Wir sprechen heute Abend über das Thema: Wo ist Gott?
Meine Freunde, mit diesem Thema ist es so eine Sache. Es sieht nämlich so aus, als müssten wir uns aufmachen, um Gott zu suchen. Muss man das wirklich?
Kennen Sie die Geschichte, die ganz am Anfang der Bibel steht, von Adam und Eva, die sich eines Tages hinter den Büschen des Gartens versteckten? Vielleicht haben Sie eine vage Ahnung davon. Sie hatten etwas getan, das nicht recht war, und nun versteckten sie sich.
Ich habe eine lebhafte Phantasie und stelle mir vor, ich ginge an dem Abend dieses Tages durch das Paradies und träfe Adam hinter einem Gebüsch. Ich sage zu ihm: „Was machst du denn hier?“ Da antwortet er, wie bei Wilhelm Busch: „Ich laufe hier herum und denke nach. Ich soll in Nürnberg einen Vortrag halten über das Thema: Wo finde ich Gott?“
Adam schlägt die Hände über dem Kopf zusammen und sagt: „So doof! Verzeih, das klingt verrückt, aber das ist wahnsinnig. Mensch, das ist doch nicht die Frage, wie man Gott findet. Die Frage, mit der ich mich beschäftige, ist: Wie werde ich ihn los? Sag mir einen Platz, wo ich ihn loswerde!“
„Ihr seid ja verrückt, dass ihr fragt, wo man ihn finden kann. Die Frage, die mich beschäftigt – und die euch alle bis zum Jahr 1957 beschäftigen wird – ist die Frage, wie ihr Gott loswerdet.“
Hat Adam nicht Recht? Seht, da sagt Adam: Gott brauchst du nicht zu suchen, der ist da.
Die Erkenntnis über Gottes Gegenwart
Es ist mir einmal eine Geschichte eingefallen, die ich Ihnen erzählen muss. Ich gebe zu, es ist eine Geschichte, über die man lachen muss. Außerdem gebe ich zu, dass ich sie schon so oft erzählt habe, dass Sie ruhig lachen dürfen und auch gleich sagen können: „Ich kenne sie schon.“
Also, als ich noch in meinem blühenden Jugendalter war, da war ich Student. Verzeihen Sie, dass ich zwischendurch frage: Werde ich überall verstanden? Wo werde ich nicht verstanden? Tadellose Lautsprecher, herrlich! Ich kann kein Bairisch sprechen, Schwäbisch könnte ich, aber Bairisch kann ich nicht. Wir werden uns aneinander gewöhnen in der Sprache. Glauben Sie, dass das geht? Ja, das geht.
Also, als ich junger Student in Tübingen war, gab es dort eine studentische Vereinigung. Die hatten ein großes Haus mit einem großen Saal. Eines Tages veranstalteten sie eine große Veranstaltung. Sie luden Professoren, den Oberbürgermeister und Prominente ein. Diese saßen dann vorne. Ich war auch eingeladen, allerdings saß ich ganz hinten.
Bei den Studenten fängt alles eine Viertelstunde später an. Es war zwanzig Uhr „c.t.“, es sollte beginnen. Die Gäste nahmen Platz. Wir beobachteten, wie der Leiter der Veranstaltung – ich habe den Namen vergessen, sagen wir mal, er hieß Rodenhaus, nein, er hieß anders, das geht Sie ja nichts an – wie dieser Herr Rodenhaus die Gäste bat, Platz zu nehmen. Dann setzte sich alles, und wir nahmen das Programm zur Hand. Dort stand als erster Punkt: Ein Männerchor singt.
Wir starrten auf den Vorhang, der noch zugezogen war. Man hörte, wie sich hinter dem Vorhang der Männerchor aufbaute. Man hörte das heimliche Räuspern und leises Scharren. Dann wurde es still. Nun musste es losgehen, der Vorhang musste aufgehen, der Männerchor musste singen. Aber der Vorhang ging nicht auf. Wir warteten zwei Minuten, dann drei Minuten – der Vorhang ging nicht auf.
Die Prominenten wurden unruhig, die Nicht-Prominenten erst recht. Der Vorhang ging nicht auf. Dann sahen wir alle, wie der studentische Leiter, Herr Rodenhaus, aufsprang und hinausging. Dann geschah Folgendes: Er ging außen herum hinter den Vorhang. Dort stand der Männerchor aufgebaut.
„Mensch, warum singt ihr nicht? Der Vorhang geht nicht auf“, sagte er. Nun sah Rodenhaus, dass eine hohe Treppenleiter geholt worden war und dass jemand dort hinaufgeklettert war und an den Schnüren oben herumfummelte, die sich offenbar verheddert hatten.
Das ist für den Leiter einer Veranstaltung ja schrecklich – gleich am Anfang so eine elende Panne. Nun hielt es Rodenhaus nicht mehr. Er flüsterte: „Mensch, geh mal runter, lass mich mal.“ „Gern“, sagte der andere, ging runter, und Rodenhaus, etwas kurzsichtig mit Brille und technisch total unbegabt, stürmte die Leiter hinauf.
Er war in Aufregung, nicht wahr? Er klammerte sich oben fest und suchte nun. Er drehte seine Beine um die Leiter, die Krawatte rutschte ihm nach hinten, die Hose rutschte ihm nach oben. In dem Augenblick flog der Vorhang auf, und der Männerchor begann zu singen.
„Wer hat dich, oh Rodenhaus, so hoch da drüben aufgebaut?“ Nun, wir haben natürlich alle schallend gelacht, als wir den Kerl da oben so entsetzt sitzen sahen.
Das Bild des offenen Lebens vor Gott
Und sehen Sie, wie ich an jenem Abend nach Hause ging. Ich habe noch immer gelacht und das ganze übrige Programm vergessen. Ich weiß bis heute nur noch diese furchtbar komische Szene, wie verlegen der arme Rodenhaus da oben auf der Treppenleiter hing.
