Einführung in das Thema Gemeindegründung
Nun wollen wir heute Morgen mit dem Thema „Vom Hauskreis zur Gemeinde“ fortfahren. Vielleicht ist irgendwo ein Hausbibelkreis entstanden, der den Wunsch hat, sich in Richtung neutestamentliche Gemeinde weiterzuentwickeln.
Dann stellt sich die Frage: Wie sind die Schritte vom Hauskreis zur Gemeinde?
Zunächst möchte ich euch zeigen, dass Gemeindegründungen auf ganz verschiedene Weise geschehen können. Ich habe verschiedene Modelle genannt, die ihr auf eurem Ausdruck findet. Es sind eigentlich sieben Modelle, wobei fünf die Hauptmodelle sind. Die zwei anderen habe ich zusätzlich erwähnt.
Das Missionarsmodell als häufigste Gemeindegründungsform
Da ist zum Beispiel als Erstes das Missionarsmodell. Ich glaube, weltweit gesehen ist das das häufigste Modell: Ein gemeindegründender Missionar, ein Evangelist oder ein Bruder, ein Mann oder ein Ehepaar zieht an einen Ort und beginnt dort ganz gezielt und bewusst, eine Gemeinde zu gründen.
Wir finden dieses Modell auch in der Apostelgeschichte. Es ist eine legitime Methode. Gott gebraucht Menschen, begabte Menschen, die vielleicht auch auf diese Weise begabt sind, kontaktfreudig sind und missionarisch wirken können. So bauen sie Gemeinde auf.
Das Missionarsmodell ist weltweit das Modell, das Gott am häufigsten gebraucht. Da ich weiß, dass auch einige hier unter uns sind, die gemeindegründend tätig sind – als Missionare ausgesandt hier in die Stadt Berlin oder Umgebung – möchte ich hier kurz diese Folie einfügen. Vielleicht ist ja auch jemand dabei, der sagt: „Ja, ich möchte gerne Gemeindegründer sein.“ Es gibt ein Profil von Gemeindegründern, wie sie eigentlich sein sollten und welche Dinge sie mitbringen sollten.
Das ist sicherlich nicht eine Aufgabe für jeden. Es gibt ja auch Hirtenlehrer, die mehr in bestehenden Gemeinden arbeiten sollten oder andere Dienste tun. Aber Gemeindegründer sollten Männer des Glaubens und des Gebets sein. Sie müssen das Vertrauen in den Herrn haben, dass er aus dem Nichts eine Gemeinde entstehen lassen kann.
Da braucht man schon Glauben, wenn man an einen Ort kommt, an dem gar nichts ist, und im Vertrauen auf den Herrn die Vision hat, dass sich hier in zehn Jahren eine Gemeinde versammeln wird oder in zwanzig – oder wie lange es auch immer dauern mag. Das erfordert Männer des Glaubens und des Gebets.
Männer, die eine klare Berufung haben – nicht als mystisches Berufungserlebnis, sondern einfach das klare Bewusstsein, dass Gott sie in diesem Dienst haben will. Dass es eine Führung gibt, die sie in diese Stadt, in diese Gegend, an diesen Ort geführt hat. Dort möchten sie dem Herrn dienen.
Gemeindegründende Männer brauchen Ehefrauen, die voll mitziehen. Es geht einfach nicht, dass jemand in Gemeindegründungsarbeit steht und die Frau sagt: „Ja, das ist sein Job, ich bin dafür nicht zuständig.“ Das habe ich einmal gravierend erlebt, als ich einen Pfarrer anrief und seine Frau ans Telefon ging. Ich bat sie nur, mich mit ihm zu verbinden, worauf sie mich anraunte und sagte: „Ich bin nicht seine Sekretärin.“ Wer so ein Verständnis hat, kann schwerlich in Gemeindegründungs- oder Gemeindeaufbauarbeit stehen.
Gemeindegründer brauchen Ehefrauen, die voll hinter ihnen stehen. Männer, die sich in Selbstdisziplin üben. Gemeindegründer sind in der Regel freischaffende Künstler. Sie haben einen großen Freiraum. Sie sind in irgendeiner Stadt, und vielleicht schaut irgendwann mal jemand nach ihnen. Aber die meiste Zeit ihres Dienstes sind sie mehr oder weniger auf sich allein gestellt.
