Einige der Punkte, die ich gestern Abend bereits angesprochen habe, insbesondere zum Thema Atheismus in der heutigen Gesellschaft, werde ich heute nicht wiederholen. Ebenso habe ich einen Überblick über die Geschichte des Atheismus gegeben, von den frühen griechischen Philosophen bis in die Gegenwart. Auch das werde ich heute Morgen nicht erneut behandeln.
Darüber hinaus habe ich erläutert, dass es verschiedene Typen von Atheisten gibt und dass nicht jeder, der sich Atheist nennt, dieselben Gründe dafür hat. Auch diesen Punkt werde ich heute nicht wiederholen.
Stattdessen werde ich heute darauf eingehen, welche Gründe verschiedene Menschen anführen, wenn sie sagen, dass es keinen Gott geben kann. Anschließend möchte ich einige Hinweise geben, wie wir als Christen darauf antworten können. Dabei geht es darum, wie wir im Gespräch weiterkommen können.
Einleitung und Hinweise zu Materialien
Bevor ich das mache, möchte ich noch zwei Dinge tun.
Einerseits möchte ich Sie auf einige der von mir geschriebenen Bücher hinweisen, die Sie am Büchertisch finden. Dort können Sie gerne darin blättern und auch lesen. Sie dürfen die Bücher auch mitnehmen. Gestern habe ich das Angebot gemacht: Wenn Sie vollkommen pleite sind, schenke ich Ihnen ein Exemplar. Wenn Sie es bezahlen können, geben Sie bitte etwas Geld dafür. Anlässlich des Vortrags bekommen Sie die Bücher hier günstiger als normal. Dieses Buch, das ich über dieses Thema geschrieben habe, kostet 5 Euro. Sonst kostet es etwas mehr.
Das Buch beschäftigt sich mit der Auseinandersetzung mit Richard Dawkins und anderen wichtigen Personen, die für den Atheismus stehen. Außerdem enthält es Argumente für den Glauben.
Darüber hinaus finden Sie auch einige andere von mir geschriebene Bücher, zum Beispiel über das Sakrileg, jenen Roman von Dan Brown, in dem behauptet wird, dass die apokryphen Evangelien eigentlich wahr seien und Jesus verheiratet gewesen sei.
Außerdem gibt es ein Büchlein über Gender Mainstreaming, über die Auflösung der Geschlechter in der heutigen Politik und Pädagogik und unsere Sichtweise dazu.
Ein weiteres Büchlein behandelt moderne Medizin und Ethik. Weitere Themen sind ebenfalls vertreten.
Sie können sich all das gerne anschauen, dort hinten am Büchertisch.
Tragödie und Reflexion: Der Mord an zwei Schülerinnen
Zweiter Punkt
Es wurde bereits angedeutet oder direkt darauf hingewiesen, dass zwei unserer Schülerinnen, Rita und Anita, in diesem Sommer während ihres Aufenthalts im Jemen ermordet wurden. Das ist eine sehr tragische Sache, das ist vollkommen klar – in erster Linie für diese beiden jungen Frauen selbst, zumindest empfinden wir es so.
Als gläubige Christen gehen wir davon aus, dass sie bei Gott sind. Trotzdem hätte ich mir gewünscht, dass sie noch viele Jahre hier auf der Erde leben könnten, um das zu tun, wofür sie sich in der Ausbildung vorbereitet haben. Diese beiden Schülerinnen waren drei Jahre bei uns in der Bibelschule gewesen und hätten in diesem Herbst ihren Abschluss gemacht.
Ich war darüber hinaus Klassenlehrer dieser beiden Schülerinnen, nicht nur von ihnen, sondern auch von knapp 40 weiteren Schülern und Schülerinnen. Daher trifft es mich besonders, denn wenn man mit jemandem zusammengelebt hat, jemanden intensiver kennengelernt hat und plötzlich stirbt dieser Mensch von einem Tag auf den anderen, ohne dass man es geahnt oder erwartet hätte, dann betrifft das einen sehr. Und wenn es dann noch jemand ist, der durch ein Gewaltverbrechen stirbt, umso mehr. Und wenn das dann noch im Einsatz für Gott passiert, dann auch umso mehr.
Ich glaube, wir haben uns in Deutschland lange Zeit – oder ich muss vielleicht an mich denken – lange Zeit war das so weit entfernt. Natürlich wusste ich, dass jeden Tag Menschen sterben, weil sie sich zu Jesus Christus bekennen. Und es ist so, dass auch heute Menschen sterben, weil sie sich zu Jesus Christus bekennen. Menschenrechtsorganisationen rechnen damit, dass es pro Jahr etwa 120 Menschen weltweit sind, die getötet werden, weil sie sich zum christlichen Glauben bekennen. Das ist immens viel, unvorstellbar viel.
Nur die meisten dieser Menschen sind Menschen, die wir nicht persönlich kennen. Menschen, die in Ländern leben, in denen es sowieso schon gefährlich ist zu leben. Aber es ist doch nach wie vor so: Es sind Menschen, die getötet werden, es sind Christen, es sind für diejenigen von uns, die Christen sind, Geschwister, Menschen, die zu einer Familie gehören – zur Familie Gottes. Und da sollten wir Anteil nehmen.
Mich hat das ganz neu zum Beten gebracht für diese Geschwister, die verfolgt werden in Ländern, in denen sie nicht frei ihren Glauben ausleben dürfen. Darüber hinaus habe ich mir natürlich die Frage gestellt: Warum ist das passiert? Haben wir als Bibelschule Fehler gemacht?
Tja, und wir haben überprüft, wir haben darüber nachgedacht. Ja, und natürlich im Nachhinein hätten wir gesagt: Hätten wir ihnen das verboten, ja, schon. Erstmal ist natürlich die Frage: Darf man Menschen verbieten, irgendwo hinzufahren – Erwachsenen? Da sagen wir sicherlich: Na ja, es gibt doch die Freiheit, jeder kann fahren, wohin er will.
Vor zwei Wochen habe ich mit einer Familie gesprochen, die in den Herbstferien eine Reise nach Tunesien gemacht hat. Dann habe ich beim Auswärtigen Amt nachgeschaut, da steht eine Warnung, nach Tunesien zu reisen. Aber jedes Jahr fahren Tausende nach Tunesien. Warum? Es gibt Ankündigungen islamischer Terroristen in Tunesien, Urlauber zu kidnappen.
Oder einige unserer Schülerinnen haben ihr Praktikum in Brasilien gemacht, in São Paulo. Da gibt es keine Reisewarnung des deutschen Auswärtigen Amtes für Brasilien. Trotzdem ist in São Paulo die Kriminalität größer als im Jemen. Da gibt es vielleicht keine staatliche Destabilität, aber dafür sind Verbrecher auf der Straße. Und die fragen nicht immer danach, ob du Christ bist oder nicht, sondern: Du siehst westlich aus, du siehst reich aus, also wirst du überfallen und ausgeraubt.
Das heißt, wohin dürfen wir denn dann gehen, sowohl als Urlauber als auch als Christen? Wer hilft denn den Leuten, die auf der Straße in São Paulo leben? Diese Schüler, die dort gewesen sind, haben Arbeit gemacht unter Straßenkindern. Wer hilft denn diesen Straßenkindern? Gehen wir als Christen wirklich nur dahin, wo es hundertprozentig sicher ist? Ja, wohin dürfen wir denn dann noch gehen? Zu den Reichen und Satten und Zufriedenen der Welt? Aber die wollen es ja gar nicht hören. Sondern gerade bei den Menschen, die das Evangelium brauchen und offen dafür sind. Da, wo Jesus gesagt hat: Die Kranken bedürfen des Arztes und nicht die Gesunden.
Ja, das sind häufig diejenigen, bei denen wir auch eine gewisse Gefahr und ein gewisses Risiko eingehen. Ja, und gerade in den letzten Monaten habe ich mir gedacht: Was ist denn mit dem, der sein Praktikum in München macht und dann in der U-Bahn missioniert? Sie wissen, woran ich denke: an jenen Mann, der dort grausam umgebracht wurde von Jugendlichen in München.
Ja, in München gibt es keine Reisewarnung. Oder gehen Sie, was weiß ich, um Arbeiten unter Türken in Kreuzberg in Berlin. Ja, da können Sie auch nicht sicher sein, dass Ihnen keiner etwas tut in Deutschland. Also, ich glaube, wir können nicht ein falsches Sicherheitsbedürfnis haben, wo wir sagen, wir gehen nur dahin, wo es sicher ist. Ja, dann müssten wir uns einschließen in unserer Wohnung, noch ein paar Stahlträger einbauen, damit hier nicht irgendwann mal etwas passiert, wenn jemand eine Bombe reinwirft. Das gibt es nicht.
Aber wir sind herausgefordert, natürlich kein überflüssiges Risiko einzugehen, und das haben wir als Bibelschule auch nicht getan. Wir haben uns bei Mitarbeitern vor Ort erkundigt, wir haben uns bei Leuten der Gesellschaft erkundigt, die dieses Krankenhaus betreibt: Ist das sicher vor Ort? Und die haben uns gesagt: Na ja, sicher ja. Auch die Polizei vor Ort sagt, es ist sicher, aber man muss gewisse Regeln beachten. Und diese Regeln haben die Schülerinnen beachtet.
Es war nicht so, dass sie umgebracht wurden, weil sie sich dumm verhalten haben, gar nicht. Bis heute ist es sogar so, was wir traurigerweise sagen müssen: Wir wissen bis heute noch nicht eindeutig, warum sie ermordet wurden. Es ist vollkommen offen. Die Polizei vor Ort wie auch das Bundeskriminalamt haben einige Untersuchungen angestellt, und keiner weiß es.
Es kann sein, dass sie aus Glaubensgründen ermordet wurden. Es kann sein, dass sie auch einfach Kriminellen zum Opfer gefallen sind, die in diesem armen Land meinten, dass sie diese scheinbar reicheren jungen Frauen aus dem Westen einfach überfallen und ausrauben wollen. Beides ist schlimm und tragisch, und beides geschah im Dienst für Gott.
Ich formuliere hier bewusst „im Dienst für Gott“, weil auch das, was in den Medien diskutiert wurde, unsachgemäß diskutiert wurde. Sie haben dort keinen Missionseinsatz im klassischen Sinne gemacht. Denn das ist im Jemen so auch nicht zulässig. Darüber hinaus: Da, wo wir als Christen tätig sind, ist es nicht immer so, dass wir uns auf den Marktplatz stellen und sagen: „Kehre um, bekehre dich!“ Das geht in vielen Ländern nicht, und in vielen Ländern hören die Menschen auch nicht darauf.
