Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, Amen! Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.
Er war der allerverachtetste und unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Darum haben wir ihn nicht geachtet. Wir reden.
O Herr, stelle uns dein Leiden für uns so vor die Augen, dass wir es verstehen, fassen und glauben können. Herr, zeige uns, wie bedroht unser Leben ist von der Hölle und von deinem Zorn, und wie wir uns selbst zerstören können.
Zeige uns, wie du unsere einzige Chance und Rettung bist. Herr, rede zu uns und gib, dass wir schweigen und hören, was du sagst. Lass deine Hirtenstimme ertönen! Amen!
Wir beten weiter in der Stille! Herr, lass deinen Todesfeind an mir nicht verloren sein! Amen!
Einführung und Gebet zum Verständnis des Leidens Christi
Wir hören ein Wort aus der Heiligen Schrift, es steht im dritten Kapitel des Galaterbriefs:
„O ihr unverständigen Galater, wer hat euch verzaubert, sodass ihr der Wahrheit nicht gehorcht? Euch ist Christus Jesus als gekreuzigt vor Augen gemalt worden. Das will ich allein von euch lernen: Habt ihr den Heiligen Geist empfangen durch die Werke des Gesetzes oder durch die Predigt vom Glauben? Seid ihr denn so unverständig? Im Geist habt ihr angefangen, wollt ihr nun im Fleisch vollenden? Habt ihr solche Taten erfahren durch die Werke des Gesetzes oder durch die Predigt vom Glauben? Gleichwie Abraham Gott glaubte, und das wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet.“
Herr, dein Wort ist meines Herzens Freude und Trost. Amen.
Gnade sei mit uns und Friede von dem, der da ist, der da war und der da kommt. Amen.
Wir hören ein Wort aus Lukas 22, Vers 43, das die Geschichte erzählt, wie Jesus in Gethsemane betet:
„Es erschien ihm aber ein Engel vom Himmel und stärkte ihn. Und es kam, dass er mit dem Tode rang und heftiger betete. Sein Schweiß wurde wie Blutstropfen, die auf die Erde fielen.“
Herr, lass dein Wort nicht leer an uns zurückkommen. Lass es in uns wirken, wie du es uns gegeben hast. Amen.
Begegnung im Alltag und die Wirkung des Gottesdienstes
In der vergangenen Woche hatte ich eine Evangelisation in der Kongresshalle in Frankfurt. Ich möchte denen danken, die uns im Gebet unterstützt haben, eine Halle mit drei- bis viertausend Plätzen zu füllen.
Am Ende brach einiges durch, und mein Freund und ich waren sehr vergnügt, als wir vor acht Tagen um die Mittagszeit im Frankfurter Ratskeller saßen, um zu essen. Dort war ein sehr höflicher Kellner – die Frankfurter haben das so an sich – der uns sehr nett mit der Speisekarte beriet.
Plötzlich fragte er völlig unvermittelt: „Waren Sie heute Morgen in der Kirche?“ Solche Fragen vom Kellner ist man nicht gewohnt, und wir waren ziemlich verblüfft. Umso mehr freuten wir uns, dass wir versichern konnten: „Doch, doch, wir waren in der Matthäuskirche.“
„Na“, sagte der Kellner, „dann ist es ja gut. Wenn man nicht in der Kirche war, klappt die ganze Woche nicht.“ Das versteht man frankfurterisch, es ist eine bildhafte Sprache. Falls man es nicht versteht: „Klappt die ganze Woche nicht, wenn man nicht in der Kirche war.“ Damit ließ er das Gespräch erst einmal stehen.
Ich weiß bis heute nicht, ob der Mann das ernst meinte oder ob er in mir den Pfarrer gewittert hat – manche spüren das förmlich. Ob er den Pfarrer gewittert hat, weiß ich nicht. Aber das Wort hat mich bewegt.
