Einführung: Die Bedeutung des Wortes Gottes
Das ist eine brennende Frage: Wie soll man zum Wort Gottes, zur Bibel, stehen? Es ist gut, dass Jesus selbst darüber gesprochen hat.
Wir befinden uns in einer Fortsetzungsreihe über die Bergpredigt. Im Matthäusevangelium Kapitel 5 behandeln wir jetzt die Verse 17 bis 37. Ihr habt ja eine Bibel, sodass ihr mitlesen könnt. Es ist gut, wenn ihr kontrolliert, ob das, was ich sage, stimmt.
Die Bibel ist die verbindliche Richtschnur für uns. Jesus sagt: Ihr sollt nicht wähnen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen. Ich bin nicht gekommen, aufzulösen, sondern zu erfüllen.
Denn ich sage euch wahrlich: Bis Himmel und Erde vergehen, wird nicht vergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüpfelchen vom Gesetz, bis alles geschehen ist.
Wer nun eines von diesen kleinsten Geboten auflöst und die Leute so lehrt, der wird der Kleinste heißen im Himmelreich. Wer es aber tut und lehrt, der wird groß heißen im Himmelreich.
Denn ich sage euch: Es sei denn, eure Gerechtigkeit sei besser als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.
Die Forderung nach einer höheren Gerechtigkeit
Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt wurde: Zum Volk Israel vor dem Sinai bei der Gesetzgebung gilt das Gebot „Du sollst nicht töten“. Wer aber tötet, der soll des Gerichts schuldig sein.
Ich aber sage euch: Wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichts schuldig. Wer aber zu seinem Bruder sagt: „Du Nichtsnutz!“, der ist des Hohen Rates schuldig. Wer aber sagt: „Du gottloser Narr!“, der ist des höllischen Feuers schuldig.
Wenn du deine Gabe auf dem Altar opferst und dir dabei einfällt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, dann lass deine Gabe dort vor dem Altar stehen. Geh zuerst hin und versöhne dich mit deinem Bruder, und dann komm zurück und opfere deine Gabe.
Sei willfährig deinem Widersacher, solange du noch mit ihm auf dem Weg bist, damit sich der Widersacher nicht über dich beschwert beim Richter und der Richter dich dem Diener übergibt.
Und wirst du in den Kerker geworfen, so wahrlich, ich sage dir: Du wirst von dort nicht herauskommen, bis du auch den letzten Heller bezahlt hast.
Die innere Haltung zu Ehe und Scheidung
Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Du sollst nicht Ehe brechen.
Ich aber sage euch: Wer eine Frau ansieht, um sie zu begehren – insbesondere eine verheiratete Frau –, der hat in seinem Herzen bereits Ehebruch begangen.
Wenn dir aber dein rechtes Auge Ärgernis bereitet, so reiß es aus und wirf es von dir. Es ist besser, dass eines deiner Glieder zugrunde geht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird.
Wenn dir deine rechte Hand Ärgernis bereitet, so haue sie ab und wirf sie von dir. Auch hier gilt: Es ist besser, dass eines deiner Glieder zugrunde geht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle kommt.
Es ist auch gesagt: Wer sich von seiner Frau scheidet, soll ihr einen Scheidebrief geben.
Ich aber sage euch: Wer sich von seiner Frau scheidet – es sei denn wegen Ehebruchs –, der bringt sie dazu, die Ehe zu brechen. Und wer eine Geschiedene heiratet, begeht Ehebruch.
Die Haltung zu Eiden und Wahrhaftigkeit
Ihr habt weiter gehört, dass zu den Alten gesagt ist: Du sollst keinen falschen Eid tun und sollst Gott einen Eid halten.
Ich aber sage euch, dass ihr überhaupt nicht schwören sollt, weder bei dem Himmel, denn er ist Gottes Thron, noch bei der Erde, denn sie ist seines Fußschemels, noch bei Jerusalem, denn sie ist die Stadt des großen Königs. Auch sollt ihr nicht bei eurem Haupt schwören, denn ihr vermögt nicht, ein einziges Haar weiß oder schwarz zu machen.
Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber hinausgeht, ist vom Übel.
Herr, du triffst uns hart. Lass die Wunde nicht zuheilen, bevor wir ganz genesen sind! Amen!
Do it yourself – Anleitung zum Leben mit sich selbst
Do it yourself ist heute das große Programm, und Bücher mit Anleitungen zum handwerklichen Selbermachen sind sehr beliebt. Ganz gleich, ob jemand seinen Teppichboden selbst verlegen möchte oder mitten in der Großstadt einen Hasenstall bauen will – für alles gibt es Bücher, die erklären, wie man es macht. Zum Beispiel, wie man einen Nullleiter verlegt, damit nicht jede Türklinke unter Strom steht.
Aber es gibt ein Gebiet, bei dem der Markt für Anleitungen zum Selbermachen meiner Meinung nach noch nicht richtig ausgeschöpft ist. Hier können Sie noch ein großes Geschäft machen. Das Thema unserer heutigen Predigt lautet: Fertigwerden mit sich selbst.
Ich beobachte, dass viele Menschen interessiert sind, wenn man ihnen eine Anleitung gibt, wie sie mit ihren Problemen fertigwerden können. Nun, nicht jeder will gleich zum Psychologen gehen. Aber wie wird man mit den kleinen alltäglichen Eheschwierigkeiten fertig? Ich selbst habe keine, andere Leute schon – also reden wir über die Probleme anderer.