Dann gehe ich nach Hause durch die stillen Straßen Tübingens, und auf einmal erschrecke ich. Ich sehe im Geist noch die Stelle vor mir, an der ich plötzlich stehen bleiben musste, weil mir etwas einfiel. Ich dachte plötzlich: Diese lächerliche Szene ist ja ein Bild für das Unheimlichste, das es gibt.
Dieser Rodenhaus hatte nicht auf sich aufgepasst. Der Kragen war ihm nach hinten gerutscht, und die Hose nach oben, denn er dachte, ich bin ja hinter dem Vorhang, es sieht mich ja keiner. Und auf einmal entdeckt er mit Schrecken, dass er in seiner ganzen armseligen Verpassung auf offener Bühne steht.
Und ich musste denken: Das ist ja ein Bild für die unheimlichste Wahrheit, die es gibt. Wir alle, wir alle führen einen guten Teil unseres Lebens hinter dem Vorhang. Wir nennen das unser Privatleben. Und ein großer Teil unseres Lebens spielt sich auf einer Bühne ab – ja, unser Berufsleben, wenn wir über die Straße gehen, da sind wir vor aller Augen.
Aber es gibt eine Menge in unserem Leben, da sagen wir: Das geht keinen etwas an, das ist meine Privatangelegenheit, das spiele ich hinter dem Vorhang.
Und nun muss ich Ihnen sagen: Es gibt kein Privatleben! Keine Sekunde unseres Lebens können wir hinter dem Vorhang stehen! Unser ganzes Leben geschieht auf offener Bühne, und im Zuschauerraum sitzt ein einziger, ein einziger schweigend und schaut uns zu. Und dieser Eine ist der lebendige Gott.
Sehen Sie, ich weiß noch genau die Stelle in Tübingen, wo ich auf einmal erschrocken bin und mir aufging: Mein lieber Rodenhaus, deine lächerliche Geschichte ist ein Abbild für das, was die meisten Menschen nicht wissen wollen – dass ihr Leben auf offener Bühne gelebt wird, dass es kein Leben hinter dem Vorhang gibt und dass im Zuschauerraum, im abgedunkelten Zuschauerraum, Gottes Augen uns ansehen.
Gottes Augen haben Sie an diesem Tag angesehen. Gottes Augen sahen Sie durch dunkle Anlagen gehen. Gottes Augen sahen – ich breche hier ab – alles.
Sehen Sie, das ist es, was Gottes Wort, was die Bibel uns sagt. Wo ist Gott? Ein paar Meter vor dir, ein paar Meter vor dir! Du brauchst ihn nicht zu suchen.
Wenn dir das klar wird, die Sache mit der offenen Bühne, dann verstehst du, wenn Adam sagt: Ich suche einen Winkel, wo er mich mal nicht sieht.
Es gibt einen Psalm, ein gewaltiges Lied in der Bibel, das davon spricht. Das kann nur ein Mann gedichtet haben, der diesen ungeheuren Schock erlebte, den im kleinen Rodenhaus erlebte, als ihm aufging: Es war alles Täuschung, die Sache mit meinem Privatleben. Es ist alles auf offener Bühne geschehen. Gott sah mir zu.
Die Allgegenwart Gottes im Psalm 139
Wissen Sie, welcher Psalm das ist? Psalm 139. Toll ist das: Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir. Unheimlich, du verstehst meine Gedanken von ferne. Nicht einmal die Gedanken gehören ins Privatleben.
Kennen Sie das hübsche Lied „Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten?“ Man möchte es nicht singen lassen, die Gedanken fliegen vorbei wie flüchtige Schatten. Kein Mensch kann sie wissen, kein Jäger erschießen. Es bleibe dabei: Die Gedanken sind frei.
Das Lied mag ich gern, besonders wenn ich mit Menschen zu tun habe, die ein bisschen dumm sind. Dann muss ich heimlich lächeln, wie dumm sie sind. Aber ich sage es nicht laut. Dann denke ich: Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten? Und da sagt mir plötzlich der Psalm: Das ist ja gar nicht wahr!
Auch deine lieblosen Gedanken geschehen vor den Augen Gottes auf offener Bühne. Führe ich gen Himmel, sagt der Psalmist, nehme ich mir einen Sputnik, zum Beispiel Sputnik 2, wo der Hund drin war. Setze ich mich da rein, dann bist du da.
Nehme ich eine Tiefseekugel, wie der Professor Pickard – ihr wisst Bescheid oder nicht, dann geniert euch – setze ich mich in eine Tiefseekugel achttausend Meter tief in die Tiefsee, wende ich mich in die Hölle, sagt der Psalm, ein ungeheurer Schock: Dann bist du auch da.
Nehme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, ich bin ein offener Bühner.
Seht, ich möchte das, was ich eben ausführte, noch einmal andersrum sagen. Gerne, wenn ich so eine Versammlung vor mir habe, am liebsten würde ich einmal Zettel austeilen und Bleistifte. Man braucht ja ein bisschen Bleistifte – schenken wir es uns.
Ich wollte am liebsten jeden Zettel und Bleistift geben und sagen: Ich mache eben fünf Minuten Pause, bitte schreiben Sie auf den Zettel die Antwort auf die Frage: Wo ist Gott? Schreiben Sie mal auf, was Sie meinen, wo Gott ist.
Dann sammelte ich das ein – ich habe sie im Geist eingesammelt, 2600 Zettel, ich glaube, es stimmt so ungefähr, sagte unser Hausmeister. Und da weiß ich jetzt schon: Ich könnte diese Zettel in zwei Häufchen sortieren.
In das eine Häufchen kämen all die Zettel, auf denen stünde: Gott ist in der Natur, Gott ist in meinem Herzen, Gott ist in meinen Gefühlen, wenn ich Beethovens Neue Symphonie höre. Oder wie mir einer sagte: Gott schaut mich aus Kinderaugen an.