Ich kann auch nicht sagen, ob man das theologisch so vertreten kann, wie er es gesagt hat. Aber ich verstand, was er meinte: Ein richtiger Gottesdienst soll sich segensreich auf die ganze Woche auswirken. Er soll nicht nur von halb neun bis neun Uhr fünfzehn dauern. Diese Woche braucht er ja bloß bis Freitag vorzuhalten, nicht wahr?
Aber er soll die ganze kommende Woche prägen. Ich glaube, das wird ein Gottesdienst dann tun, wenn uns, wie Paulus schreibt, Jesus Christus vor die Augen gemalt wird, als wäre er unter uns gekreuzigt (vgl. 2. Korinther 2,14).
Jesus Christus vor Augen gemalt: Die Szene in Gethsemane
Und sehen Sie, das will unser heutiger Text tun: Er will uns den Herrn Jesus Christus vor die Augen malen.
Wir sehen ihn in der dunklen Nachtstunde im Garten Gethsemane, ganz allein, wo er mit dem Vater ringt: „Vater, ist es möglich, dann lass diesen schrecklichen Leidenskelch vorübergehen.“
Wir sehen den Herrn Jesus hier in einer so merkwürdigen und eigenartigen Verfassung, dass man sagen muss, so hat sich kein Mensch außer den leuchtenden Propheten den Heiland der Welt vorgestellt.
Es gibt Leute, die meinen, die Evangelien wären menschliche Erfindungen. Das ist ja dummes Zeug. Dieser Heiland, wie er hier war, den hätte sich kein Mensch ausdenken können.
Paulus schildert das Evangelium einmal mit einem wundervollen Wort im 1. Korinther 2,9. Da sagt er, es sei etwas, was in keines Menschen Herz gekommen ist, das heißt, was in keine Menschenherzen aufgestiegen ist, was kein Mensch sich ausdenken konnte.
Und sehen Sie, genau das wird hier in unserem Text an Jesus gezeigt. Das ist ein Heiland, wie ihn sich keiner ausdenken konnte, ein geradezu unmöglicher Heiland.
Wir wollen ihn ansehen und als Überschrift über den Text und die Predigt schreiben: „Was in keines Menschen Herz gekommen ist.“
Wir bleiben bei den drei Teilen, die Jänge mit der Kanzel zusammenstellen, offenbar nicht mit dem Mann, nicht wahr? Erstens: Was Jesus ist.
Wir wollen es mit einem Wort sagen, mit dem Wort, mit dem der Täufer Johannes das Amt Jesu geschildert hat: Er ist Gottes Opferlamm, welches der Welt Sünde trägt.
Und so wird er uns hier gezeigt. Das möchte ich Ihnen deutlich machen.
Jesus als das Opferlamm: Der Todeskampf in Gethsemane
Sehen Sie, Luther übersetzt: „Es kam, dass er mit dem Tode rang.“ Wörtlich heißt es hier: „Er kam in Todesringen.“ Im Griechischen steht tatsächlich ein Wort, das wir heute noch für den Todeskampf verwenden, nämlich Agonie. Er kam in Agonie.
Agonie ist der Moment, in dem der Mensch seinen Lebenswillen aufgibt. Jesus kam in Agonie. Sein natürlicher Lebenswille, der in allem Menschlichen steckt, wurde in dieser Stunde völlig niedergeschlagen und gefesselt.
Was das bedeutet, möchte ich Ihnen nun an einer biblischen Geschichte deutlich machen. Ich möchte wissen, ob Sie alle die Geschichte aus dem Alten Testament kennen, wie Gott dem Abram befahl, seinen Sohn zu opfern. Es ist ergreifend, wie Abram gehorcht und seinen Sohn Isaak, seinen einzigen Sohn, nimmt und nach dem Berg Moria zieht.
Diese Geschichte ist ein Vorbild für Gethsemane und Golgatha. Denn Golgatha ist der Berg Moria, wissen Sie? Nun zieht also Abram mit seinem Sohn nach Moria. Dort kommen sie auf die Höhe und Abram baut einen Altar.