In diesem Praktikum ging es in erster Linie darum, die Liebe Jesu weiterzugeben, indem man sich für diese Menschen Zeit nimmt, sie pflegt, sie behandelt und wenn es im persönlichen Gespräch möglich ist, dann auch etwas über den Glauben sagt. Und das ist im Jemen weder verboten noch verfemt.
Sondern wenn Sie im Jemen sind, wie in vielen islamischen Ländern, dann wird von Ihnen als Christ sogar erwartet, dass Sie Ihren Glauben benennen. Sprechen Sie selbst in Deutschland mit einem Muslim. Ich tue das immer wieder. Da ist es so: Wenn ich mich nicht zu meinem Glauben bekenne, dann denken die: Was ist denn das für ein Christ? Der hat ja wohl keine Ahnung, das ist ja kein Gläubiger.
In islamischen Ländern wird es erwartet. Es ist nicht so, dass man kritisch dagegen ist. Das, was verboten ist in diesen Ländern, ist, dass ein Muslim sich zum christlichen Glauben bekehrt. Aber dass ein Christ für seinen Glauben eintritt, dass er den auch verteidigt, das wird sogar erwartet.
Von daher haben Journalisten, die hier im Westen geschrieben haben, das sei da verfemt und man wolle das gar nicht, keine Ahnung vom Islam. Die kochen einfach ihr eigenes Süppchen, ihr Süppchen des Atheismus. Christlicher Glaube soll weg, und jetzt nimmt man das als willkommenes Beispiel.
Diese Atheisten werden in islamischen Ländern verachtet, weil für einen Muslim gilt ein Atheist als viel, viel, viel schlimmer als ein Christ. Wenn da ein Journalist irgendwo im Jemen auftauchen würde und sagt: „Ich bin ja ganz modern, ich glaube daran, es gibt gar keinen Gott“, das ist nach wie vor für einen Muslim schlimmer als ein Hund.
Weil ein Muslim sagt, dass selbst die Tiere wissen, dass es einen Gott gibt, auch wenn sie es nicht sprechen können. Aber ein Mensch, der seinen Schöpfer leugnet, das ist ja das Schlimmste von allem. Also das heißt, ich frage mich, ob diese Journalisten sich ernsthaft mit dem Islam auseinandergesetzt haben. Wahrscheinlich nicht. Sie instrumentalisieren bloß diese schlimme Tat, um in Deutschland gegen Christen vorzugehen und den christlichen Glauben. Und das ist schlimm.
Denn es ist ja auch ganz klar: Da war in der Zeitung hier eine Demonstration dagegen, warum Christen in andere Länder gehen und die Menschen „nerven“. So wurde das ausgedrückt, denn die wollen die ja gar nicht haben. Und zeitgleich war im Jemen eine große Demonstration auf der Straße von Muslimen gegen die Mörder dieser beiden Schülerinnen und für das Krankenhaus, das von Christen betrieben wird.
Da musste ich mich an den Kopf fassen und sagen: In welcher Welt leben wir? Da leben wir in einem christlichen Land, und in Deutschland wird dagegen demonstriert, dass Christen dahin gehen. Und Muslime im Jemen demonstrieren für die Christen und gegen die Attentäter. In was für einer verdrehten Welt leben wir?
Da sind dann zwischenzeitlich die Muslime, die sich für uns einsetzen, und die, die sich in einer freiheitlichen Demokratie vielleicht sogar noch als Christen verstehen, kritisieren herum aus irgendwelchen Gründen, die mit dieser Sache gar nichts zu tun haben.
Und in diesem Umfeld kam es ja gerade in den letzten Wochen immer wieder massiv zu Angriffen auf gläubige Christen. Zum großen Teil ging es nicht um Information, obwohl das so gesagt worden ist, sondern es ging von vornherein nur darum, Christen in der Öffentlichkeit lächerlich zu machen.
Ich habe ja selbst mit Journalisten gesprochen, und viele Journalisten haben von vornherein gesagt: Uns geht es nur darum zu zeigen, was hier falsch läuft. Informationen, darum ging es gar nicht. Mit den Leuten von Frontal 21 habe ich gesprochen, ich habe ihnen ein Interview gegeben, nichts ist davon gekommen.
Was haben die gesendet? Sie haben auf dem Gelände der Bibelschule Brake zwei Teenies getroffen, die Freizeiten gemacht haben. Und die wurden dann in der Sendung als Bibelschülerinnen ausgegeben, die irgendwo in ein gefährliches Land geschickt werden. Das sind Schülerinnen, die die allgemeinbildende Schule besuchen und sich für eineinhalb Wochen an der Bibelschule Brake aufgehalten haben.
Ich habe die Leute darauf aufmerksam gemacht und gesagt: Das sind keine Bibelschülerinnen. Das kümmerte aber von den Journalisten keinen. Das heißt, glauben Sie nicht mal die Hälfte von dem, was gezeigt wird. Der Journalist dreht das so, wie er es gerne haben will. Und gerade die Sendungen, die in erster Linie Zuschauer haben wollen, da geht es ja nicht darum, die Wahrheit zu sagen, sondern darum, wie wird unsere Zuschauerquote gesteigert.
Und dann will man irgendetwas Skurriles, Absurdes darbieten, aber nicht, wie es wirklich ist. Da wurden diese Schülerinnen gefragt: „Bist du bereit, für Jesus zu sterben?“ Ja, und ich muss sagen, ich bin froh darüber, was diese Schülerinnen geantwortet haben: Ja.
Denn was sollte ein Christloser antworten? Nur das, was man jetzt klären müsste, ist, was sie damit meinen. Diese Schülerinnen meinen ja nicht, wir gehen leichtfertig in ein islamisches Land und sagen: „Hier bringt uns um!“ Gar nicht, sondern das, was sie damit meinen, ist das, was Paulus sagt: Wenn es darauf ankommt, bin ich auch bereit, mein Leben hinzugeben, aber nicht leichtfertig.
Das ist das, was Christen seit Jahrtausenden tun, indem sie sagen: Mein Glaube ist mir wichtiger als irgendetwas anderes, und ich bin bereit, dafür alles einzusetzen. Das ist der Grund, warum Dietrich Bonhoeffer im Gefängnis saß, weil er gesagt hat: Ich kann doch hier auch in der Situation nicht schweigen.
Das ist der Grund, warum der Bischof Polykarp in der frühen Christenheit getötet wurde. Er wurde nicht verbrannt, aber er wurde auch getötet, weil er sich für den christlichen Glauben eingesetzt hat. Und das ist die ganze Geschichte. Das waren keine Menschen, die leichtfertig ihr Leben weggeschmissen haben, sondern Menschen, die gesagt haben: Wenn es wirklich hart auf hart kommt, mein Glaube ist mir wichtiger als das Leben, aber nicht leichtfertig.
Und deshalb: Was kann ich denn an diesen beiden jungen Mädchen kritisch sagen, wenn sie das so bekennen? Das waren keine lebensmüden Jugendlichen, sondern solche, die höhere Werte haben als nur zu chillen. Also: Jesus ist mir wichtiger als meine Karriere, Jesus ist mir wichtiger als meine Freizeitbeschäftigung, als mein Spaß. Das ist doch eigentlich vorbildlich.
Medienkritik und gesellschaftliche Herausforderungen
Und dann wurde in der Schlussmoderation gesagt: Sie haben es vielleicht noch im Ohr. Bisher wussten wir, dass es radikale Islamisten gibt, die bereit sind, für ihren Glauben zu sterben. Jetzt wissen wir, dass es auch extreme Christen gibt, die das tun. Da muss man doch sagen: Was für eine Verdrehung in der Welt!
Da werden irgendwelche islamischen Terroristen, die mit einer Sprengstoffbombe um den Bauch auf dem Marktplatz unterwegs sind und sich in die Luft sprengen, mit jungen Christen verglichen, die bereit sind zu sagen: Jesus bedeutet mir sehr viel. Wo sind denn weltweit die christlichen Attentäter und Selbstmordanschläge? Die gibt es ja gar nicht.
Was machen denn diese Christen in den Ländern, in denen sie von ihrem Glauben erzählen? Sind das welche, die dort andere umbringen? Ich wüsste kein einziges Beispiel. Stattdessen sind es Leute, die alles einsetzen – ihr Wohlbefinden, ihre Zeit, ihr Leben, ihr Geld – um den Menschen Gutes zu tun. Tun das die extremen Islamisten? Da müssen wir doch sagen: Das ist etwas vollkommen anderes.
Hier wurde bewusst von den Medien das auf eine Stufe gesetzt, und zwar weil diese Leute, die in den Medien das produzieren, ganz bewusst gegen Christen eingestellt sind. Sie suchen nur nach Dingen, die sie dafür nennen können. Das ist beängstigend und schlimm, muss ich sagen.
Und das trifft auch. Es trifft schon schlimm genug, die Trauer zu verarbeiten, dass diese beiden Schülerinnen, unsere Schwestern und Schülerinnen, dort umgebracht worden sind. Das ist schlimm genug. Aber dann gleichzeitig auch noch in der Öffentlichkeit diese Auseinandersetzung zu erleben, diesen manchmal Hass zu spüren, der dort gekommen ist.
Da habe ich unter anderem eine E-Mail bekommen, in der mir jemand schrieb: „Ja, Sie Irreführer und Sie Betrüger, schicken Sie doch Ihre eigenen Kinder in den Jemen, damit sie umgebracht werden.“ Da muss man sagen: Das ist ja schlimm. Merken die Menschen nicht, was für ein Schmerz das ist, wenn die beiden dort gestorben sind?
Niemand hat sie gezwungen, und niemand hat sie dorthin geschickt. Es war ihre persönliche Überzeugung, weil sie den Menschen dort helfen wollten. Eine der Schülerinnen war schon ein Jahr zuvor in Afrika gewesen und hatte in einem Kinderheim mitgearbeitet, weil ihr diese Menschen so am Herzen lagen – auch in einem islamischen Land in Afrika.
In diesem Land wird jetzt in Gedenken an diese beiden Schülerinnen ein weiteres christliches Kinderheim eröffnet. So hat die Bibelschule Brake sich daran beteiligt, dass einige Konzerte veranstaltet wurden. Das Geld, das dabei eingenommen wurde, sowie Spenden, werden eingesetzt, um in diesem Land ein christliches Kinderheim zu gründen – ebenfalls in einem islamischen Land.
Es ist möglich, ein christliches Kinderheim dort zu eröffnen. Das lag den beiden am Herzen, das wollten sie tun. Selbst wenn sie es jetzt selbst nicht mehr tun können, können andere es für sie tun.
Deshalb würde ich Ihnen sagen: Glauben Sie nicht alles, was in den Medien steht. Oft stecken mehr politische Interessen dahinter, als dass es wirklich um Wahrheit geht. Dinge werden manchmal vollkommen verdreht und herausgeschnitten. Ich war ja auch bei diesem Interview mit den beiden jungen Mädchen dabei. Es wurde gar nicht alles gesendet, was sie gesagt haben. Es wurde nur das herausgeschnitten, was der Journalist am extremsten empfand.