Wie löst man Geldnöte? Was macht man, wenn Kinder frech sind? Wie geht man mit Erziehungsfragen um? Was tut man bei Schulproblemen? In Illustrierten ist dieses Feld schon ein bisschen abgegrast. Dort gibt es Frau Olga Weissrath oder man fragt Frau Angelika oder Doktor Textor – und wie sie alle heißen. Doch all diese Ratgeber haben eine Schwäche: Oft sind sie sehr oberflächlich und verschweigen uns, dass sich viele persönliche Probleme gar nicht lösen lassen.
Denn viele persönliche Probleme, die wir haben, sind nicht nur meine Probleme. In einem Parlament sitzen die intelligentesten Köpfe eines Volkes zusammen, und statt die anstehenden Fragen zu lösen, bewerfen sie sich nur mit Verdächtigungen. Es gibt einen Zusammenschluss aller friedliebenden Völker der Welt, die UNO, und sie kann die ganzen Konflikte der Welt nicht lösen.
Woran liegt das? Es ist doch nicht nur böser Wille dieser Menschen. Jahr für Jahr wird der Friedensnobelpreis verliehen, aber es gibt nach wie vor Kriege. Wir haben die Nationalökonomie und andere Wissenschaften zur höchsten Blüte getrieben, aber es gelingt der vereinten Wissenschaft nicht, den Hunger zu bekämpfen und Gerechtigkeit auf der Welt herzustellen.
Wenn wir sagen, ich muss mit meinen Problemen fertigwerden – wie soll ich das denn im Do-it-yourself-Verfahren schaffen, wenn die intelligenten und begabten Leute und die großen Zusammenschlüsse der Welt es nicht einmal fertigbringen?
Ich bin froh, dass Jesus zu diesem ganz praktischen Thema unserer Probleme, dem Fertigwerden mit sich selbst, gesprochen hat. Er gibt uns heute ein Wort, an dem es wirklich nichts mehr zu deuteln gibt.
Ich möchte es unter drei Hauptüberschriften interpretieren.
Zuerst: Lasst euch von eurer Menschenwürde nichts abzwacken!
Das Problem mit unseren täglichen Reibereien, die uns manchmal so zusetzen, dass wir schon körperlich krank werden, lässt sich oft nur so lösen, dass wir sagen: Wir müssen uns eben arrangieren. Ich lebe einfach mit schwierigen Menschen zusammen.
Aber wie soll ich es machen? Vielleicht haben Sie das Glück, in einem Familienhaus zu wohnen. Doch wenn Sie schon ein paar schwierige Mietparteien in Ihrer Gegend haben, wissen Sie, dass man das nicht nur mit Liebe lösen kann. Man muss auch mal auf den Tisch hauen, sonst kommt man nicht weiter.
Wenn Eltern ihren Kindern – und wir haben heute junge Leute unter uns, unsere Konfirmanden, wir freuen uns, dass sie uns dieses Jahr begleiten – Rat fürs Leben mitgeben, dann wird so mancher Vater mit Recht sagen: „Also bitte, lass dir nicht alles bieten! Du musst schauen, wie du in deinem Leben durchkommst.“
Wie kommen Sie eigentlich durch, so in der vergangenen Woche und in der kommenden Woche? Jesus hat ja von diesen Dingen allen gesprochen: vom Streit mit den Menschen um uns herum, von den Gefühlen, die unbefriedigt sind, von den nichtssagenden Worten, die wir reden.
Henrik Kissenschach ist 26 Kilometer zwischen Jerusalem und Damaskus gependelt, stand gestern in der Zeitung. Sie haben es im Atlas nachgemessen, das sind Luftlinien 215 oder 220 Kilometer zwischen Jerusalem und Damaskus – ein Katzensprung mit dem Flugzeug, so wie München und Stuttgart.
Aber er ist so oft hin und her gependelt, weil er einen Kompromiss suchte: Ob man da oben am Hügel Hermon nicht noch ein Stück zurückgehen kann und die entmilitarisierte Zone so machen kann, dass hundert Soldaten weniger in Kunaitra von der UNO stationiert sind. So sucht man, wie man durchkommt.
Das ist ja das Gleiche, wie man durchkommt. Da werden Kompromisse ausgehandelt. Im täglichen Leben sind wir so großzügig geworden, Kompromisse auszuhandeln – wenn ich nur durchkomme.
Wenn Eltern ihren Kindern sagen: „Hauptsache, du kommst im Leben durch, dass du deinen Weg gehen kannst“, dann sagt Jesus: Nein, das ist ein Irrtum! Nein, das ist ein Irrtum!
Ihr könnt doch keine Kompromisse machen! Ja, worauf könnt ihr denn Kompromisse machen? Auf Kosten eurer Würde! Und wenn ihr auf Kosten eurer Würde Kompromisse macht, zerstört ihr euer eigenes Leben.
Was ist denn die Würde des Menschen? Junge Leute meinen, die Würde eines Menschen bestehe darin, dass er Fußball spielen kann wie Franz Beckenbauer, oder dass er boxen kann oder denken kann.
Die Bibel sagt: Die Würde des Menschen besteht nicht in seinen Füßen. Jesus hat drastisch gesagt: Du kannst deine Hand abhacken, und trotzdem hast du deine Würde nicht verloren. Du kannst keine Füße mehr haben, und trotzdem bist du nicht deiner Würde beraubt.
