sich mehr ärgern. Die Sünde ist erkannt und aus dem Weg geräumt. Das ist das Ziel in der Gemeindezucht – so sollen wir miteinander leben.
Wenn es aber so weit geht, dass Christian sagt: „Ihr spinnt alle!“ und danach die ganze Stadt darüber redet, dass Matthias Lohmann immer betrunken predigt, weil Christian Gerüchte streut, dann haben wir ein Problem. Dann müssen wir als Gemeinde aktiv werden, weil hier Unfrieden gesät wird. Verschiedene Leute haben es gesehen und bezeugt. Jetzt bringen wir es vor die Gemeinde, in der Mitgliederversammlung, und sagen: „Liebe Geschwister, wir sehen, dass unser Bruder Christian Klein immer schlecht über Matthias Lohmann redet. Wir denken, das ist nicht in Ordnung, und möchten Christian eine letzte Ermahnung aussprechen.“
Wenn Christian dann sagt: „Ihr könnt mich alle mal!“, bleibt uns nur noch ein Weg – der letzte Schritt. Und wir hoffen, uns ist klar, dass dieser letzte Schritt Teil eines langen Prozesses ist. Wenn er nicht auf die Gemeinde hört, kommt es zum Gemeindeausschluss. Dann behandeln wir ihn tatsächlich so, als wäre er kein Christ. Wir behandeln ihn wie einen Heiden oder Zöllner.
Das heißt nicht, dass wir ihn nicht mehr lieben oder evangelisieren dürfen. Aber wir behandeln ihn nicht mehr wie einen Bruder im Glauben, weil er durch sein Leben Zweifel gesät hat, ob er wirklich dazugehört. Das ist der Weg.
Wichtig ist, dass wir die ersten Schritte klar haben, denn das hilft uns. Das ist das, was ich vorhin meinte, als ich Galater 6,1 erwähnte: Paulus ruft die Galater auf:
„Liebe Brüder, wenn ein Mensch von einer Verfehlung ereilt wird, so helft ihm wieder zurecht mit sanftmütigem Geist.“
Wenn das alles nichts taugt, müssen wir tun, was zum Beispiel 1. Timotheus 5,20 sagt:
„Die, die sündigen, weise zurecht vor allen, damit sich alle fürchten.“
Das hat auch eine Funktion, wenn man weiter darüber nachdenkt.
Mein Wunsch für uns als Gemeinde ist immer wieder die Bereitschaft, Sünde direkt anzusprechen – persönliche Sünde sowieso. Wenn jemand etwas gegen dich getan hat, ärgere dich nicht und sage: „Der kann mir gestohlen bleiben, mit dem will ich nichts mehr zu tun haben.“ Nein, das ist nicht unser Auftrag. Es ist mein Bruder, es ist meine Schwester. Wir wollen die Beziehung wiederherstellen, damit wir gemeinsam so leben können, dass wir durch unsere Liebe zueinander Zeugnis davon geben, dass wir Jesu Nachfolger sind.
Wir wollen uns immer wieder bemühen, in Liebe miteinander zu leben. Immer wenn wir ein Problem mit jemandem haben, wollen wir aktiv werden, um es zu lösen. Nach Möglichkeit tun wir das im Zweiergespräch und vielleicht gelingt es dort schon.
Wenn das nicht funktioniert, ist in letzter Instanz ein radikaler Schnitt nötig, um sich von dem Bruder oder der Schwester zu trennen, die in die Irre gegangen sind.
Das sehen wir auch immer wieder, zum Beispiel im Zweiten Thessalonicherbrief, Kapitel 3. Dort heißt es ab Vers 6:
„Wir gebieten euch aber, liebe Brüder, im Namen unseres Herrn Jesus Christus, dass ihr euch zurückzieht von jedem Bruder, der unordentlich lebt und nicht nach der Lehre, die ihr von uns empfangen habt.“
Denn ihr wisst, wie ihr uns nachfolgen sollt; wir haben nicht unordentlich bei euch gelebt.
Und weiter in Vers 14:
„Wenn aber jemand unserem Wort in diesem Brief nicht gehorsam ist, den merkt euch und habt nichts mit ihm zu schaffen, damit er schamrot werde.“
Das ist ähnlich wie in Matthäus 18. Wir wollen so agieren, dass dieser Mensch merkt, wir behandeln ihn nicht mehr wie einen Bruder oder eine Schwester. Wir haben keine Gemeinschaft mehr.
Es gibt Ausnahmen, zum Beispiel bei Familienmitgliedern oder Ehepartnern. Natürlich gelten dort weiterhin biblische Gebote, wie sie für Ehepartner gelten. Im ersten Grundsatz soll die Ehe weitergeführt werden, auch wenn ein Partner nicht gläubig ist, es sei denn, es funktioniert gar nicht.
Im Normalfall in der Gemeinde, wenn jemand an diesen Punkt kommt, soll man ihn behandeln wie einen Heiden, wie einen Zöllner, wie einen Ungläubigen.
Bisher haben wir eher den Fall persönlicher Sünde betrachtet, wo jemand etwas innerhalb der Gemeinde oder direkt zu einem Bruder tut. Aber es gibt natürlich auch andere Fälle, in denen die Sünde öffentlich oder skandalös ist.
Nach 1. Korinther 5 ist eine sehr bekannte Stelle dazu. Vielleicht ist Matthäus 18 die bekannteste Stelle zum Thema korrigierende Gemeindezucht und Gemeindeausschluss. Eigentlich müsste man Kapitel 5 und 6 lesen, um den ganzen Kontext zu verstehen. Das werde ich nicht tun, keine Sorge.
In 1. Korinther 5 spricht Paulus davon, dass Unzucht unter euch ist, und zwar eine solche, wie es sie nicht einmal unter den Heiden gibt. Dann nennt er den konkreten Fall in Korinth, dass einer die Frau seines Vaters hat. Ihr seid aufgeblasen und seid nicht traurig geworden, dass ihr den aus eurer Mitte verstoßen hättet. Das hättet ihr tun sollen, der diese Tat begangen hat.
Ich aber, der ich nicht leiblich bei euch bin, doch mit euch im Geist, habe schon, als wäre ich bei euch, beschlossen über den, der solches getan hat: Wenn ihr in dem Namen unseres Herrn Jesus versammelt seid und mein Geist samt der Kraft unseres Herrn Jesus bei euch ist, soll dieser Mensch dem Satan übergeben werden zum Verderben des Fleisches, damit der Geist gerettet werde am Tag des Herrn.
Euer Ruhm ist nicht gut. Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig durchsäuert? Darum schafft den alten Sauerteig weg, damit ihr ein neuer Teig seid, wie ihr ja ungesäuert seid.
Denn auch wir haben ein Passahlamm, das ist Christus, der geopfert ist. Darum lasst uns das Fest nicht im alten Sauerteig feiern, auch nicht im Sauerteig der Bosheit oder Schlechtigkeit, sondern im ungesäuerten Teig der Lauterkeit und Wahrheit.
Ich habe euch in dem Brief geschrieben, dass ihr nichts zu schaffen haben sollt mit dem Unzüchtigen. Damit meine ich nicht allgemein die Unzüchtigen in dieser Welt oder die Geizigen oder Räuber oder Götzendiener – sonst müsstet ihr ja die Welt räumen.
Vielmehr habe ich euch geschrieben, ihr sollt nichts mit einem zu schaffen haben, der sich Bruder nennen lässt und unzüchtig ist oder geizig oder Götzendiener oder Lästerer oder Trunkenbold oder Räuber. Mit so einem sollt ihr auch nicht essen.
Denn was gehen mich die draußen an, dass ich sie richten sollte? Habt ihr nicht die zu richten, die drinnen sind? Gott aber wird die draußen richten. Verstoßt den Bösen aus eurer Mitte!
