Kirche ist ein Ort, wo das Leben entdeckt wird
Matthäus-Evangelium 13,44-45
Einleitende Gedanken Seit Jahren sind in der Surselva Goldgräber am Werk. Ab und zu findet der eine oder andere ein paar Gramm Gold. Im Sommer 2000 fand ein Goldgräber sogar eine Goldplatte, die 1, 3 Kilogramm wog. Professor Christoph A. Heinrich vom Institut für Geochemie und Petrologie der ETH Zürich äusserte folgende Vermutung: «Ich schätze», sagte er, «dass es in der oberen Surselva insgesamt rund 100 Tonnen Gold gibt.» Diese Menge entspräche einem ungefähren Wert von 3, 8 Milliarden Franken. Wer Abenteuer liebt und dabei die Chance haben möchte, reich zu werde, der sollte also in die Surselva reisen. Ein Goldgräbercamp befindet sich am Rhein bei Disentis. Man sollte sich jedoch nicht zu grosse Hoffnungen machen. Würde man dort so leicht Gold finden, hätten wir mehr darüber gehört. Vermutlich wird man nicht einmal die Reisekosten decken können. Doch Schatzsuchen faszinieren Menschen schon immer und Jesus erzählte auch zwei kleine Geschichten zu diesem Thema. Und die Chance, diesen Schatz zu finden, ist wesentlich höher, als beim Gold graben. Dazu kommt noch, dass der Schatz, von dem Jesus erzählt, jede Wertvorstellung weit übertrifft. Zwei kleine Begebenheit erzählte Jesus im Boot sitzend am Ufer vor Kapernaum, die wir uns zuerst einmal anhören. „Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Schatz, der in einem Acker vergraben war und von einem Mann entdeckt wurde. Der Mann freute sich so sehr, dass er, nachdem er den Schatz wieder vergraben hatte, alles verkaufte, was er besass, und dafür den Acker kaufte.“ Matthäus 13, 44. „Mit dem Himmelreich ist es auch wie mit einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte. Als er eine besonders wertvolle fand, verkaufte er alles, was er besass, und kaufte dafür diese eine Perle.“ Matthäus 13, 45-46. Mit anderen Worten: Kirche ist ein Ort, wo das Leben entdeckt wird. Ein Ort, wo Menschen den grössten Schatz aller Zeiten finden können.
Die überraschende Entdeckung
Beginnen wir mit der ersten kleinen Geschichte: dem Schatz, den ein Mann im Acker findet. „Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Schatz, der in einem Acker vergraben war und von einem Mann entdeckt wurde.“ Matthäus 13, 44. Über diesen Mann wissen wir nichts ausser, dass er auf einem Acker überraschend über einen Schatz gestolpert ist. Vielleicht war er ein Knecht, der den Acker seines Herrn pflügte und dabei mit dem Pflug an einem unbekannten Gegenstand hängen blieb. Oder er durchquerte den Acker und stolperte dabei über eine Unebenheit, die sein Interesse weckte. Jedenfalls grub er diesen Gegenstand aus und erkannte seinen unschätzbaren Wert. Nervös vergrub er den entdeckten Schatz in der Hoffnung, dass ihn niemand beobachtet, denn niemand durfte ihm zuvorkommen. Ihm war nämlich sofort klar: So etwas passiert einem nur einmal im Leben! „Der Mann freute sich so sehr, dass er, nachdem er den Schatz wieder vergraben hatte, alles verkaufte, was er besass, und dafür den Acker kaufte.