Das, was wir eben gesungen haben, wird in unserem Predigttext fortgesetzt: 1. Korinther 7,29-31.
Es geht um die Frage, wie wir die Welt mit all ihren Schönheiten genießen können. Das ist eine Gabe Gottes.
Wir haben ja am Erntedanktag und hoffentlich an vielen anderen Tagen für all das Schöne gedankt, das uns unser Gott schenkt und womit er uns erquickt.
Die Vergänglichkeit der Welt und die richtige Haltung dazu
1. Korinther 7,29: Das sage ich aber, liebe Brüder, die Zeit ist kurz. Fortan sollen auch die, die Frauen haben, sein, als hätten sie keine. Und die weinen, als weinten sie nicht, und die sich freuten, als freuten sie sich nicht, und die kaufen, als behielten sie es nicht, und die diese Welt gebrauchen, als brauchten sie sie nicht, denn das Wesen dieser Welt vergeht.
Herr, hilf uns, diese Welt richtig zu gebrauchen! Amen!
Vor ein paar Tagen erlebte ich, wie sich einige Verantwortliche in der evangelischen Jugendarbeit unterhielten. Sie waren voller Erwartung, weil in der kommenden Woche in Stuttgart viele Veranstaltungen zum Konzil für Gerechtigkeit und Frieden stattfinden sollten. Dann sagt der eine: „Ich habe in meiner Berufsschulklasse mit meinen jungen Leuten darüber geredet. Da interessiert sich überhaupt niemand dafür.“
Der andere antwortet: „Das habe ich auch schon beobachtet. Wir haben als Kirche dieses Thema genommen, weil wir gemerkt haben, dass junge Leute heute darauf abfahren. Und jetzt haben wir es, und jetzt interessiert das die jungen Leute nicht mehr.“
Ich musste daran denken: So ist es, wenn man den Zeit- und Mode-Meinungen nachrennt. Was interessiert denn heute junge Leute wirklich? Sie interessieren sich dafür, wie sie ihre Schule schaffen, wie sie einen Job bekommen. Und wenn sie heiraten wollen, fragen sie sich: Wo bekommen wir eine Wohnung? Sie haben auch gesundheitliche Probleme – lauter Fragen, die sie hautnah betreffen.
Und ich denke, auch heute Morgen beschäftigt uns wieder die Frage: Wie kommen wir denn mit unserem Leben klar? Paulus hat im vorherigen Kapitel, im Kapitel sechs, Vers zwanzig, gesagt: „Preist Gott mit eurem Leibe.“ Preist Gott mit eurem Leibe, macht in eurem täglichen Leben, mit euren Schulsorgen – das betrifft die jungen Leute mit ihren Berufsärgernissen – macht daraus ein Lob Gottes.
Paulus spricht hier von der Ehe in diesem Kapitel und erörtert dies mit Ehepaaren und mit Singles, wie man heute sagt, mit Alleinstehenden. Er zeigt, wie das eigentlich sein soll in unserem Leben, wie wir es richtig zur Ehre Gottes machen können. Dabei haben auch wir selbst große Schwierigkeiten.
Wenn wir jetzt reden müssten, würden wir sagen: Da liegen bei mir so viele komplizierte Probleme. Wir haben schlimme Erfahrungen hinter uns, wir sind oft traurig oder enttäuscht, weil im Leben so viel passiert, was uns nicht passt. Wir werden bitter!
Wie viele Ehegatten sind bitter? Sie haben sich ganz anderes von der Ehe erhofft. Wie viele sind bitter, wenn sie auf ihr Berufsleben blicken und sagen: Mir ist nie der Platz gegeben worden, den ich verdient habe.
Jetzt wollen wir hören, was der Apostel Paulus dazu sagt.
Die nötige Distanz zu den irdischen Dingen
Mein erster Punkt: Ihr müsst das alles mit der nötigen Distanz ansehen – also mit Abstand. Das ist gar nicht so leicht, besonders wenn es um Ehefragen geht.
Ich habe manchmal das Glück, junge Brautpaare beobachten zu dürfen, bevor sie heiraten. Wenn wir einem jungen Paar sagen würden: „Wenn du heiratest, dann mach es so, als ob du gar nicht heiratest“, als ob das nichts Besonderes wäre, dann ist das für sie kaum vorstellbar. Für sie ist die Ehe der Himmel auf Erden – und das ist sie ja auch nach wie vor.