Lieber lässt er dir die Hand abhacken, als dass du an deiner Würde etwas abschneiden lässt.
Was ist denn die Würde? Dass wir von Gott bestimmt sind, Ebenbilder zu sein, zu lieben, wie er liebt, zu vergeben, wie er vergibt, barmherzig zu sein, wie er barmherzig ist; dass über meinem Leben dieser göttliche Adel steht.
Dass wir das in unseren täglichen Streitigkeiten und in den Jahren immer wieder vergessen, obwohl wir Leute sind, die in der Bibel zu Hause sind, die heute Morgen mehr oder weniger gern Jesus nachfolgen wollen, Christen sein wollen, und dass wir das verlieren, obwohl Jesus es so hart und scharf gesagt hat.
Die Würde deines Lebens liegt darin, dass du lieben kannst, dass du versöhnen kannst, dass du rein sein kannst, dass du edle Gedanken hast, dass dein Wort ja ja sagt und ja auch ja ist, und dass du nein sagst und es auch nein ist.
Wie kann man bloß Kompromisse machen, um durchzukommen? Hauptsache, man kommt durch in der Verwaschenheit zwischen Lüge und Wahrheit, in der Verwaschenheit einer sogenannten neuen Moral, ob man auch befriedigt ist, ob man zu seinem Recht kommt, wo man doch gar nicht zu seinem Recht kommen kann, weil man nicht zu seiner Würde kommt.
In den letzten Tagen hatte eine meiner Töchter in der Schule eine kleine Schwierigkeit und verlangte, dass die Eltern das durch einen Brief quittieren, dass man also von dem Sachverhalt Kenntnis nimmt.
Und es ging dann so, wie meine Tochter mir erzählt hat: Die Lehrerin konnte nur schreiben: „Meine Tochter hat richtig gehandelt.“ So sind Eltern. Sie schützen ihre Kinder und sagen: „Meine Tochter macht es immer recht, die Lehrerin macht es immer falsch.“ So stehen wir für das Recht unserer Kinder ein, ob es pädagogisch klug ist oder nicht.
Aber interessant ist, dass Jesus für unsere Würde eintritt, in der ganzen Bergpredigt.
Wenn Jesus so hart und scharf redet, dann sagt er: Dein Leben ist kostbarer, größer, schöner, edler, als dass du um einer zeitlichen Karriere willen nur etwas davon aufs Spiel setzt.
Dein Leben ist so kostbar, dass du bei einer Erbauseinandersetzung nicht einmal einen Gedanken daran verschwenden solltest, ob es anders geregelt werden könnte, um deines Rechtes willen.
Dein Leben – denk doch an deine Würde! Lasst euch von der Menschenwürde nichts abzwacken! Das ist, was Jesus unter Menschenwürde versteht.
Das Zweite: Wagt das Unerträgliche!
Wenn man diese Worte liest – wenn wir in einem Bibelkreis oder Hauskreis beieinander wären –, würde hoffentlich sofort jemand sagen: „Also bitte, das kann man doch nicht leben!“
Wer zu seinem Bruder sagt: „Du Nichtsnutz!“, der ist es dem Hohen Rat schuldig; wer sagt: „Du gottloser Narr!“, der ist es dem höllischen Feuer schuldig. Wie soll man denn so leben können?
Wenn Jesus schon unsere Gedanken ins Licht zieht, da kann kein Mensch mehr vor ihm bestehen.
Man hat es sich unter Christen angewöhnt, dass man die Bergpredigt nicht wörtlich verstehen soll. Es ist eine alte, traditionsreiche Geschichte.
Man kann hier berühmte Leute in einer Ahnengalerie anführen, die behaupten, man solle die ganze Bibel nur sinnbildlich verstehen, eben so, dass nur das Sinn hat, was man selbst hören will.
Es ist völlig unmöglich, diese Worte Jesu – es sei denn, man erklärt Jesus für verrückt – als sinnbildlich zu erklären.
Jesus meint das ernst.
Dann sagen wir aber: „Man kann doch nicht mit diesen Worten leben!“
Wenn heute jemand hier im Gottesdienst sitzt und sagt: „Ich kenne die Bibel schon länger nicht mehr, ich habe sie längere Zeit nicht gelesen“, und er hört die Worte zum ersten Mal, dann muss er ja aufstehen und rauslaufen und sagen: „Das kann ich nicht ertragen!“
Er ist ja gar nicht gewohnt, dass man im Leben etwas aufarbeiten kann. Ich kann doch nicht im Angesicht dieser Worte leben, da werde ich krank.
Aber ich könnte mir vorstellen, dass Jesus dann weiterfragt und sagt: „Ihr könnt mit diesen Worten nicht leben? Ja, aber wie könnt ihr denn mit den Tatsachen leben?“
Stimmt es nicht, dass es so aussieht in eurem Leben? Ertragt ihr nur die Worte nicht, oder ertragt ihr auch die Taten nicht?
Dann sagen wir: „Ja, sicher, es hat uns auch belastet, dass das vorgestern so lief bei mir, aber ich bin schon wieder drüber weg.“
Unsere ganze Heilkunde in dieser Sache heißt: vergessen.
Und Jesus fragt: Könnt ihr es wirklich vergessen? Diese furchtbaren Wunden eures Lebens, wo ihr euer Leben selbst zerstört habt.