Es kam jedoch nicht dazu, dass er seinen Sohn opfern musste. Im letzten Moment verhütete Gott das Opfer. Aber da steht ein ergreifender Satz: „Abraham band seinen Sohn Isaak, band seinen Sohn Isaak und legte ihn auf den Altar oben auf das Holz.“
Sehen Sie, genau das tat hier im Garten Gethsemane der himmlische Vater mit seinem Sohn. Er band ihn – das war ein innerliches Binden. Ein innerliches Binden, wissen Sie? Er band ihn, um ihn auf den Altar des Kreuzes zu legen, oben auf das Holz. Dort wurde er das Lamm Gottes, das uns versöhnt und die Sünde der Welt wegträgt.
Hier im Garten Gethsemane band der himmlische Vater seinen Sohn, damit er das Opfer würde. Er band ihn innerlich so hart, dass der Sohn sagte: „Nicht mein, sondern dein Wille geschehe.“
Wann haben Menschen jemals ihren Willen aufgegeben? Das haben wir noch nie getan. Wir haben uns nur eingebildet, es getan zu haben. Nein, wir haben es noch nie wirklich getan. Da war er hart gewunden, als er sagte: „Nicht mein, sondern dein Wille geschehe.“
Die Bedeutung der Hingabe Jesu für uns
Und was das nun für uns bedeutet, möchte ich an einem Gespräch deutlich machen, das ich vor 14 Tagen hatte.
Vor 14 Tagen begann ich eine Evangelisation in der Stadthalle in Kassel. Das waren meine zwei ersten großen Schlachten nach einer langen Krankheit. Ein Saal, ähnlich wie der städtische Saalbau, war nur für die Jugend reserviert. Alles, was nach Glatzen aussah, wurde in einen anderen Saal verwiesen. Dort wurde es übertragen. Es war ein wundervolles Bild, diese Schar junger Menschen.
Eines Morgens kam ein Trupp Primaner in mein Hotel mit so einem Tonbandkasten und sagte: „Wir wollen ein Interview für unsere Schülerzeitung Die Eule.“ Nun, ich habe gern mitgespielt für die Schülerzeitung Die Eule, und so kamen interessante Fragen.
Natürlich auch die ewig moderne Frage heute: „Herr Pfarrer, kann man nicht ebenso gut Mohammedaner oder Buddhist sein wie Christ? Wenn man zufällig im Jemen geboren wäre, dann wäre man Mohammedaner, nicht wahr?“ Unsere Religionsliebe hat gesagt, es sei im Grunde ganz unwichtig, welchen Glauben wir haben, hoffentlich haben wir einen, und so weiter.
Dann habe ich ihnen geantwortet – und bitte fassen Sie gut auf, denn es ist entscheidend, dass Sie das verstehen. Ich sagte: „Oh nein, nein, das ist gar nicht gleichgültig. In allen Religionen haben die Menschen sich etwas ausgedacht. In allen Religionen heißt es immer: ‚Du sollst.‘ In allen Religionen wird dem Menschen gesagt, was er tun soll. Du musst etwas tun, denn anders kann sich der Mensch die Sache überhaupt nicht vorstellen.“
Als am Pfingsttag die Leute von Petrus getroffen wurden, sagten sie gleich: „Was sollen wir tun?“ Der Kerkermeister fragte: „Was soll ich tun, damit ich selig werde?“ Anders kann sich der Mensch die Sache überhaupt nicht vorstellen: Wenn Gott in Erscheinung tritt, muss man etwas tun. Man muss etwas tun für Gott.
Nun kommt dieses Evangelium und sagt unerhört: Du brauchst gar nichts zu tun, sondern der heilige Gott tut etwas für dich. Er zerbricht die Wand zwischen ihm und uns und gibt seinen Sohn. Dieser Sohn gibt sein Leben für dich. Gott tut etwas für dich.