Wie kann ich dann sagen, es sei so, als ob man nicht verheiratet wäre? Vielleicht, wenn man weint, aber auch dann geht es uns so, dass uns der Schmerz niederdrückt. Wir leiden, wenn ein lieber Mensch von uns gegangen ist. Ich kann doch nicht einfach sagen: „Nimm’s leicht, schau es aus der Distanz an!“ Es geht mich ja hautnah an.
Paulus spricht von der Vergänglichkeit dieser Welt und sagt: „Passt auf, die Dinge dieser Welt vergehen.“ Er meint hier eigentlich noch etwas anderes: Das Wesen dieser Welt vergeht. Im Griechischen steht das Wort „schema“, was eigentlich „das Schema dieser Welt“ bedeutet. All das, was uns heute so groß, bedeutsam und wichtig erscheint, ist im Licht der Ewigkeit klein und unbedeutend.
Das kann uns wehmütig stimmen. Wir fühlen uns vielleicht so wie im Volkslied „Hoch auf dem gelben Wagen“: „Ich wäre ja so gerne noch geblieben, aber der Wagen der rollt.“ Ich spüre die Vergänglichkeit der Zeit.
Manche Menschen leben immer rückwärtsgewandt. Sie erzählen bewegt davon, wie es früher war, wenn sie Fotoalben ansehen: früher, als unsere Eltern noch lebten, früher, als wir noch in diesem Ort waren. Da war alles so schön und nett. Die Wehmut der Erinnerung entsteht, weil unser Herz daran hängt.
Wie bekommen wir denn den richtigen Abstand? Ich möchte Sie bitten, diese Worte nicht zu schnell nachzusprechen. Man sagt schnell: „Ach, die Dinge dieser Welt sind doch nicht wichtig.“ Aber wir kleben mit all unseren Wünschen an der Erfüllung unserer äußeren Sehnsüchte.
Der eine fragt: „Warum hat mir Gott die Ehe versagt?“ Der andere sagt: „Warum habe ich nicht die Ehre bekommen, die mir zugestanden wäre?“ Gerade wenn wir bitter werden, zeigt sich, wie sehr wir an dieser Welt hängen.
Wenn uns wichtige Teile unseres Körpers nicht mehr gesund sind, merken wir das besonders. Wir hängen daran, wir brauchen es, schmerzfrei leben zu können. Es gehört so viel zum schönen Leben dazu – wir sind eben diesseitig.
Und übrigens: Wenn die Suppe versalzen ist und das Mittagessen nicht schmeckt, dann sind die leiblichen Dinge wichtig. Man kann sie nicht einfach zur Seite schieben.
Bei Paulus war die große Vorfreude auf die Ewigkeit immer präsent. Ich würde es so sagen: Nicht die irdischen Dinge sollen Ihnen unwichtig werden, sondern in Ihrem Leben muss mehr Vorfreude auf die Ewigkeit sein.
Der Termin dafür kann sehr nahe sein, wenn der Herr uns heimruft zu sich in die Herrlichkeit. Wenn wir daran denken, was jetzt noch wichtig ist, im Blick auf die mir verbleibende Zeit, dann sind äußere Sorgen um diese Welt nicht mehr so bedeutend. Viel wichtiger ist, dass ich dem Herrn gefalle.
Die Sehnsucht nach der Ewigkeit als Orientierung
Vor einigen Jahren war ich auf der anderen Seite der Erde, in Neuguinea, unterwegs. Die Reise verlief so gut, dass ich eine Woche früher als geplant in Neuguinea fertig war. Ich war bereits zurück in Sydney und meldete mich bei der Fluggesellschaft. Ich fragte, ob ich eine Woche früher zurückfliegen könnte.
Daraufhin schlug die Mitarbeiterin die Hände über dem Kopf zusammen und sagte, sie seien total ausgebucht. In den nächsten 14 Tagen gäbe es keinen freien Flug mehr. Sie fragte, ob ich froh sei, dass ich in acht Tagen einen Platz hätte. Ich versuchte ihr zu erklären, dass dieses Argument für mich nicht zählt. Acht Tage in Sydney zu bleiben – sie meinte, dort gäbe es doch so viele tolle Dinge, ob ich nicht Sydney ansehen wolle. Ich antwortete, dass ich heim möchte.