Wir ertragen es nicht, wenn er es ins Licht zieht. Aber es kommt ins Licht.
Es ist wie bei den Brüdern Josefs, die Josef nach Ägypten verkauft haben für zwanzig Silberlinge – das war Kleingeld. Dann gingen Jahre darüber hinweg, der Vater hatte es fast vergessen.
Irgendwann, ganz spät, in einer ganz anderen Verwicklung – für die Brüder war das eigentlich eine Verwicklung wie ein Strafzettel, den ein Polizist ausstellt – kam eine Angst über ihr Leben, als Josef sie ängstigte.
Sie erkannten Josef gar nicht und sagten: „Das haben wir an unserem Bruder verschuldet.“
Glauben Sie nicht, in unserem Leben wächst über irgendetwas Gras. Wir sind gescheuchte Leute, weil in Augenblicken, wenn wir plötzlich krank sind und nicht wissen, ob wir noch einmal genesen, wenn Menschen übel mit uns umgehen, wenn Kriegszeiten, Nöte und Armut kommen, wenn Ungerechtigkeit uns widerfährt, dann reden wir mit niemandem darüber.
Dann geht es uns wie den Brüdern: Ach!
Manche Eltern denken über die Bosheiten ihrer Kinder oft daran, was sie ihren Eltern ins Gesicht gerufen haben.
Und ich glaube, dass nicht einer an einem Grab steht, der nicht an das denkt, was er jetzt versäumt hat.
Wir leben dauernd im Angesicht der Tatsachen, und Jesus sagt: Ihr könnt nur die Worte nicht ertragen. Ihr meint, damit sei etwas gelöst, wenn man die Bergpredigt sinnbildlich auslegt.
Ihr müsst doch im Angesicht der Tatsachen leben.
In unserem Leben liegt es drin.
Ich denke jetzt immer, wenn diese Zeitungsberichte kommen von Giftmülldeponien in Malsch und wo die überall sind, da liegen so Giftfässer, und die sind noch zu.
Aber man weiß nicht, wann der Rost sie aufknackt und alles ins Grundwasser läuft.
Man hebt sie nicht an, rührt die Sache nicht an. Wenn man mit der Planierraupe reinfährt, platzen die Fässer auf.
Nein, vorsichtig, nur behutsam, ein bisschen Erde drüber.
Nein, Jesus zieht es ans Licht.
Denn er lebt nicht nur im Angesicht dieser Worte, sondern auch im Angesicht dieser Tatsachen dieser Welt.
Wenn Sie jetzt einmal im Geist das Leben Jesu an sich vorüberziehen lassen, wird Ihnen das befreiend sein.
Jesus ging sogar zu Menschen, deren Leben völlig zerstört war, wo es dunkel war, wo es nur noch von Hass glühte.
Er ging zu ihnen, um zu sagen: Es gibt eine Sanierung dieser Mülldeponie. Man kann es heilen. Man kann diese Giftfässer umwandeln.
Es muss in deinem Leben nicht so bleiben.
Ich mache einen Schlussstrich: Jesus, wie er am Kreuz hängt, will diese ganze Last dieser Welt auf sich nehmen.
Wie kann ein Mensch das überhaupt tragen?
Für Jesus war nicht das Problem die Worte, für Jesus waren das die Taten.
Das hat ihn niedergedrückt, wie er gesehen hat, wie die Menschen leiden unter einem selbstzerstörten Leben in der Sünde.
Aber er konnte diesen Menschen begegnen und diese brutalen Tatsachen beim Namen nennen, weil er dem Menschen gleichzeitig eine andere Tatsache zuspricht:
Fürchte dich nicht! Habe dich erlöst! Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein!
Jesus will das über Menschen festmachen.
Ich möchte Sie nur bitten: Machen Sie heute nicht das Furchtbare, dass Sie jetzt wieder wunde Stellen Ihres Lebens aufrühren und dann nach Hause gehen und sagen: „Ach ja, ach ja, ach ja!“
Sondern jetzt soll Ruhe kommen, eine Lösung, eine Erlösung, dass Jesus einen Strich ziehen und wegräumen kann.
Das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde.
Jesus sieht doch all das in Ihrem Leben: diese furchtbaren, wunden Punkte, was unser unreiner Blick will, unsere Phantasie, wie unser Temperament mit uns durchgeht.
Wie rechts und links von uns Menschen leben, die geknickt sind, weil wir über sie hinweggefahren sind.
Weil wir andere an unserem Leben auf der Seite liegen lassen, die in der Stille vor sich hinweinen, weil sie auf uns gewartet haben, und wir sie schlicht vergessen haben.
Weil all das nicht wahr war und die Worte, die wir reden.
Das sieht Jesus.
Und Jesus sagt: Wagt das Unerträgliche! Seht eurer Schuld ins Gesicht, aber legt sie doch vor ihm nieder, weil er euch gleichzeitig das andere sagen kann: von der Vergebung, von der Lossprechung.
Und wenn Sie es vor Jesus jetzt hinlegen, darf ich Ihnen im Namen Jesu zusprechen, dass er alle Ihre Sünde von Ihnen wegnimmt.
Zum Letzten: Das bessere Leben ganz leben.
Jesus redet von der besseren Gerechtigkeit und sagt, es geht auch darum, ein besseres Leben zu leben und eine bessere Gerechtigkeit.
Die Pharisäer waren ja die Spitze dessen, was man an irdischer Frömmigkeit schaffen kann.