Seien Sie da ganz vorsichtig. Und auf der anderen Seite machen Sie sich darauf gefasst: Auch wenn es Sie heute nicht trifft, werden die Medien in Zukunft noch radikaler gegen Christen vorgehen. Das ist kein Einzelfall.
In Bielefeld war es vor einem Jahr so, dass einige Abgeordnete des Landtages gesagt haben: „Wir wollen, dass diese christliche Schule geschlossen wird.“ Sie haben alle Wege und Hebel in Bewegung gesetzt, um das zu erreichen. Vielleicht erinnern Sie sich auch daran, dass in Gießen noch etwas früher in der hessischen Presse stand, die Aarhus Hermann Franke Schule solle geschlossen werden.
Warum? Weil sie neben der Evolutionstheorie auch die Schöpfungslehre lehrt. Das wurde groß herausgestellt. Und wer weiß, vielleicht sind Sie übermorgen in Neustadt dran, dann ist vielleicht der Bibelbund dran, nicht? Der Bibelbund – das sind doch die Fundamentalisten, die sind für das und das oder gegen das und das.
Also, wir als Christen sind alle davon betroffen. Deshalb sollten wir füreinander beten, füreinander eintreten, auch wo es in der Öffentlichkeit möglich ist. Und wir sollten uns darauf einstellen, dass wir in einem Staat leben, der nicht mehr neutral gegenüber Christen ist.
Wir leben in einem Staat und in einer Öffentlichkeit, die sich zunehmend kritisch gegenüber Christen stellt und sie in jedem Bereich herausdrängen will. Manche haben das vielleicht noch nicht gemerkt, aber es ist so.
Sie merken, dass heute überall, wo sie in der Öffentlichkeit präsent sind, egal was sie als Christ sagen – schon allein wenn sie sagen: Jesus ist der einzige Weg zu Gott – sie in der Öffentlichkeit nicht mehr tragbar sind. Wenn sie sagen: Wir glauben, Familie besteht aus Mann, Frau und Kindern, und das sollte geschützt werden, dann haben sie keine Chance mehr, Karriere zu machen.
Es sind schon ganz allgemeine Sachen. Sie müssen nichts Extremes sagen. Darauf sollten wir uns einstellen.
Ich würde Sie auch ermutigen: Beten Sie für unsere Geschwister in Ländern, in denen sie verfolgt werden. Die haben es nötig. Wie lange wir hier noch frei leben dürfen, wissen wir nicht.
Denken wir daran: Auch in Deutschland gab es schon Phasen, in denen Christen verfolgt und eingesperrt wurden – nicht nur unter der SED, sondern auch unter dem Nationalsozialismus. Wenn wir nur ein paar Jahre zurückgehen.
Als Kirchengeschichtler habe ich mich auch mit dem Pietismus beschäftigt. Meinetwegen der Pietismus in der Anfangszeit. Was war da? Die Pietisten wurden ins Gefängnis gesperrt, weil das verboten war. Es gab Pietistenreskripte, in denen stand, dass es verboten ist, sich zu Hause zum Bibelkreis zu treffen. Wer das tat, wurde vom Staat eingesperrt.
In der Erweckungsbewegung im 19. Jahrhundert, aus der Gegend, aus der ich komme, in Lippe, reisten einige Prediger umher. Sie trafen sich in Scheunen der Bauern, weil die Pfarrer so rationalistisch waren und gegen den Glauben eingestellt. Dann wurden sie des Landes verwiesen, wenn es gut ging. Wenn es schlecht ging, kamen sie in Haft.
Das gab es auch schon alles mal. Also auch in Deutschland hatten wir schon radikales Vorgehen gegen Christen in der Vergangenheit. Und dass so etwas nicht wiederkommt, davor hat keiner von uns eine Garantie.
Es gibt einige Leute, die das aus ideologischen, politischen oder persönlichen Gründen wollen.
Also beten Sie auch weiter für die Eltern dieser beiden Ermordeten, denn sie brauchen das. Das ist wahrscheinlich nie zu überwinden, wenn man Kinder hat – selbst wenn man gläubig ist –, zu sehen, unter welchen Umständen sie dort ermordet wurden.
Dafür ist es wichtig, auch für diese Geschwister einzustehen und dafür zu beten, dass Gott aus diesem Schrecklichen doch noch etwas Gutes macht. Sei es auch dafür, dass Menschen zum Glauben finden oder zum Nachdenken kommen.
Nun, diese Worte wollte ich Ihnen gerade noch weitergeben anlässlich des Todes unserer beiden Schülerinnen.
Einstieg in das Thema Atheismus
Jetzt möchte ich zum eigentlichen Thema dieses Morgens und auch des Nachmittags kommen: dem Atheismus.
Zunächst könnten wir uns die Frage stellen, warum wir uns hier überhaupt mit dem Atheismus beschäftigen. Ich gehe davon aus, dass wahrscheinlich die meisten, die heute Morgen gekommen sind, keine Atheisten sind. Das nehme ich einfach an. Sollte dennoch jemand hier sein, der Atheist ist, ist er herzlich willkommen. Es wird niemand rausgeschmissen. Sie dürfen nachher auch mit Fleischkäse essen und natürlich gerne ihre Meinung äußern, wenn das Thema sie betrifft.
Da die meisten hier vermutlich keine Atheisten sind, könnte man sich fragen, ob wir uns nicht lieber mit Bibelarbeit beschäftigen sollten. Ich lege gerade das Lukasevangelium aus, und davon hätten wir sicher mehr. Das stimmt zu einem gewissen Teil auch.
Ich glaube jedoch, wir setzen uns aus mehreren Gründen mit dem Atheismus auseinander. Zum einen, weil wir als Christen immer wieder Phasen in unserem Leben erleben können, in denen wir Zweifel an der Existenz Gottes haben. Das kann vorkommen. Dann müssen wir uns selbst helfen und auch den Geschwistern beistehen, die davon betroffen sind.
An der Universität habe ich häufig erlebt, dass junge Christen durch die Konfrontation mit atheistischen Argumenten ins Zweifeln geraten. Sie fragen sich: "Ist das denn wahr oder nicht?" Neulich hat mich das ganz überrascht: Eine Frauengruppe aus der katholischen Kirche im Ruhrgebiet hatte sich bei uns an der Bibelschule angemeldet. Sie hatten im Fernsehen von der Bibelschule Brake gehört und wollten sie nun selbst kennenlernen. Das fand ich gut – nicht nur zu hören, sondern selbst zu sehen.
Wir sagten, sie könnten gerne kommen. Ich machte mit ihnen eine Stadtrundführung durch Lemgo, zeigte ihnen die Bibelschule und erzählte von unserer Arbeit. Was ich Ihnen jetzt sagen will: Es war auch ein Busfahrer dabei, ebenfalls Katholik. Beim Mittagessen saß ich mit ihm zusammen, und wir sprachen über den Glauben. Er erzählte, dass er gerade den Roman "Das Sakrileg" gelesen habe und nun schwer zweifle, ob die Bibel wirklich so stimmt, weil darin von apokryphen Evangelien die Rede sei.
Ich sagte ihm, dass ich ein Büchlein darüber geschrieben habe, und gab es ihm. Den ganzen Nachmittag saß der Busfahrer in seinem Bus und las das Büchlein. Beim Abendessen fragte ich ihn, wie es ihm gefalle. Er sagte, das finde er richtig spannend und wolle unbedingt weiterlesen. Ich schenkte es ihm dann. Ich dachte bei mir, wie Gott so etwas führen kann.
Dieser Mann versteht sich als Christ. Ich kann nicht beurteilen, was er alles glaubt oder nicht, denn ich kenne ihn nicht sehr gut. Aber er ist ins Zweifeln gekommen über die Wahrheit der Bibel, weil er solch einen Roman gelesen hat. Das kann auch Christen passieren.
Vielleicht sagt der Religionslehrer: "Ach, da gibt es doch die Quellentscheidung, die Bibel wurde von verschiedenen Autoren zusammengeschrieben." Und dann denkt der Schüler: "Wenn das stimmt und der Lehrer das sagt, der hat doch studiert und kennt sich aus." Dann müssen wir diesen Christen helfen und ihnen Argumente geben, die für unsere Position sprechen. Wir können nicht einfach sagen: "Ja, das musst du glauben." Das ist zu wenig.
Ich habe auch erlebt, dass gläubige Studenten durch das Theologiestudium vom Glauben abgekommen sind. Einer schrieb in einem Seminar über Fundamentalismus eine Seminararbeit mit dem Titel "Mein Ausstieg aus dem Fundamentalismus". Damit meinte er eigentlich seinen Abschied vom Glauben. Dafür bekam er sogar eine gute Note. Heute ist er Pfarrer, glaubt aber nicht mehr an die Bibel oder an Gott. Das darf man, das ist kein Problem. Wenn man die Scheine hat, darf man Pfarrer werden. Also glauben Sie nicht, dass Pfarrer immer gläubige Menschen sind. Leider ist das nicht so.
Ich hatte an der Universität einen Theologieprofessor, der im Namen der evangelischen Kirche unterrichtete und sagte, er sei ein atheistischer Christ. Ein renommierter Professor, vielfach eingeladen. Er meinte, am besten könne man Christ sein, wenn man glaubt, dass es gar keinen Gott gibt. Da muss man sagen: Das ist heute Teil der evangelischen Kirche – nicht nur zum Glück, aber auch.
Manche Menschen kommen vom Glauben weg. Denjenigen, die in solchen Zweifeln sind, können wir helfen, indem wir ihnen Argumente nennen, die ihren Glauben unterstützen. Und solche Argumente haben wir.
Das heißt: Wir als Christen müssen uns auch intellektuell anstrengen, um diesen Menschen praktisch zu helfen und Seelsorge zu betreiben. Deshalb beschäftigen wir uns mit dem Atheismus.
Wir tun das auch, weil wir die Menschen lieben, die verloren gehen. Gerade in Deutschland gibt es viele, die sich als Atheisten bezeichnen. Für sie ist das Evangelium Jesu ebenfalls wichtig. Wenn wir ihnen das Evangelium erklären wollen, müssen wir ihre Argumente entkräften können.
Dann stellt sich die Frage: Wie machen wir das? Wie bringen wir sie zum Nachdenken, sodass sie irgendwann vor der Entscheidung stehen: Will ich mit Jesus leben oder nicht?
Zunächst müssen wir Vorevangelisation betreiben. Das heißt, wir räumen die Argumente aus, die störend sind, damit die Menschen offen sein können für den eigentlichen Anspruch des Evangeliums.