Das heißt, die Standards der Welt sollen uns nicht interessieren. Was draußen passiert, ist zweitrangig. Wir müssen uns nicht daran orientieren oder sie richten. Das ist erst einmal nebensächlich, in welchen Sünden die Welt verfangen ist. Sie brauchen das Evangelium, nicht Gemeindezucht.
Aber jemand, der sagt: „Ich habe Gott, ich bin ein Kind Gottes, ich bin ein Nachfolger Jesu Christi“, der dann nicht so lebt, sondern in skandalöser Sünde verharrt, bei dem sagt Paulus: Greift radikal ein und entfernt diesen Menschen aus eurer Mitte!
Wenn wir Kapitel 6 weiterlesen, wird deutlich, dass Paulus genau die Sünden beschreibt, die Menschen begehen, die das Reich Gottes nicht erben werden. Das heißt, Menschen, die dauerhaft so leben, gehören gar nicht dazu.
Deswegen ist es so gefährlich, weil das die Wölfe im Schafspelz sind. Die Wölfe draußen erkennen wir klar, da haben wir Hirten, da passen wir auf und machen die Tür zu. Die Wölfe im Schafspelz unter uns sind gefährlich. Das ist der Sauerteig, der den ganzen Teig durchsäuert.
Das betont Paulus hier, und das betont die Bibel immer wieder: die öffentliche Zurechtweisung.
Irgendwie komme ich hier nicht so richtig weiter. Möchtest du mal weiterklicken? Oder auch nicht, vielleicht ist er eingeschlafen. Nicht er, sondern die Bibel. Axel ist hellwach. Danke, Axel. Nicht, dass ich hier Gerüchte streue, dann müsste er mich später noch zur Rede stellen. Danke.
Wir sind noch beim biblischen Mandat. Da sehen wir nochmal die Aspekte, die wir gerade besprochen haben: Gott züchtigt, wir haben den Auftrag, selbst auch einzugreifen, wir sollen das erst einmal auf der Ebene des persönlichen Ermahnens tun, aber es gibt auch die öffentliche Zurechtweisung.
Das ist zum Beispiel 1. Timotheus 5,19-20:
„Gegen einen Ältesten nimm keine Klage an ohne zwei oder drei Zeugen. Die, die sündigen, weise zurecht vor allen, damit auch die anderen sich fürchten.“
Eine sehr scharfe Ermahnung finden wir auch in 1. Timotheus 1, wo Paulus an Timotheus über den guten Glauben und das gute Gewissen schreibt, das er gelehrt hat. Er sagt, einige haben es verworfen und Schiffbruch im Glauben erlitten.
Dann heißt es in Vers 20:
„Unter ihnen sind Hymenäus und Alexander, die ich dem Satan übergeben habe, damit sie in Zucht genommen werden und nicht mehr lästern.“
Im Prinzip die gleiche Formulierung wie in 1. Korinther 5: dem Satan übergeben, damit sie in Zucht genommen werden.
Mir ist klar, dass diese Formulierung seltsam klingt. Was hier gemeint ist, ist, dass Paulus die Schlüsselgewalt der Apostel nach Matthäus 16 zitiert. Die Ältesten, Apostel und Gemeinde sagen: Dieser Mensch gehört nicht mehr zum Reich Gottes. Nach seinem Verhalten müssen wir sagen, er gehört zu Satan, zur Welt. Und dahin übergeben wir ihn mit dem Ziel, dass er erkennt, wo er ist, umkehrt und wieder hineinkommt.
Das ist das Ziel. Das beschreibt Paulus hier: Rausgetan aus der Gemeinde, in den Herrschaftsbereich Satans übergeben mit dem Ziel, dass er erkennt, auf welchem gefährlichen Weg er ist, umkehrt und nicht mehr lästert, sondern gewonnen wird – damit er gerettet werde am Tag des Herrn, wie es in 1. Korinther 5,5 heißt.
Das ist im Prinzip alles, was ich zum biblischen Mandat sagen will. Es gibt noch weitere Bibelstellen, aber ich hoffe, die Grundaussage ist klar: Es gibt ein biblisches Mandat zur Gemeindezucht, und dieses beginnt damit, dass wir möglichst immer auf persönlicher Ebene im Gespräch Menschen ihre Fehler zeigen.
Nachdem wir uns selbst geprüft haben und geschaut haben, wie es bei uns aussieht – wir wollen nicht besserwisserisch oder heuchlerisch sein –, wollen wir aus Liebe aufeinander achten.
Das heißt auch, dass wir einander hinweisen, vor allem wenn es eine Sünde gegen mich war, gehe ich hin. Aber auch wenn ich merke, dass jemand grundsätzlich auf falschem Weg ist, habe ich den Auftrag hinzugehen und ihn zurechtzuweisen.
Wenn Korrektur nötig ist, sollte ich mich nicht scheuen, diese zu üben, auf der kleinsten möglichen Ebene.
Wir machen diesen Felsenabend nicht, damit wir als Älteste endlich mal etwas zu tun haben und ihr zu uns kommt und sagt: „Ach ja, und der Jonas hat schon wieder das gemacht, und mit Martin ist sowieso ein Problem, und der Manfred, Mensch, wenn du wüsstest, was der wieder gesagt hat!“ Das wollen wir nicht.
Wir wollen, dass wir das untereinander tun, ganz liebevoll einander zurechthelfen. Darum geht es.
Das Ziel ist immer, und das ganz klar: Wenn ich zu jemandem hingehe, ob er gegen mich gesündigt hat oder ob ich sehe, dass er auf falschem Weg ist, dann ist das Ziel immer, deinen Bruder zu gewinnen, wie Jesus es in Matthäus 18 sagt.
Wir wollen den Bruder gewinnen, die Schwester gewinnen, damit deren Geist am Tag des Herrn gerettet wird. Das ist die Motivation.
Wir tun es, weil wir den Bruder und die Schwester lieben und ihnen das Beste wünschen.
Gibt es grundsätzlich Fragen zum biblischen Mandat in Bezug auf Gemeindezucht? Es gibt noch eine zweite Folie dazu.
Übrigens, Entschuldigung. Ja, Frank? Muss man lauter reden? Ja.
Von daher ist meine Frage: Wie begründet es sich biblisch, dass der Gemeindeausschluss allein ohne Einbeziehung der Gemeinde durch die Gemeindeleitung ausgesprochen wird?
Eine exzellente Frage, Frank, sehr gut beobachtet und präzise gefragt. In der Tat agieren wir hier nicht ganz treu nach Matthäus 18.
Wir haben unsere Gründe dafür. Ich habe die Satzung nicht geschrieben, aber es steht so in der Satzung. Wir agieren also nach der Satzung.
Ich weiß nicht genau, wie die Satzung entstanden ist und was die Motive waren. Gerade in großen Gemeinden ist oft die Frage, inwieweit es seelsorgerlich noch sinnvoll ist, die ganze Gemeinde einzubeziehen, also jeden Einzelnen.
Inwieweit haben die Ältesten von der Gemeinde als Ganzes delegierte Autorität, die sie dann ausüben? Das ist genau das, was hier in der Gemeinde geschieht.
Die Gemeinde als Ganzes hat eine Satzung verabschiedet, nach der die Ältesten die Verantwortung haben. Die Gemeinde hat Älteste berufen und ihnen diese Verantwortung übergeben, die sie dann als Repräsentanten der Gemeinde ausüben.
So agieren wir.
Von daher denke ich, kann man das biblisch rechtfertigen. Aber erst einmal ist es richtig zu sagen, dass die letzte Verantwortung für den Gemeindeausschluss bei der gesamten Gemeinde liegt.
Andererseits ist es gerade aufgrund der seelsorgerlich manchmal schwierigen Situation schwierig, die Gemeinde als Ganzes einzubeziehen.
Ich kann kurz aus meiner persönlichen Erfahrung berichten: In der Gemeinde in Washington, in der ich viele Jahre war, hatte die Gemeinde als Ganzes die Verantwortung.