Und es könnte Leute geben – und merkwürdigerweise nimmt man von Predigten meist das mit, was man missverstanden hat –, die nach Hause gehen und sagen: „Ach ja, ich bin eben doch ein schlechter Mensch.“
Sie merken gar nicht, dass Jesus ihnen ihre Würde in Erinnerung rufen wollte.
Sie laufen nach Hause und sagen: „Ja, ja, ja, mein Mann ist seit zwölf Jahren tot, und ich hätte manches anders machen sollen.“
Und alles kommt in Erinnerung, wie keiner sagt: „Meine Sünde ist schwerer, als sie mir vergeben werden könnte.“
Furchtbare gesetzliche Verkrampfung.
Man steht da und misst jeden anderen mit der Messlatte: „Der ist gottlos, der ist unheilig, die Welt ist so böse, was alles Schlimmes geschieht, und meine Nachbarn...“
Man wird ein bitterer Mensch, hat ein verkrampftes Glaubensleben, keine Freude mehr.
Man zwingt sich, dass man sich ja nicht noch einmal beschmutzt und noch einmal in die Schuld fällt.
Das meint Jesus nicht.
Gesetzlichkeit ist etwas ganz anderes.
Jesus sagt sogar viel kühner: Lass deine Gabe und wirf sie nicht ins Opferbecken.
Also Vorsicht mit Frömmigkeit, Vorsicht mit Frommsein.
Lass mal all das weg.
Du brauchst nichts da reinzuwerfen.
Viel wichtiger ist, dass ihr die bessere Gerechtigkeit, das bessere Leben, das schöne Leben erfasst.
Und was ist das?
Jesus sagt: Merk doch darum, dass es in allem nur darum geht, dass ich eine Sehnsucht habe, dass du heute an diesem Sonnentag, dem 26. Mai, so lachen kannst, wie du seit Jahrzehnten nicht mehr lachen konntest, weil die Vergangenheit bewältigt ist.
Dass du heute vom Gottesdienst weggehst als einer, der weiß: Und wenn über mir der Himmel zusammenbricht, Jesus lässt mich nicht.
Sehen Sie, mich – wenn Sie Ihren Namen einsetzen können, nicht, dass Sie das von mir sagen oder von jemand anderem hören, sondern dass Sie das von sich selbst sagen können.
Lassen Sie Ihre Gabe weg.
Sie brauchen nichts reinzuwerfen.
Das ist jetzt nicht wichtig.
Sie brauchen keine fromme Tat, die Sie abziehen.
Sie müssen nichts vor Gott bezahlen.
Sie müssen nur merken, dass Gott ins Licht zieht und bei Ihnen heilen will.
Dass am Ende dieses neue Leben bei Ihnen kommen kann.
Und dann sagt Jesus: Aber machen Sie doch etwas anderes.
Gehen Sie heute Mittag zu dem Bruder hin, zu dem Menschen, mit dem Sie so viele Schwierigkeiten haben, und versöhnen Sie sich, koste es, was es wolle.
Dort legen Sie etwas hin.
Dort legen Sie Ihr ganzes Leben als Opfergabe hin.
Und Sie werden staunen, was Gott aus Ihrem Leben an Opfergabe machen kann.
Wenn Sie Ihr Leben vor ihm hinblättern, welche Freude könnte über Ihrem Leben ausbrechen!
Was könnte aus Ihnen werden, wenn Sie Ihre Gabe, sich selbst, so vor Gott hinlegen!
Amen.
1. Lasst euch von eurer Menschenwürde nichts abzwacken!
Das Problem mit unseren täglichen Reibereien, die wir haben und die uns manchmal so sehr zusetzen, dass wir sogar körperlich krank werden, lässt sich oft nur so lösen: Wir sagen uns, wir müssen uns eben arrangieren. Ich lebe einfach mit schwierigen Menschen zusammen.
Vielleicht haben Sie das Glück, in einem Familienhaus zu wohnen. Aber wenn Sie schon ein paar schwierige Mietparteien in der Nachbarschaft haben, dann wissen Sie, dass man das nicht einfach nur mit Liebe lösen kann. Man muss auch mal auf den Tisch hauen, sonst kommt man nicht weiter.
Wenn Eltern ihren Kindern – und wir haben heute junge Leute unter uns, unsere Konfirmanden, die uns dieses Jahr begleiten – Rat fürs Leben mitgeben, dann wird so mancher Vater mit Recht sagen: „Also bitte, lass dir nicht alles bieten! Du musst schauen, wie du in deinem Leben durchkommst.“ Das ist die große Parole: Schau, wie du durchkommst.
Wie kommen Sie eigentlich durch – so in der vergangenen Woche und in der kommenden Woche? Jesus hat ja von diesen Dingen gesprochen: von dem Streit mit den Menschen um uns herum, von den Gefühlen, die unbefriedigt sind, und von den nichtssagenden Worten, die wir reden.
Henrik Kissenschach ist gestern in der Zeitung gewesen. Er ist 26 Kilometer zwischen Jerusalem und Damaskus gependelt. Sie haben es im Atlas nachgemessen: Die Luftlinie zwischen Jerusalem und Damaskus beträgt 215 oder 220 Kilometer – ein Katzensprung mit dem Flugzeug, so wie München und Stuttgart. Aber er ist so oft hin und her gependelt, weil er einen Kompromiss suchte. Ob man da oben am Hügel Hermon nicht noch ein Stück zurückgehen kann, um die entmilitarisierte Zone zu vergrößern, hundert Soldaten weniger in Kunaitra von der UNO stationiert – und vielleicht noch mehr. So sucht man, wie man durchkommt.