“ Matthäus 13, 44. Für diesen Schatz war er ohne zu zögern bereit, seinen ganzen Besitz zu verkaufen, um diesen Acker zu erwerben. Mit dieser einfachen Geschichte zeigt uns Jesus wie die Kirche wächst. Sie wächst, indem Menschen unverhofft – wir würden sagen – zufällig, über einen Schatz stolpern. Menschen, die nicht auf Schatzsuche sind und scheinbar zufällig einen wertvollen Schatz entdecken. So erging es Paulus auf dem Weg nach Damaskus. Er hatte nur ein Ziel im Kopf: Die Christen auszurotten und dafür zu sorgen, dass diese Bewegung im Keim erstickt wird. Er war bereit, dafür über Leichen zu gehen. Doch plötzlich, ganz unerwartet, stellte sich Jesus ihm in den Weg. Das änderte alles in seinem Leben! Er wandte sich von seinem pharisäischen Glauben total ab und folgte von diesem Moment Jesus nach. Ihm wurde schnell klar, wie gross der Reichtum ist, den er in Jesus bekommt. Später schrieb er den Christen in Philippi, welche Bedeutung für ihn dieser Schatz hat. Er schrieb: „Die Dinge, die ich früher für einen Gewinn hielt, haben mir – wenn ich es von Christus her ansehe – nichts als Verlust gebracht.“ Philipper 3, 7. “Mehr noch: Jesus Christus, meinen Herrn, zu kennen ist etwas so unüberbietbar Grosses, dass ich, wenn ich mich auf irgendetwas anderes verlassen würde, nur verlieren könnte. Seinetwegen habe ich allem, was mir früher ein Gewinn zu sein schien, den Rücken gekehrt; es ist in meinen Augen nichts anderes als Müll. Denn der Gewinn, nach dem ich strebe, ist Christus!“ Philipper 3, 8. Paulus hatte alles aufgegeben, was ihm, bevor er Jesus begegnete, wichtig schien. Niemand von uns wird eine so eindrückliche Begegnung mit Jesus gehabt haben, wie Paulus auf dem Weg nach Damaskus. Aber es gibt immer wieder Menschen, die nicht auf der Suche nach der Wahrheit sind und unverhofft eine überraschende Entdeckung machen. Ein Kollege von mir, der mit Drogenhandel sein Geld verdiente, landete schlussendlich im Gefängnis. Das einzige Buch, das in der Zeller gelesen werden durfte, war die Bibel. Er las die Bibel mehrmals von vorne bis hinten durch und entdeckte dabei diesen grossartigen Schatz. Er wurde Christ und später Pastor! Oder eine Frau, die in Zürich ins Kino ging, um sich einen schönen Film anzusehen. Als sie das Kino verliess, waren auf der Strasse Christen, die sangen, Traktate verteilten und mit den Menschen das Gespräch suchten. Sie liess sich ansprechen und entdeckte überraschenderweise diesen grossartigen Schatz und sie entschloss sich sofort, Jesus nachzufolgen. Oder der Mann, der sich von einem Geschäftsfreund zu einem christlichen Vortrag einladen liess. Eigentlich besuchte er Kirchen und christliche Veranstaltungen nur, wenn es sein musste bei Kindertaufen, Hochzeiten und Beerdigungen. Er konnte mit diesem Kirchenzeugs nicht viel anfangen. Auch das Thema des Vortrags interessierte ihn nicht besonders. Er wollte seinem Geschäftsfreund eine Freude machen und hoffte vielleicht, dass er dadurch die geschäftliche Beziehung festigen kann. Während dem Vortrag realisierte er plötzlich, wie ihn das, was er hörte, tiefer berührte, tiefer als er das in seinem Leben je erlebte. Er begann sich mit Jesus zu beschäftigen und wurde Christ. Unzählige Beispiele könnte wir hier anfügen. Man muss nicht besonders religiös sein und man muss auch nicht in einer Kirche aktiv sein, um Jesus zu begegnen. Viele Menschen stolpern unverhofft und unerwartet über diesen Schatz. Und manche unter uns erlebten das ähnlich.