So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen Sohn gab, auf dass alle, die sich ihm anvertrauen, nicht verloren werden, sondern Leben haben. Gott tut etwas für dich. Du brauchst gar nichts tun, du brauchst nur annehmen. Du brauchst nur annehmen.
Liebe Freunde, es ist so schwer zu verstehen. Wenn ich Ihnen predigen würde, machen Sie Wallfahrten oder drehen sich dreimal um sich selber jeden Tag oder so etwas – das würde uns allen einleuchten. Aber Gott schenkt sein Heil. Nimm es an!
Das ist schwer zu verstehen. Das ist so schwer zu verstehen, dass sogar Theologen es manchmal nicht kapieren. Da hatte ich eine Besprechung im Zusammenhang mit der Evangelisation, und da sprang mir so ein junger Theologe an den Hals und sagte: „So, wie Sie das machen, geht es nicht. Das ist schon lange klar, so geht es nicht.“
„Sehen Sie“, sagt er, „Sie reden so abstrakt davon: Gott und Versöhnung und Kreuz und so. Sie müssen das mehr konkretisieren.“ Gelobt seien die Fremdwörter! „Sie müssen das mehr konkretisieren.“
Da fragte ich ihn: „Was heißt das? Was meinen Sie damit?“ Da sagt er: „Sehen Sie, was Sie da reden, das interessiert ja keinen jungen Menschen, interessiert ja keinen Menschen. Sie müssen mehr auf die Lebensprobleme der jungen Leute eingehen: Sex, Verhältnis und Eltern, Geld, Beruf, ja und?“
„Ja, und dann müssen Sie ihnen Lebenshilfe geben und sagen, was sie tun sollen.“ „Ach“, sagte ich, „da sind wir wieder. Sie müssen sagen, was sie tun sollen. Man kann sich nicht anders vorstellen, als dass Religion heißt: Du musst etwas tun.“
Dann habe ich ihm gesagt: „Mensch, das ist ja gerade die Pointe, der Witz im Evangelium, dass ich diesen jungen Leuten nicht sagen kann, was sie tun sollen, sondern dass ich ihnen sagen kann: Gott hat etwas für dich getan und seinen Sohn gegeben. Ob er den Sohn Gottes hat, der das Leben gibt.“
Das ist schwer zu fassen, und wer es fasst, den packt auf einmal eine Angst. So groß hat Gott getan, und es könnte geschehen, dass ich es nicht ergreife und dass er mir vorübergeht und mein Leben leer bleibt und unerlöst.
Wenn wir etwas tun müssen, dann kann man mehr oder weniger tun, nicht? Aber hier geht es ums Ganze. Gott hat den Jesus heilgeschenkt, und es könnte sein, ich bleibe in Ewigkeit heillos. Da lernt man beten: „Herr, lass deine Todespein an mir nicht verloren sein.“
Zusammenfassung: Jesus als gebundenes Opferlamm
Darf ich noch einmal zusammenfassen? Es ist mir so wichtig, dass wir diesen Teil verstehen: Jesus wird gebunden als Opfer.
Wir sagten, kein Mensch konnte sich einen solchen Heiland ausdenken, wie er hier gezeigt wird. Die Menschen können sich immer nur Religionen ausdenken, in denen gesagt wird: „Du musst das tun, du musst das tun, du sollst das tun, du sollst das tun.“
Aber ein Gottessohn, ein Heiland, der sich für mich gibt, der meine Schuld wegträgt, mich mit dem Vater versöhnt, ewiges Leben schenkt und sich selbst mir gibt – nein, das konnte sich kein Mensch ausdenken. Das ist ein göttliches Evangelium und kein menschliches.
Nun kommt mein zweites: Was in kein Menschenherz gekommen ist, was Jesus ist. Und nun kommt das Zweite.
Die menschliche Schwäche Jesu in Gethsemane
Und da muss ich bitten, dass Sie gut aufpassen, dass es keine Missverständnisse gibt. Wie Jesus ist, wie Jesus ist, was in keines Menschen Herz gekommen ist – er ist jämmerlich, jämmerlich, erbärmlich.