Wenn sie dann nicht selbst Disziplin haben und anfangen, irgendwelchen Hobbys nachzugehen oder sich ins Bücherlesen zu verlieben oder anderen christlichen Dingen, wird das nicht funktionieren. Männer müssen Selbstdisziplin haben – in jedem Dienst, aber bei Gemeindegründern in erhöhtem Maße.
Männer, die Flexibilität besitzen. Es gibt ganz verschiedene Menschen. Manche sind sehr ordnungsliebend, wollen alles genau nach Schema F machen. Da muss eins nach dem anderen kommen, und wenn die Reihenfolge vertauscht wird, kommen sie völlig aus dem Konzept. Das ist nicht unbedingt der typische Gemeindegründer.
Ein Gemeindegründer muss flexibler sein. Es kann auch mal drunter und drüber gehen. Einer gibt dem anderen die Klinke in die Hand, im Haus geht es zu wie in einem Taubenschlag. Da braucht man Flexibilität.
Männer, die leiten können. Gemeindegründer stehen vorne, gehen voran und bestimmen die Richtung, in die die Gemeindearbeit gehen wird. Sie müssen auch andere Leiter ausrüsten und ausbilden können. Darum müssen sie selbst Männer sein, die leiten können. Diese Gabe muss nicht jeder Christ haben, aber Gemeindegründer können darauf schwerlich verzichten.
Männer, die evangelisieren und lehren können. Gemeindegründer müssen kontaktfreudig sein und den Umgang mit Menschen lieben. Wenn das Leute sind, die am liebsten den ganzen Tag im obersten Dachstübchen in Bücher vergraben sind, wird das nicht gut gehen.
Gemeindegründer müssen unter die Menschen gehen, kontaktfreudig sein – möglichst mit ihrer Frau und der ganzen Familie. Sie müssen mittendrin leben im Geschehen. Sie müssen evangelisieren und lehren können, denn sie legen den Grundstock der ersten Lehren, die in der Gemeinde vermittelt werden.
Darum muss eine gewisse Lehrgabe vorhanden sein.
Achtens: Männer und Ehepaare, die zu einem bescheidenen Lebensstil bereit sind. Denn es gibt auch in unserem Land, hier in Deutschland, nur ganz wenige Missionswerke, die Gemeindegründer anstellen und sagen: „Hier hast du 5000 Mark im Monat, und nun fang mal dort eine neue Gemeinde an.“ Das gibt es nur noch ganz, ganz selten. Ich glaube überhaupt nicht, dass Gemeindegründer in dieser Weise bezahlt werden von Missionswerken.
Die meisten verlangen, dass man seinen eigenen Freundeskreis aufbaut, der einen finanziell trägt. Für Gemeindegründung in Südamerika ist wahrscheinlich mehr Spendenaufkommen verfügbar als für Gemeindegründung in Deutschland. Das ist einfach so: Mission ist ja irgendwo in Neuguinea oder unter den Eskimos, aber doch nicht in Ostdeutschland oder Bayern. Dort ist es sehr schwer, einen Freundeskreis aufzubauen.
Ich weiß, wovon ich spreche, weil ich selbst schon elf Jahre lang auf diese Weise im Glauben lebe und vom Herrn unsere Versorgung erwarte. Ein kleiner, aber sehr treuer Freundeskreis versorgt uns schon viele Jahre. Es ist nicht leicht, einen solchen Freundeskreis aufzubauen und auch zu pflegen.
Darum muss man zu einem bescheidenen Lebensstil bereit sein. Wenn Leute kommen und sagen: „Na ja, ich habe so eine Ausbildung, ich habe so lange studiert, sechstausendsieben- bis achttausend Mark im Monat müssen da schon drin sein“, dann sucht euch einen anderen Job, aber nicht Gemeindegründer. Das wird nicht gehen.
Das ist also das Profil eines Gemeindegründers. Ihr seht, das ist wirklich nicht die Aufgabe für jeden Christen. Ich will die Latte nicht zu hoch hängen. Ich weiß selbst nicht, ob ich alle diese Punkte voll erfüllen kann, wahrscheinlich nicht.
Aber in diese Richtung geht es. Das sind Brüder, die Gott in diesem Dienst gebrauchen will.