Wir machen das auch für die breite Öffentlichkeit, damit wir zeigen können, dass Christen nicht nur die Dummen sind und Atheisten nicht nur die Klugen. Ganz so einfach ist es nicht.
Ich glaube, das sind drei Schwerpunkte: für uns selbst und unsere Seelsorge, für diejenigen, die offen sind für den Glauben, und für die breite Öffentlichkeit, um für Jesus einzustehen. Deshalb beschäftigen wir uns mit dem Atheismus.
Das bedeutet natürlich, dass wir die Argumente der Atheisten zumindest ein Stück weit kennen sollten und wissen müssen, wie wir darauf reagieren können.
Ich werde heute Morgen nur eine Einführung geben können, das ist klar. Wenn Sie mit intellektuellen Atheisten sprechen, ist das Gespräch nicht in fünf Minuten zu Ende. Es entwickelt sich weiter, es kommen immer neue Argumente, und wir müssen wissen, wie wir richtig damit umgehen.
Ich möchte Sie heute Morgen ein wenig in diese Gedankengänge mit hineinnehmen und hoffe, Ihnen Mut machen zu können, dass der christliche Glaube Hand und Fuß hat – ebenso wie der Glaube an Gott.
Auch möchte ich zeigen, dass die Argumente der Atheisten nicht so einschüchternd sind, wie sie manchmal scheinen.
Gleichzeitig will ich Sie davor warnen, falsche Argumente zu benutzen. Manche Christen haben zwar die richtige Überzeugung, verwenden aber die falschen Argumente. Dann kommt genau das Gegenteil von dem heraus, was sie eigentlich erreichen wollen.
Manchmal machen sie sich lächerlich über Atheisten. Statt dass der Atheist dann zuhört, fühlt er sich angegriffen und verletzt und schließt sich noch mehr gegenüber dem Glauben ab. Das ist schlecht.
Deshalb sollten wir weise vorgehen und jeden Gesprächspartner ernst nehmen. Wir müssen auch zuhören, wenn wir mit ihnen zu tun haben.
Gesprächsführung: Den Grund für den Atheismus erfragen
Den ersten Tipp, den ich Ihnen geben möchte – und wenn Sie nur diesen mitnehmen, hat sich mein Vortrag heute Morgen schon gelohnt – lautet: Wenn Ihnen jemand sagt, er glaube nicht daran, dass es einen Gott gibt, dann argumentieren Sie nicht sofort. Fragen Sie zuerst nach: Warum glaubst du denn nicht daran?
Der andere wird Ihnen etwas antworten. Dann fragen Sie erneut: Erklär mir das doch noch einmal. So können Sie individuell auf das eingehen, was den Menschen wirklich bewegt.
Sie werden feststellen, dass die meisten Menschen, mit denen Sie sprechen, sich gar nicht intensiv Gedanken über Gott gemacht haben. Viele sagen: „Ich bin Atheist“, weil sie hoffen, dass das religiöse Gespräch damit beendet ist und der andere sie endlich in Ruhe lässt.
Manche, sogar sehr viele Menschen sagen, sie seien Atheisten, nicht weil sie wirklich glauben, es gebe keinen Gott, sondern weil sie innerlich verletzt sind. Darauf werden wir heute Nachmittag noch eingehen.
Ich erinnere mich an eine Frau, die mir am Bahnhof in Siegen begegnet ist. Ich wartete auf einen Zug, sie ebenfalls. Wir kamen ins Gespräch, und sie sagte: „Ich glaube nicht daran, dass es einen Gott gibt.“ Ich fragte sie genauso: „Warum glaubst du das nicht?“
Nach wenigen Minuten fing sie an zu weinen. Sie erzählte, dass ihr Ehepartner vor kurzem gestorben sei. Ein Gott, der so etwas zulässt, könne nicht existieren. Daran könne sie nicht glauben.
Dieses Gespräch verlief ganz anders als ein anderes, das ich vor einigen Jahren in Krelingen führte. Dort hatte ich eine Freizeit organisiert und sprach mit einem Philosophiestudenten aus Berlin, der ungläubig war.
Wir diskutierten den ganzen Abend über die Existenz Gottes, aber auf intellektueller Ebene: Was sagt Immanuel Kant dazu? Was meint Hegel? Was sagt Feuerbach? Für ihn als Philosophen waren das die Grundlagen.
Für die Frau in Siegen hingegen war die Grundlage: „Ich bin so betroffen, ich bin so traurig, weil mein Ehepartner gestorben ist.“ Was sie brauchte, waren nicht intellektuelle Argumente, sondern Seelsorge.
Am Ende saßen wir zusammen am Bahnhof und beteten gemeinsam. Das Problem war hier nicht, ob es Gott gibt oder nicht, sondern die tiefe Betroffenheit der Person. Und das können wir nur herausfinden, wenn wir nachfragen.
Deshalb: Wenn Sie solche Aussagen hören, lassen Sie sich nicht provozieren. Nennen Sie nicht sofort viele Argumente, sondern hören Sie erst einmal genau zu und nehmen Sie sich wirklich Zeit dafür. Das ist manchmal viel wichtiger als die besten Argumente.
So verstehen Sie auch, warum der andere den Glauben ablehnt. Viele lehnen ihn aus persönlichen Gründen ab, manche wegen schlechter Erfahrungen mit Christen – und das gibt es leider –, andere wegen negativer Erlebnisse mit der Kirche.
Wieder andere lehnen den Glauben ab, weil sie billige Romane wie „Sakrit“ gelesen haben oder Schriften von Karlheinz Deschner, einem bekannten Kritiker des Christentums. Deschner hat zahlreiche Bücher geschrieben, die von vielen Menschen gelesen werden und in denen er über Glauben und Kirche schimpft.
Je nachdem, warum jemand den Glauben leugnet, müssen wir unterschiedlich darauf eingehen.
Das Erste und Wichtigste ist also: Fragen Sie nach. Fangen Sie nicht gleich an, sich zu rechtfertigen. Lassen Sie sich auch nicht sofort in die Defensive drängen.
Umgang mit Forderungen nach Beweisen
Weiterer wichtiger Tipp
Viele Menschen treten mit der Haltung auf: „Es gibt doch keinen Gott, beweist mir erst mal, dass es einen Gott gibt.“ Wenn ich darauf reagiere, bin ich oft zunächst erstaunt. Dann sage ich dem anderen, dass ich das wirklich interessant finde. Ich erkläre, dass er einer der wenigen sei, die nicht an Gott glauben, und frage, wie er dazu kommt.
Tatsächlich ist es so, dass viele Menschen umgekehrt denken: „Ich bin einer der wenigen, die noch an Gott glauben.“ Dabei leben wir in einem überwiegend atheistischen Staat, doch weltweit glauben die meisten Menschen an Gott. Zugegeben, nicht immer an den christlichen Gott, aber an irgendeine Form von Gott.
Muslime glauben alle an Gott, die meisten Katholiken – etwa 1,2 Milliarden – glauben an Gott, Hindus glauben an einen Gott, Buddhisten glauben an eine göttliche Kraft. Weltweit glauben etwa 80 bis 85 Prozent der Menschheit an Gott.
Ich möchte nicht sagen, dass alle Vorstellungen von Gott gleich sind. Einem Atheisten ist es meist egal, ob es sich um den islamischen, christlichen oder einen anderen Gott handelt – er ist meist gegen alle. Dann kann ich sagen: „Also, wir alle glauben, dass es einen Gott gibt, auch wenn wir unterschiedliche Vorstellungen davon haben. Warum glaubst du eigentlich nicht?“
Manchmal sind die Leute dann überrascht, weil sie genau das Gegenteil erwartet haben. Viele kommen ins Stocken und sagen: „Ja, das hat unser Lehrer uns so gesagt.“ Dann frage ich: „Glaubst du alles, was der Lehrer dir sagt?“ Das ist oft peinlich, und sie sagen: „Nein, nicht alles.“
Wenn sie dann sagen: „Ja“, sage ich: „Weißt du, es gab mal den Nationalsozialismus. Damals haben Menschen gesagt, Juden seien Untermenschen. Glaubst du das auch?“ „Nein, natürlich nicht.“ Dann merkt man, dass der Lehrer zwar klug ist, aber nicht immer Recht hat. Man muss eine eigene Überzeugung haben.
Dann geht es weiter: „Warum glaubst du denn nicht, dass es Gott gibt?“ „Ich habe ihn noch nicht gesehen.“ Dann sage ich: „Hast du schon mal einen Quark gesehen?“ Quarks sind sehr kleine Teilchen aus der Physik. Wenn er ehrlich ist, sagt er: „Nein, ich habe noch nie einen Quark gesehen.“ Aber alle Physiker, auch Nobelpreisträger, gehen davon aus, dass es Quarks gibt.
Dann frage ich: „Glaubst du also, dass es Quarks gibt?“ Oder ich frage historisch: „Hast du schon mal Napoleon gesehen?“ Er sagt: „Ja, auf Bildern.“ „Gut, aber ob es ihn wirklich gegeben hat, wer weiß das schon? Es werden doch auch Bilder von Star Trek gemalt. Gab es Star Trek wirklich?“ „Nein, natürlich nicht.“ „Vielleicht gab es Napoleon ja auch nie.“
Dann merkt er, dass er doch an Napoleon glaubt, obwohl er ihn nie getroffen hat. So kann man im Gespräch den anderen leicht zum Nachdenken und Fragen bringen – durch kleine Argumente, die ruhig etwas lockerer vorgebracht werden dürfen.
Mein Ziel in dieser Phase ist es, den anderen zum Nachdenken anzuregen und deutlich zu machen, dass die Frage noch nicht geklärt ist. Wenn Sie jemanden treffen, der sagt: „Eigentlich ist die Sache ja lange klar, es gibt nur noch ein paar Hinterwäldler, die so etwas glauben“, dann ist der gar nicht offen für ein ernsthaftes Gespräch.
Um Offenheit für ein ernsthaftes Gespräch zu erreichen, müssen Sie erst einmal die Neugier wecken. Die Frage ist noch nicht beantwortet, sie ist noch offen. Sonst ist der andere gar nicht bereit. Sonst schaut er auf Sie herab und sagt: „Ach, dieser Christ, der muss auch noch ein bisschen lernen.“ Dann wissen Sie, dass Sie bei ihm nicht auf Augenhöhe sind.
Wenn er merkt, dass seine Position gar nicht so gut ist, dann sind wir erst auf Augenhöhe. Dann können wir erst Argumente wirklich austauschen.
Viele Menschen meinen, weil es an jeder Straßenecke so genannt wird, es sei sicher, dass es keinen Gott gibt. Aber welche Argumente sprechen wirklich gegen die Existenz Gottes?