Die Nazis sagten: „Unseren Fahnen lodert Gott.“ Toll war das nicht, in den Fahnen loderte Gott. Nach der Kundgebung wurde Gott in den Fahnen-Schrank eingesperrt.
Sehen Sie, auf den einen Haufen legte ich all die Zettel, auf denen man Gott in etwas Innerweltlichem suchte – in der Natur oder Kinderaugen oder so, in etwas Innerweltlichem.
Auf den anderen Haufen kämen die Zettel, auf denen stünde: Gott ist in dem Himmel ferner, wo die Englein sind. Da würde ich fragen: Wie weit? Achttausend Meter? Achtzigtausend? Hinter dem Mond? Hinter dem Sirius? Wie hoch?
Dann würde ich die ganzen Zettel nehmen und verbrennen und sagen: Beides ist verkehrt! Gott steckt nicht in etwas Innerweltlichem drin, in der Natur oder so, und Gott ist auch nicht in einem fernen, fernen Himmel.
Als kleines Kind lernte ich das Lied „In dem Himmel ferner, wo die Englein sind“. Da habe ich gedacht: Dann habe ich keine Chance zu beten, so laut kann ich nicht brüllen, dass er mich hören kann, nicht wahr?
Beides ist nicht wahr. Wissen Sie, die Bibel sagt weder, dass Gott in einem ganz, ganz fernen Himmel ist, noch sagt sie, dass Gott in der Natur drinsteckt.
Wissen Sie, was die Bibel sagt? Gott sagt fürwahr, er ist nicht fern von einem jeglichen unter uns, eine Handbreit vor dir, eine Handbreit hinter dir.
Er ist, wenn ich es jetzt mal in der Sprache unserer Zeit sage, in einer anderen Dimension, aber ganz nah. Wir leben nur in der dreidimensionalen Welt, Gott ist in einer anderen Dimension ganz nah, ganz nah – und es gibt einfach keine Chance, ihm wegzulaufen.
Die Wirklichkeit Gottes und die menschliche Haltung
Jetzt fragt mich vielleicht jemand: Das ist ja unheimlich, wenn du Recht hättest. Wenn du Recht hattest, wäre das tatsächlich unheimlich. Und das ist es auch.
Wissen Sie, dass Gott im Zuschauerraum sitzt und wir alles auf einer Bühne spielen? Das ist nicht so unheimlich wie die Tatsache, dass der Mensch sich um diese Tatsache nicht kümmert.
Ich lese dauernd in der Zeitung Artikel über die heutige Jugend. Wenn man das liest, müssten das ja fantastische Leute sein, oder? Da steht immer der Satz: „Das ist eine wirklichkeitsnahe Jugend.“ Wirklichkeitsnahe Jugend – hören Sie zu – die größte Wirklichkeit ist der lebendige Gott.
Und wenn ein Mensch lebt, als ob er nicht auf offener Bühne spielte und Gott nicht im Zuschauerraum säße, dann ist er ein Phantast. Er geht an der Wirklichkeit vorbei, er lebt schräg, er lebt verkehrt.
Ich wünsche mir, dass die Nürnberger Jugend eine wirklichkeitsnahe Jugend wird. Das würde bedeuten, dass sie mit der größten Wirklichkeit, die existiert, einmal ernst macht. Nämlich, dass der lebendige Gott eine Handbreit neben uns ist.
Solange das nicht geschieht, pfeife ich auf die ganze Wirklichkeitsnähe. Was heißt wirklichkeitsnah? Dass man ein Portemonnaie voll haben will? Junge, Junge, Junge, das wollten früher die Generationen auch schon, nicht wahr?
Ich wünsche euch, dass ihr endlich aus der Träumerei meiner Generation herauskommt, wo man dauernd tut, als ob Gott so ein kleiner Hobby von Pastoren wäre. Gott als gewissermaßen Verzierung des bürgerlichen Lebens, den man bei Taufen, Trauungen und Beerdigungen schlecht entbehren kann. Keine Rede davon!
Wirklichkeitsnah werden heißt, die Realität, die Wirklichkeit des lebendigen Gottes einmal erkennen.
Jetzt fragt mich einer: „Mein lieber Pastor Wusch, woher weißt du das?“ Ich will Ihnen ganz kurz darauf antworten: Ich weiß das, weil dieser Gott sichtbar geworden ist. Weil er aus seiner Dimension, wo wir ihn nicht sehen, in unsere sichtbare, dreidimensionale Welt kam. Oder ich sage: Weil er eines Tages aus dem dunklen Zuschauerraum aufgestanden ist und zu uns auf die helle Bühne trat – in Jesus!
Die Offenbarung Gottes in Jesus Christus
Lassen Sie mich ein einfaches Beispiel bringen. Man könnte sagen, es ist zu primitiv, nicht wahr? Meine Freunde, ich möchte in Klammern hinzufügen: „Ich rede hier nicht wie ein Schauspieler, der euren Beifall sucht, sondern ich habe eine Botschaft, an der ewiges Leben und ewiger Tod hängen.“
Also, ein ganz einfaches Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie treffen auf der Straße zwei Frauen, wie es Frauen oft tun. Sie kommen vom Einkaufen, begrüßen sich und beginnen zu plaudern. Sie stehen gerade vor einer Haustür.
Dann unterhalten sie sich immer länger. Plötzlich kommt ein fremder Mann vorbei und fragt: „Guten Tag, entschuldigen Sie, wohnt hier im Haus eine Frau Müller?“ Die eine Frau zuckt mit den Schultern und sagt: „Ich weiß überhaupt nicht, ob es eine Frau Müller gibt.“ Die andere antwortet: „Natürlich gibt es eine Frau Müller, aber ich weiß nicht, wo sie wohnt.“
In diesem Moment geht die Haustür auf. Eine Frau kommt heraus und sagt: „Ich höre immer Frau Müller, ich bin Frau Müller. Wer sucht mich?“ Ab diesem Augenblick ist die Sache klar. Frau Müller ist kein Diskussionsgegenstand mehr, weil sie da ist.