Das ist ja das Gleiche: Wie kommt man durch? Dort werden Kompromisse ausgehandelt. Und im täglichen Leben sind wir so großzügig geworden, Kompromisse auszuhandeln, wenn wir nur durchkommen. Wenn Eltern ihren Kindern sagen: „Hauptsache, du kommst im Leben durch, dass du deinen Weg gehen kannst“, dann sagt Jesus: Nein, das ist ein Irrtum. Nein, das ist ein Irrtum. Ihr könnt doch keine Kompromisse machen! Worauf könnt ihr denn nur Kompromisse machen? Auf Kosten eurer Würde!
Wenn ihr auf Kosten eurer Würde Kompromisse macht, zerstört ihr euer eigenes Leben. Was ist denn die Würde des Menschen? Junge Leute meinen oft, die Würde eines Menschen bestehe darin, dass er Fußball spielen kann wie Franz Beckenbauer, oder boxen kann, oder denken kann. Die Bibel sagt: Die Würde des Menschen besteht nicht in seinen Füßen.
Jesus hat drastisch gesagt: Du kannst deine Hand abhacken – trotzdem hast du deine Würde noch lange nicht verloren. Du kannst keine Füße mehr haben, und bist trotzdem noch lange nicht deiner Würde beraubt. Lieber lässt er die Hand abhacken, als dass du an deiner Würde etwas abschneiden lässt.
Was ist denn die Würde? Dass wir von Gott bestimmt sind, Ebenbilder zu sein. Dass wir lieben sollen, wie er liebt, vergeben, wie er vergibt, barmherzig sein, wie er barmherzig sein kann. Dass über unserem Leben dieser göttliche Adel steht. Dass wir das in unseren täglichen Streitigkeiten, in den Rennen und Jahren dauernd vergessen.
Wir sind doch Leute, die in der Bibel zu Hause sind. Wir sind doch heute Morgen Menschen, die mehr oder weniger gern Jesus nachfolgen wollen, Christen sein wollen – und trotzdem verlieren wir das. Obwohl Jesus das so hart und so scharf gesagt hat: Die Würde deines Lebens liegt darin, dass du lieben kannst, dass du versöhnen kannst, dass du rein sein kannst, dass du edle Gedanken hast, dass dein Wort ja ja sagt und ja auch ja ist, und dass du nein sagst und es ist nein.
Wie kann man bloß Kompromisse machen, um durchzukommen? Hauptsache, man kommt durch – in der Verwaschenheit zwischen Lüge und Wahrheit, in der Verwaschenheit einer sogenannten neuen Moral. Ob man auch befriedigt ist, ob man zu seinem Recht kommt, wo man doch dort gar nicht zu seinem Recht kommen kann, weil man nicht zu seiner Würde kommt.
In den letzten Tagen hat eine meiner Töchter in der Schule eine kleine Schwierigkeit gehabt. Die Lehrerin verlangte, dass die Eltern das durch einen Brief quittieren, dass sie also von dem Sachverhalt Kenntnis nehmen. Und es geht dann so, wie meine Tochter mir erzählt hat: Die Lehrerin konnte nur schreiben, meine Tochter hat richtig gehandelt.
So sind ja Eltern: Sie schützen ihre Kinder und sagen: „Meine Tochter macht es immer richtig, die Lehrerin macht es immer falsch.“ So stehen wir für das Recht unserer Kinder ein, ob es pädagogisch klug ist oder nicht.
Aber interessant ist, dass Jesus für unsere Würde eintritt – in der ganzen Bergpredigt. Wenn Jesus so hart und so scharf redet, dann sagt er: Dein Leben ist kostbarer, größer, schöner, edler, als dass du um einer zeitlichen Karriere willen nur etwas davon aufs Spiel setzt.
Dein Leben ist so kostbar, dass du bei einer Erbauseinandersetzung nicht einmal einen Gedanken daran verschwenden solltest, es könnte anders geregelt werden – um deines Rechtes willen. Denk an deine Würde! Lasst euch von der Menschenwürde nichts abkaufen!
Das ist das, was Jesus unter Menschenwürde versteht.
Das Zweite: Wagt das Unerträgliche! Wagt das Unerträgliche!
2. Wagt das Unerträgliche!
Wenn man diese Worte liest, und wir wären jetzt in einem Bibel- oder Hauskreis beieinander, dann würde hoffentlich sofort jemand sagen: „Also bitte, das kann man doch nicht leben! Wer zu seinem Bruder sagt: ‚Du Nichtsnutz!‘, der ist es dem Hohen Rat schuldig; wer sagt: ‚Du gottloser Narr!‘, der ist es dem höllischen Feuer schuldig. Wie soll man denn so leben können?“
Wenn Jesus schon unsere Gedanken ins Licht zieht, da kann ja kein Mensch mehr vor ihm bestehen. Unter Christen hat man sich angewöhnt, dass dies eine alte, traditionsreiche Geschichte ist. Man kann hier berühmte Leute in einer Ahnengalerie anführen, die behaupten, man solle die Bergpredigt nicht wörtlich verstehen. Sie vertreten die Auffassung, dass man die ganze Bibel nur sinnbildlich verstehen darf – eben so, dass sie nur das bedeutet, was man selbst hören will.