Sie fragte, warum ich heim wolle. Ich sagte, ich habe eine Frau und eine Familie zu Hause. Sydney interessiert mich nicht, Australien interessiert mich nicht. Meine Sehnsucht liegt woanders.
Zwei Freunde von der Mission waren ebenfalls dabei. Sie warteten mit mir im Standby. Alle Passagiere waren abgefertigt, und 15 Minuten bevor der Jumbo abflog, klingelte das Telefon. Ich konnte mitfliegen.
Einer dieser Missionsfreunde, Ernst Vater aus Liebenzell, sagte später zu mir: "So sollte man zur Ewigkeit laufen, wie du mit einem Koffer durch die Sperre durch bist: 'Jetzt darf ich mit, jetzt darf ich mit.'"
Wissen Sie, wir halten uns oft an den Leiden dieser Welt fest – an den Gräbern, an Pannen und Misserfolgen, an den bösen Menschen, die uns das Leben schwer machen, an Geldsorgen, an der Inflation, an dem, was Menschen bei Flucht und Vertreibung verloren haben, an den Häusern, die im Krieg abgebrannt sind, und an dem, was sie durch Inflation verloren haben.
Johann Christian Stoch, von dem wir ein Lied gesungen haben, sagt einmal: "Haltet es für eine Last und keine Lust, wenn ihr mehr habt, als ihr braucht."
Ich würde hinzufügen: Das Schlimme ist, dass wir meinen, wir bräuchten so viel. Wir denken immer, alles sei wichtig. Wenn Studenten wieder ihre Sachen packen und zum Studium fahren, nehmen sie immer mehr mit. Doch was ist wirklich lebensnotwendig? Was brauche ich unbedingt? Überlegen Sie einmal, was Sie wirklich brauchen. Es ist gar nicht viel.
Für das Jenseits sind einige wenige Dinge wichtig, aber nicht die materiellen Sorgen, nicht die beruflichen Sorgen und nicht einmal die Leistungen, die Sie erbracht haben. Wichtig ist allein, dass Sie Gott gefallen.
Jemand hat ein schönes Wort geprägt: Das Leben ist wie eine Brücke – gehe darüber, aber baue dir kein Haus darauf. Gehe darüber, denn es ist nur der Weg zur Ewigkeit.
Mit dieser nötigen Distanz kann man auch Prüfungen besser ansehen, wenn man durchfällt oder wenn Berufsträume zerplatzen. Bleiben Sie nicht stehen, sondern wissen Sie: Es gibt nur einen Weg zur Ewigkeit. Es ist, als hätte man keinen anderen.
Die richtige Prioritätensetzung im Leben
Woran hängt dein Herz? Woran hängt es wirklich? Ich muss ehrlich sagen, dass ich selbst sehr an vielen Dingen hänge. Es ist mir wichtig, wie meine Mitmenschen mich beurteilen. Bekomme ich Lob oder werde ich getadelt? Wie komme ich mit meiner Arbeit zurecht?
Es geht schief, wenn wir sagen, die irdischen Dinge seien nicht wichtig. Das funktioniert einfach nicht. Man kann das gar nicht durchhalten. Ich halte auch nichts von jenen radikalen Schwärmern, die das Gotteswort so auslegen, dass sie extreme Forderungen stellen. Zum Beispiel zu sagen, ein Christ dürfe überhaupt keinen Besitz mehr haben – das steht so nicht in der Bibel.
Im Wort Gottes ist es immer anders: Du hast einen größeren Schatz, an den du dein Herz hängen sollst. Jesus ist das Ziel deines Lebens. Von ihm aus bekommen die irdischen Dinge ihre richtige Bedeutung.
Es ist doch kein Kleinkram, wenn zwei Menschen heiraten. Aber jetzt ist es wichtig, dass sie nicht nur sich selbst leben und ihre eigenen Wünsche verfolgen, sondern dass sie mit doppelter Kraft zusammen dem Herrn dienen. Sie sollen für Jesus in dieser Welt leben.