Verstehen Sie? Von dem Moment an, als der lebendige Gott die Wand zerbrach, die ihn von uns trennte, als er auf die Bühne des Lebens trat, als er in Jesus zu uns kam, hörte Gott auf, ein Diskussionsgegenstand zu sein. Er ist gekommen.
Hören Sie das? Gott ist kein bloßes Diskussionsthema, er ist unter uns getreten – in Jesus. Vielleicht gibt es hier Menschen, die nie von Jesus gehört haben. Ich erkläre es Ihnen: Seitdem Jesus, der Mensch, Jesus, in dem Gott zu uns kam, ist jede Gottesleugnung entweder Unwissenheit oder Bosheit.
Haben Sie das verstanden? Seitdem Gott in Jesus zu uns gekommen ist, ist jede Gottesleugnung Unwissenheit oder Bosheit.
Begegnung mit einem Gottleugner
Gott ist die größte Wirklichkeit. Vor 14 Tagen fuhr ich von Leipzig zurück. Ich reiste mit dem Schnellzug von Leipzig nach Berlin, um dort mein Flugzeug zu erreichen. Ich hatte bei einem kirchlichen Tag in der DDR gesprochen.
Der Zug war rappelvoll, deshalb ging ich gleich in den Speisewagen. Dort saß mir gegenüber ein Herr, der eine sehr penetrante Zigarette rauchte. Ich sagte: „Entschuldigen Sie“, was ich gedankenlos tat. So kamen wir ins Gespräch.
Es stellte sich heraus, dass er ein bedeutender Intellektueller der DDR war. Ich sagte: „Wir passen herrlich zusammen, ich bin Pfarrer aus der Bundesrepublik.“ Er antwortete: „Ach, Pfarrer – das heißt, Sie sind wohl Freidenker?“ Ganz richtig, erwiderte ich. Nach schweren Kämpfen hatte ich mich dazu durchgerungen, dass es keinen Gott gibt.
Inzwischen wollten die Kellner uns rausschmeißen, doch das Gespräch war so interessant, dass er mit Hilfe seines Abzeichens alle Kellner wegschickte, und wir blieben sitzen. Dann legte er los: „Alles Unglück der Menschen kommt vom falschen Denken. Der erste falsche Gedanke, den die Menschen gedacht haben, ist der, dass es einen Gott gibt.“
Ich entgegnete: „Ich bin überzeugt, der erste falsche Gedanke, der gedacht wurde, ist der, den der erste Mensch, Adam, dachte: dass man sich vor Gott verstecken könne, dass man ihn loswerden könnte.“
Dann gab es weitere Gespräche. Am Anfang war eine solche Nervosität, dass ich dachte: „Sie sind ihn ja auch nicht los, lieber Herr. Sie sind Gott ja auch nicht los. Wir werden aber los!“ Ich sagte: „Jahrtausende hat der Mensch es versucht, nicht? Wir werden los, Sie werden nicht los. Haben wir das verstanden?“
Jetzt möchte ich Ihnen einfach zur Tatsache sagen, wo Gott ist: Das ist eine dumme Frage. Wir müssen ihn nicht suchen, er ist da. Er ist einfach da. Da sitzt er im Zuschauerraum, und wir sind auf der Bühne.
Biblische Beispiele für Gottes Suche nach Menschen
Ich möchte Ihnen zu dieser Frage einfach zwei Bibelgeschichten erzählen, die die Wirklichkeit Gottes auf erschütternde Weise bezeugen. Verzeihen Sie, ich habe immer die Gefahr, dass ich zu schnell spreche. Verstehen Sie mir noch? Haben Sie gesagt: Ja? Oh, gut.
Manchmal passiert es mir, dass nach einem Vortrag jemand kommt und sagt: „War ja ganz schön, aber ich habe nichts verstanden.“ Das ist immer furchtbar ärgerlich. Darum ist es mir lieber, wenn Sie zwischendurch mit einem Wink signalisieren, ob Sie noch folgen können.
Also: Da waren einmal zwei Brüder, die konnten sich überhaupt nicht ausstehen. Sie gingen sich auf die Nerven – es gibt eigentlich keinen Grund dafür, ausgerechnet Brüder. Sie waren sehr unterschiedliche Temperamente und Naturen, und zwischen ihnen wuchs langsam ein Hass.
Eines Tages ist der eine Bruder, Kain, auf dem Feld und bearbeitet mit der Hacke seinen Acker. Da kommt sein Bruder Abel. Kain tut so, als sähe er ihn nicht, und hackt weiter. Er kann diese sanfte Physiognomie nicht mehr ertragen.
Da steigt ihm die Wut hoch. Er hackt weiter, aber Abel kommt auf ihn zu. Sie sprechen einige Worte miteinander, und alles, was Abel sagt, reizt Kain bis aufs Blut. Plötzlich sieht Kain rot. Er nimmt die Hacke und schlägt einfach auf diese verhasste Physiognomie ein.
Er kommt erst wieder zu sich, als sein Bruder tot zu seinen Füßen liegt. „Gott, was habe ich getan?“ Er schaut sich um, sieht keine Menschenseele. „Ich bin hinter dem Vorhang, ich bin hinter dem Vorhang.“ Im Geist sehe ich, wie er mit größter Eile eine flache Grube gräbt, den Leichnam hineinlegt und sie wieder zuschachtet.
Nun ist ihm unheimlich zumute. Er lässt die Hacke liegen und geht davon. Noch einmal sieht er sich um. Kein Mensch, Leben hinter dem Vorhang. „Kein Wort werde ich über die Sache verlieren, das ist meine Privatangelegenheit.“ Er geht.