Es ist völlig unmöglich, diese Worte Jesu anders zu verstehen, es sei denn, man erklärt Jesus für verrückt und deutet seine Worte als sinnbildlich. Jesus meint das aber nicht so. Dann sagen wir: „Man kann doch nicht mit diesen Worten leben!“
Wenn heute jemand hier im Gottesdienst sitzt und sagt: „Ich habe die Bibel schon längere Zeit nicht mehr gelesen, und ich höre diese Worte jetzt zum ersten Mal“, dann muss dieser Mensch ja aufstehen und rauslaufen und sagen: „Das kann ich nicht ertragen!“ Er ist es gar nicht gewohnt, dass man im Leben etwas aufarbeiten kann. „Ich kann doch nicht im Angesicht dieser Worte leben! Da werde ich erkranken!“
Aber ich könnte mir vorstellen, dass Jesus dann weiterfragt und sagt: „So, ihr könnt mit diesen Worten nicht leben. Ja, aber wie könnt ihr denn mit den Tatsachen leben? Stimmt es nicht, dass es so aussieht in eurem Leben? Ertragt ihr nur die Worte nicht, oder ertragt ihr auch die Taten nicht?“
Dann sagen wir: „Ja, sicher, es hat uns auch belastet, dass das vorgestern bei mir so lief, aber ich bin schon wieder drüber weg.“ Unsere ganze Heilkunde in dieser Sache heißt „vergessen“. Und Jesus fragt: „Könnt ihr es wirklich vergessen? Diese furchtbaren Wunden eures Lebens, wo ihr euer Leben selbst zerstört habt?“
Wir ertragen es nicht, wenn er es ins Licht zieht – aber es kommt ins Licht. Es ist wie bei den Brüdern Josefs, die Josef nach Ägypten verkauft haben für zwanzig Silberlinge. Das war ein Kleingeld. Dann gingen Jahre darüber hinweg, und der Vater hatte es schon fast vergessen.
Irgendwann, ganz spät, in einer ganz anderen Verwicklung für die Brüder – es war eigentlich eine Verwicklung, wie wenn ein Polizist einen Strafzettel aufschreibt – kam eine Angst, die plötzlich über ihr Leben kam. Als Josef sie ängstigte, erkannten sie ihn ja gar nicht. Da sagten sie: „Das haben wir an unserem Bruder verschuldet.“
Glauben Sie nicht, in unserem Leben wächst über irgendetwas Gras. Wir sind ja so gescheuchte Leute, weil in Augenblicken, wenn wir plötzlich krank sind und nicht wissen, ob wir noch einmal genesen, wenn Menschen übel mit uns spielen, wenn Kriegszeiten, Nöte und Armut kommen, wenn uns Ungerechtigkeit widerfährt, dann reden wir mit niemandem darüber. Dann geht es uns wie den Brüdern.
Ach, wenn manche Eltern über die Bosheiten ihrer Kinder oft daran denken, was sie ihren Eltern ins Gesicht gerufen haben! Und ich glaube, dass niemand an einem Grab steht, ohne an das zu denken, was er jetzt versäumt hat.
Wir leben dauernd im Angesicht der Tatsachen. Jesus sagt: „Ihr könnt nur die Worte nicht ertragen. Ihr meint, damit sei etwas gelöst, wenn man die Bergpredigt sinnbildlich auslegt. Ihr müsst doch im Angesicht der Tatsachen leben!“
In unserem Leben liegt es drin. Ich denke jetzt immer, wenn diese Zeitungsberichte kommen von Giftmülldeponien in Malsch und wo sie überall sind: Dort liegen Giftfässer, die noch zu sind. Aber man weiß nicht, wann der Rost sie aufknackt und dann läuft alles ins Grundwasser.
Das hebt ja noch niemand an, rührt die Sache nicht an. Wenn jemand mit der Planierraupe hineinfährt, platzen die Fässer auf, nicht? Vorsichtig, vorsichtig, nur behutsam, lass sie so liegen und ein bisschen Erde drüber. Nein, Jesus zieht es ans Licht! Denn er lebt nicht nur im Angesicht dieser Worte, sondern auch im Angesicht der Tatsachen dieser Welt.
Wenn Sie jetzt im Geist noch einmal das Leben Jesu an sich vorüberziehen lassen, wird es Ihnen ganz befreiend sein, dass Jesus sogar zu Menschen gegangen ist, deren Leben völlig zerstört war, wo es dunkel war, wo es nur noch von Hass glühte. Er ging dorthin, um diesen Menschen zu sagen: „Es gibt eine Sanierung dieser Mülldeponie. Man kann es heil machen. Man kann diese Giftfässer umwandeln. Es muss in deinem Leben nicht so bleiben.“
Ich mache einen Schlussstrich: Jesus, wie er am Kreuz hängt, will diese ganze Last dieser Welt auf sich nehmen. Wie ein Mensch das überhaupt tragen kann – für Jesus war nicht das Problem die Worte, sondern die Taten. Das hat ihn niedergedrückt, wie er gesehen hat, wie die Menschen unter einem selbstzerstörten Leben in der Sünde leiden.