Die Ältesten standen oft in der schwierigen Situation, der Gemeinde als Ganzes erklären zu müssen, was vorgefallen ist und warum sie denken, dass es Zeit ist, ein Gemeindemitglied auszuschließen.
Es wurde immer so gemacht, dass in einer Mitgliederversammlung darauf hingewiesen wurde, dass jemand ausgeschlossen werden müsste, es sei denn, er kehrt noch um.
Die Gemeinde wurde informiert, damit sie als Ganzes auf die Person einwirken kann.
In der nächsten Mitgliederversammlung, wenn sich nichts getan hatte – was gelegentlich vorkam –, kam es zum Gemeindeausschluss. Das war selten, aber es kam vor.
Das war der Weg. Doch dann gab es oft viele Fragen seitens der Gemeinde. Ich war damals ein junger Christ und neugierig.
Der Pastor hat dann gesagt, dass das, was die Gemeinde hier tut, nichts mehr mit echter Entscheidung zu tun hat, sondern dass sie in Dinge hineingeht, die schmutzig sind, und dass man das nicht tun sollte.
Er appellierte, den Ältesten Vertrauen zu schenken, dass sie weise, seelsorgerlich und liebevoll mit der Person umgehen.
So grob wurde das erzählt.
Wir haben hier bewusst eine etwas andere Entscheidung getroffen.
Gut, das war jetzt vielleicht länger als gewünscht, aber eine gute Frage.
Die Ältesten wachen über eure Seelen, so steht es in Hebräer 13,17. Den Ältesten sollt ihr folgen.
Sie sind natürlich nicht unfehlbar, und es ist legitim, auch etwas in Frage zu stellen.
In eigentlich jedem Fall von Gemeindezucht, der geübt wird, sind andere Menschen betroffen.
Normalerweise sind wir Ältesten nicht diejenigen, die auf der Lauer liegen und schauen, wo wir aktiv werden können.
Im Normalfall eskaliert es zu den Ältesten, wenn es schon eine Wahrnehmung in der Gemeinde gibt.
Was wir auch tun, ist, den Leuten zu sagen: „Hast du schon mit der Person gesprochen?“ Ich hatte gerade eine solche Situation hier im Raum, wo ich sagte: „Geh doch erst mal selber hin und klär das.“
Das ist das Ziel.
Wir bitten um euer Vertrauen.
Uns ist klar, wie wir hier standen und in zwei Fällen im letzten Jahr versucht haben, Gemeindeausschüsse der Gemeinde zu erklären.
Wir sagen klar: Wir werden nicht alles sagen. Das haben wir als Älteste beschlossen. Wir denken, das ist weise und richtig.
Wir appellieren an euer Vertrauen, dass die Ältesten ihre Aufgabe ernst nehmen und sehr sorgfältig, liebevoll, weise und vorsichtig agieren.
„Heiden und Zöllner“ war ein Begriff für die draußen, für Sünder, also für Nichtchristen.
„Wie Sünder“ könnte man auch sagen.
Oder wie an anderen Stellen die Aussage „sie dem Satan übergeben“ – das ist das Gleiche.
„Nicht mit ihnen essen“ heißt, wir sollen sie behandeln, als wären sie keine Christen.
Das ist wichtig.
Und ich denke, das darf ich an dieser Stelle sagen: Wir wollen Menschen, wenn wir sie ausschließen, weiter lieben.
Wir wollen für sie da sein.
Aber wir wollen ihnen nicht so begegnen, als hätten die Ältesten jetzt ein Problem mit ihnen und schließen sie aus, und wir machen einfach weiter wie bisher.
Das unterminiert den biblischen Auftrag.
Wir als ganze Gemeinde sollten uns das zu Herzen nehmen und sagen: „Okay, diesen Menschen wollen wir jetzt behandeln wie einen Nichtchristen.“
Das heißt, wir wollen ihn evangelisieren, ihm das Evangelium nahebringen, ihn aufrufen, sein Leben so zu leben, dass wir wieder gemeinsam sagen können: „Ja, du bist tatsächlich ein Bruder, eine Schwester, weil du durch Wort und Tat Zeugnis gibst.“
Wenn wir jemanden als Nichtchrist behandeln, heißt das nicht, dass wir sagen: „Du bist definitiv kein Christ.“
Das steht uns nicht zu.
Wir können tief in unserem Herzen Hoffnung haben, große Hoffnung.
Aber letztlich sollte ein Gemeindeausschluss nur dann geschehen, wenn wir sagen: Diese Person handelt und redet nicht so, wie es sich für einen Christen gehört.
Hier ist kein klares Glaubenszeugnis im Leben zu erkennen, und deswegen müssen wir handeln.
Ich bin mir nicht sicher, aber ich meine, in unserer Satzung wird festgelegt, dass jeder Ausgeschlossene das Recht hat, die Gemeindeversammlung gegen die Entscheidung der Ältesten anzurufen.
Diese Möglichkeit gibt es.
Darauf wird auch jeder hingewiesen. Wir haben Verfahren, auch als Älteste, bei denen wir jemandem einen Brief schreiben, wenn es zu einem Gemeindeausschluss kommt.
Gott sei Dank wurde das auch letztes Jahr so gehandhabt, als ich es selbst erlebt habe.
Da wird gesagt: Du hast die Möglichkeit, wenn du das für falsch hältst, das nochmal vor die Gemeinde zu bringen. Dann wollen wir gemeinsam darüber reden.
Die Möglichkeit gibt es.
Natürlich gibt es nie einen Gemeindeausschluss ad hoc.
Ich kann garantieren, dass immer viel passiert, bevor wir so weit kommen.
Im letzten Jahr gab es viele Gespräche, eine Vielzahl von Gesprächen in beiden Fällen über einen längeren Zeitraum.
Christian, hattest du dich noch gemeldet, oder war das erledigt?
In 1. Korinther 5 werden mehrere Sünden aufgeführt, die zum Ausschluss führen können.
Ich frage mich immer: Wenn ich Gemeindeausschluss erlebt oder mitbekommen habe, waren es meistens sexuelle Sünden.
Woran liegt das? Liegt es daran, dass sexuelle Sünde am häufigsten ist? Oder ist es die, die uns am meisten erschreckt? Oder bei der wir am wenigsten ein Auge zudrücken?
Ich hoffe, das Letzte ist nicht der Fall.
Ich hoffe, wir schauen grundsätzlich darauf, ob jemand so lebt, wie er als Christ leben sollte.
Es gibt Fälle, die sind klarer als andere.
Bei sexueller Sünde ist es relativ eindeutig: Wenn jemand sexuell verkehrt mit einer Person, mit der er nicht verheiratet ist, sagt die Bibel klar, dass das nicht geht.
Wenn jemand jeden zweiten Abend drei Bier trinkt, ist es schwer zu erkennen, ob das schon Trunkenbold ist oder nicht.
Wenn ich aber feststelle, dass jemand ein Trunkenbold ist, gehe ich hin und rede mit ihm.
Wenn er das nicht einsieht, gehen wir nach dem Verfahren vor und hoffentlich tun wir das Gleiche.
Ich wünsche mir ehrlich, dass wir in den nächsten fünf Jahren in keinem dieser Punkte aktiv werden müssen.
Hallo, ich hätte noch eine Frage: In der Bibel gibt es keine Vereine mit Mitgliedern, sondern die Gemeinde und die draußen.
Wir haben Mitglieder und Freunde.
Die Gemeindeleitung ist zuständig für die Gemeindemitglieder.
Der Ausschluss erfolgt aus dem Verein.
Es gibt auch Freunde, die zum Gottesdienst kommen. Einige sagen, sie sind Christen, andere sagen: „Wir gucken mal.“
Wie geht ihr mit Freunden um? Wie sollen wir damit umgehen, wenn jemand sagt: „Ich bin ein Freund, ich bin Christ, ich komme und mache alles Mögliche mit in der Gemeinde, aber ich bin kein Mitglied?“
Wir als Gemeindeleitung haben keine Freunde. Nein, Spaß beiseite.