Weitere Modelle der Gemeindegründung
Wir sprechen über Modelle von Gemeindegründungen. Zuerst haben wir das Missionarsmodell betrachtet, das nach meinem Kenntnisstand von Gott immer noch am häufigsten für die Entstehung neuer Gemeinden gebraucht wird.
Dabei beginnt ein Missionar mit seiner Familie – manchmal auch mit zwei Schwestern –, die gemeinsam eine Gemeindearbeit starten und das Evangelium säen. Sobald die ersten Brüder dazukommen, übernehmen diese nach und nach Verantwortung.
Solche Konstellationen mag es geben. Üblicher ist jedoch, dass Männer, Ehepaare oder Familien die Leitung und Verantwortung übernehmen.
Gründung von Tochtergemeinden
Der zweite Punkt: Ja, eine weitere Möglichkeit, die Gott gebraucht, ist die Gründung von Tochtergemeinden. Dabei gibt es bereits eine bestehende Gemeinde, die den Blick auf unseren Nachbarstadtteil richtet. Dort kommen ohnehin schon 15 Leute zusammen, und es gibt einen Hausbibelkreis, der zu unserer Gemeinde gehört.
Wir wollen beten und darauf hinarbeiten, dass diese 15 Personen der Grundstock, die Keimzelle für eine neue Gemeinde werden – eine Tochtergemeinde, die von der Muttergemeinde abgelegt wird. Eines Tages soll diese Tochtergemeinde nicht mehr am Tropf der Muttergemeinde hängen, sondern möglichst bald in die völlige Selbständigkeit entlassen werden.
Diese Möglichkeit wird oft vernachlässigt. Untersuchungen zeigen, dass nur sehr wenige bestehende Gemeinden jemals eine Tochtergemeinde gegründet haben. Manche Gemeinden bestehen schon seit 100 Jahren und haben nie daran gedacht. Andere haben 200 Gemeindeglieder und könnten ohne weiteres 30 Personen abgeben, um in der Nachbarstadt ein neues Zeugnis zu beginnen. Doch sie kommen einfach nicht auf die Idee, eine Tochtergemeinde zu gründen.
Zu diesem Thema habe ich vor einigen Ausgaben in unserer Zeitschrift Gemeindegründung einen grundlegenden Artikel geschrieben. Ich glaube, man kann ihn auch von unserer Homepage herunterladen. Mehr kann ich dazu jetzt nicht sagen, aber es ist eine ganz vernachlässigte Möglichkeit, Tochtergemeinden zu gründen.
Hauskreis als Keimzelle für Gemeinde
Die Gründung über einen Hauskreis ist eine sehr gute und verbreitete Möglichkeit, um einen Bibelkreis zu bilden. Dieser muss nicht unbedingt von einer Muttergemeinde ausgehen. Es kann einfach sein, dass sich in einer Stadt irgendwann Menschen in einem Wohnzimmer versammeln.
Eine Familie zieht dorthin, beginnt ganz unspektakulär, Menschen zu einem Bibelkreis einzuladen. So entsteht ein Hausbibelkreis. Manchmal entwickelt sich daraus auch schon eine Hausgemeinde. Der Übergang ist fließend: vom Hauskreis oder Hausbibelkreis zur Hausgemeinde.
Vor allem wenn sich die Gruppe vielleicht auch sonntags versammelt, kann man schon eher von einer Hausgemeinde sprechen. Ein Hauskreis ist vorhanden und möchte sich weiterentwickeln in Richtung einer neutestamentlichen Gemeinde. Das ist eine gute Möglichkeit, zu der ich gleich noch mehr sagen werde.
Gemeindegründung durch Zeltmacherteams
Dann gibt es die Gründung einer Gemeinde durch ein Team von Zeltmachern – so nennt man Menschen, die in ihrem Beruf arbeiten. Zeltmacher sind beispielsweise Krankenschwestern, Krankenpfleger, Computerfachleute oder andere Berufstätige, die auf diese Weise ihren Lebensunterhalt verdienen.
Sie arbeiten vielleicht halbtags oder halbwöchig. Ein lieber Bruder, der lange Zeit in unserer Mannheimer Arbeit tätig war und nun in einer neuen Aufgabe steht, arbeitet beispielsweise die halbe Woche als Schreinermeister. Die andere Hälfte seiner Zeit widmet er der Gemeindegründungs- und Aufbauarbeit. Das ist eine gute Sache.