Plötzlich hört er eine tötende Stimme: „Kain, ist denn niemand da?“ Kain ahnt, was los ist. „Kain, wo ist dein Bruder Abel?“ Da entsetzt sich Kain. Es geht ihm schrecklich. Er sieht auf einmal, der Vorhang war offen, und da sitzt Gott als Zuschauer.
Doch Gott spricht nicht mehr: „Wo ist dein Bruder Abel?“ Da steigt Trotz in ihm auf. „Soll Gott zuschauen?“ Er antwortet patzig: „Bin ich Kindermädchen für meinen Bruder? Such ihn doch!“ Die Stimme rät weiter: „Das Blut deines Bruders schreit zu mir!“
Von diesem Augenblick an weiß Kain die unheimliche Wahrheit: Sein Leben spielt sich in jeder Sekunde auf offener Bühne ab. Gott sieht alles.
Gottes Nähe in der Verzweiflung und Rettung
Es kann auch tröstlich sein. In der Bibel gibt es eine wundervolle Geschichte von einer Frau, die mit ihrem Kind auf dem Arm durch die Wüste irrt. Sie hat sich verlaufen. Der Wasserschlauch ist längst leer, sie hat ihn weggeworfen. Das Kind wimmert vor Durst, und weit und breit, so weit das Auge reicht, sieht sie nur flimmernde Sonne.
Flimmernde Sonne, kein Wasser, und das Kind wimmert. Jetzt reißen ihr die Nerven. Sie wirft ihr Kind unter den matten Schatten eines Dornstrauchs und sagt: „Ich kann nicht zusehen, wie der Knabe stirbt.“ Dann hält sie sich die Ohren zu und läuft weg.
„Mein Elend ist hinterm Vorhang. Keiner kümmert sich drum, keiner kümmert sich um mich.“ Diese einsame, verzweifelte Frau denkt: „Keiner kümmert sich um mich, keiner.“ Man muss nicht in der Wüste sein, um so tod-einsam zu sein. Man kann auch in Nürnberg so tod-einsam sein, ja? Und ich bin fest überzeugt, dass hier eine Menge tod-einsamer Menschen sind, die den ganzen Tag unter Leuten sind und trotzdem tod-einsam bleiben. „Ich habe keinen Menschen.“
So irrt diese tod-einsame Frau durch die Wüste. Auf einmal ruft eine Stimme: „Hagar!“ So hieß sie. Hagar schaut sich um. „Ich bin doch tod-einsam. Ich bin doch ganz verlassen, so verlassen wie ein Großstadtjunge oder ein Großstadtmädel.“
„Hagar, ist denn einer da? Ist denn da einer?“ Wahrhaftig, da ist einer. Er sagt zu Hagar: „Mach doch die Augen auf!“ Und dann sprudelt vor ihren Augen eine Quelle auf. Er ist nicht nur da, er kann Quellen sprudeln lassen.
Dann holt sie ihren Jungen, drängt ihn an sich, und sie ist gerettet. Nun weiß sie auch: Das Elend war nicht hinterm Vorhang. Gott ist da!
Die Aufforderung, mit Gott zu rechnen
Und nun beschwöre ich euch, ich beschwöre euch um eures Willen: Fangt endlich an, mit dem lebendigen Gott zu rechnen! Hört auf mit dieser albernen Art zu leben, als sei er gar nicht da, und dann ab und zu zu sagen: „Ich glaube an den Herrgott!“
Bitte, wenn ich richtig leben will, muss ich die ganze Wirklichkeit einkalkulieren. Wenn jemand über die Autobahn läuft, dann kann es ihm schrecklich ergehen, weil er überfahren wird. Mit Recht, denn da brausen Autos mit 120 Kilometern pro Stunde! Wer da drüberläuft, hat die Wirklichkeit nicht einkalkuliert und kommt um.
Genauso ist ein Leben ohne Gott: Das ist ein wirklichkeitsfremdes, albernes, elendes Leben. Schauen Sie sich doch die Welt an! Ist eine Welt ohne Gott eine überzeugende Angelegenheit? Wird hier eine neue Generation kommen, die sagt: „Schluss damit, fangen wir an, mit Gott zu rechnen!“
„Du Gott, sieh es mich an, du Gott, sieh es mich an! Ich bin auf der Bühne und vor deinen Zuschauern, und es gibt keinen Winkel auf der Bühne, wo ich mich vor dir verbergen könnte.“ Aber meine Freunde, ich erklärte euch die ganze Zeit, ich erklärte Ihnen die ganze Zeit – wie sagt man –, ich erklärte Ihnen die ganze Zeit, dass die Frage dumm ist: Wo ist Gott? Er ist da, er ist da.
Und ich sage noch einmal: Seitdem er sich in Jesus geoffenbart hat, ist Gottes Leugnung Dummheit oder Bosheit.
Die Umkehr der Fragestellung: Gott sucht den Menschen
Aber die Frage ist auch aus einem anderen Grund töricht. Ich habe das Thema gestellt, doch je länger ich darüber nachdachte, desto mehr merkte ich, dass es Unsinn ist. Wir fragen: Wo ist Gott?
Verstehen Sie, wenn ich Hausbesuche mache, werde ich immer gefragt: „Zeigen Sie mir doch mal Gott!“ Alle Fernrohre haben nicht entdeckt, wo Gott ist. Und die Sehnsucht der Herzen fragt: „Wo ist er denn?“
Sehen Sie, als ich heiratete, sagte ich, ich möchte sechs Jungs haben, und alle sollen Posaune blasen. Ich wollte einen Posaunenkurs im Haus haben. Dann bekam ich zwei Söhne, und beide sind schauerlich ums Leben gekommen. Verstehen Sie, da schreit man: „Wo ist denn Gott?“ Auf einmal ist alles dunkel.