Aber er konnte diesen Menschen begegnen und diese brutalen Tatsachen beim Namen nennen. Gleichzeitig spricht er dem Menschen eine andere Tatsache zu: „Fürchte dich nicht! Habe dich erlöst! Ich habe dich bei deinem Namen gerufen. Du bist mein!“
Jesus will das über Menschen festmachen. Ich möchte Sie nur bitten: Machen Sie heute nicht das Furchtbare, dass Sie jetzt wieder wunde Stellen Ihres Lebens aufrühren und dann nach Hause gehen und sagen: „Ach ja, ach ja, ach ja!“ Sondern jetzt soll es zu einer Ruhe kommen, zu einer Lösung, zu einer Erlösung, sodass Jesus einen Strich ziehen und wegräumen kann.
Das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde. Jesus sieht doch all das in Ihrem Leben – diese furchtbaren, wunden Punkte, die unser unreiner Blick will, unsere Fantasie, wie einfach unser Temperament mit uns durchgeht.
Wie rechts und links von uns Menschen leben, die geknickt sind, weil wir über sie hinweggefahren sind, weil wir andere an unserem Leben auf der Seite liegen lassen, die in der Stille vor sich hinweinen, weil sie auf uns gewartet haben und wir sie schlicht vergessen haben, weil all das nicht wahr war – und die Worte, die wir reden.
Das sieht doch Jesus. Und Jesus sagt: „Wagt das Unerträgliche! Seht eurer Schuld ins Gesicht, aber legt sie doch vor mir nieder!“
Denn er kann euch gleichzeitig das andere sagen: von der Vergebung, von der Lossprechung. Wenn Sie es vor Jesus jetzt hinlegen, darf ich Ihnen im Namen Jesu zusprechen, dass er alle Ihre Sünde von Ihnen wegnimmt.
Ein letztes: Das bessere Leben – ganz leben.
3. Das bessere Leben ganz leben
Jesus spricht von einer besseren Gerechtigkeit und betont, dass es darum geht, ein besseres Leben zu führen und eine tiefere Gerechtigkeit zu erleben. Die Pharisäer galten als das Vorbild irdischer Frömmigkeit.
Merkwürdigerweise nehmen Menschen aus Predigten oft das mit, was sie missverstanden haben. So gibt es Menschen, die nach Hause gehen und denken: „Ach ja, ich bin eben doch ein schlechter Mensch.“ Dabei merken sie nicht, dass Jesus ihnen ihre Würde in Erinnerung rufen wollte. Stattdessen laufen sie nach Hause und denken: „Ja, mein Mann ist seit zwölf Jahren tot, und ich hätte manches anders machen sollen.“ Es kommen Erinnerungen hoch, und niemand sagt: „Meine Sünde ist schwerer, als sie mir vergeben werden könnte.“
Diese Haltung führt zu einer furchtbaren gesetzlichen Verkrampfung. Man steht da und misst jeden anderen mit der Messlatte: Der ist gottlos, der ist unheilig, die Welt ist so böse, und es geschehen schlimme Dinge. Man denkt an die Nachbarn und wird selbst ein bitterer Mensch. Das Glaubensleben wird verkrampft, man hat keine Freude mehr und zwingt sich nur noch, sich nicht erneut zu beschmutzen oder in Schuld zu fallen.
Doch genau das meint Jesus nicht. Er meint keine solche Gesetzlichkeit. Jesus sagt sogar viel kühner: „Lass deine Gabe und wirf sie nicht ins Opferbecken.“ Also Vorsicht mit Frömmigkeit und Frommsein! Lass das alles mal beiseite. Du brauchst nichts hineinzuwerfen. Viel wichtiger ist, dass ihr die bessere Gerechtigkeit, das bessere Leben, das schöne Leben erfasst.
Jesus sagt: „Merk dir doch, dass es in allem nur darum geht, dass ich eine Sehnsucht habe.“ Die Sehnsucht, dass du heute an diesem Sonntag, dem 26. Mai, so lachen kannst, wie du seit Jahrzehnten nicht mehr lachen konntest. Weil die Vergangenheit bewältigt ist. Dass du heute vom Gottesdienst weggehst als jemand, der weiß: Wenn über mir der Himmel zusammenbricht, lässt mich Jesus nicht allein.
Sehen Sie, es geht darum, dass Sie Ihren eigenen Namen einsetzen können. Nicht, dass Sie das von mir oder von jemand anderem hören, sondern dass Sie es von sich selbst sagen können. Lassen Sie Ihre Gabe weg. Sie brauchen nichts hineinzuwerfen. Das ist jetzt nicht wichtig. Sie müssen kein frommes Werk vollbringen, Sie müssen nichts vor Gott bezahlen. Sie müssen nur merken, dass Gott ins Licht zieht und bei Ihnen heilen will.
Am Ende kann dieses neue Leben bei Ihnen ankommen. Dann sagt Jesus: „Aber machen Sie doch etwas anderes: Gehen Sie heute Mittag zu dem Bruder, zu dem Menschen, mit dem Sie so viele Schwierigkeiten haben, und versöhnen Sie sich – koste es, was es wolle!“
Dort legen Sie etwas hin, dort legen Sie Ihr ganzes Leben als Opfergabe hin. Und Sie werden staunen, was Gott aus Ihrem Leben als Opfergabe machen kann. Wenn Sie Ihr Leben vor ihm hinlegen, welche Freude könnte über Ihrem Leben ausbrechen? Was könnte aus Ihnen werden, wenn Sie Ihre Gabe, sich selbst, so vor Gott hinlegen! Amen!