Meine Freunde, im Evangelium wird erzählt, wie der Herr Jesus den Sturm stillt. Da steht er im tobenen Sturm auf dem Deck des Schiffes, streckt die Hand aus, schweigt, und die Wogen legen sich. Wenn die Vernunft auch das Wunder nicht kapiert, so leuchtet doch immerhin ein, dass er der Sohn und Heiland ist, nicht? So majestätisch.
Da steht er vor dem Felsengrab des Lazarus: „Lazarus, komm heraus!“ Und dann kommt der Tote heraus. Wenn die Vernunft das Wunder auch nicht fassen kann, aber der Sohn und Heiland leuchtet ein. Herrlich, majestätisch, großartig.
Aber was lesen wir hier? Er betete heftiger: „Mein Vater, lass den Leidenskelch vorübergehen!“ Und es ward sein Schweiß vor Angst wie Blutstropfen, die vielen auf die Erde fielen. Das ist jämmerlich.
Und passen Sie bitte gut auf, dass es keine Missverständnisse gibt. Sehen Sie, zu den heftigsten Bestreitern des Christentums gehörte Mathilde Ludendorff, die Frau des Generals aus dem Ersten Weltkrieg, eine Vernachlasserin des Evangeliums. Sie hat eine deutsche Glaubensbewegung in Gang gesetzt, die aber, glaube ich, heute so ziemlich versandet ist. Wie rasch diese Dinge gehen! Die Jungs kennen den Namen nicht mehr, Mathilde Ludendorff, nicht? Und vor dreißig Jahren hat das die Gemüter bewegt.
Diese Mathilde Ludendorff, die eine fanatische Hasserin des Evangeliums war, hat besser begriffen als diese 08/15-Christen von heute, was das für ein unmöglicher und fantastischer Heiland ist. Sie sagt in einem Buch „Erlösung von Jesus Christus, aber wir müssen von ihm frei werden“. Erlösung von Jesus Christus, sagt sie etwa so: Hunderttausende von Märtyrern sind getrost und gelassen in den Tod gegangen, Millionen von Soldaten sind singend in den Tod gegangen, und dieser erbärmliche Jesus kneift, wenn er sterben soll – wie jämmerlich!
So sagt Mathilde Ludendorff. Hat sie nicht recht? Zumindest wird hier deutlich, meine Freunde, so ein Heiland hat sich keiner ausgedacht, nicht? Wenn wir uns einen ausgedacht hätten, als Legenden wären, hätten wir einen großartigen Heiland ausgedacht, aber nicht so einen.
Die Einzigartigkeit des Todes Jesu
Aber sehen Sie, wenn man die Angst Jesu verstehen will, die so groß war, dass sein Schweiß wie Blutstropfen wurde, dann muss man wissen: Der Tod Jesu am Kreuz war kein gewöhnlicher Tod. Jesus starb einen Tod, wie ihn kein Mensch sonst je gestorben ist.
Ich möchte Ihnen gerne deutlich machen, warum der Tod Jesu ganz anders ist als alle anderen Tode, die je gestorben wurden. Es ist lächerlich, wenn heute Leute sagen, sie erlebten ihr „Gethsemane“ – dabei sind Millionen Menschen gestorben und gekreuzigt worden. Nein, nein, nur einer wurde gekreuzigt und starb einen ganz einzigartigen Tod. Das will ich klar herausstellen.
Sehen Sie, Sie haben doch alle schon Stunden erlebt – ich hoffe es zumindest – in denen Sie unglücklich über sich selbst waren, über ein Versagen oder eine Sünde. Ja, solche Erfahrungen haben wir alle schon gemacht. Stunden, in denen man sich die Haare raufen könnte und denkt: „Was bin ich für ein entsetzlicher Mensch!“
Da haben wir qualvoll erlebt, wie Sünde quälen kann, wie ein erwachtes Gewissen uns erdrücken und erschlagen kann. Und dabei hatten wir es nur mit unserer eigenen Sünde zu tun.