Das war Paulus wichtig. Die irdischen Dinge sind doch von Gott gegeben: unser Leib, die Gaben, das Geld, unsere Arbeitsstelle. Aber ich lebe hier im Wissen und in der Verantwortung vor Jesus. Er hat die oberste Bedeutung für mein Leben. Von ihm aus möchte ich meine irdischen Dinge neu ordnen.
Dabei kann es durchaus passieren, dass Menschen eine andere Einstellung zu ihrem Besitz und zum Geld bekommen.
Beispiele für gelebte Verantwortung vor Gott
Kennen Sie das Leben von Eva von Thielewinkel? Lesen Sie es doch mal wieder.
Sie stammte aus ihrem Gutshaus in Schlesien. Als sie das Erbe ihres Vaters erhielt, sagte sie: „Ich habe eine große Angst, dass mir das Irdische so wichtig wird.“ Deshalb brachte sie es Gott dar und erklärte: „Ich möchte mein Leben vor Gott leben.“
Jetzt muss jeder wissen, wie er das tun kann – seine irdischen Dinge in der Verantwortung vor Gott ordnen. Dabei sollten wir aufpassen, dass wir unser Herz nicht an Dinge hängen, die vergänglich sind.
Dora Rappa, die in der Leitung der großen Bibelschule Sankt Grishona bei Basel war, hat einmal miterlebt, wie in ihrer Nähe eine Frau sagte: „Ich lebe nur für meine Kinder.“ Solche Aussagen haben Sie sicher auch schon oft gehört. Diese Worte haben Dora Rappa so belastet, dass sie Briefe an alle ihre Freunde schrieb mit der Bitte: „Hoffentlich redet ihr nie so.“
Wer sein Herz so an vergehende Dinge bindet, muss enttäuscht werden. Das passiert ja fortwährend, denn die Kinder wollen von so einer übertriebenen Liebe einer Mutter oft nichts wissen. Später wehren sie sich mit Recht gegen eine solche Umarmung.
Wenn eine Mutter nicht sagt: „Ich lebe für Jesus und nehme meine Kinder aus der Hand Jesu. Ich weiß, wie lange sie mir geschenkt sind und dass sie ihren eigenen Weg gehen werden“, dann bekommt sie kein richtiges Verhältnis zu ihren eigenen Kindern.
So können wir mit all den irdischen Dingen umgehen, solange sie in einer Arbeit stehen. Wir leben nicht für die Arbeit, aber gerade Paulus empfand es als sehr wichtig, dass wir mit den Händen treu arbeiten und schaffen. Arbeit ist wertvoll – auch wenn wir müde sind am Abend. Das ist keine Schande.
Wir wollen unsere Arbeit vor Jesus tun und im Blick auf ihn. So sehen wir die Dinge richtig. Passen Sie auf, dass die irdischen Dinge keine Diktatur in Ihrem Leben ausüben – und auch nicht die Gefühle.
Gerade heute ist es schlimm, wie wir von unseren Gefühlen immer wieder gesteuert werden und sagen: „Ich brauche das. Ich bin so unerfüllt, weil mir das fehlt.“ Wir haben unsere Wunschträume. Diese müssen Sie ordnen: Gibt mir Jesus diese Dinge, oder sind das nur Träume, wie Storch sie als Schäume bezeichnet – Träume, die nicht befriedigen können und uns kein Leben geben?
Ich will in den Aufgaben dieser Welt treu sein. Und wenn morgen die Welt unterginge, würde ich noch einmal ein Apfelbäumchen pflanzen – wenn der Herr mich dazu sendet.
Ich will in dieser Welt alles tun, pünktlich und genau, damit keine Missverständnisse entstehen.
Die Balance zwischen Welt und Ewigkeit
Diese radikale Schwärmerei erleben Sie bei vielen jungen Leuten, die fast wortwörtlich gleichreden wie der Apostel Paulus. Sie sagen: „Heiraten? Als hätte man nicht! Ich brauche gar nicht mehr zu heiraten.“ Warum auch? Was bedeutet mir das Ja-Wort vor der Gemeinde?
Zusammenziehen tun nicht nur junge Leute, und zwar oft ohne Klarheit vor Gott und den Menschen. Das hat Paulus nicht gemeint. Gerade weil ich dem Herrn diene, bekommen die Ordnungen dieser Welt für mich große Bedeutung.