Die einmalige Entdeckung
Jesus erzählte noch eine andere kleine Geschichte: „Mit dem Himmelreich ist es auch wie mit einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte.“ Matthäus 13, 45. Dieser Kaufmann war auf der Suche nach den schönsten Perlen. Vermutlich hatte er schon viele schöne Perlen gefunden und gekauft. Doch eines Tages entdeckte er eine Perle, die alle anderen Perlen, die er in seinem Leben gesehen hatte, an Schönheit und Wert übertraf. Ihm war sofort klar, dass es sich um ein einmaliges Stück handelte. Nie würde er eine wertvollere Perle finden. „Als er eine besonders wertvolle Perle fand, verkaufte er alles, was er besass, und kaufte dafür diese eine Perle.“ Matthäus 13, 46. Der Kaufmann steht für die Menschen, die auf der Suche nach der Wahrheit sind. Es sind religiös aktive Menschen, die sich leidenschaftlich mit dem Sinn des Lebens beschäftigen und eifrig nach der Bedeutung ihres Lebens suchen. Menschen, die sich für geistliche Fragen interessieren und bereit sind ein religiöses Leben zu führen und die entsprechenden Opfer auf sich zu nehmen. Fragen, ob das Leben nach dem Tod weitergeht, ob es einen Himmel und eine Hölle gibt, interessieren sie. Stundenlang könnte man mit diesen Menschen über solche Fragen diskutieren, sie langweilen sich nicht – im Gegenteil: Sie sammeln Perlen und suchen nach der nächsten schönen und besonderen Perle. Für diese Menschen ist der Glaube ein Weg, auf dem sie immer mehr entdecken, aber nie wirklich am Ziel ankommen. Der Weg ist das Ziel, sind viele überzeugt. Die absolute Wahrheit gäbe es nicht. Doch dieser Kaufmann entdeckte nun eine Perle, die seine kühnsten Vorstellungen sprengte. Eine Perle, die alle anderen Perlen in den Schatten stellte. Er realisiert sofort, dass diese Perle nicht ein weiterer Lichtblick auf seinem Weg ist, sondern dass diese Perle das Ziel ist. Unverhofft ist er am Ziel angekommen! Jetzt verkaufte er alles, auch alle Perlen, die er schon sein Eigen nannte, um diese eine Perle zu kaufen. Lukas berichtet uns auch von einem solchen Mann, der auf der Suche nach der Wahrheit war. Es ist der äthiopische Finanzminister, der nach Jerusalem reiste, um den Gott Israels anzubeten. Dort kaufte er sich eine Schriftrolle des Propheten Jesaja und las auf dem Weg in dieser Schrift. Aber er hatte keine Ahnung, wie er die Worte des Propheten verstehen sollte. Philippus hörte, wie dieser Mann las und fragte ihn, ob er denn verstehen würde, was er lese. Er verstand es nicht und Philippus erklärte ihm das Evangelium anhand dieses Propheten. Dem Finanzminister fiel es wie Schuppen von den Augen. Jetzt war ihm klar, dass Jesaja von Jesus spricht, der für unsere Schuld am Kreuz hingerichtet wurde. Es war ihm klar, dass er durch Jesus seine Schuld loswerden kann und ewiges Leben bekommen würde. Endlich wusste er, wie er für seine Seele Frieden finden konnte: Jesus ist diese Perle! Seine Freude muss gross gewesen sein, als er das verstand und als sie an einer Wasserstelle vorbeifuhren, rief der Finanzminister: „Hier ist Wasser! Spricht etwas dagegen, dass ich getauft werde?“ Apostelgeschichte 8, 36. Nein – es sprach gar nichts dagegen. Philippus taufte ihn. Mit der Taufe drücken wir aus, dass wir uns radikal Jesus zuwenden. Paulus beschrieb das so: „Durch die Taufe sind wir mit Christus gestorben und sind daher auch mit ihm begraben worden. Weil nun aber Christus durch die unvergleichlich herrliche Macht des Vaters von den Toten auferstanden ist, ist auch unser Leben neu geworden, und das bedeutet: Wir sollen jetzt ein neues Leben führen.“ Römer 6, 4. Sicher sind einige von uns auf diesem Weg auf Jesus aufmerksam geworden. Wir suchten nach der Wahrheit, nach dem Frieden für unsere Seele und wir entdeckten Jesus. Jesus sagte über sich: „Ich bin der Weg, ich bin die Wahrheit, und ich bin das Leben. Zum Vater kommt man nur durch mich.“ Johannes 14, 6. Jesus ist diese einmalige Perle. Wer diese Perle entdeckt hat, der sollte sie sofort kaufen – der sollte sich taufen lassen!