Jetzt möchte ich Ihnen einige Argumente nennen, die Sie vielleicht schon gehört haben. Ich sage Ihnen vorab mein Ergebnis dazu: Ich habe zahlreiche atheistische Literatur gelesen, von bekannten Atheisten, unter anderem von Richard Dawkins und anderen. Es waren hunderte von Seiten.
Ich muss sagen, nachdem ich das alles gelesen habe, bin ich immer noch nicht überzeugt, dass es keinen Gott gibt. Denn ich finde, sie haben alle keine guten Argumente. Ich möchte sogar behaupten, es gibt letztendlich kein einziges Argument, das wirklich gegen die Existenz Gottes spricht.
Das sind starke Worte. Gerne können Sie in der Pause oder bei der Fragerunde zu mir kommen und mir ein Argument nennen, das ich vielleicht noch nicht kenne. Vielleicht lasse ich mich dann überzeugen. Aber bisher ist mir kein einziges Argument begegnet, das ich wirklich überzeugend finde.
Warum? Weil die meisten Argumente gegen Gott gar keine Argumente gegen Gott sind, sondern nur gegen ein bestimmtes Gottesbild. Nicht gegen Gott selbst.
Ich werde Ihnen das gleich an Beispielen zeigen. Ich nehme verschiedene Argumente aus der Geschichte, die bis heute immer wieder aufgewärmt werden.
Argument der Projektion menschlicher Wünsche
Ein erstes Argument, das vorgebracht wurde oder das ich jetzt nennen möchte, stammt von Ludwig Feuerbach. Ich weiß nicht, ob Sie ihn kennen. Er war ein ganz bekannter Vordenker des Sozialismus und des Atheismus im 19. Jahrhundert, ein deutscher Philosoph. Er nahm die Lehre von Hegel und stellte sie auf den Kopf.
Ich kann Ihnen jetzt nicht viel zu Hegel erklären. Vielleicht haben Sie den Namen nur schon einmal gehört. Wenn Sie mehr darüber wissen wollen, lesen Sie im Buch nach, oder ich erkläre es Ihnen später noch. Jedenfalls hat Feuerbach die These aufgestellt – kurz zusammengefasst: Gott ist eine Projektion der menschlichen Wünsche. Das hört man sehr häufig.
Im landläufigen Bereich wird dann gesagt: Du bildest dir Gott ja nur ein, weil du das, was du dir vorstellst und wünschst, auf ihn überträgst. Du hast einen Gott erfunden, den du im Kopf erschaffen hast, und jetzt glaubst du daran. Es ist eine Projektion menschlicher Wünsche. Ich wünsche mir so sehr einen Gott, dass ich sage: Ja, ich brauche ihn, also erfinde ich ihn, und hinterher finde ich mir das bestätigt.
Wir können diese Idee der Projektion sogar ganz bildlich verstehen. Nehmen Sie zum Beispiel einen modernen Computer. Mit PowerPoint malen Sie ein Gottesbild. Dann haben Sie einen Beamer und projizieren das Bild an den Himmel, auf eine Wolkenwand. Und dann sehen Sie: Ah, da ist Gott, also ist er da. So ähnlich.
Wenn mir jemand solch ein Argument vorbringt, auch Ludwig Feuerbach, dann muss ich ihm erst einmal zustimmen. Ich sage: Ja, es gibt viele Menschen, die sich ihren Gott selbst erschaffen. Tatsächlich hat Feuerbach da Recht. Viele Menschen machen das.
Zum Beispiel gibt es den, der sich seinen feministischen Gott erschafft – Gott ist Feminist. Den kann man schaffen und daran glauben. Oder Gott ist Ökologe, dessen wichtigstes Anliegen die Reduzierung von CO2 ist. Es gibt Leute, die an solche Götter glauben. Aber das sind alles selbst geschaffene Götter.
Hier würde ich jedoch die entscheidende Rückfrage stellen: Wenn Menschen sich selbst ein Gottesbild schaffen, was sagt das darüber aus, ob es Gott wirklich gibt oder nicht? Die Antwort lautet: Gar nichts.
Meine Tochter hat das neulich getan. Sie hat manchmal ihre kreative Phase, sie ist zwölf Jahre alt. Dann entwickelt sie sich selbst ein Auto, so wie sie es sich vorstellt – ein Auto mit Swimmingpool und obendrauf eine Dachterrasse zum Sonnen. Ich habe ihr gesagt: Gut, wenn du groß bist, vielleicht wird das ja ein Verkaufsschlager. Aber dieses Auto ist ein reines Phantasieprodukt. Technisch würde es vielleicht gar nicht funktionieren.
Heißt das nun, weil meine Tochter ein Auto erfindet, das es gar nicht gibt, dass es keine Autos gibt? So argumentieren ja diese Atheisten. Sie sagen: Weil manche Menschen einen Gott erfinden in ihrer Phantasie, gibt es keinen Gott. Das ist aber nicht logisch.
Ich kann es auch am Beispiel eines Ehepartners erklären, falls Sie noch nicht verheiratet sind. Es gibt ja unverheiratete Menschen, die sich einen idealen Ehepartner entwerfen – einen Traumpartner, den es natürlich nie geben kann. Der immer lieb und nett ist, immer nur sagt: Wie kann ich dir helfen? Total verständnisvoll, super hübsch, und das auch noch mit 80 Jahren.
Jetzt können Sie sich diesen Partner so vorstellen. In der Realität werden Sie diesen Ehepartner wahrscheinlich nie finden. Heißt das nun, dass es gar keinen Ehepartner gibt? Natürlich nicht.
Hier liegt das Hauptproblem bei Ludwig Feuerbach: Er erkennt, dass manche Menschen den Gedanken an Gott missbrauchen, weil sie einen Gott erfinden, den es gar nicht gibt. Aber das sagt nichts darüber aus, ob es Gott gibt oder nicht. Es sagt nur aus, dass manche Leute sich selbst ein Gottesbild schaffen, das nicht Gott entspricht. Und das wissen wir doch schon lange.
In der nächsten Phase würde ich Ludwig Feuerbach antworten: Ich glaube aber nicht an einen Gott, den ich mir selbst geschaffen habe. Denn wenn ich mir einen Gott selbst erschaffen würde, dann sähe der ganz anders aus.
Ich hätte zum Beispiel gern einen Gott voller Liebe, der mir alles erlauben würde, was ich will. Der sagt: Gut, Michael, mach, was du willst, du hast immer Recht. So ein esoterischer Gott wird heute weitgehend abgelehnt. So einen findet man zum Beispiel bei Niall Donald Walsh oder in manchen charismatischen Kreisen.
Einen Gott, der alle segnet und sagt: Du bist mächtig, du bist stark, du bist gut, du bist immer gesund, immer reich und immer glücklich bis zum Lebensende. So einen Gott hätte ich gerne. Aber ich glaube nicht an diesen Gott, weil ich weiß, dass es nur ein Wunschgebilde ist.
Ich hätte auch gern einen Gott, der alle Menschen rettet. Ich will ja niemanden in die Hölle schicken. Ich hätte gern einen Gott, der sagt: Ach, okay, du hast zwar daneben gelegen, aber vielleicht noch eine katholische Variante – na gut, damit du ein bisschen leiden musst, ein bisschen Fegefeuer, und dann doch in den Himmel. Das fände ich sympathisch.
Ich glaube, auch katholische Theologen haben deshalb das Fegefeuer erfunden, um einen sympathischeren Gott zu haben, der nicht Leute für ewig verloren gehen lässt. Aber ich glaube nicht an diesen Gott, der alle Menschen rettet, weil davon nichts in der Bibel steht. Und weil ich weiß, das ist nur meine persönliche Vorstellung.
Einen Gott, der nur meinen Wünschen entspricht, den muss es ja gar nicht geben. Ich glaube an einen Gott, wie er sich durch Jesus Christus geoffenbart hat. Und dieser Gott sagt eben nicht: Alle werden gerettet. Er sagt nicht: Michael, tu, was du willst. Sondern er gibt mir Lebensanweisungen, in denen er auch zeigt: Das sollst du nicht tun, und das ist gut für dich zu tun.
An diesen Gott glaube ich, nicht an einen, den ich selbst erfunden habe. Also ich würde sagen, auf mich trifft das nicht zu. Ich habe keinen Gott, den ich selbst erfunden habe.
Das war Ludwig Feuerbach. Lassen Sie sich nicht provozieren durch dieses Argument, sondern sagen Sie: Ja, es gibt Menschen, die sich einen eigenen Gott erfinden. Aber das trifft nicht auf alle zu.
Kritik an Marx’ und Lenins Religionsverständnis
Dann geht es weiter, da haben wir Karl Marx. Karl Marx hat definiert: Religion ist das Opium des Volkes. Lenin hat das weiterentwickelt und sagte: Religion ist Opium für das Volk.
Der Unterschied besteht darin, dass Marx noch davon ausging, die armen Menschen erfinden sich Gott, weil das Leben so öde ist. Lenin hingegen ging davon aus, die Regierung erfindet Gott, um die anderen zu unterdrücken.
Nun müssen wir wieder die Frage stellen: Stimmt das? Auch hier würde ich Ihnen raten, zuerst einmal: Ja, das stimmt auch. Klar gibt es Leute, denen es arm und dreckig geht, die an Gott glauben, weil er ihnen Hilfe ist.
Gerade im 19. Jahrhundert, denken Sie an die Industrielle Revolution, da gab es in Deutschland Zustände, die wir uns heute kaum mehr vorstellen können. Menschen, darunter auch Kinder und Jugendliche, arbeiteten 14 Stunden am Tag und bekamen Hungerlohn dafür. Die Kindersterblichkeit war im 19. Jahrhundert sogar größer als im Mittelalter. Es war schlimm in Deutschland, wenn man darüber etwas liest.
In dieser Zeit glaubten Menschen an Gott, weil er ihnen Sinn und Ziel gab. Sie wussten, hier auf der Erde ist nicht alles vorbei, es gibt die Gerechtigkeit Gottes. Das verstehe ich, dass sich Menschen danach sehnen. Aber diese Sehnsucht nach einem Gott, der Trost und Hilfe im Leben gibt – was ist daran schlimm? Und warum sollte das zeigen, dass es diesen Gott nicht gibt?
Denn das, was Marx beschreibt, ist ja nur die Funktion, die Gott hat, nämlich die Armen und Verfolgten zu trösten. Und da würde ich sagen: Ja, und? Warum darf ein Gott, der existiert, den Menschen nicht trösten? Darf es nur einen Gott geben, der das nicht tut?
Manchmal ist es auch provokativ, wenn Leute sagen: „Du bist ja ein schwacher Mensch, du brauchst Gott nur, weil du allein nicht zurechtkommst.“ Und dann sage ich vielfach: Sie haben ganz genau Recht, ich komme allein nicht zurecht. Ich brauche Hilfe, ich schaffe es alleine nicht. Lassen Sie sich nicht provozieren, denn als Christen glauben wir das doch, oder? Wir glauben, dass Gott unsere Sünde beseitigt und dass wir im täglichen Leben nicht allein zurechtkommen.