Nun aber Jesus – das ist unvorstellbar – auf ihn warf Gott alle Schuld aller Menschen. Das können wir uns kaum vorstellen. Wir können es nur erahnen von dem, wie eine Sünde uns Unglück machen kann. Jesus war der völlig Verdammte und vom höllischen Gelächter umgeben. Ein unvorstellbares Sterben.
Ich kann nur eins begreifen dabei: Es geschah für mich. Meine Strafe lag auf ihm, damit wir Frieden hätten – aber dass wir das auch lernen.
Ich will die Tiefen, durch die Jesus in seinem Sterben ging, noch tiefer erforschen. Sehen Sie, noch nie war ein Mensch von Gott verlassen. Noch nie! Auch der Gottlose war nicht von Gott verlassen. Von Gott verlassen ist man erst dort, wo man ihn wirklich nicht will – in der Hölle.
Aber Jesus ist der Einzige, der von Gott verlassen war. Das ist eine Finsternis. Darum habe ich Angst vor der Hölle. Wissen Sie, das ist eine Finsternis. Und da sehe ich ihn im Geist am Karfreitag. Er sieht in dieser Stunde, wo sein Schweiß wie Blutstropfen wird, dass er schreien wird: „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
Und ich kann nur wünschen, dass wir die Antwort kennen: dass wir nicht von Gott verlassen sind, dass wir in den Himmel kommen und nicht in die Hölle. Dass wir Vergebung der Sünden finden können unter seinem Kreuz – und Leben, Seligkeit und Frieden.
Wer ist schrecklich jämmerlich! Die Vernunft kann darüber spotten, doch der Glaube begreift, dass Jesus durch solche Todesängste gehen musste, weil sein Sterben ein einzigartiges Sterben war.
Die himmlische Unterstützung und die göttliche Majestät Jesu
Lassen Sie mich noch kurz ein drittes sagen, was in keines Menschen Herz gekommen ist: Wer Jesus ist, wie Jesus ist und jetzt noch wer Jesus ist – das wird auch in unserem Text deutlich. Sehen Sie noch einmal bitte, also drittens, wer Jesus ist, das wird in unserem Text klar.
Bitte gehen Sie mit mir in den Garten Gethsemane. Welche Bühne tut sich vor uns auf: Nach Dunkelheit, nur der Nachtwind rauscht durch die uralten Bäume. Dort liegt die zusammengesunkene Gestalt des Heilandes, ganz allein, ganz allein. Sehen Sie, er tut das für uns, da braucht er uns gar nicht.
Aber halt, jetzt ist er nicht mehr allein. Da naht sich eine Lichtgestalt. Es heißt im Text: Es kam ein Engel vom Himmel und stärkte ihn. So war das, so war das, bin ich fest überzeugt. Die Bibel lügt mich nicht an. Das ist unerfindlich: Es kam ein Engel vom Himmel und stärkte ihn.
Richtig, dieser jämmerliche Jesus ist eben doch der, dem die himmlischen Heerscharen zu Dienste sind. Und wenn ich das ansehe, dann fällt mir auf einmal auf, wie vertraut er mit dem schrecklichen großen Gott redet, wie ein Kind mit dem Vater. Lieben Freunde, selbst in dieser Armseligkeit dieser Szene glänzt die Hoheit seiner Majestät – er ist der Sohn des lebendigen Gottes! Das leuchtet hier aus jeder Zeile heraus.
Wer ist Jesus, der Sohn Gottes, der aus der anderen Dimension in die dreidimensionale Welt gekommen ist? Ich habe neulich an einem Theologen den Satz gehört, es wäre eine phantastische Vorstellung, dass Gott gleichsam in so einem Stratosphärenflug auf der Erde gelandet wäre in Jesus. Das wäre eine lächerliche Vorstellung, wenn die Kirche anfängt, ihren Heiland zu lästern. Wo kämen wir hin? Nie!