Vielleicht sitzen hier solche Menschen, die sagen: „Ja, wo denn? Du sagst im dunklen Zuschauerraum, wo ist er? Ich sehe ihn nicht.“ Sehen Sie, jetzt muss ich Ihnen sagen: Es geht gar nicht darum, dass wir fragen, wo Gott ist. Er ist schon da. Sondern umgekehrt ist es richtig: Gott fragt die ganze Zeit. Gott fragt die ganze Zeit: „Wo bist du eigentlich, Mensch?“
Sehen Sie, die Bibel sagt uns, dass wir nie lange fragen müssen, wo Gott ist. Aber die Bibel sagt auf jeder Seite, dass Gott den Menschen fragt: „Wo bist du?“ Damit fängt die Bibel an. Ich muss Ihnen die Geschichte erzählen: Der erste Mensch ist Adam. Er hat ein Weib, Eva, Kinder Gottes. An einer Stelle gibt Gott ein Gebot, und eines Tages übertreten Adam und Eva dieses Gebot. Sie plündern einen Baum, der ihnen nicht gehört.
Kaum haben sie das getan, meldet sich ihr Gewissen. Es gibt ein Gedicht von Eichendorff über einen, der sich an der Welt verlor und wie er aufwacht vom Grunde. Da ist er müde und alt, sein Schifflein liegt tief im Grunde, und still ist es ringsum, und über den Wassern weht es kalt. So geht es auf einmal Adam. Still ist es ringsum, und über den Wassern weht es kalt.
Gott sagte zu Eva: „Komm, wir verstecken uns vor Gott.“ Und dann verstecken sie sich im äußersten Winkel des Paradieses, hinter Büschen. Seitdem verstecken sich die Menschen vor Gott. Sie verstecken sich auch vor Gott.
Der eine versteckt sich in der Weltanschauung und sagt: „Ich habe eine Weltanschauung, da gibt es eben so einen Gott nicht.“ Der zweite versteckt sich in der Arbeit. Ich kenne einen Mann, der sagt: „Ich komme so mal in den Gottesdienst“, sagt er, „so faul kann nun ein Pastor nicht sein. Sonntag feiern? Ich muss Sonntag morgens um acht in meinem Büro sein, sonst komme ich zu nichts.“ Er versteckt sich in der Arbeit.
Der Dritte versteckt sich hinter seinem guten Wesen: „Ich brauche das nie, ich bin ein guter Mensch.“ Ach, der Mensch versteckt sich.
Und nun kommt Gott durch den Paradiesgarten und ruft: „Adam, wo bist du?“ Damit wird eine Melodie angestimmt, die bis heute nicht verstummt. Gott sucht seine verlorenen Menschenkinder! Gott sucht seine verlorenen Menschenkinder!
Wir brauchen Gott nicht zu suchen, Gott sucht uns. „Mensch, wo bist du?“ Es braucht niemand Gott zu suchen, der schon da ist. Gott sucht uns, Gott sucht verlorene Menschenkinder!
Sehen Sie, das ist eigentlich der Sinn dieser Vorträge: Ich möchte Ihnen sagen, dass Gott Sie sucht. Es ist ihm unheimlich ernst. Es ist ihm so ernst, dass er seinen eingeborenen Sohn schickt. Wie ich eben sagte, kommt er in Jesus selbst auf die Bühne, wo sie sich in allen Ecken versteckt haben. Jesus sucht. Er sagt: „Ich bin gekommen, zu suchen und zu retten, was verloren ist.“
Es sitzen hier so viele, die vor Gottes Augen verloren sind. Jesus sucht sie. Darum gibt es keine Ruhe in der Welt mit dem Christentum. Und wenn man alle Bibeln verbrennt und alle Pastorentotschläge, dann gibt es keine Ruhe. Wenn man alle Kirchenabrisse und alle christlichen Schriften verbrennen würde, gibt es keine Ruhe. Warum? Jesus sucht sie.
Jesus geht durch die Straßen Nürnbergs und sucht sie. „Du, wo bist du?“ Auf Wegen, die schrecklich sind. Auf schrecklichen Wegen bist du. Weißt du, dass man in die Hölle kommen kann, dass man verloren gehen kann? Und nun sucht Jesus verlorene Menschenkinder. Es ist ihm so ernst damit, dass er sich ans Kreuz schlagen lässt.
Das Kreuz als Zeichen der Suche und Erlösung
Hören Sie, in der Mitte des Evangeliums ragt ein Kreuz empor, und daran ist Jesus angenagelt. Die Hände Gottes sind schauerlich durchbohrt und bluten. Das edle Angesicht, das vor dem Reich der Welt erschrickt und von der Dornenkrone zerrissen wird, hängt am Kreuz.
Wissen Sie, warum? Weil er die Menschen in ihrer Schuld und Verlorenheit sucht.
Dann steht er von den Toten auf. Ich spreche von einem Jesus, der aus dem Grab auferstanden ist. Das ist eine beeindruckende Geschichte.
Nachdem er am Kreuz gestorben war, legte man ihn in ein Felsengrab. Ein großer Stein wurde davor gerollt, und Soldaten wurden als Wächter aufgestellt. Am Morgen jedoch wurde es hell, als explodierte eine Atombombe. Der Stein rollte weg, und Jesus kam heraus.
Und jetzt geht es erst richtig los: Jesus sucht die Menschen. Wo bist du?
Persönliche Erfahrung mit Gottes Suche
Sehen Sie, ich war ein achtzehnjähriger junger Offizier im Ersten Weltkrieg, ein schicker Bursche. Damals war ich noch jung und schön – das ist lange her, im Ersten Weltkrieg. Wenn ich mich beim Rasieren im Spiegel betrachtete – damals rasierte man sich noch nicht elektrisch, das geht auch ohne Spiegel –, hatte ich meinen Spaß daran, zu sehen, was daraus zurückblickte. So geht es Ihnen doch auch, oder? Meinen Spaß dabei.