Wir haben als Gemeindeleitung gesagt: Diese Kategorie kennen wir nicht mehr.
Entweder sind wir Mitglieder oder Besucher, die zum Gottesdienst kommen.
Von denen sagen wir letztlich nicht, ob sie gläubig sind oder nicht, weil sie sich nicht klar zum Leib Christi bekennen.
Wir wollen uns auch nicht klar dazu äußern.
Das heißt, wir behandeln sie grundsätzlich nicht wie Brüder und Schwestern. Es sei denn, sie gehören einer anderen Gemeinde an und kommen mal hierher.
Aber diese Kategorie gibt es biblisch nicht.
Entweder bin ich ein Glied an diesem Leib und dann Mitglied mit den anderen – und wir haben pragmatisch entschieden, wie wir das zum Ausdruck bringen wollen – oder ich bin es nicht.
Das ist legitim.
Wir freuen uns über öffentliche Gottesdienste und jeden, der kommt.
Wer Mitglied ist, für den seid ihr zuständig; wer nicht, der nicht.
Für mich als jemand, der nicht Gemeindeleitung ist, gibt es da schon Probleme.
Denn es geht ja darum, jemanden zu gewinnen und kein Bild entstehen zu lassen, dass jemand, der sich Christ nennt, anders lebt.
Ich finde die Frage, wie man damit umgeht, wichtig.
Wenn ich an Hauskreise oder andere Kreise denke, gibt es oft die Situation, dass jemand einen gewissen Lebensstil hat, der vielleicht auch andere beeinflusst.
Ich kann hingehen, aber bin ich als Hauskreisleiter zuständig oder nicht?
In der Praxis gibt es viele Grauzonen, das ist unbestritten, und es wird kompliziert, wenn wir einzelne Fälle lösen wollen.
Grundsätzlich sage ich oft Menschen im persönlichen Gespräch: Wenn du jemanden in deinem Hauskreis hast und sagst, wir sind kein evangelistischer Hauskreis, sondern ein Hauskreis von Christen, die sich versammeln, dann hast du als Hauskreisleiter eine Verantwortung für diese kleine Herde.
Du bist der Unterunterhüter dieser Herde und hast deshalb die Verantwortung, darauf zu achten.
Wenn du sagst, diese Person lebt nicht so, wie sie es tun sollte, würde ich nach dem gleichen Verfahren in Hauskreisen agieren wie in der Gemeinde: Erst ein persönliches Gespräch, dann eventuell einen zweiten mitnehmen, und dann eventuell vor den Hauskreis bringen und sagen: „Liebe Leute, die Person lebt so, dass es nicht zum christlichen Zeugnis passt.“
Vielleicht auch sagen: „Da wir kein evangelistischer Hauskreis sind, muss dir klar werden, dass du durch diesen Schritt draußen bist und nicht mehr drin.“
Wenn es ein evangelistischer Hauskreis ist, in dem bewusst Menschen dabei sind, die nicht genau wissen, wo sie geistlich stehen, wäre die Situation anders. Dann bliebe nur das Persönliche.
Aber sobald das Zeugnis andere beeinflusst, also dieser Sauerteig jemanden betrifft, bist du als Hauskreisleiter gefordert.
Schwer, aber notwendig.
Liesel Wimmer meldet sich mit einer praktischen Frage: Bei „Heiden und Zöllner“ heißt es, man soll keine Gemeinschaft mit ihnen haben, nicht zu ihnen nach Hause gehen oder mit ihnen essen.
Wenn wir jemanden gewinnen wollen, dann werden wir nicht mit ihm Gemeinschaft haben.
Ich denke auch an Kinder, die ausgeschlossen werden von Gemeindemitgliedern.
Das ist eine Situation, die ich praktisch schwer handhaben kann.
Noch einmal: In der Praxis werden viele Dinge sehr kompliziert.
Was du vermeiden willst – und ich vertraue dir da voll und ganz mit deiner Weisheit –, ist, jemand, der nicht so handelt, wie es sich für einen Christen gehört, auch so zu behandeln.
Das Verhalten gegenüber dieser Person sollte sich ändern, wenn sie aus der Gemeinde ausgeschlossen wird.
Wenn wir uns bei diesem einfachen Unterscheidungspunkt belassen: Hat sich das Verhalten einer Person gegenüber zu ändern, wenn diese Person ausgeschlossen wird?
Ich würde sagen: eindeutig ja.
Wie das ganz konkret aussieht, ist unterschiedlich.
Das Gemeinschaftsmahl hatte in der damaligen Kultur auch eine andere Bedeutung als heute.
Wenn es jemand aus dem weiteren Familienumfeld ist, sieht die Geschichte nochmal anders aus.
Grundsätzlich denke ich aber, unser Verhalten gegenüber einer ausgeschlossenen Person sollte sich ändern.
Nochmal: Wir reden hier über den Extremfall, von dem ich hoffe, dass wir gar nicht so weit kommen, weil wir rechtzeitig aufeinander einwirken.
Gründe für Gemeindezucht
Machen wir noch weiter, ich habe nämlich noch zwei Punkte, dann sind wir auch durch. Also, was für Gründe gibt es für Gemeindezucht? Verschiedene – das war ja die Frage von Christiane. Gibt es immer nur diesen einen Grund? Nein, es gibt verschiedene.
Das eine ist die einfache Sünde gegen jemanden, ja, das ist Matthäus 18,15. „Wenn dein Bruder an dir sündigt“ – das ist also nicht öffentlich skandalös, außer ehelicher Geschlechtsverkehr, sondern es ist irgendetwas, wo dein Bruder an dir sündigt und darin beharrt. Trotzdem werden Menschen hinzugezogen. Das wird letztendlich ja Konflikt in die Gemeinde hineinbringen, und das soll nicht sein in der Gemeinde Gottes. Wir sollen einander lieben, und wenn diese Liebe dauerhaft gestört ist, dann sollen wir eingreifen. Das heißt, wir sollen in letzter Instanz einen solchen Bruder ausschließen.
Ein weiterer Grund ist eine Handlung gegen den Frieden in der Gemeinde als ganz Allgemeines. Da gibt es eine Aussage im Römerbrief, am Ende des Römerbriefs, Kapitel 16, Vers 17: „Ich ermahne euch aber, liebe Brüder, dass ihr euch in Acht nehmt vor denen, die Zwietracht und Ärgernis anrichten, entgegen der Lehre, die ihr gelernt habt, und euch von ihnen abwendet.“ Also Menschen, die Zwietracht und Ärgernis säen, von solchen Menschen sollen wir uns absondern. Denn der Frieden in der Gemeinde ist ein hohes Gut. Wer gegen den Frieden in der Gemeinde agiert, handelt gegen den Herrn der Gemeinde, gegen Jesus Christus.
Paulus schreibt auch an Titus in Kapitel 3, Vers 10: „Einen ketzerischen Menschen meide, wenn er einmal und noch einmal ermahnt ist.“ Ermahnen, nochmal ermahnen, aber dann meiden – irgendwann reicht es. Also Handlung gegen den Frieden, Sünde gegen eine einzelne Person, die nicht zu beheben ist und trotz mehrerer Zeugen nicht behoben werden kann.
Ein weiterer Grund ist skandalöses Handeln gegen die Gebote Gottes. Das ist genau der Punkt, den wir bedacht haben: etwas, was selbst in der Welt nicht vorkommt oder wo selbst die Welt um uns herum sagt: „So etwas geht ja gar nicht.“ Das erfordert auch, dass wir eingreifen, weil es letztendlich den Namen unseres Herrn in den Dreck zieht. Unser Gott ist heilig, und wir wollen ihn repräsentieren. Das heißt, wenn hier in der Gemeinde Dinge passieren, wo die Welt sagt: „Und das wollen Christen sein?“ – das darf nicht sein. Dann wollen wir wieder eingreifen. Es ist notwendig, Schritte zu unternehmen, um die Reinheit und Heiligkeit der Gemeinde zu fördern.