Deshalb sage ich Gott jede Woche, jeden Tag meine Sorgen, die mich bewegen, weil er mir hilft. Aber wo ist das Problem? Darf ich nur an einen Gott glauben, der mir nicht hilft? Die Frage, ob dieser Gott existiert oder nicht, wird doch nicht dadurch beantwortet, ob er mir hilft oder nicht.
Wenn mir also jemand vorwirft: „Du glaubst nur an Gott, weil er dir hilft“, dann will ich sagen: Ja klar, ich glaube nicht nur daran, weil er mir hilft, aber auch daran, weil er mir hilft. Wo ist das Problem?
Die Frage, die beantwortet werden muss, ist: Wenn ich an Gott glaube und er mir hilft, ist damit noch nicht beantwortet, ob er wirklich existiert oder nicht. Dass Menschen in Notlagen eher nach Gott suchen, wissen wir alle.
Aber das ist ja genau dasselbe, wie wenn Sie gegen den Zahnarzt argumentieren würden. Sie könnten sagen: „Ich erfinde den Zahnarzt nur, weil er mir hilft, wenn ich Zahnschmerzen habe.“ Tatsächlich denken die meisten von uns nur an den Zahnarzt, wenn sie Schmerzen haben. Die meisten, also die, die gut sind, gehen auch regelmäßig hin. Ich gehöre leider zu denen, die ungern zum Zahnarzt gehen. Deshalb putze ich mir die Zähne, aber hingehen tue ich meist erst, wenn etwas wehtut. Also nicht zum Vorbild, aber so ist es.
Jetzt könnte jemand sagen: „Du erfindest den Zahnarzt ja nur, oder du brauchst ihn nur, wenn du Zahnschmerzen hast.“ Und ich kann sagen: Ja, das stimmt schon, ich brauche ihn besonders, wenn ich Zahnschmerzen habe.
Aber das heißt doch nicht, dass es keine Zahnärzte gibt, nur weil ich ihn brauche, wenn ich Zahnschmerzen habe, oder?
Wenn wir dann weiter zu Lenin gehen, der sagt, Religion sei Opium für das Volk, will er damit sagen, Religion werde von den Regierenden missbraucht, um die Bevölkerung zu unterdrücken. Auch hier würde ich wieder sagen: Lenin, du hast Recht, zumindest in dieser Hinsicht. Das stimmt. Wir sehen das doch gerade massenhaft, zum Beispiel mit der orthodoxen Kirche in Russland.
Seitdem der Sozialismus vorbei ist, hat die orthodoxe Kirche wieder ihr Machtbewusstsein. Sie arbeitet jetzt mit Putin und anderen zusammen und versucht, alle anderen Christen an den Rand zu drängen. Freie Kirchen, die evangelische Kirche, selbst die katholische Kirche werden in Russland an den Rand gedrängt, weil die orthodoxe Kirche ihre Macht ausübt.
Oder denken wir an die Machtspielchen der katholischen Kirche im Mittelalter. Da wurden Fürsten einfach aus der Kirche ausgeschlossen, um Macht durchzusetzen. Es wurden Kreuzzüge geführt, um den Einfluss auszubauen. Tatsächlich gibt es Menschen, die Religion für persönliche Interessen missbrauchen.
Das gibt es manchmal auch in Gemeinden, aus denen wir kommen. Vielleicht nicht ganz so offensichtlich, aber manchmal wird das auch da gemacht. Jemand wird mit theologischen Argumenten fertiggemacht, obwohl es in Wirklichkeit gar nicht um die Theologie geht, sondern darum, selbst gut dazustehen. Das gibt es.
Aber hier wieder meine Frage an Lenin: Was sagt das über die Existenz Gottes aus? Das heißt doch nur, dass manche Menschen den Gedanken an Gott missbrauchen können für persönliche Zwecke. Das sagt aber nichts darüber aus, ob Gott existiert oder nicht.
Wir können alles missbrauchen, auch das Beste. Da gibt es radikale Muslime, die die Demokratie in Deutschland missbrauchen, um ihren Radikalismus zu verbreiten. Freiheit für diejenigen, die Zwangsehen durchführen wollen – das gibt es in Deutschland.
Aber das heißt doch nicht, dass die Demokratie schlecht ist, sondern dass Menschen sie missbrauchen für persönliche Machtinteressen. Man kann alles missbrauchen, auch die besten Sachen.
Nehmen Sie Medizin. Medizin ist gut und hilft den Menschen. Aber was haben Mediziner im Dritten Reich getan? Sie führten Experimente an Juden und KZ-Gefangenen durch, um ihren persönlichen Sadismus auszuleben.
Oder denken Sie an Mediziner in Deutschland, die andere töteten, vor Gericht kamen und sagten: „Wir hatten Mitleid, wir haben ihnen eine Spritze gegeben“ – das war Euthanasie. Oder an diejenigen, die von der Krankenkasse Medikamente für längst verstorbene Menschen abrechneten.
Natürlich ist das alles schlimm. Medizin wird hier für persönliche Vorteile missbraucht. Bedeutet das aber, dass Medizin generell schlecht ist oder gar nicht existiert? Natürlich nicht.
Wenn Menschen Religion und den Gedanken an Gott für persönliche Interessen missbrauchen, ist das schlimm. Es sagt aber nichts über die Existenz Gottes aus. Das müssen wir ebenfalls begreifen.
Evolutionstheorie und Gottesfrage
Oder denken wir an die Diskussion, die durch Charles Darwin ausgelöst wurde – besser gesagt, durch denjenigen, der die Evolutionstheorie in besonderer Weise propagiert hat. Denn die Evolutionstheorie gab es bereits in der Antike bei den alten Griechen. Unter anderem hatten sie, etwa bei Platon, eine Art geistige oder kosmische Evolution. Auch im Mittelalter gab es bereits Ideen der Evolution.
In der Neuzeit wurde die Evolutionstheorie in der Naturwissenschaft besonders durch Charles Darwin gefördert und in Deutschland durch Ernst Haeckel. Ernst Haeckel, Professor für Zoologie, ist der bekannte Mann, der die Evolution in Deutschland zum Durchbruch verholfen hat – und zwar mit Lug und Betrug. Das wissen wir heute aus der Wissenschaftsgeschichte.
Wenn Sie darüber etwas lesen möchten: Ich habe auch einen kleinen Aufsatz dazu geschrieben, den ich Ihnen gerne per E-Mail zuschicken kann. Beispielsweise veröffentlichte Haeckel eine Liste von Embryonen, um zu zeigen, dass sich in der Entwicklung der Embryonen die gesamte Evolutionstheorie widerspiegelt. Später fanden Wissenschaftler heraus, dass diese Embryonenliste gefälscht war. Als Haeckel darauf angesprochen wurde, leugnete er zunächst. Nachdem man es ihm bewiesen hatte, sagte er, na ja, diese Kleinigkeiten mache doch jeder. Um der Wahrheit willen könne man doch auch etwas fälschen.
Das sind dann Pseudowissenschaftler, die der Evolutionstheorie in Deutschland zum Durchbruch verholfen haben. Schlimm! Heute wird die Evolution insbesondere von Leuten wie Richard Dawkins und anderen als Argument gegen die Existenz Gottes benutzt.
Ich möchte heute Morgen keinen Vortrag über Evolution pro und contra halten – das will ich gar nicht. Ich habe eine persönliche Überzeugung dazu. Sie können auch ein kleines Heftchen von mir lesen und erwerben, das sich mit Schöpfung und Evolution und dieser Auseinandersetzung beschäftigt.
Aber ich glaube, dass die Frage nach Gott dadurch gar nicht berührt wird. Nehmen wir einmal an – und ich sage das hier ganz bewusst im Konjunktiv – die Evolutionstheorie würde stimmen. Wir müssten auch noch sagen, welche Form der Evolutionstheorie gemeint ist, denn es gibt verschiedene. Aber wenn die Evolution stimmen würde, was sagt sie dann über die Existenz Gottes?
Kann mir da jemand eine Antwort geben? Gar nichts. Die Evolutionstheorie will doch nur beschreiben, wie das Leben auf der Erde sich entwickelt hat. Und was sagt das über Gott aus? Nichts. Es könnte doch einen Gott geben, der dahintersteht und das Ganze anschiebt – die Evolution, zum Beispiel indem er Gene austauscht oder so. Wenn Menschen schon Gentechnologie betreiben können, könnte Gott das doch auch.
Oder es könnte ein Gott sein, der einfach zuschaut, wie eine Art Experiment. Lassen wir das mal sich entwickeln und schauen wir zu. Ich will Ihnen nicht sagen, dass ich an so einen Gott glaube – verstehen Sie mich richtig, ich glaube nicht an einen Gott, der so etwas macht. Aber es wäre zumindest denkbar.
Wenn wir mit einem Atheisten reden, müssen wir nicht gleich die gesamte christliche Dogmatik verteidigen. Erst einmal geht es darum, ob es überhaupt einen Gott gibt oder ob seine Argumente gegen Gott stimmen. Und dann müssen wir sagen: Es könnte doch solch einen Gott geben, der die Evolution benutzt, der sie gebraucht, der zuschaut oder sie sogar steuert. Es könnte so einen Gott geben.
Also ist die Evolutionstheorie kein gutes Argument gegen die Existenz Gottes. Ich hoffe, Sie verstehen mich richtig: Ich will mit einem Atheisten kein Kampffeld eröffnen, das nicht weiterführt. Denn wenn ich ihn überzeugt habe, dass die Evolutionstheorie falsch ist, muss er trotzdem nicht an Gott glauben. Dann sagt er halt: Na ja gut, dann ist die Welt halt irgendwie anders entstanden – aber auch ohne Gott.
Das heißt, es führt nie weiter. Warum also wollen Sie mit einem Atheisten endlos über die Evolution diskutieren, wenn es ihn und Sie auch nicht weiterbringt? Deshalb weisen Sie ihn darauf hin, dass die Evolutionstheorie gar kein Argument gegen Gott ist. Dann können wir weitermachen.
Nietzsche und die Gottesfrage
Sind wir bei Friedrich Nietzsche, wenn er sagt: „Gott ist tot“? Ja, das klingt gut. Wer markige Sprüche mag, ist bei Nietzsche richtig. Er haut so richtig rein, wie man sagt. Da finden sich krasse Aussagen – Jugendliche würden heute sagen: krasse oder Hammer-Aussagen. So sagt man das ja. Das stimmt schon, aber dahinter steckt nichts.