Bis zu dem Moment, als ich den Schock bekam und plötzlich mein ganzes Leben auf offener Bühne stand. In diesem Augenblick verstand ich ein einfaches Wort, das mir vorher so dumm und bedeutungslos vorgekommen war: das Wort Sünde. Sünde – ich dachte, das sei nur ein Theologenwort, das im Alltag keine Rolle spielt. Und plötzlich wusste ich, was ich da auf offener Bühne vor den Augen Gottes gespielt hatte: es war Sünde. Nun wusste ich auch nicht mehr weiter.
Können Sie mir glauben, dass ich auf dem Pferd saß und nach Jahren zum ersten Mal meine Hände faltete? Lieber Gott, lass mich nicht den Todesschuss erleiden, dachte ich. Ja, ich wusste nicht genau, was ich wollte. Ob die Vergangenheit ausgelöscht werden kann, ob ich mit dir in Ordnung komme, hatte ich Angst vor Gott. Und da saß ich, spielte weiter auf der Bühne und konnte nicht aus meiner Haut heraus.
Dann bekam ich ein Testament in die Hand, und darin stand: Jesus Christus ist gekommen in die Welt, um die Sünder selig zu machen. Junge, da wollte ich dabei sein! Sünder bin ich, da braucht mir kein Pfarrer mehr etwas zu sagen. Selig werden – das bedeutet doch, dass alles in Ordnung kommt. Ich wusste zwar nicht genau, was das heißt, aber wenn Jesus Sünder selig macht, dann muss Jesus in mein Leben kommen.
Und verstehen Sie, in diesem Moment hörte ich zum ersten Mal die Stimme des guten Hirten: „Wilhelm Busch, wo bist du denn?“ Herr, antwortete ich, ich bin am Rand der Hölle. Ich kann morgen einen Schuss kriegen und ewig verloren sein. Diese eine Stunde band Jesus mich, und ich band ihn. Ich könnte heulen, wissen Sie, ich bin ein alter, harter Kerl, aber ich könnte heulen, wenn ich daran denke, dass der Herr Jesus sich so lange wegen mir, einem kleinen Kerl, Mühe gemacht hat, bis er mich gefunden hatte.
Jetzt hat er mich nach Nürnberg geschickt, um Ihnen zu sagen: Er sucht Sie jetzt! Sie brauchen nicht zu fragen, wo Gott ist – er fragt die ganze Zeit: „Wo sind Sie denn?“ Er sucht Sie. Die Hirtenstimme Jesu geht durch die Welt, und er sagt: „Meine Schafe hören meine Stimme, sie hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir, und ich gebe ihnen das ewige Leben.“ Hören Sie die Stimme!
Verloren in der Welt und die Stimme Jesu
Ich lese Ihnen wieder ein kleines Erlebnis vor. Einmal war ich in Kanada, in einer kleinen kanadischen Stadt, wo ich gesprochen hatte. Danach sagte ich, ich möchte noch einen Spaziergang in die Prärie machen.
Da sagten sie zu mir: „Seien Sie vorsichtig! Die Prärie ist endlos. Wenn Sie sich verlaufen, können Sie tagelang laufen, ehe wieder eine Stadt kommt. Sie könnten sogar im Kreis laufen. Es gibt keine Markierungen, nur ein ewiges Meer von kleinen Hügeln.“
Ich antwortete: „Oh, ich bin ja konformiert, so dumm bin ich gar nicht, wie ich vielleicht aussehe.“ Dann zog ich los.
Allmählich wurde es Abend, und ich wollte umkehren. Doch ich merkte: Ich wusste nicht mehr, wie ich in die Stadt zurückkomme. Wo war das Städtchen? Nun, es waren nur zehn Häuser, so ein kleines Städtchen. Wo war es? Ich fing an zu laufen, und dann wurde mir klar: Nur ein kleiner falscher Winkel – und ich lief ins endlose Prärie hinaus, wo man später mein Skelett finden würde, nicht wahr?
Das ist ein noch einsamerer Raum. Und dann packte mich die Angst. Auf einmal entdeckte ich meine Verlorenheit. Mensch, jetzt geht es um Leben und Tod. Rumrennen hat gar keinen Sinn. Ich rief, doch niemand hörte mich.
Da setzte ich mich hin, in gelinder Verzweiflung. Und auf einmal hörte ich merkwürdige Laute: „Hallo, wo bist du?“ Ich konnte mich nicht mehr selbst retten, verstehen Sie? Ich konnte noch schreien: „Hier bin ich, verloren!“
„Hallo, wo bist du?“ Und dann gingen sie mit ihren Sprachrohren, mit denen sie brüllten, immer meinem Gebrüll nach. Sie hatten sich aufgemacht, mich zu suchen.
Vielleicht wird Ihnen eines Tages bewusst, wie verloren ich in dieser Welt bin und wohin mein Weg führt. Gott ist so fern, und über dem Wasser weht es kalt.
Dann hört man die Stimme Jesu, die Stimme Jesu: „Hallo, wer bist du?“
„Hier!“ schreien Sie. „Ich bin verloren, in Sünden, in Ketten, in tausend schrecklichen Dingen, im Unglauben!“
Schreien Sie los, sagen Sie es Gott! Jesus feilt Sie an.
Es ist mein Gebet, dass in diesen Tagen Jesus ein paar Menschen findet, dass er von der Frage „Wo ist denn eigentlich Gott?“ dahin kommt, dass Jesus sie findet.