Lesen Sie einmal nach, wie Paulus zum Staat steht – selbst zu einem ungerechten Staat seiner Zeit. Er lebte in einer Zeit, als Kaiser Nero bereits begann, die Christen zu verfolgen. Trotzdem forderte Paulus dazu auf, dem Staat Ehre zu geben, denn er ist die Obrigkeit, die von Gott verordnet ist. Paulus lebt in der Welt und nimmt sie so, wie sie ist, mit all ihren Schwächen und ihrer Ungerechtigkeit. Er sagt: Ich will in dieser Welt treu meinem Herrn dienen.
Paulus hat nicht das letzte Interesse wie die radikalen Schwärmer, die hier schon das Gottesreich bauen wollen. Er weiß, dass das Gottesreich erst einmal kommen wird. In dieser Welt bleibt jede Staatsordnung unvollkommen. Aber gerade deshalb möchte ich in den Ordnungen treu leben und hier gehorsam meinem Herrn dienen – mit all den Begrenzungen, Enttäuschungen und Misserfolgen, mit denen ich leben kann.
Da haben Sie Recht: Eine Ehe ist auch noch nicht der Himmel auf Erden. Und doch ist sie eine Gabe, die uns von Gott geschenkt ist – trotz aller äußerlichen Vordergründigkeit. Deshalb wollen wir sie heilig halten, ebenso wie all die Ordnungen, die uns Gott gegeben hat.
Wir sind nicht die Bilderstürmer, die alle Mauern niederreißen, auch wenn Paulus sagt: „Habt als hätte man nicht“, gerade weil wir so leben, als stünden wir auf Abruf.
Das erleben wir immer wieder bei unseren Entwicklungshelfern. Am letzten Sonntag erzählte ich noch von Münzenmais, die ihr Visum nicht bekommen haben. Es ist immer lustig, wenn sie ihr Gepäck schon vorausgeschickt haben, damit es rechtzeitig ankommt – meist einige Tage vor dem Flugtermin. Die leben dann hier auf Abruf.
Wenn man sie fragt, sagen sie: „Mein Gepäck steht schon in Addis Abeba.“ Das heißt, die Dinge hier sind letztlich nicht so bedeutsam für mich. Wir sollten so leben, dass wir sagen: Unser Gepäck steht schon drüben in der neuen Welt Gottes.
Bei unseren schwäbischen Pietisten gibt es viele Geschichten über ihre Stellung zur Welt. Ich las noch eine Geschichte von Martin Fauser aus Glems bei Neuhausen, in der Nähe von Metzingen. Sie wollten einen Schrank verkaufen. Abends kommt der Mann zurück, die Frau fragt: „Hast du den Schrank verkauft?“ Er antwortet: „Ich habe nicht das nötige Geld bekommen.“
Dann gab es eine kleine, na ja, Zankerei wäre zu viel, eher ein kleines Streiten um diese Sache: „Warum hast du nicht verkauft? Hättest du ruhig den billigeren Preis genommen, dann hätten wir ihn losgehabt.“
Plötzlich ruft die Tochter von ihrem Zimmer, das damals nur leichte Holzwände hatte, rüber. Sie war aufgewacht und sagt: „Jetzt streitet ihr euch um einen Schrank, dabei habt ihr eure Heimat schon in Neujerusalem im Himmel.“
Wissen Sie, so ist es: Wir haben unsere Heimat in der neuen Welt Gottes. Jetzt werden wir doch nicht wegen irdischer Dinge viel Mühe, Not, Zank und Streit machen.
Bewusstheit im Leben und die Hoffnung auf die Ewigkeit
Noch ein letztes: Heute bewusst leben. Das ist mir wichtig. Wir sollen heute bewusst leben.
Vielleicht darf ich ein paar Geschichten erzählen, um das deutlich zu machen. Ich hoffe, ich bringe sie nicht durcheinander.
Da war meine Frau damals dabei, als wir die Nacht vom Tschad zurück nach Paris durchgeflogen sind. Am Morgen kamen wir heiß und hungrig in Paris an und freuten uns auf ein gutes Frühstück.