Nietzsche ist gut, um ihn zu zitieren, aber logisch ist er gar nicht. Er behauptet einfach, Gott sei tot. Da frage ich mich: Wieso denn? Wir haben ihn getötet? Er sagt: „Bitte sehr, wie hast du denn Gott getötet?“ Ja, mit dem Verstand. Nur lässt sich Gott wohl nicht mit dem Verstand töten. Und dann müsste man auch sagen: Wenn du ihn getötet hast, dann hat er ja bisher gelebt. Also hat es Gott doch gegeben. Das ist auch absurd.
Wir müssen sehen: Bei Nietzsche gibt es keine guten Argumente gegen Gott, auch wenn er häufig zitiert wird. Nietzsche spiegelt in seinen Schriften vor allem seine persönliche Auseinandersetzung wider, sein Ringen um die Existenz Gottes. Dieser arme Mann hat sein Leben lang darum gerungen: Gibt es Gott oder nicht? Weil ihm wenige Christen begegnet sind, die für ihn überzeugend waren, kam er zu dem Schluss: Nein, wahrscheinlich gibt es Gott nicht. Sonst müsste es überzeugendere Christen geben, fröhlichere Christen, die für ihren Glauben leben.
Zum Teil hat er ja Recht. Leider geben Christen nicht immer ein gutes Spiegelbild von Gott und seinem Wesen, leider. Und da sind wir alle mit dabei, weil wir alle Menschen sind, leider. Aber das hat nichts mit Gott und seiner Existenz zu tun.
Ich würde sogar sagen: Jeder überzeugte Atheist sollte Nietzsche lesen. Denn dann kommt er zu derselben Verzweiflung, zu der Nietzsche gekommen ist. Nietzsche sagte: „Wenn es keinen Gott gibt, bricht alles zusammen. Wir haben keine Ethik mehr, keine Moral mehr, keinen Sinn im Leben, kein Ziel mehr. Alles steht zur Disposition.“ Dann merkt ein Atheist, was es wirklich bedeutet, Atheist zu sein.
Die meisten sind ja eher Salon-Atheisten. Das heißt, sie diskutieren gerne darüber, leben aber im Alltag ganz glücklich mit christlichen Maßstäben. Denn unser Grundgesetz ist ja auf christlichen Maßstäben aufgebaut. Überhaupt: Der Gedanke der Demokratie kommt aus christlichen Erwägungen. Eine moderne Demokratie ist aus christlichen Maßstäben entstanden.
Manche sagen: „Ja, damals in Athen gab es das ja schon.“ Ja, dann schauen Sie mal genau hin. In Athen gab es keine Demokratie wie heute. Dort durften erst einmal nur Männer wählen, Sklaven nicht, Leibeigene nicht und Fremde auch nicht. Das heißt, am Ende durften ungefähr zehn Prozent der Bevölkerung bestimmen. Ist das die Demokratie, die wir heute haben? Nein, gar nicht.
Die Demokratie, wie wir sie heute kennen, geht davon aus, dass der Mensch vor Gott und vor anderen Menschen gleich ist. Und woher kommt dieser Gedanke? Aus der Bibel, weil dort steht, alle sind Geschöpfe Gottes und alle sind gleich.
Rein verstandesmäßig, wie wollen Sie das bitte begründen? Der eine ist Kind eines Reichen, der andere Kind eines Armen. Der eine wird mit einem IQ von 150 geboren, der andere mit 50. Wo sind die denn gleich? Oder Männer und Frauen: Treten Sie mal im Boxkampf Männer gegen Frauen an. Da haben Frauen meistens keine Chance. Gegen schwächliche Männer vielleicht, aber gegen einen richtig Durchtrainierten? Da hat eine Frau keine Chance. Deshalb spielen Frauen in der deutschen Bundesliga nicht in der Männerliga mit. Man sagt, sie können nicht so schnell laufen oder sind nicht so stark. Sie haben ihre eigene Liga.
Dann merken wir: Menschen sind nicht gleich. Mann ist nicht gleich Frau, Reich ist nicht gleich Arm, Intelligent ist nicht gleich Dumm, Schön ist nicht gleich Hässlich. Die Menschen sind doch gar nicht gleich. Das ist doch Quatsch.
Nicht, dass ich sage, es sei so. Ich will nur sagen: Wir meinen, die Menschen sind gleich, weil es die Bibel sagt, weil sie vor Gott gleich sind. Das ist alles christlich durchdrungen.
Warum wird heute jemand, der einen anderen ermordet, generell vor dem Gesetz ohne Ansehen der Person verurteilt? Weil Gott es sagt. Bei den alten Germanen war das anders. Wenn ein Germanenfürst sagte: „Kopf ab!“, fiel der Kopf fast von selbst ab, und er wurde nicht bestraft. Wenn aber ein Leibeigener jemanden umgebracht hat, war das ganz anders. Da musste man Strafe zahlen. Für eine alte Frau musste nur die Hälfte gezahlt werden wie für eine junge Frau. Man dachte: Eine junge Frau kann noch mehr leisten, mehr Kinder bekommen, eine alte nicht. So dachten die alten Germanen. Klingt doch logisch.
Heute argumentiert man immer mehr in eine andere Richtung. Zum Beispiel in England: Ab einem bestimmten Alter bekommt man keine Operationen mehr, ab einem bestimmten Alter sei man nicht mehr lebenswert. So denkt der gottlose Mensch.
Das heißt: Was wir in unserem Grundgesetz haben, kommt alles aus der Bibel. Dort, wo man die Bibel und Gott leugnet, wird das immer mehr zur Disposition gestellt. Das kann uns Nietzsche lehren, wenn wir sehen, welche Konsequenzen die Gottlosigkeit hat. Und die sind erschreckend.
Deshalb sollten wir uns nicht freuen, gottlos zu sein. Das ist Nietzsche.
Freuds Sicht auf Religion
Und dann kommt Sigmund Freud, der gesagt hat, Gott oder Religion sei eine kollektive Neurose oder Psychose – manchmal nennt er es auch so. Diese Ansicht gibt es bis heute. Wenn jemand heute in eine Klinik kommt und sagt, er bete regelmäßig und Gott helfe ihm, hört der Psychologe oft aufmerksam zu. Bald behandelt er die Person als religiös neurotisch, weil sie glaubt, es gäbe ein Wesen jenseits von ihr, mit dem sie sprechen könne. Das gilt als krankhaft.
Der Psychologe sagt das nicht direkt, er ist freundlich und sagt vielleicht: „Erzählen Sie mal ein bisschen mehr davon.“ In Wirklichkeit denkt er aber: „Oh, ganz schlimm krank, ganz problematisch, dieser Mensch.“ Das ist die Gottlosigkeit, die stark von Sigmund Freud geprägt ist. Er sagte, der Mensch erfinde Gott als eine Art Über-Ich, das ihm sagt, wie er richtig reagieren solle.
Wir müssen aber sagen: Wenn das so ist, lieber Sigmund Freud, dann ist der Großteil der Menschheit krank. Normalerweise sagt man ja, krank ist die Minderheit, also sind dann eher die Atheisten krank, weil sie die Minderheit in der Geschichte und auch heute sind. Aber wir wollen uns hier nicht in statistischen Haarspaltereien verlieren.
Generell muss man fragen: Worin soll denn die Krankheit bestehen? Was Freud hier tut, ist nicht mehr als eine Behauptung. Er behauptet einfach, es sei krankhaft. Wo sind die Beweise? Wieso soll das Ergebnis Krankheit sein? Ich habe in meinem Leben Dinge, auf die ich mich verlasse: Gebetserhörungen, erfüllte Prophetien in der Bibel. Sind die nur Produkt meiner Fantasie? Wohl kaum.
Vielleicht hatte Sigmund Freud Probleme mit Religionen und ordnete sie deshalb als krankhaft ein. Warum sollten wir krank sein? Ich fühle mich jedenfalls nicht krank und bilde mir nichts ein. Ich habe eher den Eindruck, dass es einige Esoteriker gibt, die sich Edelsteine hinlegen und meinen, die würden heilen. Das erscheint mir problematischer, als zu einem Gott zu sprechen, von dem ich weiß, dass er historisch nachweisbar in die Weltgeschichte eingegriffen hat – ein Gott, der mir in meinem persönlichen Leben geholfen hat. Das halte ich nicht für krankhaft, sondern für höchst gesund.
Hier müsste man also sagen: Lieber Sigmund Freud, wo sind die Beweise, dass das krankhaft ist? Das ist doch nur eine Behauptung. Es gibt viele Argumente, die Leute nennen, um zu beweisen, dass es keinen Gott gibt. In Wirklichkeit sind diese Argumente oft nicht so überzeugend, wie sie dargestellt werden.
Ich habe hier nur einige Beispiele genannt, die häufig vorkommen. Ein häufiges Argument ist: „Ich sehe Gott nicht, also gibt es ihn nicht.“ Darauf bin ich nur am Rande eingegangen, denn dieses Argument ist schlichtweg dumm, entschuldigen Sie die Radikalität. Wenn ich nur das für real halte, was ich sehe, was ist dann mit dem Blinden? Gibt es für ihn nichts, weil er nichts sieht? Kommen Sie mal in einen dunklen Raum, wir lassen die Rollläden runter, schalten das Licht aus, und ich frage Sie: Gibt es mich noch? Was sagt das aus? Doch nicht nur das, was ich sehe, existiert.
Physikalisch betrachtet können wir sogar sagen, dass wir eigentlich gar nichts sehen. Immanuel Kant drückte das so aus: Das „Ding an sich“ können wir gar nicht begreifen oder beschreiben. Was wir sehen, ist nur die Reflektion des Lichts in unseren Augen. Ob da überhaupt etwas ist, können wir nicht sagen. Wir können nur feststellen, dass Lichtstrahlen auf etwas fallen, reflektiert werden und eine Reizung in unserem Gehirn auslösen. Mehr ist das nicht, rein naturwissenschaftlich gesehen.
Ob da etwas ist, kann niemand von uns sagen. Wie ist es zum Beispiel mit Radiostrahlung oder Handystrahlen? Gibt es die? Haben Sie sie schon einmal gesehen? Nein. Trotzdem durchdringen sie den Raum. Man spricht von Elektrosmog. Sehen Sie ihn? Nein. Trotzdem gibt es ihn, weil wir Handys benutzen können.
Gab es diese Strahlen auch schon, bevor das Handy erfunden wurde? Ja, natürlich. Es gab niemanden, der telefonierte, aber diese Strahlen entstanden auch durch natürliche Phänomene, etwa durch weiße Zwerge oder kosmische Explosionen, die Radiostrahlung aussenden. Es gab auch radioaktive Strahlen, bevor Marie Curie sie entdeckte. Man hat sie nur später erkannt.