Lassen Sie sich von niemandem ausreden, dass Jesus der Sohn des lebendigen Gottes ist! Er steht wenige Stunden nach dieser Geschichte vor dem Hohen Priester, und dieser fragt ihn mit der ganzen Würde und Macht des Hohen Priesteramtes: „Bist du der Sohn des Allerhöchsten?“ Und Jesus antwortet: „Ich bin’s!“
Werfen Sie Jesus als Lügner über Bord oder glauben Sie an ihn als den Sohn des lebendigen Gottes? Luther sagt in der Erklärung zum zweiten Artikel: „Ich glaube, dass Jesus Christus wahrhaftiger Gott vom Vater in Ewigkeit geboren.“ Aber dann fährt Luther fort: „Ich hoffe, ihr kennt das noch nicht, und auch wahrhaftiger Mensch von der Jungfrau Maria geboren sei mein Herr.“
Und das wird hier auch deutlich: nebeneinander die zerbrechliche, arme Menschlichkeit dieses Heilandes. Und ich finde dies gerade so tröstlich.
Die menschliche Nähe Jesu als Trost im Alltag
Sehen Sie, die strahlenden Götter Griechenlands können faszinieren, aber sie sind schließlich doch nur für schönheitstrunkene Ästheten.
Wir hingegen sind Menschen, die im Alltag bestehen müssen. Wir haben Zahnschmerzen und andere schwere Krankheiten. In unserem Haus wohnen noch andere Menschen, die uns verletzen können. Wir haben schwierige Chefs, vielleicht Streit zu Hause, und oft auch Not mit uns selbst. Ja, wir haben einen Alltag zu bewältigen, und wir müssen schließlich sterben.
Nein, meine Freunde, da helfen mir die strahlenden Götter Griechenlands nicht. Da brauche ich einen Heiland, der so menschlich ist, dass er alle Tiefen unserer Armseligkeit durchmessen hat.
Der Hebräerbrief sagt so wundervoll: „Wir haben nicht einen hohen Priester, der nicht Mitleid haben könnte mit unserer Schwachheit, sondern der versucht ist allenthalben gleich wie wir, allerdings ohne Sünde.“
Meine Freunde, ich muss schließen. Ich muss offen gestehen, dass einem das nicht ganz leichtfällt bei einem solchen Thema – und wenn man so selten dazu reden kann.
Aber ich muss schließen. Dieses letzte Wort des Hebräerbriefs heißt, darf ich noch mal sagen: „Wir haben nicht einen hohen Priester, der nicht Mitleid haben könnte mit unserer Schwachheit, sondern der versucht ist allenthalben gleich wie wir.“
Das Wort fängt an: „Wir haben ein stolzes Wort.“ Haben Sie diesen Heiland? Bitte geben Sie sich selbst keine Ruhe. Haben Sie ihn wirklich?
Ich kann viel wissen über eine Sache oder über einen Mann und habe ihn doch nicht. Oder besser gefragt: Hat er Sie?
Schlussgebet und Segen
Wir wollen beten.
Herr, unser Heiland, wir danken dir, dass du für uns in Tiefen gegangen bist, die wir nicht ermessen können. Gleichzeitig danken wir dir, dass wir im Anblick dieser Tiefen den Frieden erfahren dürfen, den die Versöhnung mit dem Vater und die Vergebung der Sünden schenkt. So können wir sagen: Wir haben diesen Frieden. Amen.
Wir bleiben stehen und singen aus dem Lied 150, den fünften Vers.
Wir beten: Unser Vater im Himmel, dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auch auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen!
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen!
Herr, segne uns und behüte uns. Herr, lass dein Angesicht über uns leuchten und sei uns gnädig. Erhebe dein Angesicht auf uns und gib uns Frieden. Amen!