Eine amerikanische Professorenfamilie nahm uns mit zum Gottesdienst, obwohl wir knurrende Mägen hatten. Der Gottesdienst dauerte von halb zehn bis zwölf. Hoffentlich sitzt niemand mit knurrendem Magen dort, denn das hört sich nicht gut an – nicht nur wegen des knurrenden Magens.
Nach dem Gottesdienst nahm uns diese liebe Familie mit zum Mittagessen. Es gab eine gute Suppe, dazu französisches Weißbrot und Butter. Wir griffen zu, denn wir waren sehr hungrig. Ich kann das gut, ungegessen zu sein.
Wir sahen schon besorgt, dass die Suppenterrine leer wurde. Die gute Hausfrau ging zweimal in die Küche, um Weißbrot nachzuholen. Doch nach dem dritten Mal waren wir richtig satt.
Wir lehnten uns zufrieden auf unseren Stühlen zurück. Dann kam die Hausfrau hinaus und brachte das Hauptgericht. Hätten wir das gewusst! Wir dachten, am Sonntag sei es ein wenig einfacher und es gäbe nur eine Suppe, um den Feiertag zu ehren. Doch wir konnten nichts mehr essen, weil wir uns an der Vorspeise schon so gesättigt hatten.
So ist es auch mit den Gütern dieser Welt. Unser Gott gibt uns hier viele Freuden. Das wird nicht schlechtgemacht. Aber das Hauptgericht kommt in der Ewigkeit.
So viel Leid, das wir erleben, löst sich nur von der Ewigkeit her. Vielleicht nehmen Sie es lieber von einem Menschen an, der selbst viel Leid durchgemacht hat.
Es war der Theologieprofessor Johann Tobias Beck, dem zwei Kinder gestorben sind. Er schrieb einem Freund: „Ich kann Sie aus Erfahrung verstehen, wie der Schmerz immer am Vergänglichen hängen bleibt und wir uns nicht lösen können.“
Er verlor dann auch seine Frau, die die unmündigen Kinder zurückließ. Er sagt, wir müssen besonders einüben, die Sehnsucht nach der Ewigkeit.
Er schreibt weiter: Das, was uns Gott aus der Hand gerissen hat, sollen Magnete sein, die uns von der Ewigkeit her anziehen.
Erst unter den schweren Schlägen des Todes sei ihm aufgegangen, was uns Gott neu schenken will.
Er fährt fort: „Wenn Gott mir die Menschen, die er mir genommen hat, wieder schenken würde“, sagt Johann Tobias Beck, „würde ich die Erfahrung verlieren, die ich im Verlust gemacht habe. Ich würde nicht tauschen, ich würde nicht tauschen! Das, was ich durch den Verlust gewonnen habe, war viel, viel größer: meine Sehnsucht nach der Ewigkeit.“
Er beschreibt das so: „Es streckt mich zu dem, was da vorne ist.“ Das ist die Christenbewegung auf die Ewigkeit zu.
„Darum hat Gott sie so geschlagen, damit er sie zubereite, um seine Herrlichkeit in seinem Sohn zeigen zu können. Wenn er uns nimmt, will er uns Größeres geben, zum Ewigen helfen, mit dem das Vergängliche und Vergangene in keinen Vergleich kommt.“
Die fleischliche Liebe, mit der wir uns an die unseren klammern, muss geistlich weichen. Das Sehen auf das Sichtbare muss dem Sehen auf das Unsichtbare weichen.
Und das heißt: Glauben lernen, Glauben lernen!
Leben im Blick auf die Ewigkeit
Ach, das ist so groß, dass wir dann zurückgehen in die Welt und wissen: Dort hat uns Gott hingestellt – alleinstehend oder verheiratet, in Berufsaufgaben oder noch in Ausbildung, im Warten auf den richtigen Platz, zurzeit ohne Arbeit. Wo braucht dich Gott? Herr, du hast den Platz für mich.
Und ich weiß, dass du diese Zeit segnest. Ich möchte mein Leben begreifen aus deiner großen Ewigkeit.
Der Stegen hat den Vers gedichtet:
Man muss wie Pilger wandeln, frei, bloß und wahrlich leer.
Viel sammeln, halten macht unseren Gang nur schwer.
Wer will, der trägt sich tot, wir reißen abgeschieden,
mit wenigem zufrieden und brauchen's nur zur Not. Amen.