Skandalöses Handeln könnte also ein Grund sein. Dauerhaft uneinsichtiges Handeln gegen Gottes Gebot kann ebenfalls ein Grund sein. Das heißt, wenn jemand durch seine Werke letztendlich das verleugnet, was er mit dem Munde bekennt. Titus 1,16 sagt: „Sie sagen, sie kennen Gott, aber mit den Werken verleugnen sie ihn. Ein Gräuel sind sie und gehorchen nicht und sind zu allem guten Werk untüchtig.“ Das ist eine Ermahnung gegen Menschen, die durch ihr Handeln dauerhaft zeigen, dass das, was sie mit dem Munde bekennen, einfach nicht stimmt.
Nochmal: Wir wollen vorsichtig sein, geduldig sein und positiv lehren. Wir leben in einer verwirrten Welt. Wir alle sind geprägt durch unsere Umwelt, und unsere Umwelt ist durchsetzt von Sünde und korruptem Denken. Das hat uns alle irgendwo auch betroffen. Das heißt, manche Menschen legen Handlungen an den Tag, die überhaupt nicht zu ihrem Bekenntnis passen, von denen sie aber vielleicht nicht wissen, dass sie nicht dazu passen.
Deswegen wollen wir erst einmal positiv belehren. Wir wollen hingehen und sagen: „Ist dir eigentlich schon mal aufgefallen? Weißt du eigentlich...?“ Ich werde nie vergessen, wie ich als frisch bekehrter Christ am 11. Januar 1998 zum Glauben kam. Damals saß ich hier am Sendlinger Tor in meiner kleinen Bude, las abends in der Bibel und kam im Epheserbrief an die Stelle: „Betrinkt euch nicht mit Wein, sondern seid erfüllt mit dem Heiligen Geist.“ Ich wollte gerade noch weiterlesen, bevor ich mich mit einem Kumpel traf, den ich noch aus der Schulzeit kannte, um ein paar Bier zu trinken. Ich dachte: „Boah, das war mir noch gar nicht bewusst.“ Einige andere Themen hatte ich schon aufgearbeitet, aber okay, vielleicht trinke ich heute Abend auch ein paar Bier weniger. Ich wusste es wirklich nicht, ich war so blöd. Und das geht ganz vielen so.
Manchmal kommen Menschen aus einer Gemeinde und haben vielleicht zehn Jahre lang ein Thema nicht angesprochen oder es ist falsche Lehre darüber verbreitet worden. Das heißt, wir wollen erst mal geduldig eingreifen und die Menschen belehren – und zwar mit einer offenen Bibel in der Hand. Wir wollen ihnen das zeigen.
Aber wenn sie dann uneinsichtig bleiben in ihrem Handeln gegen Gottes Gebote, dann sollen wir uns trennen, von diesen Menschen lossagen. Wenn wesentliche biblische Lehren abgelehnt werden, wenn die gute Lehre von Gottes Wort abgelehnt wird, dann sollen wir früher oder später sagen: Wer sich nicht unter Gottes Wort stellt, wer Gottes Wort ständig in Frage stellt und ablehnt, der kann noch so lange sagen: „Ich gehöre zu Christus.“ Aber ihm ist egal, was Gott sagt. Er glaubt Gott, hört ihm aber nicht zu und hält eigentlich gegen sein Wort. Das geht nicht, das ist uns allen klar.
Das wären alles Gründe, warum Gemeindezucht notwendig werden könnte, denke ich, relativ klar. Noch einmal: Dass wir außer in diesem einen Bereich keinen Fall hatten, ist doch wunderbar. Und in den gut viereinhalb Jahren, die ich jetzt hier in der Gemeinde bin, hatten wir auch nur zwei solcher Fälle. Also nicht so, dass wir ständig Gemeindezuchtfälle haben. Aber wir reden mit Leuten natürlich über alle möglichen Dinge.
Fragen zu diesen Gründen für Gemeindezucht: Es ist nicht immer ein Ausschluss nötig – das wäre der allerletzte Schritt. Das sind alles Gründe, warum wir anfangen, mit Menschen ein Gespräch zu führen, am besten erst einmal ein persönliches Gespräch.
Punkte sind klar? Ich hätte eine Frage zu diesem „uneinsichtig“: Ob man das irgendwo in der Bibel herauslesen kann? Denn wir selbst – es gibt ja doch Dinge in unserem Leben, von denen wir wissen, dass sie gegen Gottes Gebote sind, die wir trotzdem immer und immer wieder tun. Also gut, wir wissen, dass sie gegen Gottes Gebote sind und sind in dem Sinn vielleicht auch einsichtig. Aber kann man das auch irgendwo aus der Bibel lesen? Das würde mich jetzt mal interessieren, weil da steht jetzt...
Du meinst ein dauerhaft uneinsichtiges Fehlverhalten? Das ist eine legitime Frage. Ich wollte für mich nur klar haben, was du meinst.
In gewisser Weise ja, weil ich weiß nicht, ob ich die Einzige im Raum bin, die das kennt, aber dass man immer wieder... Wir alle kennen das, Johanna, deswegen ist das eine durchaus legitime Frage. Die Frage ist dann tatsächlich – da würde ich sowieso gleich im nächsten Punkt noch drauf kommen –, wie Gemeindezucht genau funktioniert.
Aber ich würde mal sagen: Die erste Frage, die ich stelle, wenn ich mit jemandem zu tun habe, also wenn wir beide ins Gespräch kommen und ich eine Sünde bei dir feststelle, die ich vielleicht auch habe, aber ich sehe das bei dir und denke: „Mensch, Johanna, wir müssen mal darüber reden.“ Vielleicht sage ich dir sogar: „Hey, ich kämpfe damit auch, aber mir fällt das bei dir auf, und ich weiß einfach nicht, hast du es erkannt? Arbeitest du aktiv daran?“
Wenn du sagst: „Ja, ich weiß das“, dann ist für mich immer eine diagnostische Frage wichtig, die ich mal direkter und mal sehr indirekt stelle: Auf welcher Seite stehst du? Kämpfst du gegen deine Sünde und scheiterst einfach immer wieder? Oder verteidigst du deine Sünde, weil sie dir so gut gefällt und sagst: „Das ist für mich okay“?
Und das ist für mich genau der Punkt. Wenn sich jemand auf die Seite Gottes gegen seine eigene Sünde stellt, ist das für mich ein hervorragendes Zeichen. Dann sage ich: Wir sind in einer Weggemeinschaft unterwegs und wollen einander dabei helfen, erfolgreich zu sein im Kampf gegen die Sünde.
In der Tat hoffe ich, so mancher von uns hat eine solche Weggemeinschaft. Ich habe mit mehreren Menschen zu tun, die zum Beispiel mit Pornografie oder Selbstbefriedigung zu kämpfen haben. Sie haben mich eingeladen, sie regelmäßig danach zu fragen, weil sie sagen: „Ich brauche das, das hilft mir.“ Ich habe mit Menschen schon darüber nachgedacht: Wie können wir an dem Punkt, wo ich immer wieder falle, zusammenarbeiten? Ich habe einen Lästermaul – wie kriege ich das in den Griff? Kannst du darauf achten, wie ich rede? Kannst du mir Feedback geben, mir eine E-Mail schreiben oder mich direkt ansprechen?
Also, da wollen wir einander helfen. Das Ziel ist immer, einander voranzubringen. Wir sind alle Sünder, aber wir sind nicht Weggemeinschaft voller Sünder. Hier geht es darum, Gemeindezucht fängt damit an, erst einmal positiv zu sagen, wie es sein sollte, und dann im Notfall einander darauf hinzuweisen, wo es vielleicht nicht passt. Wenn wir das erkannt haben, können wir gemeinsam überlegen, wie wir dagegen vorgehen.