Es ist absurd zu behaupten, nur das existiere, was ich sehe oder was die Wissenschaft heute beweisen kann. Alles, was die Wissenschaft nicht beweisen kann, existiere nicht. Das ist Unsinn. Sonst hätten radioaktive Strahlen vor ihrer Entdeckung nicht existiert. Atome hätten vor ihrem Nachweis nicht existiert. Pluto hätte vor seiner Entdeckung nicht existiert. Die Realität ist viel mehr als das, was die Wissenschaft heute beschreiben kann.
Deshalb sollten wir uns auf solche Argumentationen nicht einlassen, sondern Gegenbeispiele nennen, um zum Nachdenken anzuregen. Das ist kein Zeichen dafür, dass es keinen Gott gibt.
Wenn wir in dieser Diskussion weiterkommen, wird unser Gesprächspartner hoffentlich einsehen, dass es kein eindeutiges Argument gegen die Existenz Gottes gibt. In der zweiten Phase des Gesprächs wird er uns herausfordern: „Was spricht denn für die Existenz Gottes?“ Erst dann sollten wir in die Argumentation für Gott einsteigen – allerdings in aller Bescheidenheit.
Warum in Bescheidenheit? Wir haben gestern schon darüber gesprochen. Meine Behauptung ist: Es gibt keinen eindeutigen naturwissenschaftlichen Beweis für die Existenz Gottes. Ich hoffe, Sie haben gut zugehört. Ich sage keinen eindeutigen naturwissenschaftlichen Beweis.
Wenn wir mehr Zeit hätten, würde ich es erklären. Ich glaube, die Naturwissenschaft kann keine Aussage über Gott machen. Physik, Chemie und Biologie beschäftigen sich ausschließlich mit Dingen dieser Welt, die wir ins Labor sperren, zerteilen, untersuchen, bestrahlen, wiegen und messen können. Das können wir mit Gott nicht.
Wir können Gott nur dort erkennen, wo er Spuren hinterlässt, wo er sich offenbart. Wenn Gott sich in den letzten Winkel des Universums zurückziehen und sagen würde: „Macht doch, was ihr wollt, ihr seid mir egal“, wie könnten wir dann etwas über Gott sagen? Gott ist kein Gegenstand dieser Welt, und das ist in keiner Religion anders, auch nicht im christlichen Glauben.
Wir können nur etwas über ihn sagen, wenn er sich selbst offenbart. Genau das behaupten wir Christen. Jesus sagt: Wer weiß etwas über den Vater? Nur der Sohn und wem der Sohn es offenbart. Das ist das, was wir glauben.
Wir werden keine naturwissenschaftlichen Beweise für Gott finden, weil Gott nicht von uns kontrollierbar ist. Wir können ihn nicht ins Labor einsperren, weil er kein Teil der materiellen Welt ist. Naturwissenschaft beschäftigt sich nur mit der materiellen Welt. Sie kann nur zeigen, dass Gott kein Bestandteil dieser Welt ist. Und da sagen wir Amen, das wussten wir schon vorher.
Mehr kann die Naturwissenschaft nicht tun. Wenn Richard Dawkins in seinem Buch versucht, mit Biologie zu beweisen, dass es keinen Gott gibt, hätte ich ihm das auch vorher sagen können. Wie soll die Biologie Gott beweisen? Kann man Verhaltensuntersuchungen machen, wie bei Tieren? Wie will man Gott beobachten? Zellbiologie? Tiere zerschneiden und unter das Mikroskop legen? Wie soll das mit Gott funktionieren?
Die Biologie hat kein Mittel, um Gott zu untersuchen. Ihr Ergebnis ist nur, dass sie nicht beweisen kann, dass Gott als biologisches Wesen existiert. Das glauben wir auch. Deshalb sollten wir nicht versuchen, naturwissenschaftliche Beweise für Gott zu finden. Das geht nicht, weil die Naturwissenschaft kein Instrumentarium hat, um Gott zu untersuchen.
Das heißt nicht, dass wir keine guten Gründe haben, an die Existenz Gottes zu glauben. Wir haben gute Gründe. Welche sind das? Ich nenne nur einige wenige, die Sie noch ausbauen können.
Ein guter Grund sind historische Berichte, die glaubhaft vermitteln, dass Gott sich auf der Erde offenbart hat, zum Beispiel durch Prophetien. Es gibt viele Leute, die als Propheten auftreten. Jedes Jahr kann man ein neues Handbuch oder astrologisches Buch über die Zukunft kaufen. Am Ende des Jahres stellt man fest, dass 90 Prozent falsch waren und der Rest Spekulation.
Ich hätte Ihnen vor einem Jahr sagen können, es wird eine neue Bundesregierung geben. Das hat sich erfüllt, ich bin ein guter Prophet. Ich kann Ihnen auch jetzt prophezeien: Diese Wirtschaftskrise wird vorbeigehen. Klar, das ist nur eine Frage der Zeit. Aber die Prophetien der Bibel sind von anderer Qualität. Sie sind so konkret, dass kein Mensch sie Jahrhunderte vorher hätte sagen können.
Das Matthäusevangelium zitiert in jedem Kapitel, wie geschrieben steht bei den Propheten Jesaja, Jeremia, Hesekiel und anderen. Es wird im Detail gesagt: Geburtsort Jesu, dass seine Mutter eine Jungfrau sein wird, dass er nach Ägypten fliehen wird, dass er in Bethlehem geboren wird, dass er in Nazaret aufwachsen wird, dass er ein Galiläer sein wird und so weiter.
Da stellt sich die Frage: Wie konnte das jemand vorhersehen? Wie konnte jemand den Untergang von Tyrus und Sidon so detailliert vorhersagen, wie er in der Bibel beschrieben ist? Wie konnte jemand vorhersagen, dass das Volk Israel verfolgt, in alle Winde zerstreut und dann wieder im verheißenden Land gesammelt wird?
Damals hätte man eher gesagt, die Etrusker, ein einflussreicheres Volk im frühen Rom, würden verfolgt und sich wieder sammeln. Aber das war Pech, die Etrusker waren damals einflussreicher, heute weiß niemand mehr, wo sie geblieben sind.
Das ist kein Wahrscheinlichkeitsurteil, sondern übernatürlich. Wenn wir in der Bibel lesen, wie das Menschsein beschrieben wird und wie wir als Menschen reagieren, erkennen wir uns immer wieder. Die Bibel malt kein schönes Bild vom guten Menschen, sondern zeigt uns in unserer Tiefe, wie wir wirklich sind: selbstsüchtig, egoistisch und so weiter.
Selbst wenn wir Geld spenden, steckt oft etwas Egoistisches dahinter: Ich will, dass Gott sich revanchiert, mir ein Geschenk macht, oder ich will anerkannt werden, oder dass andere sehen, wie großzügig ich bin. Das betrifft nicht nur andere, sondern auch mich selbst.
Die Bibel zeigt, wie wir sind. Zum Glück kommt es nicht darauf an, perfekt zu sein. Die Bibel bietet die einzige Möglichkeit, aus diesem Kreislauf auszubrechen, in dem wir uns nur um uns selbst drehen. Nur Gott kann uns da herausreißen.
So genau, wie die Bibel unseren psychischen, seelischen und geistlichen Zustand beschreibt, tut das kein Psychologe unserer Zeit. Woher wissen die das? Viele Menschen haben in ihrer Vergangenheit Erfahrungen mit Gott gemacht.
Ein Beispiel: Einer unserer Schüler war wegen seines Praktikums am Ural in Russland. Dort arbeitet er mit drogensüchtigen Menschen, ein großes Problem in Russland. Diese Drogenrehabilitation hat eine Erfolgsquote von 80 Prozent. In Deutschland wäre man froh, wenn man zehn Prozent hätte, 90 Prozent fallen zurück.
Woher kommt das? Die meisten dieser Drogensüchtigen lernen in der Reha Gott kennen, werden gläubige Christen, und das verändert ihr Leben. Woher kommt das? Gott wirkt.
Ein Bibelschüler, der vor zehn Jahren ein Penner war – jemand, der mit der Rotweinflasche vor dem Aldi saß und trank – hat Gott kennengelernt, und sein Leben hat sich total verändert. Heute würde man ihn nicht wiedererkennen. Das hat Gott gemacht.
Gott, der in unser Leben eingreift und es verändert, ist auch ein Argument für seine Existenz. Vielleicht haben Sie selbst Erfahrungen gemacht, wo Gott durch Gebet eingegriffen hat. Das können wir nennen.
Wir wollen nicht sagen, Gott sei ein Automatismus, der immer reagiert, wenn ich bete. Nein, Gott ist ein freies Wesen, das auch Nein sagen kann. Aber immer wieder greift er ein.
Ich erlebe, dass Gott persönlich zu mir spricht, wenn ich die Bibel lese. Ich lese gerade das, was ich in dem Moment brauche, nicht durch Einbildung, sondern weil ich glaube, dass Gott zu mir spricht.
Ein weiteres Argument ist die Schöpfung – eines der ältesten Argumente für die Existenz Gottes. Wie ist das entstanden, was wir heute sehen? Ich glaube, alle müssen sagen: Das deutet am ehesten darauf hin, dass ein Gott dahintersteht.
Wie kann es diese Vielfalt und diese fein aufeinander abgestimmten Ökosysteme geben? Wenn Sie über Gott staunen wollen, lesen Sie mal ein medizinisches oder biologisches Buch. Sie werden über Gott staunen.
Ich habe kürzlich ein Buch über den Blutkreislauf gelesen. Es wurde beschrieben, was alles im Blutkreislauf passiert, welche Stoffe in welcher Konzentration vorhanden sind. Wenn da nur ein bisschen durcheinanderkommt, stirbt der Mensch.
Das ist erstaunlich! Welcher Konstrukteur kann heute eine so komplexe Maschine wie den menschlichen Körper erfinden? Keiner. Wo gibt es einen Computer, der 80 Jahre lang hält und sich selbst repariert? Gar nicht. Da kann man froh sein, wenn er ein paar Jahre funktioniert.
Wo gibt es ein Auto, das 80 Jahre lang jeden Tag läuft? Gibt es nicht. Es gibt keine Maschine, die so komplex und so gut funktioniert wie der Mensch. Dass es auch Krankheiten gibt, ist nach der Bibel möglich, weil wir in einer von Gott abgefallenen Welt leben.
Aber selbst in dieser Welt funktioniert unser Körper bestens, ohne dass wir erst eine Betriebsanleitung lesen müssen. Es funktioniert einfach so. So genial hat Gott das gemacht.
Das deutet auf einen Superingenieur hin, der dahintersteckt. Für mich ist das ein Hinweis auf Gott.
Das sind nur einige wenige Argumente, keine Beweise. Ich sage das deutlich. Aber es sind gute Hinweise auf die Existenz Gottes.
Diese sollten Sie erst anführen, wenn Sie geklärt haben, dass es keine guten Argumente gegen Gott gibt.