Manchmal bildet sich ein Team von mehreren Zeltmachern, vielleicht zwei oder drei Familien, die bewusst an einen Ort ziehen. Dort suchen sie sich Arbeitsplätze und Wohnungen. Ihr Ziel ist es, eine Gemeinde zu gründen.
Umzugsgemeindegründung
Oder Umzugsgemeindegründung – das bedeutet einfach, dass Menschen ganz bewusst an einen bestimmten Ort ziehen, um dort eine Gemeindegründung zu starten.
In Österreich gab es vor 25 Jahren eine Aktion namens Unternehmen Aufbruch. Dabei wurden junge Christen dazu ermutigt, in Regionen zu ziehen, in denen es kaum Christen gab und erst recht keine Gemeinden. Ein Beispiel dafür ist Niederösterreich, insbesondere das sogenannte Waldviertel. Dort war auch die Kontaktmission mitbeteiligt.
Viele von euch kennen diese Aktion, denn durch Unternehmen Aufbruch sind eine ganze Reihe neuer Gemeinden entstanden. Christen zogen bewusst an einen Ort, um dort Gemeindegründungsarbeit zu leisten.
Spontane Gemeindegründungen
Dann habe ich hier noch zwei Beispiele hinzugefügt. Das ist natürlich kein Modell für Gemeindegründung, aber es kommt wirklich vor.
Dass Gemeinden spontan entstehen, bedeutet, dass niemand sie geplant hat. Niemand hat lange dafür gebetet. Vielmehr lässt Gott in seiner Souveränität Menschen an einem katholischen Ort zum Glauben kommen – zum Beispiel – oder auch an einem evangelischen Ort. Die Konfession spielt dabei keine Rolle. Irgendwo kommen Menschen zum Glauben, und eine Gemeinde entsteht, ohne dass ein Missionar oder ein Missionswerk lange auf der Landkarte studiert hat, wo Gemeindegründung möglich ist.
So etwas tut unser Gott. Ich weiß selbst von einem Ort: In Horb am Neckar, einer ganz katholischen Gegend, geschah dieses Wunder. Dort gibt es ein kleines katholisches Dorf namens Unterthalheim. Vor etwa zehn Jahren kamen dort plötzlich Katholiken zum Glauben.
Gott schenkte in diesem Ort eine Kettenreaktion. Es war hochinteressant: Der Fußballtrainer kam zum Glauben und führte fast seine ganze Fußballmannschaft zum Herrn. Das war wirklich ein Aufbruch in einem stockkatholischen Gebiet.
Heute ist dort eine schöne Gemeinde entstanden – spontan, ohne Gemeindegründer.
Gemeindegründung durch Spaltung
Das gibt es natürlich auch, und leider kommt es manchmal bei der Gemeindegründung zu einer Gemeindespaltung.
Ich meine damit nicht die Zellteilung, wie wir sie oben bei der Gründung einer Tochtergemeinde beschrieben haben. Dabei wird eine Zelle abgegeben, und es entsteht gesund eine neue Gemeinde. Das ist hier ein positiver Grund.
Eine Gemeindespaltung hingegen geschieht oft aus lärmmäßigen oder persönlichen Gründen. Manchmal sind auch Sünde und Schuld damit verwoben. Dann gibt es eben nicht mehr eine Gruppe, sondern zwei.
Wenn die Sache vor dem Herrn ausgeräumt wird und Buße über das Schuldhafte geschieht, kann Gott beide Gruppen weiter segnen. Er segnet vielleicht auch die eine mehr als die andere, wie auch immer. Die Arbeit geht weiter, und zwei Gemeinden sind da, wo vorher nur eine war.
Bitte versteht daher nicht, dass ich hier lehre, Gemeindegründung durch Gemeindespaltung sei eine gute Möglichkeit. Es geht nicht darum, dass wir versuchen sollten, unsere Gemeinden so schnell wie möglich zu spalten.
Nein, bitte nicht. Das ist eine Sache, die vorkommen kann, und Gott gebraucht sie in seiner Souveränität.
Zusammenfassung der Gemeindegründungsmodelle
Das sind im Wesentlichen die Modelle für Gemeindegründungen, die wir in der Kirchengeschichte finden. Auch heute werden sie immer wieder vom Herrn gebraucht.