Sobald sich jemand auf die Seite Gottes gegen seine eigene Sünde stellt, denke ich, haben wir den Kampf schon fast gewonnen.
Genau. Deswegen haben wir mit den Einsichtigen nicht ganz so viel zu tun. Aber gute Frage, legitim.
Gemeindezucht als Ausdruck von Liebe und Fürsorge
Gut, dann kommen wir zum letzten Punkt. Mein letzter Punkt lautet: Gemeindezucht ist etwas Gutes. Gemeindezucht ist etwas Gutes, und ich möchte auf fünf Faktoren kurz eingehen. Wir sollten Gemeindezucht aus fünf Gründen üben, und ich werde jeweils noch ein bisschen mehr dazu sagen: zum Wohl der ausgeschlossenen Person, zum Wohl anderer Christen, für die Gesundheit der Gemeinde als Ganzes, für das gemeinsame Zeugnis der Gemeinde nach außen und zur Ehre Gottes, dessen Heiligkeit wir widerspiegeln sollen.
Der letzte Punkt war auf einer späteren Folie, den habe ich vorgezogen, weil ich ein paar Punkte hinten weggestrichen habe. Den könnt ihr doch mal ignorieren. Aber das sind fünf Aspekte, über die wir noch kurz nachdenken wollen.
Warum ist Gemeindezucht gut? Warum sollten wir das wollen in unserer Gemeinde und nicht sagen: „Mensch, die Gemeindeleitung, wenn sie jetzt zwingend hier mit Brachialgewalt das irgendwie biblisch durchdrücken will, mir fällt jetzt kein anderes Argument mehr ein, dann werde ich das knirschend irgendwie über mich ergehen lassen“? Nein! Wir wollen das gemeinsam leben, weil es gut ist. Wir wollen das tun, und den Punkt haben wir jetzt schon klar gemacht: zum Wohl der ausgeschlossenen Person oder zum Wohl der korrigierten Person erst einmal.
Wir wollen Menschen dabei helfen, den Weg zu Gott hin konsequent zu gehen, und wir wollen sie dabei begleiten. Das heißt, wir wollen sie belehren und auch mal korrigieren. So wie ich als Vater ein Interesse daran habe, dass meine Töchter zu wunderbaren jungen Frauen heranwachsen, und das heißt, dass ich sie ganz oft ermutige und ihnen sage: „So macht man das, und das finde ich super.“ Aber ab und zu sage ich auch mal: „Nein, so geht das nicht, hör auf damit.“ Das mache ich aus Liebe, weil ich meine Töchter liebe und will, dass sie auf einem guten Weg sind.
Das heißt, sowohl die formative, die zurechtziehende, die erziehende Zucht als auch die korrigierende Zucht hat immer das Ziel, dem Menschen Gutes zu tun. Wir wollen ihnen dabei helfen, den Weg zu Gott konsequent weiterzugehen. Das Zweite, und nochmal: Paulus betont das immer wieder, ist, dass das Ziel immer ist, dass die Menschen aufhören, aus ihrer Sünde herauskommen, erkennen, dass sie auf falschen Wegen sind, und umkehren. Das ist immer das Ziel. Wir wollen den Bruder gewinnen.
Der zweite Aspekt: Wir wollen Gemeindezucht üben zum Wohle anderer Christen. Die öffentliche Zurechtweisung, das öffentliche Ansprechen von Sünde, sobald es also mehrere Leute betrifft, ist hilfreich auch für die, die dabei sind. Denn ihnen wird vielleicht klar: „Hey, das ist problematisch.“ Das kann Teil der Belehrung zu einem bestimmten Thema sein, aber auch eine Ermahnung, die dazu führt, dass ich mich selbst reflektiere. Gerade wenn ich ernst nehme, was Jesus in Matthäus 7 erklärt.
Ich sehe plötzlich, ich habe selber einen Balken in meinem Auge. Die Gemeindezucht bei der anderen Person ist vielleicht angebracht, aber bei mir wäre sie vielleicht genauso angebracht gewesen, wenn die Leute das nur wüssten. Und deswegen will ich die Dinge in meinem Leben in Ordnung bringen. Ich will mich jemandem offenbaren, ich will einfach Veränderung zulassen in meinem Leben. Das heißt, Gemeindezucht in Bezug auf eine Person hat letztendlich auch eine Schutzfunktion für andere, die hier etwas erkennen können.
Das heißt, Gemeindezucht ist gut, auch Gemeindeausschluss ist gut, sowohl für die ausgeschlossene Person als auch zum Wohle anderer Christen, die mitbekommen, dass bestimmte Sünde vielleicht sehr ernst ist.
Der dritte Punkt klingt im ersten Moment vielleicht etwas genau, ist aber doch wichtig: für die Gesundheit der Gemeinde als Ganzes. Im 1. Korinther 5 haben wir betrachtet, wie Paulus erklärt, dass ein bisschen Sauerteig den ganzen Teig durchsäuert. Sünde ist wie ein Krebsgeschwür, das sich immer weiter ausbreitet. Das heißt, wenn ich bestimmte Dinge einfach laufen lasse und wegschaue, und wir sagen: „Also jetzt mit der sexuellen Sünde zum Beispiel, das hat ja so viel Stress gemacht und das versteht heute auch keiner mehr, und da muss man immer tausendmal argumentieren, was sollen die Leute doch manchmal so wollen“, dann bin ich mir sicher, das weitet sich aus bis zu dem Punkt, wo wir dann genau da ankommen, wo 1. Korinther 5 steht.
Wir sehen das in der Welt, wie sich Sünde ausbreitet, nicht wahr? Sexuelle Sünde war vor 50 Jahren – außerehelicher Sex oder Geschlechtsverkehr – selbst in der Welt noch verpönt. Heute reden wir, ob Pädophilie eigentlich ein Problem ist. Und natürlich nicht nur in diesem Bereich, auch „Du sollst nicht töten“ – aber wie sieht es aus mit Menschensterbehilfe, Schwangerschaftsabbruch? Das breitet sich alles aus.
Wir werden die Welt reflektieren, wir werden es genauso machen wie die Welt, wenn wir hier nicht Grenzen ziehen, wenn wir nicht eingreifen. Das heißt, zur Gesundheit der ganzen Gemeinde sollen wir immer wieder daran denken, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig durchsäuert. Das Ganze ist gut für die Gemeinde, weil wir dann auf einem guten Weg gemeinsam sein können.
Damit ist dieser Punkt eng verbunden mit dem vierten Punkt: für das gemeinsame Zeugnis der Gemeinde in der Welt. Wir wollen nicht dieser Welt gleich sein, wir wollen uns ihr nicht anpassen, wir wollen uns nicht die Standards der Welt auferlegen lassen. Wir wollen der Welt ein Beispiel sein für Reinheit, Liebe und Gottesfurcht. Wir wollen die Heiligkeit Gottes in diese Welt hinein reflektieren.
Wir wollen das Evangelium sichtbar machen durch unser Leben. Wir wollen zeigen, dass wir eine Kraft haben, eine uns verändernde Kraft, den Heiligen Geist, die die Welt nicht hat. So soll die Welt begierig danach werden und sagen: „So wie ihr lebt, das ist anders. Die Liebe, die ich zwischen euch sehe, die ist beeindruckend, das will ich auch.“
Wir wollen der Welt etwas vorleben, das zeugnishaft ist. Das funktioniert aber nur, wenn wir zum Beispiel den Unfrieden in der Gemeinde nicht zulassen, sondern dagegen vorgehen. Wenn wir Lieblosigkeit in der Gemeinde nicht zulassen, sondern dagegen vorgehen. Wir wollen dafür sorgen, dass die Braut Christi schön und herrlich ist, dass die Gemeinde herrlich ist und dieser Welt Zeugnis gibt von der Weisheit und Herrlichkeit Gottes.