Einladung zur Teilnahme an der Vortragsreihe
Ich habe eine große Bitte: Machen Sie sich bitte die fünf Abende frei. Mir wurde gesagt, ich soll „du“ sagen, aber da ich Sie nicht kenne, bleibe ich beim „Sie“, nicht wahr? Machen Sie sich also die fünf Abende frei, denn an einem Abend kann man nicht alles sagen.
Ich erzähle Ihnen gern eine schöne Geschichte: Als ich mal in Speyer war, hatte ich drei Vorträge. Nach dem ersten Vortrag kam ein junger Mann zu mir und sagte: „Guten Abend, Pastor Busch, und auf Wiedersehen.“ Ich antwortete: „Na, auf Wiedersehen morgen.“ Er sagte: „Nee, morgen kann ich nicht.“ Ich fragte: „Warum nicht?“ Er antwortete: „Da habe ich Tanzstunde.“ „Ah“, sagte ich, „wie dumm. Also übermorgen?“ „Nee“, sagte er, „übermorgen kann ich auch nicht.“ Ich fragte wieder: „Warum nicht?“ Er meinte: „Da habe ich Fußballtraining.“
Da wurde ich richtig wütend und machte ihm einen Vorschlag: „Bring doch morgen den ganzen Tanzverein mit und übermorgen den Fußballklub. Sag ihnen, du könntest nicht kommen, sondern sie sollen mit dir gehen.“ Und wissen Sie, was der Junge tat?
Mir gegenüber war eine Galerie, die war am ersten Abend leer. Am nächsten Tag saß dort eine ganze Gruppe, man sah deutlich, dass es die Tanzstunde war. Am dritten Abend kamen dann die Fußballspieler. So machen Sie es auch mal: Kommen Sie und lassen Sie sich nicht abhalten. Und zweitens: Machen Sie es wie der junge Mann und bringen Sie Leute mit.
Sehen Sie, ich sage das nicht, weil ich einen vollen Saal haben will. Das habe ich jeden Sonntag in Essen, da brauche ich nie nach Nürnberg zu kommen. Ich will auch nicht angeben. Mir brennt die Botschaft auf dem Herzen. Ich weiß nicht, wie lange wir noch die Chance haben, das Evangelium so zu verkünden.
Manchmal habe ich das Gefühl, dass Dunkelheit hereinbricht. In der Bibel steht, dass einmal eine Zeit kommt, in der Gott einen Hunger ins Land schickt, sein Wort zu hören. Die Menschen werden von einem Meer zum anderen laufen und es nicht finden, weil die Zeit dann vorbei ist.
Darum möchte ich sagen: Nutzen Sie die Gelegenheit! Wir laden Sie ein. Wissen Sie, wollen Sie mir helfen, andere einzuladen? Das ist doch eine kleine Sache für Nürnberg, finden Sie nicht? Wenn wir dann noch alle über dreißig Jahre heraussetzen, ist das ja ganz kümmerlich.
Wir machen es jetzt so: Jeder überlegt sich jemanden, der heute nicht hier war, oder ein Ehepaar, und bringt diese morgen mit. Hier können noch genauso viele Schüler untergebracht werden, wie jetzt stehen. Es sind 2.600 Plätze besetzt, aber es können 4.300 hineingestellt werden – fast doppelt so viele.
Verstehen Sie? Wir stellen morgen im Vertrauen auf Sie tausend Plätze mehr bereit. Jeder überlegt sich jemanden, ruft heute Abend noch an: „Du musst kommen!“ und holt die Person morgen ab. Schleppen Sie sie mit, tot oder lebendig, oder nicht?
Also, helfen Sie mir bitte ein bisschen mit, liebe Leute!
Aufruf zu Opferbereitschaft und Gebet
Und dann habe ich noch etwas. Der Jugendpfarrer hier, Pfarrer Wolf, fragte, ob man hier eine Kollekte einsammeln soll. Da habe ich gesagt: Nicht eine Kollekte, sondern ein Opfer.
Jetzt passen Sie mal auf: Haben Sie ein Portemonnaie, einen Geldbeutel? Gut. Also diejenigen unter Ihnen, die gegen die ganze Sache sind und sowieso kein Geld haben, weil sie für Weihnachten sparen, die dürfen einfach vorbeigehen und nichts geben. Das sieht keiner, und niemand wird ihnen böse sein.
Es geht uns nicht um Ihr Geld. Wichtig ist, dass Jesus Sie findet. Aber wer möchte, kann auch für die Sache Gottes ein Opfer geben. Fünf Pfennig sind kein Opfer – dann lieber gar nichts, oder? Pfarrer Wolf kann mit fünf Pfennig auch nichts anfangen für die Jugendarbeit. Also werfen Sie ruhig mal fünf Mark hinein, wenn schon, denn schon.
Wir haben in Essen einen Wahlspruch, der heißt: Die Essener Rechnung. Wenn ich das Doppelte von dem gebe, was ich mir gerade vorgenommen habe, habe ich genau die Hälfte von dem gegeben, was Gott von mir erwarten kann. Haben Sie das verstanden? Wer es nicht versteht, soll einfach mit vier multiplizieren, dann kommt er ungefähr hin.
Aber wie gesagt, es geht nicht um Ihr Geld, sondern darum, dass Sie den Ruf des Herrn Jesus in diesen Tagen hören. Wissen Sie, in der Bibel steht, dass Gott einen fröhlichen Geber liebt. Und da möchte ich auch dazugehören. Der Herr ist hier, darum können wir mit ihm reden.
Schlussgebet um Erkenntnis und Offenbarung
Es ist einer, der uns hört. Wollen wir den Tag nicht damit beschließen, dass wir mit ihm reden?
Herr, da sind so viele unter uns, die dich nicht kennen. Sie sehnen sich danach, aber sie kennen dich nicht. Darum bitten wir: Tue du blinde Augen auf!
Herr, gib Augen, die etwas taugen. Rühre meine Augen an, denn es ist die größte Plage, wenn man am Tag das Licht nicht sehen kann!