Just do it!
Beide Männer machten auf ihre eigene Weise eine grossartige Entdeckung. Der eine stolperte unverhofft über diesen Schatz und der andere fand ihn auf der Suche danach. Doch nachdem sie die Entdeckung machten, verhielten sich beide genau gleich: Sie verkauften alles, um sich diesen Schatz zu kaufen. Sie waren bereit ihr Leben auf eine Karte zu setzen und keine Optionen mehr offen zu lassen, keine Hintertüren, durch die man wieder abschleichen könnte. Sie taten, was Jesus einmal seinen Jüngern erklärte: „Keiner von euch kann mein Jünger sein, wenn er sich nicht von allem trennt, was er hat.“ Lukas 14, 33. Das klingt so streng und für einige vielleicht etwas unangenehm, bedrohlich und zu radikal. Doch diese negativen Assoziationen kommen nur hoch, wenn wir den Reichtum, den wir in Jesus haben, nicht erkennen. Diesen beiden Männern fiel es offensichtlich nicht schwer, sich von ihrem Besitz zu trennen, denn was sie mit ihrem Vermögen kauften, überstieg alles, was sie sich vorstellen konnte. Der Gegenwert ist gigantisch. Es ist, wie wenn ich mit 5’000 Franken den Prime Tower in Zürich kaufen könnte. Jesus sagte sogar einmal zu seinen Jüngern: „Jeder, der um meines Namens willen Häuser, Brüder, Schwestern, Vater, Mutter, Kinder oder Äcker zurücklässt, wird alles hundertfach wiederbekommen und wird das ewige Leben erhalten.“ Lukas 19, 29. Gott will uns nichts wegnehmen, vielmehr will er uns reich beschenken, doch zuerst müssen wir loslassen. Wir müssen – bildlich gesprochen – wie ein Kind in die Arme des Vaters springen und vertrauen, dass er uns auffängt. Oder mit den Worten von Jesus klingt das so: „Wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es finden.“ Matthäus 16, 25. Und er fügte dann hinzu: „Was nützt es einem Menschen, die ganze Welt zu gewinnen, wenn er selbst dabei unheilbar Schaden nimmt.“ Matthäus 16,26
Schlussgedanke Der Schatz im Acker und die einmalige Perle sind Bilder für Jesus Christus. Er ist der grösste Reichtum, den Menschen bekommen können. Paulus sagte das so: „In Jesus Christus sind alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis verborgen.“ Kolosser 2, 3. Egal ob du zu den Menschen gehörst, die zufällig über diesen Schatz stolpern, oder zu jenen, die nach Perlen suchen. Wichtig ist, dass wir diesen Schatz entdecken. Und Kirche soll ein Ort sein, an dem dieser Schatz – Jesus Christus – entdeckt werden kann. Wir können Menschen zu unseren Gottesdiensten einladen. Wir können mit Menschen über den Glauben ins Gespräch kommen. Sie zu einem Vortrag einladen oder ein gutes Buch schenken. Den Ideen und Phantasien sind keine Grenzen gesetzt. Wichtig ist, dass die Kirche diesen Schatz bekannt macht, damit möglichst viele Menschen verstehen wie grossartig Jesus ist und dann werden sie alles, was ihnen bis dahin wichtig schien, loslassen und Jesus nachfolgen. Jesus sagt: „Ich bin der Weg, ich bin die Wahrheit, und ich bin das Leben. Zum Vater kommt man nur durch mich.“ Johannes 14,6. Kirche ist ein Ort, wo das Leben entdeckt wird! Kirche ist der Ort, an dem Menschen leben, die reich beschenkt sind.