In der Tat schreibt Paulus im Brief an die Epheser, Kapitel 3, Vers 10, dass dieses Zeugnis nicht nur für die sichtbare, sondern sogar für die unsichtbare Welt sein soll. Selbst die Mächte und Gewalten im Himmel sollen die Weisheit Gottes erkennen durch die Gemeinde, heißt es dort.
Last but not least: Soli Deo Gloria – zur Ehre Gottes, allein zu Gottes Ehre. Wenn wir der Welt ein Abbild von Gott sein wollen, dann ist das ja auch das, was Gott will. Wir sollen so leben, wie Gott das will. Und was sagt Gott? Wie sollen wir leben? Wir sollen heilig und tadellos sein.
Was ist der Auftrag, unsere Berufung? „Ihr sollt heilig sein, wie auch ich heilig bin, in eurem ganzen Wandel“, heißt es im 1. Petrusbrief. So wie der, der euch berufen hat, heilig ist, sollt auch ihr heilig sein in eurem ganzen Wandel. Wir sollen ein heiliges Volk sein.
Deswegen dann der Aufruf in 1. Petrus 2, Vers 11: „Enthaltet euch von fleischlichen Begierden, die gegen die Seele streiten, und führt ein rechtschaffenes Leben unter den Heiden, damit die, die euch verleugnen, als Übeltäter eure guten Werke sehen und Gott preisen am Tag der Heimsuchung.“
Wir wollen in allem, was wir tun, Gott die Ehre geben. Das heißt, wir wollen danach streben, heilig zu sein. Und das heißt, wir wollen einander dabei helfen. Deswegen wollen wir sowohl die formative, die prägende, die lehrende Zucht üben als auch die korrigierende, um uns immer wieder auf den richtigen Weg zu bringen, damit wir Gott ähnlicher werden und so seinen Segen erfahren.
Das ist alles, was ich zu diesem eigentlich mal letzten Punkt zu sagen habe: Gemeindezucht ist etwas Gutes – zum Wohl der betroffenen Person, zum Wohl anderer Christen, für die Gemeinde, für die Gesundheit der Gemeinde als Ganzes, für das Zeugnis in die Welt hinein und zur Ehre Gottes.
Gibt es Fragen oder Anmerkungen dazu? Es ist warm, ich weiß, deswegen habe ich mir fest vorgenommen, um neun Uhr fertig zu sein. Das ist eine Minute vor neun.
Aber da ist eine Frage von Doris: „Ist es nicht auch so, dass wir den Heiligen Geist dämpfen, wenn wir Sünde in unserem Leben oder in der Gemeinde zulassen?“ Aber natürlich, diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, wie überhaupt alles, was ich in so einem thematischen Vortrag sagen kann, nie alles umfasst, was die Bibel lehrt.
Wir wollen den Heiligen Geist nicht dämpfen, wir wollen ihm Raum geben, damit wir individuell und gemeinsam wachsen können dem Herrn entgegen. Sehr gut, danke für den Hinweis.
Das war der erste Punkt, den ich versucht hatte zu erklären. Das heißt, die Person, die in letzter Instanz vielleicht aus der Gemeinde ausgeschlossen wird, wird ausgeschlossen mit dem Ziel, das Paulus an mehreren Stellen beschreibt, nämlich dass Menschen Satan übergeben werden, damit sie sehen, da draußen kriegen sie jetzt ein klares Zeugnis: Die ganze Gemeinde sagt, so wie du lebst, gehörst du nicht zum Reich Gottes. So wie du lebst, bist du auf einem ganz gefährlichen Weg. Und dieses gemeinsame Zeugnis der Gemeinde – jetzt sind es nicht nur zwei, drei Leute, die irgendwie so eine komische Ansicht haben, sondern die ganze Gemeinde schließt diese Person aus und lebt es dann auch so.
Das Ziel ist, dass die Person erkennt: Ich bin auf falschen Wegen, das ist wirklich gefährlich, ich muss zurück, ich muss zurück. Das ist das Ziel.
So, dann bin ich bei meinem allerletzten Punkt.
Gemeindezucht aus rechten Motiven
Keine Gemeindezucht aus niederen Motiven – und das ist schwierig. Ich glaube, ich kenne das: Für uns als Älteste ist das eine enorme Herausforderung, wenn man lange mit jemandem über ein Thema ringt, lange ringt, wenn man versucht, diese Person zurückzugewinnen und dabei im Prinzip Niederlage um Niederlage erleiden muss.
Dann gilt es, sein Herz zu schützen, zu sagen: „Ich werde jetzt nicht fordern und jetzt zeige ich es ihr.“ Stattdessen sage ich: „Ich will die Person zurücklieben. Ich will sie zurück in die Gemeinde holen.“ Deshalb agiere ich jetzt nicht zornig, aus Hass oder blindwütig, sondern liebevoll. Ich versuche es sogar noch in einem Gemeindenausschlussbrief, um mit der Person zu ringen.
Das ist schwer. Und das ist etwas, wofür ihr für uns beten könnt: dass Gott uns immer wieder diese Liebe für die Herde ins Herz gibt, die Liebe auch für die Einzelnen. Dass wir immer so agieren. Und wir als Gemeinde sollten immer so leben.
Wenn ich zu jemandem gehe und ihn auf eine Sünde hinweise, dann gehe ich nicht hin und sage: „Christian, hast du Samuel schon wieder ins Ohr geflüstert? Du Penner, lass das sein!“ Stattdessen sage ich: „Christian, ich habe so den Eindruck, du flüsterst Samuel die ganze Zeit Dinge ins Ohr. Was ist so wichtig?“
Vielleicht tut er das gar nicht. Ihr wisst, Christian muss heute einfach leiden. Auch hier will ich erst mal mein Herz prüfen: Wenn ich auf jemanden zugehe, wenn ich jemanden anspreche, tue ich das, weil ich das Gute der Person will? Habe ich im Blick, dass Christian vielleicht auf Abwegen ist und er mein Bruder ist, den der Herr Jesus sehr, sehr geliebt hat? Der sich für ihn hingegeben hat und den ich deshalb auch liebe? Und ich will, dass er den Weg, den er bisher so gut gegangen ist, weitergeht. Dann gehe ich hin und spreche aus Liebe zu ihm.
Und da sollten wir immer wieder drum ringen. Das heißt: Ich zumindest habe es mir zur Aufgabe gemacht, wenn ich mit Menschen über Dinge rede, bei denen ich den Eindruck habe, hier muss ich etwas ansprechen, wirklich vorher zu beten und Gott zu bitten, mir Liebe zu geben für die Person und mir zu helfen, die Wahrheit in Liebe zu sagen. Das sollte immer unsere Motivation sein.
Das könnte auch ein guter Grund sein, vielleicht einmal keine Gemeindezucht zu üben, wenn mein Herz selber nicht da ist. Damit meine ich auf der niedrigsten Basis: persönlich ansprechen. Wenn mein Herz einfach nicht da ist, wenn ich nicht in der Lage bin, die Person liebevoll anzusprechen, dann vielleicht einfach auch mal zu schweigen.
Ich hatte gerade heute Nachmittag interessanterweise ein Gespräch mit jemandem, der nicht hier ist, aber heute ein Gespräch, bei dem wir genau über so einen Fall gesprochen haben. Ich habe gesagt: „Vielleicht ist es dann gut, dass du einfach gar nichts sagst.“ Er hat auch gesagt: „Ja, du hast recht, das mache ich auch nicht.“ Das fand ich super, das fand ich ganz klasse, wie er reagiert hat.
Er hat sich in gewisser Weise korrigiert, als ich ihn über eine Sache, die er korrigieren wollte, angesprochen habe. Er hat gemerkt, er ist nicht da, er kann es im Moment nicht und will jetzt erst mal darüber beten und sehen, dass er es dann entsprechend tun kann.
Und wenn wir korrigieren, wollen wir erst sicherstellen, dass wir nichts falsch verstanden oder falsch interpretiert haben. Vielleicht muss die Person erst noch vom Wort Gottes belehrt werden. Vielleicht hat sie selber noch gar nicht erkannt, dass da wirklich ein Problem ist.
Wir wollen nicht unterstellen, dass die Person bewusst in Sünde lebt oder handelt. Wir wollen auch klar kommunizieren – auch als Gemeinde wollen wir einander klar kommunizieren: Was erwarten wir eigentlich voneinander? Wie wollen wir miteinander leben?
Deshalb haben wir eine Satzung, in der wir bestimmte Dinge festgeschrieben haben, wie wir gemeinsam leben wollen und was unsere Erwartung an jedes Mitglied ist. Wir überlegen auch, ob wir das vielleicht noch etwas ausführlicher in anderer Form definieren sollten. Das sind alles Dinge, die wir tun wollen.
So viel zur Gemeindezucht – ein heißes Eisen. Ich hoffe, es ist trotzdem hilfreich, darüber nachzudenken. Und ich hoffe, dass es uns nicht weggehen lässt, so mit der Faust in der Tasche, sondern mit einem Herzensanliegen, einander zu helfen auf dem Weg der Heiligung.
Es gibt jetzt noch eine letzte Gelegenheit, Fragen zu stellen, falls noch welche da sind. Doris, du hast noch eine Frage.
„Sie haben ja manchmal die gleichen Ursachen. Inwieweit wird die Gemeinde auch informiert, wie bei den Gemeindenausschlüssen? Denn ich denke, das wäre schon wichtig, dass man da nicht einfach beim Austritt oft gar nichts hört. Oft sind es ja die gleichen Ursachen, nur dass der Austritt agiert und nicht die Gemeinde.“
Es kann natürlich vorkommen, dass jemand austritt, präventiv – so nach dem Motto: „Die haben es ja noch nicht mitgekriegt, jetzt gehe ich schnell raus, um mir das zu ersparen.“ Das wird vorkommen.
Wir haben als Gemeindeleitung vor gut einem Jahr, etwas länger ist es schon her, vielleicht anderthalb Jahren, entschieden, dass wir niemanden mehr austreten lassen, nur um sich der Gemeindezucht zu entziehen. Wir denken, dass das biblisch nicht in Ordnung ist.
Warum? Es gibt noch viele andere Gründe, die man dazu sagen könnte. Zum Beispiel, wenn die Person jetzt in eine andere Gemeinde geht und nach außen den Eindruck vermittelt: „Ich bin womöglich aus der Gemeinde ausgetreten, weil die Gemeinde irgendwie blöd war, nicht liebevoll oder so.“
Ich möchte, wenn mich jemand anruft, ihm sagen können: Wenn jemand hier ausgetreten ist, dann ist das eigentlich immer etwas, wo wir sagen: Grundsätzlich lassen wir eine Person im Guten austreten. Wir führen auch ein Austrittsgespräch.
Es ist völlig legitim, dass jemand sagt: „Die Lehre in der Gemeinde gefällt mir nicht“ oder „wie Matthias predigt, gefällt mir nicht“. Das ist alles legitim. Leute können hier aus vielen Gründen austreten. Und natürlich, wenn man wegzieht, dann wünschen wir uns das sogar.
Aber wenn jemand austritt, dann ist für uns immer das Ziel, dass wir in einer bereinigten Beziehung auseinandergehen und immer noch sagen: Die Person ist ein Bruder, eine Schwester in Christus, die aus Gründen, die wir manchmal mehr und manchmal weniger nachvollziehen können, aus der Gemeinde austritt.
Aber wie gesagt: Ein präventives Austreten, um Gemeindezucht zu entgehen, lassen wir nicht mehr zu. Wir hatten den Fall bisher noch nicht.
In den beiden Fällen, in denen wir Gemeindezucht geübt haben, hatten wir nicht die Situation, dass jemand präventiv ausgetreten ist. Das heißt, wir haben diese Entscheidung nicht aufgrund eines konkreten Falles getroffen. Wir haben einfach mal am grünen Tisch darüber gesprochen, weil es das in der Vergangenheit immer mal wieder gegeben hat.
Die Gemeinde war oft im Unklaren, teilweise auch über die Sünde und über Betroffene, die noch mit dranhingen. Wir denken, das ist für die Klarheit in der Gemeinde wichtig.
Das heißt, konkret würde das wohl so aussehen, dass wir der Person sagen würden: „Nein, du bist nicht in einer Situation, in der du noch austreten kannst, weil das nicht mehr deine Aufgabe ist.“
Brian Porter: „Der erste Grund, wieso Gemeindezucht gut ist, ist zum Wohl der Betroffenen. Wenn diese Person ihre Sünde erkennt, Buße tut und umkehrt – wie ist dann der Weg zurück in der Gemeinde praktisch gesehen?“
Wir hatten so eine Situation vor gar nicht so langer Zeit, in meiner Zeit hier in der Gemeinde. Da war jemand, der noch nach altem Verfahren rechtzeitig ausgetreten war, um Gemeindezucht zu entgehen.
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob die Gemeindeleitung damals gesagt hat, dass es quasi ein Gemeindezuchtfall war, aber die Person hat hier in der Gemeinde gestanden und öffentlich ein Sündenbekenntnis abgelegt. Dieser Person wurde öffentlich Vergebung zugesprochen.
Die Person haben wir danach in der Gemeinde wieder aufgenommen – und jubilierend. Für mich war das in den viereinhalb Jahren hier einer der bewegendsten Momente, als die Person, die, glaube ich, damals auf deinem Platz saß, aufstand, nach vorne kam und das sagte.
Das hat mich sehr berührt, weil ich vorher intensive Gespräche mit dieser Person geführt hatte und wusste, dass sie wirklich Dinge eingesehen hatte. Er ist immer noch kein Heiliger – das sind wir alle nicht – aber er hat wirklich erkannt, dass er auf Abwegen war. Er hat sich öffentlich zu seiner Schuld bekannt. Preist den Herrn dafür!
Und eines möchte ich noch sagen: Man könnte den Eindruck haben, wir haben hier nur negative Fälle. Wir nennen keine Namen und keine konkreten Fälle, aber wir hatten dieses Jahr zwei Personen, die wirklich auf einem ganz kritischen Weg waren. In beiden Fällen waren wir nah dran zu sagen: Wir haben keine andere Wahl mehr.
In einem Fall habe ich einen Brief geschrieben, der sehr intensiv war. Lars hat ihn gelesen, nicht nur Matthias. Wir haben gemeinsam sehr scharf formuliert – und die Person ist umgekehrt.
Das erleben wir immer wieder, und wir preisen Gott dafür. Das werdet ihr nie erfahren, all die jubilierenden Beispiele – es sei denn, die Person stellt sich irgendwann mal hin und erzählt davon. Aber das erleben wir.
Dafür sind wir Gott so dankbar, weil wir sehen, dass Gott dieses Prozedere gebraucht – zum Wohl von Menschen, zu seiner Ehre und zum Guten der Gemeinde.
Ihr kriegt immer nur die schlechten Fälle mit. Ihr Lieben, danke, dass ihr so geduldig wart an diesem warmen Frühlingstag – es ist ja noch warm.
Wir stehen auf und singen ein letztes Lied. Das ist, denke ich, ein gutes Gebet. „Herr, das Licht deiner Liebe leuchte auf“ – in der dritten Strophe singen wir davon, wie wir uns wünschen, dass Gott uns immer mehr verwandelt, wenn wir auf ihn schauen, damit wir ihm ähnlicher werden.
Lasst uns das gemeinsam singend beten.